8 U 81/09


Gericht OLG Bamberg Aktenzeichen 8 U 81/09 Datum 03.02.2010
Leitsatz
Eine Schiedsgerichtsklausel, die nicht nur die Zahl der Schiedsrichter in der Klausel bezeichnet, sondern auch ausdrücklich auf die Vorschriften der §§ ZPO § 1025ff. ZPO Bezug nimmt, ist hinreichend bestimmt.
RechtsvorschriftenZPO §§ 1032 Abs. 1, 1029, 528
FundstelleSchiedsVZ 2010, 279
Aktenzeichen der VorinstanzLG Bayreuth 32 O 274/08
Stichworte
Volltext
E N D U R T E I L
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Entschädigung für die Nutzung einer Bettenstation, die im Eigentum der Klägerin steht, für den Zeitraum 1.1.2004 bis 31.8.2004 auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen den Parteien vom 12.8.2002. Erstinstanzlich hat die Klägerin außerdem Auskunftserteilung bezüglich der Übernachtungen in der Bettenstation geltend gemacht.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Klage zwar zulässig sei, weil die getroffene Schiedsgerichtsvereinbarung dem Bestimmheitserfordernis des § 1029 ZPO nicht genüge. Die Klage sei aber unbegründet, weil zwar grundsätzlich ein Anspruch auf Zahlung von Übernachtungsentgelten/Tagessätzen bestehe, es jedoch an einer schlüssigen Darlegung hinsichtlich der von der Beklagten vereinnahmten Übernachtungsentgelte/Tagessätze fehle. Der Anspruch auf Auskunftserteilung scheitere an § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB wegen der ärztlichen Schweigepflicht.
Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 29.4.2009 zugestellte Urteil mit einem am 28.7.2009 eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 27.7.2009 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 29.07.09 form- und fristgerecht begründet.
Die Klägerin verfolgt mit ihrem Rechtsmittel den erstinstanzlich gestellten Zahlungsantrag (nicht die Auskunftsansprüche) weiter. Sie schließt sich hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage den Ausführungen des Landgerichts an. Die Beklagte habe sich geweigert, an der Konstituierung eines Schiedsgerichts mitzuwirken. Sie habe nach Kenntnis des Hinweisbeschlusses des Landgerichts vom 10.10.2008 nicht mehr am Einwand der Schiedseinrede festgehalten und wäre insoweit auch wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen.
Sie - die Klägerin - sei aktiv legitimiert und habe erstinstanzlich ausreichend zur Höhe der vereinnahmten Übernachtungen und zu von der Beklagten vereinnahmten Übernachtungsentgelten vorgetragen. Auf die Ausführungen in der Berufungsbegründung vom 27.7.2009 wird ergänzend verwiesen.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Endurteil des Landgerichts Bayreuth, AZ: 32 O 274/08, vom 28.4.2009, wird abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 184.440,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bringt im Wesentlichen vor, die Klägerin sei aufgrund unwirksamer Abtretung durch die A-Klinik nicht aktiv legitimiert.
Sie - die Beklagte - habe die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit nicht aufgegeben, das erstinstanzliche Gericht habe über die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit dementsprechend auch entschieden. Das Festhalten an der Einrede sei nicht rechtsmissbräuchlich.
Die Darlegungen der Klägerin hinsichtlich der von ihr - der Beklagten - vereinnahmten Übernachtungsentgelte seien unzutreffend. Bezüglich der …-Fallpauschalen sei ein Basispflegesatz von 72,50 € je Übernachtungstag anzusetzen. Die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten und von der Klägerin zu übernehmenden Kosten für den Betrieb der Bettenstation belaufe sich für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 39.681,49 €.
Auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 18.12.2009 wird ergänzend verwiesen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die Klage ist wegen der getroffenen und von der Beklagten auch geltend gemachten Schiedsgerichtsvereinbarung bereits unzulässig.
1.
