3 Sch 02/00


Gericht OLG Frankfurt am Main Aktenzeichen 3 Sch 02/00 Datum 06.08.2001
Leitsatz
1. Bei der Monatsfrist in § 1040 Abs. 3 ZPO handelt es sich nicht um eine Notfrist zur Einlegung eines Rechtsmittels, die nur durch fristgerechte Einlegung bei dem zuständigen Rechtsmittelgericht eingelegt werden kann. Sie stellt vielmehr eine Antragsfrist eigener Art dar.
2. Wenn in einem gerichtlichen Verfahren gegen die Zulässigkeit einer Klage der Einwand der Schiedsvereinbarung erhoben wird, über diesen Einwand aber aufgrund der Rücknahme der Klage nicht entschieden wird, ist es dem Einwendenden auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht verwehrt, in einem anderen Verfahren hinsichtlich der Vorliegens einer Schiedsvereinbarung einen anderen rechtlichen Standpunkt einzunehmen.
3. Ein Zwischenentscheid in einem schiedsgerichtlichen Verfahren ist wie der Schiedsspruch keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, so dass es sich verbietet, ohne weiteres die für § 126 BGB geltenden Grundsätze der Einheitlichkeit der Urkunde anzulegen. Ein formgültiger Zwischenentscheid liegt auch vor, wenn mehrere gleichlautende Schriftstücke jeweils von einem einzelnen Schiedsrichter unterzeichnet werden.
4. Ob eine in einer Vereinssatzung vorgesehene Gerichtsbarkeit ein Schiedsgericht oder ein lediglich vereinsinternes Streitschlichtungs- oder Disziplinarorgan ist, ist durch Auslegung der Satzung zu ermitteln.


Rechtsvorschriften§§ 1025 ff ZPO, § 1040 Abs.3 ZPO, § 1054 Abs. 1 ZPO, § 1062 Abs. 1 ZPO
FundstelleOLGR Frankfurt 2001, 302
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichwortesonstige Gerichtsverfahren: - Feststellung Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens; - Kostenentscheidung Schiedsspruch: - formale Anforderungen, Unterschrift der Schiedsrichter Aufhebungsverfahren Anerkennungsverfahren Vollstreckbarerklärungsverfah
Volltext
B E S C H L U S S
Der Zwischenentscheid des ..... vom 31. Oktober 2000 wird aufgehoben.
Der Schiedsspruch des ..... vom 15. November 2000 wird einschließlich des Kostenschiedsspruchs vom 15. November 2000 aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Hinsichtlich der Aufhebung des Zwischenentscheides wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Dieser Beschluss beschwert den Antragsgegner mit DM 120.000,00.
I.
Der Antragsteller ist ein in der Form eines eingetragenen Vereins organisierter, auf Bundesebene handelnder Berufsverband von Heilpraktikern, seine Mitglieder sind einerseits Landesverbände, andererseits die in den Landesverbänden organisierten Einzelmitglieder. Der Antragsgegner ist ein gleichfalls als eingetragener Verein organisierter Landesverband. Er ist zugleich Mitglied der Kooperation ....., eines Zusammenschlusses mehrerer Berufsverbände von ..... . Der Antragsteller, der einem anderen Spitzenverband ..... angehört, hält die Mitgliedschaft des Antragsgegners in der Kooperation ..... für vereinsschädlich. Mit Beschluss vom 23.09.2000 forderte die Versammlung der Landesverbandsvorsitzenden, ein Organ des Antragstellers, den Vorstand des Antragsgegners auf, bei seinen Mitgliedern eine schriftliche Abstimmung über die Fortdauer der Mitgliedschaft bei dem Antragsteller abzuhalten. Bei Nichteinhaltung dieser Aufforderung solle der Vorstand des Antragstellers das Ausschlussverfahren nach § 24 seiner Satzung durchführen. Diese Satzungsbestimmung sieht vor, dass der Antragsteller eine Versammlung der Mitglieder eines Landesverbandes mit dem Ziel der Abstimmung über eine Fortdauer der Mitgliedschaft bei dem Antragsteller einberufen und die Versammlung der Landesverbandsvorsitzenden den betreffenden Verband ausschließen kann, wenn keine Mehrheit für den Verbleib bei dem Antragsteller zustande kommt.
