1 Sch 03/99


Gericht OLG Rostock Aktenzeichen 1 Sch 03/99 Datum 28.10.1999
Leitsatz
Einem im Ausland ergangenen Schiedsspruch wird die Anerkennung im Inland versagt, wenn der Schiedsspruch im Ursprungsland aufgehoben wird, auch wenn die Aufhebung noch nicht rechtskräftig ist
Rechtsvorschriften§ 1061 ZPO, § 1064 Abs. 1 ZPO; Art. IV Abs. 1 UNÜ, Art. V Abs. 1 lit. e, 2. Alt UNÜ, Art. VI UNÜ, Art. VII Abs. 1 UNÜ
FundstelleBB, Beilage 8 zu Heft 37/2000 (RPS), S. 13; Yearbook Comm. Arb'n XXV (2000), S. 717ff.; Yearbook Comm. Arb'n XXVI (2001), S. 327f.; CLOUT Case No. 372
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungsverfahren Anerkennungsverfahren Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Zuständigkeit, örtlich; Schiedsspruch, ausländisch; - IHK der Russischen Föderation; - Anerkennung; - formelle Antragserfordernisse Aufhebungsgrund Vers
Volltext
I. Der Beschluß des Vorsitzenden des 1. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Rostock vom ... wird aufgehoben.
II. Der Schiedsspruch der Schiedskommission für Schiffahrtsfragen bei der Industrie- und Handelskammer der Russischren Föderation in Moskau. Bestehend aus den Schiedsrichtern ... vom ... wird im Inland nicht anerkannt.
III. Die Kosten des Anerkennungsverfahrens nach einem Wert von DM ... trägt die Antragstellerin.
G r ü n d e :
1. Die Antragstellerin beantragt, den Schiedsspruch der Schiedskommission für Schiffahrtsfragen bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation in Moskau vom 20. 08. 1998, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung von 1.171.192,78 Rubel an die Antragstellerin verurteilt wurde, für vollstreckbar zu erklären.
Mit Vertrag Nr. 15 vom 12. 05. 1997 verpflichtete sich die Antragstellerin, bis zum 01. 07. 1997 Instandsetzungsarbeiten an dem MS S... durchzuführen. Innerhalb von 10 Tagen ab dem Zeitpunkt des Vertragschlusses sollte die Antragsgegnerin 50 % der Vertragssumme von 1.487.000,00 Rubel (nach dem Kurs seit dem 01. 10. 1998) zahlen. Unter Punkt 8.12 des Vertrages vom 12. 05. 1997 vereinbarten die Parteien als Schiedsgericht für die Klärung von Streitigkeiten die Schiedskommission der Stadt Moskau. Nachdem die Antragstellerin 50 % der Arbeiten durchgeführt, die Antragsgegnerin die Anzahlung aber nicht bezahlt hatte, stellte die Antragstellerin ihre Arbeiten ein. Mit Mahnungen vom 12. 09. 1997, 17. 11. 1997 und 28. 01. 1998 machte die Antragstellerin für die geleisteten Arbeiten inklusive 20 % Mehrwertsteuer 892.200 Rubel, als PIN für Zahlungsverzug 78.513,60 Rubel und für Standzeitkosten inklusive Strom-, Wasser-, Dampf- und Druckluftversorgung 179.914,39 Rubel geltend.
Am 10. 02. 1998 reichte die Antragstellerin daraufhin bei der Schiedskommission für Schiffahrtsfragen eine Schuldforderungsklage in Höhe von 1.150.627,99 Rubel zuzüglich Verfahrenskosten gegen die Antragsgegnerin ein. Im Laufe des Verfahrens verminderte sie später die Gesamtsumme auf 1.148.180,22 Rubel. Die ordnungsgemäß geladene Antragsgegnerin erschien zur Verhandlung vor der Schiedskommission nicht.
Mit Schiedsurteil vom 20. 08. 1998 (Gerichtssache Nr. 7/98) erließ die Schiedskommission folgenden Spruch:
1. Der Antragsgegner ist verpflichtet, dem Antragsteller zur Befriedigung seiner Ansprüche einen Betrag in Höhe von Rubel 1.148.180,22 zuzüglich Rubel 23.012,50 als Schadensersatz für angezahlte Verfahrenskosten, total Rubel 1.171.192,78, zu zahlen.
