1 SchH 01/09


Gericht OLG Stuttgart Aktenzeichen 1 SchH 01/09 Datum 10.09.2009
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S:
1. Der Antrag, den Zwischenbescheid des Schiedsrichters Dr. ... vom 15.6.2009 über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts aufzuheben, wird
zurückgewiesen.
2. Die Antragstellern trägt die Kosten des Verfahrens. Streitwert: 100.000.-€
Gründe:
A.
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem am 16.7.2009 eingegangenen Antrag gegen den Zwischenentscheid des Schiedsrichters A vom 15.6.2009, durch den festgestellt wurde, dass das Schiedsgericht für die Entscheidung über die Schiedsklage vom 12.12.2008 zuständig sei. Die Antragstellerin macht - wie bereits gegenüber dem Schiedsrichter - geltend, die in § 16 Abs.2 des Ergänzungsvertrags vom 11.5.2004 enthaltene Schiedsklausel sei unwirksam. Sie entspreche nicht ihrem Geschäftswillen und stehe auch im Widerspruch zu der in § 17 des Vertrags getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Antragsbegründung sowie die beigefügten Anlagen Bezug genommen.
B
I.
Der Antrag ist zulässig, er hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Schiedsrichter hat zu Recht und mit zutreffender Begründung angenommen, dass die Schiedsklausel wirksam und er daher für die Entscheidung zuständig ist.
Der Antrag ist zulässig. Ob im Falle der Begründetheit eine Aufhebung des Zwischenentscheids oder (nur) die Feststellung, dass das Schiedsgericht unzuständig ist (vgl. Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Auflage, RN 15 zu § 1040 ZPO), herbeigeführt werden könnte, berührt die Zulässigkeit nicht, weil das inhaltliche Begehren der Antragstellerin deutlich zum Ausdruck gelangt ist und der Antrag entsprechend ausgelegt werden kann.
1. Das OLG Stuttgart ist für die Entscheidung über den Antrag zuständig, §§ 1040 Abs.3 Satz 2, 1062 Abs.l Nr.2 ZPO. Der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ist Stuttgart.
2. Die Frist des § 1040 Abs.3 Satz 2 ZPO ist gewahrt. Der Zwischenentscheid des Schiedsrichters wurde der Antragstellerin nicht vor dem 16.6.2007 mitgeteilt, so dass die Frist frühestens mit Ablauf des 16.7.2007 endete (§§ 222 Abs.l ZPO, 188 Abs.2 BGB). Der Antrag ging am 16.7.2009 und damit innerhalb der Frist beim Oberlandesgericht Stuttgart ein (Bl. 1 d.A.). Dass er erst mit Schriftsatz vom 12.8.2009 (BL 4 ff.d.A.) begründet wurde, ist unschädlich. § 1040 Abs.3 Satz 2 ZPO verlangt zur Fristwahrung keine Begründung, sondern nur den rechtzeitigen Eingang des Antrags.
3. Gemäß § 1063 Abs.l und 2 ZPO entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss.
II.
Der Antrag ist in der Sache nicht begründet. Auf Grund der in § 16 Abs.2 des Ergänzungsvertrags vom 11.5.2004 enthaltenen Schiedsgerichtsklausel (Bl. 48 d.A.) ist der der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) angehörige Schiedsrichter A für die Entscheidung über die Schiedsklage zuständig. Die Schiedsklausel ist nicht unwirksam.
1. Die Schiedsklausel ist nicht deshalb unwirksam, weil der Antragstellerin das Bewusstsein fehle, eine bindende, die staatlichen Gerichte verdrängende Vereinbarung zu unterzeichnen.
a) Dass der Antragstellerin bei der Unterzeichnung der Vertragsergänzung vom 11.4.2006 nicht klar gewesen sein soll, dass in § 16 Abs.2 eine Schiedsvereinbarung enthalten war, die Streitigkeiten aus dem Vertrag einem Schiedsgericht unterstellte, ist in Anbetracht des klaren und eindeutigen Wortlauts der Klausel nahezu ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Vertragstext offensichtlich von der Antragstellerin selbst in die Verhandlungen eingeführt wurde.
