1 Sch 8/15


Gericht OLG Stuttgart Aktenzeichen 1 Sch 8/15 Datum 28.04.2015
Leitsatz
Im Vollstreckbarerklärungsverfahren findet keine sachliche Überprüfung der Richtigkeit des Schiedsspruchs statt (sog. Verbot der révision au fond).
Rechtsvorschriften§§ 1059 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 lit. b, 1060 Abs. 2 S. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4, 1064 Abs. 1 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteVollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs; ordre public
Volltext
Beschluss
Geschäftsnummer: 1 Sch 8/15
I. Der von dem Vorsitzenden der Gebührenabteilung der Rechtsanwaltskammer Stuttgart, Dr. I, am 20.03.2015 in Stuttgart (in einem Schiedsverfahren mit umgekehrten Parteirollen) erlassene Schiedsspruch mit folgendem Wortlaut:
„1. Die Rechtsanwaltsgebührenrechnung Nr. J der Antragsgegnerin vom 21.08.2014 ist angemessen.
2. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, den Gesamtbetrag aus der Gebührenrechnung vom 21.08.2014 in Höhe von 5.458,41 EUR an die Antragsgegnerin zu bezahlen.
3. Die Kosten des Schiedsverfahrens trägt die Antragstellerin. Die Antragstellerin hat an die Antragsgegnerin Kosten in Höhe von 303,00 EUR zu erstatten.“
wird für vollstreckbar erklärt.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs.
III. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar
IV. Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.458,41 EUR.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin beauftragte die Antragstellerin im April 2014 mit der außergerichtlichen Geltendmachung der schuldenfreien Rückgabe von Immobilien im Wege einer Vermögensauseinandersetzung wegen der von ihr eingereichten Scheidung von ihrem Ehemann. Nachdem die Antragsgegnerin das Mandat gekündigt hatte, rechnete die Antragstellerin eine Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 590.000,00 EUR mit einem Gebührensatz von 1,3 zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer ab, insgesamt 5.458,41 EUR.
Da die Antragsgegnerin mit der Abrechnung nicht einverstanden war, führte sie (als dortige Antragstellerin) ein Schiedsverfahren vor der Rechtsanwaltskammer Stuttgart durch, das zu dem im Tenor genannten Schiedsspruch führte, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Die hiesige Antragstellerin (im Schiedsverfahren Antragsgegnerin) begehrt die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs.
Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs tritt die Antragsgegnerin - per E-Mail - mit der Begründung entgegen, der zugrunde liegende Gegenstandswert sei zu hoch. Er betrage lediglich 290.000,00 EUR, was dem Wert der beiden Immobilien in Mühlacker und Bauschlott entspreche. Das Objekt Schönbuch sei nicht Gegenstand des Auftrags gewesen. Zudem habe die Antragstellerin für sie, die Antragsgegnerin, auch nichts erreicht.
II.
Der auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs gerichtete Antrag ist zulässig und begründet.
1.
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist das Oberlandesgericht Stuttgart gem. § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zuständig. Der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ist Stuttgart.
2.
Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen des § 1064 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Schiedsspruch wurde in beglaubigter Abschrift vorgelegt. Gründe gem. §§ 1059 Abs. 2 Nr. 1, 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO wurden nicht geltend gemacht und von Amts wegen zu berücksichtigende und der Vollstreckbarkeitserklärung entgegenstehende Gründe gem. §§ 1059 Abs. 2 Nr. 2, 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich.
An dieser Stelle kann dahinstehen, ob die in Form einer E-Mail und damit ohne Unterschrift vorgebrachten Einwände der Antragsgegnerin berücksichtigt werden können. Selbst wenn dies der Fall wäre und die Einwände inhaltlich zuträfen, stünden diese der Vollstreckbarkeitserklärung nicht entgegen, weil die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs auch dann nicht zu einem Ergebnis führen würde, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht(§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Im Vollstreckbarerklärungsverfahren findet keine sachliche Überprüfung der Richtigkeit des Schiedsspruchs statt (sog. Verbot der révision au fond). Ob das Schiedsgericht den Gegenstandswert zutreffend angenommen hat oder nicht ist daher vom Senat nicht zu beurteilen. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, die Antragstellerin hätte für sie in der Sache nichts erreicht, gilt Entsprechendes. Dabei ist aber überdies anzumerken, dass der Anwalt ohnehin keinen Erfolg schuldet, sondern lediglich eine Dienstleistung.
3.
Die Vollstreckbarerklärung hat zur Folge, dass die Antragsgegnerin gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens zu tragen hat.
Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Beschlusses beruht auf § 1064 Abs. 2 ZPO.
Summary
The applicant asked the court for a declaration of enforceability of an arbitral award. The court declared the award enforceable.
The application was admissible. The Higher Regional Court of Stuttgart was competent to decide pursuant to section 1062 subsec. 1 no. 4 of the German Code of Civil Procedure (ZPO), since the place of arbitration was situated in the court’s district.
The application was also well-founded. The requirements of section 1064 subsec. 1 ZPO have been met. Grounds for setting aside in terms of sections 1059 subsec. 2 no. 1, 1060 subsec. 2 sentence 1 ZPO have not been invoked by the party opposing the application and grounds for setting aside in terms of sections 1059 subsec. 2 no. 2, 1060 subsec. 2 sentence 1 ZPO, which are to be considered ex officio, have not been apparent to the court. The court left open the question of whether the party opposing the application’s objection, which it brought forward in an e-mail and thereby without a signature, could be considered. Even if this were the case and the objections were correct, they would not prevent the declaration of enforceability because the recognition or enforcement of the arbitral award would not lead to a result that is contrary to public policy in terms of section 1059 subsec. 2 no. 2 lit. b ZPO. In this regard, the court emphasized the prohibition of a révision au fond. Whether or not the arbitral tribunal has correctly accepted the value of the subject matter is not to be reviewed by the state court. Insofar as the party opposing the application further claimed that the applicant – a lawyer mandated by the first– has not achieved anything, the same applied accordingly.