2. Die Schiedsgerichtsgebühr in diesem Verfahren ist in Höhe von 2 % der Gesamtsumme und zwar Rubel 23.012,50 festzulegen, diese hat der Antragsgegner zu zahlen.
Die Schiedskommission hat ihre Zuständigkeit gem. Punkt 8.12 des zwischen den Parteien am 12. 05. 1997 abgeschlossenen Vertrages Nr. 15 angenommen. Hiernach seien sämtliche aus diesem Vertrag entstehenden Streitfragen bei der Schiedskommission in Moskau zu klären. Da laut Aussage des Vertreters des Antragstellers in diesem Falle eindeutig nur die Schiedskommission für Schiffahrtsfragen gemeint sein könne, es eine sonstige Kommission mit Sitz in Moskau nicht gebe, die für die Klärung von Streitigkeiten in zivilrechtlichen Fragen der Schiffahrt zuständig sei, sowie keine Einwände des Antragsgegners vorlägen, sei diese Schiedskommission zuständig. Auf Grund der von dem Antragsteller vorgelegten Beweisunterlagen und Verträge sei der Vertragsschluß zwischen den Parteien nachgewiesen. Durch das Übergabe-Übernahme-Protokoll vom 10. 06. 1997 sei bestätigt, daß 50 % der Überholungsarbeiten durchgeführt und diese von der Antragsgegnerin nicht bezahlt worden seien. Während der Standzeit des MS S... an der Anlegestelle des Kronstädter Seewerkes seien der Antragstellerin Aufwendungen durch Strom-, Wasser-, Dampf- und Druckluftverbrauch entstanden, die die Antragsgegnerin ebenfalls zu erstatten habe. Einwände oder Beweise der Antragsgegnerin, wonach bereits eine Befriedigung der Forderungen eingetreten sei, habe diese nicht vorgetragen. Die Höhe des beantragten Schadensersatzes sei durch Erklärungen des Vertreters der Antragstellerin nachgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat sich daraufhin an das Moskauer Städtische Gericht mit dem Gesuch über die Aufhebung des getroffenen Beschlusses des Schiedsgerichtes mit der Begründung gewandt, daß dieser Beschluß in einem Streitfall gefaßt worden sei, der vom Schiedsabkommen nicht vorgesehen sei.
Diesem Gesuch hat das Moskauer Städtische Gericht mit Gerichtsbescheid vom 12. 04. 1999 stattgegeben. Der Inhalt der Schiedsklausel aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag enthalte keine sichere Feststellung eines Schiedsgerichtes. Gemäß Punkt 12 des Vertrages unterlägen alle Streitfälle und Meinungsverschiedenheiten nach diesem Vertrag und im Zusammenhang mit ihm der Untersuchung in der Arbitragekommission der Stadt Moskau. Dieser Inhalt gebe keine Möglichkeit festzustellen, in welcher Arbitragekommission die Streitfälle zwischen den Seiten in dieser Sache untersucht werden sollten, und dieser Punkt bestätige nicht, daß die Parteien verabredet hätten, "die Übergabe der Streitfälle ausgerechnet in der Meeresarbitragekommission bei der Industrie- und Handelskammer der RF" zu verhandeln. Da gemäß Punkt 2 Artikel 34 des Gesetzes der Russischen Föderation über die internationale Handelsarbitrage ein Arbitragebeschluß vom Gericht aufgehoben werden könne, wenn "die Seite, die das Gesuch über die Aufhebung einreicht, Beweise darüber vorlegt, daß der Beschluß in dem Streitfall getroffen wurde, der vom Arbitrageabkommen nicht vorgesehen ist oder unter seine Bedingungen nicht gerät, oder Verordnungen über die Fragen enthält, die über die Grenzen des Arbitrageabkommens hinausgehen, und diese Voraussetzungen sich hier nicht eindeutig feststellen ließen", sei der Arbitragespruch aufzuheben.
