Gericht | OLG Hamburg | Aktenzeichen | 6 Sch 28/13 | Datum | 25.02.2014 |
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Leitsatz | |||||
1. Bei unstreitigen Gegenforderungen hindert ein Schiedsvertrag, unter den die Gegenforderung fällt, die Beachtung einer Aufrechnung im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nicht. 2. Wenn ein Schiedsgericht sich der Entscheidung über eine Aufrechnung enthält, steht nichts im Wege, den Aufrechnungseinwand vor dem ordentlichen Gericht zu wiederholen, unabhängig davon, ob das Schiedsgericht mit Recht oder Unrecht nicht auf die Aufrechnung eingegangen ist. | |||||
Rechtsvorschriften | § 1060 Abs. 1 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruches; Aufrechnung; Schiedsbefangenheit | ||||
Volltext | |||||
Beschluss Der am 05.11.2007 erlassene Schiedsspruch des Schiedsgerichts des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V. vom 05.11.2007, Az. V 20/07 E, bestehend aus dem Obmann I sowie den Schiedsrichtern J und K , wird im Umfang des folgenden Tenors für vollstreckbar erklärt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 3.260,97 zzgl. Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 18. Mai 2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wird auf € 3.260,97 festgesetzt. Gründe: Der Antragssteller begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches. Mit Beschluss des AG Mannheim vom 01.07.2006 wurde der Antragsteller zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma Ba bestellt (Anl. 1). Die Schuldnerin und die Antragsgegnerin standen in einer ständigen Geschäftsbeziehung. Der Antragsteller erhob gegen die Antragsgegnerin Schiedsklage vor dem vereinbarten Schiedsgerichts des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V mit Sitz in Hamburg auf Zahlung von € 26.082,81 wegen einer offenen Kaufpreisforderung für die Lieferung einer Partie von ca. 3000 t EU Futterweizen, die die Schuldnerin wie folgt in Rechnung gestellt hatte : Rechnung Nr. 8014 vom 19.04.2006 € 10.139,44 Rechnung Nr. 8037 vom 21.04.2006 € 3.006,68 Rechnung Nr. 8074 vom 25.04.2006 € 9.675,72 Rechnung Nr. 8174 vom 12.05.2006 € 3.260,97 € 26.082,81. Mit Schiedsspruch vom 05.11.2007 hat das Schiedsgericht die Antraggegnerin verurteilt, an den Antragsteller € 3.260,97 zzgl. Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 18. Mai 2006 zu zahlen und die weitergehende Schiedsklage abgewiesen. Zur Begründung hat das Schiedsgericht aufgeführt, die Antragsgegnerin habe mit ihrer Gegenforderung aus Tagespreisdifferenzen in Höhe von insgesamt € 27.310,30 nur gegenüber den ersten drei Rechnungen der Schuldnerin Nr. 8014, 8037 und 8074 über insgesamt € 22.821,84 die Aufrechnung erklärt und die verbleibende Restforderung in Höhe von € 4.488,46 zur Insolvenztabelle angemeldet. Gegenüber der Rechnung Nr. 8074 vom 12.05.2006 über € 3.260,97 habe die Antragsgegnerin hingegen keine Aufrechnungserklärung abgegeben. Mit Anwaltsschreiben vom 23.11.2007 erklärte die Antragsgegnerin gegen die Forderung aus der Rechnung der Schuldnerin Nr. 8074 vom 12.05.2006 über € 3.260,97 die Aufrechnung, so dass sie nicht verpflichtet sei, auf den durch den Schiedsspruch ausgeurteilten Betrag zu zahlen (Anl. B 1). Der Antragsteller beantragt, den Schiedsspruch des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse eV vom 05.11.2007, erlassen durch die Schiedsrichter I, J und K , durch den die Antragsgegnerin verurteilt wurde, an Herrn A als Insolvenzverwalter über das Vermögen B GmbH & Co. KG EUR 3.260,97 nebst 8 % Zinsen p.a. seit dem 18.05.2006 zu zahlen, für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzuweisen. Die Antraggegnerin ist der Auffassung, der durch das Schiedsgericht ausgeurteilte Zahlungsanspruch aus der Rechnung der Schuldnerin Nr. 8074 vom 12.05.2006 über € 3.260,97 sei durch Aufrechnung mit ihrer zur Insolvenztabelle festgestellten und damit unstreitigen Gegenforderung auf Zahlung von € 4.488,46 erloschen. Mit diesem Einwand könne sie auch im Vollstreckbarerklärungsverfahren gehört werden. Demgegenüber vertritt der Antragsteller die Ansicht, eine Aufrechnung könne im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nur berücksichtigt werden, wenn die Gegenforderung i.S.v. § 767 Abs. 2 ZPO erst nach Abschluss des Schiedsverfahrens entstanden sei. Das Schiedsgericht habe aber bereits über die Gegenforderung, mit der die Antragsgegnerin aufrechnen wolle, entschieden. Hinzukomme, dass auch die Gegenforderung der Schiedsabrede unterliege, so dass das Oberlandesgericht nicht befugt sei, über die Aufrechnung zu entscheiden. II. