1 Sch 04/06


Gericht OLG Rostock Aktenzeichen 1 Sch 04/06 Datum 18.09.2007
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs
1. Hat der Tenor des Schiedsspruchs keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, ergibt sich dieser jedoch durch Auslegung unter Berücksichtigung der gestellten Anträge, kann der Schiedsspruch mit entsprechender Maßgabe für vollstreckbar erklärt werden.
2. Die Begründung eines Schiedsspruchs muss lediglich gewissen Mindestanforderungen entsprechen; die für Urteile staatlicher Gerichte geltenden Maßstäbe sind nicht anzuwenden.
3. Auch bei Geltendmachung eines Verstoßes der schiedsgerichtlichen Entscheidung gegen § 138 BGB ist das staatliche Gericht auf die Prüfung beschränkt, ob das Schiedsgericht auf der Basis einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung zu einem rechtlich nachvollziehbaren Ergebnis gekommen ist.
(Leitsätze der Redaktion)
Rechtsvorschriften§ 1054 ZPO, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO, § 1060 ZPO, § 1063 Abs. 3 ZPO
§ 138 BGB
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, inländisch; - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - nicht ordnungsgemäßes Verfahren, fehlende Begründung; - ordre public; - r
Volltext
B E S C H L U S S:
1. Der als "Urteil im Schiedsgerichtsverfahren XXX bezeichnete Schiedsspruch der Schiedsrichter vom 31.05.2006 wird mit der Maßgabe für vollstreckbar erklärt, dass der Antragsgegner verurteilt wird, an den Antragsteller einen Betrag in Höhe von 273.839,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2 004 zu zahlen und die Kosten des Schiedsverfahrens der Antragsgegner trägt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Wert des Gegenstandes wird auf 273.839,70 Euro festgesetzt.
G r ü n d e:
A.
Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche nach der Auflösung einer Steuerberater-Sozietät. Das Schiedsgericht, dem diese Streitigkeiten durch den Sozietätsvertrag zugewiesen worden sind/ hat mit dem streitgegenständlichen Schiedsspruch (als "Urteil" bezeichnet) den Antragsgegner antragsgemäß verurteilt, an den Antragsteller 273.839,70 Euro nebst Zinsen zu bezahlen. Letzterer beantragt nunmehr die Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruchs. Der Antragsgegner seinerseits begehrt - neben der Abweisung dieses Antrages - die Aufhebung des Schiedsspruchs.
Mit Vertrag vom 23.08.1995 wurde der Antragsgegner jedenfalls ab 01.01.1996 - noch vor seiner Zulassung als Steuerberater - als Steuersachbearbeiter in der "Außenstelle Rügen" des Steuerberatungsbüro des (damals in 33 034 Brakel ansässigen) Antragstellers angestellt. Ende 1996/Anfang 1997 erwarben die Parteien das Steuerberatungsbüro des Steuerberaters K. in Stralsund, wobei der Antragsteller zunächst 51 %, der Antragsgegner 4 7 % sowie Herr K. 2 % der Anteile hielten. Über "die zu gewährenden Tätigkeitsvergütungen und der Gewinnverteilung im Rahmen der Sozietät K./B./O. schlossen die Parteien am 26.01. /29.01.1997 eine Vereinbarung. Danach sollte die Steuerberatungspraxis K. bis zum 31.12.1997 als selbständiges Steuerberatungsbüro der Sozietät B./O. fortgeführt und sodann - unter Verlegung nach Rügen - mit dem (dort ansässigen) Steuerberatungsbüro O. als "einheitliches Steuerberatungsbüro der Sozietät B./O. geführt werden. Der Anstellungsvertrag vom 23.08.1995 wurde teilweise aufgehoben. In § 2 der Vereinbarung trafen die Parteien eine Vergütungsregelung, wonach der Antragsgegner eine "Vorwegvergütung" (von monatlich 10.000,00 DM) sowie eine "zusätzliche Tätigkeitsvergütung" (in Höhe der Differenz zwischen den gesamten, näher definierten Personalkosten und 6 0 % des im jeweiligen Kalenderjahres erzielten Umsatzes) erhielt. Außerdem wurden Regelungen zu Gewinnermittlung und -Verteilung getroffen. Zum 01.01.1998 erwarben die Parteien je zur Hälfte den Anteil des Steuerberaters K.. Unter Berücksichtigung der jeweils angesetzten Praxiswerte und des - im Alleineigentum des Antragstellers stehenden - Steuerberatungsbüros Bergen wurden die Anteile auf 23 % für den Antragsgegner und 77 % für den Antragsteller festgesetzt.
