20 Sch 4/12


Gericht KG Berlin Aktenzeichen 20 Sch 4/12 Datum 12.11.2012
Leitsatz
1.           Ein Verstoß von § 1057 ZPO gegen Verfassungsrecht ist nicht erkennbar.
2.           Eine Aussetzung nach § 148 ZPO ist angesichts des beschränkten Prüfungsmaßstabs von § 1059 ZPO im Hinblick auf eine anhängige Verfassungsbeschwerde nicht geboten.
3.           Zahlt der Schiedsbeklagte eindeutig und ausweislich seiner Zahlungsbestimmung im Überweisungsträger auf den Schiedsspruch, kann der Schiedskläger diese Zahlung nicht auf behauptete und im Schiedsspruch nicht titulierte Verzugszinsen verrechnen.
Rechtsvorschriften§§ 1057, 1059 ZPO
FundstelleBeckRS 2014, 1217
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebung eines inländischen Schiedsspruchs; Kostenschiedsspruch
Volltext
Beschluss
Geschäftsnummer: 20 Sch 4/12
Der am 5. Februar 2010 von dem Schiedsgericht, bestehend aus dem Präsidenten des Oberlandesgerichts a.D. x als Vorsitzendem und Universitätsprofessor Dr. x sowie Rechtsanwalt Dr. x als Schiedsrichter erlassene Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt, soweit er eine Vollstreckung von mehr als 43.296,00 EUR in der Hauptsache ermöglicht.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin 18 %, der Antragsgegner 82 %.
Der Verfahrenswert wird auf 238.395,94 EUR festgesetzt.
Gründe
Das im Antrag genannte Schiedsgericht hat am 5.2.2010 einen Schiedsspruch erlassen, wonach der Antragstellerin (Schiedsbeklagte zu 2) gegen den Antragsgegner (Schiedskläger) ein Erstattungsanspruch hinsichtlich des geleisteten Vorschusses für die Kosten des Schiedsgerichts in Höhe von 119.431,14 EUR und ihrer außergerichtlichen Kosten in Höhe vom 118.964,80 EUR zusteht. Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner zur Zahlung aus dem Schiedsspruch bis zum 5.3.2010 auf.
Die Antragstellerin hat eingehend bei Gericht am 6.6.2012 einen Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruchs gestellt. Dieser ist dem Antragsgegner am 27.6.2012 zugestellt worden. Am 8.6.2012 hatte der Antragsgegner eine Zahlung an die Antragstellerin von 43.296,00 EUR, im Überweisungstext als "Zahlung aus Schiedsspruch 5.02.2010 SV IV" gekennzeichnet, bewirkt. Mit Schriftsatz vom 7.11.2012 hat die Antragstellerin, nachdem sich der Antragsgegner einem Antrag auf teilweise Hauptsacheerledigung nicht anschließen wollte, den Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung in Höhe von 15.354,68 EUR zurückgenommen.
Die Antragstellerin verrechnet die erhaltene Zahlung lediglich in dieser Höhe auf die Hauptforderung. In übriger Höhe verrechnet sie sie auf die vom 5.3.2010 bis zum 8.6.2012 entstandenen Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
Der Antragsgegner beantragt Aussetzung und Vorlage des Verfahrens nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht, hilfsweise Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über seine Verfassungsbeschwerde (2 BvR 1235/12) gegen die BGH-Entscheidung (III ZB 63/10) im vorgeschalteten Verfahren des Antragsgegners auf Aufhebung des hier streitgegenständlichen Schiedsspruchs.
Zudem verlangt er eine mündliche Verhandlung, weil er materielle Einwendungen gegen den Schiedsspruch habe, die er nach § 767 ZPO verfolge.
Die Antragstellerin habe ihren Anwälten lediglich 28.657,94 EUR gezahlt.
Mit dem Schiedsrichter Prof. x sei telefonisch ein Streitwert für den Schiedsrichtervertrag von 2 Mio EUR verabredet worden, darüber habe auch Einvernehmen mit RA x für die "hiesigen Antragstellerinnen" bestanden: Dasselbe betreffe den Schiedsrichtervertrag mit dem Schiedsrichter Dr. x und x. Entsprechend stünden der Antragstellerin ausgehend von diesem Streitwert nur 38.894 EUR Kostenerstattung zu, dieser Betrag sei bezahlt.
Außerdem hätten sich die Prozessbevollmächtigten der Schiedsbeklagten am 1.2.2008 sittenwidrig darauf geeinigt, auch gegenseitige Interessen wahrzunehmen.
Der Antragsgegner beantragt hilfsweise,
die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch vom 5.2.2012 für unzulässig zu erklären.
II.
Dem Antrag war wie tenoriert nach § 160 ZPO zu entsprechen, weil dem Schiedsspruch in dieser Höhe keine Einwendungen entgegenstehen.