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist zulässig und begründet. 1. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (Hamburg) liegt im Bezirk des erkennenden Gerichtes. Der Antragsteller hat den Schiedsspruch vom 05.11.2007 im Original vorgelegt. Damit ist der Vorschrift des § 1064 Abs.1 ZPO Genüge getan. 2. Von Amts wegen zu beachtende Aufhebungsgründe, die gemäß § 1060 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 1059 Abs. 2 ZPO die Vollstreckbarerklärung hindern würden, werden von der Antragsgegnerin nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Weder bestanden Hindernisgründe, den Gegenstand des Streites auf schiedsrichterlichem Wege zu regeln, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland widerspricht. 3. Die Antragsgegnerin kann in diesem Verfahren nicht geltend machen, der Kaufpreisanspruch aus der Rechnung der Schuldnerin Nr. 8074 vom 12.05.2006 über € 3.260,97, zu dessen Zahlung an den Antragsteller sie das Schiedsgericht verurteilt habe, sei durch die Aufrechnung mit einer unstreitigen Gegenforderung auf Zahlung von € 4.488,46 gem. § 389 BGB i.V.m. § 94 InsO erloschen. Nach der Rechtsprechung des BGH sind im Vollstreckbarerklärungsverfahren gem. §§ 1060 ff ZPO sachlich-rechtliche Einwendungen gegen den im Schiedsspruch festgestellten Anspruch zwar zulässig (vgl. BGH NJW-RR 2011, 213 Tz. 8). Der Antragsteller kann auch nicht die Ausnahme für sich in Anspruch nehmen, wonach eine Aufrechnung im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nicht berücksichtigt werden kann, wenn sich eine Partei vor dem staatlichen Gericht zu Recht darauf beruft, dass die einer Aufrechnung zu Grunde liegende bestrittene Forderung ihrerseits einer Schiedsabrede unterliege (BGH, aaO, Tz. 12). Hier hat der Antragsteller zwar im Schriftsatz vom 04.02.2014 die Einrede des Schiedsvertrags erhoben und die Gegenforderung der Antragsgegnerin ist auch schiedsbefangen, sie wird aber vom Antragsteller nicht bestritten. Bei unstreitigen Gegenforderungen hindert aber ein Schiedsvertrag, unter den die Gegenforderung fällt, die Beachtung einer Aufrechnung im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nicht. Ist eine Forderung unstreitig, liegt nämlich ein Eingriff in die von den Parteien vereinbarte Entscheidungsbefugnis nicht vor (vgl. BGH, Beschluss vom 29.07.2010, Az. III ZB 48/09, Tz. 5, zit. nach juris). Die Antragsteller kann aber die Einschränkung geltend machen, dass in entsprechender Anwendung des § 767 Abs. 2 ZPO die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, grundsätzlich nach dem Schiedsverfahren entstanden sein müssen, d.h. bei einer Aufrechnung darf die Aufrechnungslage nicht bereits während des Schiedsverfahrens entstanden sein (vgl. BGH NJW – RR 2011, 2011, 213 Tz. 8). Letzteres gilt zwar nicht ausnahmslos. Vielmehr ist die Aufrechnung auch mit einer vor Abschluss des Schiedsverfahrens entstandenen Forderung möglich, wenn der Schuldner schon vor dem Schiedsgericht aufgerechnet bzw. den Aufrechnungseinwand erhoben hat, das Schiedsgericht aber über die zur Aufrechnung gestellte Forderung - zum Beispiel mit der Begründung, es sei für diese nicht zuständig - nicht befunden hat. Wo ein Schiedsgericht sich der Entscheidung über die Aufrechnung enthält, steht nichts im Wege, den Aufrechnungseinwand vor dem ordentlichen Gericht zu wiederholen, gleichviel ob das Schiedsgericht mit Recht oder Unrecht nicht auf die Aufrechnung eingegangen ist (BGH NJW-RR 2011, 213 Tz. 8). So liegen die Dinge hier aber nicht. Denn das Schiedsgericht hat sich mit einer Aufrechnung gegen die Rechnung der Schuldnerin Nr. 8074 vom 12.05.2006 über € 3.260,97 ausdrücklich deshalb nicht befasst, weil die Antragsgegnerin insoweit keine Aufrechnungserklärung abgegeben habe. Anders als in dem vom BGH erörterten Ausnahmefall hat die Antragsgegnerin im Schiedsverfahren den Aufrechnungseinwand gegen die hier interessierende Klagforderung im Schiedsverfahren nicht erhoben. Hätte sie das getan, hätte das Schiedsgericht auch über die Aufrechnung befunden. Die Antragsgegnerin kann in diesem Verfahren daher gem. § 767 Abs. 2 ZPO analog mit dem Aufrechnungseinwand nicht gehört werden. An der Präklusion ändert sich auch nichts dadurch, dass die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung unstreitig ist. Ohne das laufende Insolvenzverfahren wäre die Antragsgegnerin demnach darauf zu