Mit Wirkung vom 01.04.1998 schlossen sich die Parteien zu der Sozietät "B. & O.“ sollte das bisher als selbständige Praxis geführte Steuerberatungsbüro K./B./O. in Stralsund und das Steuerberatungsbüro O. in B. sein. Die Verteilung der Anteile blieb bei 77 % und 23 % bestehen. Die erforderlichen vertraglichen Regelungen wurden in zwei jeweils unter dem 24.07. / 14.08.1998 unterzeichneten Vereinbarungen getroffen, wobei die eine als "Sozietätsvertrag" sowie die andere als "Ausführungsvereinbarungen zum Sozietätsvertrag vom 06.03.1998" bezeichnet wurden. Ein Vertrag mit Datum 06.03.1998 befindet sich indes nicht bei den Akten. Die "Ausführungsvereinbarungen" sollten im Innenverhältnis gelten, die "Kurzfassung vom 06.03.1998" im Außenverhältnis. Beide Verträge enthalten Bestimmungen zur Gewinnermittlung und -Verteilung sowie für eine Vorwegvergütung des Antragsgegners, daneben auch Regelungen zu Dauer, Verlängerung und Auseinandersetzung der Sozietät.
Der Antragsgegner (allein) erwarb mit undatiertem Vertrag zum 01.11.2001 die Steuerberatungspraxis der Steuerberaterin R. in Stralsund, ohne den Antragsteller hiervon zu Unterrichten oder seine Zustimmung einzuholen.
Spätestens im Jahr 2003 kam es zum Zerwürfnis zwischen den Parteien, wobei der Antragsteller dem Antragsgegner u. a. unberechtigte Entnahmen sowie Veruntreuung von Geldern vorwarf. Mit Schreiben vom 11.06.2003 kündigte der Antragsteller die Sozietät fristlos, was der Antragsgegner nicht anerkannte. Im Rahmen eines vom Antragsgegner angestrengten Rechtsstreits vor dem Landgericht Stralsund - 4 O 22 0/03 - schlossen die Parteien im Termin vom 27.06.2003 einen Vergleich. Darin einigten sie sich u. a. darauf, dass die Sozietät zum 11.06.2 003 geendet habe und zu diesem Datum eine Abschlussbilanz gefertigt werde. In dieser sollten die Praxiswerte der Praxis in Bergen und - falls es hierauf ankommen sollte - der vom Antragsgegner in Stralsund betriebenen Kanzlei jeweils mit 0,00 Euro angesetzt werden.
In den Vereinbarungen vom 24.07./14.08.1998 hatten die Parteien jeweils auch einen Schiedsvertrag geschlossen, nach dem Streitigkeiten aus diesen Verträgen vor einem aus drei Steuerberatern bestehenden Schiedsgericht geschlichtet werden sollten.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 22.11.2004 leitete der Antragsteller das Schiedsverfahren ein und beantragte zunächst, den Antragsgegner zur Zahlung eines Betrages von 175.775,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über BZS zu verurteilen. Zur Begründung legte er eine von ihm - dem Antragsteller - erstellte Auseinandersetzungsbilanz vor.
Nach einer konstituierenden Sitzung des Schiedsgerichts am 09.03.2005 trugen beide Parteien weiter vor. Der Antragsgegner legte dabei mit Schriftsatz vom 16.03.2005 eine eigene Abschlussbilanz vor. Danach stehe ihm ein Ausgleichsanspruch gegen den Antragsteller in Höhe von 377.134,94 Euro zu.
