16 SchH 01/99


Gericht OLG Schleswig Aktenzeichen 16 SchH 01/99 Datum 24.06.1999
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs Leitsätze der Redaktion: 1.Bei Entscheidungen im Rahmen einer vereinbarten Kompetenz- Kompetenz des Schiedsrichters ist das staatliche Gericht auf die Nachprüfung der Gültigkeit der sog. Kompetenz-Kompetenz-Klausel beschränkt. 2. Ein Verstoß gegen den ordre public liegt nach deutschem Recht nur vor, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Zusammenlebens regelt, oder wenn er mit deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Dabei sind ausländische Schiedssprüche ist im Hinblick auf den ordre public regelmäßig einem weniger strengen Regime als die inländischen Schiedsgerichtsentscheidungen zu unterwerfen, weil zwischen dem ordre public interne und dem ordre public international zu unterscheiden ist.
Rechtsvorschriften§ 1025 Abs.4 ZPO, § 1061 Abs. 1 ZPO; Art. V Abs 1 lit b UNÜ, Art. V Abs. 1 lit c UNÜ, Art. V Abs. lit d UNÜ, Art. 5 Abs. 2 lit b UNÜ Art. 4 § 1 Abs. 2 SchiedsVfG
FundstelleYearbook Comm. Arb'n XXIX (2004), S. 687ff.
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungsverfahren Anerkennungsverfahren Vollstreckbarerklärungsverfahren: - ICC; - Vollstreckbarerklärung Aufhebungsgründe Versagungsgründe: - Ungültigkeit Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung; - ultra petita; - nicht ordnungsg
Volltext
B E S C H L U S S
I. Der Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters des Schiedsgerichtshofes der Internationalen Handelskammer in Paris vom 30. September 1998 - ICC Nr. 8472/HV/JK/DK - wird in der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Beschluß ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Verfahrenswert beträgt 199.633,60 DM.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin ist ein slowenischer Metallverarbeitungsbetrieb, der unter anderem Metallverschlüsse herstellt und verkauft. Die Beklagte ist ein chemisches Unternehmen und auch im Bereich des Vertriebs von Verpackungen für Lebensmittel tätig.
Am 23. April 1991 schlossen die "Fa. ... " und die Antragsgegnerin einen Vertrag, wonach erstere der Antragsgegnerin "das Recht des exclusiven Verkaufs für Verschlüsse in verschiedenen Größen und Qualität" in Deutschland erteilte. Gemäß Artikel 3 des Vertrags sollte die Antragsgegnerin die Importe im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchführen.
Artikel 10 des Vertrages lautet:
"Der Vertragspartner verpflichtet sich, alle bei Erfüllung dieses Vertrages evtl. entstehenden Streitfragen zunächst einvernehmlich zu lösen.
Falls eine einvernehmliche Lösung nicht zustande kommt, gilt folgendes:
Alle sich aus dem Vertrag ergebenden Streitigkeiten werden nach der Vergleichs- und Schiedsgerichfsordnung der internationalen Handelskammer von einem oder mehreren gemäß dieser Ordnung ernannten Schiedsrichtern endgültig entschieden. Das Schiedsgericht entscheidet auch über das auf den Vertrag anzuwendende Recht.
Sofern sich die Parteien im Schiedsgerichtsverfahren nicht auf einen anderen Schiedsort einigen können, ist der Schiedsort Paris."
Bei den Verschlüssen, die Gegenstand des Vertrages sind, handelt es sich um sogenannte "Twist-Off Verschlüsse" (Abk.: "T.O.V."), wie sie überwiegend im Lebensmittelbereich zum Verschliessen von Konservengläsern benutzt werden. Die Verschlüsse bestehen aus einem Metalldeckel, dessen Innenseite mit einer Kunststoffbeschichtung, dem sogenannten "Compound", versehen ist. Zweck dieser Beschichtung ist, ein luftdichtes Verschliessen herzustellen, um die Ware gegen Verderb zu sichern.