§ 16 Abs.2 besagt eindeutig und unmissverständlich, dass "alle Streitigkeiten, die sich aus und im Zusammenhang mit diesem Vertragsverhältnis und/oder dessen Gültigkeit ergeben, nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) in Bonn unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs unter Anwendung deutschen Rechts durch einen Einzelschiedsrichter endgültig entschieden" werden. Bei diesem an Klarheit schwer zu übertreffenden Wortlaut bleibt für die angebliche Vorstellung, nur eine Vereinbarung über die Anwendbarkeit deutschen Rechts treffen zu wollen, kein Raum.
b) Auf die inneren Vorstellungen der Antragstellerin kommt es aber aus Rechtsgründen ohnehin nicht entscheidend an. Maßgeblich für die Auslegung einer Willenserklärung (§§ 133, 157 BGB) ist nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern der nach außen hin zum Ausdruck gelangte Erklärungsinhalt, wie er sich aus der Sicht eines verobjektivierten Erklärungsempfängers darstellt. Weicht der innere Wille davon ab, kommt gegebenenfalls eine Anfechtung nach § 119 Abs.l BGB in Betracht (sog. Inhaltsirrtum).
Aus der maßgeblichen Sicht der Antragsgegnerin konnte § 16 Abs.2 nach seinem eindeutigen Wortlaut nur so verstanden werden, dass nicht nur eine Rechtswahl, sondern auch und vor allem eine Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen werden sollte. Dementsprechend ist der Passus auszulegen,
Eine - zumal rechtzeitige (§ 121 BGB) - Irrtumsanfechtung gegenüber der Antragsgegnerin {§ 143 Abs.l BGB) wird nicht geltend gemacht. Sie ist nicht schlüssig behauptet. Ein Inhaltsirrtum liegt angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 16 Abs.2 ZPO auch fern.
2. § 16 Abs.2 des Ergänzungsvertrags ist auch nicht wegen inhaltlicher Widersprüchlichkeit zu § 17 des Vertrags vom 16.04.2004 unwirksam.
a) Eine Unwirksamkeit käme nur dann in Betracht, wenn die genannten Bestimmungen zueinander derart widersprüchlich wären, dass nicht mehr festgestellt werden könnte, was die Parteien vereinbaren wollten. Schließen sich mehrere Bestimmungen eines Vertrags inhaltlich gegenseitig aus und kann auch durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) nicht festgestellt werden, was als Vertragsinhalt gelten soll, so liegt eine vertragliche Einigung in Wahrheit nicht vor (§ 155 BGB).
b) Im vorliegenden Fall ist ein derartiger Widerspruch zwischen § 17 einerseits, § 16 Abs.2 andererseits aber nicht gegeben. Daher kann offen bleiben, ob die Parteien die Gerichtsstandsvereinbarung in § 17 durch die Neufassung des Vertrags konkludent aufgehoben haben.
aa) Eine Schiedsgerichtsvereinbarung mit dem Inhalt, dass ein privates Schiedsgericht an Stelle der staatlichen Gerichte entscheiden soll, schließt die Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit nicht automatisch und in jedem Falle aus. Es bleibt vielmehr den Parteien überlassen, sich auf die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu berufen und dies durch entsprechende Prozesseinrede geltend zu machen (§ 1032 Abs.l ZPO). Wird diese nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, so sind die staatlichen Gerichte für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig und haben in der Sache zu entscheiden. Ohnehin unberührt bleibt die Zuständigkeit in den Fällen der §§ 1032 Abs.2, 1033, 1040 Abs.3 Satz 1 und 2 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 2007,1719).
bb) Vor diesem Hintergrund besteht zwischen der Schiedsgerichtsklausel (§ 16 Abs.2) und der Gerichtsstandsvereinbarung (§ 17) schon im Ansatz kein innerer unauflösbarer Widerspruch.
Erhebt bei der gegebenen Vertragslage eine Partei vor den staatlichen Gerichten Klage und wendet die andere Partei nicht oder nicht rechtzeitig die Einrede des Schiedsvertrags ein, so sind die staatlichen Gericht zur Entscheidung berufen; in diesem Fall kommt für die örtliche Zuständigkeit gegebenenfalls der Regelung des § 17 maßgebliche und die Zuständigkeit begründende Bedeutung zu (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1719). Daher gibt diese Bestimmung ungeachtet der Schiedsgerichtsklausel einen nachvollziehbaren und vernünftigen Sinn.
Ob § 16 Abs.2 im vorliegenden Fall auch diejenigen Streitigkeiten betrifft, in denen ungeachtet der Schiedsvereinbarung die Zuständigkeit den staatlichen Gerichten verbleibt (§§ 1032 Abs.2, 1033,1040 Abs.3 ZPO), kann daher dahinstehen (vgl; dazu BGH NJW 2006, 779).
3. Im Ergebnis ist jedenfalls gemäß § 16 Abs.2 die Zuständigkeit des Schiedsgerichts gegeben, so dass der Antrag keinen Erfolg haben kann.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.l ZPO. Den Streitwert setzt der Senat auf 1/5 des Hauptsachewertes fest, der nach den Angaben der Anträgstellerin, denen die Antragsgegnerin nicht entgegen getreten ist, mit 500.000.-€ zu beziffern ist.
Summary