6 Sch 04/02


Gericht OLG Hamburg Aktenzeichen 6 Sch 04/02 Datum 27.08.2002
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs. Leitsatz der Redaktion: Eine Beglaubigung im Sinne des Art. IV Abs. 2 UNÜ kann sowohl von einem Berufskonsul als auch von einem Honorarkonsul wirksam vorgenommen werden
Rechtsvorschriften§ 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 1064 Abs. 1 ZPO, § 1064 Abs. 2 ZPO, § 1064 Abs. 3 ZPO; Art. IV Abs. 2 UNÜ; Art V Abs. 1 lit. c UNÜ, Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ, Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteSchiedsvereinbarung: - Inhalt, Bestimmtheit Umfang Schiedsspruch: - formale Anforderungen, Kostenfestsetzung Aufhebungsverfahren Anerkennungsverfahren Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - Vollstreckbarerklärung;
Volltext
B E S C H L U S S
Das Schiedsurteil des Schiedsgerichts in Göteborg, bestehend aus dem Vorsitzenden .... sowie den Schiedsrichtern ... und ... vom 12. Februar 2002, das auf Seite 9, erster Absatz, wie folgt lautet:
" ... und ... werden gesamtschuldnerisch verurteilt,
an ...., ... und ... SEK einhundertfünfundzwanzigtausend / 125.000 / als Ersatz für deren Kosten der Rechtsverfolgung im Schiedsverfahren zu zahlen, wobei sich die Gesamtsumme aus SEK 100.000 für Honorare der Prozessbevollmächtigten sowie SEK 25.000 Umsatzsteuer zusammensetzt."
wird in Höhe eines Betrages von SEK 112.500 für vollstreckbar erklärt.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller als Gesamtschuldner 10 % und die Antragsgegner als Gesamtschuldner 90 % zu tragen.
Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
G R Ü N D E:
I. Die Antragsteller begehren die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs.
Die Antragsteller veräußerten mit Vertrag vom 1. Oktober 1999 ihre sämtlichen Aktien an der Firma ..., Aktiengesellschaft schwedischen Rechts, an die Antragsgegner. § 7 dieses Vertrages enthält eine Schiedsgerichtsklausel.
Nach Abschluss des Kaufvertrages machten die Antragsteller gegenüber den Antragsgegnern Ansprüche auf eine nachträgliche Kaufpreisanpassung geltend und riefen deshalb das Schiedsgericht in Göteborg an. Die Antragsgegner ließen sich in diesem Verfahren von Advokat ... aus Göteborg vertreten. Einwände gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts erhoben sie nicht. Nach Verhandlung am 22. Januar 2002 verkündete das Schiedsgericht am 12. Februar 2002 sein Schiedsurteil. Seite 9 enthält in Absatz 1 eine Kostenentscheidung zu Lasten der Antragsgegner in Höhe von SEK 125.000, Absatz 2 auf Seite 9 eine solche zu Lasten der Antragsteller in Höhe von SEK 12.500.
Die Antragsteller begehren die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs hinsichtlich der Kostenentscheidung zu ihren Gunsten. Sie haben eine beglaubigte Abschrift des Vertrages vom 1. Oktober 1999 mit der Schiedsgerichtsklausel und des Schiedsurteils vom 12. Februar 2002 eingereicht und weiter beglaubigte Übersetzungen der Schiedsgerichtsklausel und des Schiedsurteils in die deutsche Sprache. Die Beglaubigungen hat der Schwedische Honorarkonsul ... aus Frankfurt am Main vorgenommen.
Die Antragsgegner treten dem Begehren der Antragsteller entgegen. Die Schiedsklausel in § 7 des Kaufvertrages betreffe nicht den vorliegenden Streit, sie gelte nur für solche Streitigkeiten, die anlässlich des Vertrages aufgetreten seien und erfasse nicht die behauptete Abrede, um die es in dem Schiedsverfahren gegangen sei. Die Schiedsgerichtsklausel sei unzutreffend übersetzt worden. Ein Honorarkonsul sei auch keine "diplomatische oder konsularische Vertretung" im Sinne des Art. IV Abs. 2 UN-Übereinkommen.
Sie hätten die Aufhebung des Schiedsspruchs vor den ordentlichen Gerichten in Göteborg beantragt. Das Schiedsurteil verstoße gegen den deutschen ordre public. Das Urteil des Schiedsgerichts dürfe nicht im Gegensatz zu seinen Entscheidungsgründen stehen, danach hätte ausschließlich ... verurteilt werden dürfen. Die zusätzliche Verurteilung von ... stehe offensichtlich im Gegensatz zu den Feststellungen in der Entscheidung.
