Gericht | OLG Karlsruhe | Aktenzeichen | 10 Sch 6/13 | Datum | 18.10.2013 |
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Leitsatz | |||||
1. Unterbleibt eine entsprechende Einschränkung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs (versehentlich), so führt eine sachgerechte Auslegung regelmäßig dazu, dass sich der Antrag nicht auf den ganzen Schiedsspruch bezieht, sondern im Zweifel nur auf den für den Kläger günstigen Teil. | |||||
Rechtsvorschriften | § 1060 Abs. 1 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruches; Auslegung des Antrages auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches | ||||
Volltext | |||||
Beschluss A. Das aus den Schiedsrichtern Rechtsanwältin Dr. N und Rechtsanwalt und Notar Prof. Dr. O sowie Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof Prof. P als Vorsitzenden bestehende Schiedsgericht erließ in dem zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagten geführten Schiedsverfahren am 5. Juli 2013 folgenden Endschiedsspruch: „I. Zur Klage 1. Die Schiedsbeklagte hat an die Schiedsklägerin € 1.990.690,-- (in Worten: eine Million Neunhundertneunzigtausend Sechshundertneunzig) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.08.2011 zu zahlen. 2. Der Antrag auf Zahlung weiterer € 1.512.600,-- nebst Zinsen (K 672) wird abgewiesen. 3. Auf den Hilfsantrag (K 1468) wird die Schiedsbeklagte verurteilt, an die Schiedsklägerin weitere 1.512.600,-- € (in Worten: eine Million Fünfhundertzwölftausend Sechshundert) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.05.2012 Zug-um-Zug gegen Rückübertragung der in Q-Adresse, gelegenen R-Anlage bestehend aus Pos. 1 1 Stck. 6-Zonen, 2-Kammer Spritzvorbehandlungsanlage Pos. 2 1 Stck. „Black-Box“ als Takt-Spritzvorbehandlungskammer Pos. 3 1 Stck. Zubehör für vorbenannte Positionen Pos. 4 1 Stck. Haftwassertrockner 140°C Pos. 5 1 Stck. Kühlzone I Pos. 6 1 Stck. Spritzkabine mit Nassabscheidung, Auswaschung in Edelstahl 1 Stck. Umluftanlage für vorgenannte Spritzkabine Pos. 7 1 Stck. ABB-Lackierroboter inkl. Lackversorgung und Lackversorgungsraum Pos. 8 1 Stck. Abdunstzone 1 Stck. Lacktrockner, 180°C Pos. 9 1 Stck. Kühlzone II Pos. 10 1 Stck. Hochleistungs-Vakuumanlage Pos. 11 1 Stck. Gerätebühne Pos. 12 1 Stck. Power&Free-Förderer, ausgeführt als Flurfördersystem Pos. 13 1 Stck. Frisch-Abluft- und Rauchgasrohr-leitungen Pos. 14 1 Stck. Schaltschrank einschl. SPS-Steuerung Pos. 15 1 Stck. Brandschutzanlage für Spritzkabine Pos. 16 1 Stck. Hallenzuluftgerät (Zuluftkastengerät Typ: RZL 22 F mit Zubehör) zu zahlen. 4. Der Anspruch auf Zahlung von weiteren € 655.050,47 nebst Zinsen (K 673) wird abgewiesen. 5. Der Feststellungsantrag gemäß Nr. 6 (K 674) wird abgewiesen. 6. Die Zwangsvollstreckung gegen die Schiedsklägerin aus dem Endschiedsspruch vom 13.12.2010, erlassen durch das Schiedsgericht bestehend aus den Schiedsrichtern Prof. Dr. S, Dr. N, LL.M. und Dr. T (Vorsitzender) in dem Schiedsverfahren zwischen A AG, B-Adresse, CH C, Schweiz gegen H AG, vormals U-Straße, CH V, Schweiz, jetzt I-Straße, CH J, Schweiz, ist unzulässig. 7. Die Ausfertigung des Beschlusses des Hanseatischen OLG Hamburg vom 17.06.2011, Az. 6 SchH 7/11 über die Vollstreckbarerklärung des Endschiedsspruches vom 13.12.2010, erlassen durch das Schiedsgericht bestehend aus den Schiedsrichtern Prof. Dr. S, Dr. N, LL.M. und Dr. T (Vorsitzender) in dem Schiedsverfahren zwischen A Holding AG, B-Adresse, CH C, Schweiz gegen H AG, vormals U-Straße, CH V Schweiz, jetzt I-Straße, CH J, Schweiz, ist von der Schiedsbeklagten an die Schiedsklägerin herauszugeben. 8. Der Beschluss des Schiedsgerichts vom 14.12.2011 wird aufgehoben. II. Zur Widerklage 1. Es wird festgestellt, dass die Schiedsklägerin gegen die Schiedsbeklagte keinen Anspruch auf Herstellung einer Bruchteilsgemeinschaft der Parteien für das Patent Europäische Patentanmeldung Nr. W, angemeldet am 19. April 2006, bzw. Int. Patentanmeldung X, hat. 2. Der Antrag, festzustellen, dass der Lizenzvertrag der Parteien vom 22.05.2007 nicht mehr besteht, wird abgewiesen. 