Gericht | BayObLG | Aktenzeichen | 4Z Sch 04/00 | Datum | 04.05.2000 |
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Leitsatz | |||||
Einwendungen gegen den Bestand des zugesprochenen Anspruchs selbst (§ 767 ZPO) können im Verfahren der Vollstreckbarerklärung nur geltend gemacht werden, wenn der Einwand nach dem letzten Zeitpunkt entstanden ist, in welchem die Möglichkeit bestand, ihn im schiedsgerichtlichen Verfahren geltend zu machen. | |||||
Rechtsvorschriften | § 767 ZPO, § 1060 ZPO, § 1064 ZPO; § 60 KO | ||||
Fundstelle | BayObLGZ 2000, 60 | ||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - materiell-rechtliche Einwände gegen Vollstreckung, Gründe einer Vollstreckungsgegenklage | ||||
Volltext | |||||
I. Das Schiedsgericht, bestehend aus ... hat am 25. Januar 2000 folgenden Schiedsspruch erlassen: "I. Der Schiedsbeklagte wird in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter der Klinik A-GmbH verurteilt, an die Schiedsklägerin DM 743.918,98 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 1. 5. 1999 zu bezahlen. II. Der Schiedsbeklagte trägt die Kosten des Schiedsverfahrens." Dieser Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt. II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtlichen Verfahrens. III. Dieser Beschluß ist vorläufig vollstreckbar. IV. Die Beschwer des Antragsgegners beträgt 743.918,98 DM. G r ü n d e : I. Mit Vertrag vom 23./29.11.1990 verpachtete die Antragstellerin an die Firma A-GmbH eine Klinik, die sie vorher selbst betrieben hatte. Der monatliche Pachtzins betrug in den Jahren 1998 und 1999 221 730,32 DM. Am 14.7.1998 mußte die Pächterin das Vergleichsverfahren anmelden. Der Antragsgegner wurde zum Vergleichsverwalter bestimmt. Dieser meldete am 1.10.1998 das Anschlußkonkursverfahren an, das am 5.10.1998 eröffnet wurde. Im vorliegenden schiedsrichterlichen Verfahren machte die Antragstellerin rückständige Pachtzinsen für die Monate Oktober, November, Dezember 1998 mit insgesamt 341 595,41 DM und für die Monate Februar, März 1999 mit insgesamt 402 323,57 DM geltend. Am 25.1.2000 erließ das Schiedsgericht antragsgemäß einen Schiedsspruch, der wie folgt lautet: "I. Der Schiedsbeklagte wird in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter der Klinik A-GmbH verurteilt, an die Schiedsklägerin 743 918,98 DM mit 4 % Zinsen hieraus seit dem 1.5.1999 zu bezahlen. II. Der Schiedsbeklagte trägt die Kosten des Schiedsverfahrens." Der Antragsgegner beruft sich im vorliegenden gerichtlichen Verfahren auf eine am 23.2.2000 dem Insolvenzgericht angezeigte, durch Veröffentlichung im Staatsanzeiger am 3.3.2000 bekanntgemachte Masseunzulänglichkeit. Die Antragstellerin ist der Ansicht, daß der Einwand der Masseunzulänglichkeit jedenfalls im Verfahren der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nicht zu berücksichtigen ist. Sie bestreitet, daß überhaupt Masseunzulänglichkeit vorgelegen habe, da der Antragsgegner über mehr Barmittel verfüge als der zugesprochene Betrag nebst Zinsen und Kosten ausmache. Außerdem würde kein anderer Gläubiger benachteiligt, da die Antragstellerin Gläubigerin aller vom Antragsgegner aufgeführten Forderungen sei. Der Vortrag des Antragsgegners reiche nicht aus, die Masseunzulänglichkeit zu belegen oder zu beweisen. Die Antragstellerin beantragt, den Schiedsspruch vom 25.1.2000 für vollstreckbar zu erklären und die vorläufige Vollstreckbarkeit dieser Entscheidung anzuordnen. Der Antragsgegner beantragt, diesen Antrag abzuweisen. Einer Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs stehe die nach dessen Erlaß von ihm erklärte und veröffentlichte Masseunzulänglichkeit entgegen. Diese sei erst durch die Verurteilung im Schiedsverfahren entstanden. Dem Hauptsachebetrag seien noch Zinsen sowie überschlägig 95 000 DM Verfahrenskosten hinzuzurechnen. Auf dem Konkurskonto verwalte er derzeit 1 285 206,06 DM. Die Antragstellerin