Gericht | OLG München | Aktenzeichen | 34 Sch 22/08 | Datum | 28.01.2009 |
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Leitsatz | |||||
1. Zu den Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut. 2. Grundsätze der Kostenentscheidung bei teilweiser Erledigung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung. | |||||
Rechtsvorschriften | ZPO §§ 91 ff., §§ 1053, 1060 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 | ||||
Fundstelle | SchiedsVZ 2009, 127 | ||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | |||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S: I. Das aus den Schiedsrichtern ... bestehende Schiedsgericht erließ in dem zwischen der Antragstellerin als (Schieds-) Klägerin und den Antragsgegner als (Schieds-) Beklagten in München geführten Schiedsverfahren am 26. Juni 2008 folgenden Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut: 1. Die Beklagten zahlen an die Klägerin € 15.690,-- zzgl. 16 % Mwst., brutto € 18.200,-- sowie Verzugszinsen in Höhe von € 1.800,-- zur pauschalen Abgeltung des Zinsanspruchs, insgesamt somit € 20.000,--, Zug-um-Zug gegen Übergabe der beiden von der Vereinigte Sparkassen G. am 27.10.2006 ausgestellten Bürgschaften gemäß § 648a BGB über einen Höchstbetrag von je € 25.000,--. 2. Die Beklagten geben an die Klägerin die von der Sparkasse M. ausgestellte Vertragserfüllungsbürgschaft über einen Betrag in Höhe von € 100.000,-- zurück.3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Klägerin die Gewährleistung bis zum 18.12.2016 im Hinblick auf die Dichtigkeit der im streitgegenständlichen Anwesen eingebauten Pressfittings (gemäß Ziffer 24 des Schriftsatzes der Beklagten vom 25.3.2008) übernimmt. Dies gilt ebenfalls für die in Ziffer 11.2 des Vertrages vom 29.9.2005 unter dem Unterpunkt „wasserdichte Wanne, Kellergeschoß, Tiefgarage“ geregelte Sachmängelhaftung. Im Übrigen sind sich die Parteien einig, dass als Abnahmetermin und Beginn der Gewährleistungsfrist der 19.12.2006 anzusehen ist. 4. Die Parteien sind sich darüber einig, dass den Beklagten ein Gewährleistungseinbehalt in Höhe von € 42.000,-- zusteht, bezogen auf die Regelgewährleistungszeit von 5 Jahren. Nach Ablauf dieser Gewährleistungsfrist reduziert sich der Sicherheitseinbehalt auf € 20.000,-- zur Absicherung der Gewährleistungsansprüche bzgl. der wasserdichten Wanne, Kellergeschoß, Tiefgarage sowie Pressfittings. Diese Beträge können abgelöst werden durch VOB-gemäße Gewährleistungsbürgschaften in Höhe der vorstehenden Beträge. 5. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Verpflichtung gemäß vorstehender Ziffer II. nur Zug-um-Zug gegen Übergabe der unter Ziffer IV. erwähn ten Gewährleistungsbürgschaft über € 42.000,-- zu erfüllen ist. 6. Mit diesem Vergleich sind die von beiden Parteien in diesen Rechtsstreit eingeführten Ansprüche abgegolten und erledigt mit Ausnahme folgender etwaiger Gewährleistungsansprüche (gemäß Auflistung der Beklagten im Schriftsatz vom 25.3.2008): Nr. 13 Brandabschottung Tiefgarage Nr. 22 Brandschutznachweis Badentlüftung Nr. 23 Entwässerungslüftung Nr. 24 Pressfittings. Die Parteien sind sich einig, dass Gewährleistungsansprüche im Übrigen, soweit sie in dieses Verfahren nicht eingeführt wurden, unberührt bleiben. Dies gilt insbesondere für etwaige Schallmängel. Mit diesem Vergleich sind auch etwaige weitergehende Zahlungsansprüche der Klagepartei aus dem streitgegenständlichen Bauvorhaben abgegolten. 7. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. 8. Die Parteien gehen davon aus, dass die Beklagten bisher (nur) € 716.000,-an Abschlagszahlungen geleistet haben. Wenn die Beklagten nachweisen können, dass sie mehr als € 716.000,-- an die Klagepartei bezahlt haben, verringert sich der in Ziffer I. erwähnte Zahlbetrag entsprechend. II. Dieser Schiedsspruch wird in den Ziffern II. bis VII. für vollstreckbar erklärt. III. Von den Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens haben die Antragstellerin 1/6 und die Antragsgegner 5/6 zu tragen. IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. V. Der Streitwert wird auf 52.200 € festgesetzt. G r ü n d e: I. Die Parteien standen im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben in geschäftlicher Verbindung. Wegen der Abrechnung kam es zu Streitigkeiten, weshalb die Antragstellerin das vereinbarte Schiedsgericht anrief. Dieses erließ am 26.6.2008 auf Antrag der Parteien einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut. Wegen des Inhalts wird auf den obigen Tenor unter I. verwiesen. Die Antragstellerin hat unter dem 30.10.2008 beantragt, den