2 Sch 02/03


Gericht OLG Frankfurt am Main Aktenzeichen 2 Sch 02/03 Datum 17.05.2004
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines inländischens Schiedsspruchs
Das Schiedsgericht kann gem. § 1058 ZPO auch ohne Antrag einer Partei den nicht eindeutigen Tenor eines Schiedsspruchs neu fassen um etwaigen Bedenken wegen der Vollstreckungsfähigkeit Rechnung zu tragen.
(Ls. der Red.)
Rechtsvorschriften§ 308 Abs. 1 ZPO, § 319 Abs. 1 ZPO, § 1058 ZPO, § 1058 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 1058 Abs. 4 ZPO, § 1059 Abs. 2 Nr. 2b ZPO
FundstelleOLGReport Frankfurt, 2004, 310; SchiedsVZ 2005, 311
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerkl
Volltext
B E S C H L U S S:
Der Berichtigungsbeschluss des Schiedsgerichts vom 9.3.2004, erlassen im schriftlichen Verfahren durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Richter am BGH Dr. R. als Obmann sowie die Schiedsrichter Rechtsanwalt R. und Rechtsanwalt Sp., der wie folgt lautet:
"Der in der vorbezeichneten Sache ergangene Schiedsspruch vom 6.6.2003 wird im Tenor berichtigt und wie folgt neu gefasst:
Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 141.014,30 Euro nebst Zinsen i.H.v. 12 % p.a. seit dem 23.12.2000 Zug um Zug gegen Rückerwerb der von der Schiedsklägerin mit notarieller Urkunde des Notars Dr. R. vom 15.12.2000 erworbenen Teilgeschäftsanteile der p. International GmbH, eingetragen im Handelsregister des AG Bad Homburg v.d. Höhe unter der Nummer ...,"
wird für vorläufig vollstreckbar erklärt (§ 1060 Abs. 1 ZPO).
Der Antrag des Schiedsbeklagten, den Berichtigungsbeschluss des Schiedsgerichts vom 9.3.2004 aufzuheben, wird zurückgewiesen.
Der Schiedsbeklagte hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar (§ 1064 Abs. 2 ZPO).
Die Beschwer beträgt 141.014,30 Euro.
G R Ü N D E:
Das Schiedsgericht hatte in seinem Schiedsspruch vom 6.6.2003 wie folgt erkannt:
Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, den von der Schiedsklägerin mit notarieller Urkunde des Notars R. vom 15.12.2000 erworbenen Teilgeschäftsanteil an der p. GmbH, eingetragen im Handelsregister des AG Bad Homburg v.d. Höhe unter der Nummer HRB …, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 141.014,30 Euro nebst Zinsen i.H.v. 12 % p.a. seit dem 23.12.2000 mit notarieller Urkunde zurückzuerwerben.
Nachdem dieser Schiedsspruch sowie der ergänzende Kostenschiedsspruch desselben Gerichts vom 21.11.2003 vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 12.2.2004 für vorläufig vollstreckbar erklärt worden war, hat die Schiedsklägerin mehrere vorläufige Zahlungsverbote gegen den Schiedsbeklagten erwirken wollen. Das AG in E. hat mit Beschluss vom 11.10.2003 u.a. das Zahlungsverbot der Klägerin ggü. der R. Bank vom 15.9.2003 aufgehoben (Bl. 131 ff. d.A.).
Der sofortigen Beschwerde der Schiedsklägerin vom 20.10.2003 hat das LG Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 3.11.2003 nicht abgeholfen und diese sowie weitere 11 sofortige Beschwerden gegen vorläufige Zahlungsverbote der Schiedsklägerin als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 138 ff. d.A.). Das LG Nürnberg hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil nach seiner Auffassung die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorgelegen haben.
Auf Antrag der Schiedsklägerin, den Schiedsspruch im Tenor zu berichtigen, hat das Schiedsgericht mit Beschluss vom 9.3.2004 (Bl. 114 ff. d.A.) wie folgt erkannt:
Der in der vorbezeichneten Sache ergangene Schiedsspruch vom 6.6.2003 wird im Tenor berichtigt und wie folgt neu gefasst:
Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 141.014,30 Euro nebst Zinsen i.H.v. 12 % p.a. seit dem 23.12.2000 Zug um Zug gegen Rückerwerb der von der Schiedsklägerin mit notarieller Urkunde des Notars R. vom 15.12.2000 erworbenen Teilgeschäftsanteile der p. GmbH, eingetragen im Handelsregister des AG Bad Homburg v.d. Höhe unter der Nummer HRB … .
Mit Schriftsatz vom 15.3.2004 hat die Schiedsklägerin beantragt, den Berichtigungsbeschluss vom 9.3.2004 in Verbindung mit dem Schiedsspruch vom 6.6.2003 für vollstreckbar zu erklären (Bl. 113 d.A.).
Der Schiedsbeklagte hat demgegenüber beantragt:
1. Der Antrag der Schiedsklägerin wird zurückgewiesen.
2. Der Berichtigungsbeschluss des Schiedsgerichts in dem Schiedsverfahren zwischen der A. GmbH und Herrn S. vom 9.3.2004 wird aufgehoben.