Anschließend wurde am 17.03.2005 in Rostock eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Ausweislich des Protokolls wurde Übereinstimmung über die Gewinnermittlung für die Jahre 1997 bis 2000 erzielt. Für die Jahre 2001 bis 2003 bestanden in den Berechnungen der beiden Parteien Differenzen/ wobei ein Teilbetrag für das Jahr 2001 geklärt werden konnte. Die übrigen Differenzen ergaben sich aus der Behandlung der Praxis in Stralsund, die der Antragsgegner als Einlage in die Sozietät ansah und bei der Auseinandersetzungsbilanz entsprechend berücksichtigte, während der Antragsteller dies ablehnte. Außerdem blieben Fragen zur Vorwegvergütung und der Kapitalkontenentwicklung strittig.
Mit im Termin überreichten Schriftsatz vom 16.03.2005 erweiterte der Antragsteller seine Klage auf 273.839,70 Euro nebst Zinsen und bezog sich dabei u. a. auf die vom Antragsgegner vorgelegten Zahlen sowie Bescheide über nachzuzahlende Umsatzsteuer.
Der Antragsgegner nahm mit Schriftsatz vom 15.04.2005 ausführlich Stellung und beantragte Klagabweisung. Anschließend wurden weitere Schriftsätze gewechselt.
In einem Beratungstermin am 16.06.2005 bildete sich das Schiedsgericht eine vorläufige Meinung zu verschiedenen strittigen Punkten und unterrichtete die Parteien hiervon sowie über seine Absicht, ein Rechtsgutachten einzuholen.
Dieses erstattete schließlich der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht H. unter dem 30.12.2005 zu der - im Ergebnis verneinten - Frage, ob die vom Antragsgegner erworbene Steuerberatungskanzlei in Stralsund in die Sozietät mit einzubeziehen und demzufolge bei der Auseinandersetzungsbilanz zu berücksichtigen sei.
Das Gutachten wurde den Parteien zu Kenntnis übersandt. Außerdem teilte das Schiedsgericht mit Schreiben vom 25.01.2006 jedenfalls dem Antragsgegner mit, dass es nicht dessen Rechtsauffassung, sondern jener des Antragstellers folge. Der Antragsgegner wurde aufgefordert, unter Berücksichtigung dieser Entscheidung eine neue Berechnung der Auseinandersetzungsbilanz vorzulegen.
Der Antragsteller nahm mit Schriftsätzen vom 14.02. und 22.02.2005 Stellung und legte eine erneute Forderungsberechnung vor, die seinen Angaben zufolge auf den vom Antragsgegner vorgelegten Zahlen und Berechnungen beruhte, die allerdings berichtigt werden müssten. Daraus ergebe sich ein Anspruch des Antragstellers in Höhe von 351.134,94 Euro. Einer ergänzenden Berechnung legte der Antragsteller eigene Zahlen zugrunde und berechnete hieraus einen Anspruch von 363.525,10 Euro, der jedoch nur in der beantragten Höhe von 273.839,70 Euro geltend gemacht werde.
Der Antragsgegner trat dem mit Schriftsatz vom 03.04.2006 abschließend entgegen und blieb bei seiner Auffassung, welche Gewinnermittlung für die Berechnung der Tätigkeitsvergütung zugrunde zu legen sei. Auch dürfe der Praxiswert der bestehenden Einzelpraxis des Antragstellers in Bergen nicht - wie vom Antragsteller vorgenommen - über die Sozietät abgeschrieben werden, da dies dazu führe, dass der Antragsgegner seine Beteiligung an der Sozietät doppelt bezahlen müsse. Nach seiner nunmehr aufgestellten Auseinandersetzungsbilanz ergebe sich eine Forderung gegen den Antragsteller in Höhe von mindestens 21.615,15 Euro.
Das Schiedsgericht hat sodann mit dem "Urteil" vom 31.05.2006 den Antragsgegner entsprechend den Anträgen und der Argumentation des Antragstellers verurteilt. Die Ermittlung der Forderung des Antragstellers - die noch höher als beantragt sei - sei aufgrund des vom Antragsgegner vorgelegten Zahlenwerkes erfolgt. Selbst wenn die - nach Angaben des Antragstellers - noch strittigen Positionen abgezogen würden, bestünde mit 277.718,64 Euro eine den Antrag übersteigende Forderung des Antragstellers, so dass es einer Klärung dieser offenen Fragen nicht bedürfe. Wegen der Begründung im Einzelnen nimmt der Senat auf den Schiedsspruch Bezug.
