Gericht | BGH | Aktenzeichen | III ZB 21/98 | Datum | 15.07.1999 |
---|---|---|---|---|---|
Leitsatz | |||||
Die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 ZPO genannten Entscheidungen, gegen die die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof stattfindet, müssen grundsätzlich mit den für die rechtliche Beurteilung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen versehen sein. Zur Prüfungskompetenz des Bundesgerichtshofs als Rechtsbeschwerdegericht nach neuem Schiedsverfahrensrecht. Zur Erforderlichkeit der mündlichen Verhandlung nach neuem Schiedsverfahrensrecht. | |||||
Rechtsvorschriften | § 561 ZPO, § 1063 Abs. 2 ZPO, § 1065 Abs. 2 ZPO | ||||
Fundstelle | BB, Beilage 8 zu Heft 37/2000 (RPS), S. 12 | ||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | OLG Oldenburg v. 21.08.98, 9 SchH 1/98 | ||||
Stichworte | sonstige Gerichtsverfahren: - Verfahrensgegenstand, Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Verfahren, mündliche Verhandlung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - Geltendmachung; - Entsc | ||||
Volltext | |||||
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 21. August 1998 - 9 SchH 1/98 - wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. G r ü n d e : I. Die Parteien streiten um die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs, durch den festgestellt worden ist, dass das zwischen ihnen durch den mit Datum vom 18. April 1997 geschlossenen Kooperations- und Kaufvertrag begründete Vertragsverhältnis unverändert fortbesteht, und durch den die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, bestimmte Leistungen aus jenem Vertrag an die Antragstellerinnen zu erbringen sowie bestimmte dem Vertrag zuwiderlaufende Handlungen zu unterlassen. Das Verfahren richtet sich nach dem 10. Buch der Zivilprozessordnung in der Fassung des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224). Die Antragstellerinnen haben beim Oberlandesgericht die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs, die Antragsgegnerin hat Zurückweisung dieses Antrags und Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt. Das Oberlandesgericht hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin. II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Der Senat bejaht auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Er nimmt deshalb die Rechtsbeschwerde an und trifft über sie eine Sachentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. 1. Die Verfahrensrüge, der angefochtene Beschluss enthalte keinen Tatbestand, greift im Ergebnis nicht durch. Zwar verweist § 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch auf § 561 ZPO. Die entsprechende Anwendbarkeit dieser Bestimmung besagt, dass der Bundesgerichtshof an die tatsächlichen Feststellungen des Oberlandesgerichts gebunden ist (vgl. BT-Drucks. 13/5274 S. 66). Dies bedeutet, dass die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 ZPO genannten Entscheidungen, gegen die die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof stattfindet, grundsätzlich mit den für die rechtliche Beurteilung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen versehen sein müssen. Daraus folgt indes nicht zwingend, dass diese Feststellungen stets in einem formellen Tatbestand oder in einer gesonderten Schilderung des Sachverhalts innerhalb der Gründe des Beschlusses getroffen werden müssen. Vielmehr kann es auch in solchen Fällen genügen, dass der Sach- und Streitstand in einem für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen ausreichenden Umfang aus den sonstigen Ausführungen der Vorinstanz zu entnehmen ist. In tatsächlich einfach gelagerten Fällen kann auch eine Bezugnahme auf den Schiedsspruch die für die rechtliche Würdigung maßgeblichen Feststellungen ersetzen. So verhält es sich hier. 2. Ein von Amts wegen zu berücksichtigender Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO liegt nicht vor. Die Rechtsbeschwerde erblickt einen Verstoß gegen den ordre public darin, dass das Schiedsgericht die Antragsgegnerin zur Leistung an beide Antragstellerinnen verurteilt habe, obwohl nach dem Inhalt des Kaufvertrages nur die Antragstellerin zu 1 Käuferin gewesen sei. Dies betrifft lediglich eine Frage der Auslegung des Vertrages und damit einer einfachen Inhaltskontrolle des Schiedsspruchs, die dem ordentlichen Gericht grundsätzlich versagt ist (vgl. BT-Drucks. 13/5274 S. 58/59). Selbst wenn die Auslegung, die das Schiedsgericht dem Vertragswerk gegeben hat, inhaltlich unrichtig sein sollte, so kann keine Rede davon sein, dass das gefundene Ergebnis der öffentlichen Ordnung widerspricht. 3. Die Rechtsbeschwerde erhebt außer der vorbezeichneten noch die weitere Rüge, das Schiedsgericht habe gegen das Verbot verstoßen, in eigener Sache tätig zu werden, indem es seine eigene Vergütung in dem Schiedsspruch festgesetzt habe. Ob und inwieweit sich diese Beanstandungen einem der in dem Katalog des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe, insbesondere Buchst. c und d, zuordnen lassen, ist im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, beschränkt sich die Prüfungskompetenz des Bundesgerichtshofs darauf, ob der angefochtene Beschluss auf der Verletzung eines Staatsvertrages oder eines anderen Gesetzes beruht (§ 1065 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Eine Gesetzesverletzung durch das Oberlandesgericht hätte jedoch nur und erst dann vorgelegen, wenn es einen der vorbezeichneten Aufhebungsgründe zu Unrecht unberücksichtigt gelassen hätte. Dies war indes nicht der Fall. Sämtliche in dem Katalog des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 aufgeführten Aufhebungsgründe sind - im Unterschied zu denen der Nr. 2 - nur dann zu prüfen, wenn sie von der die Aufhebung des Schiedsspruchs begehrenden Partei "begründet geltend gemacht" werden (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 vor Buchst. a ZPO). Dementsprechend kommt es nicht nur auf das objektive Vorliegen des betreffenden Aufhebungsgrundes an; daneben ist vielmehr notwendig, dass er in einer dem Erfordernis "begründeter Geltendmachung" genügenden Weise zur Nachprüfung durch das Gericht gestellt wird. In der Vorinstanz hatte die Antragsgegnerin ihr Aufhebungsbegehren indessen auch nicht ansatzweise auf die nunmehr geltend gemachten Gründe gestützt. Die Unterlassung einer entsprechenden Prüfung durch das Oberlandesgericht war mithin nicht rechtsfehlerhaft. Der Antragsgegnerin ist es daher verwehrt, die nunmehr geltend gemachten Gründe erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren vorzubringen. 