Die Gläser und ihr Inhalt werden - sobald sie gefüllt und mit dem Verschluss versehen sind - (bei 120°C) sterilisiert oder (bei 60-70°C) pasteurisiert.
Der Vertrag wurde für die Dauer von fünf Jahren, beginnend ab 1. Mai 1991, abgeschlossen, und sollte sich unter bestimmten Bedingungen jeweils um ein Jahr verlängern.
Die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien lief bis in die Mitte des Jahres 1992 ohne Probleme. Von da ab berichtete die Antragsgegnerin von zahlreichen Reklamationen aus ihrer Kundschaft wegen fehlerhafter Dichtung der Verschlüsse nach dem Sterilisationsverfahren.
Von August 1992 bis Mai 1993 verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den Parteien. Die Antragstellerin bestritt die Reklamationen der Antragsgegnerin zum größten Teil oder stellte sie in Zweifel, während die Antragsgegnerin ihrerseits Forderungen aus der Rückgabe bereits bezahlter Waren und Schadenersatzansprüche geltend machte, die sie mit ausstehenden Rechnungen der Antragstellerin verrechnete.
Nachdem die Antragstellerin vergeblich Zahlungen angemahnt hatte, kündigte sie mit Schreiben vom 9. Juni 1993 den Vertrag.
Am 30. November 1994 reichte sie Schiedsklage (bestehend aus Zahlungs- und Feststellungsklage) beim Schiedsgerichtshof der ICC in Paris ein, der die Sache einem Einzelschiedsrichter übertrug. Dessen Aufgaben wurden gemäß Art 13 der Schiedsgerichtsordnung der internationalen Handelskammer (in der seit 1. Januar 1988 gültigen Fassung, nachfolgend: SchO) in dem Schiedsauftrag der Parteien vom 30. Dezember 1995 geregelt. Nach dessen Ziffer 11 sollten die Bestimmungen der Schiedsgerichtsordnung des Internationalen Schiedsgerichtshofes der ICC gelten und, soweit diese keine Bestimmungen enthielt, die Vorschriften der deutschen Zivilprozeßordnung (§§ 1025 ff) für das Verfahren gelten. Als materielles Recht sollte deutsches Recht Anwendung finden.
Die Antragsgegnerin bestritt bereits im Schiedsverfahren, daß die Antragstellerin (Schiedsklägerin) mit der vertragsschließenden S. identisch oder deren Rechtsnachfolgerin sei, so daß die Schiedsabrede im Verhältnis zur Antragstellerin gar nicht eingreife.
Der Einzelschiedsrichter erließ am 30. September 1998 folgenden Schiedsspruch:
1. Die G. wird verurteilt, an die S. d.d. den Betrag von DM 199.633,60 zu bezahlen. Sie wird auch verurteilt, Zinsen auf den Gegenwert von SIT 11.826.286,62 mit Zinssatz von 18% ab dem 16.05.1993 zu bezahlen. Die Zahlung solcher Zinsen kann entweder in SIT oder in DM unter Berücksichtigung des am Tag der Zahlung gültigen Wechselkurs erfolgen.
2. Es wird festgestellt, dass der am 23. April 1991 geschlossene Vertragshändlervertrag durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 9. Juni 1993 wirksam beendet worden ist.
3. Alle übrigen Anträge der Parteien werden hiermit als unbegründet erklärt und abgewiesen.
4. Die G. soll die Kosten dieses Schiedsverfahrens in Höhe von US $ 19.000 und DM 15.063,90 für Anwaltkosten tragen, und dementsprechend, unter Berücksichtigung ihres schon bezahlten Kostenvorschusses, die Beträge von US $ 14.OOO.und DM 15.063,90 an die S. d.d. erstatten.
Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung dieses Schiedsspruches. Dem tritt die Antragsgegnerin mit folgenden Erwägungen entgegen:
Der Schiedsspruch und das Schiedsverfahren litten unter einer Fülle von Mängeln, die jeder für sich, aber auch in ihrer Gesamtheit so schwer wögen, daß dem Schiedsspruch die Anerkennung zu versagen sei. Zusammengefaßt macht sie geltend:
1. Der Schiedsrichter sei nicht zuständig gewesen (Verstoß gegen Artikel V Abs. 1 c des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ)
2. Der Schiedsrichter sei über das Klagbegehren hinausgegangen (Verstoß gegen Artikel V Abs. 1 d, Abs. 2 b UNÜ).
3. Der Schiedsrichter sei über den Schiedsauftrag der Parteien hinausgegangen (Verstoß gegen Artikel V Abs. 1 d UNÜ).
4. Das schiedsrichterliche Verfahren habe nicht der Vereinbarung der Parteien entsprochen (Verstoß gegen Artikel V Abs. 1 d UNÜ).
5. Der Schiedsgerichtshof habe in unzulässiger Weise Einfluß auf den Inhalt des Schiedsspruches genommen (Verstoß gegen Artikel V Abs. 2 b UNÜ).
6. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs sei verletzt worden (Verstoß gegen Artikel V Abs. 1 b), Abs. 2 b) UNÜ).
7. Der Schiedsrichter sei befangen gewesen, wobei seine Befangenheit auch noch im Schiedsspruch selbst zum Ausdruck gekommen sei und daher jetzt noch gerügt werden könne (Verstoß gegen Artikel V Abs. 1 d UNÜ).
8. Der Schiedsspruch sei in entscheidungserheblichen Passagen schlicht nicht verständlich und leide unter gravierenden Widersprüchen, die so schwerwiegend seien, daß sie unter dem Gesichtspunkt des ordre public nicht hingenommen werden könnten (Verstoß gegen Artikel V Abs. 2 b UNÜ).
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Antragsgegnerin wird auf ihren Schriftsatz vom 22. Februar 1999 (Bl. 65ff) Bezug genommen. Im übrigen wird auf die bis zur mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.
II.
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist gemäß §§ 1025 Abs. 4, 1061 Abs. 1 ZPO (nF) in Verbindung mit dem UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (nachfolgend: UNÜ) - BGBl 1961 II, S. 121 - zulässig und begründet.
1. Die (örtliche) Zuständigkeit des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr 4, Abs. 2 ZPO, weil die Antragsgegnerin ihren Sitz im hiesigen Bezirk hat.
Die förmlichen Anerkennungsvoraussetzungen nach Art 4 UNÜ sind erfüllt.
2. Einwand fehlender/gültiger Schiedsvereinbarung:
a) Die Antragsgegnerin macht geltend, mit der Antragstellerin bestehe keine Schiedsabrede, weil diese nicht Rechtsnachfolgerin des (ehemaligen) Staatsbetriebes S. (= "S. alt") sei, mit dem der Vertrag vom 23. April 1991 noch geschlossen worden sei. Dieser Betrieb sei im Zuge der Veränderungen im ehemaligen Jugoslawien in drei selbständige Teilbetriebe aufgespalten worden. Die Antragstellerin sei als Neugründung, nicht aus einer Umwandlung der "S. alt" entstanden, die auch nach der Neugründung der Antragstellerin Anfang 1992 noch fortbestanden habe. Auf die Antragstellerin seien zwar gewisse, aber eben nicht alle früheren Rechtsbe-ziehungen, insbesondere auch nicht der hier streitgegenständliche Rahmenvertrag übergegangen.
Der Sache nach handelt es sich hierbei um einen Versagungsgrund nach Art. 5 Abs. 1 lit a, Art 2 UNÜ.
Das Schiedsgericht hat diese Frage geprüft und im Sinne der Antragstellerin entschieden, die sich aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen als Rechtsnachfolgerin der "S. alt" angesehen hat (Zif 8.1.1 des Schiedsspruches).
