Gericht | BayObLG | Aktenzeichen | 4Z SchH 13/99 | Datum | 28.02.2000 |
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Leitsatz | |||||
Ist in einer Schiedsvereinbarung das zur Entscheidung berufene Gericht nicht eindeutig bestimmt oder bestimmbar, weil zwei verschiedene ständige Gerichte in Betracht kommen, ist die Schiedsvereinbarung nichtig. | |||||
Rechtsvorschriften | § 1032 Abs. 2 ZPO n.F. | ||||
Fundstelle | BB, Beilage 8 zu Heft 37/2000 (RPS), S. 15 | ||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | sonstige Gerichtsverfahren: - Verfahrensgegenstand, Feststellung Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens; - Übergangsvorschriften Schiedsvereinbarung: - Unwirksamkeit; - Inhalt, Bestimmbarkeit des Schiedsgerichts | ||||
Volltext | |||||
I. Die Anträge auf Bestellung eines Schiedsgerichts bestehend aus drei Schiedsrichtern, hilfsweise auf Bestellung eines Schiedsrichters für die Antragsgegnerin und eines Obmannes, hilfsweise auf Bestellung eines Schiedsrichters für die Antragsgegnerin werden zurückgewiesen. II. Es wird festgestellt, daß ein schiedsrichterliches Verfahren aufgrund der Vereinbarung vom 4./10. Dezember unzulässig ist. III. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. IV. Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens wird auf 2.402 DM festgesetzt. G r ü n d e : I. Die Parteien haben am 4./10.12.1996 einen Bauvertrag über den Neubau eines Doppelhauses mit Garagen in Schrobenhausen geschlossen. Unter § 2 "Vertragsbestandteile und Vertragsgrundlagen" haben die Parteien u.a. folgende Vereinbarung getroffen: "Bei Streitigkeiten entscheidet ein Schiedsgericht durch die Handwerkskammer." Die Antragstellerin beabsichtigt, aus der Schlussrechnung für dieses Bauvorhaben einen Restbetrag von 12015,11 DM nebst Zinsen und vorgerichtliche Mahnkosten geltend zu machen. Eine hierüber beim Landgericht Augsburg eingereichte Klage nahm die Antragstellerin nach gerichtlichem Hinweis auf die vertragliche Schiedsklausel wieder zurück. Die Handwerkskammern von München und Oberbayern sowie von Schwaben lehnten es ab, ein schiedsrichterliches Verfahren durchzuführen oder Schiedsrichter zu benennen. Unter Hinweis darauf, dass die Antragsgegnerin einen Schiedsrichter nicht benannt habe und auch keine Bereitschaft hierzu erkennen lasse, andererseits jedoch mitgeteilt habe, dass sie auf den Einwand der Schiedsgerichtsklausel nicht verzichte, stellt die Antragstellerin folgende Anträge: Es möge ein Schiedsgericht bestehend aus drei Schiedsrichtern durch das Gericht bestellt werden, hilfsweise für den Antragsgegner einen Schiedsrichter und einen Obmann, hilfsweise für den Antragsgegner einen Schiedsrichter zu ernennen, hilfsweise festzustellen, dass das schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist. Die Antragsgegnerin ihrerseits wies darauf hin, dass sie sich einem schiedsgerichtlichen Verfahren nicht widersetze, jedoch der Benennung von drei Schiedsrichtern durch das Gericht. Die Klausel sei so auszulegen, dass die Ernennung eines Schiedsrichters vereinbart werden sollte. Die Antragsgegnerin sei mit der Benennung eines Schiedsrichters durch die bezeichneten Handwerkskammern oder das Gericht einverstanden. Einer Aufforderung des Senats, im Sinne einer neuen Schiedsvereinbarung einen Schiedsrichter zu benennen, ist die Antragsgegnerin nicht nachgekommen. II. Der zulässige Antrag ist unbegründet, soweit er die Bestellung eines oder mehrerer Schiedsrichter anstrebt. Er hat aber Erfolg mit dem Antrag, die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens festzustellen. Die Schiedsklausel vom 4./10.12.1996 ist nichtig. 