Gericht | OLG Frankfurt am Main | Aktenzeichen | 26 SchH 4/12 | Datum | 18.02.2013 |
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Rechtsvorschriften | |||||
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Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
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B E S C H L U S S Tenor: Der Antrag, den vorläufigen Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters über die Zuständigkeit aufzuheben und die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts festzustellen, wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gegenstandswert: 400.000,- € Gründe: I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Entscheidung des Schiedsgerichts, mit dem das Gericht seine Zuständigkeit bejaht hat. Die Antragstellerin war seit Januar 2002 Mitglied des Vorstandes der M AG, einem börsennotierten Unternehmen der Kosmetikbranche, und in dieser Position seit März 2003 einzelvertretungsbefugt. Sie war zu dem Geschäftsführerin zweier Tochtergesellschaften der M AG und alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der C GmbH; ihr Ehemann war Gesellschafter und Geschäftsführer der F GmbH. Auch diese Firmen sind im Kosmetikbereich tätig. Anfang des Jahres 2010 entschloss sich die Antragstellerin, die Mehrheitsanteile an M AG, deren Vorstand sie seit dem Jahre 2001 angehörte, im Wege des Management Buy-out zu erwerben. Für die Finanzierung des Kaufes hatte sie die D Holding AG (nachfolgend: D), gewinnen können, die jedoch erst nicht gegenüber der M AG in Erscheinung trat. Sämtliche Verhandlungen im Vorfeld wurden allein von der Antragstellerin geführt. Mit Vertrag erwarb sie schließlich 88,92 % der Aktien an der M AG zu einem Kaufpreis von 2,5 Mio €. Der von beiden Parteien unterzeichnete Vertrag enthält in Ziffer 9.3 eine Schiedsklausel, nach der für Streitigkeiten aus diesem Vertrag ein Schiedsgericht nach den Regeln des Internationalen Chambers of Commerce (ICC), Paris, zuständig sein sollte. Als Schiedsort wurde Frankfurt am Main vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird auf den in beglaubigter Übersetzung vorgelegten Unternehmenskaufvertrag (Bl. 95 ff, 104 d. A.) Bezug genommen. Die Hälfte der Aktien wurde an die Antragstellerin und die andere Hälfte vereinbarungsgemäß an die D übertragen. Die Antragstellerin und die D hatten sich zudem darauf geeinigt, einen gemeinsamen Businessplan für die M AG zu erarbeiten. In der Vereinbarung war zudem festgelegt worden, dass die Antragstellerin zwei von vier Aufsichtsräten benennen kann und sie als Vorstandsvorsitzende für die Umsetzung des gemeinsamen Businessplans zuständig sei. In einer weiteren Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und der D erklärte die Antragstellerin ausdrücklich, dass sie die von ihrem Ehemann geführte F GmbH kontrolliere und für ihre geschäftlichen Aktivitäten nutze. Sie verpflichtete sich, die Vertragsbeziehungen der F GmbH auf die M AG zu übertragen. In einer von der Antragstellerin veranlassten Ad-hoc Mitteilung der M AG heißt es unter anderem, dass die Antragstellerin die Aktienanteile des Hauptaktionärs der M AG erworben und als Partner für diese strategische Entscheidung die D ausgewählt habe, um ihre unternehmerischen Visionen für die M AG umzusetzen. Schließlich wird in dem gemeinsamen Pflichtangebot der Antragstellerin und der D nach § 35 Abs. 2 WpÜG an die verbliebenen Aktionäre der M AG darauf hingewiesen, dass die Bieter ihre Beteiligung an der M AG als strategisches Investment betrachten und beabsichtigen, die Zielgesellschaft langfristig organisch weiterzuentwickeln. Mit Schriftsatz erhob der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin und der D Klage auf Zahlung des Restkaufpreises vor dem Court of Arbitration des International Chamber of Commerce in Paris. Die Antragstellerin rügte mit Schriftsatz die Zuständigkeit des angerufenen Schiedsgerichts und begehrte den Erlass eines