6 Sch 14/15


Gericht OLG Hamburg Aktenzeichen 6 Sch 14/15 Datum 20.08.2015
Leitsatz
Im Vollstreckbarerklärungsverfahren darf eine Aufrechnung nur dann berücksichtigt werden, wenn es sich um eine nach Schluss der Schiedsverhandlung entstandene und daher im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung grundsätzlich berücksichtigungsfähige Einwendung handelt, und die Gegenforderung auch nicht der Schiedsabrede unterliegt.


Rechtsvorschriften§§ 1059 Abs. 2, 1060 Abs 1. ZPO


Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteVollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruches; Erteilung der Vollstreckungsklausel; Aufrechnung; Schiedsbefangenheit
Volltext
Beschluss 1. Der am 12.März 2015 durch das Schiedsgericht des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V., bestehend aus den Schiedsrichtern Herrn H und Herrn I sowie Herrn J als Obmann, erlassene Schiedsspruch, dessen Tenor wie folgt lautet: „1. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, der Schiedsklägerin Euro 56.671,64 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über jeweiligen Basiszinssatz/p.a. - auf 4.929,79 Euro seit dem 2. Januar 2013 bis zum 6. Januar 2013 - auf 279,65 Euro seit dem 7. Januar 2013 - auf 32.282,84 Euro seit dem 13. April 2013 bis zum 8. Juli 2013 - auf 28.777,06 Euro seit dem 9. Juli 2013 bis zum 25. März 2014 - auf 8.575,15 Euro seit dem 27. März 2014 - auf 23.430,95 Euro seit dem 30. Dezember 2013 - auf 10.681,72 Euro seit dem 7. März 2014 - auf 23.574,24 Euro seit dem 7. März 2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Schiedsklage abgewiesen. 1. Die Schiedsbeklagte trägt die hiermit auf Euro 4.244,58 festgesetzten Schiedsgerichtskosten. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, der Schiedsklägerin Euro 4.244,58 Schiedsgerichtskosten zu erstatten. 2. Die Berufungsfrist wird auf einen Monat festgesetzt und beginnt mit Ablauf des Tages, an welchem dieser Schiedsspruch der Beklagten zugestellt wird.“ wird für vollstreckbar erklärt. 2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert in Höhe von € 56.671,64 zu tragen. 3. Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe: I. Die Antragstellerin begehrt mit Antrag vom 10. Juni 2015 die Vollstreckbarkeitserklärung des vorstehend in der Beschlussformel wiedergegebenen Schiedsspruches. Die von ihr gewählte Formulierung, sie bitte um Erteilung der Vollstreckungsklausel, hat der Senat als konkludenten Antrag auf Vollstreckbarerklärung ausgelegt, was er den Parteien mit Verfügung vom 14. Juli 2015 mitgeteilt hat. Die Antragstellerin hat die Richtigkeit dieser Auslegung bestätigt. Gegenstand des Schiedsverfahrens war die Inanspruchnahme der Schiedsbeklagten durch die Antragstellerin wegen eines Restkaufpreises aus der Lieferung unterschiedlicher Ananasprodukte der Firma K. Im Schiedsverfahren haben die Parteien darüber gestritten, ob es zwischen ihnen eine Vereinbarung gab, dass die Schiedsklägerin die Kosten für durch die Schiedsbeklagte durchgeführte Werbemaßnahmen übernehme und -soweit das der Fall ist- ob die Schiedsbeklagte diese Kosten gegen die Forderungen der Schiedsklägerin verrechnen könne. Das Schiedsgericht hat der Schiedsklage ganz überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat das Schiedsgericht ausgeführt, die Schiedsbeklagte könne gegen die Restkaufpreisforderung der Schiedsklägerin nicht mit eigenen Forderungen aufrechnen. Es könne dabei dahingestellt bleiben, ob es zwischen den Schiedsparteien eine Vereinbarung gegeben habe, dass die Schiedsklägerin die Kosten für durch die Schiedsbeklagte durchgeführte Werbemaßnahmen übernehme. Denn die zwischen den Parteien vereinbarte Barzahlungsklausel „prompt netto Kasse gegen Rechnung/Andienung“ beinhalte gleichzeitig auch eine Vereinbarung über den Ausschluss einer Aufrechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Schiedsspruches vom 12. März 2015 verwiesen. Der Antragsgegnerin ist mit Verfügung vom 16. Juni 2015 unter Beifügung des Antrags der Antragstellerin vom 10. Juni 2015 und des Schiedsspruches Gelegenheit gegeben worden, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. Die Antragstellerin trägt vor, es sei im Schiedsverfahren bereits ausführlich dargelegt und erörtert worden, dass der Antragsgegnerin keinerlei Forderung gegen die Antragstellerin aus angeblichen Werbemaßnahmen zustehe. Der Antragsgegnerin stünden auch keine darüber hinausgehenden Forderungen gegen die Antragstellerin zu, mit denen aufgerechnet werden könnte. Mit solchen Forderungen wäre die Antragsgegnerin im hiesigen Verfahren im Übrigen präkludiert. Die Antragsgegnerin macht geltend, die Erteilung einer Vollstreckungsklausel bedürfe der vorherigen Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs, die bisher weder vorliege noch beantragt sei. Die Vollstreckung wäre im Übrigen missbräuchlich, da sie noch offene Forderungen gegenüber der Antragstellerin habe. Es handele sich um Forderungen aus erbrachten Werbemaßnahmen sowie um weitere Forderungen, die nicht in das schiedsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien. Soweit das Schiedsgericht auf die Vereinbarung „prompt netto Kasse gegen Rechnung/Andienung“ abgestellt habe, lasse es unberücksichtigt, dass die Kontrakte nicht von den Parteien unterschrieben und individuelle Absprachen hinsichtlich der Verrechnung der Kosten getroffen worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. II. Wie eingangs dargelegt, handelt es sich bei dem Antrag der Antragstellerin vom 10. Juni 2015 um einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches vom 12. März 2015. Diesem Antrag ist zu entsprechen. 