Er ist der Auffassung, dass der Berichtigungsbeschluss des Schiedsgerichts vom 9.3.2004 gem. § 1059 Abs. 2 Nr. 2b ZPO wegen Verstoßes gegen den "ordre public" aufzuheben sei. Deshalb sei der Schiedsspruch nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Der Antrag des Schiedsbeklagten, den Berichtigungsbeschluss vom 9.3.2004 für vorläufig vollstreckbar zu erklären, ist zulässig und begründet (§ 1060 Abs. 1 ZPO). Der Antrag des Schiedsbeklagten, den Berichtigungsbeschluss aufzuheben, ist dagegen unbegründet.
Mit zutreffender Begründung hat das Schiedsgericht den Tenor des Schiedsspruchs vom 6.6.2003 mit Beschluss vom 9.3.2004 neu gefasst und berichtigt. Es war hierzu gem. § 1058 Abs. 4 ZPO auch ohne Antrag berechtigt. Aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des ursprünglichen Schiedsspruchs vom 6.6.2003 ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Schiedsbeklagte gegen Zahlung i.H.v. 141.014,30 Euro Zug um Zug den mit notarieller Urkunde des Notars R. vom 15.12.2000 erworbenen Teilgeschäftsanteil an der … GmbH S. zurückzuerwerben habe. Nachdem rechtskräftig durch den Beschluss des LG Nürnberg vom 3.11.2003 die Beschwerden der Schiedsklägerin als unbegründet rechtskräftig zurückgewiesen worden waren, blieb der Schiedsklägerin keine andere Wahl, als beim Schiedsgericht einen Berichtigungsbeschluss zu erwirken.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der ursprüngliche Tenor des Schiedsspruchs vom 6.6.2003 so aufzufassen war, wie ihn das AG in E. im Beschluss vom 11.10.2003 sowie das LG Nürnberg im Beschluss vom 3.11.2003 verstanden hat. Jedenfalls ist aufgrund des Berichtigungsbeschlusses nunmehr klargestellt, dass das erkennende Schiedsgericht bereits im ursprünglichen Schiedsspruch vom 6.6.2003 die nunmehr im Tenor des Beschlusses vom 9.3.2004 genannte Entscheidung hat treffen wollen. Ein Widerspruch hierzu ergibt sich weder aus dem sehr kurzen Tatbestand noch aus den Entscheidungsgründen des ursprünglichen Schiedsspruchs vom 6.6.2003. Vielmehr liegt eine Klarstellung durch den Berichtigungsbeschluss vom 9.3.2004 vor. Die Bestimmung des § 1058 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO stellt klar, dass auch Schiedssprüche berichtigt werden können. Der Gesetzestext des § 1058 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO entspricht im Wesentlichen dem Text des § 319 Abs. 1 ZPO. Vorliegend lag ein "Fehler ähnlicher Art" wie ein Schreibfehler (§ 1058 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO) vor. Zwar war der Tenor der Entscheidung des Schiedsgerichts vom 6.6.2003 nicht unrichtig, doch war er nach Ansicht des LG Nürnberg nicht eindeutig. Gerade für solche Fälle sieht aber § 1058 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO (so auch § 319 Abs. 1 ZPO) eine Berichtigung vor, um zu vermeiden, dass die Parteien einen weiteren Rechtsstreit führen müssen. Der Senat sieht deshalb vorliegend entgegen der Ansicht des Schiedsbeklagten die Voraussetzungen des § 1058 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO als gegeben an. Das Schiedsgericht hatte erkennbar in seinem Beschluss vom 9.3.2004 den Tenor sprachlich so neu gefasst, dass damit den Bedenken des AG E. und des LG N. in den o.g. Beschlüssen nunmehr Rechnung getragen wird. Beide Gerichte hatten einen Zahlungsanspruch i.H.v. 141.014,30 Euro für nicht vollstreckbar gehalten. Durch die nunmehrige Klarstellung des Schiedsgerichts mit seinem Berichtigungsbeschluss vom 9.3.2004 dürfte eine Vollstreckung möglich sein. Einen Widerspruch zwischen Tenor und Entscheidungsgründen vermag der Senat im Gegensatz zum Schiedsbeklagten jedoch nicht zu sehen.
Der Senat ist ferner der Überzeugung, dass der Berichtigungsbeschluss des Schiedsgerichts vom 9.3.2004 auch nicht gegen den "ordre public" (§ 1059 Abs. 2 Ziff. 2 b ZPO) verstößt. Der Senat ist, soweit er eventuelle Verstöße eines Schiedsgerichts gegen den ordre public zu überprüfen hat, vollkommen frei (BGHZ 27, 249 [254]). Allerdings ist ein solcher Verstoß vorliegend nicht erkennbar. Im Übrigen müsste er sogar eine Fehlentscheidung des Schiedsgerichts hinnehmen (BGH v. 15.7.1999 – III ZB 21/98, MDR 1999, 1281), wofür hier gleichfalls keinerlei Gründe ersichtlich sind. Der Berichtigungsbeschluss des Schiedsgerichts vom 9.3.2004 verstößt weder gegen fundamentale Normen noch gegen elementare Gerechtigkeitsprinzipien (s. Zöller/Geimer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 1059 Anm. 55, 56).
