34 SchH 07/08


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 SchH 07/08 Datum 26.06.2008
Leitsatz
Gerichtliche Bestellung eines Schiedsrichters
Sind die Ansprüche aus einem Vertrag, der eine Schiedsvereinbarung enthält, abgetreten worden, ist der Zessionar an die vom Zedenten vereinbarte Schiedsklausel gebunden, da der Zessionar die volle Gläubigerstellung, d.h. alle Rechte und Pflichten, erhält.
Gemä´ß § 1035 Abs. 3 geht die Kompetenz zur Bestellung des Schiedsrichters mit fruchtlosem Ablauf der Monatfrist auf das Gericht über. Voraussetzung ist allerdings die wirksame Aufforderung, die nach h.M. die schriftliche Bezeichnung des eigenen Schiedsrichters und die ausreichende Bezeichnung der Rechtsstreitigkeit verlangt.
Übliche soziale Kontakte eines Schiedsrichters (hier: 1. Bürgermeister einer Kleinstadt) zu einem oder beiden Parteien, die er zudem offengelegt hat, geben - ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, z.B. wirtschaftliche Abhängigkeit - keinen Anlass zu Zweifel an seiner Unparteilichkeit.
Rechtsvorschriften§ 1029 Abs. 1 ZPO, § 1031 Abs. 1 ZPO, § 1035 Abs. 3 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteBildung des Schiedsgerichts: - Ersatzbenennung, gerichtliche Prüfungskompetenz/Umfang; - Ablehnungsgründe Schiedsvereinbarung: - Ersteckung auf Dritte, Rechtsnachfolger
Volltext
B E S C H L U S S:
I. Zum zweiten beisitzenden Schiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen aus den Business-Partnerverträgen vom 25. September 2006 und 20. April 2007 wird bestellt:
xxx.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Bestellungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.400,00 € festgesetzt.
G r ü n d e:
I.
Der Antragsteller und der Antragsgegner schlossen unter dem 25.9.2006 eine Vereinbarung über eine vertragliche Zusammenarbeit (sogenannter Business-Partnervertrag) für betriebsspezifische Beratungsleistungen. Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner die Zahlung restlicher Vergütung über Leistungen, die er im Rahmen des Vertrages für den Antragsgegner erbracht hat. Weiterhin macht der Antragsteller aus einer Forderung, die ihm von einem weiteren Partner des Antragsgegners abgetreten worden ist, Zahlungsansprüche geltend. In der Vereinbarung vom 25.9.2006 ist festgelegt, dass sämtliche Streitigkeiten hieraus von einem Schiedsgericht, bestehend aus drei Schiedsrichtern, am Sitz des Antragsgegners unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit entschieden werden. Eine Schiedsvereinbarung mit demselben Wortlaut enthält auch der zwischen dem Zedenten und dem Antragsgegner geschlossene Vertrag.
Einer an den Antragsgegner gerichteten und am 5.3.2008 zugegangenen Aufforderung, einen Schiedsrichter zu benennen, kam dieser nicht nach. Unter dem 16.4.2008 hat der Antragsteller deshalb beim Oberlandesgericht die Bestellung eines Schiedsrichters für den Antragsgegner beantragt.
Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Äußerung, in deren Rahmen er seinerseits Personen als geeignete Schiedsrichter namhaft machte.
II.
Der zulässige Bestellungsantrag ist begründet.
Die Zuständigkeit des Senats für die Bestellung eines Schiedsrichters folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, § 1025 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBl S. 471).
Gegen die Wirksamkeit der zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner geschlossenen Schiedsklausel bestehen keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es im Rahmen des Bestellungsverfahrens einer abschließenden Entscheidung über die Gültigkeit der Schiedsabrede bedarf.
Die Form des § 1031 Abs. 1 ZPO ist eingehalten. Die Schiedsvereinbarung kann auch als Klausel neben anderen vertraglichen Vereinbarungen geschlossen werden (§ 1029 Abs. 2 ZPO). § 1031 Abs. 5 ZPO ist nicht einschlägig, weil der zwischen den Parteien - sowie auch der zwischen dem Zedenten und dem Antragsgegner - geschlossene Vertrag der Sache nach dem gewerblich-beruflichen Bereich der Parteien zuzuordnen ist (§ 13 BGB; BGH NJW 2005, 1273/1274).