Der Schiedsspruch wurde den Parteien mit Schreiben des Schiedsgerichts vom 08.06.2006 übersandt.
Der Antragsteller b e a n t r a g t mit Schriftsatz vom 12.06.2006,
den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.
Der Antragsgegner b e a n t r a g t mit Schriftsatz vom 27.07.2006,
den Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung zurückzuweisen
und außerdem
die Aufhebung des Schiedsspruchs.
Zur Begründung trägt er vor:
Der Schiedsspruch sei nicht vollstreckungsfähig, er verstoße gegen den Sozietätsvertrag, wonach das Auseinandersetzungsguthaben in fünf gleichen Jahresraten zu zahlen und geringer zu verzinsen sei, auch sei er nicht ausreichend begründet, die zugrunde gelegten Zahlen stammten nicht von ihm, dem Antragsgegner, und seien nicht nachvollziehbar. Ferner verstoße der Schiedsspruch gegen die deutsche Rechtsordnung, weil er, der Antragsgegner, durch die vom Antragsteller gewählte - und vom Schiedsgericht akzeptierte Berechnungsform {insbesondere der Abschreibung der Einzelpraxis in Bergen über die Sozietät) in sittenwidriger Weise benachteiligt werde.
Der Antragsteller b e a n t r a g t,
den Aufhebungsantrag des Antragsgegners zurückzuweisen.
Auf entsprechenden weiteren Antrag des Antragstellers vom 28.07.2006 hat der Senatsvorsitzende durch Beschluss gemäß § 1063 Abs. 3 ZPO die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch bis zur Entscheidung über die Vollstreckbarkeitserklärung zugelassen.
B.
Der zulässige Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung hat Erfolg, weil - im Verfahren nach § 1060 Abs. 2 ZPO zu prüfende -Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Ein selbständig zu bescheidender Aufhebungsantrag des Antragsgegners nach § 105 9 ZPO ist dagegen nicht gegeben; einem solchen Antrag fehlt nach Einleitung des Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren bereits das Rechtsschutzbedürfnis (Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 1059 Rdnr. 22 m.w.N.).
I.
Die Zulässigkeit des Antrages auf Vollstreckbarkeitserklärung unterliegt Zweifeln nicht.
Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Rostock ergibt sich aus §§ 102 5 Abs. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, da der Schiedsspruch in Rostock erlassen wurde. Der Antragsteller hat mit seinem Antrag den Schiedsspruch im Original vorgelegt, § 1064 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
II.
Der Antrag ist auch begründet.
1. Der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung ist gemäß § 1060 Abs. 2 ZPO unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn ein Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO innerhalb der Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO begründet geltend gemacht wird oder wenn das Gericht einen Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO feststellt.
Das ist hier nicht der Fall.
a) Gründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) - c) hat der Antragsgegner nicht dargelegt.
Soweit der Antragsgegner mit seinem Einwand, dem Schiedsspruch fehle es an einer ausreichenden Begründung, die Verletzung des schiedsgerichtlichen Verfahrens rügen sollte (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d) ZPO), bleibt er damit ohne Erfolg.
Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob dieser Aufhebungsgrund "begründet" geltend gemacht worden ist, der Vortrag des Antragsgegners also den Anforderungen entspricht, die der Bundesgerichtshof zu § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO - zur Darstellung von Revisionsgründen - entwickelt hat (Zöller/Geimer, a.a.O., Rdnr. 33 m.w.N. ) . Ein Verfahrensmangel liegt insoweit nicht vor. Zwar ist der Schiedsspruch zu begründen, § 1054 Abs. 2 ZPO, sofern die Parteien nicht - was hier nicht der Fall ist - auf eine Begründung versichtet haben. Die Begründung muss jedoch lediglich gewissen Mindestanforderungen entsprechen, die für Urteile staatlicher Gerichte geltenden Maßstäbe sind nicht anzuwenden (Zöller/Geimer, a.a.O., § 1054 Rdnr. 8 m.w.N.). So darf sich die Begründung nicht auf inhaltsleere Floskeln beschränken und muss zu den wesentlichen Verteidigungsmitteln der Parteien Stellung nehmen. Das ist hier der Fall. Fehler oder Lücken in der Begründung sind für die Annahme eines Aufhebungsgrundes nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d) ZPO nicht ausreichend (Musielak/Voit, ZPO, 5. Aufl., § 1059 Rdnr. 20).