Entgegen dem Antrag der Antragstellerin bestätigte das von dieser angerufene Gerichtskollegium für Zivilsachen des Obersten Gerichts Rußlands mit Gerichtsbescheid vom 25. 06. 1999 die Aufhebung des Schiedsspruches und gelangte zu folgenden Feststellungen:
Ein Arbitrageabkommen werde in schriftlicher Form abgeschlossen. Wie aus den Unterlagen der Sache ersichtlich sei, gebe es kein Arbitrageabkommen, das den Forderungen des Artikels 7 des Gesetzes der Russischen Föderation über die internationale Handelsarbitrage entspreche. Der Inhalt, der im Punkt 12 des Vertrages zwischen den Parteien geregelt sei, erlaube nicht eine glaubhafte Schlußfolgerung darüber zu ziehen, daß im gegebenen Fall die Rede von der Meeresarbitragekommission bei der Industrie- und Handelskammer Rußlands gemeint sei.
Gegen diese Entscheidungen legte der "stellvertretende Vorsitzende des Obersten Gerichts der Russischen Föderation" am 16. 09. 1999 Protest an das Präsidium des obersten Gerichtes der Russischen Föderation ein. Er beantragt, den Beschluß des Moskauer städtischen Gerichts vom 12. 04. 1999 und den Beschluß des Gerichtskollegiums für Zivilsachen des Obersten Gerichts der Russischen Föderation vom 25. 06. 1999 aufzuheben und die Sache zur Neubehandlung einzureichen. Mit diesem Protest wird gerügt, daß die ergangenen Gerichtsentscheidungen "ohne Prüfung von juristisch geltenden Umständen" getroffen worden seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die beigefügte Übersetzung des Protestes vom 16. 09. 1999 verwiesen, den die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 06.10.1999 vorgelegt hat.
Mit Antrag vom 21. 04. 1999 beantragt die Antragstellerin unter Beifügung nachbenannter Unterlagen,
1. den Schiedsspruch der Schiedskommission für Schiffahrtsfragen bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation in Moskau, bestehend aus den Schiedsrichtern ... ... ... und dem Berichterstatter ... 20. 08. 1998 - Az. 7/1998 -, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung von 1.171.192,78 Rubel an die Antragsstellerin verurteilt wurde, für vollstreckbar zu erklären,
2. anzuordnen, daß die Antragstellerin bis zur Entscheidung die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch betreiben darf.
Die Antragstellerin rügt die mangelnde Bevollmächtigung der Kanzlei ... & ..., weil der Verfahrensbevollmächtigte noch mit Schreiben vom 23. 02. 1999 erklärt habe, nicht bevollmächtigt zu sein.
Ihrem Antrag hat sie eine von dem Notar B... in Hamburg beglaubigte Kopie von dem Schiedsspruch einschließlich Übersetzung und Apostille sowie die beglaubigte Übersetzung samt Apostille einer Bescheinigung über die staatliche Registrierung der Antragstellerin vorgelegt. Außerdem hat sie eine Bestellung des Generaldirektors der Antragstellerin in beglaubigter Form samt Übersetzung und Apostille überreicht. Ferner hat die Antragsgegnerin eine beglaubigte und durch Apostille legalisierte Vollmacht der Antragsgegnerin vom 20. 07. 1999 vorgelegt, durch den der Rechtsanwaltssozietät ... und ... in Hamburg hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches der Industrie- und Handelskammer vom 20. 08. 1998 gegen die Aktiengesellschaft R Vollmacht erteilt wird. Ziffer 4 dieser Vollmacht enthält die Erlaubnis, "die Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen (Untervollmacht) ".
Die Antragstellerin bestreitet, daß bisher eine rechtskräftige Entscheidung über den Schiedsspruch ergangen sei. Weder der Bescheid des Gerichtskollegiums für Zivilsachen des Moskauer Städtischen Gerichts vom 12. 04. 1999 noch der Gerichtsbescheid des Gerichtskollegiums für Zivilsachen des obersten Gerichts Rußlands vom 25. 06. 1999 seien rechtskräftig.
