26 SchH 3/13


Gericht OLG Frankfurt am Main Aktenzeichen 26 SchH 3/13 Datum 21.06.2013
Leitsatz
Rechtsvorschriften§ 1032 Absatz 2, 1062 Absatz 1 nr. 2 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteFeststellung auf Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens Anwendbarkeit von § 93 ZPO in Verfahren nach § 1062 ZPO
Volltext
B E S C H L U S S
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien auf der Grundlage der in § 7 des Dienstleistungsvertrages vom 29.07.2010 niedergelegten Schiedsgerichtsvereinbarung unzulässig ist.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gegenstandswert: 23.000,- €
Gründe
I.
Die Parteien schlossen am 29.07.2010 einen Dienstleistungsvertrag, mit dem sich die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zur Erbringung verschiedener Internetdienstleistungen zugunsten der mit der Antragsgegnerin ebenfalls vertraglich verbundenen BG verpflichtete. Der Vertrag enthält in  § 7 eine Regelung, nach der bei auftretenden Differenzen aus dem Vertrag ein „Schlichtungs- bzw. Schiedsgerichtsverfahren“ durchgeführt werden sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Vertrages (Bl. 9 d. A.) verwiesen. Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche für erbrachte Leistungen. In einem Telefongespräch am 31.01.2013 forderte ein Vertreter der Antragstellerin den Geschäftsführer der Antragsgegnerin auf, auf ein Schlichtungs- bzw. Schiedsverfahren zu verzichten. Eine solche Erklärung gab die Antragsgegnerin in der Folgezeit jedoch nicht ab. Mit Schreiben vom 14.03.2013 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin unter Fristsetzung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 136.850,- € auf und kündigte für den Fall nicht fristgerechter Zahlung die Einleitung eines Schiedsverfahrens an. Alternativ bot die Antragstellerin an, eine Vereinbarung über die Aufhebung von § 7 des Dienstleistungsvertrages zu schließen. Es erfolgte indes weder eine Zahlung noch unterzeichnete die Antragsgegnerin die vorgeschlagene Aufhebungsvereinbarung.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 25.04.2013, eingegangen bei Gericht am 26.04.2013, hat die Antragstellerin sodann beantragt festzustellen, dass die Durchführung eines schiedsrichterlichen Verfahrens unzulässig ist.
Die Antragsgegnerin hat das Feststellungsbegehren in dem Erwiderungsschriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 14.05.2013 unter Verwahrung gegen die Kostentragungspflicht anerkannt. Sie ist der Auffassung, keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben zu haben, da in dem Schreiben vom 14.03.2013 ausdrücklich die Einleitung eines Schiedsverfahrens angekündigt worden sei, und zwar auch für den Fall, dass die vorgeschlagene Aufhebungsvereinbarung bezüglich des § 7 des Dienstleistungsvertrages nicht zustande komme.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 25.04.2013 (Bl. 1 ff d. A.) und 03.06.2013 (Bl. 30 f d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 14.05.2013 (Bl. 25 ff d. A.) und 10.06.2013 (Bl. 34 f d. A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens war nach § 1032 Abs. 2 ZPO statthaft; die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Dem Antrag war nach dem Anerkenntnis der Antragsgegnerin ohne weitere Sachprüfung durch den Senat zu entsprechen, da auch in den in § 1062 Abs. 1 ZPO benannten Verfahren ein Anerkenntnis gemäß § 307 ZPO zulässig ist (vgl. OLG Frankfurt, IHR 2002, 38; Beschluss vom 29.09.2011 – 26 SchH 7/11; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap 27 Rz. 29; Münch-Kom. ZPO - Münch, 3. Aufl., § 1064 Rz. 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; danach waren der Antragsgegnerin als Unterlegener die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Da die Antragsgegnerin eine Veranlassung für die Einleitung eines Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO gegeben hat, konnte im Rahmen der Kostenentscheidung § 93 ZPO nicht berücksichtigt werden.