4. Der Anordnung einer mündlichen Verhandlung durch das Oberlandesgericht nach § 1063 Abs. 2 ZPO bedurfte es nicht. Zwar hat nach der ersten Alternative dieser Bestimmung das Gericht die mündliche Verhandlung anzuordnen, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt wird. Damit ist indes das förmliche Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO gemeint (vgl. BT-Drucks. 13/5274 S. 64/65), um das es hier nicht geht. Der hier in Rede stehende Aufhebungsantrag der Antragsgegnerin war vielmehr ein bloßer Gegenantrag im Rahmen des von den Antragstellerinnen eingeleiteten Vollstreckbarerklärungsverfahrens. Im Vollstreckbarerklärungsverfahren ist gemäß der zweiten Alternative des § 1063 Abs. 2 ZPO eine mündliche Verhandlung nur dann erforderlich, wenn Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO "in Betracht kommen". Dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht gegen den deutschen ordre public verstieß, lag klar zutage (s.o. 2). Etwaige Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c oder d ZPO wären im Sinne des § 1063 Abs. 2 ZPO nur dann "in Betracht gekommen", wenn sie "begründet geltend gemacht" worden wären. Dies war aus den vorgenannten Gründen (oben 3) ebenfalls zu verneinen. | |||||
Summary | |||||
BGH (Federal Court of Justice), Order of July 15, 1999 - III ZB 21/98 Complaint against declaration of enforceability R u l i n g: Decisions specified in Sec. 1062 sub. 1 No. 2 and 4 ZPO (Code of Civil Procedure), against which a complaint may be filed with the Federal Court of Justice must contain in principle such factual findings as are required for legal evaluation. For the purposes of a complaint introduced pursuant to Sec. 1065 sub. 2 phrase 1 ZPO, the scope of the Federal Court of Justice's power to review the decision of a Higher Regional Court is restricted to the examination of whether the attacked decision is based on the violation of a treaty or other any other statute. Such violation of a statute can only be established if the Higher Regional Court has ignored grounds for setting aside the award raised in the proceedings before it. This is not the case if the complaint is based on the grounds contained in Sec. 1059 sub. 2 No. 1 ZPO and no argument (or evidence) for the existence of such grounds was advanced in the proceedings before the Higher Regional Court. This also applies to the argument that the arbitral tribunal has acted in contravention of the prohibition to act in its own interests by fixing its remuneration in the arbitral award. The Higher Regional Court was not obliged to conduct an oral hearing. Pursuant to Sec. 1063 sub. 2 ZPO, the Court must order an oral hearing to be held if an application to set aside the arbitral award (pursuant to Sec. 1059 ZPO) is filed, or if - in proceedings for the declaration of enforceability of an arbitral award - sufficient cause for setting aside the award pursuant to Sec. 1059 sub. 2 No. 1 ZPO is shown, or if the grounds contained in Sec. 1059 sub. 2 No. 2 ZPO are to be taken into consideration. The case concerns the standard of review and the procedure to be adopted in proceedings for the enforcement of an award and the possible appeal to the German Supreme Court. The Supreme Court held that according to sections 1065 (2) (2) and 561 ZPO, any court decision rendered in proceedings to have an award annulled or declared enforceable as well as decisions determining the jurisdiction of the tribunal, which may be subject to a writ of certiorari, must set forth the facts on which the decision is based. Otherwise an appeal to the Supreme Court would be made factually impossible. The Supreme Court held, however, that the facts must not necessarily be stated separately, but that it may be sufficient if they can be inferred from the other explanations of the lower court. Even reference to the award might be sufficient in factually simple cases. Concerning the standard of review to be adopted in enforcement proceedings, the Court held that they could generally not scrutinize the interpretation of a contract by the arbitral tribunal since no révision au fond was allowed. In particular, it is impermissible for the courts to determine whether a violation of public policy has occurred due to an alleged misinterpretation of a contract by the arbitral tribunal. In relation to its own possibility to review the decision rendered by the Higher Regional Court on appeal, the Supreme Court held that such a review was limited to ascertaining whether a treaty provision or any other law has been violated, pursuant to section 1065 (2), first sentence, ZPO. That would only be the case where the court did not take into consideration grounds to set aside the award under section 1059 (2) Nr. 2 ZPO, which have to be examined by the courts ex officio. To the contrary , the reasons given in section 1059 (2) Nr. 1 must only be considered by the courts, if asserted and substantiated by the party in front of the Higher Regional Court. A party was precluded from invoking such reasons for the first time in its appeal to the Supreme Court. The court furthermore held that an oral hearing must be held only in proceedings for the annulment of an award. By contrast in proceedings to have an award declared enforceable an oral hearing was only required if one of the reasons to set aside the award contained in section 1059 (2) ZPO was asserted and substantiated by the party. If a party fails to do so, it may not later assert an infringement of the German ordre public based on the fact that an oral hearing was not conducted. |