1 Sch 6/13


Gericht OLG Stuttgart Aktenzeichen 1 Sch 6/13 Datum 27.12.2013
Leitsatz
Das Aufhebungsverfahren ist kein Rechtsmittel zur Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs. Nur in extremen Ausnahmefällen, in denen die Hinnahme des Schiedsspruchs schlechterdings unerträglich wäre, wäre der ordre public berührt.
Rechtsvorschriften§§ 1054, 1059 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, 1062 Abs. 1 Nr. 4, 1064 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteVollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs; ordre public
Volltext
Beschluss
Geschäftsnummer: 1 Sch 6/13
I. Der von dem Vorsitzenden der Gebührenabteilung der Rechtsanwaltskammer Stuttgart Dr. L als Schiedsgericht am 07.10.2013 in Stuttgart erlassene Schiedsspruch mit dem Wortlaut:
„1. Die Rechtsanwaltsgebührenrechnung des Antragsgegners vom 20.11.2012 in Höhe von 341,78 EUR ist dem Grunde nach und in der Höhe berechtigt. Der Antragsteller ist verpflichtet, 341,78 EUR an den Antragsgegner zu bezahlen.
2. Da die streitige Kostenrechnung des Antragsgegners in voller Höhe berechtigt ist, trägt der Antragsteller die Kosten des Schiedsverfahrens.
3. Die Kosten des Schiedsverfahrens betragen 50 EUR. Diese Kosten hat der Antragsteller in voller Höhe zu bezahlen. Der Antragsgegner hat bereits 25,00 EUR bezahlt, sodass dem Antragsgegner ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 25,00 EUR zusteht.“
wird für vollstreckbar erklärt.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung.
IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 341,78 EUR
Gründe
I.
Der Antragsteller beantragt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches des Schiedsgerichts der Rechtsanwaltskammer Stuttgart.
Der Antragsgegner beauftragte den Antragsteller anlässlich eines Verkehrsunfalls mit der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen. Den Verkehrsunfall nahm das Landratsamt Ludwigsburg zum Anlass, mit Schreiben vom 26.04.2012 eine fachärztliche Begutachtung anzuordnen. Mit E-Mail vom 20.05.2012 übersandte der Antragsgegner dem Antragsteller unter Angabe des Buchungszeichens des behördlichen Bescheids vom 26.04.2012 Unterlagen mit dem Betreff „Landratsamt Ludwigsburg“. In der Folge korrespondierte der Antragsteller bzw. Rechtsanwältin M mit dem Landratsamt Ludwigsburg. Mit Rechnung vom 20.11.2012 berechnete der Antragsteller für diese Tätigkeit 341,78 EUR (1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 3.000 EUR zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer sowie verauslagte Kosten i.H.v. 25,60 EUR).
Der Antragsgegner hat daraufhin das Schiedsgericht der Rechtsanwaltskammer Stuttgart angerufen. Am 20.05.2013/27.05.2013 haben die Parteien eine Schiedsvereinbarung geschlossen. Das Schiedsgericht hat den Anspruch des Antragstellers nach Grund und Höhe für berechtigt gehalten. Wegen der Begründung sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Schiedsspruch Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen.
Er macht geltend, er könne sich an eine Beauftragung im Zusammenhang mit dem Führerscheinverfahren und die Begleichung der Gebühr an das Landratsamt nicht erinnern. Er sei nicht darüber informiert worden, dass die Tätigkeit gegenüber dem Landratsamt zusätzliche Kosten auslöse. Woraus sich der Gegenstandswert von 3.000 EUR ergebe und weshalb Auslagen geltend gemacht werden, könne er nicht nachvollziehen.
II.
Der Schiedsspruch ist gemäß § 1060 ZPO für vollstreckbar zu erklären.
1.
Das OLG Stuttgart ist gemäß § 1062 Abs.1 Nr. 4 ZPO örtlich zuständig, weil der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in seinem Bezirk liegt.
2.
Der Antrag entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 1064 ZPO, der Schiedsspruch selbst denen des § 1054 ZPO.
3.
Aufhebungsgründe gem. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO führt der Antragsgegner nicht an. Auch - von Amts wegen zu berücksichtigende - Aufhebungsgründe gem. § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Gem. § 1059 Abs. 2 Nr. 2b ZPO ist ein Aufhebungsgrund (nur dann) gegeben, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Dies ist nicht der Fall und wird vom Antragsgegner auch nicht begründet geltend gemacht, so dass eine mündliche Verhandlung nicht geboten war (vgl. hierzu Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 1063 Rn. 2). Das Schiedsgericht hat sich mit den Einwänden des Antragsgegners auseinandergesetzt. Abgesehen davon, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts nicht der materiellen Rechtslage entspricht, würde eine bloße Fehlentscheidung für sich gesehen noch keinen Verstoß gegen den ordre public begründen. Es gilt das Verbot der revision au fond. Das Aufhebungsverfahren ist kein Rechtsmittel zur Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs. Nur in extremen Ausnahmefällen, in denen die Hinnahme des Schiedsspruchs schlechterdings unerträglich wäre, wäre der ordre public berührt (Zöller/Geimer, a.a.O., § 1059 Rn. 47).
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Beschlusses aus § 1064 Abs. 2 ZPO.
Summary
The applicant asked the Higher Regional Court of Stuttgart for a declaration of enforceability of an arbitral award. The court declared the award enforceable.
The application was admissible. The competence of the Higher Regional Court of Stuttgart followed from section 1062 subsec. 1 no. 4 of the German Code of Civil Procedure (ZPO), since the place of arbitration was situated in the court’s district. The application met the requirements of section 1064 ZPO and the arbitral award has been made in accordance with section 1054 ZPO.
Grounds for setting aside the award in terms of section 1059 subsec. 2 no. 1 ZPO have not been invoked by the applicant and grounds for setting aside in terms of section 1059 subsec. 2 no. 2 ZPO, which are to be considered ex officio, have not been apparent to the court. The arbitral tribunal has considered the objections of the party opposing the application. It was not apparent to the court that the arbitral tribunal’s decision has not been made in accordance with material law. There was also no evidence that the decision of the arbitral tribunal did not correspond to the material legal situation and a mere wrong decision cannot constitute a violation of the ordre public. In this regard, the court emphasized the prohibition of a révision au fond. The procedure for setting aside is not a legal remedy to verify the substantive correctness of the arbitral award. Only in extremely exceptional cases, in which the acceptance of the arbitral award would be simply intolerable, the ordre public is affected.