Gemäß § 1063 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat der Vorsitzende des Senates mit Beschluß vom 27.04.1999 den genannten Schiedsspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt und die Zwangsvollstreckung, die nicht über Maßnahmen zur Sicherung hinausgehen darf, zugelassen. Die Antragsgegnerin ist befugt worden, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.171.192,72 Rubel abzuwenden. Mit Vorsitzendenbeschluß vom 25. 10. 1999 ist die Abwendungsbefugnis dahingehend abgeändert worden, daß die Sicherheitsleistung in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft der Vereins- und Westbank in Höhe von 85.000.- DM erbracht werden darf.
Mit Schutzschrift vom 04. 06. 1999 hat die Antragsgegnerin vor Kenntnis des Antrages der Antragstellerin beantragt,
einen möglichen Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches vom 20. August 1998 sowie auf die Erteilung der Erlaubnis, die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch zu betreiben, abzuweisen
und weder über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches noch über die Erteilung der Erlaubnis, die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch zu betreiben, ohne mündliche Verhandlung oder ohne vorherige Anhörung der Antragsgegnerin zu entscheiden.
Zur Begründung dieses Antrages führt die Antragsgegnerin aus, das Gerichtskollegium für Zivilsachen des Moskauer Städtischen Gerichtes habe mit Gerichtsbescheid vom 12. 04. 1999 den Schiedsspruch der See-Arbitragekomission vom 20. August 1998 aufgehoben.
Die Antragsgegnerin beantragt nunmehr,
1. festzustellen, daß der Schiedsspruch der Schiedskommission für Schiffahrtsfragen bei der Industrie- und Handelskamme der Russischen Föderation in Moskau vom 20. August 1998, Az.: 7/1998, im Inland nicht anzuerkennen ist,
2. den Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruchs abzuweisen sowie
3. den Beschluß des Gerichts vom 27. April 1999, durch den der Schiedsspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist, aufzuheben.
Zur Begründung des Antrages bezieht sich die Antragsgegnerin auf die Entscheidung des Gerichtskollegiums für Zivilsachen des Moskauer Städtischen Gerichts vom 12. 04. 1999 sowie auf die Entscheidung vom 25. 06. 1999 durch das "Gerichtskollegium für Zivilsachen des obersten Gerichts der Russischen Föderation". Die Entscheidungen seien rechtskräftig. Ein endgültig aufgehobener Schiedsspruch existiere nicht mehr und könne daher auch nicht für vollstreckbar erklärt werden. Es liege auf der Hand, daß der vorläufigen Vollstreckbarkeit damit die Grundlage entzogen sei. Die Entscheidungen des "Gerichtskollegium für Zivilsachen des obersten Gerichts der Russischen Föderation" seien mit denen des Bundesgerichtshofes vergleichbar, so daß die Entscheidung nunmehr unanfechtbar sei. Die Antragsgegnerin stehe mit weiteren Gläubigern, die Arreste in das MS W... erwirkt hätten, in Verhandlungen und hoffe, das Schiff in Kürze frei zu bekommen. Es sei unerträglich, wenn auf Grund des aufgehobenen Schiedsspruches das Schiff weiterhin auf Grund des Beschlusses vom 27. 04. 1999 festgehalten werde.
Eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Rostock lasse sich jedenfalls nicht daraus herleiten, daß es sich bei dem MS W. um den einzigen Vermögensgegenstand der Antragsgegnerin handelte. Sie besitze eine Vielzahl von Schiffen.
2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist gemäß § 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche zulässig. Gem. § 1061 Abs. 2 ZPO muß der Senat jedoch feststellen, daß der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist. Der Senat ist nicht berechtigt, den Schiedsspruch der Schiedskommission für Schiffahrtsfragen bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation in Moskau vom 20. 08. 1998 für vollstreckbar zu erklären. Unbeschadet des weiteren Verlaufes des in Rußland zwischen den Parteien geführten Rechtsstreites ist jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung der von der Antragstellerin angetragene Schiedsspruch der Schiedskommission für Schiffahrtsfragen bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation in Moskau nicht mehr verbindlich.