Nach dem Schiedsurteil hätten die Antragsteller ihnen SEK 12.500 an Anwaltskosten zu erstatten. Insoweit werde die Aufrechnung erklärt.
II. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs des Schiedsgerichts in Göteborg vom 12. Februar 2002 ist zulässig und ganz überwiegend sachlich gerechtfertigt:
a) Die begehrte Vollstreckbarerklärung richtet sich gemäß § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO nach dem UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121 - im nachfolgenden: UNÜ). Auch wenn das Schiedsgericht seine Entscheidung mit Schiedsurteil überschrieben hat, so liegt doch zweifelsfrei ein Schiedsspruch im Sinne des UNÜ vor.
b) Die Antragsteller haben mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eine beglaubigte Urschrift des Schiedsspruches und eine beglaubigte Urschrift der Vereinbarung, in der die Schiedsgerichtsabrede enthalten ist, vorgelegt. Damit ist § 1064 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO genüge getan. Die Übersetzung der genannten Urkunden in die deutsche Sprache ist von einem konsularischen Vertreter beglaubigt worden. Das entspricht Art. IV Abs. 2 UNÜ. Soweit die Antragsgegner geltend machen, dass ... der die Beglaubigung vorgenommen hat, Honorarkonsul und kein Berufskonsul sei, so greift dieser Einwand nicht durch. Art. IV Abs. 2 UNÜ spricht allgemein von einem konsularischen Vertreter und macht keine Unterscheidung zwischen Berufs- und Honorarkonsuln.
c) Ein Versagungsgrund im Sinne von Art. V Abs. 1 c) UNÜ liegt nicht vor. Dabei kann dahinstehen, welche Übersetzung von § 7 des Kaufvertrages, der die Schiedsgerichtsklausel enthält, in die deutsche Sprache zutreffend ist. Auch wenn man den Antragsgegnern folgen wollte, so betrifft das Schiedsurteil auch dann "Streitigkeiten anlässlich des Vertrages". Die Antragsteller haben nämlich zunächst begehrt, die Antragsgegner zur Herausgabe sämtlicher erworbenen Aktien gegen Rückerstattung des Kaufpreises nebst Zinsen zu verurteilen. Diesen Antrag haben sie nicht weiter verfolgt und stattdessen beantragt, das Schiedsgericht möge feststellen, dass zwischen den Parteien ein Vertrag bestehe, wonach, bezogen auf den Zeitpunkt des Aktienkaufes, eventuell hinzukommende Vermögenswerte oder Schulden, zu einer nachträglichen Anpassung des Kaufpreises führen sollten. Weiter haben sie die Feststellung beantragt, dass dieser Vertrag beinhalte, dass ... und ... verpflichtet seien, ... Ersatz für die Rückerstattung von finanziellen Mitteln zu leisten, die die Gesellschaft von der ... erhalten habe oder noch erhalten könnte. Diese Anträge, denen das Schiedsgericht entsprochen hat, beziehen sich eindeutig auf den Vertrag der Parteien und betreffen damit Streitigkeiten anlässlich des Vertrages. Der Kaufvertrag und eine mündliche Abrede, die am Tag des Vertragsschlusses unmittelbar nach der Unterzeichnung getroffen worden sein soll, sind nämlich auszulegen gewesen.
d) Der Schiedsspruch ist zwischen den Parteien auch verbindlich, Art. V Abs. 1 e) UNÜ. Die von den Antragsgegnern in Schweden erhobene Aufhebungsklage steht dem nicht entgegen. Denn der Schiedsspruch ist bis heute nicht aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden.
e) Ein Verstoß gegen den ordre public, Art. V Abs. 2 b) UNÜ liegt nicht vor. Der Vortrag der Antragsgegner beinhaltet insoweit einerseits materiell-rechtliche Einwendungen, die in diesem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung nicht zu prüfen sind und weiter, und das ist entscheidend, ist nichts dafür ersichtlich, dass die Kostenentscheidung, die beide Antragsgegner belastet, mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts oder gar mit den Grundrechten unvereinbar ist. Das Schiedsgericht hat dem Feststellungsbegehren gegen beide Antragsgegner stattgegeben, seine Kostenentscheidung ist folgerichtig und entspricht § 91 ZPO. Die Vollstreckung dieses Schiedsspruchs widerspricht nicht der öffentlichen Ordnung in Deutschland.
f) Die von den Antragsgegnern erklärte Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch ihrerseits greift durch. Die Antragsteller sind nach dem Schiedsspruch verpflichtet, den Antragsgegnern Kosten in Höhe von SEK 12.500 zu erstatten. Mit diesem Gegenanspruch kann zulässigerweise in diesem Verfahren die Aufrechnung erklärt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit entspricht § 1064 Abs. 2 und 3 ZPO.
Summary