Auch soweit der Antragsteller eine Forderung aus abgetretenem Recht geltend macht, bestehen gegen eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts keine Bedenken. Nach herrschender Meinung (vgl. Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rn. 521 m.w.N.; a.A. Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 7 Rn. 32), der sich der Senat anschließt, ist der Zessionar an eine vom Zedenten vereinbarte Schiedsklausel gebunden, da durch die Zession die volle
Gläubigerstellung, einschließlich aller Rechte, aber ebenso auch der Pflichten aus einer Schiedsvereinbarung, übertragen werden (Münchener Kommentar/Münch ZPO 3. Aufl. § 1029 Rn. 47).
3. Die Parteien haben bestimmt, dass das Schiedsgericht aus drei Personen bestehen soll. Jede Partei soll einen Schiedsrichter benennen, die dann einen Präsidenten wählen. Weil die Parteien keine abweichenden Bestimmungen getroffen haben, richtet sich das Verfahren zur Bestellung von Schiedsrichtern, wenn eine der Parteien ihren Pflichten zur Benennung eines Schiedsrichters nicht nachkommt, nach den gesetzlichen Regeln. Maßgeblich ist § 1035 Abs. 3 ZPO. Hat danach eine Partei den Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch die andere Partei bestellt, so ist der Schiedsrichter auf Antrag der anderen Partei durch das Gericht zu bestellen (§ 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO).
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 2002, 17; a.A. Musielak/Voit ZPO 6. Aufl. § 1035 Rn. 10 m.w.N.), der sich der Senat angeschlossen hat (Beschluss vom 26.4.2006, 34 SchH 004/06 = OLG-Report 2006, 535 - Leitsatz), geht die Kompetenz zur Bestellung des Schiedsrichters mit fruchtlosem Ablauf der Monatsfrist auf das Gericht über. Voraussetzung ist allerdings die wirksame Aufforderung, die nach herrschender Meinung die schriftliche Bezeichnung des eigenen Schiedsrichters und die ausreichende Bezeichnung der Rechtsstreitigkeit verlangt (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 10 Rn. 19 und 20). Diese Voraussetzungen erfüllt das Aufforderungsschreiben des Antragstellers vom 3.3.2008.
4. Gemäß § 1035 Abs. 3 Satz 3, Abs. 5 ZPO bestellt der Senat Herrn P. zum Schiedsrichter.
Besondere Anforderungen an die schiedsrichterliche Qualifikation haben die Parteien nicht festgelegt. Herr P., der über viele Jahre Bürgermeister der Stadt R. war und Mitglied des Bezirkstags von O. ist, wurde vom Antragsgegner vorgeschlagen und wird auch vom Antragsteller ausdrücklich akzeptiert. Umstände, die Zweifel an seiner Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit aufkommen ließen und ihn deshalb zur Bestellung ungeeignet machten (vgl. § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO), sind nicht ersichtlich.
Auf Anfrage des Senats hat Herr P. erklärt, er werde nach bestem Wissen und Gewissen urteilen. Während seiner 24-jährigen beruflichen Tätigkeit als 1. Bürgermeister einer Kleinstadt sei dies für ihn eine Selbstverständlichkeit. Beide Parteien kenne er persönlich.
Übliche soziale Kontakte eines Schiedsrichters zu einer Partei, die von diesem auch offengelegt werden, lassen ohne das Hinzutreten besonderer Umstände, wie etwa einer gewissen wirtschaftlichen Abhängigkeit, an dessen Unparteilichkeit nicht zweifeln (Münchener Kommentar/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 42 Rn. 9). Allein die gesellschaftliche Stellung des vorgeschlagenen Schiedsrichters P. bedingt zwangsläufig Kontakte zu einer Vielzahl von Menschen. Dessen kommunale Ämter verlangen es auch, sich den verschiedensten, auch geschäftlichen Anliegen von Bürgern anzunehmen. Konkrete Umstände, die eine besondere politische Bevorzugung des Antragsgegners erkennen ließen, haben sich nicht aufgetan. Beide Parteien haben gleichermaßen Vertrauen in eine unvoreingenommene Amtsführung dieses Schiedsrichters bekundet. Seine langjährige Erfahrung in der Ausübung verantwortungsvoller öffentlicher Ämter erlauben den Schluss, dass er die ihm angetragene Tätigkeit als Schiedsrichter unvoreingenommen und unparteiisch wahrnehmen wird (vgl. dazu auch OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 1764; Mankowski SchiedsVZ 2004, 304/308).
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Streitwertbestimmung beruht auf § 3 ZPO. Mit einem Bruchteil (etwa 1/3 des Hauptsachebetrags von rund 22.200,00 €) ist im Regelfall, so auch hier, eine angemessene Bewertung für die Bestellung gegeben (vgl. z.B. Senat vom 23.5.2007, 34 SchH 001/07).
Summary