2.1 Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Rostock für den vorliegenden Antrag folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 ZPO. Das Vermögen der Antragsgegnerin, das mit der Schiedsklage in Anspruch genommen wird, und der von der Maßnahme betroffene Gegenstand befinden sich im hiesigen Zuständigkeitsbereich. Dafür kommt es nicht auf die zwischen den Parteien streitig behandelte Frage an, ob das beschlagnahmte Schiff den einzigen oder zumindest den wesentlichen Vermögensgegenstand der Antragsgegnerin darstellt.
Vorliegend handelt es sich um einen ausländischen Schiedsspruch im Sinne von § 1061 ZPO. Ob ein ausländischer oder ein inländischer Schiedsspruch vorliegt, beurteilt sich aus der Perspektive des deutschen staatlichen Richters nach dem Territorialitätsprinzip des § 1025 ZPO (Zöller-Geimer, ZPO-Kommentar, 21. Aufl., § 1061, Rdn. 3). Der zur Vollstreckbarerklärung angetragene Schiedsspruch ist in der Russischen Föderation, mithin im Ausland, gefällt worden. Bei der Entscheidung der Schiedskommission für Schiffahrtsfragen handelt es sich auch um einen Schiedsspruch. Diese Frage ist nach deutschem Recht zu beurteilen (vgl. Zöller-Geimer a.a.0. Rdn. 4). Form und Inhalt eines Schiedsspruches setzen nach deutschem Recht gemäß § 1054 Abs. 1 ZPO voraus, daß der Schiedsspruch schriftlich erlassen und durch den Schiedsrichter oder die Schiedsrichter unterschrieben ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
2.2 Der Antrag erfüllt die formellen Voraussetzungen gemäß 1061 Abs. 1 ZPO.
2.2.1 Die Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin haben ihre Vollmacht sowie die Berechtigung, Untervollmachten zu erteilen, durch Vorlage der Vollmacht vom 19. 04. 1999 nachgewiesen. Ein entsprechender Nachweis für die Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegnerin ist durch Vorlage der beglaubigten und durch Apostille legalisierten Vollmacht vom 20. 07. 1999 erbracht worden.
2.2.2 Der Antrag erfüllt auch alle weiteren formellen Voraussetzungen. Die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche richtet sich gemäß § 1061 Abs. 1 ZPO nach dem Übereinkommen vom 10. 06. 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, das als Gesetz am 22. März 1961 in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist (Bundesgesetzblatt Teil II, 1961, Seite 121 ff.). Diesem Abkommen sind die Bundesrepublik Deutschland am 10. 06. 1958 und die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken am 29. 12. 1958 beigetreten. Mit Schreiben bzw. Noten vom 24. 12. 1991, 13. 01. 1992 und 27. 01. 1992 haben der Präsident der Russischen Föderation, das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Russischen Föderation und der ständige Vertreter der Russischen Föderation bei den Vereinten Nationen in New York übereinstimmend mitgeteilt, daß die Russische Föderation die Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten aus den von der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken geschlossenen völkerrechtlichen Verträge fortsetzt (abgedruckt in Bundesgesetzblatt Il 1992, 1016, 1017).