1) a) Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO bestehen nicht und werden vom Antragsgegner auch nicht geltend gemacht. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es in Ansehung von § 1063 Abs. 2 ZPO entsprechend nicht.
b) Einer Aussetzung und Vorlage beim Bundesverfassungsgericht bedurfte es nicht, ein Verstoß von § 1057 ZPO gegen Verfassungsrecht ist nicht erkennbar. Insoweit hält der Senat an seiner den Parteien bekannten Rechtsauffassung aus dem Verfahren 20 Sch 2/10 fest.
c) Einer Aussetzung im Hinblick auf die anhängige Verfassungsbeschwerde bedurfte es ebenfalls nicht, § 148 ZPO. Der Senat hält § 1057 ZPO für verfassungsgemäß und angesichts des beschränkten Prüfungsmaßstabs von § 1059 ZPO eine Verzögerung des Vollstreckbarkeitserklärungsverfahrens im Hinblick auf die anhängige Verfassungsbeschwerde nicht für geboten.
d) Über die "Hilfsvollstreckungswiderklage" war nicht zu entscheiden, da dieser Antrag bei verständiger Auslegung nur als Abweisungsantrag im Vollstreckbarkeitsverfahren verstanden werden kann; da der Schiedsspruch noch nicht vollstreckbar ist, kann derzeit gegen ihn keine Vollstreckungsgegenklage erhoben werden. Die Argumente des Antragsgegners betreffen insoweit die Frage des Umfangs der Vollstreckbarkeitserklärung und werden im Vollstreckbarkeitsverfahren bereits behandelt.
2) Dem Antrag war nur zu entsprechen, soweit der Schiedsspruch eine Vollstreckung über einen Betrag von 43.296,00 EUR hinaus gestattet, weil in dieser Höhe durch die Zahlung des Antragsgegners zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit die titulierte Forderung erloschen ist. Soweit die Antragstellerin die Zahlung auf die nicht titulierten Zinsen verrechnen möchte unter Hinweis auf § 367 BGB geht dies fehl. Der Antragsgegner hat eindeutig ausweislich seiner Zahlungsbestimmung im Überweisungsträger auf den Schiedsspruch gezahlt. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Zinsen sind aber gerade nicht tituliert; so dass sie nicht ernstlich annehmen konnte, eine Zahlung auf den Schiedsspruch auf die behaupteten Verzugszinsen verrechnen zu dürfen.
Soweit der Antragsgegner materielle Einwendungen gegen die Höhe der titulierten Forderung erhebt, ist sein Vortrag zum einen extrem vage und einer Beweiserhebung nicht zugänglich (angebliche sittenwidrige Vereinbarung.), zum anderen unschlüssig: die behauptete Begrenzung der Schiedsrichtervergütung im Schiedsvertrag auf 2 Mio EUR scheitert schon daran, dass es eine Einigung hierüber mit der Antragstellerin nicht ersichtlich gegeben hat. Dass RA x sie vertreten konnte, ist nicht substantiiert vorgetragen.
3) Die Kostenentscheidung folgt aus § 92, 269 Abs. 2 ZPO. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO greift hier nicht, weil die Antragstellerin die Klage nicht unverzüglich zurückgenommen, sondern stattdessen zunächst eine Hauptsacherledigung betrieben hat.
Summary
The applicant asked the Higher Regional Court of Berlin for a declaration of enforceability of an arbitral award on costs. The court partially granted the application.
In the award, the applicant has been granted EUR 238,395.94. Two days after the application has been made, but before it was served on the party opposing the application, the party opposing the application made a payment in the amount of EUR 43,296.00 to the applicant. In the transfer voucher, the party opposing the application clearly referred to the arbitral award on costs. Due to this payment, the applicant withdrew its application in the amount of EUR 15,354.68. Regarding the rest of the payment, the applicant declared a set-off with default interest which arose after the end of a deadline set by the applicant for the payment of the awarded costs.
The court was of the opinion, that section 1057 of the German Code of Civil Procedure (ZPO) is in accordance with the German Basic Law (GG) and due to the limited standard of review of section 1059 ZPO, a delay of the proceedings for the declaration of enforceability was not necessary. Therefore, there was no need for a stay in terms of Art. 100 GG. This was also true for the party opposing the application’s constitutional complaint regarding previous proceedings for the setting aside of the award and a corresponding suspension in terms of section 148 ZPO.
The party opposing the application further alternatively applied for a declaration of inadmissibility of the execution. Since the award has not been enforceable and no action in terms of section 767 ZPO could be raised against it at this point in time, the court interpreted this as an application to refuse the application for a declaration of enforceability.
Lastly, the court found that the claim has expired in the full amount of the party opposing the application’s payment. The latter has clearly determined the obligation imposed in the arbitral award to be performed by its payment and the claimed default interest have not been titled in the award. Therefore, a sett-off with these has not been possible. Insofar as the party opposing the application further objected to the amount of the awarded obligation, the court found that its submissions were extremely vague and not able to be proved by evidence.
The decision on costs followed from sections 92, 269 subsec. 2 ZPO. Section 269 subsec. 3 sentence 3 ZPO was not applicable, since the applicant has not withdrawn its application immediately, but at first has declared the action to be terminated.