Gericht | OLG München | Aktenzeichen | 34 SchH 11/09 | Datum | 29.01.2010 |
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Leitsatz | |||||
Gerade für den Fall, dass das von den Parteien vereinbarte Bestellungsverfahren scheitert, sieht das Gesetz die ersatzweise Heranziehung des staatlichen Gerichts vor, um dem Schiedsvertrag zum Erfolg zu verhelfen. | |||||
Rechtsvorschriften | ZPO § 1035 Abs. 3, 4, 5 | ||||
Fundstelle | SchiedsVZ 2010, 168 | ||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | |||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S: I. Als beisitzende Schiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien wegen Streitigkeiten aus dem Betrieb der ärztlichen Gemeinschaftspraxis in ... werden bestellt: 1. xxx, 2. xxx. II. Die Kosten des Bestellungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. III. Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt. Gründe: I. Die Parteien betreiben seit August 2004 in G. eine Gemeinschaftspraxis für Gynäkologie. Am 31.8.2004 schlossen die Parteien eine Schiedsvereinbarung mit u.a. folgendem Inhalt: ... 2. Das Schiedsgericht besteht aus je einem von den Vorständen der zuständigen Ärztekammer und der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu benennenden Arzt als Schiedsrichter, sowie aus einem von den Schiedsrichtern zu benennenden Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt haben muß. ... Die Parteien streiten um Vergütungsregelungen bzw. finanzielle Ausgleichsansprüche. Mit Schreiben vom 28.10.2009 bat die Antragstellerin die Bayerische Landesärztekammer sowie die Kassenärztliche Vereinigung Bayern, je einen Schiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zu benennen. Beide Organisationen lehnten dies ab. Unter dem 23.11.2009 hat die Antragstellerin beantragt, die beiden beisitzenden Schiedsrichter gerichtlich zu bestellen. Die Antragsgegnerin hatte Gelegenheit zur Äußerung. Sie ist der Ansicht, dass kein wirksamer Schiedsvertrag vorliege, da die Schiedsvereinbarung unter der Bedingung geschlossen worden sei, dass die vorgenannten Organisationen je einen Arzt als Schiedsrichter benennen. Hilfsweise hat sie zwei aus ihrer Sicht geeignete Personen als Schiedsrichter vorgeschlagen, mit denen die Antragstellerin jedoch nicht einverstanden ist. II. 1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 5, § 1025 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBl S. 471). Beide Parteien haben ihren Wohnsitz in Bayern. 2. Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen für die Bestellung der beisitzenden Schiedsrichter durch den Senat sind gegeben (§ 1035 Abs. 4 ZPO). a) Gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung (vgl. § 1029 ZPO) bestehen keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es im Rahmen des Bestellungsverfahrens einer abschließenden Entscheidung über deren Gültigkeit bedarf. Insbesondere steht die Weigerung der Landesärztekammer sowie der kassenärztlichen Vereinigung, einen Schiedsrichter zu benennen, der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nicht entgegen (§ 1035 Abs. 4 ZPO). Denn gerade für den Fall, dass das von den Parteien vereinbarte Bestellungsverfahren scheitert, sieht das Gesetz die ersatzweise Heranziehung des staatlichen Gerichts vor, um dem Schiedsvertrag zum Erfolg zu verhelfen ("Reservefunktion"; vgl. BayObLGZ 2000, 187/189; Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 1035 Rn. 19). Dass ein Ersatzbestellungsverfahren nach § 1035 Abs. 4 ZPO nach dem maßgeblichen Willen der Parteien ausgeschlossen sein soll, ist der Schiedsabrede nicht zu entnehmen. b) Das zwischen den Parteien vereinbarte Bestellungsverfahren ist insoweit gescheitert, als die maßgeblichen Gremien nicht bereit sind, einen Schiedsrichter zu benennen. Eine Einigung der Parteien, die Schiedsrichter anderweit zu bestimmen, ist nicht erfolgt. Unter diesen Voraussetzungen greift nicht das gesetzliche Bestellungsverfahren des § 1035 Abs. 3 ZPO. Vielmehr hat gemäß § 1035 Abs. 4 ZPO das staatliche Gericht auf Antrag einer Partei die erforderlichen Maßnahmen vorzunehmen. Dies ist hier die gerichtliche Bestellung der beiden beisitzenden Schiedsrichter, da die Auslegung der Schiedsvereinbarung ergibt, dass die beiden beisitzenden Schiedsrichter durch einen neutralen Dritten bestimmt werden sollen. 3. Gemäß § 1035 Abs. 5 ZPO bestellt der Senat die oben genannten Personen als Beisitzer des Schiedsgerichts. Die Benannten erfüllen die von den Parteien geforderte Qualifikation, da sie beide Ärzte sind. Sie haben ihre Bereitschaft zur Übernahme des Amtes erklärt. An die von den Parteien geforderte Qualifikation ist das Gericht gebunden, § 1035 Abs. 5 Satz 1 ZPO. Der Senat ist nicht berechtigt, davon abzuweichen und etwa aufgrund der Art der Streitigkeit statt Ärzten Juristen auszuwählen. Zudem sieht die Schiedsklausel für den Obmann vor, dass er die Befähigung zum Richteramt aufweisen muss. Dadurch ist der von der Antragstellerin angesprochene juristische Sachverstand zur Entscheidung über die im Raum stehenden rechtlichen Fragen schon nach dem Parteiwillen auch im Schiedsgericht verankert. 4. Die Aufhebung der Kosten rechtfertigt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO. Dass das vereinbarte Bestellungsverfahren für die beisitzenden Schiedsrichter gescheitert ist, hat keine der Parteien zu vertreten. Alleine der Umstand, dass die Antragstellerin die Initiative zur Bestellung der Schiedsrichter ergriffen hat, rechtfertigt es nicht, die Antragsgegnerin als unterlegene Partei zu behandeln, auch wenn diese der Bestellung entgegengetreten ist. 5. Die Streitwertbemessung beruht auf § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO. | |||||
Summary | |||||
The parties, partners of a group practice, concluded an arbitration agreement pursuant to which the arbitral tribunal was to be constituted by two physicians as co-arbitrators of which one was to be nominated by the Medical Association's board of directors and the other was to be nominated by the responsible Association of Statutory Health Insurance Physicians' board of directors and a chairman to be appointed by the two co-arbitrators. In connection with a dispute relating to financial compensation claims applicant requested the Medical Association and the Association of Statutory Health Insurance Physicians to each nominate an arbitrator. Both organizations refused to do so. The applicant requested that two co – arbitrators be appointed by the court. The defendant objected to the validity of the arbitration agreement arguing that it was concluded under the condition that the aforementioned organizations each nominate a physician as an arbitrator. The Higher Regional Court saw the conditions for the appointment of the co – arbitrators fulfilled. The Court held that the refusal of the Medical Association and the Association of Statutory Health Insurance Physicians to nominate an arbitrator did not affect the validity of the arbitration agreement. It held that it is precisely for cases where the appointment procedure agreed by the parties fails, that the German arbitration law provides for an alternative appointment procedure by the state court to help the arbitration agreement be executed. |