Gericht | LG Aachen | Aktenzeichen | 41 O 121/06 | Datum | 22.05.2007 |
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Leitsatz | |||||
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Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
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U R T E I L Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zur Vollstreckung kommenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Tatbestand: Der Kläger ist Gesellschafter der Beklagten und hält 50 % des Stammkapitals in Höhe von insgesamt 25.564,59 €. Weitere 50 % des Stammkapitals teilen sich je zur Hälfte die Geschäftsführerin der Beklagten sowie deren Sohn T. Ursprünglich hielt W diese 50 % des Stammkapitals an der Beklagten. Nach dessen Tod im Jahre 1995 übernahmen im Wege der Erbfolge dessen Frau sowie seine Kinder, Frau S sowie Herr T dessen Anteil. Frau S übertrug in der Folge ihren Anteil an ihren Bruder. Die Parteien sind dem Gericht aus einer Mehrzahl von Prozessen bekannt. Mit Schreiben vom 25.07.2006 (…) forderte der Kläger die Geschäftsführerin der Beklagten zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung auf. Für die Tagesordnung beantragte er u. a. die Aufnahme folgender Punkte: Abberufung der Geschäftsführerin aus wichtigem Grunde sowie Diskussion über das Anstellungsverhältnis des Mitgesellschafters T. Die Geschäftsführerin der Beklagten lud daraufhin unter dem 03.08.2006 zu einer ordentlichen Gesellschalterversammlung ein. Neben den Punkten, deren Beratung der Kläger wünschte, waren in der Einladung u. a. vorgesehen die Tagesordnungspunkte, die Feststellung der Jahresabschlüsse für die Jahre 2003 und 2004 sowie Entlastung der Geschäftsführung für die genannten Jahre. Wegen der weiteren Einzelheiten der Einladung wird Bezug genommen auf die Anlage … zur Klageschrift. An der Gesellschafterversammlung vom 04. September 2006 nahm der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht teil. Daraufhin erfolgte mit Schreiben der Beklagten vom 06.09.2006 die Einberufung einer Gesellschafterversammlung für den 09.10.2006. Neben den bereits für den 04.09.2006 vorgesehenen Tagesordnungspunkten waren weiter aufgenommen die Tagesordnungspunkte: Einziehung des Geschäftsanteils des Mitgesellschafters K im Nennbetrag von 25.000,00 DM aus wichtigem Grund sowie Übertragung des Geschäftsanteils des Mitgesellschafters K je zur Hälfte auf die Mitgesellschafter U und T. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage … zur Klageschrift. Am 09.10.2006 fand die Einberufung der Gesellschafterversammlung statt. Hierüber verhält sich das Protokoll vom 10.10.2006 (…). Auf der Gesellschafterversammlung beschlossen die Gesellschafter T und U die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers aus wichtigem Grunde, die Übertragung des Geschäftsanteils des Klägers je zur Hälfte auf die Mitgesellschafter U und T, die Feststellung der Jahresabschlüsse 2003 und 2004 sowie die Entlastung der Geschäftsführung für die vorgenannten Zeiträume. Der Kläger stimmte nicht mit. Der Kläger sieht keine Gründe, die eine Einziehung seiner Geschäftsanteile rechtfertigen würden. Er hält sämtliche Beschlüsse aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 09.10.2006 für nichtig, jedenfalls für ungültig. Er beantragt deshalb mit seiner am 08. November 2006 bei dem Landgericht eingegangenen Klage wie folgt: 1\. Es wird festgestellt, dass der in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 09.10.2006 gefasste Beschluss zu TOP 1, wonach der Geschäftsanteil des Klägers im Nennwert vom 25.000,00 DM aus wichtigem Grunde eingezogen wird, nichtig ist, hilfsweise: der Beschluss aus der außerordentlichen Gesllschafterversammlung der Beklagten vom 09.10.2006 zu TOP 1, wonach der Geschäftsanteil des Klägers im Nennwert von 25.000,00 DM aus wichtigem Grund eingezogen wird, wird für ungültig erklärt, 2\. es wird festgestellt, dass der auf der außerordentlichen Gesellschafter-Versammlung der Beklagten vom 09.10.2006 zu TOP 2 gefasste Beschluss, wonach der Geschäftsanteil des Klägers je zur Hälfte auf die Mitgesellschafter U und T wird, nichtig ist, hilfsweise: der auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 09.10.2006 gefasste Beschluss zu TOP 2, wonach der Geschäftsanteil des Klägers je zur Hälfte auf die Gesellschafter U und T übertragen wird, wird für unwirksam erklärt, 3\. es wird festgestellt, dass der Beschluss der