Gericht | OLG Hamburg | Aktenzeichen | 6 Sch 01/04 | Datum | 16.09.2004 |
---|---|---|---|---|---|
Leitsatz | |||||
Leitsätze der Redaktion: 1. Ein an sich unzuständiges Schiedsgericht wird nicht dadurch zuständig, dass eine Partei zwar die Zuständigkeit des Schiedsgerichts rügt, nicht aber gerade den Grund benennt, der auch nach Ansicht des Schiedsgerichts seiner Entscheidung entgegenstünde. 2. Ein Schiedsgericht ist an selbst gesetzte Fristen gebunden. | |||||
Rechtsvorschriften | § 1031 Abs. 5 ZPO, § 1031 Abs. 6 ZPO, § 1027 ZPO a. F., § 1040 Abs. 2 ZPO, § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Schiedsvereinbarung: - Zustandekommen/Formwirksamkeit, gesonderte Urkunde, rügelose Einlassung Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, inländisch; - Aufhebung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - Unwirks | ||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S : 1. Der im Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch die Schiedsrichter ... am 4. November 2003 erlassene Schiedsspruch sowie der Ergänzungs-Schiedsspruch vom 2. Dezember 2003 und der 2. Ergänzungs-Schiedsspruch vom 18. Dezember 2003 werden aufgehoben. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner. G R Ü N D E : Die Antragsteller begehren Aufhebung eines Schiedsspruchs, der sie zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie nach Ansicht des Schiedsgerichts ohne ein steuerrechtlich tragfähiges Konzept den Antragsgegner sowie dessen Ehefrau durch schuldhaft falsche Angaben zum Kauf und anschließender Vercharterung einer Segeljacht bewogen haben. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des Schiedsspruchs vom 4. November 2003 (Anl. K 1) verwiesen. Schiedsvereinbarungen finden sich jeweils unter Ziffer 6 der am 14.115.10.1992 sowie 18.9.1996 geschlossenen Bereederungsverträge (Anl. K 4 und K 5). Die Antragsteller haben die Zuständigkeit des Schiedsgerichts gerügt. Das Schiedsgericht hat diese Rüge im Schiedsspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führt es in diesem Zusammenhang u.a. aus, ein sich aus § 1031 Abs. 5 ZPO ergebender Formmangel der Schiedsvereinbarung sei durch die Einlassung der Parteien auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt, da die Antragsteller zwar aus anderen Gründen die Zuständigkeit gerügt hätten, jedoch die Form der Schiedsvereinbarung nicht bemängelt hätten. Wegen der Einzelheiten der Ausführungen des Schiedsgerichts wird auf Ziffer 1 der Entscheidungsgründe des Schiedsspruchs vom 4. November 2003 verwiesen. Das Schiedsgericht hat am 10. April 2003 mündlich verhandelt und die Ehefrau des Antragsgegners, die ihre Schadensersatzansprüche gegen die Antragsteller an den Antragsgegner abgetreten hatte, als Zeugin vernommen. Die Bitte des Antragstellers, seine Sicht der Dinge darlegen zu dürfen (Anl. K 6), lehnte das Schiedsgericht mit Schreiben vom 27. Mai 2003 (Anl. K 7) ab. Gleichwohl stützt sich der Schiedsspruch in wesentlichen Punkten auf die Aussage der Ehefrau des Antragsgegners (vgl. Ziffer 4 der Entscheidungsgründe des o. g. Schiedsspruchs). Noch mit Schreiben vom 24. Oktober 2003 (Anl. K 10) bat das Schiedsgericht den Antragsgegner um Stellungnahme und darum, diese dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller und den Schiedsrichtern bis zum 7. November 2003 zu übersenden. Die Antragsteller vertreten die Ansicht, das Schiedsgericht sei nicht zuständig. Ferner hätte es den Antragsteller zu 2) von Amts wegen wenigstens nach § 141 ZPO informatorisch befragen müssen. Zudem hätte das Schiedsgericht die selbst gesetzte Frist bis zum 7.11.2003 abwarten müssen und sei daher daran gehindert gewesen, schon am 4.11.2003 den Schiedsspruch zu erlassen. Die Antragsteller b e a n t r a g e n, der im Hamburger Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch die Schiedsrichter ... am 4.11.2003 gefällte Schiedsspruch, den Klägern zugestellt am 5.11.2003 sowie der Ergänzungsschiedsspruch vom 2.12.2003 und der weitere Ergänzungsschiedsspruch vom 18.12.2003 werden aufgehoben. Der Antragsgegner b e a n t r a g t, die Abweisung der Aufhebungsklage vom 5.2.2004. A. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. II. Der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs vom 4. November 2003 ist zulässig und begründet. Es liegen mehrere Aufhebungsgründe im Sinne von § 1059 Abs. 2 ZPO vor, von denen jeder eine Aufhebung des Schiedsspruchs zur Folge hat. 1. Es fehlt bereits an einer gültigen Schiedsabrede zwischen den Parteien. Dies stellt einen Aufhebungsgrund gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO dar. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Antragsteller von Anfang an, wie dies § 1040 Abs. 2 ZPO erfordert, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts gerügt haben. Nur im Ergebnis zu Recht geht der Schiedsspruch davon aus, dass die vorliegenden Schiedsvereinbarungen nicht die erforderliche Form wahren, da die Schiedsvereinbarungen nicht in einer gesonderten Urkunde enthalten und von den Parteien eigenhändig unterschrieben seien. In diesem Zusammenhang geht das Schiedsgericht von einer Geltung von § 1031 Abs. 5 ZPO aus, lässt unter Ziffer 1 der Entscheidungsgründe jedoch noch offen, ob ein Verbraucher an der Schiedsvereinbarung beteiligt sei. Im Widerspruch dazu stellt Ziffer 6 der Entscheidungsgründe des Schiedsspruchs jedoch ausdrücklich fest, dass ein Rechtsgeschäft mit Verbrauchern abgeschlossen worden sei. Das Schiedsgericht geht dann jedoch von einer rügelosen Einlassung gemäß § 1031 Abs. 6 ZPO aus, weil die Antragsteller nicht konkret die Form der Schiedsvereinbarung bemängelt hätten. Dieser Ansicht des Schiedsgerichts folgt der Senat nicht. Die Antragsteller waren nicht verpflichtet, im Einzelnen auszuführen, warum sie eine Entscheidung des Schiedsgerichts für unzulässig hielten. Vielmehr war es Sache des Schiedsgerichts, auf die seitens der Antragsteller erhobene Rüge der Unzuständigkeit die Zuständigkeit umfassend zu prüfen, um sodann - wie es der Regel entspräche - in einem Zwischenentscheid gemäß § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO über die Zuständigkeit zu entscheiden. Ein an sich unzuständiges Schiedsgericht wird nicht allein dadurch zuständig, dass eine der Parteien zwar die Zuständigkeit des Schiedsgerichts rügt, nicht aber gerade den Grund benennt, der auch nach Ansicht des Schiedsgerichts seiner Entscheidung entgegenstünde. Nur vorsorgliche Ausführungen zur Hauptsache unter Aufrechterhaltung der Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts können einen Formmangel nicht heilen (Zöller-Geimer, ZPO 24 Aufl., § 1031 Rn. 41 m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Schiedsgerichts ist jedoch für die Beurteilung der Form der Schiedsvereinbarung nicht § 1031 ZPO in der derzeit geltenden Form maßgeblich. Die Voraussetzungen für die Formgültigkeit einer Schiedsvereinbarung richten sich vielmehr nach § 1027 ZPO in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung, da die Bereederungsverträge, die die Schiedsvereinbarungen enthalten, in den Jahren 1992 und 1996 unterschrieben wurden. Die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die vor der Neufassung der Normen über das schiedsrichterliche Verfahren, die am 1.1.1998 in Kraft getreten ist, geschlossen worden sind, beurteilt sich nach dem früher