1.) Die begehrte Vollstreckbarkeitserklärung richtet sich nach §§ 1060 ff ZPO. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 1062 Abs.1 Nr.4 ZPO. Die Antragstellerin hat mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung den Schiedsspruch im Original vorgelegt. Damit ist der Vorschrift des § 1064 Abs.1 ZPO Genüge getan. Die Antragsgegnerin hat Gelegenheit gehabt, zum Begehren der Antragstellerin in angemessener Frist Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat sie Gebrauch gemacht. Aufhebungsgründe gemäß § 1059 Abs.2 Nr.1 ZPO wurden nicht begründet geltend gemacht. Von Amts wegen zu beachtende Aufhebungsgründe, die gemäß § 1060 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 1059 Abs. 2 ZPO die Vollstreckbarerklärung hindern würden, sind nicht gegeben. Es sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Hindernisgründe bestanden, den Gegenstand des Streites auf schiedsrichterlichem Wege zu regeln, noch dafür, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs der öffentlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland widerspricht. Die Antragsgegnerin wendet sich ohne Erfolg gegen die Behandlung ihrer behaupteten Gegenforderung im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen durch das Schiedsgericht. Denn im Vollstreckbarerklärungsverfahren findet eine Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruches nicht statt (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 1059 Rz. 47). Soweit die Antragsgegnerin darüber hinaus weitere Gegenforderungen behauptet, fehlt sowohl substantiierter Vortrag zu diesen weiteren Forderungen als auch zur Aufrechnungslage. Vor dem staatlichen Gericht darf eine Aufrechnung im Übrigen nur berücksichtigt werden, wenn es sich um eine nach Schluss der Schiedsverhandlung entstandene und daher im Verfahren der Vollstreckbarerklärung grundsätzlich berücksichtigungsfähige Einwendung handelt (BGH SchiedsVZ 2008, 40 Rn. 31 f.), und die Gegenforderung auch nicht der Schiedsabrede unterliegt (BGHZ 60, 85/89; BGH NJW-RR 2008, 556 Rn. 10). Auch hierzu fehlt jeder Vortrag der Antragsgegnerin. Die Vorschrift des § 1063 ZPO ist beachtet worden.
2.) Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 1064 Abs. 2 ZPO. Ü 3.) Über den hilfsweise gestellten Antrag der Antragsgegnerin auf „Vollstreckungsschutz“ war nicht zu entscheiden, da die Antragsgegnerin trotz einen gerichtlichen Hinweises vom 14. Juli 2015 nicht erläutert hat, was sie darunter versteht.
Summary
OLG Hamburg 6 Sch 14/15 The applicant asked the Higher Regional Court of Hamburg to issue a court certificate of enforceability (“Erteilung der Vollstreckungsklausel”) for an arbitral award. The court understood the applicant as to be seeking a declaration of enforceability and declared the award enforceable. Subject of the arbitral proceedings was a claim of the applicant about a remaining purchase price for the supply of various pineapple products. It was disputed between the parties whether the applicant had to bear costs for advertising activities carried out by the party opposing the application, and - if so - whether the party opposing the application could set off these costs against the claim of the applicant. The court found that no grounds that could prevent the declaration of enforceability pursuant to section 1061 subsec. 2 of the German Code of the Code of Civil Procedure (ZPO) in conjunction with section 1059 subsec. 2 ZPO existed. As there can be no review of the factual correctness of an arbitral award in proceedings for a declaration of enforceability, the party opposing the application unsuccessfully challenged the arbitral tribunal's treatment of its alleged counterclaims. In addition, the court ruled that a set-off before a state court in enforceability proceedings can only be taken into account if it concerns a claim that arose after the arbitral proceedings ended and the counterclaim is not subject to the arbitration agreement. However, insofar as the party opposing the application brought forward different counterclaims before the court, there was no substantiated submission both on these further claims and on the possible set-off.