Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-6 U 225/06 20.12.2007 LG Düsseldorf, Urt. v. 3.11.06 - 13 O 42/06 Schiedsvereinbarung: - Schiedseinrede Schiedsf
U R T E I L
Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. November 2006 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen jeweils erst ab dem 14. März 2006 zu zahlen sind.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
G r ü n d e :
I.
Zum Sachverhalt wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils mit der Klarstellung Bezug genommen, dass die Beklagte mit Nichtwissen bestritten hat, dass mit dem Kläger zu 3) kein schriftlicher Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen wurde.
Die Beklagte hält weiterhin die Klagen wegen wirksamer Schiedsvereinbarungen für unzulässig. Sie habe keine Börsentermingeschäfte in Deutschland ausgeführt, sondern lediglich das Konto der Kläger in den USA geführt und die Abwicklung der von der Firma J. in das Onlinesystem eingegebenen Transaktionen in den USA ermöglicht. § 37 h WpHG sei schon wegen anderweitiger Rechtswahl nicht anwendbar, darüber hinaus aber auch deswegen nicht, weil sie in Deutschland keine Finanztermingeschäfte im Sinne des § 37 h WpHG durchgeführt habe. Die Rechtswahl sei wirksam, die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 EGBGB lägen nicht vor. Der Abschluss des Kontovertrages sei ohne ihre vorherige Werbung in Deutschland zustande gekommen. Insbesondere habe die Firma J. nicht in ihrem, der Beklagten, Auftrag Kunden angeworben. Darüber hinaus folge aus §§ 1 Abs. 2, 37 d Abs. 6 WpHG, dass bei der vorliegenden Konstellation § 37 h WpHG keine Anwendung finde. Eine Zuständigkeit nach § 32 ZPO sei selbst dann nicht gegeben, wenn diese nicht schon durch die Schiedsvereinbarung ausgeschlossen sein sollte. Denn es fehle an einer schlüssigen Darlegung einer unerlaubten Handlung.
Im Übrigen seien die Klagen auch unbegründet.
Für die vom Landgericht bejahten Ansprüche aus c.i.c. fehle es bereits an der Zuständigkeit. Sie, die Beklagte, sei auch nicht aufklärungspflichtig gewesen. Die Aufklärung und Information der Kunden habe einzig der kundennäheren Anlagevermittlerin oblegen. Deren Aufklärung habe sie, die Beklagte, nicht überwachen müssen. Eine solche Verpflichtung würde der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der nur das kundennähere Unternehmen zur Aufklärung verpflichtet sei, zuwider laufen. Zudem habe sie die Firma J. mehr als genügend überprüft, wie sich aus dem Schriftwechsel vom 3. Januar 2005 und 11. Februar 2005 ergebe. Ihr sei bekannt gewesen, dass die Firma J. der Aufsicht und Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterlegen habe, und sie habe auf deren Tätigkeit vertraut.
Vorsätzliches sittenwidriges Verhalten falle ihr nicht zur Last. Dem stehe schon entgegen, dass sie sich auf die Gesetzestreue der Firma J. verlassen habe und sie sich von den Klägern habe bestätigen lassen, über die Risiken der Optionsgeschäfte aufgeklärt worden zu sein. Allein aus der – marktüblichen – Höhe der von der Firma J. erhobenen Gebühren könne nicht auf ihren Vorsatz geschlossen werden, die Kläger zu schädigen, zumal diese Gebühren nicht zur Chancenlosigkeit geführt hätten, wie bereits die vom Kläger zu 2) erzielten erheblichen Zwischengewinne zeigten.
An einem kick-back oder churning habe sie sich nicht beteiligt. Zwischen ihr und der Firma J. habe schon keine kick-back-Vereinbarung bestanden, der Hinweis auf eine solche im Geschäftsbesorgungsvertrag entspreche nicht den Tatsachen. Für ein churning fehle es an den objektiven Voraussetzungen.
Auch fehle es an der Kausalität. Gewinnchancen hätten – wie zwischendurch erzielte Gewinne zeigten – vorgelegen.
Zumindest sei ein Mitverschulden der Kläger zu berücksichtigen.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
die Klagen unter teilweiser Abänderung des am 3. November 2006 verkündeten Urteils der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (13 O 42/06) insgesamt abzuweisen;
hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Kläger b e a n t r a g e n (wobei sie so zu verstehen sind, dass jeder Kläger nur den jeweils ihn betreffenden Anspruch verfolgt), die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidern: Die Beklagte sei aufklärungspflichtig gewesen, die Entscheidung BGHZ 147, 343, sei nicht einschlägig. Anders als dort hätten sie, die Kläger, sich hier – wie unstreitig ist – nicht eines Vermögensverwalters als Entscheidungsträger bedient. Somit sei folgender Grundgedanke leitend: Wer als Broker mit einem Vermittler vereinbare, Konten für zugeführte Kunden zu eröffnen, denen dann zum beiderseitigen Verdienst eine überhöhte Kommission belastet werde, wirke an einem Angebot mit, auf das sich bei ausreichender Aufklärung kein vernünftig denkender Mensch eingelassen hätte. Deshalb hätte die Beklagte überprüfen müssen, in welcher Weise die Firma J. ihre Kunden aufgeklärt habe. Auch hätte die Beklagte als eines der größten Brokerhäuser der Welt wissen müssen, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Aufklärungspflichten von gewerblichen Vermittlern von Börsentermingeschäften sehr hohe Anforderungen stelle und danach die Aufklärungsbroschüren der gewerblichen Vermittler ganz überwiegend unzureichend seien. Die Beklagte habe sich an der unerlaubten Handlung der Firma J. beteiligt, indem sie über sie die Kunden habe anwerben lassen. Am churning der Firma J. habe sich die Beklagte beteiligt, indem sie sich mit der Firma J. die den Klägern berechneten Gebühren im Rahmen einer kick-back-Vereinbarung geteilt habe. Dass eine kick-back-Vereinbarung zwischen der Firma J. und der Beklagten bestanden habe, ergebe sich bereits aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag. Insoweit stelle dieser zumindest einen Anscheinsbeweis dar. Für ein churning spiele die Anzahl der Kauforder keine Rolle.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Die Klagen sind zulässig und in dem ihnen durch das angefochtene Urteil stattgebenden Umfang bis auf jeweils einen Zinstag begründet.
1.
Die (in subjektiver Klagehäufung, § 60 ZPO) erhobenen Klagen sind zulässig. Insbesondere ist die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben und steht die Schiedsklausel in Ziff. 15 der Geschäftsbedingungen der Beklagten (Anl. B 5) der Zulässigkeit der Klagen nicht entgegen.
a)
In Deutschland ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO eröffnet.
aa)
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist im Verhältnis von Deutschland zu den USA nicht speziell geregelt, so dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit heranzuziehen sind. Soweit danach ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, indiziert dies regelmäßig die internationale Zuständigkeit (BGH, WM 1995, 100 – Jurisabdr. Tz. 14 – ).
bb)
Danach ergibt sich die internationale Zuständigkeit aus § 32 ZPO. Dieser Gerichtsstand ist eröffnet, wenn das Klagevorbringen die Möglichkeit einer unerlaubten Handlung nahelegt. Ob die Beklagte tatsächlich eine unerlaubte Handlung begangen hat, ist im Rahmen der Begründetheit zu prüfen (BGH a.a.O. Tz. 21). Entscheidend ist, ob auf der Grundlage des Klagevortrages in Deutschland der objektive Tatbestand einer – hier: gemeinschaftlich begangenen – unerlaubten Handlung gegeben ist. Dies ist der Fall, weil nach dem Klagevortrag die Firma J. (hierbei handelt es sich nach dem Rubrum der Geschäftsbesorgungsverträge Anl. K 26 und 27 um ein einzelkaufmännisches Unternehmen des J.) als Vermittlerin hochriskanter Optionsgeschäfte ihre geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise zum Nachteil der Kläger missbraucht haben soll und die Beklagte mit der Firma J. objektiv zusammen gewirkt hat (§§ 826, 830 BGB).
Ein deutscher Gerichtsstand für Ansprüche der Kläger aus unerlaubter Handlung ist nach § 32 ZPO nicht nur hinsichtlich der in Deutschland tätig gewordenen Firma J., sondern auch im Hinblick auf die im Ausland handelnde Beklagte begründet. Das ergibt sich daraus, dass beide Unternehmen nach dem hier zu unterstellenden Vorbringen der Kläger Mittäter einer unerlaubten Handlung im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB sind und bei Mittäterschaft jeder Beteiligte sich die von einem anderen Beteiligten erbrachten Tatbeiträge im Rahmen nicht nur des § 830 Abs. 1 BGB, sondern auch des § 32 ZPO zurechnen lassen muss (BGH a.a.O. Tz 23).
b)
Der Gerichtsstand nach § 32 ZPO ist nicht durch Ziff. 15 der Geschäftsbedingungen der Beklagten wirksam abbedungen worden. Die inhaltlich auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung umfassende Schiedsabrede ist nach § 37 h WpHG unwirksam.
aa)
Bei der Prüfung des anwendbaren Kollisionsrechts bei einer Schiedsvereinbarung mit Auslandsberührung ist zu differenzieren zwischen der subjektiven Schiedsfähigkeit, der objektiven Schiedsfähigkeit und den weiteren Voraussetzungen für das wirksame Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung.
Die subjektive Schiedsfähigkeit ist nichts anderes als ein auf das Schiedswesen bezogener Teil der allgemeinen Geschäfts- und Prozessfähigkeit. Zu ihrer Bestimmung ist sowohl nach dem in der hier vorliegenden Einredesituation analog anwendbaren (vgl. Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anh. § 1061 Rdnr. 38, 40, 43) Art. V Abs. 1 lit. a) UNÜ (New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958) als auch nach (hier durch das UNÜ verdrängt) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) ZPO das Personalstatut maßgeblich (vgl. Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, 4. Aufl., § 37 h Rdnr. 10; Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. Rdnr. 44; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 1025 Rdnr. 15 und § 1029 Rdnr. 19, 23), mithin nach Art. 7 EGBGB das deutsche Recht.
Nur wenn die Kläger schiedsfähig waren, stellt sich die weitere Frage, ob die übrigen Voraussetzungen für das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung vorliegen, wobei auch insoweit die in Art. V Abs. 1 lit. a) UNÜ genannten kollisionsrechtlichen Regeln heranzuziehen sind, um das anwendbare Recht zu finden (Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. Rdnr. 40), strengere Formerfordernisse allerdings hinter Art. II UNÜ zurücktreten (Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. Rdnr. 34 ff.).
bb)
Nach dem somit insoweit maßgeblichen deutschen Recht sind die Kläger nicht schiedsfähig gewesen, als sie ihre Vertragserklärungen vom 6. April 2005 (Kläger zu 1), Anl. B 2), 27. April 2004 (Kläger zu 2), Anl. B 3) und 20. September 2004 (Kläger zu 3), Anl. B 4) abgaben.
Gemäß dem durch das Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (4. Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21. Juni 2002 in das WpHG eingefügten § 37 h sind Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus – wie hier – Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanztermingeschäften nur verbindlich, wenn beide Vertragsteile Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte die Firma J. die Geschäfte über ihr, der Beklagten, Onlinesystem in den USA ausführen ließ.
Dass die Kläger zu dem Personenkreis zählen, der nach § 37 h WpHG stets schiedsfähig ist, ist weder dargelegt noch sonstwie ersichtlich.
Die Regelungen in §§ 1 Abs. 2 WpHG, 37 d Abs. 6 WpHG in der bis zum 31. Oktober 2007 geltenden Fassung stehen der Anwendung des § 37 h WpHG nicht entgegen. Zwar zeigen diese Vorschriften, dass das WpHG bei einer Auslandsberührung nicht stets Anwendung findet. § 1 Abs. 2 WpHG lässt aber nur einen Umkehrschluss hinsichtlich des Regelungsbereichs des dritten und vierten Abschnitts, § 37 Abs. 6 WpHG a.F. nur einen hinsichtlich des Regelungsbereichs seiner Absätze 1 bis 5 zu. Im Übrigen gilt das maßgebliche Kollisionsrecht, das hier über § 1 Abs. 1 WpHG zu § 37 h WpHG führt. Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen dem Gedanken des § 37 Abs. 6 WpHG a.F. Denn nach dessen Satz 2 finden bei einem – wie hier – Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland nur dann die dortigen Absätze 1 bis 5 keine Anwendung, wenn die Leistung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen ausschließlich im Ausland erbracht wird. So liegt der Fall hier aber nicht. Vielmehr ergibt sich der Inlandsbezug daraus, dass die Beklagte von den Klägern im Inland nicht nur die u.a. auf die Schiedsvereinbarungen gerichteten Vertragserklärungen angefordert hat, sondern auch – wie dem Abschnitt III. Investment Profile des jeweiligen Option Agreement (Anl. B 2 bis B 4) zu entnehmen ist – Angaben im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 WpHG a.F. (vgl. hierzu nunmehr § 31 Abs. 5 Satz 1 WpHG n.F.). Insoweit gilt nichts anderes als für die vergleichbare Regelung in § 31 Abs. 3 WpHG a.F./§ 31 Abs. 10 WpHG n.F. (vgl. zur a.F. Assmann/Schneider/Koller a.a.O., § 31 Rdnr. 177).
cc)
Auf die Frage, ob die sich aus § 32 ZPO ergebende internationale Zuständigkeit für zukünftige vorsätzliche unerlaubte Handlungen auch aus sonstigen Gründen nicht wirksam derogiert werden kann, kommt es nach alledem nicht mehr an (auch vom BGH a.a.O. Tz. 24 offengelassen).
2.
Die Klagen sind in dem ihnen durch das angefochtene Urteil stattgebenden Umfang bis auf jeweils einen Zinstag begründet. Den Klägern stehen gegen die Beklagte aus §§ 826, 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB die ihnen vom Landgericht zuerkannten Schadensersatzansprüche nebst Rechtshängigkeitszinsen zu.
a)
Die Entscheidung über die in die Prüfungskompetenz des Gerichts fallenden deliktischen Ansprüche ist nach deutschem Recht zu treffen.
aa)
Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat (Handlungsort), oder – nach Wahl des Geschädigten – dem Recht des Staates, in dem der Erfolg eingetreten ist (Erfolgs- oder Verletzungsort).
In diesem Sinn ist Deutschland Handlungsort. Zwar ist bei der Haftung von Mittätern grundsätzlich auf den Ort abzustellen, an dem der in Anspruch genommene Mittäter gehandelt hat. Etwas anderes gilt aber dann, wenn eine gemeinsame wesentlich engere Beziehung zum Recht eines anderen Staates besteht (Art. 41 Abs. 1 EGBGB; Palandt/Heldrich, BGB, 67. Aufl., Art. 40 EGBGB Rdnr. 3). So liegt der Fall hier. Wurden die Kläger – was an dieser Stelle zu unterstellen ist – durch eine gemeinschaftliche unerlaubte Handlung des J. und der Beklagten vorsätzlich geschädigt, lag der Schwerpunkt der unerlaubten Handlung in Deutschland. Hier schritt mit Firma J. der "Haupttäter" zur Tat. Dass das Geld zunächst in die USA transferiert werden musste, um dort die die Kläger schädigenden Wertpapiergeschäfte ausführen zu können, ändert hieran nichts. Die entscheidende Hürde, die bei der Ausführung der unerlaubten Handlung zu überwinden war, bestand darin, die Kläger zu den verlustbringenden Geschäften zu bewegen. Dies geschah in Deutschland.
bb)
Der Anwendung deutschen Deliktsrechts mit der Begründung, der Schwerpunkt der unerlaubten Handlung liege in Deutschland, steht Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht entgegen. Danach kann, nicht muss, sich eine wesentlich engere Beziehung mit dem Recht eines Staates aus einer besonderen rechtlichen Beziehung zwischen den Beteiligten im Zusammenhang mit einem Schuldverhältnis ergeben. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, einen Gleichklang von Deliktsstatut und Vertragsstatut zu erreichen. Selbst wenn man unterstellt, dass auf die vertraglichen Beziehungen zwischen den Klägern und der Beklagten US-amerikanisches Recht anzuwenden ist, führt dies aber im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung des genannten Gesetzeszwecks nicht zur Anwendung US-amerikanischen Deliktsrechts. Denn bei der wegen gemeinschaftlicher Tatbegehung gebotenen einheitlichen Betrachtung der unerlaubten Handlung wird die durch das US-amerikanische Vertragsstatut begründete Bindung an das US-amerikanische Recht dadurch überlagert, dass im Verhältnis der Kläger zur "Haupttäterin" Firma J. unzweifelhaft deutsches Recht Anwendung findet. Selbst bei gleichwertigen Tatbeiträgen kommt man mit Hilfe des Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB bei der gebotenen einheitlichen Betrachtung der unerlaubten Handlung nicht über den Ausgangspunkt hinweg, wonach bei Mittätern grundsätzlich auf den Ort abzustellen ist, von dem aus der jeweilige Mittäter gehandelt hat. Weiter führt dann nicht Art. 41 Abs. 2 EGBGB, sondern wegen der überlagernden Handlungsbeiträge der Firma J. Art. 41 Abs. 1 EGBGB.
cc)
Dieses Ergebnis steht schließlich auch mit der Wertung des § 31 Abs. 3 WpHG a.F./ § 31 Abs. 10 WpHG n.F. in Einklang. Danach gilt § 31 Abs. 2 WpHG a.F. bzw. gelten die in § 31 Abs. 10 WpHG n.F. genannten Vorschriften auch für Unternehmen mit Sitz im Ausland/in einem Drittstaat, die Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen gegenüber Kunden erbringen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inhalt haben, sofern nicht die Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen ausschließlich im Ausland/ in einem Drittstaat erbracht wird. Für eine Leistung im Inland reicht es – wie oben bereits ausgeführt – aus, wenn vom Ausland her in das Inland hinein beraten wird, Informationen ins Inland hinein erteilt werden oder Angaben im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 WPHG a.F./§ 31 Abs. 4 und 5 WpHG n.F. angefordert werden (vgl. zur a.F. Assmann/Schneider/Koller a.a.O., § 31 Rdnr. 177). Wie den Anlagen B 2 bis B 4 zu entnehmen ist, hat die Beklagte solche Angaben angefordert, so dass insoweit eine Inlandstätigkeit vorliegt.
dd)
Eine Rechtswahl konnte vor Begründung der Schadensersatzansprüche nicht wirksam getroffen werden (Art. 42 Satz 1 EBGBG).
b)
Den Klägern stehen gegen die Beklagte aus §§ 826, 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB die ihnen vom Landgericht zuerkannten Schadensersatzansprüche zu. Die Beklagte hat gemeinschaftlich mit der Firma J. die Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Dabei kommt es im Kern nicht darauf an, ob die Beklagte den Klägern gegenüber aufklärungspflichtig war. Entscheidend ist hier, dass sie sich (aa) an der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung der Kläger durch J. (bb) objektiv beteiligt und damit dieses schädigende Verhalten objektiv gefördert hat sowie (cc) zumindest bedingt vorsätzlich handelte, weil sie zumindest die Augen vor dieser sich ihr aufdrängenden Tatbeteiligung verschlossen hat.
aa)
J. hat die Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet der Geschäftsführer einer Optionsvermittlungsgesellschaft dem Kunden gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn er Spekulationsgeschäfte der vorliegenden Art ohne gehörige Aufklärung des Kunden abschließt, den Abschluss veranlasst oder bewusst nicht verhindert und dadurch seine geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise missbraucht (vgl. BGHZ 105, 108, 109 f.; BGH, NJW 1994, 997; WM 1994, 1746, 1747). Dasselbe gilt, wenn das von einem Geschäftsführer bewusst nicht verhinderte Verhalten von Mitarbeitern der Optionsvermittlungsgesellschaft statt der Schädigung eigener Kunden die Mitwirkung bei Schädigungshandlungen eines anderen Unternehmens gegenüber deren Kunden zum Gegenstand hat (BGH, WM 1999, 540 – Jurisabdr. Tz. 12 ff. – ). Dem entspricht die Haftung des ausländischen Brokers bei der Durchführung von Kundenaufträgen, wenn der Broker die auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegten Geschäftspraktiken der Optionsvermittlungsgesellschaft gekannt oder leichtfertig die Augen vor sich aufdrängenden Bedenken verschlossen hat und an dem sittenwidrigen Verhalten des gewerblichen Vermittlers zum eigenen Vorteil mitgewirkt hat (BGH, WM 1989, 1407 – Jurisabdr. Tz. 30 – ; WM 1990, 462 – Jurisabdr. Tz. 22 – ; WM 2004, 1768 – Jurisabdr. Tz. 30 ff. – ; auch BGH, WM 2005, 28 – Juris-abdr. Tz. 12 – ).
Seine geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise missbraucht hat J., indem er den Abschluss der verlustbringenden hochriskanten Spekulationsgeschäfte veranlasst oder bewusst nicht verhindert hat.
Von der geschäftlichen Überlegenheit und dem Missbrauch derselben ist auszugehen, weil die aufklärungsbedürftigen Kläger nicht in gehöriger Weise aufgeklärt wurden und sie wegen ihrer von J. ausgenutzten Unkenntnis und Unerfahrenheit die zum Vorteil des J. gereichenden verlustbringenden Geschäfte getätigt haben.
(1)
Die Kläger waren J. geschäftlich unterlegen und aufklärungsbedürftig. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan und ist auch nicht sonstwie dem Sachverhalt zu entnehmen.
Maßgeblich ist, ob die Kläger im Zeitpunkt der ersten Vertragsanbahnung die notwendigen Kenntnisse über die Mechanismen und Risiken von Optionsgeschäften hatten (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, WM 1991, 982, 984; 1992, 479, 481; 1993, 1457, 1458; 1997, 309, 311). Bezogen auf diesen Zeitpunkt kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger vorerfahren war. Insbesondere hat kein Kläger erklärt, einschlägige Vorerfahrungen oder Vorkenntnisse zu haben.
(2)
Ohne über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften aufgeklärt worden zu sein, waren die Kläger der geschäftlichen Überlegenheit von J. ausgeliefert. Um dieses Ungleichgewicht zu beheben, hätten ihnen die Kenntnisse vermittelt werden müssen, die sie in die Lage versetzten, den Umfang des ihnen aufgebürdeten Verlustrisikos und die durch die Höhe der Vermittlungsprämie eingetretene Verringerung ihrer Gewinnchancen zutreffend einzuschätzen. Dazu bedurfte es unter Angabe der Höhe der Optionsprämie eines Hinweises darauf, dass jeder Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnerwartung verschlechterte, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig war, um in die Gewinnzone zu kommen, ein Aufschlag also nicht nur zu einem höheren Preis für dasselbe Objekt führte, sondern das Verhältnis von Chancen und ohnehin schon großen Risiken aus dem Gleichgewicht brachte (vgl. hierzu BGHZ 105, 108, 110 = NJW 1988, 2882 = WM 1988, 1255; BGH, NJW-RR 1988, 554 = WM 1988, 291, 293; NJW-RR 1991, 1243 = WM 1991, 1410, 1411; NJW 1993, 257 = WM 1992, 1935, 1936; NJW 1994, 512; NJW 1994, 997). Ferner war unmissverständlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form darzulegen, dass höhere Vermittlungsprovisionen zu einer weitgehenden Ausgrenzung der Gewinnchance des Kunden führten und die geringere Wahrscheinlichkeit, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft abnahm. Die Aussagekraft dieses Hinweises durfte weder durch Beschönigungen noch durch Werbeaussagen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (vgl. BGH, NJW 1994, 512 = WM 1994, 149, 150; BGH, NJW 1994, 997).
Ob im Einzelfall ein schonungsloser Hinweis zu den Auswirkungen eines Prämienaufschlages entbehrlich ist, wenn der Aufschlag nur einen geringen Einfluss auf das Risiko des Anlegers hat, bedarf keiner Entscheidung. Denn dies kann allenfalls bei Aufschlägen in Betracht kommen, die die Gewinnchance des Anlegers nur geringfügig verschlechtern (BGH, WM 2006, 84, Tz. 20). Schon ein Aufschlag von 11 % ist aber nicht mehr geringfügig, weil er das Gleichgewicht zwischen Chancen und Risiken deutlich verschiebt (BGH a.a.O.). Für die von J. – neben einer "Dienstleistungsgebühr" von 6 % – erhobenen wesentlichen höheren Aufschläge (s. hierzu die Geschäftsdaten im Tatbestand des angefochtenen Urteils auf S. 7 ff. und auch nachstehend zu cc)) gilt dies erst recht.