(1) Diese Entscheidung bindet den Senat, weil die Parteien für diese Frage eine sog. Kompetenz-Kompetenz des Schiedsrichters vereinbart haben. Sie ergibt sich aus dem "Schiedsauftrag" (Aufgabe gemäß Art 13 der ICC-Schiedsgerichtsordnung) vom 30. Dezember 1995. Denn dort sind unter Ziffer 8 die einzelnen Streitfragen bezeichnet, die der Schiedsrichter nach dem Willen der Parteien entscheiden sollte. Ziffer 8.1. "Eigenschaft und Vertretung der Klägerin" betrifft die u.a. vom Schiedsrichter zu entscheidende Frage, ob die Antragstellerin Rechtsnachfolgerin der Vertragspartnerin ("Firma S.") der Antragsgegnerin ist. Von dieser Frage hängt aber ab, ob eine die Parteien bindende Schiedsabrede vorliegt, Art 5 Abs. 1 lit a iVm Art 2 UNÜ ("... die eine Vereinbarung im Sinne des Art 2 geschlossen haben"). Unerheblich ist, daß die Antragstellerin im Verlauf des Schiedsverfahrens ihr Vorbringen in diesem Punkt ergänzte, wie im einzelnen auch im Schiedsspruch unter Ziffer 8.1.1. (S. 16ff) dargelegt ist, was dann Anlaß für die Antragsgegnerin war, daraufhin mit Schriftsatz vom 20. Juni 1996 die Einrede der fehlenden Zuständigkeit des Schiedsgerichts mangels Schiedsabrede zwischen den Parteien gegen das Verfahren schlechthin zu erheben.
(2) In einem solchen Fall ist das staatliche Gericht auf die Nachprüfung der Gültigkeit der sog. Kompetenz-Kompetenz-Klausel beschränkt (BGH NJW 1991, 2215ff; NJW-RR 1988, 1526, 1527 mwN). Bedenken gegen die Wirksamkeit der von den Parteien nach dem Entstehen der Streitigkeit vereinbarten Kompetenz-Kompetenz-Klausel bestehen nicht.
§ 1040 Abs. 3 (n.F.) ZPO, wonach die Kompetenz-Kompetenz jetzt allein bei den Gerichten liegt, ist auf das schiedsrichterliche Verfahren der Parteien nicht anzuwenden. Denn für schiedsrichterliche Verfahren, die bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22. Dezember 1997 schon begonnen hatten, ist das bisherige Recht maßgeblich, Art 4 § 1 Abs. 2 SchiedsVfG, worauf die Antragsgegnerin selbst zutreffend hinweist. Zudem haben die Parteien für das schiedsrichterliche Verfahren vorrangig die Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer in Paris in der seinerzeit (ab 1. Januar 1988) gültigen Fassung vereinbart und nur subsidiär die Bestimmungen des zehnten Buches der ZPO a.F. (Schiedsauftrag Ziffer 11).
Der Hinweis der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, sie habe seinerzeit gar keine andere Möglichkeit gehabt als den Schiedsauftrag zu unterzeichnen, ist unerheblich und in der Sache auch nicht zutreffend. Zum einen hätte sie darauf dringen können, diese für sie so bedeutsame Frage vom Schiedsauftrag auszunehmen, d.h. dem Schiedsrichter nicht die Frage der Rechtsnachfolge zur Entscheidung zu übertragen (Zif. 8.1. des Schiedsauftrages), zum anderen hätte sie notfalls auch die Möglichkeit nach Maßgabe der Art 13 Nr. 2, 8 Nr. 3 SchO gehabt, die Unterzeichnung des Schiedsauftrages zu verweigern. In diesem Fall hätte der Schiedsrichter zwar (auch) über seine eigene Zuständigkeit entscheiden müssen und entschieden (Art 8 Nr. 3 u. 4 SchO), aber mangels Kompetenz-Kompetenz ohne Bindungswirkung für die staatlichen Gerichte (zB Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 21. Aufl. 1994, Anh. zu § 1044 Rn 67).
b) Mit dem auf Art 5 Abs. 1 lit c) UNÜ gestützten Versagungsgrund, der Streit über die Zahlungsansprüche der Antragstellerin sei von der Schiedsabrede nicht erfaßt, kann die Antragsgegnerin im Vollstreckbarerklärungsverfahren ebenfalls nicht mehr gehört werden.
