Gericht | OLG Stuttgart | Aktenzeichen | 1 Sch 10/14 | Datum | 18.02.2015 |
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Leitsatz | |||||
Zwar können im Vollstreckbarerklärungsverfahren über die gesetzlichen Aufhebungsgründe für inländische Schiedssprüche hinaus auch sachlich-rechtliche Einwendungen gegen den in einem Schiedsspruch festgestellten Anspruch geltend gemacht werden. Die Gründe, auf denen die Einwendungen beruhen, müssen allerdings in den Anwendungsbereich der Vollstreckungsabwehrklage fallen und daher gemäß § 767 Abs. 2 ZPO nach dem Schiedsverfahren entstanden sein. Nicht erheblich sind umgekehrt die Einwendungen, die dem Schuldner bereits vor oder während des Schiedsverfahrens bekannt waren. | |||||
Rechtsvorschriften | §§ 1059 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, 1060 Abs. 2 S. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4, 1064 Abs. 1 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs; Kostenschiedsspruch; materiell-rechtliche Einwendungen gegen Vollstreckung | ||||
Volltext | |||||
Beschluss Geschäftsnummer: 1 Sch 10/14 1. Der von dem Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Rechtsanwalt P als Vorsitzendem sowie Dipl.-Ing. agrar Q und Dipl.-Ing. agrar Dr. R als Beisitzer in Stuttgart erlassene Kostenbetrags-Schiedsspruch vom 11.04.2014 mit dem Wortlaut: „Es sind aufgrund des Schiedsspruchs des Schiedsgerichts S GbR vom 27. November 2013 von den Schiedsklägern 16.479,63 € (in Worten: Sechszehntausendvierhundertneunundsiebzig Euro dreiundsechzig Cent) nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem 29. Januar 2014 an den Schiedsbeklagten zu erstatten.“ wird für vollstreckbar erklärt. 2. Die Antragsgegner tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens. 3. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. Streitwert: 16.479,63 € Gründe: I. Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung des in beglaubigter Abschrift vorgelegten Schiedsspruchs vom 11.04.2014, mit dem ihm gegen die Antragsgegner ein Zahlungsanspruch in Höhe von 16.479,63 € nebst Verzugszinsen zuerkannt wird. Der Antragsteller ist Gesellschafter der mit Vertrag vom 30.06.1995 (Anlage ASt 1, Bl. 5 d. A.) gegründeten T GbR. Die Antragsgegner traten im Jahr 1999 an Stelle ihres verstorbenen Vaters in diese Gesellschaft ein. Mit einem im Jahr 2011 gefassten Gesellschafterbeschluss wurden die Antragsgegner als Gesellschafter ausgeschlossen. Die von ihnen deswegen erhobene Schiedsklage wurde mit Schiedsspruch vom 27.11.2013 abgewiesen (Anlage ASt 2, Bl. 6 d. A.). Mit dem Kostenbetrags-Schiedsspruch vom 11.04.2014 wurde dem Antragsteller ein Anspruch auf Kostenerstattung in oben genannter Höhe zugesprochen. Der Antragsteller macht geltend, der Kostenschiedsspruch vom 11.04.2014 sei für vollstreckbar zu erklären. Zwar beabsichtige er jedenfalls zur Zeit nicht die Vollstreckung dieses Schiedsspruchs. Eine Zusage, seinen auf die Vollstreckbarerklärung gerichteten Antrag zurückzunehmen, falls die Antragsgegner eine von ihnen beim Landgericht erhobene Klage zurücknehmen, habe er aber nicht erteilt. Die Antragsgegner seien zudem wegen eines eventuell bestehenden Abfindungsguthabens nicht berechtigt, den Kostenerstattungsbetrag in Höhe von 16.479,63 € zurückzuhalten. Eine derartige Einwendung sei im Rahmen dieses Verfahrens präkludiert, zumal die Antragsgegner sich nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist zu seinem Antrag, den Kostenschiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, geäußert hätten. Die Antragsteller beantragen, den in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Schiedsrichter P als Vorsitzenden und den Schiedsrichtern Dipl. Ing. agrar Q und Dipl.