b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) ZPO.
aa) Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public ist dann anzunehmen, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlage des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens in zwingender, nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhender Weise regelt, oder wenn er zu inländischen Gerechtigkeitsvorstellungen in untragbarem Widerspruch steht (BayObLGR 2005, 105; OLG Dresden SchiedsVZ 2005, 210; OLG Köln SchiedsVZ 2005, 163; BGH NJW 1990, 3210 \[zu § 1041 abs. 1 nr. 2 zpo a.f.]; Zöller/Geimer, a.a.O., § 1059 Rdnr. 55; Musielak/Voit, a.a.O. Rdnr. 25). Dies gilt sowohl in prozessualer als auch in materieller Hinsicht.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat, § 1055 ZPO. Er unterliegt daher grundsätzlich nicht einer inhaltlichen Nachprüfung durch ein staatliches Gericht (Verbot der "revision au fond"). Fehlentscheidungen eines Schiedsgerichts werden ebenso hingenommen wie unanfechtbare Entscheidungen inländischer staatlicher Gerichte. Denn weder das Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO noch das Verfahren nach § 1060 ZPO eröffnen ein Rechtsmittel zur Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs. Nur in extremen Ausnahmefällen, in denen die Hinnahme bzw. Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs unerträglich wäre, greift der ordre public ein. Dementsprechend ist der Schiedsspruch im Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren nicht in allen Einzelheiten auf seine materiell-rechtliche Richtigkeit zu überprüfen, sondern lediglich darauf, ob er die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzt. Die einfache Inhaltskontrolle des Schiedsspruchs ist dem ordentlichen Gericht grundsätzlich versagt (vgl. zum Vorstehenden BGHZ 142, 2 04 = NJW 1999, 2974 = MDR 1999, 1281; BGH NJW 1990, 3210; BayObLG, a.a.O.; Zöller/Geimer, a.a.O. , Rdnr. 74; Kröll NJW 2005, 194 \[197 f. ] m.w.N.).
bb) Ein solcher Verstoß ist vorliegend nicht gegeben.
(1) Eine Verletzung grundlegender Verfahrensnormen ist weder dargetan noch ersichtlich. Dies gilt auch für die angeblich nicht ausreichende Begründung des Schiedsspruchs (vgl. dazu oben a)).
Zwar setzt sich der Schiedsspruch nicht ausdrücklich mit dem Vortrag des Antragsgegners zur Frage der Abschreibung der Einzelpraxis Bergen auseinander. Das ist jedoch auch nicht erforderlich. Aus der Begründung des Schiedsspruchs wird jedenfalls deutlich, dass sich das Schiedsgericht der - von diesem Vortrag abweichenden - Argumentation des Antragstellers angeschlossen hat, so dass insoweit durchaus eine Prüfung erfolgt ist.
Dass die vom Schiedsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Zahlen nicht vom Antragsgegner stammen sollen und im Übrigen nicht nachvollziehbar seien, stellt - selbst wenn dies zuträfe ebenfalls keinen elementaren Rechtsverstoß dar.
(2) Soweit der Antragsgegner rügt, der Schiedsspruch verstoße gegen die Regelungen des Sozietätsvertrages, wonach ein Auseinandersetzungsguthaben in fünf gleichen Jahresraten zu begleichen und geringer zu verzinsen sei, macht er eine einfach-rechtliche Rechtsverletzung geltend. Dies rechtfertigt eine Aufhebung nicht.
(3) Gleiches gilt für den Vorwurf, die vom Schiedsgericht übernommene Berechnungsmethode benachteilige den Antragsgegner in sittenwidriger Weise.