Zunächst begegnet es keinen grundsätzlichen Bedenken, § 93 ZPO auch im Rahmen der Verfahren anzuwenden, für die nach § 1062 ZPO die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes eröffnet ist (vgl. Münch-Komm ZPO – Münch, § 1064 Rz. 3; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., § 27 Rz. 29; OLG Frankfurt, Beschluss vom 31.05.2001 – 8 Sch 1/01). Die Erstattungsvorschriften der §§ 91 ff ZPO gelten für alle in der ZPO geregelten Verfahren, in denen ein „Streit“ zwischen den Parteien vorliegt, wobei der Begriff „Rechtsstreit“ weit auszulegen ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rz. 9) und auch die in § 1062 ZPO aufgeführten Verfahren erfasst.
Nach § 93 ZPO hat der Kläger die Kosten eines Rechtsstreites zu tragen, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Veranlassung zur Klageerhebung besteht dann, wenn der Beklagte durch sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf ein Verschulden und die materielle Rechtslage bei dem Kläger den Eindruck erweckt hat, er, der Kläger, werde nicht ohne Klage zu seinem Recht kommen. Ist nach einem sofortigen Anerkenntnis des Beklagten streitig, ob er Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat, so trifft ihn die Beweislast für die fehlende Klageveranlassung (vgl. BGH, MDR 2007, 1162; OLG Frankfurt, NJW-RR 1996, 62; OLG Hamm, MDR 2004, 1078 ; MünchKomm. – Belz, ZPO, 3. Aufl., § 93 Rz. 8; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 93 Rz. 2; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 93 Rz. 16). Denn nach den allgemeinen Beweislastregeln muss diejenige Partei, die sich auf einen Ausnahmetatbestand zu ihren Gunsten beruft, dessen Tatbestandsvoraussetzungen darlegen und gegebenenfalls beweisen (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 1432, 1434; OLG Frankfurt, a.a.O.; Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl., vor § 284 Rz. 17a).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat die Antragsgegnern schon nicht hinreichend dargelegt, keine Veranlassung für die Einleitung eines Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO gegeben zu haben. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin ist die Antragsgegnerin bereits im Rahmen eines Telefonates am 31.03.2013 aufgefordert worden, auf die Durchführung eines Schiedsverfahrens zu verzichten; eine entsprechende Erklärung hat die Antragsgegnerin unstreitig nicht abgegeben. Auch das Angebot im Schreiben vom 14.03.2013 auf einvernehmliche Aufhebung der entsprechenden Klausel hat sie nicht angenommen. Damit war für die Antragstellerin eine Situation entstanden, in der sie nicht sicher sein konnte, dass die Antragsgegnerin sich in einem möglichen Verfahren vor dem staatlichen Gericht nicht auf die Schiedsvereinbarung berufen würde. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin in dem Schreiben vom 14.03.2013 bei nicht fristgerechter Zahlung bzw. dem Nichtzustandekommen einer Aufhebungsvereinbarung noch die Einleitung eines Schiedsverfahrens ankündigte, rechtfertigt keine andere Bewertung, denn durch die Weigerung, sich zur Frage der Wirksamkeit der Schiedsklausel abschließend zu äußern, war für die Antragstellerin eine rechtlich unsichere Lage gegeben. Für eine solche Situation sieht das Gesetz in § 1032 Abs. 1 und 2 ZPO zwei gleichrangig nebeneinander stehende Möglichkeiten der Klärung vor. Entweder erhebt der Anspruchsteller Klage zum staatlichen Gericht, welches dann über die eventuelle Schiedseinrede des Gegners zu befinden hat oder aber er lässt über diese Frage vorab das staatliche Gericht gemäß §§ 1062 Abs. 1 Nr. 2, 1032 Abs. 2 ZPO befinden. Da es dem Betroffenen in einer solchen Situation grundsätzlich offen steht, welchen Weg er beschreiten will, gab das Verhalten der Antragsgegnerin letztlich auch hinreichenden Anlass für ein Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/5 des Hauptsachestreitwertes – vgl. insoweit KG, NJW 1967, 55).
Summary