10 Sch 09/01


Gericht OLG Naumburg Aktenzeichen 10 Sch 09/01 Datum 26.03.2002
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs
Rechtsvorschriften§ 1059 Abs. 2 Nr: 1 lit. a ZPO; § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d ZPO; § 1059 Abs. 2 Nr: 2 lit. b ZPO;
§ 1059 Abs. 3 ZPO; § 1045 ZPO a.F.
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteSchiedsvereinbarung: - Inhalt, Auslegung; - Unwirksamkeit, Anfechtung Bildung des Schiedsgerichts: - Qualifikation der Schiedsrichter; - Ablehnung, Ablehnungsgründe Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, inl
Volltext
B E S C H L U S S:
Der Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters Staatssekretär a.D. ... vom 19. Februar 2001 in der Schiedsgerichtssache der ... ./. ... GmbH & Co. KG ist hinsichtlich folgenden Ausspruches vollstreckbar:
I. Die Schiedsklägerin wird mit ihrer Klage abgewiesen.
II. Auf die Widerklage der Schiedsbeklagten
1. wird die Klägerin verurteilt,
an die Schiedsbeklagte DM 3.611.141,54 (i.B.: Dreimillionensechshundertelftausendeinhunderteinundvierzig Deutsche Mark) zu zahlen nebst 8,15 % Jahreszinsen
aus DM 80.614,23 seit dem 16. Oktober 1997 und
aus weiteren DM 3.530.527,31 seit dem 02. August 1999;
2. wird festgestellt,
dass die Schiedsklägerin verpflichtet ist,
2.1. der Schiedsbeklagten auch 3/4 (i.B.: drei Viertel) des über den Betrag von DM 4.905.310,56 hinaus gehenden Schadens zu ersetzen, der darauf beruht, dass beim Bauvorhaben "..." in ... in der Tiefgarage und in den Treppenhäusern des Bauabschnitts „...“ (bestehend aus den Gebäuden ..., ... und ... bis ...) Feuchtigkeit auftritt und sich zwischen den Schichten des Aufbaus der Straßen- und Hofflächen dieses Bauabschnitts Wasser sammelt;
2.2. der Schiedsbeklagten auch den über den Betrag von DM 11.172,10 hinaus gehenden Schaden zu ersetzen, der darauf beruht, dass beim Bauvorhaben "..." in ... im Bauabschnitt "..." bestehend aus den Gebäuden ..., ... und ...) der über die Tiefgarage hinaus ragende Teil des Rohfußbodens der an die Stadtmauer angrenzenden Räume kreisrunde, mit Rohrhülsen und darin eingesetzten Holzstücken ausgefüllte Löcher aufweist, die nicht fachgerecht verschlossen sind;
2.3. der Schiedsbeklagten auch den über den Betrag von DM 5.000,00 hinaus gehenden Aufwand zu ersetzen, der darauf beruht, dass beim Bauvorhaben "..." (bestehend aus den Gebäuden ..., ... und ...) keine Revisionszeichnungen für die Straßeneinläufe und die Regenentwässerung vorhanden sind.
III. Im Übrigen wird die Schiedsbeklagte mit ihrer Widerklage abgewiesen.
IV. Die Kosten des Verfahrens trägt die Schiedsklägerin zu 60 % und die Schiedsbeklagte zu 40%.
Der Ergänzungs-Schiedsspruch desselben Einzelschiedsrichters vom 14. März 2001 in derselben Schiedssache ist hinsichtlich folgenden Ausspruches vollstreckbar:
I. Die von der Schiedsklägerin an die Schiedsbeklagte zu zahlenden Kosten werden auf DM 47.530,39 festgesetzt.
II. Die Schiedsklägerin wird verurteilt, diesen Betrag von DM 47.530,39 (i.B.: siebenundvierzigtausendfünfhundertdreißig Deutsche Mark) an die Schiedsbeklagte zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten dieses Verfahrens zu tragen. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
G R Ü N D E:
I.