In der Satzung des Antragstellers in der Fassung der Satzungsänderung vom 27. Juni 1998 ist die Errichtung eines Ehrenrats vorgesehen und eine Ehrenratsordnung als Bestandteil der Satzung erklärt. Diese Ehrenratsordnung wurde am 19.10.1998 beschlossen. Sie enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
§ 1 Rechtsnatur
Die Ehrenratsordnung ist Bestandteil der Satzung des Fachverbandes ..... (Fachverband) und basiert auf § 25 der Satzung. Der Ehrenrat ist ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. der Zivilprozessordnung.
§ 22 Widerspruch
Widerspruch gegen die Entscheidung des Ehrenrates ist schriftlich mittels Einschreiben innerhalb von sechs Wochen an den Fachverband ..... Bundesverband einzulegen. Über den Widerspruch entscheidet die nächste turnusmäßige Delegiertenversammlung oder Mitgliederversammlung.
Wegen des Inhalts der Ehrenratsordnung im übrigen wird auf die bei den Akten befindliche Ablichtung (Bl. 81 ff. d.A.) verwiesen.
Am 13.10.2000 beantragte der Antragsgegner bei dem Ehrenrat, dem Antragsteller zu untersagen, eine Versammlung der Mitglieder des Antragsgegners mit dem Ziel einer Abstimmung über die Fortdauer der Mitgliedschaft des Antragsgegners bei dem Antragsteller bzw. in der Kooperation ..... durchzuführen, sowie festzustellen, dass der Beschluss vom 23.09.21000 nichtig sei. Hinsichtlich des beantragten Verbots, eine Mitgliederversammlung abzuhalten, verlangte der Antragsgegner außerdem einstweiligen Rechtsschutz.
Der Vorsitzende des Ehrenrats erließ am 17.10.2000 eine einstweilige Verfügung mit dem beantragten Inhalt. Am 31.10.2000 erließ der Ehrenrat durch seine sämtlichen Mitglieder eine weitere einstweilige Verfügung mit dem selben Inhalt. Der Antragsgegner beantragte am 20.10.2000 bzw. 08.11.2000 bei dem Oberlandesgericht Köln, die einstweilige Verfügung für vollstreckbar zu erklären.
Der Antragsteller rügte die Zuständigkeit des Ehrenrats und bezeichnete dessen Verfahren als unzulässig., Daraufhin beschloss nach telefonischer Abstimmung der Ehrenrat einen Zwischenentscheid, mit dem er seine Zuständigkeit für die beantragte Entscheidung bejahte. Diese Entscheidung teilte der Vorsitzende mit Schreiben vom 29.10.2000 dem Antragsteller per Fax am 31.10.2000 mit (Bl. 154 d.A.).
In einem weiteren Schreiben vom 29. Oktober 2000 äußerte sich der Vorsitzende des Ehrenrats gegenüber dem Antragsteller wie folgt: "Noch ein Wort zu dem den Fachverband beratenden Juristen. Welche Taktik steht dahinter, in einer mündlichen Verhandlung vor dem OLG Köln auf die Zuständigkeit des Ehrenrats zu plädieren, um dann bei faktischer Anrufung des Ehrenrats dessen Unzuständigkeit zu fordern. Der Rechtsanwalt spricht von Flurschaden durch den Ehrenrat. Flurschaden wird von Wildsäuen angerichtet. Der Ehrenrat bedankt sich für die Botschaft."
