34 Sch 20/11


Gericht OLG München Aktenzeichen 34 Sch 20/11 Datum 04.07.2011
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
Die Sache wird vor Beteiligung des Antragsgegners zuständigkeitshalber an das Kammergericht Berlin abgegeben.
Gründe:
I.
Der Antragsteller als Insolvenzverwalter der inländischen Schiedsklägerin hat mit Schriftsatz vom 1.7.2011 beim Oberlandesgericht München beantragt, den am 1.7.2009 in G (Schweiz) ergangenen Schiedsspruch zwischen der in Insolvenz befindlichen Schiedsklägerin und dem Königreich xxx als Schiedsbeklagten für vollstreckbar zu erklären und vor Vollstreckbarerklärung ohne Anhörung der Gegenseite Sicherungsmaßnahmen nach § 1063 Abs. 3 ZPO zu ergreifen. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München leitet er aus dem Umstand ab, dass sich zurzeit ein Flugzeug Boeing 737-400 der xxx (militärische Codierung "xx") am Flughafen München befindet und Presseberichten zufolge vom Kronprinzen des xxx Königshauses zur Absolvierung privater Flugstunden genutzt wird.
II.
Das Oberlandesgericht München ist für die begehrte Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruchs - damit auch für in diesem Verfahren vorgelagerte sichernde Maßnahmen nach § 1063 Abs. 3 ZPO - nicht zuständig.
1. Für die Zuständigkeit maßgeblich ist auch bei ausländischen Schiedssprüchen (vgl. § 1025 Abs. 4 ZPO) die Vorschrift des § 1062 ZPO. Danach ist, falls der Antragsgegner im Bezirk des angerufenen Gerichts keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, darauf abzustellen, ob sich in diesem Bezirk Vermögen des Antragsgegners befindet. Um willkürliche und zufällige Anknüpfungen zu vermeiden, ist es - ähnlich wie im Anwendungsbereich des insoweit wortgleichen § 23 ZPO - erforderlich, dass eine gewisse Verfestigung hinsichtlich der Belegenheit der Sache stattgefunden hat. Dies ist für ein funktionsfähiges, gerade zum Ortswechsel bestimmtes Flugzeug, das tatsächlich auch bewegt wird (…), nicht der Fall. Dass es in München, ohne hier "stationiert" zu sein, tatsächlich über eine gewisse Zeitdauer startet, landet und verweilt, reicht nicht aus. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 23.11.2009 (SchiedsVZ 2010, 227) befasst sich nicht mit vergleichbaren Zuständigkeitsfragen.
2. Selbst wenn man von einem Vermögensgegenstand im Bezirk des Oberlandesgerichts München ausginge, so scheidet doch dieses Flugzeug als (einzig) mögliches Objekt eines derzeitigen Vollstreckungszugriffs im Inland aus. Das Vollstreckbarerklärungsverfahren gehört zwar noch nicht zur Zwangsvollstreckung; indessen ist es herrschende und vom Senat gebilligte Meinung, dass zuständigkeitsbegründend nur ein solcher Vermögensgegenstand sein kann, der einem Vollstreckungszugriff unterliegt (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 23 Rn. 7a; auch BGH NJW 1997, 325). Das kann im Rahmen von § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht anders zu beurteilen sein. Nun handelt es sich hier
a) um ein Luftfahrzeug eines fremden Staates (vgl. zur entsprechenden Lage bei Schiffen RGZ 157, 389; Zöller/Lückemann § 20 GVG Rn. 5);
b) um eine militärischen Zwecken dienende und zugeordnete Maschine, wie die Beschriftung, Kodierung und der diesbezügliche Vortrag des Antragstellers belegen.
Damit erscheint dem Senat ein Zugriff in dieses Vermögen aus völkerrechtlichen Gründen von vorneherein ausgeschlossen.
Nicht in Frage stellt dies, dass ein Mitglied des Königshauses die Maschine - nach Meinung des Antragstellers "privat" - nutzt. Der namentlich erwähnte Kronprinz ist Mitglied des xxx Königshauses. In http:// www. … ist er neben seinen Eltern in militärischer Uniform abgebildet. Die Königlich xxx Luftstreitkraft, international als xxx Air Force bezeichnet sind die Luftstreitkräfte xxx, die auch über eine Flugschule und Maschinen des fraglichen Typs (Boeing 737-400 als sog. VIP-Transporter) verfügen (http://...). Es spricht nichts dafür, dass das Flugzeug aus seiner staatsbezogenen - militärischen - Verwendung herausgelöst und dem Kronprinzen zur Privatnutzung überlassen wurde.
3. Hieran ändert auch nichts Art. 10 des Vertrags vom 24.6.2002 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich xxx über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (BGBl 2004 II, S. 48). Denn die vorstehenden allgemeinen Regeln für die innerstaatliche Vollstreckbarerklärung werden mit diesem Abkommen nicht außer Kraft gesetzt.
4. Demnach scheidet eine (nationale) Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München aus. Die Auffangzuständigkeit des Kammergerichts folgt aus § 1062 Abs. 2 a.E. ZPO. Der Senat gibt, wie hilfsweise auch angeregt, das Verfahren formlos an dieses Gericht ab.
Summary