13 U 11/10


Gericht OLG Brandenburg Aktenzeichen 13 U 11/10 Datum 16.02.2011
Leitsatz
Dem Beklagten, der der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung bestimmter Mängel zugestimmt hat, ist es nicht nach § 242 BGB versagt, im nachfolgenden Hauptsacheverfahren die Schiedsgerichtseinrede zu erheben.
Rechtsvorschriften§ 242 BGB, § 307 BGB, § 1031 Abs. 5 S 1 ZPO, § 1032 Abs. 1 ZPO, § 1033 ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
Stichworte
Volltext
U R T E I L
Die Berufung der Kläger gegen das am 21. Dezember 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - Az.: 8 O 111/09 - wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn der Beklagte vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO.
Das Landgericht hat die Klage gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO wegen der zwischen den Parteien geschlossenen Schiedsvereinbarung als unzulässig zurückgewiesen. Insbesondere sei dem Beklagten die Berufung auf die Schiedsvereinbarung nicht nach § 242 BGB verwehrt, weil er sich auf die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens eingelassen habe.
Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Der Senat hat die Parteien mit Beschluss vom 20. September 2010 darauf hingewiesen, dass die Berufung der Kläger zurückzuweisen ist, da die Klage aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unzulässig sei. Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2010 haben sich die Kläger vertiefend auf die Klauselrichtlinie RL 93/13/EWG berufen, wonach die nationalen Gerichte verpflichtet seien, die Missbräuchlichkeit der Klausel von Amts wegen zu prüfen; dabei müsse kein Vortrag erfolgen, weshalb die Kläger benachteiligt seien.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 21. Dezember 2009 - Az.: 8 O 111/09 -, den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 13.427,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und die Kläger von dem Anspruch der Firma G. gemäß Rechnung vom 27. November 2006 in Höhe von 366,26 € freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt im Wesentlichen die erstinstanzliche Entscheidung.
Wegen des weitergehenden Parteivortrags im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die von dem Beklagten erhobene Schiedseinrede zu Recht für durchgreifend erachtet und die Klage als unzulässig zurückgewiesen. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen der Kläger in der Berufungsbegründung sowie ihrem Schreiben vom 5. Oktober 2010.
Zwischen den Parteien ist auf Seite sieben des Bauvertrages vom 29. August 2006 mit der Bezeichnung „Anlage Schiedsvereinbarung“ eine wirksame Schiedsvereinbarung zustande gekommen.
1. Die in dem Bauvertrag vom 29. August 2006 getroffene Schiedsvereinbarung ist ausreichend bestimmt. Sie erfüllt die Anforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung. Schiedsvereinbarungen, an denen - wie hier - ein Verbraucher beteiligt ist, müssen grundsätzlich in einer von den Parteien unterzeichneten Urkunde enthalten sein, § 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO. Mit dieser Vorschrift soll der Verbraucher davor geschützt werden, dass er sich durch die Unterzeichnung umfangreicher Klauselwerke einer Schiedsvereinbarung unterwirft, ohne dies zu merken (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1031 Rdnr. 35). Die Abrede kann dabei auch durch einen Formularvertrag vereinbart werden, wenn die Formerfordernisse eingehalten sind (vgl. BGH NJW 2005, 1125; Kniffka/ Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 1. Teil Rdnr. 93; Zöller/Geimer, a.a.O.). Die Parteien haben vorliegend einen Formularvertrag verwendet, der als „Anlage Schiedsgerichtsvereinbarung“ von den Parteien gesondert unterzeichnet wurde.
Dass das Vertragsformular von den Parteien nicht vollständig ausgefüllt wurde, schadet nicht. Insofern ist auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung zu verweisen. Unstreitig haben die Parteien die Schiedsvereinbarung im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der übrigen Verträge unter dem gleichen Datum unterschrieben. Weiter ist unstreitig, dass die Vereinbarung als Anlage zum Bauvertrag mit diesem verbunden wurde. Auch wenn der „Kopf“, also die konkrete Parteienbezeichnung nicht ausgefüllt ist, ist durch die Unterschriften deutlich erkennbar, welche Personen Parteien dieser Vereinbarung sind, was sich auch schon aus der Verbindung mit dem Bauvertrag ergibt. Unklarheiten hinsichtlich der Vertragsparteien bestehen insofern nicht.