Mit Schreiben vom 01.11.2000, bei dem Antragsteller am 02.11.2000 eingegangen (Bl. 38. d. BA OLG Köln 9 Sch 44/2000) kündigte der Vorsitzende des Ehrenrats an, dass ein von allen Ehrenratsmitgliedern unterschriebener Zwischenentscheid nochmals zugestellt werden müsse und legte zugleich als Ort der Verhandlung über die Hauptsache Frankfurt am Main fest. Der Zwischenentscheid wurde danach in vier gleichlautenden Texten, unterschrieben jeweils von dem Vorsitzenden und einem der vier Beisitzer, dem Antragsteller am 07.11.2000 übermittelt (Bl. 138, 143, 150 d.A.). In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln rügte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 09.11.2000 dessen örtliche Zuständigkeit und beantragte, die Unzulässigkeit des Verfahrens des Ehrenrats und dessen Unzuständigkeit festzustellen, den Zwischenbescheid aufzuheben, ferner die einstweilige Verfügung aufzuheben. Außerdem lehnte der Antragsteller gegenüber dem OLG Köln den Vorsitzenden des Ehrenrats wegen Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom 04.12.2000 beantragte der Antragsteller bei dem Oberlandesgericht Köln, mit Rücksicht auf seine Anträge vom 09.11.2000 die Sache an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main abzugeben.
Am 15.11.2000 verhandelte der Ehrenrat in Frankfurt am Main über die Anträge des Antragsgegners. Wegen des Verlaufs der Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15. November 2000 (Bl. 49 d.A.) verwiesen. Die Parteien schlossen in der Sitzung einen als" Schiedsvereinbarung" bezeichneten Vergleich, wegen dessen Inhalts auf Blatt 51 f. d. A. verwiesen wird, und einigten sich über die Verteilung der Kosten des Verfahrens vor dem Ehrenrat. Der Ehrenrat vertrat die Auffassung, dass zur Erlangung von Rechtssicherheit gleichwohl noch ein Schiedsspruch, erforderlich sei. Am Ende der Sitzung verkündete der Ehrenrat einen Schiedsspruch zur Hauptsache sowie einen Kostenschiedsspruch. Den mit Begründung versehenen Schiedsspruch zur Hauptsache übermittelte der Ehrenratsvorsitzende in der Folge den Parteien, wobei die die Unterschrift tragende vierte Seite viermal kopiert war und jeweils die Unterschrift des Vorsitzenden sowie eines der vier Beisitzer trug. Die Rechtsmittelbelehrung am Ende des Schiedsspruchs weist daraufhin, dass eine Anfechtung des Schiedsspruchs durch Widerspruch, wie in § 22 der Ehrenratsordnung vorgesehen, nicht in Betracht komme, weil diese Bestimmung der Satzung unwirksam sei.
Mit Schriftsatz vom 28.11.2000 nahm der Antragsgegner seinen Antrag auf Vollstreckbarerklärung der einstweiligen Verfügung des Ehrenrats bzw. dessen Vorsitzenden beim Oberlandesgericht Köln zurück. Der Bevollmächtigte des Antragstellers nahm daraufhin telefonisch seinen Antrag auf Abgabe an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zurück (Bl. 95 Rs. d.BA OLG Köln 9 Sch 44/2000).
Mit am 15.12.2000 bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller Aufhebung des Schiedsspruchs und gerichtliche Entscheidung über den Zwischenentscheid beantragt. Er ist der Ansicht, der Ehrenrat sei kein Schiedsgericht im Sinne der ZPO, sondern ein Disziplinarorgan im Sinne einer vereinsinternen Disziplinargerichtsbarkeit. Das folge aus der Bezeichnung als Ehrenrat, aus § 19 der Ehrenratsordnung in der als Sanktionen unter anderem Verwarnung, Verweis, also typische Disziplinarstrafen, vorgesehen seien, sowie daraus, dass gegen die Entscheidungen des Ehrenrats der Rechtsbehelf des Widerspruchs, über den die Delegiertenversammlung zu entscheiden habe, vorgesehen sei. Der Antragsteller habe das Rügerecht auch nicht verloren, weil er den Zwischenbescheid innerhalb der Monatsfrist bei dem Oberlandesgericht Köln beanstandet habe und nach Rücknahme der Sachanträge des Antragsgegners bei dem Oberlandesgericht Köln den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs unverzüglich, nachdem er von der Rücknahme Kenntnis erlangt habe, beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main wiederholt habe. Er habe auch in einem dem Ehrenrat eingereichten Schriftsatz dessen Zuständigkeit gerügt. Insoweit treffe das Sitzungsprotokoll, das Rügen der Zuständigkeit nicht verlautbaren nicht zu.