Beklagten aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 09.10.2006 über die Feststellung des Jahresabschlusses 2003 (TOP 3) nicht ist, hilfsweise: der Beschluss der Beklagten aus der Gesellschafterversammlung vom 09.10.2006 (TOP 3) über die Feststellung des Jahresabschlusses 2003 wird für ungültig erklärt, 4\. es wird festgestellt, dass der Beschluss der Beklagten aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 09.10.2006 zu TOP 4, wonach der Geschäftsführerin U Entlastung für das Geschäftsjahr 2003 erteilt wird, nichtig ist, hilfsweise: der Beschluss aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 09.10.2006 zu TOP 4, wonach der Geschäftsführerin U Entlastung für das Geschäftsjahr 2003 erteilt wird, wird für unwirksam erklärt, 5\. es wird festgestellt, dass der Beschluss der Beklagten aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 09.10.2006 über die Feststellung des Jahresabschlusses 2004 (TOP 5) nichtig ist, hilfsweise: der Beschluss der Beklagten aus der Gesellschafterversammlung vom 09.10.2006 (TOP 5) über die Feststellung des Jahresabschlusses 2004 wird für ungültig erklärt, 6\. es wird festgestellt, dass der Beschluss der Beklagten aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 09.10.2006 zu TOP 6, wonach der Geschäftsführerin U Entlastung für das Geschäftsjahr 2004 erteilt wird, nichtig ist, hilfsweise: der Beschluss aus der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 09.10.2006 zu TOP 6, wonach der Geschäftsführerin U Entlastung für das Geschäftsjahr 2004 erteilt wird, wird für unwirksam erklärt. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hält die gefassten Beschlüsse für wirksam und die Klage für unzulässig. Insoweit beruft sie sich auf den notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 17. November 1989, in dem es unter § 16 zu der Überschrift Schiedsgericht, Gerichtsstand unter Anderem wie folgt heißt: „Rechtsstreitigkeiten in Angelegenheiten der Gesellschaft zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern oder von Gesellschaftern untereinander in Angelegenheit der Gesellschaft sollen - soweit gesetzlich zulässig - unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweg durch ein aus zwei Beisitzern und einem Vorsitzenden bestehendes Schiedsgericht entschieden werden, von dem, jeweils durch eingeschriebenen Brief an den anderen Teil, die das Schiedsgericht anrufende Partei den einen oder die andere Partei binnen zwei Wochen den anderen Beisitzer bestimmt... Mehrere Beteiligte auf Seiten des Klägers oder des Beklagten gelten im Sinne der vorstehenden Regelungen als die eine bzw. die andere Partei; sie treffen Entscheidungen innerhalb ihrer Partei mit einfacher Mehrheit der vorhandenen Beteiligten nach Köpfen. Die gesetzlichen Bestimmungen über das Schiedsgerichtsverfahren im 10. Buch der Zivilprozessordnung bleiben im Übrigen und auch insoweit als sie zwingendes Recht darstellen unberührt." Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Klausel sowie des Gesellschaftsvertrags insgesamt wird Bezug genommen auf die Anlage … zur Klageschrift. Durch Verfügung vom 16.02.2007 hat der Vorsitzende gemäß § 280 Abs. 1 ZPO die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien neben den von ihnen zu den Akten gereichten Urkunden sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 24.04.2007. Entscheidungsgründe: Die Klage ist unzulässig. Dies folgt aus § 1032 ZPO. Danach hat das Gericht eine Klage, die in einer Angelegenheit erhoben worden ist, welche Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, als unzulässig abzuweisen. Hier sind die erhobenen Ansprüche Gegenstand einer Schiedsvereinbarung. Sie sind schiedsfähig im Sinne des § 1030 ZPO. Dies ist, da die Schiedseinrede rechtzeitig erhoben worden ist (vgl. § 1032 Abs. 1 2. HS ZPO), auch im Fall zu beachten. Sämtliche erhobenen Ansprüche sind schiedsfähig im Sinne des § 1030 ZPO n. F. Bei den erhobenen Ansprüchen handelt es sich um sogenannte Beschlussmängelstreitigkeiten (Nichtigkeitsklage bzw. Anfechtungsklagen analog § 248 AktG). Solche Streitigkeiten waren nach früher herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht schiedsfähig (vgl. BGH NJW 1996, 1753; einschränkend OLG Düsseldorf, ZIP 2004, 1556 ff.). Jedoch ist diese Rechtsprechung nach Auffassung der Kammer, insbesondere auch nach Neufassung des Rechtes über das Schiedsverfahren in der ZPO nicht mehr aufrechtzuerhalten. Eines