III ZR 332/99


Gericht BGH Aktenzeichen III ZR 332/99 Datum 01.02.2001
Leitsatz
Im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche können unter dem Gesichtspunkt des ordre public - vor oder während des Schiedsverfahrens bekannt gewordene - Gründe für die Befangenheit eines Schiedsrichters nur dann geltend gemacht werden, wenn es der betroffenen Partei nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist, die im Schiedsverfahren selbst oder vor den Gerichten des Erlaßstaates bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zu nutzen.
RechtsvorschriftenArt. V Abs. 2 lit. b UNÜ, § 1044 Abs. 1 S.1 ZPO a.F.
FundstelleBB, Beilage 6 zu Heft 31/2001 (RPS), S. 14; Yearbook Comm. Arb'n XXIX (2004), S. 700ff. (708ff.) WM 2001, 787
Aktenzeichen der VorinstanzOLG Stuttg. v. 16.11.98 - 10 U 113/99
StichworteAufhebungsverfahren Anerkennungsverfahren Vollstreckbarerkl
Volltext
T a t b e s t a n d:
Die Antragsgegnerin charterte bei der antragstellenden Reederei Schiffsraum für den Transport von Schweinerümpfen. Der Vertrag wurde nicht ausgeführt. Daraufhin wandte sich die H. M. S. im Auftrag der Antragstellerin mit Telefax vom 26. September 1996 an die Antragsgegnerin. Sie stellte den Schadensfall mit den von der Antragstellerin erhobenen Forderungen im groben dar und wies darauf hin, daß eine abschließende Lösung gegebenenfalls in einem Schiedsverfahren erfolgen müsse. Das Telefax unterzeichnete Captain S. H. "für die Eigentümer (des Schiffes) handelnd".
Als Vergleichsverhandlungen gescheitert waren, betrieb die Antragstellerin das im Chartervertrag in Verbindung mit Nr. 19 lit. a "Gencon" Charter vereinbarte Schiedsverfahren vor der L. M. A. A. und benannte S.H. als Schiedsrichter. Die Antragsgegnerin benannte keinen Schiedsrichter, so daß das nach der Verfahrensordnung der L. M. A. A. vorgesehene Zweier- oder Dreierschiedsgericht nicht zustande kam. Entsprechend der Verfahrensordnung entschied H. als Alleinschiedsrichter. Durch in L. erlassenen Schiedsspruch ("Final Award") vom 19. Mai 1997 verurteilte er die Antragsgegnerin, an die Antragstellerin 74.949,35 US-Dollar zuzüglich Zinsen in Höhe von 8,25 % seit dem 1. Oktober 1996 bis zum Datum des Schiedsspruchs zu zahlen.
Die Antragstellerin hat die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt. Landgericht und Berufungsgericht haben den
Antrag abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.
En t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die Revision ist überwiegend begründet. Sie führt zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs.
I.
Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:


Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs richte sich nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121, im folgenden UNÜ) und scheitere an dessen Art. V Abs. 2 lit. b. Der Schiedsspruch verstoße gegen den ordre public. Hierzu zählten die Unparteilichkeit und Neutralität des Schiedsrichters. Sie seien im Streitfall nicht gewahrt gewesen. Für die Antragsgegnerin sei bei nüchterner Betrachtung der Argwohn berechtigt gewesen, Schiedsrichter H. könne wegen vorheriger Befassung mit der Angelegenheit als Interessenvertreter der Antragstellerin nicht mehr hinreichend unbefangen agieren.


II.


Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Prüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.


1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin zu folgen, daß das UNÜ für die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs maßgeblich ist. Das ergibt sich aus § 1044 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.; der vom Berufungsgericht herangezogene § 1061 Abs. 2 (gemeint ist wohl Absatz 1) ZPO n.F. ist hier noch nicht anwendbar. Denn der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist am 15. Dezember 1997, also vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts (Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz - SchiedsVfG) vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224) am 1. Januar 1998, anhängig geworden (vgl. Art. 4 § 1 Abs. 3 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 SchiedsVfG).


