Gericht | OLG Koblenz | Aktenzeichen | 2 Sch 2/12 | Datum | 27.11.2012 |
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Leitsatz | |||||
Rechtsvorschriften | |||||
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Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
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B E S C H L U S S Der vom Schiedsgericht in Frankreich, bestehend aus den Schiedsrichtern - A, Buchprüfer, Abschlussprüfer und gerichtlicher Gutachter, eingetragen für den Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichts ..., - B, Rechtsanwältin, eingetragen bei der Rechtsanwaltskammer, ..., - C, Abschlussprüfer, eingetragen für den Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichts ..., ernannt zum Vorsitzenden des Schiedsgerichts erlassene Schiedsspruch wird mit folgendem Inhalt für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt: 1. „Die Antragsgegnerin wird zur Zahlung eines Betrages von 79.653,00 € wegen Überzahlung des Verkaufspreises und zur Zahlung von 72.780,08 € für die Mietzinsgarantie an die Antragstellerin verurteilt." 2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. 3. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. 4. Der Streitwert wird auf 28.000,00 EUR festgesetzt. Gründe: I. Die Antragstellerin erwarb von der Antragsgegnerin deren französische Tochtergesellschaft im Wege der Abtretung von 13.200 Aktien (Gesamtkapital der Gesellschaft). Im Rahmen der Vertragsbeziehungen trafen die Parteien (GA 42, 74) eine Schiedsvereinbarung, dass die im Antrag der Antragstellerin genannten Schiedsrichter über den nach Abschluss des Abtretungsvertrages entstandenen Streit durch einen Schiedsspruch entscheiden sollten (Anlage K1 GA 4 ff, GA 6; K 2 GA 15 ff., GA 17). Gegenstand des Schiedsverfahrens war zum einen die vertragskonforme Bestimmung des Abtretungspreises und die Rückzahlung der von der Antragstellerin reklamierten Differenz zur tatsächlich bezahlten Summe. Zum anderen stritten die Parteien über die Anwendbarkeit und die Erfüllung eines Garantieversprechens, das die Bezahlung der von der Antragsgegnerin noch geschuldeten gewerblichen Mieten absichern sollte. Als Ort des Schiedsgerichts wurde ... vereinbart (Anlage K 1 und 2). Das Schiedsgericht hat nachfolgenden Schiedsspruch (Anlage K 3; GA 20 ff., 39 und K4, GA 40 ff., 53) erlassen: Die Antragsgegnerin ist verurteilt worden, an die Antragstellerin einen Betrag von 79.653,00 € für die Überzahlung des Verkaufspreises und einen Betrag von 72.780,08 € für die Mietzinsgarantie zu zahlen. Der Schiedsspruch ist durch den Cour d'appel in Frankreich für vollstreckbar erklärt worden (Anlage K 5, GA 54 f., K 6 GA 55 f.) Die Antragstellerin beantragt, den vom Schiedsgericht in Frankreich, bestehend aus den Schiedsrichtern A, Buchprüfer, Abschlussprüfer und gerichtlicher Gutachter, eingetragen für den Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichts ..., B, Rechtsanwältin, eingetragen bei der Rechtsanwaltskammer, ... und C, Abschlussprüfer, eingetragen für den Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichts ..., ernannt zum Vorsitzenden des Schiedsgerichts, erlassenen Schiedsspruch mit folgendem Inhalt für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklären: „Die Antragsgegnerin wird zur Zahlung eines Betrages von 79.653,00 € wegen Überzahlung des Verkaufspreises und zur Zahlung von 72.780,08 € für die Mietzinsgarantie an die Antragstellerin verurteilt." Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruchs des Schiedsgerichts als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise festzustellen, dass der Schiedsspruch des Schiedsgerichts in, bestehend aus den Schiedsrichtern A, B und C, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung an die Antragstellerin von 79.653,00 € sowie zur Zahlung von 72.780,08 € verurteilt wurde, in der Bundesrepublik Deutschland nicht anzuerkennen ist. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. II. Gemäß § 1062 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist das Oberlandesgericht für die Vollstreckbarkeitserklärung des ausländischen Schiedsspruchs zuständig. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Koblenz ergibt sich aus § 14 LVO über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 22.11.1985 i.V.m. Verweisungsbeschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts .... 1) Die Antragsgegnerin rügt ohne Erfolg das Fehlen der gesetzlichen Vertretungs-befugnis. Die Antragstellerin hat unter Vorlage des Handelsregisterauszugs der Gesellschaft (Anlage K 7. GA 86 ff.) dargelegt, dass sie als französische Aktiengesellschaft durch den Präsidenten des Verwaltungsrats und Generaldirektor (...) vertreten wird. Gemäß § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem Übereinkommen vom 10.06.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ, BGBl. II 1961, S. 121). Bei der Prüfung der Voraussetzungen der Art. 3 ff. UNÜ ist das staatliche Gericht weder an die rechtliche Beurteilung noch an die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden (BGHZ 27, 254, BGH MDR 1964, 590; Zöller/Geimer, ZPO Kommentar, 29. Aufl. 2012, § 1061 Rn. 20 m.w.N). Nach Artikel 5 Abs. 1 UNÜ darf die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, nur versagt werden, wenn diese Partei der zuständigen Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, den Beweis erbringt, dass die Parteien, die eine Vereinbarung im Sinne des Artikels 2 geschlossen haben, nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, in irgendeiner Hinsicht hierzu nicht fähig waren, oder dass die Vereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben, oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, ungültig ist ( a), oder dass die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, von der Bestellung des Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden ist oder dass sie aus einem anderen Grund ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht hat geltend machen können( b), oder dass der Schiedsspruch eine Streitigkeit betrifft, die in der Schiedsabrede nicht erwähnt ist oder nicht unter die Bestimmungen der Schiedsklausel fällt, oder dass er Entscheidungen enthält, welche die Grenzen der Schiedsabrede oder der Schiedsklausel überschreiten; kann jedoch der Teil des Schiedsspruches, der sich auf Streitpunkte bezieht, die dem schiedsrichterlichen Verfahren unterworfen waren, von dem Teil, der Streitpunkte betrifft, die ihm nicht unterworfen waren, getrennt werden, so kann der erstgenannte Teil des Schiedsspruches anerkannt und vollstreckt werden (c), oder dass die Bildung des Schiedsgerichtes oder das schiedsrichterliche Verfahren der Vereinbarung der Parteien oder mangels einer solchen Vereinbarung, dem Recht des Landes, in dem das schiedsrichterliche Verfahren stattfand, nicht entsprochen hat (d) oder dass der Schiedsspruch für die Parteien noch nicht verbindlich geworden ist oder dass er von einer zuständigen Behörde des Landes, in dem oder nach dessen Recht er ergangen ist, aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden ist (e). Die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches darf gemäß Artikel 5 Abs. 2 UNÜ auch versagt werden, wenn die zuständige Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, feststellt, dass der Gegenstand des Streites nach dem Recht dieses Landes nicht auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann (a), oder dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruches der öffentlichen Ordnung dieses Landes widersprechen würde (b). Vorgenannte Versagungsgründe stehen dem Antrag der Antragstellerin nicht entgegen. Die Parteien haben in Ziffer 7.1 der schiedsgerichtlichen Verfahrensordnung geregelt, dass der Schiedsspruch innerhalb von 10 Monaten nach Unterzeichnung der Vereinbarung zu ergehen hat. Das Schiedsgericht hat den Schiedsspruch (Anlage K 3; GA 20 ff., 