verweisen, die Gegenforderung in einem neuen Klagverfahren gegen die Schuldnerin zu verfolgen. Daran ist sie hier aber wegen des Insolvenzverfahrens gem. § 87 InsO gehindert, so dass es bei der Anmeldung der Gegenforderung zur Tabelle und dem Ergebnis der Schlussverteilung sein Bewenden haben muss. Die Privilegierung durch die gem. § 94 InsO eröffnete Möglichkeit zur Aufrechnung hat sie aus den genannten Gründen dadurch vereitelt, dass sie die Aufklärung nicht während des Schiedsverfahrens erklärt hat. Dazu wäre eine ausdrückliche Erklärung notwendig gewesen, woran es aber auch nach ihrem Vortrag fehlt. Die Antragsgegnerin kann auch nicht einen Verstoß gegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB mit der Begründung geltend machen, es widerspreche dem Zweck einer Verfahrensvereinfachung, wenn sie ihre unbestrittene, titulierte Gegenforderung im Wege der Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage verfolgen müsste. Denn einer solchen Klage stünden, wie dargelegt, die Vorschriften der § 87 InsO und § 767 Abs. 2 ZPO entgegen. Die Titulierung der Gegenforderung durch die Feststellung zur Insolvenztabelle gem. § 178 Abs. 3 InsO kommt auch nicht zum Tragen, solange das Insolvenzverfahren noch nicht aufgehoben ist (§ 201 Abs. 2 InsO). Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 1064 Abs. 2 ZPO. | |||||
Summary | |||||
OLG Hamburg 6 Sch 28/13 The applicant asked the Higher Regional Court of Hamburg for a declaration of enforceability of an arbitral award. The court declared the award enforceable. The party opposing the application was of the opinion that the claim of the applicant did not exist due to a counterclaim which it would be able to set-off. The applicant asserted that a set-off can only be taken into account in the proceedings for a declaration of enforceability of an arbitral award if the counterclaim pursuant to section 767 subsec. 2 of the German Code of Civil Procedure (ZPO) arose after the conclusion of the arbitral proceedings. In addition, the counterclaim would also be subject to the arbitration agreement, so that the Higher Regional Court of Hamburg would not have jurisdiction to decide on the set-off. The court found that the party opposing the application was not able to set-off its counterclaim in the proceedings for a declaration of enforceability of the arbitral award. However, the court first noted that the applicant unsuccessfully asserted that the set-off in the proceedings for a declaration of enforceability could not be taken into account because the claim on which the set-off was based was itself subject to an arbitration agreement. Although the counterclaim was also subject to the arbitration agreement, its existence was not contested by the applicant. In the case of undisputed counterclaims, however, an arbitration agreement under which the counterclaim falls does not prevent the consideration of the set-off in the proceedings for a declaration of enforceability. This is because if a claim is undisputed, there is no infringement of an agreement of the parties in regard to the decision-making authority. The applicant, however, successfully asserted that, in corresponding application of section 767 subsec. 2 ZPO, the grounds on which an objection is based must in principle have arisen after the arbitral proceedings. In the case of a set-off, the set-off situation must not have arisen already during the arbitral proceedings. The latter however does not apply without exception. Offsetting is also possible against a claim arising prior to the conclusion of the arbitral proceedings if the debtor has already offset before the arbitral tribunal or raised an objection in regard to offsetting, but the arbitral tribunal did not rule on the claim put forward for set-off - for example because it finds that it is not competent to do so. If an arbitral tribunal refrains from deciding on the set-off, there is no obstacle to repeating the set-off objection before a state court, regardless of whether the arbitral tribunal rightly or wrongly did not address the set-off. However, this was not the case here. The arbitral tribunal expressly did not deal with the set-off because the party opposing the application had not submitted a statement of set-off in this respect. If it had done so, the arbitral tribunal would also have ruled on the set-off. The set-off was therefore not to be considered by the court pursuant to an analogous application of section 767 subsec. 2 ZPO. |