3. Der Antrag, die Schiedsklägerin zu verurteilen, an die Schiedsbeklagte € 921.820,-- zuzüglich Umsatzsteuer nebst 5 % Zinsen ab 17.6.2011 (zu) zahlen, wird abgewiesen. III. Zu den Kosten und Sonstiges 1. Die Schiedsbeklagte hat der Schiedsklägerin binnen 15 Tagen ab Zustellung des Endschiedsspruches Kosten in Höhe von € 35.420,10 zu erstatten. 2. Sämtliche sonstige Anträge der Parteien werden abgewiesen.“ B. Ziff. I. 1, I. 3, I. 6, I. 7 und Ziff. III.1 dieses Schiedsspruchs vom 5. Juli 2013 werden für vollstreckbar erklärt. C. Die Kosten dieses Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. D. Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. E. Der Streitwert wird bis zum 23. September 2013 auf EUR 3.735.670,00 und danach auf EUR 3.699.670,00 festgesetzt. Gründe: I. Die Parteien streiten im Kern darüber, ob ihr Lizenzvertrag vom 22. Mai 2007 wirksam ist und ob der Vertrag über die Lieferung einer Beschichtungsanlage vom 25. Januar 2008 rückabzuwickeln ist, weil die gelieferte Anlage nicht abnahmefähig ist.. Auf die Feststellungen und Gründe des in beglaubigter Abschrift vorgelegten Schiedsspruchs vom 5. Juli 2013 (Anlage ASt 2) wird verwiesen und Bezug genommen. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 5. Juli 2013 listet als Inhalt des Endschiedsspruch (lediglich) die vom Schiedsgericht zugunsten der Antragstellerin getroffenen Entscheidungen (Ziff. I. 1, I. 3, I. 6, I. 7 und III.1 des Tenors) auf. Die vom Schiedsgericht abgewiesenen Anträge (Tenor Ziff. I. 2, I. 4, I. 5 und Ziff. II. 1-3 [Widerklage]) und Tenor Ziff. I. 8 werden nicht genannt. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist der Antragsgegnerin am 9. September 2013 zugestellt worden. Trotz der bis zum 10. Oktober 2013 verlängerten Frist zur Stellungnahme ist keine Erwiderung der Antragsgegenerin eingegangen. Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2013 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin mitgeteilt, diese nicht mehr zu vertreten. Den (ursprünglich ebenfalls angekündigten) Antrag festzustellen, die Antragsgegnerin sei verpflichtet, das Original einer Bürgschaftsurkunde über einen Betrag von 360.000,00 € an die Antragstellerin herauszugeben, hat die Antragstellerin (auf entsprechenden Hinweis des Senats) mit Schriftsatz vom 19.09.2013, bei Gericht eingegangen am 23.09.2013, zurückgenommen. Die Antragstellerin beantragt zuletzt, den Schiedsspruch des Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Rechtsanwalt und Notar Prof. Dr. O, Rechtsanwältin Dr. N, LL.M. und Rechtsanwalt beim BGH Prof. P, LL.M. (Vorsitzender), vom 05.07.2013 wird für vollstreckbar erklärt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den vorgelegten Anlagen verwiesen. II. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zulässig und begründet. Der Schiedsspruch vom 5. Juli 2013 ist für vollstreckbar zu erklären (§§ 1060 ff. ZPO). 1. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ist für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs gemäß 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zuständig, denn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens, Ettlingen, liegt im Gerichtsbezirk. 