2.2.3 Gemäß Artikel 4 Abs. 1 a des Übereinkommens hat die Antragstellerin zur Anerkennung und Vollstreckung die gehörig legalisierte (beglaubigte) Urschrift des Schiedsspruches oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist, vorzulegen. Dies hat sie getan. Als Anlage AS 4 hat die Antragstellerin eine von dem Notar in Hamburg beglaubigte Kopie des Schiedsspruches einschließlich Übersetzung und Apostille vorgelegt. Zum Beweise der Authentizität des Schiedsspruches bedarf es nicht der Vorlage einer legalisierten Urschrift. Alternativ kann auch eine Abschrift des Schiedsspruches vorgelegt werden, die dann allerdings in einer bestimmten Form beglaubigt werden muß. Normalerweise müßten die Unterschriften der Schiedsrichter beglaubigt sein, die Rechtsprechung gibt sich aber überwiegend auch mit einer beglaubigten Abschrift des Schiedsspruches zufrieden (Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl., Anhang zu § 1044 Abs. 2 UN-Übereinkommen Artikel 4 Rdn. 50). Diese Rechtsprechung, der der Senat sich anschließt, nimmt aus Billigkeitsgründen Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die sich aus dem Erfordernis ergeben könnten, alle Unterschriften der Schiedsrichter unter dem Schiedsspruch beglaubigen zu lassen. Ist es dem Antragsteller danach unzumutbar, sämtliche Schiedsrichter dazu zu veranlassen, sich zum nächstgelegenen Konsulat des Vollstreckungsstaates zu begeben, dann reicht es aus, wenn die Unterschrift eines kraft seiner beruflichen Stellung vertrauenswürdigen Mittelsmannes unter ein Schriftstück beglaubigt wird, das seinerseits die Echtheit der Unterschrift des Schiedsrichters bestätigt (Stein-Jonas a.a.0. Rdn. 51). Vorliegend hat ein russischer Notar aus St. Petersburg die vollständige Übereinstimmung der Abschrift mit der Urschrift bestätigt. Letztere weisen keine Radierungen, Einfügungen, Ausstreichungen und sonstige unbestätigte Korrekturen sowie keine anderen Besonderheiten auf. Die Übereinstimmung zwischen der Ablichtung und der Urschrift hat ein deutscher Notar bestätigt. Die Antragstellerin hat darüber hinaus eine Apostille nach dem "Haager Übereinkommen von 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation" vorgelegt. Damit können die formellen Voraussetzungen insoweit als erfüllt angesehen werden (vgl. hierzu Münchener Kommentar-Gottwald, ZPO, Anhang IZPR, Anhang zu Artikel 4 IZPR Rdn. 4).
2.2.4 Auch die weiteren formellen Voraussetzungen hat die Antragstellerin erfüllt. Zwar hat sie nicht die gemäß Artikel 4 Abs. 1 b erforderliche Urschrift der Schiedsvereinbarung oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist, vorgelegt. Hierauf kann indes verzichtet werden. Grundsätzlich gehen der innerstaatlichen Regelung des § 1064 Abs. 1 ZPO, wonach die Vorlage der Schiedsklausel entbehrlich ist, anderweitige Staatsverträge vor (§ 1064 Abs. 3 ZPO). Um einen solchen Staatsvertrag handelt es sich bei dem UN-Übereinkommen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß insoweit die Meistbegünstigungsklausel gilt (Thomas-Putzo, ZPO-Kommentar, 22. Aufl., 1064, Rdn. 3; Baumbach-Lauterbach u.a., ZPO-Kommentar, 57. Aufl., § 1061, Rdn. 3 mit weiteren Nachweisen). Mithin ist für die Anerkennung von ausländischen Schiedssprüchen zum Zwecke der Vollstreckung die jeweils günstigere Norm maßgebend (vgl. auch Art. VII Abs. 1 des UN-Übereinkommens). Daher ist § 1064 Abs. 1 ZPO wieder anwendbar, wonach es einer Vorlage der Schiedsklausel für die Zulässigkeit des Antrages nicht bedarf.
2.3 Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches muß jedoch aufgrund Art. 5 Abs. 1 e des genannten UN-Übereinkommens versagt werden.
