2 Sch 02/04


Gericht OLG Bremen Aktenzeichen 2 Sch 02/04 Datum 07.07.2004
Leitsatz
Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs
Im Vollstreckbarkeitsverfahren sind gegen den Schiedsspruch zur Aufrechnung gestellte Forderungen nach all.M. zu berücksichtigen, wenn diese unstreitig oder rechtskräftig sind.
Streitige Forderungen sind jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie durch wirksame Vereinbarung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zugewiesen wurden.
(Ls. der Red.)
Rechtsvorschriften§ 767 ZPO, § 1060 Abs. 1 ZPO
§ 366 Abs. 1 BGB
Fundstelle
Aktenzeichen der Vorinstanz
StichworteAufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerkl
Volltext
B E S C H L U S S:
Der Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters Prof. Dr. ... Bremen vom 3.4.2003 wird in Höhe eines Teilbetrages von Euro 5.536,63 nebst 7,47% jährlicher Zinsen auf Euro 2.536,63 seit dem 1.11.2002 und auf Euro 3.000,- seit dem 1.12.2002 für vollstreckbar erklärt.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Von den Kosten dieses Verfahrens haben der Antragsteller 73% und die Antragsgegner 27% zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf Euro 20.280,20 festgesetzt.
G r ü n d e:
Der Antragsteller (AS) begehrt teilweise Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs des Einzelschiedsrichters Prof. Dr. ... vom 3.4.2004.
Der AS war von 1963 bis einschließlich 1997 Mitglied einer Lüneburger Sozietät von Rechtsanwälten und Notaren, deren heutige Mitglieder die Antragsgegner (AG) sind. Durch schriftlichen Sozietätsvertrag aus dem Jahre 1981 wurden ausscheidenden Partnern der Sozietät bestimmte Versorgungsansprüche eingeräumt. Zudem wurde für den Fall von Streitigkeiten hinsichtlich der genannten Versorgungsansprüche die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die den Parteien bekannten Entscheidungen des Einzelschiedsrichters vom 3.4.2003 sowie des 2.Senats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 4.12.2003 verwiesen.
Durch diesen Schiedsspruch vom 3.4.2003 wurden die AG zur Zahlung von Euro 27.000,- nebst 7,47% Zinsen auf je Euro 3.000,- ab unterschiedlichen Daten wegen der Versorgungsansprüche für den Zeitraum April 2002 bis Dezember 2002 verurteilt. Der 2. Senat des HOLG in Bremen wies durch Beschluss vom 4.12.2003 den Aufhebungsantrag der AG zurück. Wegen eines Teilbetrages von Euro 6.719,80 legten die AG Beschwerde ein, über die der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden hat.
Die AG berechneten die angeblichen Versorgungsansprüche des AS mit Schreiben vom 6.1.2004 und zahlten danach einen Betrag von Euro 14.743,57 an den AS.
Der AS trägt vor, hinsichtlich des Differenzbetrages von Euro 20.280,20 sei der Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, da über den Anspruch wegen der Versorgungsansprüche zumindest in dieser Höhe rechtskräftig entschieden worden sei. Erfolgte Zahlungen seien insoweit nicht zu verrechnen bzw. von dritter Seite unter Vorbehalt der Rückforderung erfolgt. Im Übrigen seien die AG gehindert, weitere Einwendungen in diesem Verfahren geltend zu machen. Gegenrechte müssten im Wege der Vollstreckungsabwehrklage durchgesetzt werden.
Der AS b e a n t r a g t,
den Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters Prof. Dr. ... aus Bremen vom 3.4.2003 in Höhe eines Teilbetrages von Euro 20.280,20 nebst hierauf entfallenden anteiligen Zinsen und Kosten für vollstreckbar zu erklären.
Die AG b e a n t r a g e n,
den Vollstreckbarkeitsantrag des Schiedsklägers vom 19.4.2004 zurückzuweisen.
Die AG tragen vor, die Forderung des AS aus dem Schiedsspruch sei durch endgültige Abrechnung und Erfüllung durch Zahlung bzw. Verrechnung erledigt. Durch den Schiedsspruch sei nur über den Vorschussanspruch des AS entschieden worden. Zwischenzeitlich sei über die Versorgungsansprüche des Jahres 2002 endgültig abgerechnet worden. Der sich demnach ergebende Anspruch des AS von Euro 31.433,57 sei zwischenzeitlich bezahlt worden. Der AS habe für die Monate Januar, Februar und März 2002 insgesamt Euro 9.970,20 erhalten. Ferner habe der ehemalige Partner Dr. ... im Jahre 2001 Euro 6.719,80 an den AS gezahlt. Hieraus habe sich eine Überzahlung ergeben, die nun mit den Ansprüchen für 2002 zu verrechnen sei. Der Restbetrag von Euro 14.743,57 sei zwischenzeitlich bezahlt worden und mit dem Anspruch aus dem Schiedsspruch zu verrechnen.
II.
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 3.4.2003 ist zulässig und wegen eines Teilbetrages von Euro 5.536,63 begründet.
Der Antrag ist zulässig, weil es sich um einen inländischen Schiedsspruch handelt, der einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
Der Antrag ist lediglich wegen eines Teilbetrages von Euro 5.536,63 begründet und hinsichtlich des Restbetrages von Euro14.743,57 unbegründet, weil insoweit wegen einer Verrechnungsbestimmung eine Verrechnung mit dem Anspruch aus dem Schiedsspruch vorzunehmen ist und die anderen von den AG erhobenen Einwendungen wegen der Schiedsgerichtsvereinbarung in diesem Verfahren nicht geltend gemacht werden können.