Das Schiedsgericht, das sich mit der Frage der Reichweite der Abrede eingehend befaßt hat, hat dies bejaht. Diese Entscheidung bindet den Senat, weil die Parteien vereinbart haben, daß das Schiedsgericht auch über Gültigkeit und Reichweite der Schiedsabrede eine die staatlichen Gerichte bindende Entscheidung erlassen kann (sog. Kompetenz-Kompetenz).
Diese (nachträgliche) Vereinbarung ergibt sich ebenfalls aus dem "Schiedsauftrag" vom 30. Dezember 1994. Nach Ziffer 8.2 haben die Parteien dem Schiedsrichter die Aufgabe übertragen, über die Frage seiner Zuständigkeit für die Zahlungsklage und damit über die Reichweite des Schiedsabrede verbindlich zu entscheiden. Das hat nichts damit zu tun, daß nach Art 13 Nr. 2, Art 8 Nr 3 SchO der Schiedsrichter über seine eigene Zuständigkeit entscheiden kann, wenn eine Partei Einwände "in bezug auf das Vorhandensein oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung" erhebt und sich aus diesem Grund weigert, an der Aufgabenbestimmung mitzuwirken oder die "Aufgabe" des Schiedsrichters zu unterzeichnen (vgl hierzu Stein/Jonas/Schlosser, aaO, Anh. zu § 1044 Rn 67).
Bedenken gegen die Wirksamkeit der von den Parteien nach dem Entstehen der Streitigkeit vereinbarten Kompetenz-Kompetenz-Klausel bestehen aus den bereits dargelegten Gründen nicht.
3. Unbegründet ist der auf den Versagungsgrund gemäß Art 5 Abs. 1 lit c) und d), Abs. 2 lit b) UNÜ gestützte Einwand, der Schiedsrichter sei über das Klagebegehren und den Schiedsauftrag hinausgegangen:
a) Im Zinspunkt wendet die Antragsgegnerin letztlich nur ein, die schiedsrichterliche Entscheidung sei falsch. Damit kann sie nicht gehört werden.
b) Auch hinsichtlich des der Antragstellerin zuerkannten Hauptanspruchs sind Versagungsgründe
nicht gegeben. Streitgegenstand war die bezifferte Forderung über (rund) 224.000 DM, die zunächst nur nicht ordnungsgemäß spezifiziert worden war. Es geht nicht um ein Kontokorrent, wie die Antragsgegnerin meint, sondern um nichts anderes als die offene Abrechnungsdifferenz, bestehend aus der Summe der Forderungen der Antragstellerin unter Berücksichtigung der von ihr erteilten Gutschriften und als berechtigt anerkannten Gegenforderungen der Antragsgegnerin. Das ist letztlich ein Problem des § 366 BGB und so vom Schiedsrichter auch behandelt worden.
In der Sache liegt es so, daß die zunächst zu Recht als unschlüssig, wenn nicht schon wegen unbestimmten Streitgegenstandes als unzulässig beanstandete Klage die Antragstellerin hatte es versäumt, im einzelnen darzulegen, auf welche Rechnungen und zu welchem Teil sie die unstreitigen Zahlungen (145.958,89 DM) und anerkannten Gegenforderungen (34.657,61 DM) der Antragsgegnerin verrechnet hatte, also aus welchen Einzelforderungen sich ihre Klageforderung zusammensetzte letztlich ordnungsgemäß begründet und dadurch Mängel geheilt wurden. Das hat nichts mit einer unzulässigen Änderung des Streitgegenstandes zu tun, so daß der Einwand der "ultra petita" ins Leere geht.