Eine gehörige Aufklärung und damit Herstellung eines geschäftlichen Gleichgewichts kann nicht angenommen werden. Denn den dargestellten Anforderungen an die Aufklärung des Optionskäufers genügen die den Klägern erteilten Informationen nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass den Klägern auch nur vor einem getätigten Geschäft in der erforderlichen Schonungslosigkeit vor Augen geführt wurde, in welchem konkreten Verhältnis die anfallenden Kosten zur Optionsprämie standen und wie sehr damit das Verhältnis von Chancen und ohnehin schon großen Risiken aus dem Gleichgewicht gebracht wurde.
Das Merkblatt "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" (der Kläger zu 1) erhielt dieses in im Wesentlichen inhaltlich übereinstimmenden zwei Ausfertigungen) reichte, unabhängig von der Frage, ob es rechtzeitig ausgehändigt wurde, zur notwendigen Aufklärung nicht aus. Mit seinen lediglich abstrakten und typisierten Risikohinweisen genügte es nicht den speziellen Anforderungen einer an den Kenntnissen und Erfahrungen der Kläger und den Besonderheiten der vermittelten Geschäfte orientierten Aufklärung (vgl. in diesem Zusammenhang nur BGH, NJW 1997, 2171, 2172; NJW-RR 1997, 176, 177).
Den Informationen nach § 37 d WpHG waren beim Kläger zu 2) zusätzliche Informationen angefügt (Anl. K 28, S. 4 ff). Auch diese waren unzureichend. Schon wegen des zwangsläufig abstrakten und typisierten Inhalts wird dem Leser an keiner Stelle vor Augen geführt, in welchem konkreten Verhältnis die anfallenden Kosten zur Optionsprämie stehen und wie sehr damit das Verhältnis von Chancen und ohnehin schon großen Risiken aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Aufklärende, am Einzelfall orientierte eindrucksvolle Rechenbeispiele fehlen gänzlich.
Dass den Klägern zu 1) und 2) entgegen ihrem Vorbringen über das Merkblatt, die zusätzlichen Informationen (Kläger zu 2)) und den pauschalen und damit unzulänglichen Hinweis auf ein Totalverlustrisiko auf Seite 2 (Kläger zu 1), Anl. K 26) bzw. Seite 3 (Kläger zu 2), Anl. K 27) des jeweiligen Geschäftsbesorgungsvertrages hinaus Aufklärungsmaterial zur Verfügung gestellt wurde, kann nicht angenommen werden. Insbesondere hat die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht vortragen, wodurch diesen Klägern die notwendige Aufklärung geleistet worden sein soll.
Der Kläger zu 3) behauptet, ausschließlich das Merkblatt, also nicht einmal einen schriftlichen Geschäftsbesorgungsvertrag, erhalten zu haben. Auch hier hat die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht vortragen, durch welche Informationen diesem Kläger vor Augen geführt worden sein soll, wie sehr die hohen Provisionsaufschläge das Chancen-Risiko-Verhältnis aus dem Gleichgewicht brachten.
Schließlich kann J. der Missbrauch seiner geschäftlichen Überlegenheit nicht verborgen geblieben sein, es sei denn, er hätte seine Augen vor einer solchen Erkenntnis gewissenlos leichtfertig verschlossen.
(3)
Unter den dargelegten Umständen ist zu vermuten, dass die Kläger wegen ihrer Unkenntnis und Unerfahrenheit die zum Vorteil des J. gereichenden verlustbringenden Geschäfte getätigt haben. Hinsichtlich des Klägers zu 1) steht dem die von ihm im Geschäftsbesorgungsvertrag erklärte sehr hohe Spekulationsbereitschaft nicht entgegen. Zwar handelte es sich bei diesem Grad von Spekulationsbereitschaft um die höhere der zwei vorgegebenen Varianten. Nicht zuletzt angesichts seiner bisherigen Anlagestrategie bietet das Ankreuzen dieser Variante keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger zu 1) bei Herstellung eines geschäftlichen Gleichgewichts zu hochspekulativen Optionsgeschäften entschlossen hätte. Bei unmissverständlicher schonungsloser Offenlegung und Erläuterung des durch die Anlageart und insbesondere den Prämienaufschlag bedingten besonders hohen Risikos war es auch für den Kläger zu 1) vielmehr einzig vernünftig, sein Kapital diesem extrem hohen Risiko nicht auszusetzen.
Trotz der Erfahrungen, die die Kläger nach und nach mit den einzelnen (ihr Verlustrisiko stetig erhöhenden) Optionsgeschäften machten, ist die Kausalitätsvermutung auch für die jeweiligen Folgegeschäfte nicht ausgeräumt. Denn ein Kunde steht warnenden Hinweisen nach ersten durchgeführten Optionsgeschäften nicht mehr unvoreingenommen gegenüber, und zwar unabhängig davon, ob Gewinne oder Verluste erzielt wurden (vgl. BGH, WM 1993, 1454, 1458).
(4)
Dass die Kläger über die Geschäftsabschlüsse durch entsprechende Kontoauszüge informiert wurden und seinerzeit keine Einwände gegen die Geschäfte erhoben, ist ebenfalls unerheblich. Denn in der nachträglichen widerspruchslosen Kenntnisnahme bereits getätigter Geschäfte kann ohne das Hinzukommen besonderer Umstände keine die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ausschließende Einverständniserklärung gesehen werden. Darüber hinaus könnte ein rechtlich beachtliches Einverständnis der Kläger allenfalls dann angenommen werden, wenn ihnen damals schon bewusst geworden wäre, dass die Wertpapiergeschäfte nicht ihrem Interesse, sondern vorwiegend dem Provisionsinteresse des Anlagevermittlers und auch dem der Beklagten dienten. Ein solches Bewusstsein kann bei Kunden, die – wie seinerzeit die Kläger – auf dem Gebiet der Termingeschäfte unerfahren sind, aber nicht vorausgesetzt werden (vgl. BGH, WM 1995, 100 – Jurisabdr. Tz. 22 – ).
bb)
An der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung der Kläger durch J. hat sich die Beklagte objektiv beteiligt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Teilnahme als Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe zu qualifizieren ist (§ 830 Abs. 2 BGB).
Die objektiven Voraussetzungen gemeinschaftlichen Handelns liegen schon deswegen vor, weil die Beklagte mit der Firma J. zusammenarbeitete und diesem Anlagevermittler überhaupt erst den Zugang zu der New Yorker Börse eröffnete. Dass sie es durch ihr Onlinesystem dem Anlagevermittler ermöglichte, faktisch die Geschäfte selbst auszuführen, ändert an der objektiv gegebenen Zusammenarbeit nichts, sondern ist Ausdruck dieser. Entscheidend ist, dass unter ihrer "Hilfestellung" J. die Geschäfte ausführen konnte. Zudem hat die Beklagte durch die an sie für jedes durchgeführte Optionsgeschäft zu zahlenden Gebühren am wirtschaftlichen Erfolg des sittenwidrigen Handelns des Anlagevermittlers partizipiert.
cc)
Auch die subjektiven Voraussetzungen sind erfüllt, weil die objektive Tatbeteiligung zumindest bedingt vorsätzlich erfolgte. Die Beklagte hat zumindest ihre Augen vor sich ihr aufdrängenden Bedenken verschlossen und deshalb gewissenlos leichtfertig durch J. vermittelte Aufträge der Kläger zu deren Nachteil von jenem über ihr Onlinesystem ausführen lassen.
Die Gefahr, dass J. seine geschäftliche Überlegenheit gegenüber den Klägern in sittenwidriger Weise missbrauchte, lag für die Beklagte, der als großem Brokerhaus die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften vertraut waren und der daher insbesondere das von den Klägern eingegangene extreme Verlustrisiko bewusst war, auf der Hand. Dies alles gilt umso mehr, als der Beklagten klar sein musste, dass die ihr über das Onlinesystem bekannte oder bewusst nicht zur Kenntnis genommene Entlohnung des Anlagevermittlers diesem einen hohen Anreiz bot, seine geschäftliche Überlegenheit missbräuchlich gegenüber den geworbenen Kunden auszunutzen, wobei dem Anlagevermittler dabei "arbeitserleichternd" die Möglichkeit gegeben war, mit der Seriosität der Beklagten um die Kunden zu werben.
Dass die Beklagte der Gefahr eines Missbrauchs geschäftlicher Überlegenheit des Anlagevermittlers durch eigene Schutzmaßnahmen hinreichend entgegengewirkt hätte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sie das Vorgehen des Anlagevermittlers in geeigneter Weise überprüft oder selbst für eine schonungslose Aufklärung der Kunden Sorge getragen hat. Soweit die Beklagte behauptet, vor Abschluss des Verrechnungsabkommens habe sie "am Markt das Geschäftsgebaren der Firma J." überprüft, ist ihr Vorbringen pauschal und ohne hinreichende Substanz. Es mag sein, dass aufsichtsrechtliche Verfahren gegen J. zunächst nicht anhängig waren. Rückschlüsse auf die Methoden von J. waren hierdurch jedoch nicht gerechtfertigt. Auch ihre als Anlage B 19 vorgelegten Schreiben und das Antwortschreiben der Firma J. vom 11. Februar 2005 (Anl. B 20) vermögen die Beklagte nicht zu entlasten. Dies versteht sich von selbst, soweit diese Schreiben erst nach der letzten Anlageentscheidung der Kläger erfolgten. Im Übrigen lassen diese Schreiben nicht den Schluss zu, dass J. seine Kunden über die Wirkungen der hohen Provisionsaufschläge hinreichend aufklärte.
Ein Broker, der unter den aufgezeigten Umständen die aus dem ihm bekannten extremen Verlustrisiko und der transaktionsabhängigen Vergütung des Anlagevermittlers folgende naheliegende Gefahr eines Missbrauchs geschäftlicher Überlegenheit des Anlagevermittlers kennt und ohne jedwede ausreichende Schutzmaßnahmen gegen diese Gefahr provisionsauslösende Geschäfte ausführt, nimmt die Verwirklichung der Gefahr in Kauf und leistet damit zumindest bedingt vorsätzlich Hilfe zu dem sittenwidrigen Handeln des Anlagevermittlers (vgl. für die Beteiligung eines ausländischen Brokers am churning eines Anlagevermittlers BGH, WM 2004, 1768 – Jurisabdr. Tz. 33 – ). Ob die Hilfeleistung der eigentliche oder einzige Beweggrund des Brokers ist, ob er andere Absichten und Ziele als der Anlagevermittler verfolgt oder ob er dessen Handeln möglicherweise sogar innerlich ablehnt, ist für die Haftung unerheblich (vgl. BGH a.a.O.).
Ebenso wie in dem der vorzitierten Entscheidung des Bundesgerichtshof zugrunde liegenden Fall beim Massengeschäft des Brokers sich diesem ein churning aufdrängen musste, muss es auch ein Missbrauch geschäftlicher Überlegenheit jedenfalls dann, wenn das Verhältnis von Chancen und ohnehin hohen Risiken wie im vorliegenden Fall durch hohe Aufschläge stark zum Nachteil des Anlegers verschlechtert wird: In ihrer Klageerwiderung hat die Beklagte beispielhaft aufgezeigt, dass allein die Vermittlungsprovision der Firma J. beim Kauf von 11.200 Optionen auf die Aktien der K.-Corp. 5.600,00 USD bei einem Optionspreis von 8.960,00 USD betrug, mithin rund 63 % des Optionspreises, während sich die neben einer Verrechnungsgebühr in Höhe von 18,00 USD und einer Bestätigungsgebühr in Höhe von 2 USD angefallenen Ausführungsgebühren der Beklagten nur auf 168,00 USD beliefen. Genau die hier offenbar werdende sittenwidrige Ausnutzung geschäftlicher Überlegenheit hat die Beklagte der Firma J. ermöglicht und zumindest die Augen davor verschlossen, dass die Firma J. hohe Provisionen vereinnahmte und damit ihre Kunden einem extremen Risiko aussetzte. Dass sich dieses Risiko nicht stets realisierte, ändert nichts. Denn es versteht sich – wie im Übrigen auch beim churning (vgl. BGH a.a.O.Tz. 23) – von selbst, dass Erfolg und Misserfolg auch der hier vorgenommenen Kapitalanlagegeschäfte vom Marktgeschehen abhingen. Für oder gegen den indiziell zu beweisenden Vorsatz der Verantwortlichen der Beklagten zur Beihilfe an der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigungshandlung der Firma J. besagt dies nichts.
Der Gesichtspunkt des Massengeschäfts vermag die Beklagte auch sonst nicht zu entlasten. Überlässt die Beklagte dem in Deutschland wirkenden Finanzdienstleister die Ausführung der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung über das von ihr geführte Konto, wendet sie damit den Blick von dieser unerlaubten Handlung ab, ohne dass ihr dieser Blick verstellt wäre. Denn ähnlich wie beim churning genügt ein Blick auf die Kontobewegungen, um zu erkennen, dass der Anleger aufgrund der hohen Aufschläge auf die Optionsprämien einem extremen Verlustrisiko ausgesetzt ist, vor dem er grundsätzlich eines Schutzes bedarf.
Der Feststellung eines zumindest bedingten Vorsatzes stehen Einschränkungen, die zugunsten des nachgeschalteten, kundenferneren Brokers insbesondere hinsichtlich ihm obliegender Aufklärungs- und Beratungspflichten gelten (vgl. BGHZ 147, 343; seit dem 1. November 2007 auch § 31 e Abs. 2 WpHG), nicht entgegen. Denn hier geht es im Kern nicht um den Inhalt und die Reichweite (vor)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten, sondern um eine (bedingt) vorsätzliche Beteiligung an dem vorsätzlich sittenwidrigen Verhalten des J.. Ebenso wenig wie der zivilrechtliche Schutzbereich der §§ 31 ff. WpHG über den Inhalt und die Reichweite (vor)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgeht (vgl. BGH, WM 2007, 487, Jurisabdr. Tz. 18), wirkt der Vertrauensgrundsatz, auf den sich der nachgeschaltete Broker berufen kann, in den Bereich der vorsätzlich unerlaubten Handlung hinein. Insbesondere ist es nicht Sinn und Zweck des Vertrauensgrundsatzes, den vorsätzlich sittenwidrig Geschädigten gegenüber einem Tatbeteiligten schutzlos zu stellen. Daraus folgt, dass der Vertrauensgrundsatz nicht nur denjenigen nicht zu entschuldigen vermag, der sich mit unbedingtem Vorsatz an einer unerlaubten Handlung beteiligt, sondern auch denjenigen nicht, der vor einer sich ihm aufdrängenden Beteiligung an einer unerlaubten Handlung gewissenlos leichtfertig seine Augen verschließt.
cc)
Art und Umfang des den Klägern jeweils zu erstattenden Schadens richten sich nach §§ 249 ff. BGB. Danach sind sie so zu stellen, wie sie stehen würden, wäre ihre geschäftliche Unterlegenheit nicht missbraucht worden und hätten sie damit die hochriskanten Geschäfte nicht getätigt. Bei der Berechnung des jeweiligen Schadens hat das Landgericht – insoweit unbeanstandet und zutreffend – die Berechnungen in der Klageschrift übernommen und zusätzlich die weiteren Auszahlungen in Höhe von 262,95 € an den Kläger zu 2) und 390,26 € an den Kläger zu 3) berücksichtigt.
Ein anspruchsminderndes Mitverschulden der allenfalls fahrlässig handelnden Kläger gegenüber einer Haftung der Beklagten aus § 826 BGB kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 10.02.2005 – II ZR 276/02 – ).
c)
Die den Klägern vom Landgericht zuerkannten Rechtshängigkeitszinsen schuldet die Beklagte nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, allerdings jeweils erst ab dem 14. März 2006 (der Tag der Zustellung der Klageschrift zählt entsprechend § 187 Abs. 1 nicht mit). Weitergehende Zinsansprüche stehen den Klägern nicht zu.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Der Gesamtstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt bis zu 230.000,00 €. Hiervon entfallen auf die Berufung des Klägers zu 1) 89.800,00 €, auf die des Klägers zu 2) 79.587,05 € und auf die des Klägers zu 3) bis zu 58.160,00 €.
Beschluss vom 21.12.2007:
Satz 2 der Streitwertfestsetzung wird auf Seite 21 des Urteils vom 20. Dezember 2007 klarstellend wie folgt abgeändert:
Hiervon entfallen auf das Berufungsverfahren gegen den Kläger zu 1) 89.800,00 €, auf das gegen den Kläger zu 2) 79.587,05 € und auf das gegen den Kläger zu 3) bis zu 58.160,00 €.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-6 U 224/06 20.12.2007 LG Düsseldorf, Urt. v. 24.10.06 - 10 O 126/06 Schiedsvereinbarung: - SchiedseinredeSchiedsfähigkeit: - Börsentermingeschäfte
U R T E I L
Auf die Berufungen der Kläger zu 1) und 2) wird unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Rechtsmittel und der Berufung des Klägers zu 3) das am 24. Oktober 2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klagen verurteilt,
an den Kläger zu 1) 141.116,98 € und
an den Kläger zu 2) 111.266,30 €,
jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2006,
zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen:
die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten diese zu 48 % und der Kläger zu 3) zu 52 %;
die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1) und 2) die Beklagte;
die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3) dieser.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger zu 3) und die Beklagte können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils gegen sie aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e :
I.
Zum Sachverhalt wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Mit ihren Berufungen verfolgen die Kläger ihre Schadenersatzansprüche in dem nach in 1. Instanz erfolgten Teilklagerücknahmen reduzierten Umfang weiter. Sie machen geltend:
Die Beklagte sei aufklärungspflichtig gewesen, die Entscheidung BGHZ 147, 343, sei nicht einschlägig. Anders als dort hätten sie, die Kläger, sich hier – wie unstreitig ist – nicht eines Vermögensverwalters als Entscheidungsträger bedient. Somit sei folgender Grundgedanke leitend: Wer als Broker mit einem Vermittler vereinbare, Konten für zugeführte Kunden zu eröffnen, denen dann zum beiderseitigen Verdienst eine überhöhte Kommission belastet werde, wirke an einem Angebot mit, auf das sich bei ausreichender Aufklärung kein vernünftig denkender Mensch eingelassen hätte. Deshalb hätte die Beklagte überprüfen müssen, in welcher Weise die Firma J. ihre Kunden aufgeklärt habe. Auch hätte die Beklagte als eines der größten Brokerhäuser der Welt wissen müssen, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich der Aufklärungspflichten von gewerblichen Vermittlern von Börsentermingeschäften sehr hohe Anforderungen stelle und danach die Aufklärungsbroschüren der gewerblichen Vermittler ganz überwiegend unzureichend seien. Die Beklagte habe sich an der unerlaubten Handlung der Firma J. beteiligt, indem sie über sie die Kunden habe anwerben lassen. Am churning der Firma J. habe sich die Beklagte beteiligt, indem sie sich mit der Firma J. die den Klägern berechneten Gebühren im Rahmen einer kick-back-Vereinbarung geteilt habe. Dass eine kick-back-Vereinbarung zwischen der Firma J. und der Beklagten bestanden habe, ergebe sich bereits aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag. Insoweit stelle dieser zumindest einen Anscheinsbeweis dar. Für ein churning spiele die Anzahl der Kauforder keine Rolle.
Die Kläger beantragen (wobei sie so zu verstehen sind, dass jeder Kläger nur den jeweils ihn betreffenden Anspruch verfolgt),
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 24. Oktober 2006 – 10 O 126/06 – die Beklagte zu verurteilen,
1. an den Kläger zu 1) € 141.116,98 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus
8.480,00 € vom 24.07.2004 bis 20.08.2004,
50.280,00 € vom 21.08.2004 bis 08.09.2004,
92.680,00 € vom 09.09.2004 bis 17.09.2004,
94.376,00 € vom 18.09.2004 bis 27.09.2004,
106.176,00 € vom 28.09.2004 bis 30.09.2004,
106.288,00 € vom 01.10.2004 bis 21.10.2004,
130.208,00 € vom 22.10.2004 bis 26.10.2004,
142.168,00 € seit dem 27.10.2004 bis zum 02.03.2006 und
141.116,98 € seit dem 03.03.2006,
2. an den Kläger zu 2) € 111.266,30 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus
6.360,00 € vom 12.08.2004 bis 21.08.2004,
51.360,00 € vom 22.08.2004 bis 25.08.2004,
126.360,00 € vom 26.08.2004 bis 07.09.2004,
189.360,00 € am 08.09.2004,
197.860,00 € vom 09.09.2004 bis 27.10.2004 und
111.266,30 € seit dem 28.10.2004,
3. an den Kläger zu 3) € 276.084,58 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus
6.360,00 € vom 09.09.2004 bis 08.10.2004,
38.860,00 € vom 09.10.2004 bis 14.10.2004,
108.860,00 vom 15.10.2004 bis 18.10.2004,
113.860,00 € vom 19.10.2004 bis 26.10.2004,
143.860,00 € am 27.10.2004,
148.860,00 € vom 28.10.2004 bis 05.11.2004,
163.560,00 € vom 06.11.2004 bis 08.11.2004,
166.860,00 € vom 09.11.2004 bis 22.11.2004,
178.860,00 € am 23.11.2004,
190.860,00 € am 24.11.2004,
208.860,00 € am 25.11.2004,
265.860,00 € vom 26.11.2004 bis 30.11.2004,
276.160,00 € vom 01.12.2004 bis 02.12.2004,
277.360,00 € vom 03.12.2004 bis 02.03.2006 und
276.084,58 € seit dem 03.03.2006
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise, die Berufungen zurückzuweisen.
Die Beklagte hält weiterhin die Klagen wegen wirksamer Schiedsvereinbarungen für unzulässig. Sie habe keine Börsentermingeschäfte in Deutschland ausgeführt, sondern lediglich das Konto der Kläger in den USA geführt und die Abwicklung der von der Firma J. in das Onlinesystem eingegebenen Transaktionen in den USA ermöglicht. § 37 h WpHG sei schon wegen anderweitiger Rechtswahl nicht anwendbar, darüber hinaus aber auch deswegen nicht, weil sie in Deutschland keine Finanztermingeschäfte im Sinne des § 37 h WpHG durchgeführt habe. Die Rechtswahl sei wirksam, die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 EGBGB lägen nicht vor. Der Abschluss des Kontovertrages sei ohne ihre vorherige Werbung in Deutschland zustande gekommen. Insbesondere habe die Firma J. nicht in ihrem, der Beklagten, Auftrag Kunden angeworben. Eine Zuständigkeit nach § 32 ZPO sei auch dann nicht gegeben, wenn diese nicht schon durch die Schiedsvereinbarung ausgeschlossen sein sollte. Denn es fehle an einer schlüssigen Darlegung einer unerlaubten Handlung.
Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil. Ihr hätten keine vertraglichen Aufklärungspflichten oblegen. Die Aufklärung und Information der Kunden habe einzig die kundennähere Anlagevermittlerin vornehmen müssen. Zudem habe sie, die Beklagte, die Firma J. mehr als genügend überprüft, wie sich aus dem Schriftwechsel vom 3. Januar 2005 und 11. Februar 2005 ergebe. Ihr sei bekannt gewesen, dass die Firma J. der Aufsicht und Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterlegen habe, und sie habe auf deren Tätigkeit vertraut. Auch habe sie sich nicht an einem kick-back oder churning beteiligt. Zwischen ihr und der Firma J. habe schon keine kick-back-Vereinbarung bestanden, der Hinweis auf eine solche im Geschäftsbesorgungsvertrag entspreche nicht den Tatsachen. Für ein churning fehle es bereits an den objektiven Voraussetzungen.
Auch fehle es an der Kausalität. Gewinnchancen hätten – wie zwischendurch erzielte Gewinne zeigten – vorgelegen.
Hinsichtlich des Klägers zu 2) sei dessen Aktivlegitimation nicht dargelegt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
II. zur Berufung des Klägers zu 1)
Die zulässige Berufung des Klägers zu 1) (künftig schlicht: der Kläger) hat überwiegend Erfolg. Seine Klage ist zulässig und bis auf einen sein Zinsbegehren betreffenden Teil begründet.
1.