Gemäß § 1044 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. wird ein ausländischer Schiedsspruch in dem für inländische Schiedssprüche vorgeschriebenen Verfahren für vollstreckbar erklärt, soweit nicht Staatsverträge ein anderes bestimmen.


a) Bei dem vorliegenden Schiedsspruch des Schiedsrichters H. handelt es sich um einen ausländischen. Das nach altem Recht maßgebliche Begriffsmerkmal, durch das ausländische Schiedssprüche sich von inländischen unterscheiden, liegt nach herrschender Meinung darin, daß sie "ausländischem Verfahrensrecht unterstehen" (BGHZ 21, 365, 367; Senatsurteile BGHZ 96, 40, 41 und vom 14. April 1988 - III ZR 12/87 - NJW 1988, 3090, 3091; Musielak/Voit, ZPO 1. Aufl. 1999 § 1044 a.F. Rn. 5; Zöller/Geimer, ZPO 20. Aufl. 1999 § 1044 Rn. 4; s. auch Stein/Jonas/Schlosser, ZPO 21. Aufl. 1994 § 1044 Rn. 10). Das war im Streitfall so. Der Schiedsspruch hat, wie das Berufungsgericht - unangefochten von den Parteien - zugrunde gelegt hat, den englischen Schiedsgerichtsgesetzen ("Schiedsgerichtsgesetze[n] von 1950 und 1979 <"Arbitration Acts 1950 and 1979"> oder einer dann gültigen gesetzlichen Änderung oder Neufassung dieser Gesetze", vgl. Nr. 19 lit. a Abs. 1 Satz 1 "Gencon" Charter in Verbindung mit Nr. 25 des Chartervertrages) unterstanden. Auch soweit der Gegenauffassung (Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 5. Aufl. 1995 Kap. 30 Rn. 6; vgl. auch § 1025 ZPO n.F.) zu folgen wäre, wonach für die Unterscheidung von in- und ausländischen Schiedssprüchen der Schiedsort entscheidend sein soll, läge ein englischer Schiedsspruch vor. Denn L. /England ist Schiedsort gewesen.


b) Dem nationalen Recht geht das UNÜ als Staatsvertrag, der im Sinne des § 1044 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. ein anderes bestimmt, vor. Dessen Anwendung ist eröffnet. In der Bundesrepublik Deutschland kann jeder Schiedsspruch, der - wie der vorliegende Schiedsspruch der L. M. A. A. - von einem Schiedsgericht mit Sitz im Ausland erlassen worden ist, nach dem UNÜ anerkannt und vollstreckt werden (vgl. Art. I Abs. 1 Satz 1 UNÜ). Die Bundesrepublik Deutschland hat den Vertragsstaatenvorbehalt des Art. I Abs. 3 Satz 1 UNÜ zurückgezogen (BGBl. 1999 II S. 7, vgl. Musielak/Voit, ZPO 2. Aufl. 2000 § 1061 Rn. 7 Fn. 26 a.E.; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 6. Aufl. 2000 Kap. 30 Rn. 1).


2. Das Berufungsurteil enthält keine Ausführungen dazu, ob die Antragstellerin den formellen Antragserfordernissen des Art. IV UNÜ nachgekommen ist. Die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung ergibt, daß diesen Prozeßvoraussetzungen Genüge getan ist. Die Antragstellerin hat zugleich mit dem Antrag eine Abschrift des Schiedsspruchs nebst Übersetzung durch einen allgemein beeidigten Dolmetscher (Art. IV Abs. 1 lit. a, Abs. 2 UNÜ) sowie eine Abschrift der Schiedsvereinbarung nebst Übersetzung durch einen allgemein beeidigten Dolmetscher (Art. IV Abs. 1 lit. b, Abs. 2 UNÜ) vorgelegt. Möglicherweise bestehende Legalisationsmängel des Schiedsspruchs wären unschädlich. Denn die Existenz und die Authentizität des abschriftlich mitgeteilten Schiedsspruchs sind unstreitig (vgl. Senatsbeschluß vom 17. August 2000 - III ZB 43/99 - NJW 2000, 3650 f).


3. Gründe, die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs gemäß Art. V Abs. 1 UNÜ zu versagen - die vom Gericht nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie von der Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, vorgetragen und bewiesen werden (vgl. Bredow in Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der Internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen Art. V UNÜ Erl. 1; Stein/Jonas/Schlosser aaO Anhang zu § 1044 Rn. 56; Gottwald in MünchKomm ZPO 1992 Schlußanhang IZPR Art. 5 UNÜ Rn. 1) -, sind nicht gegeben.