Das Schiedsgericht hat seiner Entscheidung den bereits in der Schiedsklage als offenen Ausgangsbetrag von 258.858,01 DM genannten Betrag zugrunde gelegt. Das einzige "Mißverständnis", das der Schiedsrichter zulässigerweise aufgeklärt hat, ist der Wert der Rücklieferungen im Umfang von 236.658,33 DM und seine Berücksichtigung. Die Klageforderung der Antragstellerin errechnete sich nämlich aus ihren nach Berücksichtigung dieser - bereits im Jahr 1992 erfolgten - Rücklieferungen verbleibenden offenen Forderungen, war also um diesen Betrag bereits bereinigt (Schiedsspruch Zif. 8.2.1/ S. 31). Dies berücksichtigt, ergibt sich auf der Grundlage des Rechenwerks der Antragsgegnerin (Ziff II 2 d ihres Schriftsatzes vom 16. Februar 1998 Bl. 68, 90,91) der Betrag des der Antragstellerin zuerkannten Zahlungsanspruchs.
4. Ohne Erfolg macht die Antragsgegnerin geltend, das schiedsrichterliche Verfahren habe nicht der Vereinbarung der Parteien entsprochen (Versagungsgrund nach Art 5 Abs. 1 lit b) u. d), Abs. 2 lit
b) UNÜ), weil der Schiedsrichter sich über die vereinbarten Verfahrensregeln hinweggesetzt habe.
a) In der Sache wirft die Antragsgegnerin dem Schiedsgericht hier vor, es habe fehlerhaft die angebotenen Beweismittel nicht erschöpft, insbesondere die von ihr benannten deutschen Zeugen (Aufstellung im Schiedsauftrag unter Ziffer 11), die nicht freiwillig vor dem Schiedsgericht zu erscheinen bereit gewesen seien, nicht durch die staatlichen (deutschen) Gerichte vernehmen lassen, obwohl für das Verfahren subsidiär auch die Anwendung der §§ 1025ff a.F. ZPO vereinbart gewesen seien.
b) Der Schiedsrichter hat die erschienenen Zeugen vernommen, eine weitere Beweisaufnahme zur Sachverhaltsfeststellung (Art 14 SchO iVm § 1034 a.F. ZPO) aber nicht für erforderlich erachtet, wie der Begründung des Schiedsspruches zu entnehmen ist (S. 9/23ff). Abgesehen davon, daß der Grundsatz der Beweismittelerschöpfung im Schiedsverfahren nicht gilt (Stein/Jonas/Schlosser aaO, § 1044 a.F. Rn 52), stellen etwaige Mängel der Sachverhaltsfeststellung ohnehin keinen Versagungsgrund gemäß Art 5 Abs. 1 lit. b), d) UNÜ dar.
c) Das Vorbringen der gemäß Art 5 Abs. 1 UNÜ darlegungs- und beweispflichtigen Antragsgegnerin ergibt zudem schlüssig Verfahrensfehler des Schiedsgerichts nicht, wobei dahingestellt bleiben kann, ob im Anwendungsbereich des Art 5 Abs. 1 lit d) UNÜ jeder oder nur wesentliche (oder gar nur schlechthin unvertretbare) Verfahrensfehler ausreichen (vgl zB Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 5. Aufl. 1995, Kap. 57 IV, Rn 13 mwN - S. 496 -; Aden, NJW 1993, 1964ff; Stein-Jonas aaO, Anh. zu § 1044, Rn 73 mwN). Die Antragsgegnerin legt nicht dar, daß es auf die Aussage sämtlicher von ihr benannten Zeugen angekommen wäre, daß oder inwieweit der Schiedsspruch auf diesem (unterstellten) Verfahrensfehler beruhen könnte, zu welchen entscheidungserheblichen Fragen sich also die Nichterschöpfung der angebotenen Beweise zu ihren Lasten ausgewirkt haben soll.
d) Die Auffassung der Antragsgegnerin, der Schiedsrichter habe die Grundsätze eines fairen Verfahrens mißachtet, wird durch ihr tatsächliches Vorbringen hierzu nicht gestützt. Anhaltspunkte finden sich auch nicht in dem Schiedsspruch und dessen Begründung, wo ausführlich auf die Verfahrensgeschichte eingegangen wird. Die Gründe, die den Schiedsrichter zu einer "Neubewertung" der Sach- und Rechtslage nach Ablehnung seines Vergleichsvorschlages durch die Antragstellerin veranlaßten, hat er im einzelnen dargelegt. Zu dem ergänzenden Vorbringen der Antragstellerin zur Zusammensetzung ihrer Klageforderung hatte die Antragsgegnerin Gelegenheit zur Stellungnahme, die sie auch nutzte. Von einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör oder einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann ebensowenig die Rede sein wie von einer Überraschungsentscheidung.