entsprechenden Zwischenentscheides. Sie war der Auffassung, dass die Schiedsklausel in dem Vertrag nicht dem Formerfordernis des § 1035 Abs. 5 ZPO entspreche und deshalb unwirksam sei, da sie den Vertrag als Verbraucherin unterzeichnet habe. Das Schiedsgericht hat mit „ vorläufigem Schiedsspruch über die Zuständigkeit“, den Bevollmächtigten der Antragstellerin zugestellt, die Klausel für wirksam erachtet und seine Zuständigkeit bejaht. Wegen der Einzelheiten wird auf den in deutscher Übersetzung vorgelegten Schiedsspruch (Bl. 62 ff, 86 ff d. A.) verwiesen. Mit ihrem bei Gericht eingegangen Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrt die Antragsstellerin die Aufhebung des Schiedsspruches und die Feststellung, dass das Schiedsgericht unzuständig sei. Sie ist nach wie vor der Auffassung, den Aktienkaufvertrag als Verbraucherin unterzeichnet zu haben. Das Schiedsgericht habe bei seiner Entscheidung im Wesentlichen auf Aktivitäten abgestellt, die die Antragstellerin nach der Unterzeichnung des Vertrages entfaltet habe. Maßgeblich könne aber nur auf ihre vorangegangenen Tätigkeiten abgestellt werden; vor Vertragsschluss sei sie aber unstreitig nicht unternehmerisch tätig geworden. Im Übrigen verweist die Antragstellerin auf das Vorbringen in ihren in englischer Sprache abgefassten Schriftsätzen an das Schiedsgericht, die sie trotz entsprechender Aufforderung nicht in deutscher Übersetzung vorgelegt hat. Der Antragsteller beantragt, den vorläufigen Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters über die Zuständigkeit aufzuheben und die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts festzustellen Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Der Antragsgegner ist der Auffassung, der Antrag zu 1) sei bereits unzulässig, da im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 ZPO nicht die Aufhebung eines Schiedsspruches begehrt werden könne; hierfür sei das Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO vorgesehen. Darüber hinaus sei das Vorbringen der Antragstellerin aber auch nicht schlüssig, da es wegen § 184 GVG nicht zulässig sei, zur Begründung des Aufhebungsbegehrens auf Schriftsätze in englischer Sprache zu verweisen. Ungeachtet dessen sei die Entscheidung des Schiedsgerichts aber auch in der Sache nicht zu beanstanden; die Antragstellerin sei bei Abschluss des Aktienkaufvertrages nicht als Verbraucherin tätig geworden, es habe sich insbesondere nicht um eine private Vermögensverwaltung gehandelt. Die Antragstellerin habe eigenständig eine komplexe Unternehmenstransaktion vorbereitet und umgesetzt und dabei noch einen externen Investor gesucht und gefunden. Dies habe eine umfangreiche geschäftsmäßige Organisation erforderlich gemacht. Der Vertragsschluss sei Teil eines planvollen, strategischen Vorgehens zur Erweiterung ihrer gewerblichen Tätigkeiten im Kosmetikbereich gewesen, also gerade nicht der privaten Vermögensanlage zuzuordnen. Hinsichtlich des Sachvortrages der Parteien im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin (Bl. 1 ff d. A.) und (Bl. 47 d. A.) sowie auf den Schriftsatz des Antragsgegners (Bl. 27 ff d. A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen. II. Der Antrag auf Aufhebung des Zwischenentscheides des Schiedsgerichts und Feststellung der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden; die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1040 Abs. 3, 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners begehrt die Antragstellerin vorliegend mit dem Antrag zu 1) auch nicht isoliert die Aufhebung eines Schiedsspruches nach § 1059 ZPO. Das Schiedsgericht hat dem formellen Begehren der Antragstellerin entsprochen und über die Frage seiner Zuständigkeit im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 S. 1 ZPO vorab befunden. Nach § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO hat die unterliegende Partei die Möglichkeit, diese Entscheidung des Schiedsgerichts