habe neben der Forderung im Schiedsverfahren drei weitere Verfahren rechtshängig gemacht. In einem Verfahren mit einem vorläufigen Streitwert von 1 000 000 DM habe ein Termin zur mündlichen Verhandlung noch nicht stattgefunden. Eine weitere Schadensersatzforderung in Höhe von 1 366 981,22 DM sei zwar erstinstanzlich abgewiesen worden, die Berufung der Antragstellerin stehe jedoch zu erwarten. Gegen ein klageabweisendes Urteil auf Eigentumsübertragung mit einem Streitwert von 343 165 DM sei Berufung jedoch bereits eingelegt worden. Damit sei zum Zeitpunkt der Erklärung die gleichmäßige Befriedigung aller Massegläubiger gefährdet gewesen. Dieser Einwand sei im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu berücksichtigen. Der Beweisführung sei jedenfalls durch die Veröffentlichung Genüge getan. II. Der zulässige Antrag ist begründet. 1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i. V. m. § 6a GZVJU n. F. 2. Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 25.1.2000 ist zu entsprechen (§ 1060 Abs. 1 ZPO). Der mit Gründen versehene Schiedsspruch (§ 1054 Abs. 2 ZPO) liegt in beglaubigter Abschrift vor (§ 1064 Abs. 1 ZPO). Er ist von den drei Schiedsrichtern unterschrieben. Der Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung und der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens sind angegeben (§ 1054 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO). Der Schiedsspruch ist aufgrund einer wirksamen Schiedsvereinbarung ergangen. Der vom Antragsgegner im Schiedsverfahren erhobene Einwand der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts wird von diesem im gerichtlichen Verfahren nicht weiter verfolgt (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Andere Aufhebungsgründe gemäß dieser Vorschrift sind nicht vorgetragen. Von Amts wegen zu beachtende Aufhebungsgründe (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) liegen nicht vor. 3. Die vom Antragsgegner am 23.2.2000 vorgenommene Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 60 KO) hindert die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nicht, da dieser Einwand im vorliegenden Fall mangels Erfüllung der Voraussetzungen einer Masseunzulänglichkeit nicht durchgreift. Deshalb bedarf das Problem der Behandlung eines wirksamen Einwandes der Masseunzulänglichkeit in diesem Verfahren keiner Entscheidung. a) Es braucht daher auch nicht entschieden zu werden, ob nach der Änderung der Gesetzeslage Einwendungen gegen den Anspruch selbst nach Maßgabe des § 767 ZPO im Umfang der bisherigen Rechtsprechung berücksichtigungsfähig sind. Die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, im Verfahren der Vollstreckbarerklärung über die Aufhebungsgründe des § 1041 Abs. 1 ZPO a. F. hinaus auch Einwendungen zuzulassen, die an sich in den Anwendungsbereich der Vollstreckungsgegenklage fallen, beruhte auf dem Interesse, eine Verfahrenskonzentration herbeizuführen (BGH NJW 1957, 793; 1961, 1069; 1961, 1627; 1990, 3210/3211; NJW-RR 1997, 1289). Dabei ist zu berücksichtigen, daß nach altem Recht das gerichtliche Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ebenso mit der Möglichkeit zweier Tatsacheninstanzen ausgestaltet war (§§ 1042a, 1042c ZPO a. F.), wie das Verfahren der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO). Daher entsprach es dem Interesse der Verfahrenskonzentration, in einem Verfahren mit mehreren Tatsacheninstanzen über die Vollstreckbarerklärung eines zuerkannten Anspruchs und über materielle Einwendungen gegen diesen Anspruch zu entscheiden. Mit dem Ziel einer zügigen Durchführung wurde das "zeitraubende und schwerfällige Vollstreckbarerklärungsverfahren" vom Gesetzgeber in ein Beschlußverfahren mit eingeschränktem Instanzenzug umgestaltet (BT-Drucks. 