Gericht | OLG Koblenz | Aktenzeichen | 6 U 610/07 | Datum | 06.03.2008 |
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Leitsatz | |||||
Rechtsvorschriften | |||||
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Aktenzeichen der Vorinstanz | 15 O 59/06 LG Koblenz | ||||
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U R T E I L 1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 13.04.2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird in Höhe eines Betrages von 22.183,85 € als unzulässig, hinsichtlich des weitergehenden Betrages als unbegründet abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. G r ü n d e : I. Die Parteien waren alleinige Gesellschafter, zunächst auch jeweils Geschäftsführer, der 1996 gegründeten F GmbH. Unter Ziff. 17 enthält der Gesellschaftsvertrag eine Schiedsklausel. Diese verweist wegen der Zusammensetzung und Befugnisse des Schiedsgerichts auf einen noch niederzulegenden gesonderten Schiedsvertrag, den die Parteien indes nicht geschlossen haben. Mit dem Gesellschaftsvertrag hatten die Parteien jeweils eine Stammeinlage von 25.000,- DM übernommen. Beide gewährten der Gesellschaft darüber hinaus Darlehen in unterschiedlicher Höhe, der Kläger zudem Sicherheiten. Eine zeitweise angedachte Änderung der Geschäftsanteile wegen des größeren finanziellen Beitrages des Klägers wurde nicht umgesetzt. Die Parteien waren mit ihrem Unternehmen als Franchisenehmer für die M GmbH tätig, weshalb sie nach außen auch unter dem Namen M auftraten. Im Zuge einer geplanten Umstrukturierung war der Erwerb von Anteilen an einer M Vertriebs AG angedacht, in die die M Vertriebs GmbH umgewandelt werden sollte. Dazu kam es wegen Insolvenz der M Vertriebs GmbH am 26.04.1999 nicht mehr. Am 11.05.1998 vereinbarten die Parteien schriftlich: „ B erhält von der M Vertriebs GmbH (AG) dieselbe Höhe an Anteilen wie F. Als Ausgleich für den höheren Geldeinsatz des F verpflichtet sich B F eine Summe von 69.000,- DM zu zahlen.“ Aufgrund Vertrages vom 28.07.1999 übertrug der Beklagte am 08.02.2001 seinen Geschäftsanteil an der F GmbH an den Bruder des Klägers. Der Kläger hat in erster Instanz einen Anspruch von 46.152,78 € geltend gemacht, den er errechnet hat aus der laut Vereinbarung vom 11.05.1998 zu zahlenden Summe abzüglich geleisteter Zahlungen sowie aus einem hälftigen Anteil des Beklagten an Geldern, die er – der Kläger – für die gemeinsame Gesellschaft aufgewandt habe. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 46.152,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basisdiskontsatz hieraus seit dem 15.08.2004 zu zahlen. Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 22.183,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2005 zu zahlen. Die Klage sei insgesamt zulässig, da die Schiedsklausel nur für Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis gelte, der Kläger aber Forderungen geltend mache, die außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses begründet seien und auf der persönlichen Beziehung der Parteien zueinander beruhten. Begründet sei die Klage lediglich insoweit, als sie auf die Vereinbarung vom 11.05.1998 gestützt sei. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er macht insbesondere geltend, die Klage sei wegen der Schiedsklausel bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Hintergrund der Vereinbarung vom 11.05.1998 sei die geplante Beteiligung an der M Vertriebs GmbH (AG), zu der es dann jedoch – unstreitig – nicht gekommen sei, weshalb auch die Vereinbarung gegenstandslos sei. Der Beklagte beantragt, das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er hält die Schiedsklausel für unanwendbar, weil der zu ihrer Durchführung notwendige Schiedsvertrag nicht abgeschlossen worden sei und die zugesprochene Forderung zudem nicht auf dem Gesellschaftsvertrag beruhe, sondern auf ein Darlehen zurückgehe, das der Kläger dem Beklagten im Zusammenhang mit der Gründung der F GmbH gewährt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie auf die zur Akte gereichten Schriftsätze und Schriftstücke Bezug genommen, insbesondere auf § 17 des Gesellschaftsvertrages (…) und auf die Vereinbarung der Parteien vom 11.05.1998 (…). II. Auf die zulässige Berufung des Beklagten war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage, soweit der Beklagte in erster Instanz verurteilt worden ist, als unzulässig abzuweisen, § 1032 Abs. 1 ZPO, weil die Streitigkeit aufgrund der Schiedsvereinbarung in § 17 der Satzung der F GmbH unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht zu entscheiden ist. Bei der Auseinandersetzung der Parteien handelt es sich im Sinne der Schiedsklausel um eine Streitigkeit oder Meinungsverschiedenheit, die das Gesellschaftsverhältnis berührt. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Klage nach rechtskräftiger Abweisung im Übrigen nur noch, soweit sie sich auf die Vereinbarung vom 11.05.1998 und den zugrunde liegenden Sachverhaltskomplex stützt. Die hieraus hergeleiteten Forderungen berühren das Gesellschaftsverhältnis. Der Kläger hat zunächst geltend gemacht, der Vereinbarung vom 11.05.1998 liege nicht das zwischen den Parteien ehemals bestehende Gesellschaftsverhältnis zugrunde, sondern ein Darlehen, das er – der Kläger – dem Beklagten gewährt habe, um dem Beklagten damit den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an der F GmbH zu ermöglichen. In der Folge hat er klarstellend vorgetragen: An der F GmbH seien die Parteien je zur Hälfte beteiligt gewesen. Über die unstreitige Stammeinlage von je 25.000,- DM hinaus sei vereinbart worden, dass sowohl der Kläger als auch der Beklagte der Gesellschaft ein Darlehen von 100.000,- DM gewähre. Weil sich der Beklagte dann aber außerstande gesehen habe, das für das Darlehen nötige Geld aufzubringen, habe sich der Beklagte auf die Gewährung eines Darlehens von 45.000,- DM beschränkt. Die fehlenden 55.000,- DM habe der Kläger „dem Beklagten zur Verfügung gestellt und auf Anweisung des Beklagten als Darlehen in die F GmbH eingelegt“, zudem Sicherheiten in Höhe von 65.000,- DM zur Verfügung gestellt. Wegen der ungleichen finanziellen Lasten im Zusammenhang mit der Gründung des Unternehmens sei zeitweise auch eine Änderung des Zuschnittes der Geschäftsanteile angedacht gewesen. Dem Ausgleich der Zahlungen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Gesellschaftsgründung über die Aufwendungen des Beklagten hinaus aufgebracht habe, habe die Vereinbarung vom 11.05.1998 gedient. Das aus diesem Klagevortrag hergeleitete Begehren des Klägers berührt im Sinne der Schiedsklausel das Gesellschaftsverhältnis. Es mag sein, dass zum Zeitpunkt der behaupteten Absprachen der Parteien diese noch nicht durch eine bestehende Gesellschaft miteinander verbunden waren. Gleichwohl handelt es sich nicht, wie der Kläger meint, um ein vom Gesellschaftsverhältnis völlig losgelöstes privates Darlehen. Der Kläger hat vielmehr, wie er selbst vorträgt, gerade deshalb über den zunächst geplanten eigenen Finanzierungsanteil hinaus weitere Mittel aufgewandt, weil damit der gemeinsamen Firma der Start ermöglicht werden sollte. Aus dieser Zwecksetzung ergibt sich ein deutlicher Bezug zum Gesellschaftsverhältnis, der für die Anwendbarkeit der Schiedsklausel genügt. Ein Widerspruch zu den Grundsätzen, die der 3. Zivilsenat der BGH in seiner Entscheidung vom 4.10.2001 (- II ZR 281/00 -; NJW-RR 2002, 387) entwickelt hat, liegt hierin nicht, da der dort zugrunde liegende Sachverhalt mit dem hiesigen Streitgegen-stand nicht vergleichbar ist. Der BGH hatte nämlich über einen Sachverhalt zu befinden, wonach eine Kommanditgesellschaft einem ihrer Gesellschafter unter der Bezeichnung eines „Gesellschafterdarlehens“ ein Einzeldarlehen gewährt hatte, das allein einem privaten Zweck – der Ablösung eines privaten Kredites – diente. Wegen dieses rein privaten Zweckes des Darlehens stellte, so der BGH, der Rechtsstreit keine Streitigkeit „aus dem Gesellschaftsvertrag“ dar, was aber nach der dort zu beurteilenden Schiedsklausel Voraussetzung für ihre Anwendbarkeit gewesen wäre. Demgegenüber setzt die Schiedsklausel in § 17 der Satzung der F GmbH mit der Formulierung „... soweit sie das Gesellschaftsverhältnis berühren...