Gericht | OLG Naumburg | Aktenzeichen | 10 Sch 02/06 | Datum | 17.07.2006 |
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Leitsatz | |||||
Kostenbefreiung bzgl. Gerichtskosten für Aufhebungsverfahren gem. §§ 1059, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO für ein Gemeindeunternehmen (Abwasserzweckverband). | |||||
Rechtsvorschriften | § 1059 ZPO, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO § 22 GKG i.V.m. Nr. 1620 GKG, § 66 GKG § 116 GO LSA, § 16 GKG-LSA § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, inländisch; - Verfahren, Kostenentscheidung | ||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S: Auf die Erinnerung des Antragstellers wird die Kostenrechnung der Kostenbeamtin des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20.Februar 2006 aufgehoben. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. G r ü n d e: I. Der Antragsteller begehrt die Aufhebung des Schiedsspruchs vom 21.Oktober 2005 nebst Ergänzungsschiedsspruch vom 16.März 2006, mit denen das angerufene Schiedsgericht über die Vermögensauseinandersetzung nach Ausscheiden der Antragsgegnerin aus dem antragstellenden Abwasserzweckverband entschieden hat. Die Kostenbeamtin hat die mit Einlegung des Aufhebungsantrages fällig gewordene Verfahrensgebühr für das gerichtliche Aufhebungsverfahren gemäß § 22 GKG in Verbindung mit Nr. 1620 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz mit Kostenrechnung vom 20.Februar 2006 - rechnerisch unbeanstandet - in Höhe von 12.812,00 Euro angesetzt. Gegen die Kostenrechnung vom 20.Februar 2006 richtet sich die Erinnerung des Antragstellers, mit der er geltend macht, dass er als Abwasserzweckverband gemäß § 7 Abs.1 Nr.2 Justizkostengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (im Folgenden: JKostG LSA) gerichtsgebührenbefreit sei. Die Kostenbeamtin des Oberlandesgerichts Naumburg hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Die Bezirksrevisorin hat sich in ihrer Stellungnahme vom 24.April 2006 der Nichtabhilfeentscheidung der Kostenbeamtin angeschlossen. II. Die gemäß § 66 Abs.1 GKG zulässige Erinnerung des Antragstellers gegen den Kostenansatz ist auch in der Sache begründet und führt zur Aufhebung der Kostenberechnung vom 20.Februar 2006. Der Antragsteller ist im vorliegenden Verfahren vor den ordentlichen Gerichten von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit. Eine Kostenbefreiung des antragstellenden Zweckverbandes ist allerdings nicht kraft Bundesrecht nach § 2 Abs.1 GKG gegeben. Der Antragsteller verfügt über einen eigenen Haushalt; er wird nicht - wie nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs.1 GKG vorausgesetzt - nach einem Haushaltsplan des Bundes bzw. des Landes Sachsen-Anhalt verwaltet (vgl. ebenso Beschluss des 1. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Naumburg vom 01.August 2000, 1 U 77/99, JMBl. LSA 2000, 261-263). Die Kostenbefreiung folgt hier allerdings aus § 7 Abs.1 Nr.2 JKostG LSA. Danach sind die Kommunen und die Gemeindeverbände im Bundesland Sachsen-Anhalt von der Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtsgebühren freigestellt, soweit die Angelegenheit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmungen betrifft. Der antragstellende Abwasserzweckverband gilt nicht als wirtschaftliches Unternehmen im Sinne der Vorschrift (vgl. ebenso, OLG Naumburg, 12.Zivilsenat, Beschluss vom 09.Mai 2006, 12 U 227/01). Die Frage, ob eine wirtschaftliche Unternehmung vorliegt, beurteilt sich nach § 116 GO LSA in Verbindung mit § 16 Abs.1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit vom 26.Februar 1998 (im Folgenden: GKG-LSA). In Sachsen-Anhalt stellt die Abwasserbeseitigung - als Aufgabe der Daseinsvorsorge - grundsätzlich eine Pflichtaufgabe der kommunalen Selbstverwaltung dar, die den Kommunen im eigenen Wirkungskreis obliegt (vgl. § 151 Abs. 1 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt - WG LSA - vom 21. April 1998, GVBl 1998, 186 i.V.m. §§ 2 und 4 GO LSA). Zur Erfüllung dieser gesetzlichen Pflichtaufgabe können sich Gemeinden gemäß § 6 Abs.1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit vom 26.Februar 1998 (im Folgenden: GKG-LSA ) zu einem Zweckverband zusammenschließen. Der Zweckverband ist gemäß § 7 GKG-LSA eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, auf die mit ihrer Entstehung nach Maßgabe des § 9 Abs.1 GKG-LSA das Recht und die Pflicht der beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften, die übertragenen Aufgaben zu erfüllen und die dazu notwendigen Befugnisse auszuüben, übergehen. Gemäß § 16 Abs.1 GKG-LSA sind auf den Zweckverband die Vorschriften für Gemeinden sinngemäß anzuwenden, mithin auch hinsichtlich der Zulässigkeit wirtschaftlicher Unternehmen § 116 GO-LSA . Gemäß § 116 Abs.1 GO LSA in der Fassung des Artikel 2 des Gesetzes über das kommunale Unternehmensrecht vom 03.April 2001 (GVBl. LSA, S.136) können sich Gemeinden unter den dort genannten Voraussetzungen in den Rechtsformen des Eigenbetriebes, der Anstalt des öffentlichen Rechts oder in einer Rechtsform des Privatrechts auch außerhalb ihrer öffentlichen Verwaltung wirtschaftlich betätigen. Die ursprünglich in § 116 GO LSA vorgesehene Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Unternehmen ist mit dem Inkrafttreten des Artikel 2 des Gesetzes über das kommunale Unternehmensrecht vom 03.April 2001 allerdings aufgegeben worden. In den Gesetzesmaterialien wird dies damit begründet, dass die Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Unternehmen ihre praktische Bedeutung nahezu völlig verloren habe und die Gesetzesänderung eine notwendige Folge aus der seinerzeit bereits weitgehend vollzogenen Vereinheitlichung der Vorschriften des kommunalen Wirtschaftsrechts auch für nicht-wirtschaftliche Unternehmen sei (vgl. Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 26.April 2000 , Drs.3/3022, S.22). Als Handlungsinstrumentarien für eine wirtschaftliche Betätigung "außerhalb der öffentlichen Verwaltung? hält § 116 Abs.1 GO LSA die Unternehmensform des Eigenbetriebes, der Anstalt des öffentlichen Rechts sowie eine Rechtsform des Privatrechts bereit. Sich wirtschaftlich zu betätigen bedeutet danach das Recht der Kommunen, Unternehmen in den benannten Rechtsformen zu unterhalten, zu errichten, zu übernehmen, wesentlich zu erweitern oder sich daran zu beteiligen (vgl. Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 26.April 2000 , Drs.3/3022, S.24). Der Antragsteller hat sich zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe der Abwasserbeseitigung indessen keines dieser Rechtsformen des § 116 Abs.1 GO LSA bedient, obwohl hier die Möglichkeit bestanden hätte, nach Maßgabe der einschränkenden Voraussetzungen des §§ 116 ff. GO LSA wirtschaftlich in der Rechtsform eines Eigenbetriebes tätig zu werden (vgl. BFH DB 2000, 1845 1846 zitiert nach juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 9. SenatTeilurteil | Abfallbeseitigungs- Straßenreinigungs- und Abwassergebühren: ansatzfähige Kosten i.S.d. KAG NW, OVG - für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Dezember 1994 9 A 2251/93 , Neue Zeitschrift für Verwaltungsrec ht - NVwZ - 1995, 1238, zu der Parallelregelung in § 89 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen a.F. vom 