a) Die Antragsgegnerin hat - erstmals mit der Revisionserwiderung - geltend gemacht, ihr Verhalten, insbesondere ihre Nichteinlassung im Schiedsverfahren, könne als Kündigung der Schiedsabrede aus wichtigem Grund ausgelegt werden. Sie hebt damit auf Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ ab. Danach darf die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, unter anderem versagt werden, wenn diese Partei den Beweis erbringt, daß die Schiedsvereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben, ungültig ist. Darauf hat sich die Antragsgegnerin jedoch nicht, wie zu fordern ist (vgl. Gottwald aaO Rn. 5), substantiiert berufen. Die Revisionserwiderung hat nicht auf Sachvortrag verwiesen, wonach die Antragsgegnerin nach dem hier maßgeblichen englischen Recht (vgl. Nr. 19 lit. a Abs. 1 Satz 1 "Gencon" Charter i.V.m. Nr. 25 des Chartervertrages) zur Kündigung der Schiedsvereinbarung berechtigt gewesen und die Kündigungserklärung in der Nichtbeteiligung an dem Schiedsverfahren zu sehen sei. Entsprechender Vortrag kann im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden.


b) Das Berufungsgericht hat auch den Anerkennungsversagungsgrund des Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ zu Recht verneint. Die Vorschrift gestattet, die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, wenn die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, den Beweis erbringt, von der Bestellung des Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Antragsgegnerin jedenfalls über ihre K. Rechtsanwältin T. zeit- und formgerecht in Kenntnis gesetzt worden. Die hiergegen von der Revisionserwiderung erhobenen Gegenrügen erachtet der Senat nicht für durchgreifend. Von einer Begründung wird gemäß § 565 a Satz 1 ZPO abgesehen.


4. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts widerspricht jedoch die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht der deutschen öffentlichen Ordnung, so daß auch der Versagungsgrund des Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ nicht vorliegt.


a) Zutreffend hat das Berufungsgericht im Anschluß an das Senatsurteil BGHZ 98, 70, 75 f ein gegen den ordre public (international) verstoßendes Verfahren (Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ) insoweit verneint, als der von der Antragstellerin benannte Schiedsrichter H. wegen Nennungssäumnis der Antragsgegnerin als Einzelschiedsrichter entschieden hat. Die Revisionserwiderung macht demgegenüber geltend, die mit Telefax der P.I.S. B.V. (künftig: P.) vom 4. März 1997 der Antragsgegnerin gesetzte Frist von sieben Tagen für die Benennung eines zweiten Schiedsrichters habe den vereinbarten schiedsrichterlichen Bestimmungen nicht entsprochen. Nr. 19 lit. a Abs. 1 letzter Satz "Gencon" Charter sehe eine Benennungsfrist von 14 Tagen vor. Diese Rüge ist indessen unbegründet. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Fortgang des Verfahrens mit dem nach Nennungssäumnis der Antragsgegnerin als Einzelschiedsrichter verbliebenen von der Antragstellerin benannten Schiedsrichter habe der zugrundeliegenden Verfahrensordnung entsprochen. Die Revisionserwiderung hat diese Feststellung nicht mit der Aufklärungsrüge (§ 293 ZPO) angegriffen. Die im Interesse der Verfahrensbeschleunigung knapp bemessene, aber noch hinnehmbare (vgl. Senatsurteil BGHZ 98, 70, 76) Frist von sieben Tagen beruht ersichtlich auf dem englischen Schiedsgerichtsgesetz (Arbitration Act of 1996, vgl. Telefax von P. vom 4. März 1996). Die Revisionserwiderung hat sich demgegenüber nicht auf Vortrag der Antragsgegnerin berufen, wonach englisches Recht bestimme, daß die in Nr. 19 lit. a Abs. 1 letzter Satz "Gencon" Charter getroffene Fristenregelung Vorrang vor derjenigen im englischen Schiedsgerichtsgesetz ("Arbitration Act 1996") genieße.


Ob die Benennung des Schiedsrichters H. den Formerfordernissen des Abschnitts 76 Absatz 4 der Arbitration Act 1996 nicht entsprach, weil sie statt durch Brief mittels Telefax erfolgte, kann dahinstehen. Die Formverletzung wäre jedenfalls nicht anstößig.


b) Das Berufungsgericht hat den ordre public-Verstoß darin gesehen, daß die Unparteilichkeit des Schiedsrichters nicht hinreichend gegeben gewesen sei. Die Antragsgegnerin habe argwöhnen dürfen, Schiedsrichter H. sei befangen, weil er als Interessenvertreter der Antragstellerin mit dem Sachverhalt vorbefaßt gewesen sei. Es sei unerheblich, ob und aus welchen Gründen die Antragsgegnerin gegen den von Schiedsrichter H. erlassenen Schiedsspruch keine Schritte in dem dortigen Verfahren und nach dortigem Verfahrensrecht unternommen habe.


