1 Sch 02/00


Gericht OLG Stuttgart Aktenzeichen 1 Sch 02/00 Datum 24.05.2000
Leitsatz
1. Die örtliche Zuständigkeit des OLG für die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, die nach § 1025 a.F. ZPO ergangen sind, richtet sich nach § 1062 Abs. 3 ZPO, wenn ein Schiedsort nicht bestimmt und nicht feststellbar ist.
2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs kann entsprechend § 727 ZPO auch vom Rechtsnachfolger einer Partei gestellt werden.
3. Die Beweismittel sind im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht wie in § 727 ZPO beschränkt.
4. Eine mündliche Verhandlung ist im Vollstreckbarerklärungsverfahren auch dann nicht notwendig, wenn der Rechtsnachfolger den Antrag stellt.
Rechtsvorschriften§ 1062 ZPO, § 1063 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Zuständigkeit, örtlich; - Antragsbefugnis; - Verfahren, mündliche Verhandlung
Volltext
G r ü n d e :
I. Die Fa. M. GmbH erwirkte im Schiedsgerichtsverfahren gegen die Firma N. Schlüsselfertigbau GmbH & Co. KG ein Schiedsgerichtsurteil. ... Der im schriftlichen Verfahren erlassene Schiedsspruch vom 15.2.1998 wurde durch Beschluss des LG Stuttgart - 17 OH 5/2000 - vom 24.2.2000 auf der Geschäftsstelle des LG niedergelegt. Die Antragsteller beantragen die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs. Sie behaupten, die Schiedsklägerin habe die Ansprüche am 14.5.1997 an sie abgetreten. Zum Beweis haben sie den Abtretungsvertrag im Original vorgelegt. Die Antragsgegnerin bezweifelt, dass die Antragsteller Rechtsnachfolger der Schiedsklägerin seien, und hält den Nachweis für nicht erbracht.
II. Der Schiedsspruch ist zugunsten der Antragsteller als Rechtsnachfolger der Schiedsklägerin für vollstreckbar zu erklären.
1. Die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung nach §§ 1062, 1064 ZPO liegen vor. Auf das Verfahren der Vollstreckbarerklärung sind nach Art. 4 § 1 Abs. 2 und 3 ZPO des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22.12.1997 (BGBl. 1 S. 3224) die Vorschriften in der neuen Fassung anzuwenden, auch wenn auf das Schiedsverfahren die bisherigen Vorschriften anzuwenden waren, weil es vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 1.1.1998 begonnen wurde. Der Antrag ist in der gesetzlichen Form des § 1064 Abs. 1 ZPO gestellt. Ein wirksamer Schiedsspruch liegt vor. Die Formvorschriften von § 1039 ZPO a.F. sind eingehalten, der Schiedsspruch ist nach § 1039 Abs. 3 ZPO a.F. auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts niedergelegt. Aufhebungsgründe nach § 1059 ZPO sind weder ersichtlich noch dargetan. Das OLG Stuttgart ist entsprechend § 1062 Abs. 3 ZPO für die Vollstreckbarerklärung zuständig. Nach § 1062 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das OLG zuständig, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt. In der Schiedsvereinbarung, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22.12.1997 (BGBl. 1 S. 3224) betroffen wurde, ist kein Gericht bezeichnet. Die Parteien haben einen Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1043 Abs. 1 ZPO nicht vereinbart. Auch das Schiedsgericht, das jedenfalls nach § 1043 Abs. 1 n.F. ZPO dazu befugt gewesen wäre, hat einen Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens nicht bestimmt, was nach § 1039 a.F. ZPO im Schiedsurteil nicht erforderlich war. Es gibt auch keinen bestimmten Ort, an dem das schiedsrichterliche Verfahren stattfand. Das aus zwei Schiedsrichtern bestehende Schiedsgericht entschied im schriftlichen Verfahren, beide Schiedsrichter wohnen in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken. Dadurch werden nicht beide Orte, an denen die Schiedsrichter wohnen, zu Schiedsorten. § 1062 ZPO enthält für einen solchen Fall keine ausdrückliche Regelung. § 1062 Abs. 2 ZPO betrifft Fälle, in denen kein deutscher, sondern ein ausländischer Schiedsort besteht, § 1062 Abs. 3 ZPO die Fälle des § 1025 Abs. 3 ZPO, also gerichtliche Entscheidungen nach §§ 1034, 1035, 1037 und 1038 ZPO. Die Lücke ist durch eine entsprechende Anwendung von § 1062 Abs. 3 ZPO zu schließen. § 1062 Abs. 3 ZPO regelt einen Fall, in dem der Schiedsort regelmäßig noch nicht bestimmt ist. Insoweit bietet sich die Regelung auch dann als Lösung an, wenn der Schiedsort in anderen als den ausdrücklich geregelten Fällen nicht bestimmt ist. Dass danach ein Wahlrecht zwischen dem Gerichtsstand des Schiedsklägers und des Schiedsbeklagten besteht, schließt die entsprechende Anwendung nicht aus. Wenn es vor der Bestimmung eines Schiedsortes nach § 1062 Abs. 3 ZPO ein Wahlrecht gibt, ist kein Grund ersichtlich, warum dieses Wahlrecht nicht auch bestehen soll, wenn sich ein Schiedsort nicht feststellen lässt oder er nicht bestimmt ist, aber die Anwendung des deutschen Verfahrensrechts feststeht. Der Schiedsbeklagte ist in den Verfahren der Vollstreckbarerklärung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der staatlichen Gerichte nicht schutzwürdiger als bei Entscheidungen nach §§ 1034 ff ZPO. Da die ursprüngliche Schiedsklägerin ihren Sitz im Bezirk des OLG Stuttgart hat, ist dieses nach § 1062 Abs. 3 ZPO analog damit für das Verfahren über die Vollstreckbarerklärung zuständig.