Die Parteien des schiedsgerichtlichen Verfahrens (künftig: Parteien) schlossen am 09. Dezember 1992 einen Pauschalpreisvertrag über die Errichtung einer Tiefgarage (Los I: Auftragssumme 12,5 Mio. DM) sowie die oberflächige Bebauung des Grundstücks mit Laden-, Büro- und Wohnflächen (Los II: Auftragssumme 9,0 Mio. DM), das so genannte Bauvorhaben "..." in ... Die Schiedsbeklagte war Auftraggeberin der Bauleistungen, die Schiedsklägerin übernahm den Auftrag als Generalunternehmerin. Der Bauvertrag enthielt unter Ziff. 20 diverse Abreden über anwendbares Recht, Erfüllungsort und Gerichtsstand sowie eine Schiedsabrede (vgl. Ziff. 20. l und 20.5); hierauf nimmt der Senat Bezug (vgl. GA Bd. I Bl. 116). Unter gleichem Datum schlossen die Parteien eine gesonderte Schiedsvereinbarung, auf deren Inhalt der Senat sich ebenfalls bezieht (vgl. Anlage K 2, GA Bd. I B1.117).
In dem im Jahre 1997 eingeleiteten schiedsgerichtlichen Verfahren hat die Schiedsklägerin Restwerklohnförderungen in Höhe von ca. 2,76 Mio. DM geltend gemacht; die Schiedsbeklagte hat zuletzt widerklagend Schadenersatzansprüche in Höhe von ca. 7,6 Mio. DM und Mängelbeseitigungsansprüche geltend gemacht sowie die Feststellung weiterer sekundärer Leistungspflichten begehrt. Mit Schiedsspruch vom 19. Februar 2001 hat der Einzelschiedsrichter die Klage im vollen Umfange, die Widerklage teilweise abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schiedsspruches vom 19. Februar 2001 Bezug genommen (vgl. Anlage K 24, GA Bd. I Bl. 179 bis 303). Mit Ergänzungsschiedsspruch vom 14. März 2001 hat der Einzelschiedsrichter die der Schiedsbeklagten von der Schiedsklägerin zu erstattenden Kosten auf 47.530,39 DM festgesetzt.
Die Schiedsklägerin hat zunächst in einem - nach Verweisung der Sache durch das Landgericht Dessau - unter dem Aktenzeichen 10 SchH 03/01 des Oberlandesgerichts Naumburg geführten Verfahren eine Entscheidung des Einzelschiedsrichters angegriffen, mit der dieser ein Ablehnungsgesuch der Schiedsklägerin zurückgewiesen hatte. Der erkennende Senat hat mit seinem Beschluss vom 19. Dezember 2001 darauf erkannt, dass eine Besorgnis der Befangenheit gegen den Einzelschiedsrichter nicht begründet sei. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen.
In einem weiteren, unter dem Aktenzeichen 10 Sch 04/01 des Oberlandesgerichts Naumburg geführten Verfahren hat die Schiedsklägerin die Aufhebung des Schiedsspruches begehrt. Sie hat sich insoweit auf die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung wegen arglistiger Täuschung, auf eine vermeintliche Befangenheit des Einzelschiedsrichters sowie auf eine Verletzung des Ordre public durch eine Reihe von Rechtsauffassungen bzw. Verfahrensweisen des Einzelschiedsrichters berufen. In diesem Verfahren, in dem im erklärten Einverständnis beider Parteien parallel zum vorliegenden Verfahren verhandelt wurde, hat der erkennende Senat mit Beschluss vom heutigen Tage den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruches als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Gründe dieses Beschlusses nimmt der Senat hier ebenfalls Bezug.
Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2001 hat die Schiedsbeklagte die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches vom 19. Februar 2001 sowie des Ergänzungs-Schiedsspruches vom 14. März 2001 beantragt. Die Schiedsklägerin ist diesem Begehren entgegen getreten.
Der Senat hat die Parteien mit Verfügung vom 06. Februar 2002 (vgl. GA Bd. III Bl. 175 bis 177) darauf hingewiesen, dass er nach Vorberatung die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Naumburg für erörterungsbedürftig erachte, derzeit aber davon ausgehe, dass und aus welchen Gründen diese gegeben sei. Der Senat hat u.a. auch auf seine Absicht einer parallelen Verhandlung und Entscheidung in den Verfahren 10 Sch 04/01 und 10 Sch 09/01 verwiesen.