Die (in subjektiver Klagehäufung, § 60 ZPO) erhobene Klage ist zulässig. Insbesondere ist die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben und steht die Schiedsklausel in Ziff. 15 der Geschäftsbedingungen der Beklagten (Anl. B 5) der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.
a)
In Deutschland ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO eröffnet.
aa)
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist im Verhältnis von Deutschland zu den USA nicht speziell geregelt, so dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit heranzuziehen sind. Soweit danach ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, indiziert dies regelmäßig die internationale Zuständigkeit (BGH, WM 1995, 100 – Jurisabdr. Tz. 14 – ).
bb)
Danach ergibt sich die internationale Zuständigkeit aus § 32 ZPO. Dieser Gerichtsstand ist eröffnet, wenn das Klagevorbringen die Möglichkeit einer unerlaubten Handlung nahelegt. Ob die Beklagte tatsächlich eine unerlaubte Handlung begangen hat, ist im Rahmen der Begründetheit zu prüfen (BGH a.a.O. Tz. 21). Entscheidend ist, ob auf der Grundlage des Klagevortrages in Deutschland der objektive Tatbestand einer – hier: gemeinschaftlich begangenen – unerlaubten Handlung gegeben ist. Dies ist der Fall, weil nach dem Klagevortrag die Firma J. (hierbei handelt es sich nach dem Rubrum der drei Geschäftsbesorgungsverträge Anl. K 22 – 24 um ein einzelkaufmännisches Unternehmen des J.) als Vermittlerin hochriskanter Optionsgeschäfte ihre geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise zum Nachteil des Klägers missbraucht haben soll und die Beklagte mit der Firma J. objektiv zusammen gewirkt hat (§§ 826, 830 BGB).
Ein deutscher Gerichtsstand für Ansprüche des Klägers aus unerlaubter Handlung ist nach § 32 ZPO nicht nur hinsichtlich der in Deutschland tätig gewordenen Firma J., sondern auch im Hinblick auf die im Ausland handelnde Beklagte begründet. Das ergibt sich daraus, dass beide Unternehmen nach dem hier zu unterstellenden Vorbringen des Klägers Mittäter einer unerlaubten Handlung im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB sind und bei Mittäterschaft jeder Beteiligte sich die von einem anderen Beteiligten erbrachten Tatbeiträge im Rahmen nicht nur des § 830 Abs. 1 BGB, sondern auch des § 32 ZPO zurechnen lassen muss (BGH a.a.O. Tz 23).
b)
Der Gerichtsstand nach § 32 ZPO ist nicht durch Ziff. 15 der Geschäftsbedingungen der Beklagten wirksam abbedungen worden. Die inhaltlich auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung umfassende Schiedsabrede ist nach § 37 h WpHG unwirksam.
aa)
Bei der Prüfung des anwendbaren Kollisionsrechts bei einer Schiedsvereinbarung mit Auslandsberührung ist zu differenzieren zwischen der subjektiven Schiedsfähigkeit, der objektiven Schiedsfähigkeit und den weiteren Voraussetzungen für das wirksame Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung.
Die subjektive Schiedsfähigkeit ist nichts anderes als ein auf das Schiedswesen bezogener Teil der allgemeinen Geschäfts- und Prozessfähigkeit. Zu ihrer Bestimmung ist sowohl nach dem in der hier vorliegenden Einredesituation analog anwendbaren (vgl. Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anh. § 1061 Rdnr. 38, 40, 43) Art. V Abs. 1 lit. a) UNÜ (New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958) als auch nach (hier durch das UNÜ verdrängt) § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) ZPO das Personalstatut maßgeblich (vgl. Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, 4. Aufl., § 37 h Rdnr. 10; Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. Rdnr. 44; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 1025 Rdnr. 15 und § 1029 Rdnr. 19, 23), mithin nach Art. 7 EGBGB das deutsche Recht.
Nur wenn der Kläger schiedsfähig war, stellt sich die weitere Frage, ob die übrigen Voraussetzungen für das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung vorliegen, wobei auch insoweit die in Art. V Abs. 1 lit. a) UNÜ genannten kollisionsrechtlichen Regeln heranzuziehen sind, um das anwendbare Recht zu finden (Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. Rdnr. 40), strengere Formerfordernisse allerdings hinter Art. II UNÜ zurücktreten (Stein/Jonas/Schlosser a.a.O. Rdnr. 34 ff.).
bb)
Nach dem somit insoweit maßgeblichen deutschen Recht ist der Kläger nicht schiedsfähig gewesen, als er seine Vertragserklärung vom 19. Juli 2004 (Anl. B 2) abgab.
Gemäß dem durch das Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (4. Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21. Juni 2002 in das WpHG eingefügten § 37 h sind Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus – wie hier – Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanztermingeschäften nur verbindlich, wenn beide Vertragsteile Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte die Firma J. die Geschäfte über ihr, der Beklagten, Onlinesystem in den USA ausführen ließ.
Dass der Kläger als Bauingenieur (s. Anl. K 22 S. 5) zu dem Personenkreis zählt, der nach § 37 h WpHG stets schiedsfähig ist, ist weder dargelegt noch sonstwie ersichtlich.
Die Regelungen in §§ 1 Abs. 2 WpHG, 37 d Abs. 6 WpHG in der bis zum 31. Oktober 2007 geltenden Fassung stehen der Anwendung des § 37 h WpHG nicht entgegen. Zwar zeigen diese Vorschriften, dass das WpHG bei einer Auslandsberührung nicht stets Anwendung findet. § 1 Abs. 2 WpHG lässt aber nur einen Umkehrschluss hinsichtlich des Regelungsbereichs des dritten und vierten Abschnitts, § 37 Abs. 6 WpHG a.F. nur einen hinsichtlich des Regelungsbereichs seiner Absätze 1 bis 5 zu. Im Übrigen gilt das maßgebliche Kollisionsrecht, das hier über § 1 Abs. 1 WpHG zu § 37 h WpHG führt. Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen dem Gedanken des § 37 Abs. 6 WpHG a.F. Denn nach dessen Satz 2 finden bei einem – wie hier – Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland nur dann die dortigen Absätze 1 bis 5 keine Anwendung, wenn die Leistung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen ausschließlich im Ausland erbracht wird. So liegt der Fall hier aber nicht. Vielmehr ergibt sich der Inlandsbezug daraus, dass die Beklagte vom Kläger im Inland nicht nur die u.a. auf die Schiedsvereinbarungen gerichteten Vertragserklärungen angefordert hat, sondern auch – wie dem Abschnitt III. Investment Profile des Option Agreement zu entnehmen ist – Angaben im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 WpHG a.F. (vgl. hierzu nunmehr § 31 Abs. 5 Satz 1 WpHG n.F.). Insoweit gilt nichts anderes als für die vergleichbare Regelung in § 31 Abs. 3 WpHG a.F./§ 31 Abs. 10 WpHG n.F. (vgl. zur a.F. Assmann/Schneider/Koller a.a.O., § 31 Rdnr. 177).
cc)
Auf die Frage, ob die sich aus § 32 ZPO ergebende internationale Zuständigkeit für zukünftige vorsätzliche unerlaubte Handlungen auch aus sonstigen Gründen nicht wirksam derogiert werden kann, kommt es nach alledem nicht mehr an (auch vom BGH a.a.O. Tz. 24 offengelassen).
2.
Die Klage des Klägers zu 1) ist im Wesentlichen begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus §§ 826, 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 141.116,98 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu; der weitergehende Zinsanspruch ist unbegründet.
Die Entscheidung über die in die Prüfungskompetenz des Gerichts fallenden deliktischen Ansprüche ist nach deutschem Recht zu treffen.
aa)
Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat (Handlungsort), oder – nach Wahl des Geschädigten – dem Recht des Staates, in dem der Erfolg eingetreten ist (Erfolgs- oder Verletzungsort).
In diesem Sinn ist Deutschland Handlungsort. Zwar ist bei der Haftung von Mittätern grundsätzlich auf den Ort abzustellen, an dem der in Anspruch genommene Mittäter gehandelt hat. Etwas anderes gilt aber dann, wenn eine gemeinsame wesentlich engere Beziehung zum Recht eines anderen Staates besteht (Art. 41 Abs. 1 EGBGB; Palandt/Heldrich, BGB, 67. Aufl., Art. 40 EGBGB Rdnr. 3). So liegt der Fall hier. Wurde der Kläger – was an dieser Stelle zu unterstellen ist – durch eine gemeinschaftliche unerlaubte Handlung des J. und der Beklagten vorsätzlich geschädigt, lag der Schwerpunkt der unerlaubten Handlung in Deutschland. Hier schritt mit Firma J. der "Haupttäter" zur Tat. Dass das Geld zunächst in die USA transferiert werden musste, um dort die den Kläger schädigenden Wertpapiergeschäfte ausführen zu können, ändert hieran nichts. Die entscheidende Hürde, die bei der Ausführung der unerlaubten Handlung zu überwinden war, bestand darin, den Kläger zu den verlustbringenden Geschäften zu bewegen. Dies geschah in Deutschland.
bb)
Der Anwendung deutschen Deliktsrechts mit der Begründung, der Schwerpunkt der unerlaubten Handlung liege in Deutschland, steht Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht entgegen. Danach kann, nicht muss, sich eine wesentlich engere Beziehung mit dem Recht eines Staates aus einer besonderen rechtlichen Beziehung zwischen den Beteiligten im Zusammenhang mit einem Schuldverhältnis ergeben. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, einen Gleichklang von Deliktsstatut und Vertragsstatut zu erreichen. Selbst wenn man unterstellt, dass auf die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten US-amerikanisches Recht anzuwenden ist, führt dies aber im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung des genannten Gesetzeszwecks nicht zur Anwendung US-amerikanischen Deliktsrechts. Denn bei der wegen gemeinschaftlicher Tatbegehung gebotenen einheitlichen Betrachtung der unerlaubten Handlung wird die durch das US-amerikanische Vertragsstatut begründete Bindung an das US-amerikanische Recht dadurch überlagert, dass im Verhältnis des Klägers zur "Haupttäterin" Firma J. unzweifelhaft deutsches Recht Anwendung findet. Selbst bei gleichwertigen Tatbeiträgen kommt man mit Hilfe des Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB bei der gebotenen einheitlichen Betrachtung der unerlaubten Handlung nicht über den Ausgangspunkt hinweg, wonach bei Mittätern grundsätzlich auf den Ort abzustellen ist, von dem aus der jeweilige Mittäter gehandelt hat. Weiter führt dann nicht Art. 41 Abs. 2 EGBGB, sondern wegen der überlagernden Handlungsbeiträge der Firma J. Art. 41 Abs. 1 EGBGB.
cc)
Dieses Ergebnis steht schließlich auch mit der Wertung des § 31 Abs. 3 WpHG a.F./
§ 31 Abs. 10 WpHG n.F. in Einklang. Danach gilt § 31 Abs. 2 WpHG a.F. bzw. gelten die in § 31 Abs. 10 WpHG n.F. genannten Vorschriften auch für Unternehmen mit Sitz im Ausland/in einem Drittstaat, die Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen gegenüber Kunden erbringen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inhalt haben, sofern nicht die Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Nebenleistungen ausschließlich im Ausland/ in einem Drittstaat erbracht wird. Für eine Leistung im Inland reicht es – wie oben bereits ausgeführt – aus, wenn vom Ausland her in das Inland hinein beraten wird, Informationen ins Inland hinein erteilt werden oder Angaben im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 WPHG a.F./§ 31 Abs. 4 und 5 WpHG n.F. angefordert werden (vgl. zur a.F. Assmann/Schneider/Koller a.a.O., § 31 Rdnr. 177). Wie der Anlage B 2 zu entnehmen ist, hat die Beklagte solche Angaben angefordert, so dass insoweit eine Inlandstätigkeit vorliegt.
dd)
Eine Rechtswahl konnte vor Begründung der Schadensersatzansprüche nicht wirksam getroffen werden (Art. 42 Satz 1 EBGBG).
b)
Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus §§ 826, 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 141.116,98 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zu. Die Beklagte hat gemeinschaftlich mit der Firma J. den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Dabei kommt es im Kern nicht darauf an, ob die Beklagte dem Kläger gegenüber aufklärungspflichtig war. Entscheidend ist hier, dass sie sich (aa) an der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch J. (bb) objektiv beteiligt und damit dieses schädigende Verhalten objektiv gefördert hat sowie (cc) zumindest bedingt vorsätzlich handelte, weil sie zumindest die Augen vor dieser sich ihr aufdrängenden Tatbeteiligung verschlossen hat.
aa)
J. hat den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet der Geschäftsführer einer Optionsvermittlungsgesellschaft dem Kunden gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn er Spekulationsgeschäfte der vorliegenden Art ohne gehörige Aufklärung des Kunden abschließt, den Abschluss veranlasst oder bewusst nicht verhindert und dadurch seine geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise missbraucht (vgl. BGHZ 105, 108, 109 f.; BGH, NJW 1994, 997; WM 1994, 1746, 1747). Dasselbe gilt, wenn das von einem Geschäftsführer bewusst nicht verhinderte Verhalten von Mitarbeitern der Optionsvermittlungsgesellschaft statt der Schädigung eigener Kunden die Mitwirkung bei Schädigungshandlungen eines anderen Unternehmens gegenüber deren Kunden zum Gegenstand hat (BGH, WM 1999, 540 – Jurisabdr. Tz. 12 ff. – ). Dem entspricht die Haftung des ausländischen Brokers bei der Durchführung von Kundenaufträgen, wenn der Broker die auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegten Geschäftspraktiken der Optionsvermittlungsgesellschaft gekannt oder leichtfertig die Augen vor sich aufdrängenden Bedenken verschlossen hat und an dem sittenwidrigen Verhalten des gewerblichen Vermittlers zum eigenen Vorteil mitgewirkt hat (BGH, WM 1989, 1407 – Jurisabdr. Tz. 30 – ; WM 1990, 462 – Jurisabdr. Tz. 22 – ; WM 2004, 1768 – Jurisabdr. Tz. 30 ff. – ; auch BGH, WM 2005, 28 – Juris-abdr. Tz. 12 – ).
Seine geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise missbraucht hat J., indem er den Abschluss der verlustbringenden hochriskanten Spekulationsgeschäfte veranlasst oder bewusst nicht verhindert hat.
Von der geschäftlichen Überlegenheit und dem Missbrauch derselben ist auszugehen, weil der aufklärungsbedürftige Kläger nicht in gehöriger Weise aufgeklärt wurde und er wegen seiner von J. ausgenutzten Unkenntnis und Unerfahrenheit die zum Vorteil des J. gereichenden verlustbringenden Geschäfte getätigt hat.
(1)
Der Kläger war J. geschäftlich unterlegen und aufklärungsbedürftig. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan und ist auch nicht sonstwie dem Sachverhalt zu entnehmen.
Maßgeblich ist, ob der Kläger im Zeitpunkt der ersten Vertragsanbahnung, also im Sommer 2004, die notwendigen Kenntnisse über die Mechanismen und Risiken von Optionsgeschäften hatte (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, WM 1991, 982, 984; 1992, 479, 481; 1993, 1457, 1458; 1997, 309, 311).
Bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt im Sommer 2004 kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger vorerfahren war. Er hat in dem ihm von J. vorgelegten Fragebogen nur erklärt, Anlageerfahrungen mit konservativen Geldanlagen zu haben. Erheblich anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vertrag mit der Beklagten.
(2)
Ohne über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften aufgeklärt worden zu sein, war der Kläger der geschäftlichen Überlegenheit von J. ausgeliefert. Um dieses Ungleichgewicht zu beheben, hätten ihm die Kenntnisse vermittelt werden müssen, die ihn in die Lage versetzten, den Umfang des ihm aufgebürdeten Verlustrisikos und die durch die Höhe der Vermittlungsprämie eingetretene Verringerung seiner Gewinnchancen zutreffend einzuschätzen. Dazu bedurfte es unter Angabe der Höhe der Optionsprämie eines Hinweises darauf, dass jeder Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnerwartung verschlechterte, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig war, um in die Gewinnzone zu kommen, ein Aufschlag also nicht nur zu einem höheren Preis für dasselbe Objekt führte, sondern das Verhältnis von Chancen und ohnehin schon großen Risiken aus dem Gleichgewicht brachte (vgl. hierzu BGHZ 105, 108, 110 = NJW 1988, 2882 = WM 1988, 1255; BGH, NJW-RR 1988, 554 = WM 1988, 291, 293; NJW-RR 1991, 1243 = WM 1991, 1410, 1411; NJW 1993, 257 = WM 1992, 1935, 1936; NJW 1994, 512; NJW 1994, 997). Ferner war unmissverständlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form darzulegen, dass höhere Vermittlungsprovisionen zu einer weitgehenden Ausgrenzung der Gewinnchance des Kunden führten und die geringere Wahrscheinlichkeit, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft abnahm. Die Aussagekraft dieses Hinweises durfte weder durch Beschönigungen noch durch Werbeaussagen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (vgl. BGH, NJW 1994, 512 = WM 1994, 149, 150; BGH, NJW 1994, 997).
Ob im Einzelfall ein schonungsloser Hinweis zu den Auswirkungen eines Prämienaufschlages entbehrlich ist, wenn der Aufschlag nur einen geringen Einfluss auf das Risiko des Anlegers hat, bedarf keiner Entscheidung. Denn dies kann allenfalls bei Aufschlägen in Betracht kommen, die die Gewinnchance des Anlegers nur geringfügig verschlechtern (BGH, WM 2006, 84, Tz. 20). Schon ein Aufschlag von 11 % ist aber nicht mehr geringfügig, weil er das Gleichgewicht zwischen Chancen und Risiken deutlich verschiebt (BGH a.a.O.). Für die von J. – neben einer "Dienstleistungsgebühr" von 6 % – erhobenen wesentlichen höheren Aufschläge (s. hierzu auch nachstehend zu cc)) gilt dies erst recht.
Eine gehörige Aufklärung und damit Herstellung eines geschäftlichen Gleichgewichts kann nicht angenommen werden. Denn den dargestellten Anforderungen an die Aufklärung des Optionskäufers genügen die dem Kläger erteilten Informationen nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger auch nur vor einem getätigten Geschäft in der erforderlichen Schonungslosigkeit vor Augen geführt wurde, in welchem konkreten Verhältnis die anfallenden Kosten zur Optionsprämie standen und wie sehr damit das Verhältnis von Chancen und ohnehin schon großen Risiken aus dem Gleichgewicht gebracht wurde.
Das Merkblatt "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" reichte, unabhängig von der Frage, ob es rechtzeitig ausgehändigt wurde, zur notwendigen Aufklärung nicht aus. Mit seinen lediglich abstrakten und typisierten Risikohinweisen genügte es nicht den speziellen Anforderungen einer an den Kenntnissen und Erfahrungen des Klägers und den Besonderheiten der vermittelten Geschäfte orientierten Aufklärung (vgl. in diesem Zusammenhang nur BGH, NJW 1997, 2171, 2172; NJW-RR 1997, 176, 177).
Dass dem Kläger entgegen seinem Vorbringen über den pauschalen und damit unzulänglichen Hinweis auf ein Totalverlustrisiko auf Seite 3 des Geschäftsbesorgungsvertrages und das vorgenannte Merkblatt hinaus Aufklärungsmaterial zur Verfügung gestellt wurde, kann nicht angenommen werden. Insbesondere hat die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht vortragen, wodurch dem Kläger die notwendige Aufklärung geleistet worden sein soll.
Schließlich kann J. der Missbrauch seiner geschäftlichen Überlegenheit nicht verborgen geblieben sein, es sei denn, er hätte seine Augen vor einer solchen Erkenntnis gewissenlos leichtfertig verschlossen.
(3)
Unter den dargelegten Umständen ist zu vermuten, dass der Kläger wegen seiner Unkenntnis und Unerfahrenheit die zum Vorteil des J. gereichenden verlustbringenden Geschäfte getätigt hat. Dem steht die vom Kläger im Geschäftsbesorgungsvertrag erklärte hohe Spekulationsbereitschaft nicht entgegen. Bei diesem Grad von Spekulationsbereitschaft handelte es sich um die geringere der lediglich zwei vorgegebenen Varianten. Nicht zuletzt angesichts seiner bisherigen Anlagestrategie bietet das Ankreuzen dieser Variante und damit zugleich das Verneinen der Variante einer sehr hohen Spekulationsbereitschaft keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger bei Herstellung eines geschäftlichen Gleichgewichts zu hochspekulativen Optionsgeschäften entschlossen hätte. Bei unmissverständlicher schonungsloser Offenlegung und Erläuterung des durch die Anlageart und insbesondere den Prämienaufschlag bedingten besonders hohen Risikos war es für den Kläger vielmehr einzig vernünftig, sein Kapital diesem extrem hohen Risiko nicht auszusetzen.
Trotz der Erfahrungen, die der Kläger nach und nach mit den einzelnen (sein Verlustrisiko stetig erhöhenden) Optionsgeschäften machte, ist die Kausalitätsvermutung auch für die jeweiligen Folgegeschäfte nicht ausgeräumt. Denn ein Kunde steht warnenden Hinweisen nach ersten durchgeführten Optionsgeschäften nicht mehr unvoreingenommen gegenüber, und zwar unabhängig davon, ob Gewinne oder Verluste erzielt wurden (vgl. BGH, WM 1993, 1454, 1458).
(4)
Dass der Kläger über die Geschäftsabschlüsse durch entsprechende Kontoauszüge informiert wurde und seinerzeit keine Einwände gegen die Geschäfte erhob, ist ebenfalls unerheblich. Denn in der nachträglichen widerspruchslosen Kenntnisnahme bereits getätigter Geschäfte kann ohne das Hinzukommen besonderer Umstände keine die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ausschließende Einverständniserklärung gesehen werden. Darüber hinaus könnte ein rechtlich beachtliches Einverständnis des Klägers allenfalls dann angenommen werden, wenn ihm damals schon bewusst geworden wäre, dass die Wertpapiergeschäfte nicht seinem Interesse, sondern vorwiegend dem Provisionsinteresse des Anlagevermittlers und auch dem der Beklagten dienten. Ein solches Bewusstsein kann bei Kunden, die – wie seinerzeit der Kläger – auf dem Gebiet der Termingeschäfte unerfahren sind, aber nicht vorausgesetzt werden (vgl. BGH, WM 1995, 100 – Jurisabdr. Tz. 22 – ).
bb)
An der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch J. hat sich die Beklagte objektiv beteiligt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Teilnahme als Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe zu qualifizieren ist (§ 830 Abs. 2 BGB).
Die objektiven Voraussetzungen gemeinschaftlichen Handelns liegen schon deswegen vor, weil die Beklagte mit der Firma J. zusammenarbeitete und diesem Anlagevermittler überhaupt erst den Zugang zu der New Yorker Börse eröffnete. Dass sie es durch ihr Onlinesystem dem Anlagevermittler ermöglichte, faktisch die Geschäfte selbst auszuführen, ändert an der objektiv gegebenen Zusammenarbeit nichts, sondern ist Ausdruck dieser. Entscheidend ist, dass unter ihrer "Hilfestellung" J. die Geschäfte ausführen konnte. Zudem hat die Beklagte durch die an sie für jedes durchgeführte Optionsgeschäft zu zahlenden Gebühren am wirtschaftlichen Erfolg des sittenwidrigen Handelns des Anlagevermittlers partizipiert.
cc)
Auch die subjektiven Voraussetzungen sind erfüllt, weil die objektive Tatbeteiligung zumindest bedingt vorsätzlich erfolgte. Die Beklagte hat zumindest ihre Augen vor sich ihr aufdrängenden Bedenken verschlossen und deshalb gewissenlos leichtfertig durch J. vermittelte Aufträge des Klägers zu dessen Nachteil von jenem über ihr Onlinesystem ausführen lassen.
Die Gefahr, dass J. seine geschäftliche Überlegenheit gegenüber dem Kläger in sittenwidriger Weise missbrauchte, lag für die Beklagte, der als großem Brokerhaus die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften vertraut waren und der daher insbesondere das vom Kläger eingegangene extreme Verlustrisiko bewusst war, auf der Hand. Dies alles gilt umso mehr, als der Beklagten klar sein musste, dass die ihr über das Onlinesystem bekannte oder bewusst nicht zur Kenntnis genommene Entlohnung des Anlagevermittlers diesem einen hohen Anreiz bot, seine geschäftliche Überlegenheit missbräuchlich gegenüber dem geworbenen Kunden auszunutzen, wobei dem Anlagevermittler dabei "arbeitserleichternd" die Möglichkeit gegeben war, mit der Seriosität der Beklagten um den Kunden zu werben.