geltenden Recht (vgl. Zöller-Geimer, a.a.O., vor § 1025 Rn. 11 m.w.N.). Gemäß § 1027 a.F. ZPO bedurfte ein Schiedsvertrag der Schriftform; andere Vereinbarungen als solche, die sich auf das schiedsgerichtliche Verfahren bezogen, durften in der Urkunde nicht enthalten sein. Gemäß § 1027 Abs. 2 a.F. ZPO war die Vorschrift des Absatzes 1 nur dann nicht anzuwenden, wenn der Schiedsvertrag für beide Teile ein Handelsgeschäft war und beide Parteien Vollkaufleute waren. Diese Voraussetzungen lagen bei Abschluss der Bereederungsverträge offensichtlich nicht vor, da der Antragsgegner und seine Ehefrau im Zusammenhang mit dem Erwerb der Segeljacht weder als Vollkaufleute noch im Rahmen eines Handelsgeschäfts tätig geworden sind. 2. Der Schiedsspruch ist ferner auch gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO aufzuheben, weil seine Anerkennung der öffentlichen Ordnung widerspräche. Hiervon erfasst wird auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Zöller, a.a.O., § 1059 Rz. 68 m.w.N.). Das Schiedsgericht hat das rechtliche Gehör der Antragsteller einmal dadurch verletzt, dass es seinen Schiedsspruch in wesentlichen Punkten auf die Aussage der Ehefrau des Antragsgegners gestützt hat, ohne zu diesen Punkten den Antragsteller zu 2) persönlich anzuhören. Auch ohne den ausdrücklichen Antrag des Antragsteilers zu 2) (Anl. K 6) war das Schiedsgericht hierzu verpflichtet. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Zeugenvernehmung der Ehefrau des Antragsgegners nur möglich war, weil diese ihre Schadensersatzansprüche gegen die Antragsteller an ihren Ehemann abgetreten hatte, war es zur Sicherung der prozessualen Waffengleichheit (hierzu Zöller-Greger, a.a.O., § 448 Rn. 2 a m.w.N.) erforderlich, wenigstens einen der Antragsteller gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners haben die Antragsteller ihr Rügerecht auch nicht gemäß § 1027 ZPO verloren. Denn der Verlust des Rügerechts setzt voraus, dass den Antragstellern der Mangel bekannt war (§ 1027 Satz 2 ZPO). Bekannt geworden ist den Antragstellern der Mangel jedoch erst durch den Schiedsspruch. Erst jetzt konnten die Antragsteller erkennen, dass das Schiedsgericht seine Überzeugung allein auf die Aussage der Zeugin stützen wollte, ohne den Antragstellern die Möglichkeit einer persönlichen Stellungnahme zu geben. Vorher durften die Antragsteller darauf vertrauen, dass das Schiedsgericht verfahrensfehlerfrei vorgehen wird. Ein weiterer Verstoß gegen § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO ist darin zu sehen, dass das Schiedsgericht mit seinem Schreiben vom 24. Oktober 2003 (Anl. K 10) zum Ausdruck gebracht hatte, die Parteien könnten jedenfalls noch bis zum 7. November 2003 Stellungnahmen abgeben. Denn bis zu diesem Datum räumt das Schiedsgericht dem Antragsgegner ausdrücklich die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Weiter heißt es in diesem Schreiben, das Schiedsgericht werde zunächst die Stellungnahme zu dem Wiedereröffnungsantrag abwarten und dann über diesen entscheiden. Aus der Sicht der Parteien war deshalb selbst für den 7. November 2003 noch nicht mit dem Erlass eines Schiedsspruchs zu rechnen. Mit Recht verweisen die Antragsteller darauf, dass auch ein Schiedsgericht an selbst gesetzte Fristen gebunden ist. Der schon am 4. November 2003 ergangene Schiedsspruch verletzt daher auch vor diesem Hintergrund das rechtliche Gehör der Antragsteller. Mit dem Schiedsspruch vom 4. November 2003 sind auch die Ergänzungsschiedssprüche vom 2. Dezember 2003 und 18. Dezember 2003, die die Verfahrenskosten betreffen, aufzuheben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. | |||||
Summary | |||||