Schiedsspruch - insgesamt - für vollstreckbar zu erklären. Auf Anfrage des Senats hat die Antragstellerin klargestellt, dass auf Ziffer I. des Schiedsspruchs am 12.8.2008, also vor Antragstellung, 8.637,58 € und am 22.12.2008, nach Zustellung des Antrags, 11.362,42 € gezahlt wurden. Mit der Höhe der geschuldeten Restzahlung befasst sich Ziffer VIII. des Schiedsspruchs, über dessen Auslegung es zu Meinungsverschiedenheiten kam und weshalb das Schiedsgericht auf Antrag der Schiedsklägerin am 1.10.2008 einen Auslegungsschiedsspruch erließ. Die Antragstellerin hat zuletzt erklärt, dass Ziffer I. des Schiedsspruchs nunmehr vollständig erledigt sei und der Antrag auf Vollstreckbarerklärung insoweit teilweise für erledigt erklärt wird. Die Antragsgegner haben sich hinsichtlich der im Schiedsspruch enthaltenen Zahlungsverpflichtung der Erledigungserklärung unter Verwahrung gegen die Kostenlast – insgesamt – angeschlossen. Sie meinen, keinen Anlass zur Antragstellung gegeben zu haben, weil sie die übrigen Verpflichtungen aus dem Schiedsspruch hingenommen hätten und sich einer Vollstreckbarerklärung auch nicht widersetzen würden. II. 1. Das Oberlandesgericht München ist für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des in München ergangenen Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut zuständig (§ 1025 Abs. 1, § 1053 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004, GVBl S. 471). 2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut ist, soweit nicht für erledigt erklärt, zulässig und begründet. a) Die formellen Voraussetzungen hat die Antragstellerin durch Vorlage des Schiedsspruchs vom 26.6.2008 in Urschrift erfüllt (vgl. § 1064 Abs. 1 Satz 1 ZPO). b) Der Schiedsspruch selbst erfüllt die förmlichen Voraussetzungen des § 1053 Abs. 2 Satz 1, § 1054 Abs. 1 und 3 ZPO. c) Die Vollstreckbarerklärung nach § 1060 Abs. 1 ZPO hängt nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH WM 2006, 1121) nicht davon ab, dass der Schiedsspruch einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Die Vollstreckbarerklärung soll den Spruch auch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichern. Dies ist nur durch die Vollstreckbarerklärung gewährleistet (BGH aaO). Nichts anderes gilt bei einem auf Antrag der Parteien nach einem Vergleich ergangenen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (§ 1053 Abs. 1 ZPO). Dieser unterliegt, wie ein gewöhnlicher Schiedsspruch, der ordre-public-Prüfung des staatlichen Gerichts. Auch nach Ablauf der für den Aufhebungsantrag bestimmten Fristen (§ 1059 Abs. 3 ZPO) sind die Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu berücksichtigen. Nur dann, wenn der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt worden ist, kann der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs nicht mehr gestellt werden (§ 1059 Abs. 3 Satz 4 ZPO; vgl. BGH NJW 2001, 373). Insoweit kann es nicht zweifelhaft sein, dass auch an der Vollstreckbarerklärung eines in einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut festgehaltenen Vergleichs, unabhängig von dessen vollstreckbarem Inhalt (wie hier etwa Ziffern III., IV. und VI.), grundsätzlich ein Rechtsschutzinteresse besteht und dessen Fehlen die Ausnahme bildet. Im Hinblick auf die erreichte Streitklärung und die mehrjährige Bindung der Parteien an die getroffenen Abreden hat der Senat am Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin keine Zweifel. Zudem schafft Ziffer II. hinsichtlich der Vertragserfüllungsbürgschaft einen vollstreckungsfähigen Herausgabetitel, der gemäß Ziffer V. Zug um Zug zu erfüllen ist (vgl. § 756 ZPO). Nach dem Ausspruch in Ziffer VII., dass die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, kann die Antragstellerin von den Antragsgegnern zwar keine Erstattung ihrer außerschiedsgerichtlichen Kosten, also insbesondere ihrer Anwaltskosten, verlangen; es ist aber nicht auszuschließen, dass hinsichtlich vorgestreckter Kosten für das schiedsgerichtliche Verfahren ein Kostenerstattungsanspruch in Frage kommt (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 29. Aufl. § 92 Rn. 5) und der Ausspruch des Schiedsgerichts insoweit die Grundlage für einen späteren Kostenschiedsspruch bilden kann (BGH WM 2006, 1121/1123). d) Versagungs- oder Aufhebungsgründe im Sinn von § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91a, 92 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO. Der Rechtsgedanke des § 93 ZPO (vgl. OLG Stuttgart OLG-Report 2009, 30) ist zugunsten der Antragsgegner schon deshalb nicht heranzuziehen, weil diese durch die verzögerte Erfüllung ihrer (vollständigen) Zahlungspflicht aus Ziffer I. einen Anlass gegeben haben, den Antrag vom 30.10.2008 zu stellen. Um die damalige Zeit konnte die Antragstellerin nicht davon ausgehen, dass die Antragsgegner ihren weiteren Verpflichtungen aus dem Schiedsspruch, so etwa aus Ziffer II. (Herausgabe der Urkunde über die Vertragserfüllungsbürgschaft), freiwillig nachkämen. Denn die weitere Vergleichsabwicklung stand nach dem Schreiben des Antragsgegnervertreters vom 10.7.2008 unter dem Vorbehalt, nicht mehr als den dort errechneten Betrag zahlen zu müssen. Demgemäß hatte zunächst auch keine weitere Zahlung stattgefunden, wenngleich seit Anfang Oktober 2008 der die Rechtsauffassung der Antragstellerin bestätigende Auslegungsschiedsspruch vom 1.10.2008 vorlag. Soweit es um den erledigten Teil des Antrags geht, sind folgende Erwägungen maßgeblich: a) Die Antragstellerin hat ursprünglich ohne Einschränkungen die Vollstreckbarerklärung beantragt, obwohl bereits vor Anhängigkeit ein Teilbetrag in Höhe von 8.637,58 € bezahlt war. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hätte insoweit eine Einschränkung des Antrags vorgenommen werden müssen, weil an der Vollstreckbarerklärung eines - auch nur teilweise - ohne Vorbehalt erfüllten Schiedsspruchs kein Rechtsschutzinteresse besteht. b) Wegen der im Zuge des anhängigen Verfahrens bezahlten weiteren 11.362 € wären die Antragsgegner unterlegen gewesen, weil die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung sowohl des Schiedsspruchs (Ziffern I. und VIII.) als auch des die Höhe der Zahlungsverpflichtung betreffenden Auslegungsschiedsspruchs vom 1.10.2008 erfolgreich gewesen wäre. 4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 1 GKG, §§ 3 ff. ZPO. Im Einzelnen bewertet der Senat Ziffern I., V. und VIII. sowie den Auslegungsschiedsspruch mit 20.000 €, Ziffer II. mit 25.000 €, nämlich 1/4 des Nennbetrags, Ziffer III. mit 1.500 €, Ziffer IV. mit 4.200 €, nämlich 10 % des Gewährleistungseinbehalts, Ziffer VI. mit 1.500 €. Der Kostenausspruch (Ziffer VII.) hat neben der Hauptsache keinen selbständigen Wert (vgl. § 4 ZPO). | |||||
Summary | |||||
In connection with construction works a dispute arose between the parties, as a result of which an arbitration was commenced. The arbitral tribunal issued on 26 June 2008 at the request of both parties an arbitral award on agreed terms. The arbitral award contained a provision that respondent was to pay a certain amount to claimant as well as other provisions. Claimant filed on 30 October 2008a request to declare the award enforceable. Claimant informed the court that respondent had paid prior to the request to declare the award enforceable parts of the amount due under the award, and that the residual payment had been made after the request to declare the award enforceable had been received by respondent. Claimant requested that the enforcement proceedings be declared moot and that respondent be ordered to pay the costs of the proceedings. Respondent objected to the cost motion. The Higher Regional Court (OLG) Munich declared the award enforceable to the extent that the request had not been declared moot. The request to declare the award enforceable was admissible and founded. The request to declare an award enforceable did not require that the award contain a ruling capable of execution, since the declaration of enforceability also serves to preclude motions to set aside the award. The same applies to awards on agreed terms. Therefore, in principle it is to be assumed that a party has a legal interest to have an arbitral award in its favor declared enforceable, e.g. in order to obtain an award on the costs. Grounds to refuse enforcement or to set aside the award pursuant to Sec. 1059 sub. 2 Code of Civil Procedure (ZPO) were neither alleged nor otherwise in evidence. The decision on the costs allocating the costs of the enforcement procedure in the main on respondent and to a small portion on claimant was based on sections 91, 91a and 92 ZPO, because respondent, by not fulfilling the award in a timely manner had caused doubts as to its willingness to fulfil its obligations under the award in an proper manner and had therefore given claimant cause to request the declaration of enforceability. Since claimant had requested the declaration of enforceability of the award in its entirety, without having regard to the fact that respondent had already paid a portion of the award sum, the request to declare the award enforceable in those respects was rejected, and claimant correspondingly ordered to pay those costs. |