In diesem Verfahren muss die in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage nicht entschieden werden, ob der jeweilige Schuldner im Verfahren gemäß § 1060 I ZPO unmittelbar Einwendungen gegen den Anspruch erheben kann oder ob er auf das Klagverfahren gemäß § 767 ZPO zu verweisen ist (dafür: OLG Stuttgart in MDR 2001,595 und BayObLG in JZ 2000,1170; dagegen: OLG Hamm in NJW-RR 2001,1362, Zöller, ZPO, 24.A., Rdnr. 4 zu § 1060 m.w.N,). Allgemeine Übereinstimmung besteht nämlich soweit, dass unstreitige oder aber rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen zu berücksichtigen sind. Ferner sind strittige Gegenpositionen im Verfahren gemäß § 1060 I ZPO nicht zu beachten, wenn und soweit diese durch wirksame Vereinbarung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zugewiesen wurden (Vgl. dazu Wagner in JZ 2001,599,600). Hieraus ergibt sich in diesem Verfahren folgende Bewertung hinsichtlich der von den AG geltend gemachten Gegenpositionen:
a) Zahlung von Euro 14.743,57:
Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die AG nach Absendung des Schreibens vom 6.1.2004 diesen Betrag gezahlt haben. Entgegen der Auffassung des AS war diese Zahlung gemäß § 366 I BGB mit dem Anspruch aus dem Schiedsspruch zu verrechnen, da erkennbar eine entsprechende Verrechnungsbestimmung vorgenommen wurde. Die AG hatten die angeblichen Versorgungsansprüche des AS für 2002 mit dem genannten Schreiben abgerechnet und Zahlung in bestimmter Höhe angekündigt. Im Laufe dieses Verfahrens haben die AG die angeblichen Versorgungsansprüche für 2002 gemäß Schriftsatz vom 10.5.2004 erneut abgerechnet, ferner wurde der Betrag von Euro 14.743,57 als noch zu zahlen bezeichnet. Sodann wurde dieser Betrag nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien gezahlt. Aus Sicht eines objektiven Empfängers kann es damit nach Auffassung des Senats keinem Zweifel unterliegen, dass diese Zahlung mit der genannten Verrechnungsbestimmung erfolgte.
b) Zahlungen im Januar, Februar und März 2002 von Euro 9.970,20:
Angesichts der genannten Zeiträume war der Schiedsspruch ersichtlich nicht betroffen. Hier machen die AG Gegenansprüche auf Grund der Gesamtabrechnung der Versorgungsbezüge für 2002 geltend. Der Schiedsspruch wird hierdurch nur mittelbar berührt. Derartige Streitigkeiten wurden von den Parteien der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zugewiesen. Mithin können diese Ansprüche im Verfahren gemäß § 1060 I ZPO nicht primär beim staatlichen Gericht geltend gemacht werden.
c) Angebliche Überzahlung im Jahre 2001 durch Dr. ... in Höhe von Euro 6.719,80:
Auch insoweit ist zwischen den Parteien die Tatsache der Zahlung durch Dr. ... unstreitig. Streit zwischen den Parteien besteht jedoch darüber, ob der AS unter bestimmten Voraussetzungen - Ausgang u.a. dieser .Auseinandersetzung - die Summe zurückerstatten muss. Auch diese Frage betrifft den Grund bzw. die Höhe der Versorgungsansprüche des AS, für die die Zuständigkeit des Schiedsgerichts vereinbart wurde. Also ist auch diese streitige Zahlung in diesem Verfahren nicht zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 1064 II ZPO.
Summary
Facts:
Die Parteien hatten für Streitigkeiten über Versorgungsansprüche aus einem Sozietätsvertrag schiedsgerichtliche Streiterledigung vereinbart. Durch Schiedsspruch vom 03.04.2003 wurden die Antragsgegner zur Zahlung von 27.000 Euro nebst Zinsen an den Antragsteller verurteilt. Der Antragsteller beantragte die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs in Höhe von 20.280,20 Euro, nachdem die Antragsgegner ihm zuvor einen von ihnen als Versorgung errechneten Betrag von 14.743,57 Euro gezahlt hatten.
Grounds:
Der Senat hat dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung lediglich in Höhe von
5.536, 63 Euro stattgegeben. Die restlichen 14.743,57 Euro waren in seinen Augen gemäß § 366 Abs. 1 BGB mit dem Anspruch aus dem Schiedsspruch zu verrechnen, da seitens der Antragsgegner erkennbar eine entsprechende Verrechnungsbestimmung vorgenommen wurde. Bei dieser Entscheidung spielte die strittige Frage, ob der Schuldner im Verfahren nach § 1060 Abs. 1 ZPO Einwendungen gegen den Anspruch selbst erheben kann oder auf das Klageverfahren nach § 767 ZPO zu verweisen ist, nach den Feststellungen des Senats keine Rolle. Denn Übereinstimmung bestehe darin, dass unstreitige oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen bei der Vollstreckbarerklärung zu berücksichtigen seien. Weitere von den Antragsgegnern geltend gemachte Gegenpositionen ließ der Senat unberücksichtigt, da sie nach seinem Dafürhalten der schiedsgerichtlichen Entscheidung unterlagen und mithin im Verfahren nach § 1060 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigt werden konnten.