durch das staatliche Gericht überprüfen zu lassen; wenn in diesem Zusammenhang neben der Feststellung der Unzuständigkeit die Aufhebung der schiedsrichterlichen Entscheidung begehrt wird, handelt es sich bei verständiger Würdigung nicht um einen isolierten Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO; die Antragstellerin begehrt vielmehr unter Abänderung der schiedsgerichtlichen Entscheidung einen Ausspruch des staatlichen Gerichts zur Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Es entspricht im Übrigen der gängigen Praxis des Senates, in den Fällen, in denen die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts angenommen wird, die dahingehende Feststellung zur Klarstellung unter Aufhebung der schiedsgerichtlichen Entscheidung zu treffen. Der Antrag ist in der Sache jedoch nicht begründet. Das Schiedsgericht ist in seinem Beschluss zu Recht von einer wirksamen Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien ausgegangen. In Ziffer 9.3 des Aktienkaufvertrages haben die Parteien ihren unmissverständlichen Willen zum Ausdruck gebracht, sämtliche Streitigkeiten aus dem Vertrag unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem Schiedsrichter entscheiden zu lassen. Das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht ist hinreichend klar und bestimmt bezeichnet; damit erfüllt diese Vereinbarung alle Voraussetzungen des § 1029 Abs. 1 ZPO. Die Schiedsvereinbarung ist gemäß § 1031 Abs. 1 ZPO auch formgerecht zustande gekommen; die besondere Form des § 1031 Abs. 5 S. 1 ZPO musste im vorliegenden Fall nicht gewahrt werden. Nach dieser Vorschrift müssen Schiedsvereinbarungen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde enthalten sein, die keine anderen Abreden als solche, die sich auf das schiedsrichterliche Verfahren beziehen, beinhalten dürfen. Da die Antragstellerin keine Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB ist, war es den Parteien nicht verwehrt, die Schiedsklausel in einer Urkunde mit der Einigung über den Aktienkauf niederzulegen. Verbraucher im Sinne des § 1031 Abs. 5 i.V.m. § 13 BGB ist eine natürliche Person, die bei dem Geschäft, das Gegenstand der Streitigkeit ist, zu einem Zweck handelt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Unternehmer- (§ 14 BGB) und nicht (mehr) Verbraucherhandeln hingegen liegt schon dann vor, wenn das streitgegenständliche Geschäft im Zusammenhang mit der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit abgeschlossen wird. Nach dem Wortlaut der Verbraucherdefinition des § 13 BGB ist für die Abgrenzung, welchem Bereich ein geschäftliches Handeln zuzuordnen ist, die – objektiv zu bestimmende – Zweckrichtung des Verhaltens entscheidend. Das Gesetz stellt aber gerade nicht auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein geschäftlicher Erfahrung, etwa aufgrund einer bereits ausgeübten gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit ab. Es kommt vielmehr allein darauf an, ob das Verhalten der Sache nach dem privaten – dann Verbraucherhandeln – oder dem gewerblich-beruflichen Bereich – dann Unternehmertum – zuzuordnen ist. Es besteht auch kein Anlass, demjenigen Verbraucherschutz zu gewähren, der sich für eine bestimmte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit entschieden hat und insoweit vorbereitende oder unmittelbar eröffnende Geschäfte tätigt. Der so Handelnde begibt sich damit in den unternehmerischen Geschäftsverkehr und gibt dem Rechtsverkehr zu erkennen, dass es sich nunmehr dem Recht für Unternehmer unterwerfen und dieses ihrerseits auch in Anspruch nehmen will (vgl. grundlegend BGH, Beschluss vom 24.02.2005 – III ZB 36/04 –, Tz. 6 ff m.w.N. – zitiert nach juris). Diese für Existenzgründergeschäfte entwickelten Grundsätze hat das Schiedsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nach § 1040 Abs. 3 ZPO kommt eine davon abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage nicht in Betracht. Insbesondere kann es