39 und K 4, GA 40 ff., 53) erlassen, d.h. nach Ablauf von ca. 19 Monaten nach Unterzeichnung der Vereinbarung. Darin könnte eine Überschreitung der Grenzen der Schiedsabrede oder der Schiedsklausel im Sinne von Art. 5 Abs. 1 c) UNÜ gesehen werden. Allerdings gründet vorliegend das Schiedsverfahren auf einer Schiedsklausel (Anlage 1 zur Schiedsvereinbarung, GA 21), Gründe die der Fortführung des Schiedsverfahrens entgegenstanden, waren nicht ersichtlich. Der Ablauf der 10-Monatsfrist nach Ziffer 7.1 der schiedsgerichtlichen Verfahrensordnung führt nicht zur Aberkennung der Wirkung der Schiedsklausel (vgl. auch Cour de Cassation, chambre civil 2, 18.02.1999, Nr. 97-12770, Anlage zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 17.09.2012, GA 90 f.). Nach Seite 4 des Schiedsspruchs hat die Antragsgegnerin, d.h. nach Ablauf der 10-Monatsfrist, zusammenfassende Anträge eingereicht und damit rügelos verhandelt, so dass der Antragsgegnerin gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 des Europäischen Übereinkommens über die Handelsgerichtsbarkeit vom 21.04. 1961 (BGBI.1964 II S. 426, BGBL 1965 II S. 107; vgl. Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl. 2000, S. 596 ff.; BGH Beschluss vom 16.12.2010 - II ZB 100/09 - ZIP 2011, 302 = NJW 2011, 1290). verwehrt ist, sich auf die Fristüberschreitung zu berufen. Die Antragsgegnerin rügt zu Unrecht die fehlende Zustellung des Schiedsspruchs (GA 72). Gemäß Ziffer 7.4 der schiedsgerichtlichen Verfahrensordnung (GA 23) ist der Schiedsspruch per Einschreiben gegen Rückschein den Parteien zu übersenden und wird vom Vorsitzenden des Schiedsgerichts bei der Gerichtsgeschäftsstelle des Landgerichts zwecks Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruchs hinterlegt. Den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin ist der Schiedsspruch durch den Vorsitzenden des Schiedsgerichts gegen Empfangsbekenntnis übersandt worden; diese haben den Empfang unterschriftlich bestätigt (Anlage K 8, GA 88, K 9 GA 89). Die Antragsgegnerin rügt ohne Erfolg, dass die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland verstoßen würde. Die Antragsgegnerin meint, die fehlende Zustellung des Schiedsspruchs durch einen Gerichtsvollzieher verstoße gegen den Grundsatz „Titel, Klausel, Zustellung". Die Antragstellerin verweist demgegenüber zutreffend darauf, dass nach französischem Recht zum Zeitpunkt der Entscheidung des Schiedsspruchs dieser nicht förmlich durch einen französischen Gerichtsvollzieher zu stellen war. Nach Art. 1477 des Code de Procedure Civil a.F. (Zivilprozessgesetz) war Voraussetzung für die Vollstreckung allein die Exequator-Entscheidung des Landgerichts, in dessen Zuständigkeit das Urteil ergangen ist. Da die Zustellung des Schiedsspruchs an die Parteien erfolgt ist und dieser durch das Berufungsgericht ... (Anlage K 6, GA 55) mit Beschluss für vollstreckbar erklärt worden ist, keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Verfahrensweise in Frankreich hinsichtlich der Vollstreckbarkeitserklärung rechtsstaatlich geringere Anforderungen beinhaltet, ist ein Verstoß gegen den ordre public in Deutschland nicht erkennbar. 2) Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass nach der französischen Zivilprozessordnung nach Art. 1491 ff. Code de procedure civile (CPC) die Möglichkeit eröffnet sei, einen Anfechtungsrechtsbehelf (recours en annulation) zum Berufungsgericht zu erheben, GA 74, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Soweit die Antragsgegnerin hilfsweise beantragt festzustellen, dass der Schiedsspruch nicht anzuerkennen sei, ist der Antrag aus den vorgenannten Gründen unbegründet. Das Schiedsgericht hat sich ordnungsgemäß konstituiert. Der Schiedsspruch ist wirksam ergangen. Der Kostenausspruch folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 1064 Abs. 2 ZPO. Der Gegenstandswert beträgt 152.433,08 € | |||||
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