III ZB 65/04


Gericht BGH Aktenzeichen III ZB 65/04 Datum 29.06.2005
Leitsatz
Rechtsbeschwerde gegen Aufhebung eines Schiedsspruchs
Ein Formmangel der Schiedsvereinbarung ist dann nicht mehr zu berücksichtigen, wenn der Schiedsbeklagte vor dem Schiedsgericht zur Hauptsache verhandelt hat, ohne gerade wegen des Formmangels einen Vorbehalt zu machen. Andere Vorbehalte bezüglich der Zuständigkeit des Schiedsgerichts hindern die Heilung des Formmangels nicht.
(Leitsatz der Redaktion)
Rechtsvorschriften§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 574 Abs. 2 ZPO, § 1065 Abs. 1 Satz 1 ZPO
§ 1059 Abs. 2 Nr. 1a ZPO, § 1059 Abs. 2 Nr. 2b ZPO
§ 1027 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 1027 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 1031 Abs. 6 ZPO
Art. 4 § 1 Abs. 1 SchiedsVfG
FundstelleSchiedsVZ 2005, 259
Aktenzeichen der VorinstanzHans. OLG Hamburg, 6 Sch 01/04 (16.09.04)
StichworteSchiedsvereinbarung: - Zustandekommen/Formwirksamkeit, gesonderte Urkunde, Heilung, rügelose Einlassung Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, inländisch, Aufhebung Aufhebungs-/Versagungsgründe: -
Volltext
B E S C H L U S S:
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 16. September 2004 - 6 Sch 1/04 - wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Rechtsbeschwerderechtszuges zu tragen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 40.849,78 €
G R Ü N D E:
I.
Die Antragsteller sind durch Schiedsspruch vom 4. November 2003 in Verbindung mit den Ergänzungsschiedssprüchen vom 2. Dezember 2003 und vom 18. Dezember 2003 verurteilt worden, 40.849,78 € nebst Zinsen an den Antragsgegner zu zahlen und die Kosten des Verfahrens zu tragen. Sie haben gegen den Schiedsspruch und die Ergänzungsschiedssprüche Antrag auf gerichtliche Aufhebung gestellt. Das Oberlandesgericht hat dem Antrag stattgegeben. Hiergegen hat der Antragsgegner Rechtsbeschwerde eingelegt mit dem Begehren, den Aufhebungsantrag zurückzuweisen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO statthaft. Sie ist aber im übrigen unzulässig; Zulassungsgründe (§ 574 Abs. 2 ZPO) sind nämlich nicht gegeben. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
1. Zwar hat das Oberlandesgericht die Aufhebung des Schiedsspruchs zu Unrecht auf § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Fall 2 ZPO gestützt, wonach der Schiedsspruch aufgehoben werden kann, wenn die Schiedsvereinbarung ungültig ist.
a) Die in den Bereederungsverträgen vom 15. Oktober 1992 und 18. September 1996 jeweils unter Nr. 6 getroffenen Schiedsvereinbarungen waren allerdings - zunächst - formnichtig.
Die Wirksamkeit der noch vor dem Inkrafttreten des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes am 1. Januar 1998 (Art. 5 Abs. 1 SchiedsVfG) getroffenen Schiedsvereinbarungen richtete sich nach dem bis dahin geltenden Recht (Art. 4 § 1 Abs. 1 SchiedsVfG), also nach § 1027 ZPO a.F. Danach mußte ein Schiedsvertrag ausdrücklich geschlossen werden und bedurfte der Schriftform; andere Vereinbarungen als solche, die sich auf das schiedsgerichtliche Verfahren bezogen, durfte die Urkunde nicht enthalten (§ 1027 Abs. 1 ZPO a.F.). Das zuletzt genannte Erfordernis war nicht erfüllt; die Schiedsvereinbarung war nicht gesondert geschlossen, sondern nur ein Abschnitt der weitere, umfangreiche Regelungen enthaltenden Bereederungsverträge. Die Parteien waren von dieser Form nicht entbunden, weil der Schiedsvertrag für sie beide ein Handelsgeschäft und sie Vollkaufleute gewesen wären (§ 1027 Abs. 2 ZPO a.F.).
b) Der Mangel der Form wurde aber durch rügelose Einlassung der Antragsteller auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt (§ 1027 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. = § 1031 Abs. 6 ZPO n.F.).