Der Schiedsspruch des Ehrenrats unterliege aber auch deshalb der Aufhebung, weil der Vorsitzende des Ehrenrats befangen gewesen sei, wie sich aus dessen brieflicher Äußerung ergebe, die eine verbale Entgleisung darstelle. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts, wie sie der Ehrenrat bei der mündlichen Verhandlung und im Vorfeld vorgenommen habe sei gleichfalls unzulässig. Denn die. gewählten Mitglieder des Ehrenrats hätten die ihnen übertragenen Aufgaben alleine zu lösen. Der Schiedsspruch sei auch in materiell- rechtlicher Hinsicht falsch.
Der Antragsteller beantragt,
den in dem ehrengerichtlichen Verfahren (Schiedsverfahren) zwischen den Parteien vom Ehrenrat am 15.11.2000 erlassenen Schiedsspruch aufzuheben sowie den Zwischenentscheid des Ehrenrats vom 29.10.2000 über seine Zuständigkeit aufzuheben.
Der Antragsgegner begehrt Zurückweisung der Anträge.
Er ist der Auffassung, der Antragsteller habe den Zwischenentscheid nicht rechtzeitig angefochten, so dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung insoweit unzulässig sei. Jedenfalls sei der Ehrenrat ein Schiedsgericht, weil er in der Ehrenratsordnung als solches ausdrücklich mit Hinweis auf § 1025 ZPO bezeichnet sei. § 22 der Ehrenratsordnung sei unwirksam. Mit dem Ablehnungsgesuch sei der Antragsteller ausgeschlossen, weil er keinen Befangenheitsantrag gegen den Ehrenratsvorsitzenden angebracht und jedenfalls binnen der Monatsfrist des § 1037 Abs. 3 ZPO die gerichtliche Entscheidung beantragt habe. Er habe trotz ausdrücklicher Frage des Ehrenratsvorsitzenden in der mündlichen Verhandlung keinen Befangenheitsantrag gestellt. Im übrigen liege auch keine Befangenheit vor. Die Hinzuziehung eines Anwalts zur Beratung über die Formalien des Schiedsverfahrens, ohne dass der Anwalt an der inhaltlichen Beratung beteiligt worden sei, sei kein Verfahrensfehler des Ehrenrats. Im übrigen dürfe das staatliche Gericht den Schiedsspruch nicht inhaltlich überprüfen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Gültigkeit der in der Satzung des Antragstellers enthaltenen Ehrenratsordnung als einer Schiedsordnung, im Sinne der Zivilprozessordnung, die der Ehrenrat in dem Zwischenentscheid bejaht hat, ist gemäß § 1040 Abs. 3 ZPO statthaft.
Der Antrag ist auch innerhalb der Monatsfrist des § 1040 Abs. 3 ZPO gestellt.
Der Antrag ist zwar nicht innerhalb der Frist bei dem örtlich zuständigen Gericht, dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main gestellt worden. Dessen Zuständigkeit ist durch die Bestimmung des Verhandlungsorts im Schreiben des Ehrenratsvorsitzenden vom 01.11.2000 gemäß § 1062 Abs. 1 ZPO begründet worden. Ob zuvor die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Köln als des für den Sitz des Antragstellers zuständigen Oberlandesgerichts gemäß § 1025 Abs. 3 ZPO gegeben war, ist gleichgültig. Denn vor der Übermittlung des Zwischenentscheids am 07. November 2000 hat der Antragsteller keinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Die mit der Festlegung des Orts des schiedsgerichtlichen Verfahrens wechselnde örtliche Zuständigkeit ist daher zu beachten, weil mangels früherer Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung die Wirkungen des § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht eingetreten sind. Der am 15.12.2000 bei dem örtlich zuständigen Gericht gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung konnte daher die Frist nicht wahren.