2. Ein Verstoß gegen die Inhaltskontrolle des § 307 BGB ist nicht feststellbar. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegte Schiedsvereinbarung stellt als solche keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar; insbesondere muss ein besonderes Bedürfnis für die Einsetzung eines Schiedsgerichts nicht vorliegen (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1466).
Aber auch unter Berücksichtigung der Generalklausel des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 ist entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner nicht erkennbar.
Weder aus dem von den Klägern zitierten Klauselbeispiel des Anhangs zu Art. 3 der Richtlinie noch aus der von den Klägern zitierten Rechtsprechung des EuGH (EuGH NJW 2007, 226; NJW 2010, 47) ergibt sich automatisch, dass die Vertragsbestimmungen der Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien missbräuchlich sind.
Weshalb die Kläger durch die Begründung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts benachteiligt sein sollen, haben sie nicht hinreichend dargetan. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger bei einem Verfahren vor den staatlichen Gerichten ebenfalls gezwungen sind, die Vorschüsse für den Rechtsanwalt und das Gericht zu bezahlen. Eine Vereinbarung in der konkreten Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien, wonach bezüglich der Zahlung der Vorschüsse der Honorare der Einzelschiedsrichter eine Vereinbarung getroffen wäre, ist nicht enthalten. Daher ist es unerheblich, was andere Schiedsvereinbarungen regelmäßig vorsehen. In der streitgegenständlichen Schiedsvereinbarung findet sich zumindest eine solche Regelung nicht. Wegen der Kosten sowie der Kostenverteilung des Schiedsverfahrens entscheidet das Schiedsgericht nach § 1057 ZPO in einem Schiedsspruch, wobei die Umstände des Einzelfalls Berücksichtigung finden. Inwiefern die Kläger mit einer solchen Entscheidung gegenüber einer Kostenentscheidung vor den staatlichen Gerichten benachteiligt sein sollen, ist ebenfalls nicht dargetan. Im Übrigen besteht auch im Verfahren vor den staatlichen Gerichten die Gefahr, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit des beklagten Bauträgers der Kläger - auch bei seinem Obsiegen - die gesamten Gerichtskosten sowie seine Rechtsanwaltskosten allein zu tragen hat. Eine Benachteiligung der Kläger im Schiedsverfahren ist nicht erkennbar. Zumal sich auch das Schiedsverfahren in Beziehung zu den einschlägigen Vorschriften der Zivilprozessordnung gesetzt ist.
3. Die Schiedsgerichtseinrede ist dem Beklagten nicht nach § 242 BGB versagt, weil er zur Feststellung der Mängel der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zugestimmt hat. Die Kläger gehen zu Unrecht davon aus, dass bereits die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens bei wirksamer Schiedsabrede unzulässig gewesen ist. Wenn der Beklagte die Einrede der Schiedsvereinbarung im hiesigen Verfahren erhebt, verhält er sich nicht treuwidrig im Sinne widersprüchlichen Verhaltens. Grundsätzlich genügt es nach § 1032 Abs. 1 ZPO, wenn der Beklagte vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache sich auf die Schiedsvereinbarung beruft. Der Beklagte hat sich bereits in seiner Klageerwiderung vom 14. April 2009 auf die zwischen den Parteien getroffene Schiedsvereinbarung berufen. Sein vorheriges Einverständnis mit der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens schließt nicht aus, dass er sich im Hauptsacheverfahren auf die Schiedsvereinbarung beziehen kann, § 1033 ZPO. Die Vereinbarung eines Schiedsgerichts zur Entscheidung über die Hauptsache lässt für sich allein noch nicht die Dringlichkeit als Grund für eine einstweilige Maßnahme durch staatliche Gerichte entfallen (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 1033 Rdnr. 2). Das selbständige Beweisverfahren nach §§ 485 ff ZPO fällt unter den § 1033 ZPO (vgl. Zöller/ Geimer, a.a.O., § 1033 Rdnr. 3).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Summary