Die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien und damit auch die Frage sowohl der Gewinnermittlung und -Verteilung als auch der Vergütung bestimmen sich nach den zwischen ihnen geschlossenen (Sozietäts-)Verträgen einschließlich der Ausführungsbestimmungen. Bei deren Auslegung und Anwendung handelt es sich grundsätzlich um einfach-materiellrechtliche Rechtsanwendung, die im Verfahren nach § 1060 ZPO nicht überprüfbar ist.
Allerdings ist auch hierbei das grundlegende, u. a. in § 138 BGB normierte Verbot sittenwidriger Rechtsgeschäfte und -ausübung zu beachten. Die Anwendung dieser Norm ist jedoch nicht vollumfänglich überprüfbar. Vielmehr ist auch in diesen Fällen das staatliche Gericht grundsätzlich darauf beschränkt, zu überprüfen, ob das Schiedsgericht auf der Basis einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung zu einem rechtlich nachvollziehbaren Ergebnis gekommen ist. Ist dies der Fall, liegt kein Verstoß gegen den ordre public vor (Kröll a.a.O. unter Hinweis auf eine nicht veröffentlichte Entscheidung des BayObLG - 4 Z Seh 23/02 - vom 20.03.2003).
So liegt es hier:
Das Schiedsgericht hat seiner Entscheidung zum einen die im Verhandlungstermin vom 17.03.2005 unstreitig gestellten Parameter ("handelsrechtliche Ergebnisse") zugrunde gelegt, die auch vom Antragsgegner nicht in Frage gestellt worden sind. Zum anderen hat das Schiedsgericht die Berechnungen des Antragstellers in dessen Schriftsatz vom 14.02.2006 übernommen, die wiederum auf den vom Antragsgegner erstellten Gewinnermittlungen und Kapitalentwicklungen beruhen. Es ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner dabei die Abschreibung der Einzelpraxis entsprechend seiner Auffassung, also abweichend vom Antragsteller vornahm. Darüber hinaus hat das Schiedsgericht zu der ursprünglich strittigen Frage der Berücksichtigung der vom Antragsgegner erworbenen Kanzlei in Stralsund ein Rechtsgutachten eingeholt.
Damit hat das Schiedsgericht eine ausreichende Sachverhaltsaufklärung betrieben, soweit es seine Entscheidung nicht auf unstreitige oder allein von Antragsgegner vorgebrachte Umstände gestützt hat. Einer weiteren Aufklärung noch strittiger Fragen (etwa der Bewertung des Sachanlagevermögens oder die Höhe angeblich veruntreuter Inkassobeträge) bedurfte es nicht, weil nach den vom Schiedsgericht zugrunde gelegten Berechnungen die Ansprüche des Antragstellers auch unter Berücksichtigung dieser Punkte im Sinne des Antragsgegners höher gewesen wären als der vom Antragsteller im Schiedsverfahren geforderte Betrag. Dieses Ergebnis ist auch nachvollziehbar.
Zu den subjektiven Voraussetzungen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 138 Rdnr. 8) einer möglicherweise sittenwidrigen Benachteiligung des Antragsgegners durch das Schiedsgericht hat der Antragsgegner im Übrigen nichts vorgetragen. Dazu hätte vorliegend jedoch auch deswegen Anlass bestanden, weil das Schiedsgericht aus drei Steuerberatern gebildet worden ist, von denen jeweils einer von den beiden Parteien und der Vorsitzende von der Steuerberaterkammer Mecklenburg-Vorpommern benannt wurde. Es ist daher - solange andere Anhaltspunkte fehlen - davon auszugehen, dass das Schiedsgericht in der Lage war, die entscheidungserheblichen Sachverhalte sowie den Vortrag der Parteien in steuerrechtlicher Hinsicht zutreffend zu würdigen. Eine Benachteiligungsabsicht oder ein sonstiges Verhalten, das dem Schiedsgericht zum Vorwurf gemacht. werden könnte, ist nicht feststellbar.