Soweit der Schiedsbeklagte im Berichtigungsbeschluss einen Verstoß gegen die sog. Dispositionsmaxime der Parteien sieht (§§ 308 Abs. 1, 528 ZPO), vermag dies der erkennende Senat aus dem sehr kurzen Tatbestand des Schiedsspruchs vom 6.6.2003 so nicht zu erkennen. Hinzu kommt, dass die Schiedsklägerin mit Schriftsatz vom 28.4.2004 vorgetragen hat, dass Gegenstand des Schiedsverfahrens primär die Forderung der Schiedsklägerin auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 141.014,30 Euro nebst Zinsen gewesen sei.
Dem hat der Schiedsbeklagte jedoch nicht widersprochen. Hinzu kommt, dass diese Behauptung des Schiedsbeklagten auch der Begründung im Berichtigungsbeschluss des Schiedsgerichts widerspricht. An die Feststellungen des Schiedsgerichts ist der Senat jedoch gebunden.
Soweit schließlich der Schiedsbeklagte der Ansicht ist, durch den Berichtigungsbeschluss sei ihm das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verwehrt worden, ist ein solcher Verstoß vorliegend deshalb nicht gegeben, weil das Schiedsgericht seine Berichtigung auch ohne Antrag vornehmen durfte (§ 1058 Abs. 4 ZPO) und vorliegend auch vorgenommen hat. Einer vorherigen Anhörung des Schiedsbeklagten bedurfte es deshalb nicht.
Nachdem keinerlei Gründe erkennbar sind, weshalb der Berichtigungsbeschluss vom 9.3.2004 gegen den ordre public verstoßen sollte (§ 1059 Abs. 2 Ziff. 2b ZPO), war der Berichtigungsbeschluss für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 1060 Abs. 1 ZPO) und der Anspruch des Schiedsbeklagten auf Aufhebung des Berichtigungsbeschlusses zurückzuweisen.
Summary
Higher Regional Court (OLG) Frankfurt, Decision of 17 May 2004 - 2 Sch 02/03
Declaration of enforceablity of a correction award pursuat to Sec. 1058 Code of Civil Procedure
R u l i n g:
Pursuant to Sec. 1058 Code of Civil Procedure ( ZPO), even without a request of a party the arbitral tribunal may restate the operative part of an arbitral award to accommodate concerns that the award may not be capable of execution.
F a c t s:
The arbitral award issued by the arbitral tribunal on June, 6, 2004, had the following operative provisions:
"Respondent is ordered to re-acquire that part of the share in p. GmbH which Claimant acquired on December, 15, 2000 by notarial deed of ... versus repayment of the purchase price to Claimant in the amount of 141.014,30 € together with interest in the amount of 12% p.a. since 23 December 2000."
The arbitral award was declared provisionally enforceable by the Higher Regional Court of Frankfurt on 12 February 2004. Claimant subsequently sought to have the award executed by requesting obtain several temporary freezing of payments orders against the respondent. These applications were dismissed by the Local Court of Nuremberg and by the Regional Court of Nuremberg. Both Courts held that the pecuniary claim in the amount of 141.014,30 € was not enforceable due to the operative part of the arbitral award. At the request of Claimant the arbitral tribunal corrected the arbitral award by order of 9 March 2004 as follows:
"Respondent is condemned to repay the purchase price in the amount of 141.014,30 € together with interest in the amount of 12% p.a. since 23 December 2000 to Claimant versus re-acquisition of that part of the share in p. GmbH which Claimant acquired on 15 December 2000 by notarial deed of ...."
On 15 March 2004, Claimant filed an application to declare the correction order of 9 March 2004 as read with the arbitral award of 6 June 2003 enforceable. Respondent moved that the application be dismissed and the correction award be set aside due to a violation of public policy (ordre public).
G r o u n d s:
The Higher Regional Court of Frankfurt declared the order of correction enforceable. The Court held that the award clarified the original intention of the arbitral tribunal. Sec. 1058 sub. 1 No. 1 Code of Civil Procedure (ZPO) makes clear that arbitral awards may be corrected. In this case, there was an "error or similar nature" to a clerical error. Though the operative part of the award (of 6 June 2003) was not erroneous, it was - according to the execution courts - ambiguous. Such cases are envisaged by Sec. 1058 sub. 1 No. 1 ZPO - as Sec. 319 sub. 1 ZPO provides in respect of judgments by state courts) - in order to save parties the need to conduct a further proceeding.
The Court held that there were no violation of public policy apparent from the correction order. Furthermore, the correction order was not in contradiction to the initial award. As by virtue of Sec. 1058 sub. 4 ZPO the arbitral tribunal was entitled to make a correction of the award on its own initiative, it was not required to give Respondent an opportunity to be heard before issuing the order. Accordingly, the request to set aside the correction order was to be dismissed.