aus den oben dargestellten rechtlichen Gesichtspunkten dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin bereits vor Abschluss des Aktienkaufvertrages als Unternehmerin tätig geworden ist. Denn jedenfalls ist dieses Geschäft allein der beabsichtigten künftigen unternehmerischen Tätigkeit der Antragstellerin zuzuordnen und keinesfalls als bloße private Vermögensverwaltung zu qualifizieren, so dass schon aus diesen Gründen die Verbraucherstellung der Antragstellerin zu verneinen ist. Vor diesem Hintergrund konnte es auch dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin zur weiteren Begründung ihres Begehrens auf die im Schiedsverfahren eingereichten Schriftsätze in englischer Sprache Bezug nehmen durfte. Selbst wenn man das Vorbringen der Antragstellerin im Schiedsverfahren zugrunde legt, ist die Entscheidung des Schiedsgerichts in der Sache nicht zu beanstanden. Mit dem Abschluss des Kaufvertrages wollte die Antragstellerin zusammen mit einem von ihr ausgesuchten Investor die Kontrolle über eine börsennotierte Aktiengesellschaft übernehmen und ihre unternehmerischen Vorstellungen in der Kosmetikbranche, in der sie bereits mit einem eigenen Unternehmen tätig war, umsetzen. In diesem Zusammenhang hatte sich sie sich in dem Kaufvertrag unter anderem verpflichtet, eine weitere Finanzierung von 2 Mio. € für die laufenden Geschäfte der M AG bereitzustellen. Auch dieser Umstand belegt die unternehmerische Ausrichtung ihres Handelns. Darüber hinaus hat die Antragstellerin nur wenige Tage nach dem Vertragsschluss gemeinsam mit dem Investor bereits die Entwicklung eines Businessplans für die M AG vereinbart, für deren Umsetzung die Antragstellerin als Vorstandsvorsitzende verantwortlich sein sollte. Dass die Antragstellerin mit dem Erwerb der Aktienmehrheit eigene unternehmerische Ziele im Zusammenhang verfolgt hat, dokumentiert sich auch in ihrem Übernahmeangebot nach § 35 Abs. 2 WpÜG an die verbliebenen Aktionäre, in dem sie ihre Beteiligung als strategisches Investment bezeichnet hat mit dem Ziel, die Gesellschaft langfristig organisch weiterzuentwickeln. Schon vor diesem Hintergrund kann der Aktienkauf nicht als bloße Vermögensverwaltung qualifiziert werden. Zudem hat das Schiedsgericht in seiner Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vorbereitung und Umsetzung eines Management-Buy out, der sich auf ein börsennotiertes Unternehmen bezieht, mit einem Umfang verbunden war, der einen planmäßigen Geschäftsbetrieb und eine geschäftsmäßige Organisation erforderte. Die Antragstellerin musste einen Investor suchen, der den Kauf (mit-)finanzierte, die entsprechenden Verhandlungen führen und die erforderlichen Verträge mit dem Investor schließen inklusive der Entwicklung eines Businessplans. Ferner waren der Vertrag mit dem Antragsgegner sowie nachfolgend das Pflichtangebot an die verbliebenen Aktionäre vorzubereiten. Insoweit bedurfte es unter anderem der Kommunikation mit allen Beteiligten, der Planung der Termine, der Recherche der notwendigen Informationen, der Erstellung professioneller Präsentationsunterlagen und der Kalkulation möglicher Erträge, Kosten und Risiken. Die Antragstellerin hat diese mit erheblichem Aufwand verbundene geschäftliche Transaktion im Wesentlichen selbst vorbereitet und umgesetzt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eindeutig ein unternehmerisches Handeln festzustellen ist. Nach alldem war der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Zwischenentscheides des Schiedsgerichts und Feststellung der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts mit der aus § 91 Abs. 1 ZPO sich ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen; die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/5 des Hauptsachestreitwertes – vgl. insoweit KG, NJW 1967, 55; Beschlüsse des Senates vom 07.09.2009 – 26 Sch 13/09 – und vom 05.03.2012 – 26 SchH 17/11). | |||||
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