Die Frist ist aber dadurch gewahrt, dass der Antragsteller bei dem Oberlandesgericht Köln mit Schriftsatz vom 09.11.2000 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat. Bei der Monatsfrist in § 1040 Abs. 3 ZPO handelt es sich nicht um eine Notfrist zur Einlegung eines Rechtsmittels, die nur durch fristgerechte Einlegung bei dem zuständigen Rechtmittelgericht gewahrt werden kann. Sie stellt vielmehr eine einer Klagefrist vergleichbaren Antragsfrist eigener Art dar. Nach Auffassung des Senats besteht ihr Zweck darin, den Parteien des schiedsgerichtlichen Verfahrens innerhalb überschaubarer Zeit Klarheit darüber zu verschaffen, ob eine Partei, die sich auf das Schiedsverfahren eingelassen hat, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts und die Gültigkeit der seinem Verfahren zugrundeliegenden Schiedsordnung akzeptiert oder in Frage stehen will. Der damit verbundene Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gebietet es aber nicht, einen fristwahrenden Antrag nur dann anzunehmen, wenn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung rechtzeitig beim örtlich zuständigen Gericht gestellt ist. Der Gegenpartei wird vielmehr auch durch einen zunächst beim unzuständigen Gericht gestellten Antrag ausreichend verdeutlicht, dass die andere Partei die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung bzw. die Zuständigkeit des Schiedsgerichts angreifen will. Die Sachlage gleicht daher den Fällen der Verjährungsunterbrechung gemäß § 209 BGB und der Klagefrist gemäß § 12 Abs. 3 VVG. Auch in diesen Fällen ist die Frist gewahrt, wenn der Kläger zunächst beim unzuständigen Gericht die Klage erhebt (vgl. Palandt-Heinrichs, 60. Aufl., § 209 Rn. 5, Proelss, VVG, 26. Aufl., § 12 Rn. 62, jeweils mit Nachweisen der Rechtsprechung). Dass der Antragsteller, wie seine im Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln erhobene Rüge der örtlichen Zuständigkeit dieses Gerichts zeigt, selbst davon ausging, dass er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei dem örtlich unzuständigen Gericht stellte, ändert daran nichts.
Die fristwahrende Wirkung des bei dem Oberlandesgericht Köln gestellten Antrags ist auch nicht durch Rücknahme dieses Antrags entfallen. Dabei kann offen bleiben, ob der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mit dem telefonisch erklärten Verzicht auf Abgabe seiner noch nicht erledigten Sachanträge an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zugleich diese Anträge zurücknehmen wollte. Selbst wenn dem so wäre, müsste nach dem Rechtsgedanken des § 212 Abs. 2 BGB angenommen werden, dass die unmittelbar nachfolgende Antragstellung bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main dem Antragsteller die fristwahrende Wirkung des bei dem Oberlandesgericht Köln gestellten Antrags erhalten hat.
Der Antragsteller hat das Recht, den Zwischenentscheid gerichtlich überprüfen zulassen, auch nicht dadurch verloren, dass er, wie es jedenfalls im Protokoll der Sitzung des Ehrenrats vom 15.11.2000 vermerkt ist, in dieser Verhandlung die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht gerügt hat. Denn der Antragsteller hat, was unstreitig ist, jedenfalls in einem vor dem Zwischenentscheid dem Schiedsgericht übermittelten Schriftsatz die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts erhoben und den daraufhin erlassenen Zwischenentscheid rechtzeitig angefochten. In der mündlichen Verhandlung über die Hauptanträge des Antragsgegners musste er diese Rüge nicht wiederholen. In diesem Unterlassen liegt auch kein Verzicht auf die Wirkungen der bereits erhobenen Rüge.