Dass die Beklagte der Gefahr eines Missbrauchs geschäftlicher Überlegenheit des Anlagevermittlers durch eigene Schutzmaßnahmen hinreichend entgegengewirkt hätte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sie das Vorgehen des Anlagevermittlers in geeigneter Weise überprüft oder selbst für eine schonungslose Aufklärung des Kunden Sorge getragen hat. Soweit die Beklagte behauptet, vor Abschluss des Verrechnungsabkommens habe sie "am Markt das Geschäftsgebaren der Firma J." überprüft, ist ihr Vorbringen pauschal und ohne hinreichende Substanz. Es mag sein, dass aufsichtsrechtliche Verfahren gegen J. zunächst nicht anhängig waren. Rückschlüsse auf die Methoden von J. waren hierdurch jedoch nicht gerechtfertigt. Auch das Schreiben der Firma J. vom 11. Februar 2005 (Anl. B 21 = Bl. 112 GA) vermag die Beklagte nicht zu entlasten. Dies gilt schon deshalb, weil das Schreiben erst nach der letzten Anlageentscheidung des Klägers datiert. Darüber hinaus lässt das Schreiben auch sonst nicht den Schluss zu, dass J. seine Kunden über die Wirkungen der hohen Provisionsaufschläge hinreichend aufklärte.
Ein Broker, der unter den aufgezeigten Umständen die aus dem ihm bekannten extremen Verlustrisiko und der transaktionsabhängigen Vergütung des Anlagevermittlers folgende naheliegende Gefahr eines Missbrauchs geschäftlicher Überlegenheit des Anlagevermittlers kennt und ohne jedwede ausreichende Schutzmaßnahmen gegen diese Gefahr provisionsauslösende Geschäfte ausführt, nimmt die Verwirklichung der Gefahr in Kauf und leistet damit zumindest bedingt vorsätzlich Hilfe zu dem sittenwidrigen Handeln des Anlagevermittlers (vgl. für die Beteiligung eines ausländischen Brokers am churning eines Anlagevermittlers BGH, WM 2004, 1768 – Jurisabdr. Tz. 33 – ). Ob die Hilfeleistung der eigentliche oder einzige Beweggrund des Brokers ist, ob er andere Absichten und Ziele als der Anlagevermittler verfolgt oder ob er dessen Handeln möglicherweise sogar innerlich ablehnt, ist für die Haftung unerheblich (vgl. BGH a.a.O.).
Ebenso wie in dem der vorzitierten Entscheidung des Bundesgerichtshof zugrunde liegenden Fall beim Massengeschäft des Brokers sich diesem ein churning aufdrängen musste, muss es auch ein Missbrauch geschäftlicher Überlegenheit jedenfalls dann, wenn das Verhältnis von Chancen und ohnehin hohen Risiken wie im vorliegenden Fall durch hohe Aufschläge stark zum Nachteil des Anlegers verschlechtert wird: In ihrer Klageerwiderung hat die Beklagte beispielhaft aufgezeigt, dass allein die Vermittlungsprovision der Firma J. beim Kauf von 11.400 Optionen auf die Aktien der K.-Inc. 5.700,00 USD bei einem Optionspreis von 10.260,00 USD betrug, mithin rund 55 % des Optionspreises, während sich die neben einer Verrechnungsgebühr in Höhe von 18,00 USD und einer Bestätigungsgebühr in Höhe von 2 USD angefallenen Ausführungsgebühren der Beklagten nur auf 171,00 USD beliefen. Genau die hier offenbar werdende sittenwidrige Ausnutzung geschäftlicher Überlegenheit hat die Beklagte der Firma J. ermöglicht und zumindest die Augen davor verschlossen, dass die Firma J. hohe Provisionen vereinnahmte und damit ihre Kunden einem extremen Risiko aussetzte. Dass sich dieses Risiko nicht stets realisierte, ändert nichts. Denn es versteht sich – wie im Übrigen auch beim churning (vgl. BGH a.a.O.Tz. 23) – von selbst, dass Erfolg und Misserfolg auch der hier vorgenommenen Kapitalanlagegeschäfte vom Marktgeschehen abhingen. Für oder gegen den indiziell zu beweisenden Vorsatz der Verantwortlichen der Beklagten zur Beihilfe an der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigungshandlung der Firma J. besagt dies nichts.
Der Gesichtspunkt des Massengeschäfts vermag die Beklagte auch sonst nicht zu entlasten. Überlässt die Beklagte dem in Deutschland wirkenden Finanzdienstleister die Ausführung der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung über das von ihr geführte Konto, wendet sie damit den Blick von dieser unerlaubten Handlung ab, ohne dass ihr dieser Blick verstellt wäre. Denn ähnlich wie beim churning genügt ein Blick auf die Kontobewegungen, um zu erkennen, dass der Anleger aufgrund der hohen Aufschläge auf die Optionsprämien einem extremen Verlustrisiko ausgesetzt ist, vor dem er grundsätzlich eines Schutzes bedarf.
Der Feststellung eines zumindest bedingten Vorsatzes stehen Einschränkungen, die zugunsten des nachgeschalteten, kundenferneren Brokers insbesondere hinsichtlich ihm obliegender Aufklärungs- und Beratungspflichten gelten (vgl. BGHZ 147, 343; seit dem 1. November 2007 auch § 31 e Abs. 2 WpHG), nicht entgegen. Denn hier geht es im Kern nicht um den Inhalt und die Reichweite (vor)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten, sondern um eine (bedingt) vorsätzliche Beteiligung an dem vorsätzlich sittenwidrigen Verhalten des J.. Ebenso wenig wie der zivilrechtliche Schutzbereich der §§ 31 ff. WpHG über den Inhalt und die Reichweite (vor)vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgeht (vgl. BGH, WM 2007, 487, Jurisabdr. Tz. 18), wirkt der Vertrauensgrundsatz, auf den sich der nachgeschaltete Broker berufen kann, in den Bereich der vorsätzlich unerlaubten Handlung hinein. Insbesondere ist es nicht Sinn und Zweck des Vertrauensgrundsatzes, den vorsätzlich sittenwidrig Geschädigten gegenüber einem Tatbeteiligten schutzlos zu stellen. Daraus folgt, dass der Vertrauensgrundsatz nicht nur denjenigen nicht zu entschuldigen vermag, der sich mit unbedingtem Vorsatz an einer unerlaubten Handlung beteiligt, sondern auch denjenigen nicht, der vor einer sich ihm aufdrängenden Beteiligung an einer unerlaubten Handlung gewissenlos leichtfertig seine Augen verschließt.
dd)
Art und Umfang des dem Kläger zu erstattenden Schadens richten sich nach §§ 249 ff. BGB. Danach ist er so zu stellen, wie er stehen würde, wäre seine geschäftliche Unterlegenheit nicht missbraucht worden und hätte er damit die hochriskanten Geschäfte nicht getätigt. In diesem Fall wäre ihm ein unstreitiger Verlust in Höhe von 141.116,98 € erspart geblieben. Dieser Verlust ergibt sich aus der Berechnung in der Klageschrift unter Abzug unstreitig ausgezahlter 1.051,02 €. Hinsichtlich der an J. gezahlten, durch entsprechende Kontoauszüge belegten Dienstleistungsgebühren wendet die Beklagte im Kern lediglich ein, insoweit keinesfalls ersatzpflichtig zu sein.
Ein anspruchminderndes Mitverschulden des allenfalls fahrlässig handelnden Klägers gegenüber einer Haftung der Beklagten aus § 826 BGB kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 10.02.2005 – II ZR 276/02 – ).
ee)
Die begehrten gesetzlichen Zinsen sind mangels Darlegung eines früheren Zahlungsverzuges erst ab Rechtshängigkeit zuzuerkennen (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB).
§ 849 BGB ist nicht einschlägig. Die freiwillige Überlassung von Geld zu Investitionszwecken fällt nicht mehr unter die Tatbestandsvoraussetzungen der Entziehung oder Beschädigung einer Sache (vgl. OLG Karlsruhe, WM 2006, 967 – Jurisabdr. Tz. 46 – ). Ein Grund für eine Analogie besteht nicht.
§ 252 BGB ist beim Kläger nicht anzuwenden. Zwar enthält § 252 Satz 2 BGB für den Kläger eine § 287 ZPO ergänzende Darlegungs- und Beweiserleichterung. Die letztgenannte Vorschrift lässt vermuten, dass ein Gewinn tatsächlich realisiert worden wäre, wenn er nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen auch nur mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Eine solche Vermutung ist aber nicht mehr gerechtfertigt, wenn mangels greifbarer Anhaltspunkte eine Grundlage für sie nicht zu gewinnen ist und das richterliche Ermessen vollends in der Luft schweben würde (zu § 287 ZPO: BGH LM § 287 ZPO Nr. 3, Bl. 1; BGHZ 29, 393, 398 = NJW 1959, 1079). So liegt der Fall hier. Dabei wird nicht verkannt, dass Kapital in der in Rede stehenden Größenordnung nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ungenutzt bleibt. Auch mag es in der Regel zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt werden (vgl. hierzu BGH, WM 1994, 128, 129; 1980, 85; 1992, 143, 144). Der vorliegende Sachverhalt weist jedoch die Besonderheit auf, dass der Kläger erklärtermaßen durchaus zu Spekulationen bereit war. Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, welche Art von Spekulation er vorgenommen hätte, hätte er die durch Firma J. vermittelten Spekulationsgeschäfte nicht getätigt. Unter diesen Umständen kann ein entgangener Gewinn nicht einmal schätzungsweise ermittelt und damit nicht vermutet werden.
III. zur Berufung des Klägers zu 2)
Die zulässige Berufung dieses Klägers hat ebenfalls überwiegend Erfolg. Auch seine Klage ist zulässig und bis auf einen sein Zinsbegehren betreffenden Teil begründet.
1.
Die Klage des Klägers zu 2) ist zulässig. Insoweit gilt nichts anderes als das oben zu Ziff. II. 1. Gesagte.
2.
Seine Klage ist im Wesentlichen begründet.
Der Schadensersatzanspruch des Klägers zu 2) in Höhe geltend gemachter 111.266,30 € folgt aus den oben zu Ziff. II.2. dargelegten Gründen, die hier mit nachstehenden Modifikationen entsprechend gelten, ebenfalls aus §§ 826, 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB.
a)
Es ist zwar zu berücksichtigen, dass der Einsatz für die verlustbringenden Kapitalanlagen von einem auf den Namen des Klägers zu 2) und Frau. F. geführten Oder-Konto stammt, wie sich aus der im Empfängerkonto ausgewiesenen Buchung ergibt (Anl. K 14). Im Ergebnis ändert sich hierdurch jedoch nichts.
Die Inhaber solcher als Oder-Konten bezeichneten Gemeinschaftskonten sind Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB mit der Folge, dass sie im Verhältnis zueinander im Zweifel zu gleichen Anteilen berechtigt sind (§ 430 BGB; vgl. auch BGH, NJW 1990, 705). Anhaltspunkte dafür, dass hier im Sinne von § 430 BGB "ein anderes bestimmt" war, liegen nicht vor. Ebenso wenig lässt sich erkennen, dass der Einsatz für die Kapitalanlagen ausschließlich oder überwiegend aus der dem Kläger zu 2) (im Zweifel) gebührenden Hälfte eines (unbekannten) Kontoguthabens entnommen wurde. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag des darlegungsbelasteten Klägers zu 2), obwohl die Beklagte vor dem Hintergrund der von dem Oder-Konto erfolgten Überweisung des Einsatzes Zahlungen des Klägers zu 2) bestritten hat. Da andererseits aber auch kein Anlass besteht, von der Regel des § 430 BGB abzuweichen, ist zunächst von dem sich danach ergebenden Mindestschaden des Klägers zu 2) in Höhe der Hälfte des Gesamtschadens auszugehen.
Aber auch hinsichtlich des restlichen Teils des Schadens ist der Kläger zu 2), sollte ihm der Gesamtschaden nicht schon von vornherein entstanden sein, ersatzberechtigt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob er berechtigt, mithin als mittelbarer Stellvertreter von Frau. F., hinsichtlich des restlichen Teils die Kapitalanlagegeschäfte abschloss oder er im Verhältnis zu Frau. F. unberechtigt handelte. Im ersteren Fall kann er den Frau. F. entstandenen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen und Zahlung an sich verlangen (vgl. Palandt/Heinrichs a.a.O. vor § 164 Rdnr. 6 und vor § 249 Rdnr. 114, 115), im letzteren Fall ist ihm zwar insoweit nur ein Schaden in Gestalt einer Verbindlichkeit gegenüber Frau. F. entstanden, von der ihn die Beklagte freizustellen hätte. Da die Beklagte aber die Leistung von Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert, wäre eine grundsätzlich nach § 250 BGB notwendige Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung reine Förmelei, so dass sie entbehrlich ist und der Kläger zu 2) bereits jetzt Geldersatz verlangen kann.
b)
Der Gesamtschaden beziffert sich nach der Berechnung in der Klageschrift auf 111.266,30 €. Die in dieser Berechnung nicht enthaltene, von der Beklagten behauptete Rückzahlung in Höhe von 515,47 USD ist streitig und kann, da die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trägt, keine Berücksichtigung finden. Es fehlt sowohl an Substanz der Behauptung als auch an einem Beweisantritt. Die weiteren Rechnungsposten sind unstreitig.
IV. zur Berufung des Klägers zu 3)
Die Berufung dieses Klägers hat keinen Erfolg. Seine zulässige Klage ist unbegründet.
1.
Die Klage des Klägers zu 3) ist zulässig. Insoweit gilt letztlich nichts anderes als das oben zu Ziff. II. 1. Gesagte. Zwar hat sich Kläger zu 3) in seiner Selbstauskunft als "selbständiger Geschäftsinhaber" bezeichnet. Eine dadurch gemäß § 1 Abs. 1 und 2 HGB begründete Vermutung der Kaufmannseigenschaft und zugleich Schiedsfähigkeit (maßgeblich ist der Kaufmannsbegriff des HGB, vgl. Assmann/Schneider/Sethe a.a.O. § 37 h Rdnr. 12) ist aber nach dem unstreitigen Klagevorbringen als widerlegt anzusehen. Der Senat versteht die Behauptung in der Replik vom 6. Juli 2006, S. 3 = Bl. 74 GA, auch bei dem Kläger zu 3) handele es sich nicht um einen Kaufmann, dahin, dass der Gewerbebetrieb des Klägers zu 3) einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Auch auf die Bekanntgabe dieses Verständnisses im Senatstermin ist diese Behauptung unbestritten geblieben.
2.
Die Klage des Klägers zu 3) ist jedoch unbegründet.
Es kann nicht festgestellt werden, dass aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten der Kläger zu 3) vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurde. Damit fehlt es an der subjektiven Voraussetzung für eine Haftung der Beklagten nach §§ 826, 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB.
a)
Aus der Sicht der Beklagten war der Kläger zu 3) termingeschäftserfahren. Denn er hat im Vertrag mit der Beklagten (Anl. B 4) erklärt, bereits über eine 10-jährige Anlageerfahrung in Optionsgeschäften zu verfügen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angabe wahrheitswidrig war, boten sich der Beklagten nicht.
Ein Kunde, der nach eigenen, nicht ersichtlich unglaubwürdigen Angaben wahrheitswidrig umfangreiche Erfahrungen mit Termingeschäften gesammelt hat, dies sogar schriftlich bestätigt und den Abschluss solcher Geschäfte wünscht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht schutzwürdig (vgl. nur BGH, NJW 1998, 2675, 2676; NJW-RR 1997, 176, 177). Fehlte es danach aus der Sicht der Beklagten an einer Schutzbedürftigkeit des Klägers zu 3), fehlt zugleich eine Grundlage für die Annahme, dass aus der Sicht der Beklagten die Firma J. eine geschäftliche Überlegenheit hatte und diese vorsätzlich sittenwidrig missbrauchte. Selbst eine Aufklärungspflicht traf die Beklagte schon wegen der sich ihr darstellenden Erfahrenheit des Klägers zu 3) nicht (vgl. BGH a.a.O.)
b)
Die Beklagte haftet auch nicht wegen Beteiligung an einem churning oder im Hinblick auf ein kick-back.
aa)
Das Tatsachenmaterial, das der Kläger zu 3) zur Darlegung eines churning vorbringt, rechtfertigt nicht den Schluss auf eine vorsätzliche Provisionsschinderei durch J., so dass die Beklagte sich auch nicht an einer solchen beteiligt haben kann.
Unter churning mit der möglichen Folge einer Haftung aus § 826 BGB versteht man den durch das Interesse des Kunden nicht gerechtfertigten häufigen Umschlag eines Anlagekontos, durch den der Broker oder der Vermittler oder beide sich zu Lasten der Gewinnchancen des Kunden Provisionseinnahmen verschaffen (vgl. BGH, WM 2004, 1768, Jurisabdr. Tz. 9). Dabei steht der Provisionsschinderei nicht entgegen, dass der Kunde die provisionsauslösenden Geschäfte selbst in Auftrag gibt. Denn ein Anlagevermittler oder -berater, der – wie J. – beim Kapitalanleger über eine hinreichende Vertrauensstellung verfügt, kann – vom Interesse des Anlegers her nicht gerechtfertigte – Provisionen auch durch Empfehlungen und Ratschläge "schinden" (BGH a.a.O.).
Ein häufiger Umschlag in diesem Sinne ist vom Kläger zu 3) mit der Aufstellung der Geschäfte auf Seite 17 (Bl. 88 GA) der Replik vom 6. Juli 2006 schon nicht dargelegt. Dass eine Transaktion jeweils mehrere Optionskontrakte umfasste, liegt in der Natur des Optionshandels. Es liegt ebenfalls in der Natur der Sache, dass bei kontraktabhängigen Gebühren die Zahl der gehandelten Optionen die Gesamthöhe der Gebühren bestimmt. Nicht die Häufigkeit des Umschlages und die durch die Häufung erschlichenen Provisionen, sondern die Gebühren an sich sind es dann, die das Geschäft hochriskant und ohne besondere Aufklärung die Verleitung zu einem solchen Geschäft als sittenwidrig erscheinen lassen. Im Hinblick auf ein churning ist die Zahl der "mit einem Schlag" gehandelten Optionen dagegen qualitativ belanglos. Qualitative Relevanz entfaltet insoweit erst eine Häufung von Transaktionen.
Hinzukommt, dass der Erstkauf einer Option im Hinblick auf ein churning neutral ist, weil jedes Wertpapiergeschäft denknotwendig einen Erstkauf voraussetzt. Ebenso kann der Kauf einer Option und der Verkauf dieser Option aus dem Blickwinkel des churning wertend etwa dann als Einheit betrachtet werden, wenn ein (Zwischen-)gewinn erzielt wurde.
bb)
Ein kick-back, von dem man spricht, wenn bei Direktgeschäften der Broker in Absprache mit dem Vermittler höhere Kommissionen als die selbst beanspruchten ausweist und den überschießenden Teil an den Vermittler abführt (vgl. BGH, WM 1989, 1047 – Jurisabdr. Tz. 30 – ), ist aus den insoweit zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht festzustellen. Der Vortrag der Beklagten in ihrer Klageerwiderung, S. 16 ff. = Bl. 51 ff. GA, dass ihre Tätigkeit aus den von J. dem Kläger berechneten Gebühren vergütet wurde, wird allein durch Ziff. 5 der Geschäftsbesorgungsverträge und Ziff. 1 des Preisaushangs nicht widerlegt.
Selbst wenn – wie hier unter Ziff. 5 des Geschäftsbesorgungsvertrages und Ziff. 1 des Preisaushangs erklärt – eine Gebührenteilung vereinbart und praktiziert worden wäre, wäre zu berücksichtigen, dass eben diese dem Kläger zu 3) bekanntgegeben und nicht verheimlicht worden ist.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 100 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Der Gesamtstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 528.467,86 €. Hiervon entfallen auf die Berufung des Klägers zu 1) 141.116,98 €, auf die des Klägers zu 2) 111.266,30 € und auf die des Klägers zu 3) 276.084,58 €.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-4 Sch 13/13 19.12.2014 Aufhebung eines inländischen Schiedsspruches; Schiedsvereinbarung; Zustandekommen; Existenz der Schiedsklausel; Kompetenz-Kompetenz; mangelnde Schiedsfähigkeit
Beschluss
Die Anträge des Schiedsbeklagten aus dem Schriftsatz vom 16. April 2014 (Bl. 200 f. GA) werden kostenpflichtig zurückgewiesen.
Streitwert:
bis zum 16.4.2014: 147.622,59 €; ab dem 16.4.2014: 442.867,77 €.
Gründe:
A.
Die Schiedsklägerin ist die deutsche Niederlassung der staatlichen iranischen Fluglinie G. Der Schiedsbeklagte versorgte die Schiedsklägerin am Flughafen Hamburg mit Kerosin. Die Parteien führten vor dem Schiedsgericht Düsseldorf ein Schiedsverfahren durch, dass durch den Schiedsspruch vom 20.2.2014 beendet wurde (Anlage AG9). In dem Schiedsverfahren stritten die Parteien insbesondere darüber, ob ein Kerosinliefervertrag, datiert auf den 25.8.2010, abgeschlossen wurde damit entsprechend Art. 20 des Vertrages auch eine Schiedsklausel vereinbart ist. Der Schiedsbeklagte rügt insofern die Zuständigkeit des Schiedsgerichts.
Mit Verfügung Nr. 21 vom 30.8.2013 (Anlage AG3) bestimmte das Schiedsgericht Verhandlungstermin auf den 15.10.2013. Mit Verfügung Nr. 22 vom 1.10.2013 (Anlage AG4) gab das Schiedsgericht der Schiedsklägerin auf, den streitgegenständlichen Schiedsvertrag (Anl. AS 7) vorzulegen. Die Schiedsklägerin teilte daraufhin dem Schiedsgericht mit Schriftsatz vom 8.10.2013 (Anlage AS 5, Bl. 127 GA) mit, sie verfüge über kein Original des streitgegenständlichen Kerosinliefervertrages. Die einzige, von beiden Vertragsparteien unterzeichnete Vertragsausfertigung sei im Besitz des Schiedsbeklagten. Von dem Original seien im Termin der Vertragsunterzeichnung am 25.8.2010 in den Räumen der Schiedsklägerin drei Kopien gemacht worden, die in ihrem Besitz verblieben seien, während das Original versehentlich dem Schiedsbeklagten übergeben worden sei. Die Schiedsklägerin bot Beweis für diese Behauptung durch Vernehmung von Zeugen an und kündigte an, diese als präsente Zeugen im Termin zu stellen. Mit Verfügung Nr. 23 vom 9.10.2013 (Anlage AG 6, Bl. 131 GA) forderte das Schiedsgericht den Schiedsbeklagten auf, das Original des Kerosin-Liefervertrages vorzulegen oder sich bis zum Termin der mündlichen Verhandlung zu dem neuen Sachverhalt zu erklären. Zugleich wurde das persönliche Erscheinen des Schiedsbeklagten angeordnet. Im Vorfeld des Termins kam es am 10.10.2013 zu einer Kontaktaufnahme zwischen Rechtsanwalt Dr. P, der für den Obmann des Schiedsgerichts tätig wurde und dem Prozessbevollmächtigten des Schiedsbeklagten. Rechtsanwalt Dr. P fertigte hierüber einen Aktenvermerk (Anlage AS 19, Bl. 176 GA). Dass der Prozessbevollmächtigte des Schiedsbeklagten entsprechend dem Vermerk erklärt hat, keine weitere Stellungnahme mehr abgeben zu wollen, wird von dem Schiedsbeklagten in Abrede gestellt. Jedenfalls aber hat der Prozessbevollmächtigte des Schiedsbeklagten sich gegenüber Rechtsanwalt P „dahingehend geäußert, dass der Schiedsbeklagte sich umfassend und abschließend“ dazu geäußert habe, „warum es nicht zu einem Vertragsschluss gekommen ist“ (Bl. 149 GA). Mit Schriftsatz vom 7.8.2012 (Anlage AS 16, Bl. 168 ff. GA) hatte der Schiedsbeklagte vorgetragen, der Zeuge Dr. Q habe als Leiter des Deutschen Büros der G in Frankfurt zwar Verhandlungen geführt, jedoch erklärt, er sei zum Abschluss eines Vertrages nicht befugt. Der Schiedsbeklagte sei gebeten worden, einen Vertragsentwurf aufzusetzen und zu unterzeichnen, damit der Zeuge die Ernsthaftigkeit der Vertragsverhandlungen dokumentieren könne. Er sei dieser Bitte nachgekommen. Am 29.10.2010 sei in Teheran über den von Seiten der Schiedsklägerin nicht unterzeichneten Vertrag verhandelt worden, jedoch ohne abschließendes Ergebnis. Er habe den Vertragsentwurf nicht zurückverlangt, weil er davon ausgegangen sei, weitere Verhandlungen würden folgen.