2. Der Schiedsspruch ist für die Antragsteller entsprechend § 727 ZPO als Rechtsnachfolger der Schiedsklägerin für vollstreckbar zu erklären. Für die Rechtsnachfolge vor der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. § 727 ZPO ist erst auf den Beschluss, mit dem das Schiedsurteil für vollstreckbar erklärt wird, anzuwenden. Es entspricht jedoch einem praktischen Bedürfnis, dass nicht zuerst der Rechtsvorgänger die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs betreibt und sich daran ein Verfahren nach § 727 ff ZPO anschließt. Deshalb kann bereits im Vollstreckbarerklärungsverfahren § 727 ZPO entsprechend angewendet werden (BGH WM 1969, 671). Damit muss auch der Rechtsnachfolger antragsbefugt sein.
Die Antragsteller sind Rechtsnachfolger der Schiedsklägerin. Sie haben deren Forderung gegen die Schiedsbeklagte durch den Abtretungsvertrag vom 14.5.1997 erworben. Die Abtretungserklärung bezieht sich auf die Ansprüche der Schiedsklägerin gegen die Schiedsbeklagte, über die das Schiedsurteil vom 15.2.1998 erging. Gegenstand des Schiedsverfahrens waren Ansprüche der Schiedsklägerin gegen die Schiedsbeklagte aus einem Bauvorhaben in B. aus der Schlussrechnung. Dies ergibt sich aus dem Tatbestand des Schiedsgerichtsurteils. Abgetreten wurden die Ansprüche der Schiedsklägerin gegen die Schiedsbeklagte aus dem Bauvorhaben aus der Schlussrechnung und damit gerade die Ansprüche, die Gegenstand des Schiedsgerichtsurteils waren.
Die Antragsteller haben die Abtretung durch Vorlage der Originalabtretungsurkunde nachgewiesen. Die Vorlage der Urkunde genügt zum Beweis. Im Vollstreckbarerklärungsverfahren ist nicht, wie in § 727 ZPO, der Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden erforderlich (inzwischen allgemeine Meinung, Stein/Jonas/Schlosser, § 1042 ZPO Rz. 18; unklar Zöller/Gaimer § 1060 ZPO Rz. 8 und 9). Bei einer Titelumschreibung nach § 727 ZPO muss dem Schuldner nicht zwingend rechtliches Gehör gewährt werden. Deshalb sind die Beweisanforderungen für die Rechtsnachfolge in § 727 ZPO mit öffentlich oder öffentlich beglaubigten Urkunden hoch. Im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen wird der Antragsgegner aber nach § 1063 Abs. 1 S. 2 ZPO immer angehört. Es besteht damit kein Grund, höhere Beweisanforderungen als sonst im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu stellen. Für den Nachweis der Abtretung genügte damit die Vorlage des Originals der Abtretungsurkunde, §§ 416, 420 ZPO.
Eine mündliche Verhandlung war nicht erforderlich. Nach § 1063 Abs. 2 ZPO ist die mündliche Verhandlung anzuordnen, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt wird oder wenn Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO ernsthaft in Betracht kommen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, so dass die Entscheidung nach § 1063 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen konnte. Eine mündliche Verhandlung ist auch nicht deshalb erforderlich, weil die Vollstreckbarerklärung für die Rechtsnachfolger der Schiedsklägerin erfolgen soll. Allerdings wird in solchen Fällen, wenn der Nachweis der Rechtsnachfolge nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde geführt wird, teilweise eine mündliche Verhandlung für notwendig erachtet (Stein/Jonas/Schlosser § 1042 Rz. 18; ähnlich Schütze/Tscherning/Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, 2. Aufl., Rz. 531: "regelmäßig geboten"). Dafür gibt es jedoch keinen Grund (Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 27 Rz. 5). Das Gebot des rechtlichen Gehörs des Antragsgegners verlangt keine mündliche Verhandlung. Der Antragsgegner ist vor einer Entscheidung nach § 1063 Abs. 1 S. 2 ZPO immer zu hören. Dabei kann er Einwendungen gegen die Beweisführung des Rechtsnachfolgers vorbringen und wird dies, wie der vorliegende Fall zeigt, auch tun. Jedenfalls wenn der Beweis wie hier durch die Vorlage von Privaturkunden geführt wird, kann der Antragsgegner alle Einwendungen, die in einer mündlichen Verhandlung möglich wären, außerhalb der mündlichen Verhandlung vorbringen.
Summary