Das Berufungsgericht kann, ohne gegen das Verschlechterungsverbot des § 528 ZPO zu verstoßen, die erstinstanzlich als unbegründet abgewiesene Klage als unzulässig abweisen. Das Verschlechterungsverbot greift nämlich grundsätzlich nicht, wenn das erstinstanzliche Verfahren wegen eines Verfahrensmangels unzulässig war. Deshalb kann das Berufungsgericht die von der ersten Instanz sachlich abgewiesene Klage im Fall des Fehlens von Verfahrensvoraussetzungen regelmäßig als unzulässig abweisen (BGH NJW 1999, 1113 ff., Rdnr. 8 m.w.N.; Thomas/Putzo/Reichold, 29. Aufl. § 528 Rdnr. 9; Münchener Kommentar, Rimmelsbacher, 3. Aufl., § 528 Rdnr. 56).
2.
Die Unzulässigkeit der Klage folgt aus § 1032 Abs. 1 ZPO, dessen Vorraussetzungen vorliegen:
a) Der Gegenstand der Klage betrifft eine Angelegenheit, die der in der Vereinbarung vom 12.8.2002 getroffenen Schiedsgerichtsvereinbarung unterfällt. Unter Nr. III "Schlussbestimmungen" heißt es dort im letzten Absatz:
"Streitigkeiten aus dieser Vereinbarung sind unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges vor einem aus drei Schiedsrichtern bestehenden Schiedsgericht auszutragen. Es gelten die Regelungen der §§ 1025 ff. ZPO (Besetzung mit drei Schiedsrichtern)."
b) Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung vom 3.7.2008 die Schiedsvereinbarung geltend gemacht und die sachliche Unzuständigkeit des Landgerichts Bayreuth aus diesem Grunde gerügt.
c) Die Schiedsvereinbarung ist auch nicht nichtig, unwirksam oder undurchführbar. Zu Unrecht hat das Landgericht darauf abgestellt, die Schiedsgerichtsklausel genüge nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 1029 ZPO, weil ein konkretes Schiedsgericht nicht benannt sei. Die Schiedsgerichtsklausel erklärt die Regelungen der §§ 1025 ff. ZPO (Besetzung mit drei Schiedsrichtern) für anwendbar. §§ 1034 ff. ZPO regeln, wie dann zu verfahren ist, wenn die Parteien hinsichtlich der Bestellung eines Schiedsrichters keine Vereinbarung getroffen haben. Die in § 1034 Abs. 1 ZPO vorgesehene Zahl der Schiedsrichter ist auch in die Schiedsklausel aufgenommen worden. Nach § 1035 Abs. 3 Satz 2 ZPO kann im schiedsrichterlichen Verfahren mit drei Schiedsrichtern jede Partei einen Schiedsrichter bestellen. Diese beiden Schiedsrichter bestellen den 3. Schiedsrichter, der als Vorsitzender des Schiedsgerichts tätig wird. Hat eine Partei den Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch die andere Partei bestellt, so ist der Schiedsrichter auf Antrag einer Partei durch das Gericht zu bestellen. Demnach bedarf es einer Festlegung eines konkreten Schiedsgerichts in der Schiedsklausel nicht. Soweit sich das vom Landgericht zitierte Thüringer Oberlandesgericht (DB 2006, 271 ff., Rdnr. 2) auf die Kommentierung in Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl., § 1029 Rdnr. 48 beruft, ergibt sich hieraus nichts anderes. Denn dort ist ausgeführt, dass eine Schiedsvereinbarung mangels genügender Bestimmtheit nichtig ist, wenn das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht weder eindeutig bestimmt noch bestimmbar ist, weil nach der Schiedsklausel zwei verschiedene ständige Schiedsgerichte in Betracht kommen (Zöller, Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1029 Rdnr. 53). Dieser Fall, der auch der in der genannten Kommentarstelle zitierten Rechtsprechung zugrunde liegt, ist jedoch vorliegend nicht gegeben. So liegt dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhalt (BGH NJW 83, 1267 ff.) eine Konstellation zugrunde, nach der zwei verschiedene ständige Schiedsgerichte in Betracht kamen. Hinsichtlich der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG Z 2000, 57 ff.) war ein Schiedsgericht der Handwerkskammer vereinbart, wobei zwei Handwerkskammern in Betracht kamen, ohne dass eine von ihnen eindeutig bestimmbar gewesen wäre. In dem vom Oberlandesgericht Köln zu entscheidenden Fall (Köln OLGR 2006, 28) war eine Schiedsvereinbarung deshalb nicht zustande gekommen, weil die Vereinbarung erst noch in einer gesonderten Urkunde festgelegt werden sollte.