13/5274 S. 62/63). Diesem Ziel würde es zuwiderlaufen, wenn im Sinne der bisherigen Rechtsprechung materielle Einwendungen zugelassen würden, die ein möglicherweise umfangreiches Beweisverfahren erfordern würden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß dem einwendenden Antragsgegner im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nach neuem Recht im Vergleich zum Verfahren der Vollstreckungsgegenklage die Möglichkeit einer zweiten Tatsacheninstanz verloren geht (vgl. Senatsbeschluß vom 12.4.2000, 4Z Sch 2/00 = Bay0bLGZ 2000, 60). b) Der vom Antragsgegner erhobene Einwand der Masseunzulänglichkeit beurteilt sich nach § 60 KO. Die Gemeinschuldnerin hat vor dem 1.1.1999 das Vergleichsverfahren, der Antragsgegner als Vergleichsverwalter am 1.10.1998 das Anschlußkonkursverfahren angemeldet, das am 5.10.1998 eröffnet worden ist (§ 113 EGIns0). aa) Die Anzeige des Antragsgegners vom 23.2.2000 an das Insolvenzgericht, im Anschlußkonkursverfahren der Gemeinschuldnerin drohe Masseunzulänglichkeit (§ 60 KO), entfaltet im vorliegenden Verfahren der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs keine Wirkung, weil diese Anzeige die notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt. Zum einen genügt der Antragsgegner als Konkursverwalter seiner Darlegungslast nicht, wenn er in seiner Anzeige der Masseunzulänglichkeit nur die Summe der verfügbaren liquiden Mittel mitteilt (BAG NJW 1980, 141; 1989, 1627; 1999, 517, 518, ständige Rechtsprechung). Nach § 1 Abs. 1 KO besteht die Konkursmasse aus dem gesamten Vermögen des Gemeinschuldners, soweit es der Zwangsvollstreckung unterliegt. Somit ist Maßstab der Beurteilung der Unzulänglichkeit das gesamte verwertbare Vermögen des Gemeinschuldners. Hierzu enthält die Anzeige vom 23.2.2000 keine Hinweise im Sinne eines zeitnahen Konkursstatus (BAG NJW 1999, 517/518). Da inhaltliche Mängel der Anzeige vorliegen, bedarf es keiner Prüfung, ob für den Antragsgegner durch die Veröffentlichung der Tatsache der Anzeige sich eine Beweiserleichterung ergeben könnte (vgl. BAG aaO Ziffer II 3 b). bb) Zur erfolgreichen Geltendmachung der drohenden Masseunzulänglichkeit genügt es ferner nicht, daß die gleichmäßige Berichtigung der Masseansprüche nicht sicher ist (BAG aaO Ziffer Il 2 a). Eine nur mögliche Masseunzulänglichkeit erfüllt die Voraussetzung des § 60 KO nicht, wonach sich die Masseunzulänglichkeit herausgestellt haben muß. Die gleichmäßige und vollständige Berichtigung aller Ansprüche von Massegläubigern muß ernsthaft gefährdet sein (BAG aaO Ziffer 1 mwN). Das in der Anzeige mitgeteilte Zahlenmaterial rechtfertigt diese Annahme nicht. Danach standen liquiden Mitteln von 1 285 206,06 DM die rechtskräftig festgestellte Forderung aus dem Schiedsspruch mit 743 918,98 DM, 4 % Zinsen hieraus seit dem 1.5.1999 und vom Antragsgegner überschlägig berechnete Verfahrenskosten von ca. 95 000 DM gegenüber. Die übrigen angeführten Forderungen rechtfertigen die Beurteilung der ernsthaften Gefährdung noch nicht. Im Prozeß noch befangene Forderungen lassen die Gefährdung des Masseanspruchs erst dann als ernsthaft erscheinen, wenn der Antragsgegner in den Prozessen tatsächlich unterlegen ist (BAG aaO Ziffer Il 2 c). Nach der Aufstellung des Antragsgegners vom 23.2.2000 hat er in zwei Verfahren in erster Instanz obsiegt, wobei in einem Fall Berufung eingelegt wurde, was im zweiten Fall noch nicht feststeht. In einem dritten Klageverfahren war noch nicht einmal in erster Instanz mündlich verhandelt worden. c) Wenn jedoch die Angaben des Antragsgegners in der Anzeige vom 23.2.2000 zum Masse- und Forderungsbestand als ausreichend angesehen würden, wäre der Antragsgegner im Verfahren der Vollstreckbarerklärung mit der Geltendmachung des Einwandes der Masseunzulänglichkeit ausgeschlossen. Materielle Einwendungen gegen den Bestand des zugesprochenen Anspruchs stehen unter dem Vorbehalt des § 767 Abs. 2 ZPO. Das bedeutet, daß der Einwand erst nach dem letzten Zeitpunkt entstanden sein darf, in welchem die Möglichkeit bestanden hat, ihn