Diese Begründung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.


aa) Die Befangenheit eines Schiedsrichters kann sich im Verfahren über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche nur auswirken, wenn entweder die benachteiligte Partei nach dem maßgebenden ausländischen Recht ihretwegen die Aufhebung des Schiedsspruchs noch verlangen könnte (vgl. BGHZ 52, 184, 189) oder die Anerkennung des Schiedsspruchs ihretwegen zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ, § 1044 Abs. 2 Nr. 2 ZPO a.F., Senatsbeschluß vom 12. Juli 1990 - III ZR 218/89 - BGHR ZPO § 1044 Abs. 2 Nr. 2 Befangenheit 1). Letzteres ist zu verneinen, wenn die Befangenheit im Ursprungsland des Schiedsspruchs vor einem staatlichen Gericht geltend gemacht werden konnte, das im wesentlichen nach den gleichen Grundsätzen entscheidet, die nach deutschem Recht für die Berücksichtigung der Befangenheit gelten (Senatsbeschluß vom 12. Juli 1990 aaO; ähnlich Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit 2. Aufl. 1999 Rn. 539). Denn der Begriff der Befangenheit und ihre Wirkungen richten sich zunächst nach dem Verfahrensrecht, nach dem der Schiedsspruch ergangen ist. Dieser Rechtslage entspricht es am besten, wenn die Befangenheit zunächst im Ursprungsland des Schiedsspruchs geltend gemacht wird. Nur wenn dies nicht möglich war oder ohne Erfolg versucht worden ist, kann zur Prüfung gestellt werden, ob die Anerkennung des Schiedsspruchs aus diesem Grund zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ, § 1044 Abs. 2 Nr. 2 ZPO a.F.; vgl. Senatsbeschluß vom 12. Juli 1990 aaO, Maier in MünchKomm ZPO 1992 § 1044 Rn. 12, Schwab/Walter aaO Kap. 49 Rn. 5). Außerdem muß der in der Mitwirkung eines befangenen Schiedsrichters liegende Verstoß gegen das Gebot überparteilicher Rechtspflege sich im schiedsrichterlichen Verfahren konkret ausgewirkt haben; es muß nachgewiesen sein, daß der befangene Schiedsrichter gegenüber einer Partei voreingenommen war und sich bei seiner Entscheidung hiervon hat leiten lassen (Senatsurteil BGHZ 98, 70, 75 zu Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ; Senatsbeschluß vom 12. Juli 1990 aaO; Maier aaO Rn. 11).


bb) Nach diesen Grundsätzen kann die von dem Berufungsgericht für berechtigt gehaltene Besorgnis der Befangenheit des Schiedsrichters H. im Verfahren der Vollstreckbarerklärung nicht berücksichtigt werden.


Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß nach englischem Recht ein Schiedsrichter, bei dem Zweifel an seiner Unparteilichkeit bestehen, auf Antrag einer Partei durch das staatliche Gericht abberufen werden kann (Abschnitt 24 Absatz 1 lit. a Arbitration Act 1996). Zudem kann der Schiedsspruch innerhalb einer Frist vor dem staatlichen Gericht angefochten werden (Abschnitt 68 Absatz 1 und Abschnitt 70 Absatz 3 Arbitration Act 1996). Die Antragsgegnerin hatte nach der unangegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts ferner das Recht, den Schiedsspruch in einem zweitinstanzlichen Verfahren zur Überprüfung zu stellen. Sie hat diese Rechtsbehelfe unstreitig nicht genutzt, obwohl sie von Beginn des Schiedsverfahrens an Kenntnis von der Vorbefassung des Schiedsrichters H. gehabt hat. Eventuelle Hinderungsgründe werden von der Revisionserwiderung nicht geltend gemacht; sie hebt auf den Gesichtspunkt der richterlichen Neutralität ab, der ein so grundlegender Bestandteil des ordre public sei, daß die Besorgnis der Befangenheit stets, unabhängig von der Verfristung erststaatlicher Rechtsbehelfe, die Vollstreckbarerklärung hindere. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Ablehnungsrecht auch im ordentlichen Zivilprozeß zeitlichen Schranken unterliegt (vgl. Senatsurteil BGHZ 141, 90, 93). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof - im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 145, 171 f; 148, 1) - für den inländischen Schiedsspruch entschieden, daß die Ablehnung eines Schiedsrichters bereits im schiedsrichterlichen Verfahren erklärt werden müsse. Nach der Niederlegung des Schiedsspruchs (§ 1039 Abs. 3 ZPO a.F.) sei für eine Ablehnung kein Raum mehr. Im Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren könnten die - vor oder während des Schiedsverfahrens bekannt gewordenen - Ablehnungsgründe nur geltend gemacht werden, wenn es der betroffenen Partei nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sei, das Ablehnungsverfahren gemäß § 1045 ZPO a.F. zu betreiben (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1951 - II ZR 99/51 - NJW 1952, 27, insoweit in BGHZ 3, 215 nicht abgedruckt; BGHZ 7, 187, 194; 24, 1, 5 ff; 40, 342, 343; vgl. auch BGHZ 141, 90, 94 f). Um so weniger kann bei einem ausländischen Schiedsspruch, der dem weniger strengen Regime des ordre public international unterliegt (vgl. Senatsurteile BGHZ 98, 70, 73 f und 110, 104, 106 f), angenommen werden, solche Ablehnungsgründe führten stets zur Versagung der Anerkennung und Vollstreckung. Es erscheint vielmehr sachgerecht, die Partei, die einen Ablehnungsgrund geltend macht, grundsätzlich auf die Rechtsschutzmöglichkeiten zu verweisen, die nach dem Recht des Schiedsverfahrens - im Schiedsverfahren selbst bzw. vor den Gerichten des Erlaßstaates - bestehen.


5. Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung schließlich auf vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) und den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), die der Vollstreckbarerklärung entgegenstünden. Diese Generalklauseln des materiellen deutschen Rechts sind hier schon deshalb nicht anwendbar, weil die Parteien die aus dem Chartervertrag herrührenden Rechtsbeziehungen insgesamt englischem Recht unterstellt haben (vgl. Nr. 19 lit. a Abs. 1 Satz 1 "Gencon" Charter i.V.m. Nr. 25 des Chartervertrages). Vergleichbare Rechtsinstitute nach englischem Recht sind weder festgestellt noch vorgetragen worden.
Summary
BGH (Federal Court of Justice), Judgment of February 1, 2001 - III ZR 332/99
Recognition/Enforcement of foreign arbitral award
R u l i n g:
In proceedings for the recognition and enforcement of foreign arbitral awards a party may only rely on ordre public grounds relating to the bias of an arbitrator - of which it became aware before or during the arbitral proceedings - if it could not, or could not reasonably be expected to resort to the remedies available in the arbitration itself, or before the courts of the state in which the arbitral award was issued.
F a c t s:
The defendant chartered freight space from the applicant, but the contract was never performed. H.M.S., on behalf of the applicant, sought damages from the defendant in a telefax signed by Captain S. H. "on behalf of the owners (of the ship)."
In the ensuing arbitral proceedings conducted before the L.M.A.A. according to the Charter Party and Nr. 19 lit. a of the "Gencon" Charter, the applicant nominated S. H. as arbitrator. The defendant failed to nominate an arbitrator. Pursuant to the L.M.A.A. Rules, S. H. decided the dispute as Sole Arbitrator and ordered the defendant to pay the amount of 74,949.35 US $ plus interest to the applicant.
The applicant sought enforcement of the award. The Landgericht (Regional Court) and Oberlandesgericht (Higher Regional Court) refused enforcement. The BGH (Federal Court of Justice) reversed the previous judgments and allowed enforcement.
G r o u n d s:
Enforcement of the award is granted pursuant to the UN Convention on the Enforcement and Recognition of Foreign Arbitral Awards (UN Convention) as provided for by Section 1044 sub. 1, sentence 1 of the ZPO (German Code of Civil Procedure) - version in force prior to 1 Jan 1998 - as the application for the declaration of enforceability was filed on December 15, 1997, thus prior to the entry into force of the German Arbitration Law 1998 (Sections 1025 - 1066 ZPO).
Prior to 1998, foreign arbitral awards were defined as awards to which foreign procedural law is applicable, in this case the English Arbitration Acts of 1950 and 1979.
The formal requirements of Art. IV UN Convention are met. The lack of authentification of the award was held not to be relevant, since existence and authenticity of the (copy of the) arbitral award were not disputed.
Grounds for refusing enforcement pursuant to Art. V sub. 1 lit a. UN Convention - which must be invoked (and proven) by the party who wishes to rely on them - were not advanced in the proceedings a quo and could therefore not be relied on in the present review (appeal on points of law) proceedings. This applied in particular to the argument that by refusing to participate in the proceedings, the defendant had rescinded the arbitration agreement, and that the arbitration agreement was therefore not valid under the law to which the parties had subjected it (here: No. 19 lit. a sub. 1, phrase 1 "Gencon" Charter read with No. 25 of the Charter Party), which was first advanced and without sufficient proof in the review proceedings.
The defendant was held to have been duly notified of the proceedings (Art. V sub. 1 lit. b UN Convention).
Enforcement of the award did not constitute a violation of the ordre public (international) pursuant to Art. V sub. 2 lit. b UN Convention.
In respect of the reduction of the time-limit for nominating an arbitrator from 14 days (as provided for by Nr. 19 lit. a para. 1, last sentence of the "Gencon" Charter) to 7 days by P.I.S. B.V., the Court held that the delay, though short (for the purpose of expediting proceedings), was not unreasonable and evidently based on English procedural law. In any event, the defendant had not relied in the review proceedings on Nr. 19 of the "Gencon" Charter taking precedence over the provisions of the Arbitration Act (of 1996).
The bias of an arbitrator can only have a bearing on the enforcement proceedings if the affected party can still apply for the setting aside of the award (due to such bias) in the country whose procedural law applies or if the recognition of the award would lead to a result which is patently irreconcilable with the basic tenets of German law (BGH, III ZR 218/98). The latter must be denied if the bias could have been invoked in the country of origin before the state courts, which would have decided essentially on the same grounds as are applied by German law to issues of bias.
The notion of bias is primarily determined by the procedural law pursuant to which the award was issued. Therefore, the bias must first be raised in the country of origin. Only if this was not possible or was attempted without success, there is scope to examine if the recognition of the award would lead to a result which is patently irreconcilable with the basic tenets of German law.
In addition, the participation of the biased arbitrator must have resulted in specific prejudice, i.e. evidence must be provided that the arbitrator was biased towards one party and had been biased in his decision.
It was common cause between the parties that English law provides remedies with regard to the bias of an arbitrator. No reasons were given why the defendant did not avail himself of these remedies.
Finally, the defendant was not able to rely on German catch-all provisions, "vorsätzliche sittenwidrige Schädigung" (intentional prejudice in violation of public policy) - Sec. 826 BGB (Civil Law Code) or "Treu und Glauben" (good faith) - Sec. 242 BGB, as English law was applicable to the charter and no argument was put forward that similar notions existed in English law.
The case concerns the question whether a challenge based on the arbitrator’s lack of independence can be raised in the enforcement proceedings in Germany within the framework of the ordre public defence if the party has not made use of its right to challenge the award in the country where it was rendered.
The case arose out of a charter party, providing for dispute settlement by arbitration in London. Claimant appointed the person which had conducted the settlement negotiation on its behalf as its arbitrator. Since Respondent did not make any appointment under the chosen rules the arbitrator appointed by Claimant decided as a sole arbitrator. When Claimant tried to have the ensuing award in its favour declared enforceable in Germany, Respondent submitted that due to the arbitrator’s lack of impartiality enforcement would be contrary to public policy. The lower courts accepted this argumentation.
On appeal the Supreme Court declared the award enforceable. Concerning the lack of impartiality the Court held, that under German law this defence must generally be raised before an award has been rendered. In proceedings to recognize a foreign award and declare it enforceable the alleged partiality of an arbitrator may only be raised as a defence in two situations: the award must either still be open for challenge for the arbitrator’s lack of impartiality in the country where it was rendered or the recognition of the award must be incompatible with fundamental principles of German law.
In dealing with the second option the Court found that a violation of these fundamental principles was generally excluded if the law of the place of arbitration offers effective and sufficient protection against a biased arbitrator, but a party makes not use of the available remedies. Determination of "partiality" and the consequences of this finding were in the first place governed by the procedural law of the place in which the arbitral award has been rendered. Consequently parties were primarily referred to the remedies available under the law governing the arbitration, either during the arbitral proceedings or before the state courts of the place the award is rendered. Only if this had not been possible or remained unsuccessful, a German court could discuss whether the recognition of the foreign award would infringe the German ordre public. Since in the present case Respondent had not made any use of the remedies available the recognition of the award would not violate public policy.