Im Termin der mündlichen Verhandlung hat die Schiedsklägerin u.a. die wirksame Bevollmächtigung des Verfahrensbevollmächtigten der Schiedsbeklagten gerügt. Darauf hin hat der Senat den Verfahrensbevollmächtigten der Schiedsbeklagten im Termin einstweilen nach § 89 Abs. l ZPO als Verfahrensbevollmächtigten zugelassen und ihm aufgegeben, innerhalb einer bestimmten Frist eine schriftliche Anwaltsvollmacht sowie einen beglaubigten aktuellen Handelsregisterauszug, betreffend die Komplementärin der Schiedsbeklagten, vorzulegen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Schiedsbeklagten hat diese Auflagen fristgemäß erfüllt.
II.
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung der Schiedsbeklagten ist zulässig und begründet.
1. Das Oberlandesgericht Naumburg ist örtlich zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches des oben genannten Einzelschiedsrichters vom 19. Februar 2001 und des Ergänzungs-Schiedsspruches desselben Einzelschiedsrichters vom 14. März 2001 (künftig: zusammenfassend: der Schiedsspruch) nach § 1062 Abs. l ZPO.
Die in der Schiedsvereinbarung enthaltene Regelung:
"Gericht für die Handlungen nach § 1045 ZPO (a.F. - Erg. durch den Senat) ist das Landgericht Dessau."
ist nach dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien für den Fall, dass sie bei Abschluss der Schiedsvereinbarung im Jahre 1992 die für das Verfahren vor dem staatlichen Gericht z.Zt. der Anrufung im Jahre 2001 geltenden Rechtsvorschriften gekannt hätten, ergänzend dahin auszulegen, dass als zuständiges Gericht für alle Verfahren nach § 1062 ZPO n.F. das Oberlandesgericht Naumburg bestimmt wurde. Denn die Vertragsparteien haben nicht nur durch die zitierte Regelung in der Schiedsvereinbarung, sondern auch durch entsprechende Regelungen in dem Hauptvertrag jeweils zu erkennen gegeben, dass sie Streitigkeiten untereinander an dem für den Ort des Bauvorhabens "..." zuständigen Gericht austragen wollen.
2. Der Antrag der Schiedsbeklagten auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches ist zulässig; insbesondere wird die Schiedsbeklagte wirksam von ihrem Verfahrensbevollmächtigten vor dem Senat vertreten. Der Verfahrensbevollmächtigte hat eine auf sich lautende schriftliche Vollmacht vorgelegt und durch fristgemäße Einreichung einer beglaubigten Ablichtung aus dem Handelsregister nachgewiesen, dass er selbst - als Vollmachtgeber - alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementärin der Schiedsbeklagten ist.
3. Der Schiedsspruch ist für vollstreckbar zu erklären, nachdem die Schiedsbeklagte jeweils eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruches und des Ergänzungs-Schiedsspruches vorgelegt hat, §§ 1053 Abs. 1, 1064 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Gründe, die der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches nach §§ 1060 Abs. 2, 1059 Abs. 2 ZPO entgegenstehen, liegen nicht vor. Soweit die Schiedsklägerin Aufhebungsgründe geltend gemacht hat, ist hierüber in dem - zeitlich vor dem Antrag der Schiedsbeklagten auf Vollstreckbarerklärung anhängig gewordenen - Parallelverfahren 10 Sch 04/01 des Oberlandesgerichts Naumburg mündlich verhandelt und letztlich mit Beschluss vom heutigen Tage abschlägig entschieden worden. Der Senat nimmt hier auf die Gründe der Entscheidung im vorgenannten Parallelverfahren Bezug.
Der Schiedsklägerin ist auch im vorliegenden Verfahren vor der Entscheidung rechtliches Gehör, insbesondere ebenfalls durch Durchführung eines Termins der mündlichen Verhandlung, gewährt worden, § 1063 Abs. 1 S. 2 ZPO.
4. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 1064 Abs. 2 ZPO. Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlagen in § 91 ZPO.
Summary