der wesentlichen Argumente für die Annahme, Beschlussmängelstreitigkeiten innerhalb einer Gesellschaft seien nicht schiedsfähig, war die Vorschrift des § 1025 a. F., wonach Gegenstand einer wirksamen Schiedsvereinbarung nur ein Anspruch sein konnte, über den die Parteien einen Vergleich schließen konnten. Da diese Regelung weggefallen ist, spielt nach der Reform des Schiedsverfahrensrechts die sogenannte objektive Vergleichsfähigkeit des Streitgegenstandes im Bereich des Gesellschaftsrechtes keine Rolle mehr (vgl. Walter Bayer, Schiedsfähigkeit von GmbH-Streitigkeiten, ZIP 2003, 881, 883). Vielmehr kommt es jetzt nur noch darauf an, ob ein vermögensrechtlicher Anspruch oder ein nichtvermögensrechtlicher Anspruch vorliegt. Nur im letzteren Fall scheidet eine Schiedsfähigkeit aus (so Urteil der Kammer vom 13.03.2007 zu Aktenzeichen 41 O 138/05). Bei den hier erhobenen Beschlussmängelstreitigkeiten handelt es sich um vermögensrechtliche Auseinandersetzungen. Ein Anspruch ist nämlich immer dann von vermögensrechtlicher Natur, wenn er auf Geld oder geldwerte Gegenstände gerichtet ist (vgl. Bayer, a. a. 0.). Zudem kommt eine vermögensrechtliche Qualifizierung dann in Betracht, wenn der Anspruch auf eine Leistung, Feststellung oder Gestaltung gerichtet ist, die zwar nicht in Geld oder Geldwert besteht, wenn nur der Anspruch aus einem vermögensrechtlichen Verhältnis hergeleitet wird (vgl. BGHZ 13, 5, 7; 14, 72, 74). Vor diesem Hintergrund sind die hier erhobenen Haupt- und Hilfsansprüche als vermögensrechtliche Streitigkeiten aufzufassen. Denn es geht um die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers und dessen Übertragung auf die beiden anderen Mitgesellschafter, wobei die vermögensrechtliche Natur nicht in Zweifel gestellt werden kann. Darüber hinaus geht es um die Feststellung der Jahresabschlüsse für 2003 und 2004 sowie die entsprechende Entlastung der Geschäftsführerin. Auch hier liegt die vermögensrechtliche Natur auf der Hand, da mit der Feststellung des Jahresabschlusses und der Entlastung der Geschäftsführung die Durchsetzung etwaiger „vermögensrechtliche" Ansprüche gegenüber der Geschäftsführung zumindest erschwert wird. Da somit alle erhobenen Anträge als vermögensrechtliche Ansprüche zu qualifizieren sind, sind sie nach dem Wortlaut des § 1030 ZPO schiedsfähig. Dem kann nicht entgegengesetzt werden, eine Schiedsfähigkeit scheide aus, weil Beschlussmängelstreitigkeiten grundsätzlich Wirkung inter omnes haben müssten, eine solche Wirkung könne ein Schiedsgericht nicht herbeiführen. Hiergegen spricht bereits die Formulierung in § 1055 ZPO, wonach der Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat. Die von der Rechtsprechung für notwendig erachtete Erstreckung der Wirkungen der Nichtigkeitsklage für und alle gegen Gesellschafter sowie die Gesellschaftsorgane und zwar auch dann, wenn sie nicht Prozesspartei sind (vgl. BGH NJW 1996, 1753 ff.), kann in einem schiedsgerichtlichen Verfahren ohne Weiteres durch Beiladung aller betroffenen Personen hergestellt werden (so: Zöller/Geimer, ZPO, 26. Auflage, § 1030 Rdnr. 10 a und § 1042 Rdnr. 43). Hierzu bedarf es, entgegen der Auffassung des Klägers, keiner entsprechenden Satzungsbestimmung, die hier nicht vorliegen soll (vgl. aber der Hinweis in § 16 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages). Vielmehr ergibt sich eine solche Vorgehensweise, die auch für das staatliche Gericht geltend würde, aus der Ver-pflichtung, rechtliches Gehör zu gewähren. Eine solche Beiladung ist bei einer Gesellschaft wie der Beklagten ohne Weiteres durchzuführen. Hier ist der Gesellschafterkreis nämlich eng umgrenzt und besteht lediglich aus drei Personen (Kläger sowie die beiden Gesellschafter Schäfer). Diese Personen haben sich auch mit Wirkung für sich und für die Beklagte gemäß dem Gesellschaftsvertrag der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen, so dass keine Bedenken bestehen, im Fall die Beschlussmängelstreitigkeiten für schiedsfähig zu halten (vgl. auch Zöller/Geimer, a. a. O., § 1030 Rdnr. 10 m. w. N.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, § 36 III, Seite 1106; Baum-bach/Hueck, GmbH-Gesetz, 18. Auflage, Anhang 47, Rdnr. 32 ff., insbesondere Rdnr. 38; Kammerurteil vom 13.03.2007, 41 O 138/05). Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in den §§ 91, 709 ZPO. Streitwert: 80.000,00 € | |||||
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