Es sei davon auszugehen, dass der Vertrag zu irgendeinem späteren Zeitpunkt in seiner Abwesenheit von der Schiedsklägerin unterzeichnet wurde, möglicherweise erst zur Vorbereitung des Schiedsgerichtsverfahrens. Auf keinen Fall sei der Vertrag im Oktober 2010 unterzeichnet worden.
Im Termin vom 15.10.2013 erläuterte das Schiedsgericht zunächst den vorgesehenen Gang der Verhandlung, unter anderem wurde in Aussicht gestellt, dass gegebenenfalls die von der Schiedsklägerin gestellten Zeugen vernommen und der Schiedsbeklagte als Partei angehört werden würden.
Der Rechtsstreit wurde zunächst umfassend erörtert, dabei gab auch der Schiedsbeklagte R Erklärungen ab. Nach einer Mittagspause und anschließender weiterer Erörterung trat das Schiedsgericht in die Anhörung des Schiedsbeklagten ein. Der Schiedsbeklagten teilte daraufhin mit, er habe Schwierigkeiten, heute seine Anhörung vornehmen zu lassen. Die Schiedsklägerin stimmte einem Vertagungswunsch nicht zu und beantragte, die von ihr benannten und gestellten Zeugen zu vernehmen. Nach Beratung beschloss das Schiedsgericht, den Vertagungsantrag zurückzuweisen und Beweis über die Unterzeichnung des Kerosinliefervertrages zu erheben. Dem Schiedsbeklagten wurde die weitere Teilnahme an der mündlichen Verhandlung freigestellt (Bl. 56 GA). Daraufhin beantragte der Schiedsbeklagte, das Schiedsgericht als befangen abzulehnen. Der Schiedsbeklagte und sein Prozessbevollmächtigter verließen die Sitzung, die Zeugen wurden im Termin nicht mehr vernommen. Für den Fall der Ablehnung des Befangenheitsgesuch legte das Schiedsgericht einen neuen Termin zur Beweisaufnahme und Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 21.11.2013 fest. Wegen des Gangs der Verhandlung im Einzelnen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.10.2013 (Anlage AS 2, Bl. 49 ff. GA) Bezug genommen. Mit Beschluss Nr. 3 vom 13.11.2013 wies das Schiedsgericht den Ablehnungsantrag des Schiedsbeklagten zurück (Anlage AS1, Bl. 43 GA). Mit Verfügung Nr. 29 (vergleiche Seite 20 des Schiedsspruchs) wurde zur Beweisaufnahme und weiteren mündlichen Verhandlung auf den 18.2.2014 geladen. Zu diesem Termin erschienen weder der Schiedsbeklagte noch sein Prozessbevollmächtigter. In dem Termin wurden die von der Schiedsklägerin benannten Zeugen vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.2.2014 (Anlage AG10) Bezug genommen.
Der Schiedsbeklagte ist der Ansicht, gegenüber dem Schiedsgericht sei die Besorgnis der Befangenheit begründet. Durch seine Vorgehensweise habe es eindeutig gezeigt, dass auf eine Teilnahme des Schiedsbeklagten an der mündlichen Verhandlung, insbesondere bei der Befragung von Zeugen, keinen Wert gelegt werde. Der Vertagungsantrag aus gesundheitlichen Gründen sei begründet gewesen, es bestehe ein Anspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG, bei der Vernehmung der Zeugen anwesend zu sein. Der Beschluss des Schiedsgerichts vom 20.2.2014 sei bereits aus diesem Grunde aufzuheben. Darüber hinaus habe das Schiedsgericht die Beweise nicht zutreffend gewürdigt und sei deshalb zu dem rechtlich nicht zu vertretenden Ergebnis gekommen, der als Anl. K2 vorgelegte Vertrag sei geschlossen worden. Bereits der abweichende Vortrag zur Unterzeichnung des Vertrages sei völlig lebensfremd und hätte für das Schiedsgericht Anlass bieten müssen, Zweifel an der Schlüssigkeit der Darstellung der Schiedsklägerin zu haben. Darüber hinaus habe das Schiedsgericht nicht berücksichtigt, dass der Schiedsbeklagte durch Urkunden den Beweis geführt habe, dass er zum behaupteten Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vor Ort gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 23.8.2013 habe der Schiedsbeklagte im Schiedsverfahren unter Beifügung seiner Reisekostenabrechnung sowie eines Fahrausweises der Deutschen Bahn AG belegt, dass er sich am 25.8.2010 denknotwendig nicht in Frankfurt, sondern in Köln aufgehalten habe. Damit habe sich das Schiedsgericht in seinen Entscheidungsgründen nicht auseinandergesetzt. Insbesondere aber habe das Schiedsgericht außer acht gelassen, dass er in der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2013 ausgesagt habe, dass das Konto bei der NASPA, dass im Vertrag genannt ist, zum Zeitpunkt der behaupteten Unterzeichnung noch nicht bestand.
Der Schiedsbeklagte beantragt,
den Beschluss des Schiedsgerichts durch den Vorsitzenden Schiedsrichter Dr. S, den Schiedsrichter Dr. T und den Schiedsrichter Dr. U vom 13.11.2013 (Beschluss Nr. 3 des Schiedsgerichts) aufzuheben, den Schiedsspruch des Schiedsgerichts vom 20.02.2014 aufzuheben und das Schiedsgericht wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen,
hilfsweise,
die Ablehnung auf die Schiedsrichter des Schiedsgerichts zu beschränken, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.10.2013 das Vertragungsgesuch der Antragstellerin und Schiedsbeklagten abgelehnt haben.
Die Schiedsklägerin beantragt,
den Ablehnungsantrag sowie die Anträge auf Aufhebung des Beschlusses Nr. 3 des Schiedsgerichts vom 13.11.2013 und Aufhebung des Schiedsspruchs vom 20.2.2014 nebst Hilfsantrag zurückzuweisen.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör des Schiedsbeklagten sei gewahrt worden. Es sei widersprüchlich, die Verletzung des rechtlichen Gehörs zu rügen, nachdem der Schiedsbeklagte freiwillig darauf verzichtet habe, am Termin der Beweisaufnahme vom 18.2.2014 teilzunehmen. Die Beweiswürdigung des Schiedsgerichts dazu, dass der Vertrag unterzeichnet worden seien, sei nicht zu beanstanden. Zudem sei eine Kontrolle des Schiedsspruchs auf die in § 1059 ZPO abschließend aufgeführten Aufhebungsgründe beschränkt. Der Schiedsspruch vom 20.2.2014 leide aber weder an einem schwerwiegenden, die Grundlagen des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens berührenden Mangel noch seien Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die guten Sitten, gegen einzelne Grundrechte, gegen den Gleichheitsgrundsatz oder gegen das Gebot rechtlichen Gehörs ersichtlich.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze des Schiedsbeklagten vom 9.12.2013 (Bl. 37 ff. GA), vom 24.2.2014 (Bl. 142 ff. GA), vom 16.4.2014 (Bl. 200 f. GA) sowie vom 19.6.2014 (Bl. 220 ff. GA) und die Schriftsätze der Schiedsklägerin vom 17.12.2013 (Bl. 76 f. GA), vom 28.1.2014 (Bl. 104 ff. GA), vom 31.3.2014 (Bl. 178 ff. GA), vom 6.5.2014 (Bl. 205 f. GA) sowie vom 15.10.2014 (Bl. 270 ff. GA) Bezug genommen.
B.
Der Antrag des Schiedsbeklagten, den Beschluss des Schiedsgerichts vom 13.11.2013 aufzuheben und das Schiedsgericht wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist unbegründet (II). Weiter unbegründet ist der Antrag der Schiedsbeklagten, den Schiedsspruch des Schiedsgerichts vom 20.2.2014 aufzuheben (III).
I.
Der Senat ist sowohl für den Ablehnungsantrag (§ 1062 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. ZPO) als auch für den Aufhebungsantrag (§ 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) zuständig. Die Frist für den Aufhebungsantrag ist gewahrt (§ 1062 Abs. 3 ZPO).
II.
Ein Schiedsrichter kann abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen (§ 1036 Abs. 2 ZPO). Das ist der Fall, wenn vom Standpunkt einer Partei aus genügend objektive Gründe vorliegen, die in den Augen eines vernünftigen Menschen geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu erregen (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 14, Rdnr. 6). Derartige Gründe bestehen nicht.
1.
Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 2.6.2014, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (Bl. 211 ff. GA), ausgeführt, dass sich Zweifel an der Unparteilichkeit eines Schiedsgerichts zwar auch aus der Führung des Verfahrens durch den Vorsitzenden des Schiedsgerichts oder auch andere Schiedsrichter ergeben können, hier aber die Besorgnis der Befangenheit nicht begründet ist.
Das Vorbringen der Schiedsbeklagten im Schriftsatz vom 19.6.2014 führt zu keiner anderen Bewertung. Dabei ist zunächst im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass bei der Terminsanberaumung – im Unterschied zu der Fallkonstellation, die der Entscheidung des OLG Oldenburg (BeckRS 2013, 04433) zugrunde lag – noch kein Vertagungsgrund bestand und auch ein entsprechender Antrag nicht gestellt worden war. Der Schiedsbeklagte hat gesundheitliche Gründe, die seiner Teilnahme entgegenstehen sollten, erst im Laufe des Termins geltend gemacht. Zwar kann geboten sein, die Beweisaufnahme auch dann zu vertagen, wenn die Erkrankung einer Partei während des Verhandlungstermins eintritt. Regelmäßig stellt die (ausreichend nachgewiesene) Erkrankung der Partei, die an der Beweisaufnahme teilnehmen möchte, einen erheblichen Grund für die Vertagung dar (BFH, DStRE 2007, 587; OLG Hamm, NJW-RR 1992, 121; OLG Oldenburg BeckRS 2013, 04433). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gericht dann, wenn es während der laufenden Verhandlung um Vertagung wegen einer akuten Erkrankung der Partei ersucht wird, sich in einer besonderen Situation befindet, die die Ermessensausübung beeinflussen darf. So kann regelmäßig – wie auch hier – durch das Gericht nicht überprüft werden, ob die vorgetragene Beeinträchtigung ausreichend ist, die Partei tatsächlich als verhandlungsunfähig anzusehen. Entsprechende Nachweise der Partei, die durch ein aussagekräftiges ärztliches Attest zu führen sind, können erst zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden. Zu berücksichtigen ist weiter, dass grundsätzlich in derartigen Situation auch in Betracht kommt, dass sich später herausstellt, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine Vertagung nicht gerechtfertigt hätten. Eine Partei hätte es in der Hand, jederzeit den Abbruch einer Beweisaufnahme erzwingen zu können, wenn allein die Behauptung der Verhandlungsunfähigkeit zwingend zur Vertagung führen müsste.
Die Fortsetzung oder Durchführung der Beweisaufnahme in einer solchen Situation ist daher regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Das gilt insbesondere dann, wenn präsente Zeugen anwesend sind, die im entfernteren Ausland wohnen und damit nur erschwert und zu hohen Kosten zu einem neuen Termin anreisen können. Zudem hatte der Schiedsbeklagte den Vertragsschluss und seine Anwesenheit am 25.8.2010 in Abrede gestellt hat und es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Angaben zum Inhalt des Gesprächs er hätte machen können. Insbesondere bestand aber die Möglichkeit – je nach Ergebnis der Beweisaufnahme – entsprechend § 367 Abs. 2 ZPO eine Vervollständigung der Beweisaufnahme zu beantragen. Das Schiedsgericht war sich ausweislich seiner Verfügung vom 22.10.2013 (AS 4, Bl. 60 ff. GA) dieser Möglichkeit bewusst.
2.
Der Schiedsbeklagte kann sich auch nicht darauf berufen, er sei durch die Stellung der präsenten Zeugen und das Vorhaben des Schiedsgerichts, diese ggf. zu vernehmen „überumpelt“ worden (Bl. 223 GA). Der Schiedsbeklagte ist durch den Schriftsatz der Schiedsklägerin vom 8.10.2013 informiert worden, dass präsente Zeugen gestellt werden. Er hat gleichwohl vorterminlich weder eine Schriftsatzfrist noch eine Vertragung beantragt und im Termin vom 15.10.2013 zunächst rügelos verhandelt (Bl. 50 GA). Obwohl das Schiedsgericht unmittelbar nach der Stellung der Anträge erläutert hat, dass ggf. die Zeugen vernommen werden sollen, hat der Schiedsbeklagte hiergegen keine Einwände erhoben, obwohl sein Prozessbevollmächtigter zu anderen Punkten umfangreich Stellung genommen hat. Der Schiedsbeklagte hat vor dem Schiedsgericht auch nicht geltend gemacht, er habe sich nur unzureichend auf den neuen Sachvortrag vorbereiten können. Für den Vertagungsantrag ausschließlich der gesundheitliche Zustand der Partei angeführt worden. Dann aber begründet es nicht die Besorgnis der Befangenheit, wenn das Schiedsgericht bei der Entscheidung über die Vertagung allein diesen Sachverhalt in die Abwägung einbezieht, nicht aber das nunmehrige Vorbringen, es habe keine ausreichende Vorbereitungszeit gegeben.
III.
Der Schiedsspruch des Schiedsgerichts vom 20.2.2014 ist nicht aufzuheben.
Ein Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1c) ZPO liegt nicht vor. Das Schiedsgericht war für die Entscheidung über die Rechtsfolgen aus dem Vertrag vom 25.8.2010 aufgrund der dortigen Schiedsklausel (Art. 20) zuständig.
1.
Allerdings kann von einer rügelosen Einlassung nicht ausgegangen werden. Der Schiedsbeklagte hat die Zuständigkeit des Schiedsgerichts in Abrede gestellt, weil der Vertrag nicht von beiden Parteien unterzeichnet worden sei (vergl. beispielhaft Bl. 235 GA). Von einer rechtzeitigen (§ 1040 Abs. 2 S. 3 ZPO) Geltendmachung ist auch das Schiedsgericht ausgegangen. Anhaltspunkte dafür, dass der Schiedsbeklagte die Rüge nicht aufrechterhalten wollte, bestehen nicht. Die Zuständigkeit war ersichtlich einer der zentralen Streitpunkte der Parteien.
2.
Das Schiedsgericht entscheidet über die eigene Zuständigkeit (§ 1040 Abs. 1 S. 1 ZPO). Diese Entscheidung ist zwar vor dem ordentlichen Gericht überprüfbar, auch wenn sie erst im Schiedsspruch ausgesprochen wird (BeckOK-Wolf/Eslami, Stand 15.9.13, § 1040 ZPO Rn. 30). Es besteht keine „Kompetenz-Kompetenz“ des Schiedsgerichts. Uneingeschränkt überprüfbar ist Entscheidung des Schiedsgerichts, dazu, ob eine Schiedsvereinbarung zustande gekommen ist, jedoch nicht. Die Prüfung der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung betrifft die rechtlichen Aspekte. Ist die Annahme des Zustandekommens einer Schiedsvereinbarung jedoch das Ergebnis einer Beweiswürdigung, so ist es dem staatlichen Gericht verwehrt, die Beweiswürdigung des Schiedsgerichts durch die eigene zu ersetzen (OLG Hamburg, Beschluss vom 14.5.1999 – 1 Sch 2/99 - , zit. nach Juris; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. A., Kap. 24 Rn. 9). Eine solche Überprüfung der Beweiswürdigung würde faktisch eine unzulässige révision au fond bedeuten, was sich hier ganz deutlich daran zeigt, dass die Frage der Schiedsabrede genauso an die des Zustandekommens des Vertrags geknüpft ist wie die der materiellen Ansprüche der Schiedsklägerin.
Der Überprüfung durch das staatliche Gericht unterliegt daher nur die rechtliche Bewertung der vom Schiedsgericht festgestellten Tatsachen sowie die Frage, ob die Feststellungen unter Verletzung des ordre public getroffen wurden (§ 1059 Abs. 2 b ZPO).
3.
Zwischen den Parteien nicht mehr streitig und rechtlich zutreffend ist, dass dann, wenn die Vereinbarung vom 25.8.2010 von beiden Seiten unterschrieben wurde, eine wirksame Schiedsabrede vorliegt.
4.
Das Schiedsgericht hat auf der Grundlage seiner Beweisaufnahme und Beweiswürdigung eine beiderseitige Unterschrift bejaht. Die Beweiswürdigung unterliegt nur eingeschränkt der Überprüfung (s.o. Nr. 1). Ein Verstoß gegen den ordre public liegt nicht vor:
a)
Das Schiedsgericht hat die Einwände des Schiedsbeklagten zum fehlenden Vertragsschluss zur Kenntnis genommen und beschieden. Es hat nach Beweisaufnahme festgestellt, dass die Unterschriften am 25.8.2010 von beiden Seiten geleistet wurden. Die materielle Richtigkeit der Feststellung ist nicht zu überprüfen. Es ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass die Beweiswürdigung in einer Weise fehlerhaft ist, dass sie einen Verstoß gegen den ordre public darstellt. Der Schiedsbeklagte selbst geht nur von einem einfachen Rechtsfehler aus („das Schiedsgericht hat die vorliegende Beweise auch nicht zutreffend gewürdigt und ist somit zu einem rechtlich nicht zu vertretendem Ergebnis gekommen“, Bl. 225 GA, vergl auch Bl. 226 GA). Das Schiedsgericht hat die von der Schiedsklägerin benannten Zeugen vernommen und unter Würdigung der Aussagen das Beweisergebnis gefunden. Der Schiedsbeklagte, der trotz ordnungsgemäßer Ladung am Beweistermin nicht teilgenommen hat, führt bereits nicht aus, welche Beweisangebote übergangen worden sein sollen.
b)
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ergibt sich nicht daraus, das Schiedsgericht in der Beweiswürdigung nicht ausdrücklich auf den Vortrag des Schiedsbeklagten eingegangen ist, er sei ausweislich der Reisekostenabrechnung sowie eines Fahrausweises der Deutschen Bahn AG nicht in Frankfurt, sondern in Köln gewesen (Bl. 226 GA). Das Schiedsgericht hat den Vortrag des Schiedsbeklagten ausweislich des Tatbestands des Schiedsspruchs (S. 18, Nr. 2c) zur Kenntnis genommen. Damit liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Es ist eine Frage der Beweiswürdigung, wenn das Schiedsgericht den Zeugenaussagen folgend dennoch einen Vertragsschluss angenommen hat.
c)
Die Frage der Leistung einiger Zahlungen zunächst auf ein Konto der Commerzbank (und nicht das im Vertrag genannte Konto bei der NASPA) ist im Termin vom 15.10.2013 erörtert worden. Dabei hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zur Kenntnis des Schiedsgerichts vorgetragen, dass das Anderkonto bei der NASPA erst „zwischen dem 15. und 23.9.2010“ errichtet worden sei (vergl. Bl. 51 Abs. 5 GA), Er hat dabei nicht dargelegt, dass die Kontonummer zuvor noch nicht bekannt war. Auch der Zeuge Q ist zu den Überweisungen an die Commerzbank befragt worden (S. 9 des Protokolls vom 18.2.2014, AG 10). Ersichtlich hat das Schiedsgericht diesen Gesichtspunkt zur Kenntnis genommen. Es ist eine Frage der einfachen Rechtsanwendung, wenn das Schiedsgericht dennoch aufgrund der Zeugenaussagen von einem Vertragsschluss ausgegangen ist. Eine Beweiserhebung über diese Punkte ist im Verfahren vor dem staatlichen Gericht wegen des Verbots der revision au fond nicht vorzumehmen.
Entgegen der Auffassung der Schiedsbeklagten ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Kontonummer bereits vor dem Kontoeröffnungsantrag vom 10.9.2010 (Bl. 236 f. GA) bekannt war. Im Kerosinlieferungsvertrag ist die Kontonummer der NASPA (als IBAN) aufgeführt (13.5. des Kerosinlieferungsvertrags, Anlage AS7). Der Vertrag wurde von dem Schiedsbeklagten erstellt und unterschrieben (vergl. Bl. 51 Abs. 6, 7 GA, Bl. 54 GA: „Der von mir einseitig unterschriebene Vertrag (Anlage K2) lag in Kopie auf dem Tisch“); er trägt sowohl vor der Unterschrift des Käufers als auch des Verkäufers jeweils das vor der Kontoeröffnung liegende Datum 25.8.2010.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Der Streitwert richtet sich ab dem 16.4.2014 nach der Hauptforderung aus dem Schiedsspruch, dessen Aufhebung begehrt wird. Es verbleibt insoweit bei der Streitwertfestsetzung mit Beschluss vom 2.6.2014 (Bl. 211, 212 GA).
Der Streitwert bis zum 16.4.2014 setzt der Senat auf 1/3 dieses Wertes (§ 3 ZPO), mithin 147.622,59 €, fest.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-4 Sch 04/08 08.07.2008
B E S C H L U S S
I. Der Antrag der Antragstellerin vom 06. Mai 2008 auf Abberufung des zum Obmann/Schiedsgerichtsvorsitzenden berufenen …. und der Hilfsantrag, das Amt des vorbezeichneten Obmanns in dem Schiedsgerichtsverfahren der Parteien für beendet zu erklären, werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
III. Der Wert des Verfahrens wird auf € 85.068,44 festgesetzt.
G r ü n d e:
I.
Die Parteien unterzeichneten am 09. Februar/17. April 2007 einen Schiedsvertrag (…), in der D. als Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens vorgesehen und nach der das angerufene Schiedsgericht mit …. als Obmann besetzt ist. Der genannte Obmann hatte sein Amt als Vorsitzender des Schiedsgerichts bereits mit Schreiben vom 25. Oktober 2005 angenommen.
Mit Schriftsatz vom 08. Dezember 2005 (…) reichte die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin bei dem Schiedsgericht Schiedsklage auf Zahlung von € 53.749,49 ein. Gegenstand des Zahlungsverlangens war ein Restbetrag aus einer Teilschlussrechnung vom 04. Februar 2005 für die Durchführung von Erdarbeiten bei der Errichtung eines Rückhaltebeckens auf einer näher bezeichneten Baustelle in Duisburg. Der Restbetrag bestand im Wesentlichen aus Behinderungs- und Stillstandskosten für mehrere Baufahrzeuge und -einsatzgeräte. Die Klageschrift umfasste 9 Seiten und 21 Anlagen.
Mit einem 13 Seiten umfassenden Schriftsatz vom 28. September 2006 (…), dem 14 weitere Anlagen beigefügt waren, erweiterte die Antragstellerin ihre Klage auf € 127. 602,66, nachdem sie der Antragsgegnerin unter dem 16. Januar 2006 über ihre Arbeiten Schlussrechnung erteilt hatte. Zur Klageerweiterung führte sie weitere Behinderungskosten und zwei Nachträge für die Entfernung einer ausgehärteten Zementsuspension und die Entsorgung von zwischengelagertem, nicht mehr benötigten Aushubmaterial an.
Zur Klage und Klageerweiterung nahm die Antragsgegnerin mit 30-seitigem Schriftsatz vom 06. November 2006 (Anlage Ast. 4), dem 39 Anlagen zugehörten, Stellung. Hierin stellte sie das in der Schlussrechnung bezeichnete Flächen- und Mengenaufmass und das Stundenaufmass für von der Antragstellerin abgerechnete Stundenlohnarbeiten zum Teil streitig. Weiter bestritt sie die geltend gemachten Stillstands- und Behinderungskosten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Auch die Nachträge könne die Antragstellerin nicht bezahlt verlangen. Hilfsweise erklärte sie die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung in Höhe von € 151.781,22.