5. Einwand, der Schiedsgerichtshof habe in unzulässiger Weise auf den Inhalt des Schiedsspruches Einfluß genommen (Art 5 Abs. 1 lit. d), Abs. 2 lit b) UNÜ):
Die Antragsgegnerin führt keine tauglichen Anhaltspunkte für diesen Einwand auf. Ihr Vorbringen ist auf Ausforschung gerichtet. Aus Art 21 SchO ergibt sich darüber hinaus, daß der Schiedsgerichtshof Änderungen in der Form des ihm vom Schiedsrichter als Entwurf vorzulegenden Schiedsspruches verlangen kann, ein Schiedsspruch außerdem nicht ergehen kann, ohne daß er vom Schiedsgerichtshof in der Form genehmigt worden ist.
6. Versagungsgrund der Gehörsverletzung; Art 5 Abs. 1 lit b), Abs. 2 lit b) UNÜ:
Dieser Einwand ist aus den bereits dargelegten Gründen nicht begründet. Der Antragsgegnerin wurde ausweislich des Schiedsspruchs stets Gelegenheit zur Stellungnahme zum Vorbringen der Antragstellerin gegeben, die sie auch nutzte. Das Vorbringen der Antragsgegnerin ergibt darüber hinaus schlüssig eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht. Dazu gehörte nämlich die Darlegung dessen, was sie denn - mit der Möglichkeit der Beeinflussung der Entscheidung - vorgetragen hätte, wenn ihr das nach ihrer Auffassung versagte rechtliche Gehör gewährt worden wäre.
7. Befangenheit des Schiedsrichters, Art 5 Abs. 1 lit d) UNÜ:
Die Antragsgegnerin hat im Schiedsverfahren von ihrem Recht der Befangenheitsablehnung (Art 2 Abs. 8 SchO) Gebrauch gemacht. Der Schiedsgerichtshof hat den Antrag für unbegründet erachtet. Damit hat es sein Bewenden, weil nicht ersichtlich ist, daß diese Entscheidung - etwa wegen evidenter Befangenheitsgründe - grob fehlerhaft gewesen sein könnte. Im weiteren Verlauf des Verfahrens angeblich sich ergebende neue Befangenheitsgründe hätten innerhalb der vorgegebenen Fristen erneut geltend gemacht werden müssen. Nachträglich ist dies nicht mehr möglich.
8. Die schiedsrichterliche Entscheidung verstößt nicht gegen den - von Amts wegen zu beachtenden - ordre public, Art 5 Abs.2 lit b) UNÜ:
Ein Verstoß gegen den ordre public liegt nach deutschem Recht nur vor, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Zusammenlebens regelt, oder wenn er mit deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht (zB BGH NJW-RR 1991, 757). Dabei entspricht es ganz überwiegender Meinung, daß die Anerkennung ausländischer Schieds-sprüche auch im Hinblick auf den ordre public regelmäßig einem weniger strengen Regime als die inländischen Schiedsgerichtsentscheidungen zu unterwerfen ist, weil zwischen dem ordre public interne und dem ordre public international zu unterscheiden ist (zB BGH NJW 1990, 2199, 2200; Stein-Jonas-Schlosser aaO, Anh. zu § 1044 Rn 86). Generell wird deshalb einem (ausländischen) Schiedsspruch nur bei offensichtlichen und schwerwiegenden Mängeln, die fundamentale Rechtswerte berühren und die das Entscheidungsergebnis als nicht mehr trag- und hinnehmbar erscheinen lassen, die Anerkennung zu versagen sein. Davon kann hier nach dem Inhalt des Schiedsspruches (einschließlich seiner Begründung) unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerin keine Rede sein.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläu-fige Vollstreckbarkeit auf § 1064 Abs. 2 ZPO.
Summary