im schiedsgerichtlichen Verfahren geltend zu machen. Der Antragsgegner begründet die drohende Masseunzulänglichkeit neben der Klageforderung im schiedsgerichtlichen Verfahren mit drei rechtshängigen Verfahren. Alle drei Verfahren weisen Aktenzeichen des Jahres 1999 aus. Die letzte mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahme fand im schiedsrichterlichen Verfahren am 11.1.2000 statt. Im Hinblick auf den zeitlich kurzen Abstand zur Anzeige vom 23.2.2000 hätte der Antragsgegner Gründe vortragen müssen, die ihn an der Geltendmachung der Masseunzulänglichkeit in der mündlichen Verhandlung vom 11.1.2000 gehindert hätten. Dies ist nicht geschehen. Die Verurteilung im schiedsrichterlichen Verfahren stellt keine wesentliche Änderung für die BeurteiIung der Masseunzulänglichkeit dar. Dies bedeutet jedoch nicht, daß der Antragsgegner gehindert wäre, bei vorliegenden Voraussetzungen die drohende Masseunzulänglichkeit erneut anzuzeigen | |||||
Summary | |||||
BayObLG (Bavarian Highest Regional Court), Order of May 4, 2000 - 4 Z Sch 4/00 Enforcement of arbitral award R u l i n g: Objections to the existence of a judgment claim (Sec. 767 ZPO - Code of Civil Procedure) can only be invoked as defence in proceedings for the declaration of enforceability if such objection is based on circumstances which have arisen after the last instance in which the objection could have been invoked in the arbitral proceedings. F a c t s: The applicant requests enforcement of an arbitral award, in which the defendant was ordered to pay arrears of lease payments. The defendant (administrator of the tenant's bankrupt estate) contends that the award has led to an insufficiency of assets ("Masseunzulänglichkeit"), which has also been declared, and that as a result Sec. 60 of the Bankruptcy Act ("Konkursordnung" - KO) prevents a declaration of enforceability. G r o u n d s: The declaration of enforceability was granted. The Court held that in the present case the declaration of insufficient assets did not comply with the prerequisites of Sec. 60 KO. Thus the question whether the defence was validly raised did not need to be considered. However, the court indicated that the declared purpose of the new arbitration law - i.e. to streamline the hitherto cumbersome and time consuming enforcement proceedings - would be frustrated if substantive defences going to the existence of the judgment claim pursuant to Sec. 767 ZPO, which require extensive taking of evidence, could be invoked in the course of enforcement proceedings. In addition, the defendant was barred from raising an objection, since it could have been raised already in the course of the arbitral proceedings. Z u s a m m e n f a s s u n g: Die Antragstellerin beantragt Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs, mit dem der Antragsgegner zur Zahlung rückständiger Pachtzinsen verurteilt wurde. Nach Ansicht des Antragsgegners steht dem Antrag die nach Erlass des Schiedsspruchs erklärte und du8rch diesen verursachte Masseunzulänglichkeit (§ 60 KO) entgegen. Der Senat gibt dem Vollstreckbarerklärungsantrag statt. Seiner Ansicht nach erfüllt die Anzeige der Masseunzulänglichkeit im konkreten Fall nicht die Voraussetzungen des § 60 KO. Daher bedürfe die Frage, ob der Einwand wirksam erhoben worden sei, keiner Entscheidung. Der Senat gibt allerdings zu erkennen, dass es dem Ziel des neuen Recht, das zeitraubende und schwerfällige Vollstreckbarerklärungsverfahren zu straffen (BT-Drucks. 13/5274 S. 62 f.) widerspräche, wenn im Vollstreckbarerklärungsverfahren materielle Einwendungen nach Maßgabe des § 767 ZPO zugelassen würden, die ein umfangreiches Beweisverfahren erfordern. Abgesehen davon war der Antragsgegner nach Ansicht des Gerichts mit dem Einwand der Masseunzulänglichkeit auch deshalb ausgeschlossen, weil er diesen Einwand bereits im Schiedsverfahren hätte geltend machen können. |