“ gerade nicht voraus, dass die Streitigkeit ihren Rechtsgrund in gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen oder in Regelungen des Gesellschaftsvertrages findet. Die Streitigkeit ist auch im Sinne der Schiedsklausel eine solche „zwischen den Gesellschaftern“, wenngleich der Beklagte seinen Geschäftsanteil an der F GmbH bereits am 08.02.2001 auf den Bruder des Klägers übertragen hat. Der Wortlaut der Schiedsklausel („... alle Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und einzelnen Gesellschaftern....“) schließt Streitigkeiten mit ausgeschiedenen Gesellschaftern nicht so klar und eindeutig aus, dass für eine Vertragsauslegung kein Raum wäre. Vielmehr ist auch, wie wiederholt zu Schiedsklauseln vergleichbaren Wortlauts entschieden (BGH, Beschl. vom 01.08.2002 – III ZB 66/01 -, NJW-RR 2002, 1462; Senat, Urt. v. 03.05.2007 – 6 U 1371/06 -, DStR 2007, 1880), davon auszugehen, dass im Zweifel der Wille der vertragsschließenden Gesellschafter dahin ging, sämtliche Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis, auch solche mit ausgeschiedenen Gesellschaftern, „intern“, d. h. im Wege des Schiedsverfahrens, zu erledigen. Auch Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern und ausgeschiedenen Gesellschaftern können wegen nachwirkender Pflichten der ehemaligen Gesellschafter den innergesellschaftlichen Rechtsfrieden nachhaltig stören, so dass eine schnelle Beendigung der Streitigkeit durch Schiedsspruch in gleichem Maße geboten ist wie bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern, die der Gesellschaft noch angehören. Tatsachen bzw. Umstände, die dieser Auslegung entgegenstehen könnten, hat der Kläger nicht dargetan. Der Anwendbarkeit der Schiedsklausel steht schließlich nicht entgegen, dass sie vorsieht, Zusammensetzung und Befugnisse des Schiedsgerichts in einem gesonderten Schiedsvertrag niederzulegen, ein solcher Schiedsvertrag aber zwischen den Parteien unstreitig zu keinem Zeitpunkt abgeschlossen worden ist. Für die Gültigkeit einer Schiedsklausel, die in der gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 1031 ZPO) abgeschlossen wurde, ist in inhaltlicher Hinsicht erforderlich, aber auch ausreichend, dass ihre sachliche Reichweite bestimmt ist; denn nur die Parteien, nicht das Gesetz bestimmen den Umfang der Entscheidungszuständigkeit der Schiedsrichter. Weitere Vereinbarungen etwa über die Modalitäten der Schiedsrichterbestellung, Ort und Sprache des Schiedsverfahrens, die zur Verfügung stehenden Entscheidungsmittel, oder über das schiedsrichterliche Verfahren im Übrigen können die Parteien zwar aufstellen. Fehlen solche weitergehenden Vereinbarungen, so führt dies aber nicht – wie der Kläger meint – zur Undurchführbarkeit und Unanwendbarkeit der Schiedsklausel; vielmehr gelten dann insoweit die gesetzlichen Regeln in §§ 1034-1058 ZPO (Geimer, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 1029 Rn. 28; Münch, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2001, § 1029 Rn. 42, 44). Ein anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil vom 25.10.1983 (- KZR 27/82 -, BGHZ 88, 314), mit dem der BGH die Schiedsklausel in einer Vereinssatzung für nichtig erklärt hatte, weil diese die Zusammensetzung des Schiedsgerichts sowie das Verfahren vor dem Schiedsgericht einer vom Beirat des Vereins zu beschließenden Schiedsordnung vorbehalten hatte. Die Entscheidung beruht maßgeblich auf der Erwägung, die Satzung eines rechtsfähigen Vereins müsse sämtliche das Vereinsleben bestimmenden Leitprinzipien und Grundsatzregelungen enthalten, und dürfe Grundentscheidungen nicht einem beliebigen Vereinsorgan und einer von diesem aufzustellenden Schiedsordnung überlassen. Diese Bedenken aus der inneren Verfassung eines rechtsfähigen Vereins greifen vorliegend aber nicht ein. Nach alledem war auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil, soweit es mit der Berufung angefochten war, aufzuheben und die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen; die Entscheidung beruht unter Beachtung der obergerichtlichen Rechtsprechung auf einer Würdigung im Einzelfall. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 22.184,- € festgesetzt. | |||||
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