Der Klageerwiderung - einschließlich der Hilfsaufrechnung - trat die Antragstellerin mit 22 Seiten umfassenden Schriftsatz vom 29. Januar 2007 (…), dem 13 Anlagen beigefügt waren, entgegen.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2007 (…) erinnerte die Antragstellerin den Obmann an eine Fortführung des Schiedsgerichtsverfahrens. In einem weiteren Schreiben vom 23. Oktober 2007 (…) hielt sie ihm vor, dass er einen Termin für Ende September/Anfang Oktober 2007 angekündigt habe. Sie forderte um kurzfristige Bearbeitung der Sache und Anberaumung eines Termins auf.
Dieser Aufforderung leistete der Obmann keine Folge.
In einem Schreiben vom 7. April 2008 (…) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin auf eine entsprechende Anfrage mit, dass sie mit einer Abberufung des Obmanns nicht einverstanden sei.
Die Antragstellerin macht geltend, der Obmann habe seit dem Eingang ihrer Replik vom 29. Januar 2007 keinerlei Tätigkeit mehr ausgeübt. Weil er seinen Aufgaben nicht in angemessener Frist nachgekommen sei, habe das Gericht ihn abzuberufen.
Die Antragstellerin beantragt, den als Obmann/Schiedsgerichtsvorsitzenden … in dem Schiedsgerichtsverfahren der Parteien abzuberufen;
hilfsweise, das Amt des …. als Obmann/Schiedsgerichtsvorsitzenden in dem Schiedsgerichtsverfahren der Parteien für beendet zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Haupt- und Hilfsantrag zurückzuweisen.
Sie wendet ein, der Obmann sei sehr wohl tätig geworden. So habe er im April 2007 den vorliegenden Schiedsvertrag vereinbart und eine Regelung zu den Vorauszahlungen getroffen. Unter dem 25. Mai 2007 habe er eine Ergänzung des Schiedsvertrages zur Geltung der Schiedsgerichtsordnung Bau überreicht.
Die rechtlichen Schwierigkeiten und die Komplexität der von der Antragstellerin eingereichten Schiedsklage machten große Bearbeitungszeiträume erforderlich. Eine bereits mehrere Seiten umfassende Stellungnahme zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 29. Januar 2007 sei in Arbeit.
Zum Hilfsantrag schließlich macht die Antragsgegnerin geltend, als Feststellungsantrag fehle ihm das gebotene Rechtsschutzinteresse.
II.
1.
Haupt- und Hilfsantrag sind einer Sachentscheidung zugänglich. Hierbei kann es dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Hilfsantrag um einen Feststellungs- oder - was näher liegt - um einen Gestaltungsantrag handelt und ob dem Feststellungsantrag das gebotene Feststellungsinteresse fehlt. Weil das Bestehen eines Feststellungsinteresses nur Sachurteilsvoraussetzung für eine stattgebende Entscheidung ist, wäre nämlich eine bloße Abweisung als unzulässig sinnwidrig, wenn beide Anträge in der Sache unbegründet sind (BGH, Urteil vom 24. Februar 1954, II ZR 3/03, BGHZ 12, 308; BGH, Urteil vom 14. März 1978, VI ZR 68/76, NJW 1978, 2031).
So liegt der Fall hier.
Denn das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt es nicht, den Obmann nach § 1038 Abs. 1 ZPO von seinem Amt abzuberufen. Aus dem gleichen Grund kommt ein Ausspruch, nach dem das betreffende Amt beendet ist, nicht in Betracht.
2.
Der Senat ist nach § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für die Entscheidung über die Beendigung des Schiedsrichteramtes sachlich zuständig. Seine örtliche Zuständigkeit folgt aus § 1062 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Ziffer VI.1. der von den Parteien getroffenen Schiedsvereinbarung, nach welcher der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens D. ist.
3.
Dem Antrag auf Beendigung des Schiedsrichteramtes kann nicht stattgegeben werden. Nach § 1038 Abs. 1 S. 1 ZPO endet das Amt des Schiedsrichters, wenn er rechtlich oder tatsächlich außer Stande ist, seine Aufgaben zu erfüllen, oder er aus anderen Gründen seinen Aufgaben in angemessener Frist nicht nachkommt. Keiner dieser 3 Alternativen ist hier erfüllt.
Dies steht zwischen den Parteien im Hinblick auf die ersten beiden Alternativen zutreffend außer Streit, so dass es hierzu keiner näheren Ausführungen bedarf.
Bei der Frage, ob der Schiedsrichter seinen Aufgaben in angemessener Frist nicht nachgekommen ist, handelt es sich um eine offene Wertungs- und Generalklausel, die ein Verschulden nicht voraussetzt, zumal sie ausschließlich das Parteiinteresse an einer zügigen Verfahrensdurchführung schützt. Entscheidend ist daher die Zumutbarkeit weiteren Abwartens, und zwar maßgeblich geprägt von dem jeweiligen Einzelfall. Das Schiedsgerichtsverfahren soll den Parteien dienen. Wird es derart verzögert, dass ihnen Nachteile entstehen, die bei der Verhandlung vor den staatlichen Gerichten fehlen würden, so greift § 1038 Abs. 1 ZPO ein (Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 10, Rdnr. 32).
Als Richtschnur für die Zumutbarkeit weiteren Abwartens können folgende Kriterien herangezogen werden:
Es ist danach zu fragen, welche Verfahrenshandlungen der Schiedsrichter im Hinblick auf die Schiedsvereinbarung (§ 1029 ZPO) - ergänzend: Verfahrensabreden oder Verfahrensordnung (§ 1042 Abs. 3 ZPO) - in der konkreten Verfahrenssituation hätte vornehmen sollen. Hier fließen folglich abstrakte Vorgaben und konkrete Umstände ineinander. Hat alsdann der Schiedsrichter nichts unternommen, ist weiter zu prüfen, ob dies in Anbetracht der gegebenen Umstände und unter Berücksichtigung der technischen sowie rechtlichen Schwierigkeiten des Falles sich als schlechthin nicht hinnehmbar darstellt. Wie sich aus § 1042 Abs. 4 S. 2 ZPO erschließt, besteht in dieser Hinsicht ein breiter Freiraum nicht justiziabler Verhaltensweisen. Andernfalls wäre das Schiedsverfahren seines eigenen Sinnes beraubt. Aus den §§ 1032 Abs. 2, 1040 Abs. 2 S. 2 ZPO einerseits und zum anderen aus den §§ 1059-1061 ZPO lässt sich ersehen, dass dem staatlichen Gericht sowohl präventive als auch repressive Befugnisse zustehen, Kontrolle auf das Schiedsverfahren auszuüben. Es soll jedoch nicht, gleichsam durch die Hintertür, in den schiedsrichterlichen Verfahrensplan hineinregieren. Folgerichtig stehen nur offensichtlicher Missbrauch und Ausreißer einer Zumutbarkeit weiteren Abwartens entgegen. Für die so vorzunehmende Wertung ist ein Rückgriff auf § 1032 Abs. 2 ZPO a.F. statthaft und hilfreich. Anerkannter Maßstab für die dort genannte Ungebührlichkeit der Verzögerung ist ein Vergleich mit der durchschnittliche Verfahrensdauer vor dem staatlichen Gericht gewesen, bei insgesamt zwei Instanzen, aber versehen mit einem Abschlag, da die Parteien vom Schiedsgericht regelmäßig ein rascheres Prozedere erwarten dürfen (Münch in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 1038 ZPO, Rdnr. 10 und 11).
Ausgehend von diesen Wertungskriterien stellt das Zuwarten des Obmanns mit einer Terminierung (noch) keinen Ausreißer und erst Recht keinen Fall offensichtlichen Missbrauchs der ihm obliegenden Verfahrensleitung dar.
Wie sich aus den hierzu vorgelegten Schriftsätzen erschließt, hat die von der Antragstellerin erhobene Schiedsklage einen inhaltlich komplexen und streitigen Sachverhalt mit einer Vielzahl von Rechtsfragen zum Gegenstand, aus dem die Parteien wechselseitige Ansprüche herzuleiten versuchen. So hängen beispielsweise eine Berechtigung der von der Antragstellerin abgerechneten Behinderungs- und Stillstandskosten einerseits und auf der anderen Seite der von der Antragsgegnerin zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch dem Grunde nach davon ab, ob und gegebenenfalls welche Partei die bei Durchführung der Erdarbeiten aufgetretenen Hindernisse zu vertreten hat. Zudem sind die von den Parteien erhobenen Ansprüche weitgehend auch in der Höhe streitig. Die Beantwortung dieser Fragen setzt in tatsächlicher wie auch rechtlicher Hinsicht eine eingehende und umfassende Würdigung des wechselseitigen Parteivorbringens und erforderlichenfalls eine noch anzuordnende Sachverhaltsaufklärung voraus.
Der Vergleich mit dem Verfahren vor den staatlichen Gerichten zeigt, dass bei einer solchen Materie mit einer Entscheidung für beide Instanzen innerhalb eines Zeitraumes von weniger als zwei Jahren in der Regel nicht gerechnet werden kann. Vielmehr ist bereits für das schriftliche Vorverfahren ein erheblicher Zeitraum erforderlich, ehe die Sache ausgeschrieben ist.
Aus eben diesem Grund ist eine Terminsbestimmung im vom Obmann geleiteten Schiedsverfahren zumindest noch nicht zwingend. Denn die Antragsgegnerin hat auf den Schriftsatz vom 29. Januar 2007, mit dem die Antragstellerin ihren zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüchen erstmals entgegengetreten ist, noch nicht erwidert. Nach ihrem Vorbringen soll ein entsprechender Schriftsatz noch in der Vorbereitung sein. In dieser Hinsicht hat der Obmann ein - allerdings alsbald auszuübendes - Ermessen, wie er das Verfahren fördern und einer Verzögerung durch die Antragsgegnerin entgegenwirken will.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Den Streitwert hat der Senat mit 1/3 des Wertes für das Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren (§ 43 Abs. 3 GKG) festgesetzt (so auch: OLG München, Beschluss vom 10. Januar 2007, 34 SchH 008/06, 34 SchH 8/06, OLGR München 2007, 189).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 1065 Abs. 1 S. 2 ZPO).
Vollansicht
Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-4 Sch 02/06 14.08.2007 Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerkl
B E S C H L U S S
Der in der Schiedssache der Parteien von dem Schiedsgericht bestehend aus Dr. F., K. und Dr. W. erlassene, auf den 9. Mai 2005 datierte Schiedsspruch wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Schiedsgericht, bestehend aus Dr. F., K. und Dr. W. zurückverwiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Schiedsbeklagte.
Der Streitwert wird auf 28.559.539 € zum Stichtag 25.10.2005, entsprechend 34.320.000 US $ festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Schiedsspruchs, der im Rahmen von Streitigkeiten der Parteien um Rückversicherungsverträge erging.
Die Antragstellerin, ein Rückversicherungsunternehmen, hatte nach Verhandlungen im Dezember 2000 für das Jahr 2001 bei der Antragsgegnerin über den die Antragstellerin vertretenden Makler B. (Verhandlungsführer: G. Ch.) und die die Antragsgegnerin vertretende US-amerikanische Agentur F. Inc. (Verhandlungsführer: K. K.) drei Rück-Rückversicherungsverträge abgeschlossen, wobei die Antragsgegnerin an den Verträgen als Retrozessionarin mit einer Quote von 52 % beteiligt war.
Nach den Terroranschlägen des 11.9.2001 auf das World Trade Center in New York verlangte die Antragstellerin von der Antragsgegnerin aus diesen Verträgen die Zahlung von 34.320.000,00 $.
Die Antragsgegnerin weigerte sich zu zahlen.
Die Antragstellerin leitete am 23.7.2003 ein Schiedsverfahren gegen die Antragsgegnerin ein.
Die Parteien bestimmten am 19.12.2003 in einer Sitzung mit dem Schiedsgericht (Dr. F., K., Dr. W.) Düsseldorf als Sitz des Schiedsgerichtes und einigten sich auf eine Verfahrensordnung für das schiedsrichterliche Verfahren.
Im Rahmen dieses Schiedsverfahrens streiten die Parteien im Kern um die Frage, ob die drei Verträge Deckung für Nicht-Elementarschäden, darunter auch die Terroranschläge gewähren, oder ob die Deckung auf Elementarschäden beschränkt ist, und ob für den Fall, dass die Schäden nicht gedeckt seien, die Antragstellerin sich wegen Irrtums von dem Vertrag lösen und Prämien in Höhe von ca. 25 Mio. US $ zurückgezahlt verlangen kann.
Das Schiedsgericht verhandelte am 18. und 19. Januar 2005 mündlich. Es erließ mit Datum vom 9. Mai 2005 einen Schiedsspruch, mit dem die Klage der Antragstellerin abgewiesen wurde.
Das Schiedsgericht äußerte sich in diesem Schiedsspruch nicht zu dem von der Antragstellerin zuvor hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Prämien.
Dieser Schiedsspruch wurde den Bevollmächtigten der Antragstellerin am 11. Mai 2005 zugestellt, das zugestellte Exemplar trug bis auf die Unterschrift des Schiedsrichters Dr. W., der unter dem Zusatz: "Ausgefertigt im Auftrage des Schiedsgerichts" unterzeichnet hatte, keine weiteren Unterschriften.
Ein von allen Schiedsrichtern unterschriebenes Original des Schiedsspruchs lag dem Schiedsrichter Dr. W. erstmals am 2. Juni 2005 vor.
Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 13.6.2005 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht und vertrat die Ansicht, dass der am 11. Mai 2005 übermittelte Schiedsspruch unwirksam sei, zugleich beantragte sie die Berichtigung, Auslegung und Ergänzung des Schiedsspruchs.
Das Schiedsgericht wies diese Anträge mit Beschluss vom 28.7.2005 zurück und übermittelte der Antragsstellerin am 29.7.2005 eine Ausfertigung des von allen drei Schiedsrichtern unterschriebenen, nach wie vor auf den 9. Mai 2005 datierten Schiedsspruchs, der ansonsten dem am 11. Mai 2005 zugestellten Schiedsspruch inhaltsgleich war.
Am 24.8.2005 beantragte die Antragstellerin, einen ergänzenden Schiedsspruch zu erlassen, da das Schiedsgericht über den hilfsweise gestellten Antrag auf Rückzahlung der Prämien nicht entschieden habe.
Das Schiedsgericht hat das Verfahren zur Ergänzung des Schiedsspruchs eingeleitet und Beweis erhoben. Eine abschließende Entscheidung ist bislang nicht ergangen.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der übersandte Schiedsspruch aus mehreren Gründen aufzuheben sei:
1. Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin
Das Schiedsgericht habe sich mit dem detailliert vorgetragenen Anspruch der Antragstellerin auf Rückzahlung der Prämien wegen eines möglichen Dissenses oder einer Anfechtung nicht beschäftigt und diesen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen.
Noch am 27.4.2005 habe die Antragstellerin auf Wunsch des Vorsitzenden des Schiedsgerichts zu dem Hilfsantrag Stellung genommen, diese Stellungnahme sei aber in der Entscheidung vom 9.5.2005 nicht verwertet worden.
Die umfangreichen Ausführungen hierzu in dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 13.6.2005 seien ebenfalls in dem später übersandten Schiedsspruch nicht berücksichtigt worden. Der Vortrag der Antragstellerin sei jedenfalls in dem zweiten übersandten Schiedsspruch bewusst und vorsätzlich übergangen worden. Das Schiedsgericht habe die Möglichkeit gehabt und sei dazu verpflichtet gewesen, den Vortrag zu verwerten, weil es den zuerst übersandten Schiedsspruch laut seinem Beschluss vom 28.7.05 für unwirksam gehalten habe.
Das Schiedsgericht habe den Grundsatz des rechtlichen Gehörs auch dadurch verletzt, dass es bereits vor dem 3. März 2005 einen vollständigen Entscheidungsentwurf erstellt habe, an dem nur noch wenige Änderungen vorgenommen worden seien. Zu diesem Zeitpunkt hätten aber noch nachgelassene Schriftsätze der Parteien ausgestanden. Da das Schiedsgericht sich durch den Entscheidungsentwurf aber bereits festgelegt habe, habe es den nachfolgenden Vortrag nicht mehr unvoreingenommen berücksichtigen können. Da die Entscheidung bereits gefallen sei, sei der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
Der zunächst übersandte Schiedsspruch sei unwirksam gewesen, weil das Schiedsgericht keine von allen drei Schiedsrichtern unterschrieben Fassung übersandt habe. Damit habe das Schiedsverfahren nicht beendet werden können. Die nachträgliche Unterzeichnung dieses Schiedsspruches wirke nicht zurück.
Bis zur Übersendung eines von allen Schiedsrichtern unterschriebenen Schiedsspruches habe der Schiedsspruch keine Außenwirkung entfaltet und das Schiedsgericht habe ihn ändern können, erst die Übersendung nach Unterschriftsleistung könne das Verfahren beenden.
Eine nachträgliche Unterzeichnung des Schiedsspruchs wirke auch nicht auf den Zeitpunkt der Übersendung zurück, § 319 ZPO sei im Schiedsverfahren anwendbar.
Das Schiedsgericht habe den zweiten Schiedsspruch vor Ablauf der selbst gesetzten Frist erlassen. Es habe am 13.7.2005 mitgeteilt, dass es sich in der zweiten Augusthälfte 2005 mit den Anträgen der Antragstellerin vom 13.6.2005 befassen wird und der Antragsgegnerin eine Stellungnahmefrist bis zum 15.8.2005 gesetzt. Durch die Übermittlung des Schiedsspruchs am 29.7.2005 sei den Parteien die Möglichkeit genommen worden, weiter vorzutragen. Hierin liege auch nach neuerer Rechtsprechung ein Aufhebungsgrund (OLG Hamburg, B. vom 16.9.04)
Das Schiedsgericht habe damit - was den Hilfsantrag betrifft - sehenden Auges die Antragstellerin gezwungen, von sich aus das Verfahren nach §§ 1058 und 1059 zu betreiben, dies im Beschluss vom 28.7.2005 auch so zu erkennen gegeben und damit die Position der Antragstellerin verschlechtert. Dieses Vorgehen entspreche dem Erlass eines unzulässigen Teilurteils, denn das Schiedsgericht habe durch die künstliche Trennung der Entscheidungen auseinander gerissen, worüber einheitlich hätte entschieden werden müssen.
Darüber hinaus beruft sich die Antragstellerin auf weitere Unwirksamkeitsgründe, wegen derer im Einzelnen auf ihre Schriftsätze Bezug genommen werden kann.
So habe das Schiedsgericht in seiner Entscheidung zentrale Argumente der Antragstellerin nicht berücksichtigt.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs ergebe sich auch daraus, dass die Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht offensichtlich unrichtig sei.
Es habe der Auslegung nicht den Willen der Vertragsparteien zugrunde gelegt und erhebliches Vorbringen der Antragstellerin übergangen. Es habe nicht berücksichtigt, dass ein Rück-Rückversicherer im Zweifel das vollständige Risiko des Versicherungsnehmers abdecken wolle, Abweichungen hiervon müssten eindeutig formuliert sein.
Der Fortgang des Schiedsverfahrens habe durch die Vernehmung des Zeugen B. den Nachweis erbracht, dass auch Nicht-Elementarschäden rückversichert gewesen seien und dass der Schiedsspruch falsch sei. Auch das belege, dass sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs ausgewirkt habe.
2. Aufhebungsgrund des § 1059 II Nr. 1 c ZPO
Das Schiedsgericht habe die Grenzen der Schiedsabrede überschritten, indem es auf die Auslegung des Vertrages nicht die Grundsätze des vereinbarten deutschen Rechtes, sondern Billigkeitsgesichtspunkte angewendet habe.
3. Aufhebungsgrund des § 1059 II Nr. 1 d ZPO
Das Schiedsgericht habe gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, in dem es am 28.7.2005 zeitgleich mit dem Beschluss vom 28.7.2005 einen auf den 9. Mai 2005 datierten Schiedsspruch erlassen habe, der inhaltlich dem Schiedsspruch vom 9.5.2005 entsprach. Darin liege ein Verstoß gegen § 1054 III ZPO. Der Schiedsspruch sei unzulässigerweise und missbräuchlich rückdatiert worden, um den Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 13.6.2005 nicht berücksichtigen zu müssen. Das "Nachholen" der Unterschriften wirke nicht auf das ursprüngliche Erlassdatum zurück. Das Schiedsgericht habe die erklärte Anfechtung der Verträge berücksichtigen müssen.
4. Aufhebungsgrund der Befangenheit des Schiedsgerichts
Ein weiterer Grund, den Schiedsvertrag aufzuheben liege darin, dass das Schiedsgericht, insbesondere dessen Vorsitzender Dr. F., befangen sei.
Das Schiedsgericht habe sich nach Erlass des ersten Schiedsspruchs unhaltbar und willkürlich verhalten, so dass erhebliche Zweifel an der Unparteilichkeit der Schiedsrichter bestünden.
Das Schiedsgericht habe durch Schreiben vom 15.6.05 und Verfügung vom13.7.05 mitgeteilt, dass sich das Schiedsgericht mit den Anträgen der Antragstellerin befassen werde und einen weiteren Kostenvorschuss von je 15.000 € angefordert, zugleich hat es der Antragsgegnerin eine Frist zur Stellungnahme bis zum 15.8.2005 eingeräumt.
Der Beschluss vom 28.7.2005 befasse sich dagegen nicht mit den Argumenten der Antragstellerin, er sei überraschend und nur durch "massive Beeinflussung" zu erklären. Ein Befangenheitsgrund ergebe sich auch daraus, dass das Schiedsgericht trotz Hinweises erneut nicht über den Hilfsantrag entschieden habe, sondern den ersten Schiedsspruch rückdatiert neu erlassen habe. Das zeige, dass das Schiedsgericht den Fall gar nicht neu durchdacht habe.
Auch aus dem Beschluss des Schiedsgerichtes vom 22.12.2005 werde deutlich, dass das Schiedsgericht das rechtliche Gehör der Parteien verletzen wolle, wenn es ohne mündliche Verhandlung über die Ergänzung des Schiedsspruchs entscheiden wolle.
Das Schiedsgericht erkläre im Beschluss vom 22.12.2005 zudem, dass es die hilfsweise erklärten Anfechtungen der Antragstellerin wegen Präklusion nicht berücksichtigen wolle, dabei sei dieser Vortrag nicht präkludiert, weil der zuerst übersandte Schiedsspruch mangels Unterschriften unwirksam gewesen sei.
Der weitere Verlauf des Ergänzungsverfahrens, insbesondere die Bestellung eines Sachverständigen zu der Frage, ob die Antragstellerin im Jahr 2000 anderwärtig gleichwertigen Versicherungsschutz habe erlangen können, zeige, dass das Schiedsgericht nicht zu einer ordnungsgemäßen Leitung des Verfahrens in der Lage sei, wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 24 - 29 des Schriftsatzes vom 12.6.2006, Bezug genommen.
Diese Befangenheit habe die Antragstellerin nicht mehr in dem Schiedsverfahren sondern nur noch im Aufhebungsverfahren geltend machen können.
Mit der am 27.10.2005 bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Antragsschrift beantragt die Antragstellerin, den in der Schiedssache der Beteiligten von den Schiedsrichtern Dr. F., K., Dr. W. erlassenen und auf den 9. Mai 2005 datierten Schiedsspruch aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Aufhebungsantrag zurückzuweisen.
Das Schiedsgericht habe sorgfältig und verfahrensfehlerfrei entschieden.
Im Aufhebungsverfahren sei nicht zu prüfen, ob die Entscheidung des Schiedsgerichts richtig sei. Die vom Schiedsgericht vorgenommene Vertragsauslegung könne und dürfe im Aufhebungsverfahren nicht erneut überprüft werden.
Ein Aufhebungsgrund nach § 1059 II ZPO liege nicht vor.
Keinesfalls liege ein Verstoß vor, der so schwer sei, dass der Grundsatz des ordre public die Aufhebung des Schiedsspruchs verlange.
Das Schiedsgericht habe den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt.
Das Vorbringen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 13.6.2005 sei verspätet gewesen und habe vom Schiedsgericht ohnehin nicht berücksichtigt werden dürfen.