13. August 1984, GVBl 1984, 475; Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 18a Rz. 14, 16). Im vorliegenden Fall ist der Antragsteller aus einem Zusammenschluss kommunaler Gebietskörperschaften zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung der Abwasserbeseitigung auf den Gemeindegebieten hervor gegangen (§ 6 Abs1 S.1 GKG-LSA) und nimmt insofern - wie bereits ausgeführt - die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 7 GKG-LSA) ein, auf die gemäß § 9 Abs.1 GKG-LSA die Rechte und Pflichten der beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften übergegangen sind. Da der antragstellende Zweckverband nicht in der von § 116 GO Abs.1 LSA für eine wirtschaftliche Unternehmung vorgegebenen Rechtsform gehandelt hat, sondern als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 7 Abs.1 GKG-LSA) die den beteiligten Kommunen nach § 151 Abs.1 S.1 Wassergesetz LSA obliegende Pflichtaufgabe der Abwasserbeseitigung übernommen hat, wird er an deren Stelle innerhalb der öffentlichen Verwaltung tätig (vgl. ebenso OLG Naumburg, 12.Zivilsenat, Beschluss vom 09.Mai 2006, 12 U 227/ 01). Für Zweckverbände im Sinne des § 6 Abs.1 GKG-LSA, die der Abwasserbeseitigung dienen, sind die Vorschriften über Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen zwar gemäß § 16 Abs.2 GKG-LSA entsprechend heran zu ziehen. Die Tatsache, dass die benannten Regelungskomplexe des Eigenbetriebsgesetzes auf den Abwasserverband entsprechend anzuwenden sind, rechtfertigt aber noch nicht eine vollständige Gleichsetzung mit der Unternehmensform des Eigenbetriebes auch im Hinblick auf die Beurteilung einer wirtschaftlichen Betätigung nach § 116 GO LSA . Der Wortlaut des § 116 Abs.1 GO LSA, der für ein wirtschaftliches Betätigen außerhalb der öffentlichen Verwaltung die dort benannten Unternehmensformen vorsieht, lässt für eine erweiternde Anwendung an sich keinen Raum(vgl. ähnlich OLG Naumburg, 12.Zivilsenat, Beschluss vom 09.Mai 2006, 12 U 227 / 01). Das Handlungsspektrum des § 116 Abs.1 GO LSA ist für die Organisation und den Betrieb des Antragstellers hier indessen nicht in Anspruch genommen worden Aus alledem folgt, dass dem Antragsteller die Gerichtsgebührenbefreiung nach § 7 Abs.1 Nr.2 JGKG LSA zugute kommt. III. Eine Kostenentscheidung ist nach § 66 Abs.8 GKG nicht veranlasst. | |||||
Summary | |||||
Antragsteller ist ein Abwasserzweckverband, dem sich die Antragsgegnerin, zur Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe der Abwasserbeseitigung angeschlossen hatte. Nachdem Streitigkeiten über die Wirksamkeit der Mitgliedschaft der Ag. im Zweckverband entstanden sind, schlossen die Parteien im November 2003 eine Schiedsvereinbarung, nach der die Mitgliedschaft der Ag. ab 31.12.2003 als beendet galt und die vermögensrechtlichen Folgen des Ausscheidens durch ein Schiedsgericht zu klären waren. Das Schiedsgericht hatte mit Schiedsspruch vom 21.10.2005 bzw. Ergänzungsschiedsspruch vom 16.03.2006 über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung entschieden. Der Antragsteller beantragt die Aufhebung der beiden Schiedssprüche wegen Wirkungslosigkeit gem. § 1059 ZPO. Gegen Festsetzung der Gerichtskosten für den Aufhebungsantrag hat der Ast. Erinnerung eingelegt, der das OLG stattgegeben hat. Die Befreiung von Gerichtskosten folgt aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 JKosG LSA. Danach sind Kommunen und Gemeindeverbände von der Kostenpflicht befreit, soweit die Angelegenheit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmungen betrifft. Der Abwasserzweckverband gilt nicht als wirtschaftliches Unternehmen gem. § 116 GO LSA. |