An einer genügenden Bestimmtheit fehlt es dagegen vorliegend nicht, da nicht nur die Zahl der Schiedsrichter bereits in der Klausel bezeichnet, sondern auch ausdrücklich auf die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO Bezug genommen worden ist.
d) Die Schiedsgerichtsklausel ist auch wirksam vereinbart worden. Insbesondere war die Einhaltung der in § 1031 Abs. 5 bezeichnenden Form, dass nämlich die Urkunde nur Vereinbarungen in Bezug auf das schiedsrichterliche Verfahren enthalten darf, nicht erforderlich. Denn die Regelung gilt nur, wenn an der Schiedsvereinbarung ein Verbraucher beteiligt ist, wie dies aber vorliegend nicht der Fall war. Die Parteien selbst sind als juristische Personen keine Verbraucher. Verbraucher sind nach § 13 BGB (nur) natürliche Personen, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließen, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Als Verbraucher kommen daher nur die Brüder … und die Gesellschafter der Beklagten in Betracht, soweit sie in eigenem Namen handelten. Es handelt sich um Ärzte mit eigener Praxis, also selbständig tätige Ärzte, mithin Unternehmer nach § 14 Abs. 1 BGB (Palandt, BGB, 69. Aufl., § 14 Rdnr. 2). Mit der Vereinbarung zum Betrieb des Gesundheitszentrums B. (Vorbemerkung I der Vereinbarung) mit einer Gemeinschaftspraxis der Brüder … , zweier Kliniken (…) und einer zentralen OP-Einrichtung (Nr. II der Vereinbarung) wollten sie im Wesentlichen die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit der Beteiligten in einem gemeinsamen Anwesen (Gesundheitszentrum) in verschiedenen Formen regeln (s. auch Landgericht Bayreuth, Urteil vom 26.9.2007, Az: 22 O 181/07).
e) Der Senat kann sich auch nicht der Argumentation der Klägerin anschließen, die Berufung der Beklagten auf die Schiedsgerichtsvereinbarung sei deshalb treuwidrig, weil die Beklagte weder den von der Klägerin vorgelegten Schiedsrichtervertrag unterzeichnet noch selbst einen Schiedsrichter bestellt habe. Der Schiedsrichtervertrag kommt gem. § 1035 Abs. 2 ZPO mit Zugang der Ernennungsanzeige zustande (Thomas/Putzo, Reichold, ZPO, 29. Aufl., vor § 1029 Rdnr. 8). Wie bereits ausgeführt, enthält § 1035 ZPO gesetzliche Regelungen, wie zu verfahren ist, wenn eine Partei einen Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch die andere Partei bestellt (§ 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Der Klägerin war (und ist) es unbenommen, nach den gesetzlichen Vorschriften, so wie in der Schiedsklausel vorgesehen, vorzugehen. Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten kann demnach nicht allein darin gesehen werden, dass sie ihrerseits keinen Schiedsrichter benannt hat.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Summary
In proceedings before a district court, claimant sought payment of compensation. The district court dismissed the action on the basis that although the claim was admissible in light of an ineffective arbitration agreement, such claim was unfounded. The claimant filed an appeal. With regard to respondent's objection to the admissibility of the proceedings on the basis of the arbitration agreement, claimant argued that respondent had refused to participate in the constitution of an arbitral tribunal.
The Higher Regional Court of Bamberg rejected the appeal reasoning that the action was inadmissible on the basis of the arbitration agreement.
The court held that it was not a violation of the ban of deterioration (”Verschlechterungsverbot”) pursuant to Sec. 528 German CCP, that the rejection of the action in the first instance as unfounded was changed by the Higher Regional Court into a rejection of the action as inadmissible, because this principle is not applicable if the first instance proceedings are inadmissible because of a procedural defect. The court held that the action was inadmissible pursuant to Sec. 1032 para 1 CCP because the subject-matter of the action was within the scope of an arbitration agreement. This agreement was not void, invalid or unenforceable because it was in compliance with the requirement of legal certainty pursuant to Sec. 1029 CCP notwithstanding the absence of a concrete arbitral tribunal. As the arbitration made reference to Sec. 1025 et seq. CCP as applicable, including the respective provisions for substitute appointment of arbitrators, the specification of a concrete arbittral tribunal was not required.