Schließlich verhält sich der Antragsteller auch nicht treuwidrig, wenn er die Ungültigkeit der Ehrenratsordnung als einer Schiedsordnung geltend macht. Der Antragsteller hat zwar in einem eine andere Angelegenheit betreffenden Verfahren vor dem Landgericht Bonn gegen die Zulässigkeit einer Klage des Antragsgegners den Einwand der Schiedsvereinbarung erhoben. Aufgrund Rücknahme der Klage des Antragsgegners hat das Landgericht Bonn in jenem Verfahren aber nicht entschieden, ob dieser Einwand berechtigt war. In der vorliegenden Sache hat der Antragsteller dem Antragsgegner jedenfalls keine Veranlassung gegeben, zur Wahrung seiner Rechte zunächst den Ehrenrat als Schiedsgericht anzurufen. Es ist ihm deshalb auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht verwehrt, hinsichtlich der Gültigkeit der Ehrenratsordnung als Schiedsordnung nunmehr einen anderen rechtlichen Standpunkt einzunehmen.
Der Antrag ist auch begründet.
Dabei kann offen, bleiben, ob ein Zwischenentscheid schriftlich erlassen und von allen Schiedsrichtern unterschrieben sein muss, wie es § 1054 Abs. 1 ZPO für den das Schiedsverfahren beendenden Schiedsspruch verlangt und ob, wenn es an der erforderlichen Form fehlte, das staatliche Gericht in eine sachliche Überprüfung des Zwischenentscheids nicht einzutreten hätte, wie es für den Fall eines nicht formgerechten Schiedsspruchs im Aufhebungsverfahren angenommen wird (vgl. dazu Zöller-Geimer, ZPO, 22. Aufl. § 1054 Rn. 1). Denn der Zwischenentscheid genügt dieser Form. Er ist, wie der Schiedsspruch, keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, so dass es sich verbietet, ohne weiteres die für § 126 BGB geltenden Grundsätze der Einheitlichkeit der Urkunde, wonach die Unterschrift am Ende einer, sei es auch aus verschiedenen Schriftstücken, die durch wechselseitige Bezugnahme oder ähnliche Merkmale als eindeutig zusammengehörig erkennbar sind, bestehenden Urkunde erfolgen muss. Die Unterschrift der Schiedsrichter, die § 1054 BGB verlangt, soll nämlich nur verbürgen, dass der von den Schiedsrichtern unterschriebene Text des Schiedsspruchs das Ergebnis der Beratung des Schiedsgerichts zutreffend wiedergibt. Dies ist aber auch dann gewährleistet, wenn, wie bei dem vorliegenden Zwischenentscheid, mehrere gleichlautende Schriftstücke jeweils nur von einem einzelnen Schiedsrichter unterzeichnet werden. Denn die Parteien des Schiedsverfahrens können den mehren textidentischen Exemplaren ohne weiteres entnehmen, dass jeder der Schiedsrichter den Schiedsspruch und seine Begründung als der Beratung entsprechend bestätigt haben (anderer Ansicht MünchKomm ZPO Münch 3. Aufl. § 1054 Rn. 5). Unentschieden kann auch bleiben, ob ein Zwischenentscheid entsprechend § 1054 Abs. 2 ZPO mit Gründen versehen werden muss. Denn dabei würde es sich nur um einen Verfahrensfehler handeln, der das staatliche Gericht zwar zur Aufhebung ohne sachliche Prüfung berechtigen könnte, ihm aber nicht die Berechtigung nimmt, den Zwischenentscheid dahin zu überprüfen, ob das Schiedsgericht in der Sache mit Recht seine Zuständigkeit bzw. die Gültigkeit der Schiedsordnung angenommen hat.
Die dem Zwischenentscheid des Ehrenrats zugrundeliegende Annahme, die Ehrenratsordnung sei eine durch Vereinssatzung errichtete, gültige Schiedsordnung im Sinne der §§ 1066, 1029 ZPO trifft jedenfalls nicht zu, so dass der Zwischenentscheid aufzuheben ist.