2. Der Vollstreckbarkeitserklärung steht schließlich nicht entgegen, dass der Schiedsspruch nicht über einen Tenor im üblichen Sinn verfügt. Aus der Formulierung:
"Das Schiedsgericht kommt zu nachfolgendem Urteil: Den Anträgen des Antragstellers wird stattgegeben. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner. Das Schiedsgerichtsurteil wird für vollstreckbar erklärt"
lässt sich zwar ein vollstreckungsfähiger Inhalt nicht entnehmen. Der Schiedsspruch ist jedoch der Auslegung zugänglich. Auf den Vorsitzendenbeschluss vom 03.08.2006 wird insoweit Bezug genommen. Danach kann im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der im Schiedsspruch dargestellten Anträge des Antragstellers und der vom Schiedsgericht gegebenen Begründung (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 704 Rdnr. 5 m.w.N.) festgestellt werden, dass das Schiedsgericht den Antragsgegner entsprechend dem zuletzt - mit Schriftsatz vom 16.03.2005 - gestellten Antrag des Antragstellers verurteilen wollte, also zur Zahlung von 273.839,70 Euro nebst Zinsen (da sich die Formulierung in der Antragsschrift: "nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2004" nur auf Zinsen beziehen kann).
Unschädlich ist, dass das Schiedsgericht seinen Spruch für vollstreckbar erklärt hat. Dies bleibt dem Verfahren nach § 1060 ZPO vorbehalten, nötigt jedoch nicht zur Aufhebung des Schiedsspruchs.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes aus § 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 1064 Abs. 2 ZPO.
IV.
Einer gesonderten Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs bedurfte es nicht, da mit der Vollstreckbarkeitserklärung festgestellt wird, dass keiner der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt.
Summary
Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche nach Auflösung einer Steuerberater-Sozietät. Das Schiedsverfahren endete mit einem Schiedsspruch folgenden Inhalts: "Den Anträgen des Antragstellers wird stattgegeben. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner. Das Schiedsgerichtsurteil wird für vollstreckbar erklärt." Der Senat erklärte den Schiedsspruch mit der Maßgabe für vollstreckbar, dass der Antragsgegner an den Antragsteller einen Ausgleichanspruch in Höhe von 273.839,70 Euro zu leisten hat. Zuvor hatte er die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch gemäß § 1063 Abs. 3 ZPO zugelassen.
Den Tenor der Vollstreckbarerklärung begründet der Senat damit, dass sich ein entsprechend vollstreckungsfähiger Inhalt des Schiedsspruchs - im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der in der Begründung des Schiedsspruchs dargestellten Anträge des Antragstellers und der vom Schiedsgericht gegebenen Begründung- ergebe. Unschädlich war in seinen Augen auch, dass das Schiedsgericht seinen eigenen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt hatte.
Die vom Antragsgegner vorgebrachten Aufhebungsgründe konnten nah Ansicht des Senats nicht durchgreifen. Die Begründung des Schiedsspruchs werde den für Schiedssprüche geltenden (gegenüber Urteilen staatlicher Gerichte geringeren) Anforderungen gerecht. Einen Verstoß gegen den ordre public sei ebenfalls nicht zu erkennen. Zwar habe der Schiedsspruch sich nicht ausdrücklich mit einem bestimmten Vorbringen (zur Abschreibung der Einzelpraxis Bergen) auseinandergesetzt. Dies sei jedoch im Hinblick auf den Gesamtduktus der Begründung auch nicht erforderlich gewesen. Dem Vorwurf, die vom Schiedsgericht praktizierte Berechnungsweise der Ausgleichsansprüche benachteilige den Antragsgegner in sittenwidriger Weise, hielt der Senat entgegen, dass das staatliche Gericht auch in den Fällen des
§ 138 BGB auf die Prüfung beschränkt sei, ob das Schiedsgericht auf der Basis einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung zu einem rechtlich nachvollziehbaren Ergebnis gekommen sei (Kröll, NJW 2005, 194, 197 f.). Dies müsse im vorliegenden Fall bejaht werden, zumal bei einem aus drei Steuerberatern bestehenden Schiedsgericht - von denen einer vom Antragsgegner benannt worden war - von einem ausreichenden steuerrechtlichen Sachverstand auszugehen sei.