20 SchH 04/10


Gericht KG Berlin Aktenzeichen 20 SchH 04/10 Datum 10.02.2011
Leitsatz
Rechtsvorschriften
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
B E S C H L U S S
1. Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit folgender Schiedsverfahren:
a) Dis-SV-EA ... / 10 – 01
b) Dis-SV-EA ... / 10 – 02
c) Dis-SV-EA ... / 10 – 03
d) Dis-SV-EA ... / 10 – 04
e) Dis-SV-EA .../ 10 – 05
f) Dis-SV-EA 085 / 10 – 06
g) Dis-SV-EA ... / 10 – 07
h) Dis-SV-EA .../ 10 – 08
i) Dis-SV-EA ... / 10 – 09
j) Dis-SV-EA .../ 10 – 10
k) Dis-SV-EA .../ 10 – 11
l) Dis-SV-EA .../ 10 – 12
m) Dis-SV-EA ... / 10 – 13
n) Dis-SV-EA 093 / 10 – 14
o) Dis-SV-EA .../ 10 – 15
p) Dis-SV-EA .../ 10 – 16
wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
3. Der Verfahrenswert wird auf 5.533.333,33 EUR (1/3 von 16.600.000 EUR) festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin errichtete als Generalunternehmerin für die Antragsgegnerin eine ...fabrik.
Die Parteien schlossen hierzu am 26. August 2002 einen so genannten EPC-Vertrag (Engineering, Procurement, Construction/Planung, Vergabe und Bau). In Ziffer 28.3 des EPC-Vertrages vereinbarten sie, dass Streitigkeiten nach Durchführung von Verhandlungen zur gütlichen Beilegung derselben ausschließlich und abschließend im Wege des Schiedsverfahrens nach der Schiedsordnung der Deutschen Institution für Schiedsbarkeit (DIS) beigelegt werden sollten. Der Ort des Schiedsverfahrens soll B sein.
Nach Abnahme der Zellstofffabrik am 23. März 2005 machte die Antragsgegnerin eine Vielzahl von Mängeln gegenüber der Antragstellerin geltend. Zur gütlichen Beilegung der gesamten Angelegenheit führten die Parteien eine Vergleichsverhandlung, bei der sämtliche im Streit stehenden Mängel als einheitlicher Streitgegenstand als „Punktesache„ behandelt wurden.
Am 31. August 2010 verklagte die Antragsgegnerin die Antragstellerin vor der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. und reichte hierzu nicht eine Klage, sondern gleichzeitig 16 Schiedsklagen ein. Sie leitete damit 16 voneinander getrennte Verfahren wegen unterschiedlicher Mängel an der Zellstofffabrik ein.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Aufteilung des zusammenhängenden Rechtsstreits auf 16 getrennte Verfahren unzulässig sei. Die Trennung sei rechtsmissbräuchlich und von der Schiedsabrede nicht gedeckt. Sämtlichen Verfahren lägen die gleichen Rechtsfragen zu Grunde. Die Aufteilung berge die Gefahr, dass dieselben Rechtsfragen - bindend und abschließend - von den 16 verschiedenen Schiedsgerichten unterschiedlich beurteilt würden. Der mit der Schiedsklausel verfolgte Zweck, die zwischen den Parteien streitigen Rechtsfragen schnell einer endgültigen und verbindlichen Lösung zuzuführen, würde vereitelt werden. Teilweise würden die Verfahren sogar dieselben Mangelerscheinungen betreffen. Die Kosten des Schiedsgerichts würden sich durch die Trennung von ca. 250.000 EUR auf ca. 1.140.000 EUR erhöhen.
Die Vielzahl der parallelen Schiedsklagen wäre auch deshalb unzulässig, weil die hierfür erforderlichen Verhandlungen zur gütlichen Streitbeilegung nicht stattgefunden hätten. Denn die Parteien hätten nur eine Gesamtlösung verhandelt und die einzelnen Mängel im Rahmen einer „Punktesache“ mit einbezogen.
Die Antragstellerin beantragt,
festzustellen, dass die aus dem Tenor ersichtlichen Schiedsverfahren unzulässig sind.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Trennung der Verfahren gerechtfertigt sei, da es sich um Mängel in verschiedenen Bereichen des Zellstoffwerkes handele, die sowohl örtlich als auch nach Art und Ursache des Mangels strikt voneinander getrennt seien. Insbesondere die technischen Fragen seien unterschiedlich und jeweils mit besonderem Sachverstand durch die Schiedsrichter und gegebenenfalls Sachverständigen zu beurteilen.
§ 1032 Abs.2 ZPO sei auf die Frage des Rechtmissbrauchs durch getrennte Klageerhebung nicht anwendbar.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig, §§ 1032 Abs.2, 1062 Abs.1 Nr.2 ZPO, aber unbegründet.
Prüfungsgegenstand im Rahmen des § 1032 Abs.2 ZPO ist, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, diese durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens dieser Schiedsvereinbarung unterfällt. Ein negativer Feststellungsantrag kann nur die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens im Ganzen oder hinsichtlich einzelner Streitgegenstände betreffen, nicht aber weitere Zulässigkeitskriterien (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1032 Rn. 23 m. w. N; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Kap. 8 Rn. 664 ff.). Die Prüfung weiterer Zulässigkeitskriterien ist ausschließlich dem Schiedsgericht vorbehalten.
Im vorliegenden Fall ist weder die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung an sich, noch deren Durchführbarkeit oder die Frage, ob der Gegenstand der Schiedsverfahren unter die getroffene Schiedsvereinbarung fällt, streitig. Die Frage, ob die getrennte Geltendmachung von Ansprüchen in verschiedenen Prozessen ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen oder sogar eine anderweitige Rechtshängigkeit darstellt, betrifft die sonstige Zulässigkeitsprüfung der Schiedsklage, die von den Schiedsgerichten vorzunehmen ist.
Gleiches gilt für die Prüfung der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens als Prozessvoraussetzung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.
Summary