In dem am 4.5.2005 bei dem Schiedsgericht eingegangenen Schriftsatz sei die Frage des Dissenses, auf die die hilfsweise Rückforderung des Versicherungsbeitrags gestützt sei, nicht erwähnt, dem bereicherungsrechtlichen Anspruch sei ein einziger Satz gewidmet. Die erstmaligen Ausführungen zum Dissens im Schriftsatz vom 13.6.2005 seien verspätet. Aber auch eine Berücksichtigung dieses Schriftsatzes hätte keine Auswirkungen auf das vom Schiedsgericht gefundene Ergebnis gehabt, ein Schiedsspruch sei bei einem Verstoß gegen die Anhörungspflicht aber nur aufzuheben, wenn die Entscheidung auf dem Verstoß beruhe. Hierzu trage die Antragstellerin nicht substantiiert vor. Dazu genüge nicht die bloße Möglichkeit, dass ohne die Gesetzesverletzung anders entschieden worden wäre.
Der Schriftsatz vom 13.6.2005 enthalte zudem kein neues Vorbringen, das hätte berücksichtigt werden können, er erschöpfe sich in Wiederholungen und Urteilsschelte.
Es sei daher auch nicht verfahrensfehlerhaft, dass das Schiedsgericht nicht über den Hilfsantrag der Antragstellerin entschieden habe.
Die dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch zugrunde liegende Rechtsansicht, dass ein Dissens vorgelegen habe, sei dem Schiedsgericht bekannt gewesen.
Das Schiedsgericht habe daher keine Veranlassung gehabt, infolge des Vortrages in dem Schriftsatz vom 13.6.2005 zu einem anderen als dem gefundenen Ergebnis zu kommen.
Zudem habe das Schiedsgericht das Vorbringen der Antragstellerin berücksichtigt, was aus dem Beschluss des Schiedsgerichts vom 29.7.2005 (gemeint ist 28.7.05) hervorgehe.
Im Regelfall sei zudem davon auszugehen, dass das Schiedsgericht den Vortrag der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen habe.
Dies sei auch tatsächlich geschehen. Das Schiedsgericht habe sich jedoch entschlossen, dass der Vortrag im Schriftsatz vom 13.6.2005 ein anderes als bereits gefundene Ergebnis nicht rechtfertige. Deswegen sei die Entscheidung auch nicht mehr geändert worden.
Das Schiedsgericht habe in den Entscheidungsgründen auch deswegen nicht auf die Hilfsanträge einzugehen brauchen, weil die Parteien hierüber bis dahin nicht gestritten hätten. Die am 18./23.5 2005 erklärte Anfechtung der Verträge sei nicht mehr zu berücksichtigen gewesen, da der Schiedsspruch seit dem 9.5.2005 als erlassen gelte und fehlende Unterschriften jederzeit entsprechend § 319 ZPO rückwirkend hätten nachgeholt werden können. Ein entsprechender Irrtum habe jedenfalls bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs vorgelegen. Die nachgeholten Unterschriften wirkten auf den Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs zurück. § 319 ZPO (Berichtigung des Urteils) sei im Schiedsverfahrensrecht anwendbar. Im Schiedsverfahren gälten keine strengeren formalen Anforderungen als im Verfahren vor staatlichen Gerichten.
Der Schiedsspruch könne auch schon deswegen nicht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin zu dem Hilfsantrag beruhen, weil hierüber erst noch ein ergänzender Schiedsspruch erlassen werde.
Über den Hilfsantrag habe das Schiedsgericht ohnehin erst nach Ablehnung des Hauptantrags entscheiden können. Das Schiedsgericht habe von der Möglichkeit des § 1058 Nr. 3 ZPO Gebrauch gemacht.
Aber auch ein Teilschiedsspruch sei möglich und zulässig gewesen.
Es habe nicht die Gefahr divergierender Entscheidungen bestanden, wenn die Entscheidung über den Hilfsantrag davon abhänge, dass zuvor der Hauptantrag rechtskräftig abgewiesen sei.
Das rechtliche Gehör der Antragstellerin sei auch nicht deswegen verletzt, weil die Entscheidung vor Ablauf der der Antragsgegnerin gesetzten Stellungnahmefrist ergangen sei.
Der Schiedsspruch müsse zudem nicht auf jedes Vorbringen explizit eingehen, wenn nicht auf jedes Argument eingegangen sei, rechtfertige das nicht den Vorwurf der Verletzung rechtlichen Gehörs. Das Schiedsgericht habe sich mit den Kernargumenten der Parteien auseinandergesetzt.
Nach Erlass des Schiedsspruchs könne eine Aufhebung nur auf besonders schwerwiegende und eindeutige Fälle von Befangenheit gestützt werden, ein solcher Fall liege nicht vor.
Die Antragstellerin handele außerdem treuwidrig, wenn sie sich nunmehr darauf berufe, dass der Schiedsspruch vom 9.5.2005 nicht von allen drei Schiedsrichtern unterzeichnet sei. Sie habe in einem Telefonat ihres Prozessbevollmächtigten Dr. D. vom 3.5.2005 mit dem Schiedsrichter Dr. W. auf den Erlass des Schiedsspruchs gedrängt. Dies erkläre, warum das Schiedsgericht nicht erst den von allen unterzeichneten Schiedsspruch übersandt habe. Das Einholen aller drei Unterschriften der Schiedsrichter, die sich in den USA, Düsseldorf und Lübeck aufgehalten hätten, hätte Zeit in Anspruch genommen.
Es sei dem Schiedsgericht aufgrund der unterschiedlichen Aufenthaltsorte der Schiedsrichter auch nicht möglich gewesen, in dem Zeitraum von ca. 4 Wochen zwischen der abschließenden Beratung und der Unterzeichung des Schiedsspruches erneut zu beraten und den Schiedsspruch zu ändern. Es könne nicht erwartet werden, dass das Schiedsgericht in diesem Zeitraum sein Urteil noch einmal überdenke.
Der Schiedsspruch sei auch deswegen nicht aufzuheben, weil die Eigenarten internationaler Schiedsstreitigkeiten eine flexiblere Handhabung der Verfahrensvorschriften erfordern.
Falls der Senat den Schiedsspruch aufhebe, sei die Sache jedenfalls an das bestehende Schiedsgericht zurückzuverweisen.
Hierzu führt die Antragsgegnerin aus, dass ein Fall nach § 1059 Abs. 4 ZPO vorliege.
Es sei darauf abzustellen, ob der Streit durch Fortsetzung des Verfahrens schneller oder effektiver erledigt werden könne. Eine Zurückverweisung komme daher in Betracht, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs auf einem behebbaren Verfahrensfehler beruhe.
Der hier behauptete Verfahrensfehler sei behebbar, denn das Schiedsgericht könne unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 13.6.2005 einen neuen Schiedsspruch fällen.
Angesichts des erheblichen Aufwandes in dem bislang durchgeführten Schiedsverfahren sei eine Zurückverweisung auch aus prozessökonomischen Gründen geboten.
Die Antragstellerin könne dem Zurückverweisungsantrag auch nicht wirksam widersprechen.
Hilfsweise beantragt die Antragsgegnerin daher,
die Sache an das Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Dr. F. (Vorsitzender), K. und Dr. W. zurückzuverweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Hilfsantrag zurückzuweisen.
Eine Zurückverweisung sei nur einschränkend möglich, nämlich nur in geeigneten Fällen.
Bereits der Widerspruch einer Partei hindere die Zurückverweisung an dasselbe Schiedsgericht. Denn ein solcher Widerspruch dokumentiere, dass eine Partei ihr Vertrauen in die Tätigkeit des Schiedsgerichtes verloren habe. Die Durchführung des Schiedsverfahrens setze aber das Vertrauen der Parteien voraus. Eine Zurückverweisung scheide aus, wenn gewichtige Gründe gegen die Vertrauenswürdigkeit des Schiedsgerichts sprächen.
Eine Zurückverweisung an das Schiedsgericht käme nur bei einem rein formalen Verstoß oder im Falle eines reparablen Verfahrensverstoßes in Betracht.
Das Schiedsgericht habe aber nicht etwa aus Unachtsamkeit den Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, es habe vorsätzlich wissentlich einen Zahlungsantrag in Millionenhöhe missachtet und die Antragstellerin in die Verfahren nach §§ 1058; 1059 ZPO getrieben.
Das Schiedsgericht sei nicht mehr in der Lage, unbefangen über den gesamten Verfahrensgegenstand zu entscheiden, sie habe den Vorsitzenden des Schiedsgerichts wegen Befangenheit abgelehnt. Eine erneute Entscheidung dieses Schiedsgerichts sei für die Antragstellerin inakzeptabel. Eine Verweisung an ein anders besetztes Schiedsgericht sei möglich, dieses wäre in der Lage mit weit weniger Zeugen und Sachverständigen auszukommen. Die Mehrkosten seien angesichts des hohen Streitwertes relativ niedrig und auch gerechtfertigt. Zudem beruhten sie auf einem Fehler des jetzigen Schiedsgerichts.
II.
1. Der Antrag, den Schiedsspruch aufzuheben, hat Erfolg.
a) Der Aufhebungsantrag ist zulässig.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zuständig zur Entscheidung über den Antrag, den Schiedsspruch aufzuheben, das Schiedsgericht hat seinen Sitz in Düsseldorf.
Der Aufhebungsantrag, der am 26.10.2005 eingegangen ist, hält die Drei-Monatsfrist des § 1059 Abs. 3 ZPO ein. Der von allen drei Schiedsrichtern unterzeichnete und auf den 9. Mai 2005 datierte Schiedsspruch ging der Antragstellerin bzw. ihren Bevollmächtigten nicht vor dem 29.7.2005 zu. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der Schiedsspruch durch diese Übersendung wirksam wurde. Hierauf ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des Antrags abzustellen.
Die Aufhebung des Schiedsspruchs ist nicht schon allein aufgrund des Umstandes ausgeschlossen, dass derzeit ein abschließender Schiedsspruch noch nicht vorliegt, vielmehr vor dem Schiedsgericht ein Ergänzungsverfahren nach § 1058 Abs. 3 ZPO läuft und es damit denkbar erscheint, dass das Schiedsgericht das, was aus Sicht der Antragstellerin zunächst verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt wurde, nunmehr berücksichtigen wird.
Denn die Antragstellerin hat ein rechtlich anerkennenswertes Interesse daran, einen sie belastenden, verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen Schiedsspruch auf seine Wirksamkeit prüfen zu lassen. Daran wäre sie bei einem langwierigen Ergänzungsverfahren auf unabsehbare Zeit gehindert. Daher schließt ein Ergänzungsverfahren nach § 1058 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Aufhebung des erlassenen Schiedsspruchs jedenfalls dann nicht grundsätzlich aus, wenn das Ergänzungsverfahren - wie hier - die in § 1058 Abs. 3 ZPO genannte Zwei-Monats-Frist deutlich überschreitet. Denn dann gibt es den sich aus den beiden Fristen ergebenden Spielraum für die Entscheidung, ob die Aufhebung eines Schiedsspruchs beantragt werden soll, nicht mehr.
b) Der Aufhebungsantrag ist begründet.
Der Schiedsspruch ist aufzuheben, weil die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO).
aa) Gegenstand des Aufhebungsantrags ist der am 28.7.2005 übersandte Schiedsspruch.
Die Prüfung der Frage, ob das von dem Schiedsgericht gewählte Verfahren dem ordre public und den Verfahrensvorschriften genügt, bezieht sich auf den Zeitraum bis zum 28.7.2005, dem Zeitpunkt, in dem den Parteien der von allen Schiedsrichtern unterzeichnete Schiedsspruch bekannt gegeben worden ist.
Der Aufhebungsantrag richtet sich gegen den am 28.7.2005 übersandten Schiedsspruch, der erst zu diesem Zeitpunkt als Erlassen gilt. Denn entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist am 9.5.2005 noch kein wirksamer Schiedsspruch erlassen worden.
Ein Schiedsspruch wird nach § 1054 ZPO noch nicht durch die Übersendung einer beglaubigten Abschrift wirksam, wie dies am 9.5.2005 geschehen ist, als der Schiedsrichter Dr. W. eine nur von ihm unterschriebene Ausfertigung des Schiedsspruchs übersandte.
Ein Schiedsspruch i.S.d. § 1054 Abs. 4 ZPO liegt nur dann vor, wenn die übersandte Ausfertigung die Unterschriften aller Schiedsrichter trägt (Zöller-Geimer, ZPO, 26. Aufl., §1054 ZPO, Rdz. 11).
Bis dahin ist das Schiedsgericht an den Inhalt eines geschriebenen Schiedsspruches nicht gebunden und kann ihn jederzeit ändern, das Schiedsverfahren ist noch nicht beendet. Das gilt auch dann, wenn der nicht vorschriftsmäßig unterschriebene Schiedsspruch bereits bekannt geworden ist. Eine Abänderung der Entscheidung des Schiedsgerichts ist möglich (so auch Zöller-Geimer, § 1054, Rdz. 7; Musielak-Voit,ZPO, § 1054 ZPO, Rdz. 10). Das ist für das alte Schiedsverfahrensrecht einheilig anerkannt (vgl. schon RGZ 77, 315, 316 und BGH, NJW-RR 1986, 61 zur alten Rechtslage, nach der ein Schiedsspruch nur wirksam und bindend war, nachdem er zusätzlich bei Gericht niedergelegt worden war). Das gilt aber auch für das derzeit geltende Schiedsverfahrensrecht. Danach hat ein Schiedsgericht die Möglichkeit, bis zur Bekanntgabe in der nach § 1054 ZPO vorgeschriebenen Form, die getroffene Entscheidung zu ändern, wobei lediglich unterschiedliche Meinungen zu der Frage vertreten werden, ob das nach Unterschriftsleistung durch die Schiedsrichter einen einstimmigen Beschluss des Schiedsgerichts voraussetzt (so Musielak-Voit, § 1054 ZPO, Rdz. 10), oder ob ein Mehrheitsbeschluss des Schiedsgerichts genügt (so Zöller-Geimer, § 1054 ZPO, Rdz. 7). Einigkeit besteht jedenfalls darin, dass der Schiedsspruch bis zur förmlichen Bekanntgabe nach außen hin noch nicht wirkt und das Schiedsgericht die Möglichkeit hat, die beabsichtigte und beratene Entscheidung zu ändern. Dem schließt der Senat sich an.
bb) Bei Erlass seines Schiedsspruchs hat das Schiedsgericht schwerwiegend gegen den ordre public in Form der Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen.
Eine schwerwiegende Verletzung von Verfahrensgrundsätzen, die zur Aufhebung eines Schiedsspruchs führen kann, ist dann anzunehmen, wenn die Entscheidung auf einem Verfahren beruht, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem Maß abweicht, dass es nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten und in rechtsstaatlicher Weise ergangenen Verfahren angesehen werden kann - verfahrensrechtlicher ordre public. Offensichtlich ist die Unvereinbarkeit, wenn sie eklatant, unzweifelhaft ist und sozusagen auf der Hand liegt. Eine "révision au fond" findet dabei nicht statt, d.h. die sachliche Unrichtigkeit des Schiedsspruchs ist kein Aufhebungsgrund (Zöller-Geimer, § 1059 Rn. 47 und 74); etwaige Fehlentscheidungen des Schiedsgerichts sind hinzunehmen (OLG München, Beschluss vom 24.9.2006, 34 Sch 12/06, OLGR München, 2006, 906).
Die Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG, § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO), eines elementaren Verfahrensgrundsrechts, gehört zum unverzichtbaren Standard eines rechtsstaatlichen Verfahrens und ist damit Teil des ordre public, der bei der Prüfung eines Schiedsspruchs auch von Amts wegen zu beachten ist (§ 1059 II Nr. 2b ZPO; BGH, NJW 1992, 2299; NJW-RR 1993, 444; BayObLG, NJW-RR 2000, 807,808.)
Die Verletzung des rechtlichen Gehörs führt, sofern der Schiedsspruch hierauf beruht, zu dessen Aufhebung.
Es ist anerkannt, dass Schiedsgerichte rechtliches Gehör in wesentlich gleichem Umfang wie staatliche Gerichte zu gewähren haben, wobei dieser Grundsatz sich nicht darin erschöpft, den Parteien ausreichend Gelegenheit zum Sachvortrag zu geben. Vielmehr muss das Schiedsgericht das jeweilige Vorbringen auch zur Kenntnis nehmen und es in Erwägung ziehen (BGH, NJW-RR 1993, 444). Allerdings ist das Schiedsgericht nicht gehalten, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Eine Verletzung des Gehörsanspruchs liegt nur dann vor, wenn sich aus der vorliegenden Begründung mit hinreichender Deutlichkeit der Schluss aufdrängt, dass das Schiedsgericht den Sachvortrag tatsächlich überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat (BGH, NJW 1992, 2299; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2005, 26 Sch 13/05, SchiedsVZ 2006, 220).
Eine Aufhebung des Schiedsspruchs setzt dann weitergehend voraus, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, die Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs sich demnach auf die Entscheidung des Schiedsgerichts ausgewirkt hat (OLGR Celle, 2004, 396), wofür es aber genügt, wenn die Versagung des rechtlichen Gehörs die unterlegene Partei benachteiligt haben kann (BGH, NJW 1952, 27), der Schiedsspruch muss nicht sicher auf diesem Verstoß beruhen (BGH, NJW 1959, 2213, 2214; NJW 1990, 2199, 2200, NJW-RR 1993, 444). Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
aaa) Das Schiedsgericht hat den Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 13.6.2005 weder zur Auslegung des Vertrages noch zur Beweiswürdigung noch zu dem hilfsweise gestellten Antrag, die Antragsgegnerin zur Rückzahlung der gezahlten Prämien zu verurteilen, bei seiner am 28.7.2005 übersandten Entscheidung berücksichtigt, sondern in dieser als verfahrensabschließend gedachten Entscheidung ignoriert.
Es hat im Rahmen der zu übersendenden Entscheidung dieses Vorbringen der Antragstellerin nicht berücksichtigt und damit den oben dargelegten Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Denn dem Schiedsgericht war spätestens durch den Schriftsatz der Antragstellerin vom 13.6.2005 bewusst geworden, dass über den Hilfsantrag noch zu entscheiden war. Wie das Schreiben des Vorsitzenden des Schiedsgerichts vom 13.7.2005 deutlich macht, ging auch das Schiedsgericht davon aus, dass dieser Vortrag der Antragstellerin noch berücksichtigt werden konnte, sonst hätte es keine Stellungnahmefrist bis zum 15.8.2005 einzuräumen brauchen. Zugleich ist das Schiedsgericht nämlich auch davon ausgegangen, dass noch gar kein wirksamer Schiedsspruch bestand, wie aus dem Beschluss vom 28.7.2005 hervorgeht und wie es auch der dargestellten materiellen Rechtslage entspricht. Selbst wenn es sich bei dem Inhalt des Schriftsatzes vom 13.6.2005 um bloße Wiederholungen und Vertiefungen bisherigen Vorbringens handeln sollte, so ist der Inhalt dieses Schriftsatzes gleichwohl vom Schiedsgericht zu berücksichtigen gewesen, weil das Schiedsgericht in dem Schiedsspruch Ausführungen zu dem Hilfsantrag der Antragstellerin hätte machen müssen, um das Verfahren einheitlich abschließen zu können. Es geht bei dem übergangenen Vortrag um einen wirtschaftlich bedeutsamen Antrag der Antragstellerin und nicht um einen Randaspekt, der erwogen worden sein mag, auf dessen Darstellung man aber hätte verzichten können. Weil entsprechende Ausführungen in dem Schiedsspruch völlig fehlen und er inhaltlich identisch mit dem zuerst übersandten Schiedsspruch ist, begründet schon dies den Vorwurf der Gehörsverletzung, unabhängig von der Frage, ob das Schiedsgericht sich bewusst dazu entschieden hat, auf diesen Gesichtspunkt nicht einzugehen. Es spielt daher keine Rolle, ob die Schiedsrichter den Schriftsatz vom 13.6.2005 noch in einer Beratung gewürdigt haben oder nicht. Beweis hierzu ist nicht zu erheben.
bbb) Hier steht fest, dass diese Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs sich auf die Entscheidung ausgewirkt hat.
Sie hat sich schon dadurch tatsächlich ausgewirkt, dass das Schiedsgericht über den hilfsweise gestellten Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin zur Rückzahlung der gezahlten Prämien zu verurteilen, nicht entschieden hat und Ende Juli 2005 mit der Übersendung des auf den 9.5.2005 datierten Schiedsspruchs das Schiedsverfahren förmlich beendete, ohne von sich aus das Verfahren hinsichtlich des übergangenen Hilfsantrags fortzuführen. Dies geschah vielmehr erst auf Initiative der Antragstellerin, die am 24.8.2005 einen Ergänzungsschiedsspruch nach § 1058 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt hat. Das Schiedsgericht hatte eine Entscheidung getroffen, die das Schiedsverfahren beenden sollte, ohne über alle Anträge der Antragstellerin zu entscheiden. Die Antragstellerin musste selbst erneut aktiv werden, um das Schiedsgericht zu einer nachträglichen Entscheidung über den Hilfsantrag zu bewegen.
Deutlicher kann kaum zu Tage treten, dass sich eine Verletzung rechtlichen Gehörs auf eine Entscheidung auswirkt.
Trotz des laufenden Ergänzungsverfahrens ist der Antragstellerin nicht zuzumuten, diesen Verstoß gegen das rechtliche Gehör hinzunehmen, denn dieser Verstoß wiegt schwer.
Das Schiedsgericht wäre nicht einmal berechtigt gewesen, über den Hauptantrag der Antragstellerin durch einen Teilschiedsspruch zu entscheiden - was es erkennbar nicht gewollt hat, weil der Schiedsspruch abschließend gemeint war - und den weiteren Vortrag der Antragstellerin hierbei nicht zu berücksichtigen. Ein Teilurteil ist nur zulässig, wenn die Entscheidung über den im Teilurteil vorweg entschiedenen Teil nicht davon abhängig ist, wie das Schlussurteil über den Rest des noch anhängigen Streitverfahrens entscheidet (ständige Rechtsprechung, BGH, NJW 1997, 1710; NJW 1999, 1035; NJW 2000, 3716, 3717; NJW 2004, 1452; NJW 2007, 156, 157). Es darf nicht die Gefahr bestehen, dass es in Teil- und Schlussurteil zu widersprüchlichen Entscheidungen kommt. Diese Grundsätze sind jedenfalls bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs hinzunehmen ist, auch im Schiedsverfahren zu berücksichtigen.
In dem hier zu überprüfenden Verfahren besteht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen zwischen dem eigentlichen Schiedsspruch, der sich nur mit einem Teil der geltend gemachten Ansprüche befasst, und dem noch zu erlassenden Ergänzungsschiedsspruch. Denn der nunmehr im Ergänzungsschiedsverfahren gebrachte Vortrag könnte lediglich für den Ergänzungsschiedsspruch berücksichtigt werden, kann aber auch für den von der Antragstellerin gestellten Hauptantrag bedeutsam sein.
Möglicherweise gewinnt das Schiedsgericht bei der Bewertung zwischenzeitlich erhobener Beweise Erkenntnisse, die die Entscheidung über den vertraglichen Anspruch in einem anderen Licht erscheinen lassen. So erscheinen widersprüchliche Entscheidungen möglich. Sollte z.B. zwischenzeitlicher Vortrag dazu führen, dass ein Dissens oder Irrtum der Antragstellerin bei Vertragsschluss nicht festgestellt werden kann, könnte das durchaus dazu führen, dass zwar kein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Rückzahlung von Versicherungsprämien besteht, dass die dieses Ergebnis tragenden Argumente aber für die Frage der Vertragsauslegung bedeutsam sein können, bei rechtskräftigem Schiedsspruch über diesen Teil der Schiedsklage jedoch nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Das Schiedsgericht trifft nämlich in den Entscheidungsgründen seines auf den 9.5.2005 datierten Schiedsspruches keine Feststeilungen dazu, ob auf Seiten der Antragstellerin ein Irrtum oder ein Dissens zwischen den Parteien vorlag.
Der Verstoß des Schiedsgerichts gegen den ordre public wiegt auch nicht etwa deswegen weniger schwer, weil die Antragstellerin in einem Telefonat ihres im Schiedsverfahren beauftragten Prozessbevollmächtigten auf eine Entscheidung des Schiedsgerichts gedrängt hat. Das Schiedsgericht durfte nicht annehmen, dass die Antragstellerin damit einverstanden war, dass über ihren Hilfsantrag im Interesse einer raschen Entscheidung nicht entschieden würde.
Darauf, ob auch weitere von der Antragstellerin aufgezeigte Gründe die Aufhebung des Schiedsspruchs erfordern, kommt es nicht mehr an.