-Ing. agrar Dr. R, am 11. April 2014 ergangenen und den Parteien am 05. Mai 2014 übersandten Kostenbetragsschiedsspruch, durch den die Antragsgegner zur Zahlung von EUR 16.479,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 29. Januar 2014 verurteilt worden sind, für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegner haben keinen Antrag gestellt. Sie wenden sich jedoch gegen die Vollstreckbarerklärung und machen geltend, dass der Antrag auf Vollstreckbarerklärung sich erledigt habe. Der Antragsteller habe ihnen gegenüber nämlich erklärt, der Vollstreckungsantrag werde nicht mehr weiter verfolgt, wenn sie eine vor dem Landgericht anhängige Klage zurücknehmen würden, was sie am 10.11.2014 getan hätten. Im Übrigen seien sie berechtigt, die Zahlung von 16.479,63 € gemäß § 273 BGB zu verweigern, da ihnen wegen des nunmehr wirksamen Ausschlusses aus der Gesellschaft ein Abfindungsguthaben in Höhe jedenfalls dieses Betrages zustehe. Sie seien mit diesem Vorbringen nicht gemäß § 296 ZPO ausgeschlossen. Zwar hätten sie auf den Antrag vom 27.08.2014 nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erwidert. Bei Beachtung ihres Vorbringens werde der Rechtsstreit jedoch nicht verzögert. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen. II. Der Antrag, den Kostenbetrags-Schiedsspruch vom 11.04.2014 für vollstreckbar zu erklären, ist zulässig (1.) und begründet (2.). 1. Das Oberlandesgericht Stuttgart ist für die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung zuständig. Der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ist Stuttgart. 2. Der Antrag ist auch begründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen der Antragsgegner verspätet erfolgt ist oder nicht. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Kostenbetrags-Schiedsspruchs wurde jedenfalls vom Antragsteller formgerecht gestellt (a). Aufhebungsgründe gemäß §§ 1059 Abs. 2, 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen auch bei Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegner nicht vor (b). Die Antragsgegner sind außerdem mit den von ihnen geltend gemachten sachlich-rechtlichen Einwendungen ausgeschlossen (c). a) Die Voraussetzungen des § 1064 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Kostenbetrags-Schiedsspruch wurde in beglaubigter Form vorgelegt. b) Die Antragsgegner haben keine Gründe im Sinne der §§ 1059 Abs. 2 Nr. 1, 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO geltend gemacht. Die Rüge ihrer Mutter, wonach die Parteien über den Inhalt des vor dem Oberlandesgericht geführten Verfahrens nicht informiert worden seien (Bl. 27 f. d. A.), geht ins Leere. Die Mutter der Antragsgegner ist am Verfahren zur Vollstreckbarerklärung des Kostenbetrags-Schiedsspruchs nicht beteiligt. Versagungsgründe nach §§ 1059 Abs. 2 Nr. 2, 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. c) Das von den Antragsgegnern geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht (1) sowie die von ihnen behauptete „Erledigung“ (2) stehen der Vollstreckbarerklärung des Kostenbetrags-Schiedsspruchs gleichfalls nicht entgegen. (1) Das von den Antragsgegnern behauptete Abfindungsguthaben kann im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung nicht berücksichtigt werden. Zwar können im Vollstreckbarerklärungsverfahren über die gesetzlichen Aufhebungsgründe für inländische Schiedssprüche hinaus auch sachlich-rechtliche Einwendungen gegen den in einem Schiedsspruch festgestellten Anspruch geltend gemacht werden. Die Gründe, auf denen die Einwendungen beruhen, müssen allerdings in den Anwendungsbereich der Vollstreckungsabwehrklage fallen und daher gemäß § 767 Abs. 2 ZPO nach dem Schiedsverfahren entstanden sein. Nicht erheblich sind umgekehrt die Einwendungen, die dem Schuldner bereits vor oder während des Schiedsverfahrens bekannt waren (BeckOK, ZPO/Wilske/Markert, Edition: 15, § 1060, Rn. 9; MüKoZPO/Münch, 4. Auflage, § 1060, Rn. 19). Nur wenn sich das Schiedsgericht bezüglich der Entscheidung über einen vom Schuldner vorgebrachten Einwand für unzuständig betrachtet hätte, wäre § 767 Abs. 2 ZPO nicht anwendbar und der Schuldner mit diesem Einwand im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung nicht ausgeschlossen. Dasselbe gilt, wenn der Schuldner den