2. Der in beglaubigter Fotokopie vorgelegte Schiedsspruch (§ 1064 Abs. 1 ZPO) genügt den formalen Wirksamkeitsanforderungen des § 1054 ZPO. Hierfür muss er einen endgültigen Ausspruch eines inländischen Schiedsgerichts im Sinne einer endgültigen Entscheidung über den Streitgegenstand im Ganzen enthalten (Zöller-Geimer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 1054 Rn. 3). Zwar hat die Antragstellerin pauschal beantragt, den Schiedsspruch (...) vom 05.07.2013 für vollstreckbar zu erklären. Dennoch wird ausreichend deutlich, dass die Antragstellerin nicht den gesamten Schiedsspruch für vollstreckbar erklären lassen will. Unterbleibt eine entsprechende Einschränkung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs (versehentlich), so führt eine sachgerechte Auslegung regelmäßig dazu, dass sich der Antrag nicht auf den ganzen Schiedsspruch bezieht, sondern im Zweifel nur auf den für den Kläger günstigen Teil (vgl. Senat, Beschluss vom 15.05.2013 - 10 Sch 1/13; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl. 2014, Anh § 3 Rn. 98 und § 1060 Rn. 6; Lachmann, Handbuch der Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2008, Rn. 2468; Kröll, NJW 2005, 197). Vorliegend hat die Antragstellerin - insbesondere durch die nicht erfolgte Auflistung der von ihr geltend gemachten aber vom Schiedsgericht abgewiesenen Anträge (vgl. Ziff. I. 2, I. 4 und I. 5 des Tenors des Schiedsspruchs) ausreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass (nur) diejenigen Entscheidungen für vollstreckbar erklärt werden sollen, die eine Zwangsvollstreckung seitens der Antragstellerin ermöglichen. 3. Von Amts wegen zu berücksichtigende Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind nicht ersichtlich. Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr.1 ZPO, welche im Vollstreckbarerklärungsverfahren auf Einrede überprüft werden, sind nicht vorgetragen. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist daher begründet. III. Die Kostenentscheidung beruht auf der auch auf Teilrücknahmen anwendbaren Vorschrift (Zöller-Herget, a.a.O., § 92 Rn. 3 m.w.N.) des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die zunächst ebenfalls verlangte Herausgabe der Bürgschaftsurkunde über 360.000,00 EUR bewertet der Senat gemäß § 3 ZPO mit 5 % des Nominalwertes, weil keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, dass ein Missbrauch durch die Antragsgegnerin droht und die jährlichen Avalkosten für eine Bürgschaft nach der Kenntnis des Senats unter 5 % liegen. Mit Blick auf den Gesamtstreitwert handelt es sich um eine verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung, welche nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 1064 Abs. 2 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts orientiert sich am Wert des für vollstreckbar zu erklärenden Schiedsspruchs ohne Hinzurechnung von Zinsen und Kosten (Stein/Jonas- Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1063 Rn. 14; Zöller-Herget, a.a.O., § 3 Rn. 16 „Schiedsrichterliches Verfahren“). Der Senat hat für die Vollstreckbarerklärung nachfolgende Einzelstreitwerte zu Grunde gelegt: I. 1. 1.990.690,00 EUR (unbedingter Zahlungsanspruch) I. 3. 1.512.600,00 EUR (Zahlungsanspruch Zug-um-Zug gegen Rückübertragung) I. 6. 196.380,00 EUR (Anspruch hinsichtlich der Verlagerungskosten) I. 7. (Herausgabe des Beschlusses über die Vollstreckbarerklärung des Endschiedsspruches vom 13.12.2010) III. 1. (Kosten) | |||||
Summary | |||||
The applicant asked the Higher Regional Court of Karlsruhe for a declaration of enforceability of an arbitral award. The court declared the award enforceable. Even though the applicant had generally applied to declare the “arbitral award” enforceable, it was sufficiently clear for the court that the applicant did not wish to have the entire arbitral award declared enforceable. It held that if there is no corresponding restriction of the application for a declaration of enforceability of an arbitral award (inadvertently), a proper interpretation usually leads to the fact that the application does not refer to the entire arbitral award but, in case of doubt, only to the part which is favourable for the applicant. In the present case, the applicant had made it sufficiently clear - in particular by failing to list the applications it had asserted but that were rejected by the arbitral tribunal - that (only) those decisions were to be declared enforceable which enabled the enforcement. |