Ob eine in einer Vereinssatzung vorgesehene Gerichtsbarkeit ein Schiedsgericht oder ein lediglich vereinsinternes Streitschlichtungs- oder Disziplinarorgan ist, ist durch Auslegung der Satzung zu ermitteln. Diese Auslegung ergibt, dass der Ehrenrat nicht als Schiedsgericht angesehen werden kann.
Zwar spricht § 1 S. 2 der Ehrenratsordnung mit seinem klaren Wortlaut dafür, dass der Ehrenrat als Schiedsgericht fungieren sollte. Der Wortlaut einer Satzungsbestimmung kann aber nicht maßgebend sein, wenn andere Satzungsbestimmungen ergeben, dass das scheinbar eindeutig Bekundete letztlich nicht gewollt ist. So liegt es hier. Nach Auffassung des Senats ist für ein Schiedsgericht wie für jedes Gericht kennzeichnend, dass seine Entscheidungen durch unabhängige Richter aufgrund eines gerichtsförmigen Verfahrens mit bindender Wirkung für die Parteien getroffen werden und diese Bindung allenfalls mit Rechtsmitteln, über die gleichfalls in gerichtsförmiger Weise zu verfahren und zu befinden ist, beseitigt werden kann. Dem Verfahren vor dem Ehrenrat, wie es die Ehrenratsordnung konstituiert, kann Gerichtsförmigkeit nicht abgesprochen werden. Entscheidend gegen einen in der Satzung objektivierten Willen, den Ehrenrat als Schiedsgericht im Sinne der ZPO zu errichten, spricht aber § 22 der Ehrenratsordnung. Denn diese Bestimmung, beraubt die Entscheidungen des Ehrenrats der für schiedsgerichtliche Entscheidungen erforderlichen Verbindlichkeit für die Parteien. Die Verbindlichkeit des Spruchs des Ehrenrats wird vielmehr unter den Vorbehalt einer Mehrheitsentscheidung anderer Vereinsorgane gestellt. Diese Satzungsbestimmung kann nicht dahin verstanden werden, dass sie eine zweite Instanz gegenüber den Entscheidungen des Ehrenrats eröffnet. Denn es ist offensichtlich, dass die Mitgliederversammlung oder die Landesdelegiertenversammlung über den Widerspruch einer Streitpartei nicht gerichtsförmlich entscheiden soll. Das zeigt sich einerseits daran, das die Satzung keinerlei Bestimmung, darüber enthält, dass die Landesdelegiertenversammlung oder die Mitgliederversammlung über den Wiederspruch als Schiedsgericht verhandeln soll, folgt aber auch aus der Natur der Sache. Denn diese Vereinsorgane sind nach der Satzung des Antragstellers die für die Willensbildung des Vereins maßgeblichen Organe und bestehen deshalb weder aus unabhängigen Personen noch sind sie ihrer Art nach dazu geeignet, über eine Rechtssache nach Art eines Gerichts zu verhandeln und zu entscheiden. Der Senat folgert daraus, dass. entgegen der Bezugnahme auf §§ 1025 ff. ZPO in § 1 der Ehrenratsordnung dem Ehrenrat nicht die für Schiedsgerichte kennzeichnende Macht, eine Streitsache mit Bindungswirkung für die Parteien zu entscheiden, verliehen sein sollte. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und des Ehrenrats, wie sie in der Rechtsmittelbelehrung zum Schiedsspruch Ausdruck gefunden hat, kann auch nicht angenommen werden, dass § 22 der Ehrenratsordnung eine unwirksame Satzungsbestimmung darstellt. Diese Argumentation setzt voraus, dass die Ehrenratsordnung eine Schiedsordnung ist. § 22 der Ehrenratsordnung berechtigt aber, wie dargelegt, zu der gegenteiligen Annahme.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich zwar aus § 19 der Ehrenratsordnung nicht zwingend, dass der Ehrenrat nur ein Disziplinarorgan ist. Die in dieser Bestimmung vorgesehenen Sanktionen können nicht als ausschließliche Entscheidungsbefugnisse in den dem Ehrenrat übertragenen Streitigkeiten verstanden werden. Auch die von dem Antragsteller befürchtete Möglichkeit, der Ehrenrat könne die Entscheidung in verbandspolitischen Angelegenheiten an sich ziehen, über die mehrheitlich durch die zuständigen Organe zu befinden sei, ist unbegründet, weil gemäß § 19 S. 1 Ehrenratsordnung der Ehrenrat bei seinen Entscheidungen an rechtliche Normen gebunden ist. Jedoch kommt es auf diese Gesichtspunkte nach dem oben Gesagten letztlich nicht an.