Einwand vor dem Schiedsgericht zwar nicht erhoben hat, es aber feststeht, dass das Schiedsgericht sich mit diesem Einwand mangels Zuständigkeit nicht befasst hätte (BGH, Urteil vom 18.12.2013 - III ZB 92/12, nach juris Rn. 5; BGH, Urteil vom 30.09.2010 - III ZB 57/10, nach juris Rn. 8). Beide Ausnahmetatbestände liegen hier aber nicht vor (vgl. dazu bereits die Verfügung vom 07.11.2014). Die Antragsgegner haben sich zum einen zu dem Antrag des Antragstellers vom 29.01.2014, die Kosten des im November 2013 abgeschlossenen Schiedsverfahrens im Wege eines ergänzenden Schiedsspruchs festzusetzen, nicht eingelassen, obwohl der von ihnen nunmehr geltend gemachte Abfindungsanspruch spätestens mit dem Schiedsspruch in der Hauptsache, also im November 2013, entstanden war. Zum anderen kann eine Zurückweisung dieses Einwands durch das Schiedsgericht wegen fehlender Zuständigkeit nicht angenommen werden. Die Festlegung des Abfindungsguthabens obliegt nämlich gemäß §§ 14 Abs. 2, 19 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags vom 30.06.1995 ebenfalls der Schiedsvereinbarung. (2) Die von den Antragsgegnern mit ihrem Schriftsatz vom 05.12.2014 behauptete „Erledigung“ des Verfahrens zur Vollstreckbarerklärung des Kostenbetrags-Schiedsspruchs kann nicht festgestellt werden. Der Antragsteller hat den von den Antragsgegnern vorgetragenen „Verzicht auf den Vollstreckungsantrag“ bestritten. Einen Beweis haben die insoweit beweisbelasteten Antragsgegner nicht angeboten. III. Die Vollstreckbarerklärung hat zur Folge, dass die Antragsgegner gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens zu tragen haben. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Beschlusses beruht auf § 1064 Abs. 2 ZPO. | |||||
Summary | |||||
The applicant asked the Higher Regional Court of Stuttgart for a declaration of enforceability of an arbitral award on costs. The court declared the award enforceable. The parties have been partners in a German partnership under civil law (GbR), which the parties opposing the application entered by succession after the death of their father. The parties opposing the application have made a request for arbitration after they have been excluded from the partnership, which has been denied by the arbitral tribunal. The application was admissible. The Higher Regional Court of Stuttgart was competent to decide pursuant to section 1062 subsec. 1 no. 4 of the German Code of Civil Procedure (ZPO), since the place of arbitration was situated in the court’s district. The application was also well-founded. The formal requirements of section 1064 subsec. 1 ZPO have been met. Grounds for setting aside in terms of sections 1059 subsec. 2 no. 1, 1060 subsec. 2 sentence 1 ZPO have only been invoked by the mother of the parties opposing the application, who has not been a party of the proceedings. The right of retention claimed by the parties opposing the application could not be considered in the proceedings for a declaration of enforceability. In addition to the legal grounds for setting aside an arbitral award, objections of material law may also be raised against the claim ordered in the award. However, the grounds on which the objections are based must fall within the scope of the action in terms of section 767 ZPO and must therefore have arisen after the arbitral proceedings, section 767 subsec. 2 ZPO. Objections which have already been known to the debtor before or during the arbitral proceedings are not relevant. Only if the arbitral tribunal had considered itself to have no jurisdiction to rule on an objection, section 767 subsec. 2 ZPO would not be applicable and the debtor not be excluded from raising the objection in the proceedings on a declaration of enforceability. The same applies if the debtor has not raised the objection before the arbitral tribunal but it is clear that the arbitral tribunal would not have dealt with this objection due to lack of jurisdiction. Both exceptions have not been given. |