Gericht | OLG München | Aktenzeichen | 34 Sch 3/12 | Datum | 20.04.2012 |
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Leitsatz | |||||
1. Der Antragsteller hat auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Schiedsspruch keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Denn die Vollstreckbarerklärung dient nicht nur dazu, die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen, sondern auch den Schiedsspruch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen umfassend abzusichern. | |||||
Rechtsvorschriften | §§ 1060 Abs. 1, 1062 Abs. 1, 1062 Abs. 5 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruches; Zuständigkeit des Oberlandesgerichts; Schiedsspruch ohne vollstreckbaren Inhalt; Rechtsschutzbedürfnis | ||||
Volltext | |||||
Beschluss I. Das aus den Schiedsrichtern bestehende Schiedsgericht erließ in dem zwischen dem Antragsteller als Schiedskläger und dem Antragsgegner als Schiedsbeklagten geführten Schiedsverfahren am 25. Oktober 2011 in Stuttgart folgenden Teilschiedsspruch: 1. Es wird festgestellt, dass der Schiedskläger aus der Sozietät „D, Steuerberatungsgesellschaft" ausgeschieden ist. 2. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, dem Schiedskläger oder nach dessen Wahl einem von ihm beauftragten Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe Einsicht zu gewähren in: den kompletten Datenbestand der Buchführungs- und Abschlussbuchungsdaten, also sämtliche Buchungen, die in die Gewinnermittlungen der Sozietät "D, Steuerberatungsgesellschaft" für die Zeiträume vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 und vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 eingeflossen sind, den kompletten Datenbestand der Buchführungs- und Abschlussbuchungsdaten für den Zeitraum bis zum 31.12.2006 sowie alle etwa weiter erforderlichen Buchführungs- und Abschlussbuchungsdaten für die Ermittlung der Auseinandersetzungsbilanz zum 31.12.2006. 3. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, auf Anforderung dem Schiedskläger oder nach dessen Wahl einem von ihm beauftragten Angehörigen der rechts- und steuerberatenen Berufe Einsicht in die Belege, Konto- und Buchführungsunterlagen der Sozietät "D, Steuerberatungsgesellschaft" für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2006 zu gewähren. 4. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, auf Anforderung dem Schiedskläger oder nach dessen Wahl einem von ihm beauftragten Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe Einsicht in die Belege, Konto- und Buchführungsunterlagen der Einzelkanzlei E für den Zeitraum ab 01.01.2007 zu gewähren, soweit diese Vorgänge betreffen, die der Sozietät "D, Steuerberatungsgesellschaft" zuzurechnen sind, insbesondere das allein auf den Beklagten lautende Konto-Nr. F bei der Kreis- und Stadtsparkasse Kaufbeuren. 5. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, die Abfindungsbilanz der Sozietät "D, Steuerberatungsgesellschaft" zum 31.12.2006 bis spätestens drei Monate nach Zustellung des (Schluss)-Schiedsspruchs an den Schiedsbeklagten zu erstellen. 6. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, den Schiedskläger von den gemeinschaftlichen Schulden Kontokorrentkredit Nr. 65 836 39 Stand zum 01.10.2011 EUR117.716,99 Soll Darlehen Nr. 689 660 7063 Stand zum 01.10.2011 EUR 109.447,88 Soll zuzüglich Zinsen und Kosten gegenüber der Kreis- und Stadtsparkasse Kaufbeuren freizustellen oder nach seiner Wahl Sicherheit in Höhe von 227.164,87 EUR zuzüglich Zinsen und Kosten bei der Kreis- und Stadtsparkasse Kaufbeuren zu leisten. 7. Es wird festgestellt, dass zu Gunsten des Schiedsklägers ein Betrag von EUR 1.936,55 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Dezember 2007 in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen ist. 8. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, an den Schiedskläger EUR 24.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 1.200,00 sei dem 06.02.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.03.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 07.04.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.05.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 08.06.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.07.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.08.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 04.09.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.10.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.11.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 07.12.2010 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.01.2011 aus EUR 1.200,00 sei dem 08.02.2011 aus EUR 1.200,00 sei dem 09.03.2011 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.04.2011 aus EUR 1.200,00 sei dem 07.05.2011 aus EUR 1.200,00 sei dem 07.06.2011 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.07.2011 aus EUR 1.200,00 sei dem 06.08.2011 sowie aus EUR 1.200,00 sei dem 07.09.2011 zu bezahlen. 9. Es wird festgestellt, dass der Schiedsbeklagte verpflichtet ist, dem Schiedskläger alle weitere Zahlungen zu ersetzen, die dieser nach dem 23.09.2011 auf die unter Nr. 6 bezeichneten gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten bei der Kreis- und Stadtsparkasse Kaufbeuren leistet. 10. Es wird festgestellt, dass der Schiedsbeklagte verpflichtet ist, den Schiedskläger auch von allen weiteren derzeit noch unbekannten eventuell noch bestehenden gemeinschaftlichen Schulden freizustellen. 11. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussschiedsspruch vorbehalten. II. Dieser Schiedsspruch wird in den Ziffern 1. bis 5. sowie 7. bis 11. für vollstreckbar erklärt. III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens mit Ausnahme der durch die Anrufung des Oberlandesgerichts Stuttgart entstandenen Kosten. Diese trägt der Antragsteller. IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. V. Der Streitwert wird auf 282.000,00 € festgesetzt. Gründe: I. Der Antragsteller begehrt die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs. Unter den Parteien war in Stuttgart ein schiedsgerichtliches Verfahren anhängig. Dieses hat Forderungen, insbesondere Abfindungsansprüche, aus einem am 30.12.1998 geschlossenen Vertrag über eine aus zwei Gesellschaftern bestehende Sozietät von Steuerberatern zum Gegenstand. Gleichzeitig hatten die Parteien einen Schiedsvertrag geschlossen, nach dem alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis, auch zwischen den Gesellschaftern untereinander, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs ein Schiedsgericht entscheidet. Der Schiedskläger kündigte den Sozietätsvertrag mit Schreiben vom 21.12.2006 zum 31. 1.2007 und erhob zur Auseinandersetzung und zur Durchsetzung seiner Abfindungsansprüche Schiedsklage. Nachdem die Parteien hinsichtlich einzelner Punkte den Streit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, erließ das Schiedsgericht unter dem 25.10.2011 in Stuttgart den im Tenor wiedergegebenen Teilschiedsspruch. Der Antragsteller hat unter dem 3.1.2012 beim Oberlandesgericht Stuttgart beantragt, den Teilschiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Auf die erhobene Zuständigkeitsrüge hat der Antragsteller hilfsweise beantragt, das Verfahren an das Oberlandesgericht München zu verweisen. Mit Beschluss vom 6.2.2012 hat sich das Oberlandesgericht Stuttgart für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren gemäß § 281 ZPO an das Oberlandesgericht München verwiesen. Die Parteien haben zuletzt die Hauptsache für erledigt erklärt, soweit der Schiedsbeklagte gemäß Ziffer 6. des Teilschiedsspruchs verpflichtet wird, den Schiedskläger von den gemeinschaftlichen Schulden auf Kontokorrent-/Darlehenskonten der Kreis- und Stadtsparkasse K. freizustellen oder nach seiner Wahl Sicherheit zu leisten. In der Zustimmung des Antragsgegners ist zwar von Ziffer 5.a des Teilschiedsspruchs die Rede, dies entspricht indessen der Bezeichnung von Ziffer 6. des Tenors im Tatbestand des Schiedsspruchs. II. Dem Antrag ist, ohne dass es einer mündlichen Verhandlung bedarf, stattzugeben. 1. Das Oberlandesgericht München ist aufgrund der bindenden Verweisung durch das Oberlandesgericht Stuttgart zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des vorgelegten Schiedsspruchs (§ 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz - GZVJu - vom 16.11.2004, GVBl S. 471). 2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Teilschiedsspruchs ist zulässig und begründet. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung hat der Antragsteller durch Vorlage des Schiedsspruchs in anwaltlich beglaubigter Abschrift erfüllt (§ 1064 Abs. 1 ZPO). Soweit der Schiedsspruch keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, fehlt es doch nicht am Rechtsschutzbedürfnis für den Antragsteller. Auch dann besteht ein rechtlich anzuerkennendes Interesse an der Vollstreckbarerklärung. Denn die Vollstreckbarerklärung dient nicht nur dazu, die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen, sondern auch den Schiedsspruch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen umfassend abzusichern (BGH NJW-RR 2007, 1366; NJW-RR 2006, 995; Senat vom 25.9.2006, 34 Sch 012/06 = OLG-Report 2006, 906). 3. Versagungs- und Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1, § 91a, § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Auch für den erledigt erklärten Teil trifft unter Billigkeitsgesichtspunkten den Antragsgegner die Kostenlast, weil das erledigende Ereignis - Entlassung des Antragstellers aus den dort genannten Kreditverbindlichkeiten - erst erhebliche Zeit nach Anhängigkeit des gegenständlichen Antrags eingetreten ist. 5. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 ZPO anzuordnen. 6. Der Streitwert setzt sich zusammen aus 227.164,87 € für den erledigten Teil (Ziffer 6.) aus 968 € (= 50 % von 1936,55 €) für den Antrag zu Ziffer 7., aus 24.000 € für den Antrag zu Ziffer 8. und ist im Übrigen - entsprechend der Schätzung durch den Antragsteller - mit 30.000 € zu bewerten. | |||||
Summary | |||||
The applicant asked the Higher Regional Court of Munich for a declaration of enforceability of an arbitral award. The court declared the award enforceable. At first, the applicant had asked the Higher Regional Court of Stuttgart to declare the arbitral award enforceable. However, the Higher Regional Court of Stuttgart decided that it had no local jurisdiction to decide the dispute and referred the parties to the Higher Regional Court of Munich pursuant to section 281 of the German Code of Civil Procedure (ZPO). As a result, the Higher Regional Court of Munich was responsible for the decision on the application for a declaration of enforceability due to the binding referral by the Higher Regional Court of Stuttgart (section 1062 subsec. 1 no. 4, subsec. 5 ZPO in conjunction with section 8 of the Ordinance on the Jurisdiction of Courts (GZVJu)). The application was admissible and well-founded. To the extent that the arbitral award had no enforceable content, the applicant did not lack the need for legal protection. The court found that the applicant nevertheless had a legally recognisable interest in the declaration of enforceability. This is because the declaration of enforceability not only serves to enable enforcement, but also safeguards the arbitral award against the assertion of grounds for setting aside. |