13 Ach 1/10


Gericht OLG Frankfurt am Main Aktenzeichen 13 Ach 1/10 Datum 10.12.2010
Leitsatz
Die Verhängung eines Zwangsgeldes ist unzulässig, wenn der Schuldner einen bestrittenen Erfüllungseinwand erhebt und die Frage, ob erfüllt wurde, der Kompetenz eines Schiedsgerichts erfüllt.
RechtsvorschriftenZPO § 888
Fundstellehttp://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/s15/page/bslaredaprod.psml?&doc.id=KORE203632011%3Ajuris-r01&showdoccase=1&doc.part=L
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteZwangsgeldverhängung bei für vollstreckbar erklärtem Schiedsspruch; bestrittener Erfüllungseinwand im Zwangsvollstreckungsverfahren
Volltext
BESCHLUSS
Tenor:
Der Antrag des Antragstellers gemäß § 888 ZPO vom 19.10.2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Gründe:
Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner einen Schiedsspruch erwirkt, nach dessen Ziffer 1 der Antragsgegner verpflichtet ist, dem Antragsteller Zug um Zug gegen Freigabe eines hinterlegten Betrages von 200.000,- CHF eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung von 60 % des Stammkapitals an der A GmbH mit Sitz in Stadt1 anzubieten. Der Senat hat den Schiedsspruch hinsichtlich des vorbezeichneten Teils mit Beschluss vom 17.09.2010 (Bl. 139 ff. d.A.) für vollstreckbar erklärt.
Mit Schriftsatz vom 19.10.2010 (Bl. 154 ff. d.A.) hat der Antragsteller wegen Nichterfüllung der geschuldeten Handlung die Verhängung von Zwangsmitteln gegen den Antragsgegner beantragt. Der Antrag ist – wohl aufgrund eines redaktionellen Versehens – insoweit unvollständig, als er keine Angaben dazu enthält, zur Erfüllung welcher Handlung der Antragsgegner durch Zwangsmittel angehalten werden soll. Der Senat legt das Begehren dahingehend aus, dass der Antragsgegner die nach Ziffer 1 des Schiedsspruchs geschuldete Handlung vornehmen soll.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 18.11.2010 (Bl. 171 ff. d.A.) eingewandt, er habe die ihm in Ziffer 1 des Schiedsspruchs auferlegte Verpflichtung erfüllt.II.
Rechtsgrundlage für das verfahrensgegenständliche Begehren ist § 888 ZPO. Nach der genannten Vorschrift ist, sofern der Schuldner seine Verpflichtung zur Vornahme einer ausschließlich von seinem Willen abhängigen höchstpersönlichen Handlung nicht erfüllt, auf Antrag des Gläubigers vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei (§ 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Prozessgericht des ersten Rechtszuges im vorbezeichneten Sinne ist im Fall von Entscheidungen nach § 1060 Abs. 1 ZP das Gericht, das die Vollsteckbarerklärung ausgesprochen hat (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 887 Rdnr. 6), hier der erkennende Senat.
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor.
Gleichwohl ist der Antrag auf Verhängung von Zwangsmitteln unzulässig. Der Antragsteller ist an der Vollstreckung seines in Ziffer 1. des Schiedsspruchs statuierten Anspruchs gehindert, solange nicht über den Erfüllungseinwand des Antragsgegners entschieden ist.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Erfüllungseinwand des Schuldners im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 161, 67). Der Senat schließt sich der obergerichtlichen Rechtsprechung an, wonach die vom Bundesgerichtshof angestellten Erwägungen zur Berücksichtigungsfähigkeit des Erfüllungseinwandes auch auf das Verfahren nach § 888 ZPO zu übertragen sind (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 07.06.2010, Az. 7 W 13/10 - zitiert nach Juris -, m.w.N. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung; ebenso Zöller/Stöber, a.a.O., § 888 Rdnr. 11).
Angesichts der Schiedsklausel in Ziffer 6.1. der Optionsvereinbarung der Verfahrensbeteiligten vom 03.02.2005 (Bl. 4 ff. d.A.) ist allerdings nicht der Senat, sondern das Schiedsgericht zur Entscheidung über den Erfüllungseinwand berufen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss vom 17.09.2010 (Bl. 139 ff. d.A.) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Die Beachtlichkeit des Erfüllungseinwands in Verbindung mit dem Entscheidungsvorbehalt zugunsten des Schiedsgerichts führt dazu, dass der Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Zwangsmaßnahmen nach § 888 ZPO verhängen kann.
Soweit der Antragsteller meint, irreversible Rechtsnachteile im Verfahren nach § 888 ZPO seien für den Antragsgegner im Falle einer stattgebenden Entscheidung nicht zu befürchten, da letzterer anschließend Vollstreckungsgegenklage vor dem Schiedsgericht erheben könne, verfängt dies nicht. Mit dem Einwand der Erfüllung wäre der Antragsgegner nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, nachdem die geschuldete Leistung bereits im Frühjahr 2010 – im Wege der Zulassung des Antragstellers zur Übernahme des neuen Geschäftsanteils – und damit vor der Entscheidung über den Antrag nach § 888 ZPO bewirkt worden sein soll. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu dem vorangegangenen Vollstreckbarerklärungsverfahren. In diesem war für den Antragsgegner die Möglichkeit der Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage eröffnet, da keine Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO entgegenstand; die behauptete Erfüllung lag zeitlich nach dem Erlass des Schiedsspruchs.
Nur der Vollständigkeit halber und im Hinblick auf das Vorbringen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 18.11.2010 (Bl. 171 ff. d.A.) sei darauf hingewiesen, dass eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht in Betracht kommt (vgl. OLG Stuttgart in OLGR 1998, 424 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 891 Satz 3 ZPO in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO analog.
Summary
According to the arbitration award, the respondent was obliged to offer to the applicant 60 % of the share capital of the A. company. The Higher Regional Court of Frankfurt declared the said award enforceable.
Because of the respondent’s failure to perform the obligation owned, the applicant again applied to the Court asking to impose coercive measures against the respondent.
The respondent has objected in writing to the application and alleged that he had fulfilled the obligations due according to the arbitral award.
The Court decided that the application to impose coercive measures was inadmissible as long the respondent’s performance objection had not been decided upon. The Court further stated that it was not up to a state court to decide upon the performance objection of the respondent, but rather to an arbitral tribunal on the basis of the existing valid arbitral agreement concluded between the parties.