Die Voraussetzungen dieses Versagungsgrundes sind gegeben, wenn die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, einwendet, daß der Schiedsspruch von einer zuständigen Behörde des Landes, in dem oder nach dessen Recht er ergangen ist, aufgehoben worden ist. Nach der zu § 1044 Abs. 1 ZPO a.F. ergangenen Rechtsprechung setzt eine Vollstreckbarerklärung zunächst voraus, daß der ausländische Schiedsspruch nach dem für ihn maßgeblichen Recht verbindlich geworden ist, das heißt, daß er nach ausländischen Recht keinem Rechtsmittel oder -behelf an einem Schiedsober- oder Staatsgericht mehr unterliegt. Dies ist nach dem bestimmenden ausländischen Verfahrensrecht zu beurteilen (BGH in NJW 1984, 2763, 2764). Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Schiedsspruch verbindlich geworden ist. Dies ist der Fall, wenn er nicht von einer noch erforderlichen bestätigenden Maßnahme einer staatlichen oder anderen Instanz abhängig ist und nicht mehr einem zulässigen schiedsvertraglichen oder gesetzlichen Rechtsbehelf unterliegt. Andererseits ist der Schiedsspruch dann nicht mehr verbindlich, wenn er von dem dafür zuständigen Gericht oder einem Oberschiedsgericht aufgehoben worden ist, sei es auch nur durch eine vorläufig vollstreckbare Entscheidung. Diese Entscheidung ist anzuerkennen ohne Rücksicht darauf, ob sie nach den Maßstäben für die Anerkennung ausländischer Urteile im übrigen anzuerkennen wäre (Müko-Meier 3. Aufl., ZPO § 1044 Rdn. 7). Das ist vorliegend der Fall. Zwischen den Parteien ist es unstreitig, daß der Schiedsspruch zunächst durch den Gerichtsbescheid des Gerichtskollegiums für Zivilsachen des Moskauer Städtischen Gerichts vom 12. 04. 1999 und sodann durch den Gerichtsbescheid des Gerichtskollegiums für Zivilsachen des Obersten Gerichts Rußlands vom 25. 06. 1999 aufgehoben worden ist. Er ist mithin nicht mehr verbindlich und kann im Inland nicht mehr anerkannt werden.
Die hiergegen gerichteten Einwände der Antragstellerin greifen nicht durch. Es ist zwar unbestritten, daß Artikel 5 des UN-Übereinkommens eine Beweislastregel dahingehend enthält, daß die Antragsgegnerin die Vortrags- und Beweislast trägt, sofern es der Antragstellerin - wie vorliegend - gelingt, die formalen Erfordernisse von Artikel 4 des UN-Übereinkommens zu erfüllen (vgl. Stein-Jonas a.a.0. Rdn. 78). Eines Beweises, daß der Schiedsspruch aufgehoben worden ist, bedarf es vorliegend aber nicht mehr, denn die derzeitige Rechtslage hinsichtlich des Fortbestandes des Schiedsspruches ist unstreitig. Die Antragstellerin beruft sich lediglich darauf, daß auch diese Gerichtsbescheide nach russischem Recht weiter anfechtbar seien. Darauf aber kommt es nach Art. 5 Abs. 1 Ziff. e 2. Alt. d. UN-Übereinkommens nicht an.
Die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Ziff. e des UN-Übereinkommens liegen danach vor. Dem inländischen Senat ist es aber versagt, einen in Rußland von den dort zuständigen Gerichten aufgehobenen Schiedsspruch im Inland für verbindlich zu erklären.
Daran ändert auch der mit Schriftsatz vom 06. 10. 1999 eingelegte Protest des stellvertretenden Vorsitzenden des Obersten Gerichts der Russischen Föderation nichts, da allein durch die Einlegung des Protestes der Schiedsspruch nicht wieder in Verbindlichkeit erwachsen ist.
2.4 Von einer Aussetzung gemäß Art. 6 des UN-Übereinkommens hat der Senat abgesehen. Nachdem es der Antragstellerin mit Beschluß des Vorsitzenden vom 27. 04. 1999 gestattet worden war, die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch der Schiedskommission für Schiffahrtsfragen bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation in Moskau zu betreiben, ist es bei Abwägung der beiderseitigen Interessen der Antragsgegnerin nicht weiter zuzumuten, die Zwangsvollstreckung in ihr in Stralsund liegendes Schiff MS V. zu dulden. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 07. 10. 1999 unwidersprochen vorgetragen, daß ihr durch die weitere Liegezeit des Schiffes erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen. Es ist nicht sicher festzustellen, wann mit einem endgültigen Abschluß des in Rußland geführten Verfahrens zu rechnen ist. Nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens vermag sich der Senat keine sichere Überzeugung davon zu verschaffen, daß, wie von der Antragstellerin behauptet, das Verfahren mit rechtskräftiger Entscheidung bis zum 04. 11. 1999 tatsächlich abgeschlossen sein wird. Vor allem aber liegen zu den weiteren Aussichten der Rechtsmittel der Antragstellerin keine gesicherten Erkenntnisse vor. Aus diesen Gründen kam eine Aussetzung nach Art. 6 des UN-Übereinkommens nicht in Betracht.
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