Der Formmangel ist entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts stets dann nicht mehr zu berücksichtigen, wenn der Schiedsbeklagte vor dem Schiedsgericht zur Hauptsache verhandelt hat, ohne gerade wegen des Formmangels einen Vorbehalt zu machen. Vorbehalte, die mit dem Formmangel in keinem Zusammenhang stehen, halten dem Schiedsbeklagten die Berufung auf diesen Mangel nicht offen (vgl. Senatsbeschluß vom 27. November 1986 - III ZR 62/86 - BGHR ZPO § 1027 Abs. 1 Satz 2 Heilung I).
So liegt der Streitfall.
Die Antragsteller haben im Schiedsverfahren lediglich vorgetragen, das Schiedsgericht sei nicht zuständig, weil sich die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht aus dem Bereederungsvertrag, sondern allenfalls aus dem Gesellschaftsvertrag ergäben. Der "Hauptvertrag" sei im Übrigen im gegenseitigen Einvernehmen zum 12. Dezember 2000 aufgelöst worden. Die Antragsteller haben im Schiedsverfahren nicht gerügt, die Schiedsvereinbarung sei - weil nicht zu gesonderter Urkunde (§ 1027 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO a.F.) geschlossen - formnichtig. Der Mangel ist demnach geheilt.
2. Das Oberlandesgericht hat die Aufhebung des Schiedsspruchs jedoch weiter auf einen ordre public-Verstoß, nämlich auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), gestützt (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO). Bezüglich dieser - selbständig tragenden - Begründung liegen keine Zulassungsgründe vor. Insoweit wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO von einer Begründung abgesehen.
Summary
Federal Court of Justice, Decision of 29 Jun 2005 - III ZB 65/04
Complaint on points of law against order setting aside an arbitral award
R u l i n g:
A formal defect of the arbitration agreement does not constitute a ground for setting aside an award, if the respondent in the arbitral proceedings has entered into argument on the substance of the dispute without expressly objecting to the arbitral tribunal's competence on the basis of the formal defect. An objection to the competence of the arbitral tribunal on other grounds does not prevent the formal defect to be cured pursuant to Sec. 1031 sub. 6 Code of Civil Procedure (ZPO).
F a c t s:
By arbitral award of 4 November 2003 in connection with the additional arbitral awards of 2 and 18 December 2003 the claimants (respondents in the arbitral proceedings) were ordered to pay 40.849,78 € with interest to the respondent and to bear the costs of the proceedings. The claimants filed a motion for setting aside these arbitral awards. The Higher Regional Court of Hamburg granted the motion.
The Federal Court of Justice dismissed the respondent’s appeal on a point of law against the order of the Higher Regional Court of Hamburg setting aside the award.
G r o u n d s:
The Federal Court of Justice held that the Hamburg Court erred in finding that the arbitration clause was invalid for non-compliance with the written form requirement of Sec. 1027 Code of Civil Procedure (ZPO) (pre-1998 version). The Federal Court of Justice held that the undisputed non-compliance with the form requirements had been cured by claimants (then respondents) entering into argument on the substance of the dispute in the arbitral proceedings (Sec. 1031 sub. 4 ZPO). Since claimants had not expressly raised an objection to the arbitral tribunal's competence based on the form defect in the arbitral proceedings, but only on other grounds, they were precluded from relying on the form defect in the setting aside proceedings.
However, since the Higher Regional Court of Hamburg had also based the setting aside on a violation of public policy (violation of right to be heard) and no grounds of appeal had been raised against this aspect of the Hamburg Court's ruling, the order setting aside the award was justified.