III.
Der Schiedsspruch des Ehrenrats vom 15.11.2000 einschließlich des Kostenschiedsspruchs ist gemäß § 1059 Abs. 1 Nr. 1a ZPO aufzuheben, weil die in der Satzung des Antragstellers enthaltene Ehrenratsordnung keine gültige Schiedsordnung darstellt. Ein solcher "Scheinschiedsspruch", den die Gegenpartei für wirksam hält und daraus Rechte herleitet, ist - jedenfalls zur Klarstellung - im Verfahren nach § 1062 ZPO aufzuheben, auch wenn er nicht für vollstreckbar erklärt werden und deshalb auch nicht Grundlage von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sein könnte. Das berechtigte Interesse einer Partei, einen mangels gültiger Schiedsordnung ohne Rechtsgrundlage ergangenen Schiedsspruch aufgehoben zu sehen, ist in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO vorausgesetzt.
Auf die Frage, ob der Schiedsspruch der Schriftform des § 1054 ZPO genügt, wenn - anders als bei dem Zwischenentscheid - nur die jeweils letzte Seite in mehreren textidentischen Exemplaren von jeweils einem Schiedsrichter und dem Vorsitzenden unterzeichnet ist, kann es in einem solchen Fall nicht ankommen.
Hinsichtlich des Kostenschiedsspruchs geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller auch dessen Aufhebung beantragt hat, da es sich gleichfalls um einen am 15.11.2000 erlassenen Schiedsspruch handelt.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Für die Festsetzung der Beschwer - und zugleich für den Streitwert - ist maßgeblich der Wert der Angelegenheit, über die das Schiedsgericht in der Hauptsache befunden hat. Dabei handelt es sich vorliegend um die Zulässigkeit von Maßnahmen, die den Ausschluss bzw. das Verbleiben der einzelnen Mitglieder des Antragsgegners bei dem Antragsteller zum Gegenstand haben. Geht es aber um die Mitgliedschaft, so ist das Beitragsaufkommen dieser Mitglieder ein Indiz für die Bewertung des Interesses des Vereins an der Aufrechterhaltung dieser Mitgliedschaften. Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Antragstellers repräsentieren die Einzelmitglieder des Antragsgegners etwa 1/5 des Beitragsaufkommens, nämlich etwa DM 240.000,00. Da es sich lediglich um eine den Ausschluss vorbereitende Maßnahme gehandelt hat, erscheint 1/3 dieses Betrages angemessen.
Dieser Wert (DM 80.000,00) gilt für das Verfahren über die Aufhebung des Schiedsspruchs gemäß § 1059 ZPO.
Davon zu unterscheiden ist das selbständige Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung bezüglich des Zwischenentscheids, dessen. Wert der Senat mit der Hälfte des Werts des Aufhebungsverfahrens bemisst (DM 40.000,00).
Insgesamt beträgt die Beschwer damit DM 120.000,00. Die Beschwer nur in Höhe von DM 80.000,00 festzusetzen, kam nicht in Betracht, weil die hier beschiedenen Anträge jeweils selbständige Verfahren betreffen, die lediglich gemeinsam verhandelt und entschieden worden sind.
Summary