8 Sch 02/00


Gericht OLG Brandenburg Aktenzeichen 8 Sch 02/00 Datum 11.05.2000
Leitsatz
Festsetzung der Parteientschädigung durch das Schiedsgericht ohne vorherige Anhörung und in einer Höhe, die die Kosten des Schuldners um das Dreifache übersteigt, stellt keine Verletzung des ordre public (materiell oder verfahrensrechtlich) dar.
Rechtsvorschriften§ 1059 Abs. 2 Ziff. 2 lit. b ZPO
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerkl
Volltext
B E S C H L U S S
Es wird angeordnet, daß der Schiedsspruch des Einzelschiedsgerichts der ICC International Chamber of Commerce, unter Mitwirkung des Fürsprechers G.F. als Einzelschiedsrichter, vom 20. April 1999, Case No. 9645/JK/DK, nach dem UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist.Dieser Beschluß ist - ohne Sicherheitsleistung - vorläufig vollstreckbar.G r ü n d e :I.Die Parteien schlossen unter dem 5. Januar 1994 einen Kaufvertrag. Die Gläubigerin mit Sitz in B/Ungarn veräußerte dem Schuldner einen Bus Typ 546 Überlandlinienausführung zum Preise von 126.065,00 DM. Die Parteien vereinbarten die Geltung des Schweizer materiellen Rechts. Rechtsstreitigkeiten sollten durch einen von der lnternationalen Handelskammer ernannten Schiedsrichter am Prozeßort B/Schweiz entschieden werden. Nach der Auslieferung des Busses machte der Schuldner Mängel geltend.Der Schuldner reichte im August 1997 vor der ICC International Chamber of Commerce Klage ein und begehrte Zug um Zug gegen Rückgabe des Busses die Rückzahlung des Kaufpreises. Mit Schiedsspruch des Einzelschiedsgerichts der ICC International Chamber of Commerce vom 20. April 1999 ist die Klage abgewiesen worden; weiter ist der Schuldner verurteilt worden, die Gerichtskosten, vom Schiedsgerichtshof bestimmt auf USD 10.000,00, zu bezahlen und der Gläubigerin den geleisteten Vorschuß von USD 5.000,00 zu ersetzen sowie der Gläubigerin eine Parteientschädigung von pauschal CHF 15.000,00 zu leisten. Die Gläubigerin beantragte unter dem 31. März 2000, den ausländischen Titel, durch den der Schuldner zur Leistung der Parteientschädigung von pauschal CHF 15.000,00 verurteilt worden ist, für vollstreckbar zu erklären. Der Schuldner ist der Auffassung, es liege ein Verstoß gegen § 1059 Abs. 2 Ziff. 2 lit. b ZPO vor. Der Verstoß liege darin, daß ohne vorherige Anhörung die Parteientschädigung in einer Höhe festgesetzt worden sei, die seine eigenen angemeldeten Kosten mindestens um das Dreifache übersteige.II.Der Antrag ist begründet. Die formellen Voraussetzungen für die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus dem Titel nach schweizerischem Recht liegen vor. Der Anerkennung stehen keine Versagungsgründe entgegen. 1. Bei dem Titel handelt es sich um einen Schiedsspruch im Sinne des Art. 1 Abs. 2 UN-Übereinkommens für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (UN-Übk.). 2. Die erforderlichen Urkunden gem. Art. 4 Abs. 1 UN-Übk. liegen im Original vor. 3. Das Vorbringen des Schuldners läßt einen Versagungsgrund nach Art. 5 UN-Übk. für den auf Anerkennung eines ausländischen Titels gerichteten Antrag nicht erkennen. a) Verstöße gegen den materiellen ordre public (Art. 5 Abs. 2 lit. b UN-Übk.) liegen nicht vor. Nach der Entscheidung BGHZ 123, 268, 270 ist eine ausländische Entscheidung mit dem deutschen materiellen ordre public nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter - hätte er zu entscheiden gehabt - aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis. gekommen wäre; maßgeblich ist vielmehr, ob das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, daß es nach, inländischer Vorstellung untragbar erscheint. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Schiedsgerichts nicht zu beanstanden. Das gilt namentlich für die im Schiedsspruch näher begründete Höhe der festgesetzten Parteientschädigung, die hinter der von der Gläubigerin angemeldeten Parteientschädigung sogar noch zurückbleibt. b) Ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public besteht nicht. Ein Versagungsgrund ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, daß es nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (BGH NJW 1990, 2201, 2202). Ein solcher fundamentaler Verfahrensverstoß liegt nicht vor. Weder eine etwa unterbliebene vorherige Anhörung noch die festgesetzte Höhe der Parteientschädigung reicht für die Annähme eines solchen Verfahrensverstoßes aus. III.Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, weil die dafür aufgestellten Voraussetzungen nicht gegeben sind (§§ 1065 Abs. 1, 546 Abs. 1 ZPO).
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