1. Da das gerichtliche Verfahren nach dem 1.1.1998, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes vom 22.12.1997 (BGBl I S. 3224 – SchiedsVfG -) anhängig gemacht wurde, beurteilt sich das gerichtliche Verfahren und dessen Anwendungsvoraussetzungen nach dem neuen Recht. Zwar bestimmt die Übergangsvorschrift des Art. 4 § 1 Abs. 3 des SchiedsVfG ausdrücklich nur für gerichtliche Verfahren, die am 1.1.1998 bereits anhängig waren, dass dann das bisher geltende Recht weiter anzuwenden sei. Aus dieser Feststellung ist jedoch auch zu entnehmen, dass auf gerichtliche Verfahren, die erst nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung anhängig werden, die ZPO in der geänderten Fassung Anwendung finden soll. Um eine auf unabsehbare Zeit mögliche Spaltung gerichtlicher Zuständigkeiten zu vermeiden, hat sich der Gesetzgeber für die vorliegende Stichtagsregelung entschieden (so BT-Drs 13/5274 S. 72 zur zeitlichen Regelung für die Aufhebung oder die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen). Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass der Senat auch über den Hilfsantrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032 Abs. 2 ZPO n. F.) in einem vereinfachten Beschlussverfahren ohne mündliche Verhandlung (§ 1063 Abs. 1 ZPO n.F.) zu entscheiden hat. Nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Änderung hätte diese Frage im Klageverfahren vor dem Amts- oder Landgericht mit der Möglichkeit weiterer Instanzen entschieden werden müssen § 1046 mit § 1045 Abs. 1, § 1037 ZPO a. F.). 2. Die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung vom 4./10.12.1996 beurteilt sich jedoch nach dem alten Recht, da sie vor dem Stichtag 1.1.1998 getroffen wurde (Art. 4 § 1 Abs. 1 SchiedsVfG). 3. Die beantragte Bestellung eines oder mehrerer Schiedsrichter durch das Gericht (§ 1035 Abs. 2 ZPO n.F.) kann nicht erfolgen, da die von den Parteien getroffene Schiedsvereinbarung vom 4./10.12.1996 nichtig ist. a) Die handschriftlich in ein Vertragsformular eingefügte Vereinbarung "Bei Streitigkeiten entscheidet ein Schiedsgericht durch die Handwerkskammer" ist als Schiedsvereinbarung von der Form her unbedenklich, weil beide Parteien Vollkaufleute sind und es sich um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelt (§ 1027 Abs. 2 ZPO a.F.). b) Die Vereinbarung ist jedoch nichtig, weil darin das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht weder eindeutig bestimmt, noch bestimmbar ist (BGH NJW 1983, 1267/1268). Ein derartiger Fall ist gegeben, wenn nach der Vereinbarung zwei verschiedene ständige Schiedsgerichte in Betracht kommen (BGH aa0). Diese Fallgestaltung trifft auch auf die Vereinbarung zwischen den Parteien zu. Unabhängig von der Frage, ob die angesprochene Handwerkskammer ein Schiedsgericht bereit hält, ist die Vereinbarung schon deshalb mehrdeutig, weil zumindest zwei Handwerkskammern, die von München und Oberbayern sowie die von Schwaben, in Betracht kommen, ohne dass eine von beiden eindeutig bestimmbar gewesen wäre. Hinzu kommt, dass keine der beiden Handwerkskammern ein Schiedsgericht bereithält oder auch nur bereit war, einen Schiedsrichter zu benennen. Deshalb war der vereinbarten Klausel der Boden für eine Auslegung entzogen. c) Im Hinblick auf vorstehende Ausführungen war dem weiteren Hilfsantrag der Antragstellerin auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032 Abs. 2 ZPO n.F.) stattzugeben. Ein Schiedsgericht war noch nicht gebildet. | |||||
Summary | |||||
Bay ObLG (Bavarian Highest Regional Court), Order of February 28, 2000 Application for appointment of arbitrators / Application to determine whether or not arbitration is admissible R u l i n g: If an arbitration agreement does not specify the competent court of arbitration court unequivocally or sufficiently ascertainable - because two distinct permanent courts of arbitration fall within the ambit of the wording of the arbitration agreement - the agreement is null and void. |