Gericht | OLG München | Aktenzeichen | 34 SchH 04/08 | Datum | 13.06.2008 |
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Leitsatz | |||||
Gerichtliche Ersatzbenennung Ablehnung eines Antrags auf Schiedsrichterbestellung als unstatthaft, da die zugrundeliegende Vereinbarung eine Schiedsgutachtenvereinbarung war. | |||||
Rechtsvorschriften | § 1029 Abs. 1 ZPO, § 1035 ZPO | ||||
Fundstelle | |||||
Aktenzeichen der Vorinstanz | |||||
Stichworte | Bildung des Schiedsgerichts: - Ersatzbenennung, gerichtliche Prüfungskompetenz/Umfang Schiedsvereinbarung: - Abgrenzung, Schiedsgutachten | ||||
Volltext | |||||
B E S C H L U S S: I. Der Antrag auf Bestellung eines Schiedsgutachters wird abgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Bestellungsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 20.000 € festgesetzt. G r ü n d e: I. Die Parteien waren Gesellschafter einer Versicherungsagentur in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Gesellschaftsvertrag (GV) enthält in § 18 Regelungen zur Abfindung beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft. § 18 Ziffer 3 lautet wörtlich wie folgt: Erzielen die Gesellschaft und die ausscheidenden Gesellschafter über den Verkehrswert des Gesellschaftsvermögens im vorstehenden Sinne keine Einigkeit, wird dieser von zwei öffentlich vereidigten Sachverständigen, von denen je einer von der Gesellschaft und einer von dem ausscheidenden Gesellschafter benannt wird, festgelegt. Erzielen auch diese keine Einigkeit über den Verkehrswert, sollen die beiden Sachverständigen als Schiedsgutachter benennen, welcher den Verkehrswert für alle Gesellschafter verbindlich feststellt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Gesellschaft und der ausscheidende Gesellschafter je zur Hälfte. Der Antragsteller ist zum 31.8.2003 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Die Parteien streiten über die Höhe seiner Abfindungsansprüche. Nachdem die von den Parteien benannten Sachverständigen bis heute keine Gutachten über den Verkehrswert der Gesellschaft erstellt haben und auch die Bestellung eines Schiedsgutachters nicht zustande kam, hat der Antragsteller die Bestellung des Schiedsgutachters durch das Oberlandesgericht beantragt. Der Antragsgegner bestreitet das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung. II. 1. Der Antrag ist nicht statthaft. a) Eine Zuständigkeit des Senats gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 und Abs. 5, § 1035, § 1025 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBl. S. 471) besteht nur für die Bestellung von Schiedsrichtern bei schiedsrichterlichen Verfahren nach §§ 1025 ff. ZPO. Für die Bestellung von Schiedsgutachtern gelten die §§ 1025 ff. ZPO nicht (RGZ 152, 200/204, Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. § 1029 Rn. 5 Palandt/Grüneberg BGB 67. Aufl. § 317 Rn. 7). Ob ein Bestellungsantrag für ein Schiedsverfahren vorliegt, ist eine von Amts wegen zu prüfende besondere Prozessvoraussetzung (vgl. BGH NJW 2004, 2226). b) Bei der Regelung in § 18 Ziffer 3 GV handelt es sich nicht um eine Schiedsvereinbarung gemäß § 1029 Abs. 1 ZPO, sondern um eine Schiedsgutachtenvereinbarung. Eine Schiedsvereinbarung legt fest, dass ein Schiedsgericht unter Ausschluss der staatlichen Gerichte eine Rechtsstreitigkeit der Parteien entscheidet (BGHZ 48, 25/27; Senat vom 1.6.2005 MDR 2005,1186; OLG Koblenz NJW-RR 2000, 1365; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 28. Aufl. § 1029 Rn. 3). Hingegen handelt es sich um die Vereinbarung eines Schiedsgutachtens, wenn ein Dritter nur Tatumstände festzustellen und Teilfragen zu entscheiden hat, ohne befugt zu sein, auch letztverbindlich darüber zu befinden, welche Verpflichtungen sich daraus für die Parteien ergeben (RGZ 67, 71/73; Zöller/Geimer § 1029 Rn. 4 m.w.N.). Wenig zuverlässig und damit nicht ausschlaggebend sind die von den Parteien selbst gebrauchten Bezeichnungen (Palandt/ Grüneberg § 317 Rn. 8). Nach interessengerechter Auslegung des sprachlich unvollständigen § 18 Ziffer 3 GV sollen die beiden von den Parteien im Streitfall benannten Sachverständigen ihrerseits eine sachkundige Person benennen, wenn sie sich über den Verkehrswert des Gesellschaftsvermögens nicht einigen können. Der durch den Dritten für die Parteien verbindlich festgestellte Verkehrswert bildet gemäß § 18 Ziffer 2 GV die Grundlage, um den Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters zu bemessen. Der Schiedsgutachter entscheidet somit nicht abschließend die Auseinandersetzung der Parteien über die Höhe der Abfindungsansprüche, sondern liefert lediglich die Basis ihrer Berechnung. Der Dritte als Schiedsgutachter soll dabei aufgrund seiner Sachkunde den ihm vorliegenden oder noch festzustellenden Sachverhalt würdigen und die wirtschaftlichen Werte ermitteln. Besteht die Tätigkeit des Dritten aber darin, nur ein Element der Entscheidung, hier den Wert des Gesellschaftsvermögens, zu bestimmen, handelt es sich nicht um eine Schiedsvereinbarung, sondern um eine Schiedsgutachtenvereinbarung (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 2 Rn. 1 und 2 unter Hinweis auf RGZ 67, 71/73; vgl. auch BGH WM 1976, 251/253; Senat vom 7.8.2006, 34 SchH 009/05 = SchiedsVZ 2006, 286). Dem steht nicht entgegen, dass der Schiedsgutachter den Verkehrwert für die Parteien verbindlich feststellen soll. Ein Schiedsgutachten, bei dem der Schiedsgutachter eine auf tatsächlichem Gebiet liegende Anspruchsvoraussetzung oder ein sonstiges Anspruchselement bindend festzustellen hat, ist in der Regel nicht verbindlich, wenn es offenbar unrichtig ist (BGH WM 1976, 251/253). Eine derartige Überprüfung vor staatlichen Gerichten schließt die Klausel gerade nicht aus. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertbemessung beruht auf § 3 ZPO, §§ 48, 63 Abs. 2 GKG. Auf der Grundlage des vom Antragsteller bezifferten Abfindungsanspruchs bewertet der Senat das Bestellungsinteresse mit (rund) einem Drittel dieses Betrages (vgl. zuletzt Beschluss vom 26.5.2008, 34 SchH 003/08). | |||||
Summary | |||||
Higher Regional Court (Munich), Decision of 13 June 2008 - 34 SchH 04/08 The Higher Regional Court rejected the request for the nomination of an arbitrator pursuant to Sec. 1035 as inadmissible, because the underlying agreement was not an arbitration but rather an agreement to have certain factual findings determined by expert determination (Schiedsgutachten). |