2. Das Verfahren ist auf den Antrag der Antragsgegnerin nach § 1059 Abs. 4 ZPO an das bestehende Schiedsgericht zurückzuverweisen.
Es handelt sich um einen "geeigneten" Fall i.S. dieser Vorschrift.
Die Zurückverweisung eines Schiedsverfahrens an das ursprünglich mit dem Fall befasste Schiedsgericht kommt in Betracht, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs auf einem behebbaren Verfahrensfehler beruht (OLGR München, 2005, 727, 728). Dies entspricht dem Grundsatz des § 1059 Abs. 5 ZPO, wonach die Aufhebung des Schiedsspruchs im Zweifel zur Folge hat, dass bezüglich des Streitgegenstandes die Schiedsvereinbarung wieder auflebt, wobei § 1059 Abs. 5 ZPO vom hier nicht gegebenen Regelfall des verfahrensabschließenden Schiedsspruchs ausgeht.
Dafür, einen Fall als "nicht geeignet" i.S.d. § 1059 Abs. 4 ZPO anzusehen, genügt nicht schon, dass die Antragstellerin dem Antrag auf Zurückverweisung an das Schiedsgericht widerspricht. Übereinstimmung der Parteien zu diesem Punkt ist vom Gesetz nicht verlangt, denn § 1059 Abs. 4 ZPO lässt den Antrag e i n e r Partei genügen (so auch Zöller-Geimer, § 1059 ZPO, Rdz. 88; Münchener Kommentar-Münch, § 1059 ZPO, Rdz. 39).
Auch die Umstände der Gehörsverletzung rechtfertigen in der Gesamtschau nicht die Annahme, dass ein Festhalten an der personellen Besetzung des Schiedsgerichts für die Antragstellerin unzumutbar ist (a.A. für den Regelfall: Zöller-Geimer, § 1059 ZPO, Rdz. 89).
Denn eine Voreingenommenheit des Schiedsgerichts gegenüber der Antragstellerin ist bei objektiver Betrachtungsweise nicht erkennbar. Selbst wenn vor Ablauf von Stellungnahmefristen ein Entscheidungsentwurf angefertigt wird, lässt das nicht den Schluss zu, dass das Schiedsgericht sich weiterem Vortrag und weiteren Erkenntnissen, insbesondere aus zwischenzeitlich im Ergänzungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahmen verschließen werde. So entspricht es verbreiteter richterlicher Arbeitstechnik, einen Fall zu durchdenken und die Lösung und Entscheidung vorläufig als Entwurf zu formulieren, obwohl noch mit weiterem Vortrag und Erkenntnissen aus einer Beweisaufnahme gerechnet werden muss. Denn eine solche Arbeitsweise zwingt zu einer vertieften Bearbeitung des vorhandenen Streitstoffes. Das heißt aber nicht, dass spätere Erkenntnisse nicht zu einer Änderung der entworfenen Entscheidung führen könnten und dass die entscheidenden Richter ihrer entsprechenden Verantwortung nicht nachkämen.
Dafür genügt jedenfalls nicht ein einmal aufgetretener Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der bei Fortführung des Verfahrens geheilt werden kann.
Anhaltspunkte dafür, dass das Schiedsgericht erneut Vortrag der Parteien missachten werde, sind nicht erkennbar, der von beiden Parteien geschilderte Fortgang des Ergänzungsverfahrens, insbesondere die aufwändige weitere Beweisaufnahme, sprechen jedenfalls nunmehr für ein sorgfältiges Vorgehen des Schiedsgerichts. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Schiedsgericht das weitere Verfahren unsachlich und voreingenommen zu Lasten der Antragstellerin betreiben werde, gibt es aus objektiver Sicht einer besonnenen Partei nicht.
Der Senat hält daher die Zurückverweisung der Sache an das bestehende Schiedsgericht für das am besten geeignete Mittel, um die Folgen des Verstoßes gegen den Gehörsgrundsatz zu beseitigen.
Denn hier kommt der bislang vom Schiedsgericht betriebene Aufwand und die in dem langwierigen Verfahren erworbene Fallkenntnis des Schiedsgerichts hinzu. Zudem hat die Antragstellerin, wie sie im Termin vor dem Senat am 14.8.2007 erklärt hat, ihr Befangenheitsgesuch nicht weiter verfolgt. Damit gibt sie zu erkennen, dass auch ihr ein Festhalten an dem Schiedsgericht letztlich nicht unzumutbar erscheint. Es mag sein, dass das Vertrauen der Antragstellerin in die Verfahrensweise des Schiedsgerichts beeinträchtigt ist und sie subjektiv befürchtet, dass das Schiedsgericht ihr gegenüber nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Da aber eine Befangenheit des Schiedsgerichts nicht hinreichend dargelegt ist, steht sich die Antragstellerin insoweit aber nicht schlechter als etwa eine Partei, die in einem gerichtlichen Verfahren einen Richter, von dem sie fürchtet, er sei befangen, erfolglos abgelehnt hat. Eine solche Partei muss die weitere Tätigkeit des von ihr abgelehnten Richters hinnehmen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Das Obsiegen der Antragsgegnerin mit dem Hilfsantrag führt nicht zu einer Aufteilung der Kosten. Der entscheidende Streit der Parteien betrifft die Frage, ob der Schiedsspruch aufzuheben ist, die Frage der Zurückverweisung ist demgegenüber lediglich eine Folgeentscheidung, die den Streitwert nicht erhöht.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-26 Sch 05/03 19.01.2005 Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - IHK Rumänien Aufhebungs-/Versagungsgründe: - materiell-rechtliche Einwände gegen Vollstreckung, Aufrechnung; Gründe einer Vollstreck
B E S C H L U S S
Der Antrag der Antragstellerin, das Urteil Nr. 46 des Internationalen Handelsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer Rumäniens vom 29.03.2000 - Dossier Nr. 265/1998 - hinsichtlich Haupt- und Nebenforderungen für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wird zurückgewiesen.
Es wird festgestellt, das der Schiedsspruch des Internationalen Handelsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer Rumäniens, Urteil Nr. 46 vom 29.03.2000 - Dossier Nr. 265/1998 - im Inland nicht anerkannt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt dieAntragstellerin.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 100.000 EUR.
G r ü n d e:
I.
Die Antragstellerin erwirkte gegen die Handelsgesellschaft ... einen Schiedsspruch bei dem Internationalen Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer Rumäniens in Bukarest. Mit dem Schiedsurteil Nr. 46 vom 29.03.2000 (Dossier Nr. 265/1998) ist die Schiedsbeklagte zur Zahlung von 37.408,62 US $ verurteilt worden.
Die Schiedsbeklagte wurde nach Erlass des Schiedsspruchs in die Antragsgegnerin umgewandelt.
Die Antragstellerin b e a n t r a g t,
das Urteil Nr. 46 des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer Rumäniens vom 29.03.2000 - Dossier Nr. 265/1998 - hinsichtlich Haupt- und Nebenforderungen für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin b e a n t r a g t,
den Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung abzulehnen und festzustellen, dass der Schiedsspruch des Internationalen Handelsgerichts bei der Industrie - und Handelskammer Rumäniens Urteil Nr. 46 vom 29.03.2000 - Dossier Nr. 265/1998 - im Inland nicht anzuerkennen.
Sie bestreitet nicht, dass der im Streit befindliche Schiedsspruch zu Recht ergangen sei. Sie rechnet gegenüber der streitgegenständlichen Forderung jedoch mit einer Forderung in Höhe von 108.000 US $ auf, zu deren Zahlung die Antragstellerin mit Urteil des Obersten Rumänischen Gerichtshofes - Senat für Handelsrecht - Entscheidung Nr. 6126/2000-vom 07.12.2000 verurteilt worden sei. Beteiligte jenes Verfahrens seien die ... (ehemalige ...), ... und ... gewesen. Diese hätten den ihnen gegen die Antragstellerin zustehenden Anspruch auf Erstattung der Gerichtsgebühren zunächst an die ... einer ihrer, der Antragsgegnerin, Tochtergesellschaften, abgetreten, da die Antragstellerin den streitgegenständlichen Anspruch zunächst gegenüber dieser Tochtergesellschaft geltend gemacht habe. Nachforschungen hätten dann aber ergeben, dass der Anspruch gegenüber der jetzigen Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin der Schiedsbeklagten bestehe. Da die ursprünglich erklärte Aufrechung ins Leere gegangen sei, habe die ... den Anspruch an die Antragsgegnerin rückabgetreten.
Die Antragstellerin hält eine Aufrechung im Rahmen des Verfahrens nach § 1061 ZPO nicht für zulässig. Im Übrigen bestreitet sie die Abtretungen der Forderung ebenso wie die zur Aufrechnung gestellte Forderung selbst, weil nach dem Urteil des rumänischen Gerichts nicht ersichtlich sei, ob den an dem Verfahren beteiligten drei Firmen die Forderung als Gesamtgläubiger oder als Gläubiger in Bruchteilsgemeinschaft zustehe. Dies bemesse sich nach rumänischem Recht. Sie macht darüber hinaus geltend: Zwischen ihr und der ... sei ein Prozess bei dem Obersten Gerichtshof in Rumänien anhängig, bei dem sie auf Zahlung von 40 Mio US $ klage. Mit diesem Anspruch erkläre sie weiterhin die Aufrechnung. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 07.12.2000 sei nicht rechtskräftig, weil sei diese mit der Kontestation angegriffen habe. Die Forderung, mit der die Antragsgegnerin aufrechne, sei daher weder unstreitig noch rechtskräftig festgestellt. Die Antragsgegnerin habe nicht vorgetragen, dass die Aufrechnung auch nach rumänischen Recht möglich sei. Schließlich habe die zur Aufrechung gestellte Forderung nicht 108.000 $, sondern 2 Mio Lei betragen. Aufgrund des Währungsgefälles sei die Forderung nur noch 70.000 $ wert.
Der Senat hat zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Aufrechnung nach rumänischem Recht zulässig ist, ein Gutachten des Sachverständigen Dr. ... eingeholt. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Ausführungen wird auf BI. 239 ff GA verwiesen.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat mit Schreiben vom 03.01.2005 das Mandat niedergelegt.
II.
Der Antrag der Antragstellerin ist, nachdem ihr Verfahrenbevollmächtigter nach Anordnung der mündlichen Verhandlung das Mandat niedergelegt hat, gemäß § 1063 Abs. 4 ZPO unzulässig.
Er ist darüber hinaus auch unbegründet. Die Antragsgegnerin kann sich gegenüber der streitgegenständlichen Forderung mit Erfolg auf eine Aufrechnung berufen.
1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus § 1062 Abs.2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 4 ZPO, da die Antragsgegnerin ihren Sitz in ... hat.
2. Der Schiedsspruch des Internationalen Handelsgerichts bei der Industrie - und Handelskammer Rumäniens vom 29.03.2000 erfüllt die Voraussetzungen des § 1061 Abs. 1 ZPO.
Nach § 1061 Abs. 1 ZPO richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, im Folgenden UNÜ, (BGBI. 1961 II S. 121). Voraussetzung für die Vollstreckbarkeitserklärung ist zunächst, dass ein ausländischer Schiedsspruch vorliegt, der nach dem für ihn maßgeblichen Recht verbindlich geworden ist (Art. V (1) e UNÜ). Die Frage, ob ein Schiedsspruch vorliegt, beurteilt sich nach deutschem Recht (Zöller-Geimer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 1061 Rn. 4). Danach handelt es sich bei einem Schiedsspruch gemäß §§ 1054, 1055 ZPO um die endgültige Entscheidung über den Streitgegenstand im Ganzen oder einen abgrenzbaren Teil durch ein nichtstaatliches Gericht. Dieser Schiedsspruch muss nach § 1054 ZPO schriftlich abgefasst, datiert, durch die Schiedsrichter unterzeichnet und den Parteien übersandt worden sein.
Diesen Anforderungen wird der streitgegenständliche Schiedsspruch gerecht. Der Schiedsspruch verhält sich über die Lieferung verschiedener Mengen warmgewalzten Blechs durch die Schiedsklägerin. Die Parteien haben in den Verträgen eine Schiedsklausel vereinbart, wonach Unstimmigkeiten bei der Vertragsdurchführung durch die Schiedskommission der Industrie- und Handelskammer Bukarest entschieden werden sollten (S. 3 Schiedsspruch). Auf der Grundlage streitigen Vorbringens hat das Schiedsgericht entschieden, dass der von der Schiedsklägerin geltend gemachte Anspruch begründet sei. Der Schiedsspruch ist von allen Schiedsrichtern unterzeichnet und den Beteiligten zugestellt worden.
Anerkennungsversagungsgründe nach Art. V Abs. 2 UNÜ liegen nicht vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür und hier besteht auch Einigkeit zwischen den Parteien, dass der Schiedsspruch, der einen kaufvertraglichen Anspruch betrifft, nach rumänischem Recht nicht hätte im schiedsrichterlichen Wege geregelt werden dürfen oder aber die Anerkennung des Schiedsspruchs der öffentlichen Ordnung Rumäniens widersprechen würde.
Die Antragsgegnerin hat sich nicht auf Anerkennungsversagungsgründe berufen. Über die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs besteht zwischen den Parteien Einigkeit.
Gegen die im Schiedsurteil Nr. 46 vom 19.03.2000 titulierte Forderung hat die Antragsgegnerin wirksam mit einer Gegenforderung im Anerkennungsverfahren i.H.v. 108.000 US $, die ihr nach dem Urteil des Obersten Rumänischen Gerichtshofes - Senat für Handelrecht - Entscheidung Nr. 6126/2000 vom 07.12.2000 zugesprochen worden sind, aufgerechnet.
Die Antragsgegnerin kann sich im vorliegenden Verfahren auf die Einwendungen gegen den dem Schiedsspruch zu Grunde liegenden materiellen Anspruch berufen, da über die von ihr zur Aufrechnung gestellte Forderung rechtskräftig entschieden worden ist. Einer Erklärung der Vollstreckbarkeit bedarf es auch nach rumänischen Recht nicht. Soweit sich die Forderungen aufrechenbar gegenüberstehen, ist die titulierte Forderung der Antragstellerin erloschen.
Zu der Frage, ob die Aufrechnung mit einer Gegenforderung im Anerkennungsverfahren möglich ist, werden im Wesentlichen zwei Ansichten vertreten. Das BayObLG sieht nach dem Inkrafttreten des neuen Schiedsverfahrensrechts keinen Raum für eine Aufrechnung mit einer bestrittenen Forderung gegen den im Schiedsspruch titulierten Anspruch im Antragsverfahren auf Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs. Nach Ansicht des dortigen Senats gehe dies mit einer nicht hinnehmbaren Verkürzung des Rechtswegs einher. Die Oberlandesgerichte bzw. das BayObLG entschieden im Verfahren nach § 1062 ff ZPO durch Beschluss, gegen den kein zu einer weiteren Tatsacheninstanz führendes Rechtsmittel, sondern nur noch die unter eingeschränkten Voraussetzungen statthafte revisionsrechtlich ausgestaltete Rechtsbeschwerde zum BGH gegeben sei. Die Entscheidung sei einer weiteren tatrichterlichen Entscheidung nicht zugänglich und würde gegenüber der Klage aus § 767 ZPO den Verlust einer Tatsacheninstanz nach sich ziehen. Außerdem sei Ziel und Zweck der Reform des Schiedsverfahrensrechts die grundlegende Vereinfachung und Straffung der gerichtlichen Verfahren sowohl im Interesse der zügigen Beendigung des Schiedsverfahrens als auch zur Entlastung der staatlichen Gerichte. Dieser gesetzgeberische Ansatz werde unterlaufen, wenn materiellrechtliche Einwendungen im Vollstreckungsverfahren zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes für den Schiedsbeklagten und zu einer systemwidrigen Ausweitung des neuen Beschlussverfahrens führen würde. Daher blieben bestrittene materiellrechtliche Einwendungen gegen den Anspruch selbst der Vollstreckungsabwehrklage vorbehalten (BayObLG, NJW-RR 2001, 1363, 1364).
Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Hamm genau die gegenteilige Auffassung vertreten. Bei Schiedssprüchen werde der Vollstreckungstitel nunmehr durch das Oberlandesgericht geschaffen. Der Urteilsspruch, der den Vollstreckungstitel für vollstreckbar erkläre bilde den Vollstreckungstitel. Die Vollstreckungsabwehrklage sei daher in diesen Fällen ebenfalls an das Oberlandesgericht zu richten, mit der Folge, dass den Parteien keine Tatsacheninstanz verloren gehe. Eine Verkürzung des Rechtsschutzes könne allenfalls noch in der im Verfahren nach § 1062 ff ZPO fakultativen mündlichen Verhandlung gesehen werden. Das dem Gericht im Rahmen des § 1063 Abs. 1 ZPO zustehende Ermessen sei jedoch in den Fällen, in denen der Antragsgegner materielle Einwendung eingebracht habe, dahingehend auszuüben, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Schließlich zeige die Entstehungsgeschichte, dass der Gesetzgeber sich im Hinblick auf die Interessen der Parteien an einer beschleunigten Abwicklung des Verfahrens bewusst für eine Kürzung des Instanzenzuges ausgesprochen habe (OLG Hamm, NJW-RR 2001, 1362, 1363).
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 02.11.2000 (ZZP 2001, 351 ff) zu dem vergleichbaren Einwand aus § 826 BGB erkennen lassen, dass er nicht alle materiellrechtlichen Einwände im Interesse der Beschleunigung der Vollstreckbarkeitsverfahren ausschließen möchte. Aus prozessökonomischer Sicht sei es weder sinnvoll, den Gegner zu einer weiteren Klage zu zwingen noch die Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs anzuordnen, aus dem der Antragsteller materiellrechtlich nicht vollstrecken könne (vgl. Anmerkungen von Voit, ZZP 2001, 355, 359).
Abgesehen davon, dass die Argumentation des BayObLG hinsichtlich der Verkürzung des Rechtsschutzes nach Inkrafttreten der Zivilprozessreform nicht mehr überzeugt, bedarf die Rechtsfrage keiner abschließenden Klärung, da hier ein Fall vorliegt, bei dem die Einwendungen selbst nach der Rechtsprechung des BayObLG zu berücksichtigen sind.
Der Hinweis auf das Fehlen einer zweiten Tatsacheninstanz, ließe man materiellrechtliche Einwendungen auch im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung zu, entbehrt nach Inkrafttreten der ZPO-Reform an Überzeugungskraft. Zwar hat sich die ursprünglich im Gesetzgebungsverfahren vorgesehen strikte Bindung der Berufungsinstanz an die tatsächlichen Feststellungen der ersten Instanz nicht durchgesetzt, übrig geblieben ist allerdings eine deutliche Verschärfung der Präklusionsvorschriften, sodass sich bei strikter Anwendung die Berufungsinstanz in deutlich stärkerem Maße der revisionsrechtlichen Kontrolle nähert als vor der Reform.
Letztlich ist aber auch die Entscheidung des BayObLG nicht so zu verstehen, dass der Aufrechnungseinwand gegenüber Schiedssprüchen insgesamt ausgeschlossen werden soll. Das Gericht hatte einen Sachverhalt zu beurteilen, bei dem die zur Aufrechnung gestellte Forderung streitig war. In diesem Zusammenhang gäbe es insbesondere bei Auslandsbezug eine Vielzahl von Problemen zu klären, z.B. die Frage der internationalen Zuständig des erkennenden Gerichts zur Entscheidung über eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung des Beklagten, zu der sich der BGH in seiner Entscheidung vom 12.05.1993 (NJW 1993, 2753, 2755) geäußert hat. Weder das öffentliche Interesse an einem effizienten Einsatz knapper Ressourcen noch Parteiinteressen an einem voll ausgeschöpften Instanzenzug stehen allerdings der Berücksichtigung des Aufrechnungseinwandes entgegen, wenn die Gegenforderung unstreitig - oder wie hier - rechtskräftig festgestellt ist. In diesen Fällen fehlt es an einer "Entscheidung" des Vollstreckungsgerichts über die zur Aufrechnung gestellte Forderung (Wagner, JZ 2000, 1171, 1173).
Unter diesem Gesichtspunkt ist der Aufrechungseinwand der Antragsgegnerin zu berücksichtigen. In dem vorliegenden Verfahren stellt sich für den Senat nicht die Frage, ob die zur Aufrechnung gestellte Forderung überhaupt besteht. Hierzu verhält sich die rechtskräftige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Rumäniens, Senat für Handelsrecht vom 07.12.2000 (Bl. 15 f). Die Ausführungen der Antragstellerin, das Urteil sei nicht rechtskräftig, ist widersprüchlich und daher unbeachtlich. In ihrem Schreiben an den Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes vom 17.06.2003 (Bl. 184 ff) geht die Antragstellerin selbst davon aus, dass das Urteil unwiderruflich ist, hieran ändert der von ihr eingelegt außerordentliche Rechtsbehelf der Annullierung nichts.
Die Aufrechnung mit der in dem Urteil vom 29.03.2000 rechtskräftig titulierten Forderung war nach rumänischen Privatrecht ohne weitere Voraussetzungen möglich. Die Frage ist im Anschluss an eine Entscheidung des BGH vom 25.11.1993 (NJW 1994, 1413 ff) nach rumänischen Recht zu beantworten, da sich die Wirksamkeit der Aufrechnung nach dem Schuldstatut der Forderung richtet, gegen die aufgerechnet wird. Das vom Senat zum rumänischen Privatrecht eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. ... kommt nach eingehender Würdigung der Gesetzeslage und weitreichender Auswertung der Rechtsprechung zu dem schlüssigen Ergebnis, dass entgegen der Auffassung der Antragstellerin die Aufrechnung mit einer rechtkräftig festgestellten Forderung ohne weiteres möglich ist. Es bedarf gerade nicht der Erklärung der Vollstreckbarkeit.
Die Forderung ist wirksam an die Antragsgegnerin abgetreten worden. Der Sachverständige hat auch hierzu nachvollziehbar ausgeführt, dass sich die rumänische Regelung nicht von derjenigen des § 398 BGB unterscheidet. Die Antragsgegnerin hat im Verlauf des Verfahrens die Abtretungen durch die Vorlage entsprechender Abtretungserklärungen belegt. Nach dem vorstehenden Urteil stand die zur Aufrechnung gestellte Forderung ursprünglich drei Gesellschaften zu, der …, der … und der …. Zum Nachweis der Abtretung der Forderung an die … hat die Antragsgegnerin die Abtretungserklärung vom 11.03.2001 vorgelegt und die Vertretungsbefugnisse der für die handelnden Firmen zeichnenden Personen durch Handelsregisterauszüge nachgewiesen. Die Abtretung der Forderung an die Antragsgegnerin erfolgte am 12.11.2001 und auch hier sind die Vertretungsbefugnisse durch Handelsregisterauszüge nachgewiesen.
Soweit die Antragstellerin ihrerseits nun wiederum mit einer Forderung gegen die … aufrechnet, die sie in einem bei dem Obersten Gerichtshof in Rumänien anhängigen Prozess einklagt, ist dieses Vorbringen unsubstanziiert und daher unbeachtlich. Die Antragstellerin hat weder dargetan, um welche Forderung es sich handelt, vor allem aber hat sie nicht vorgetragen, dass diese Forderung rechtskräftig festgestellt oder unstreitig ist. Der Oberste Gerichtshof für Handelssachen in Rumänien hat jedoch in der von dem Sachverständigen in seinem Gutachten zitierten Entscheidung vom 15.04.1997 (Urteil Nr. 1102) in diesem Fall die Voraussetzungen für eine Aufrechnung verneint, weil eine nur anhängige gemachte Forderung der in Art. 1145 rumZGB gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmtheit entbehre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 1064 Abs. 2 ZPO
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-26 Sch 01/04 27.02.2004 Schiedsvereinbarung: - Inhalt, Bestimmtheit/Umfang; - Erstreckung auf Dritte, Rechtsnachfolger Schiedsrichterliches Verfahren: - Entscheidungsbefugnis Sonstige Gerichtsverfahren: - Verfahrensgegenstand, Feststellung Unzulässigkeit des Schiedsverfahre
B E S C H L U S S:
Der Antrag auf Feststellung, wonach das durch den Schiedsantrag des Antragsgegners vom 19.12.2003 eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren unzulässig sei, wird auf Kosten des Antragstellers nach einem Gegenstandswert in Höhe von 12.782 € zurückgewiesen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

G R Ü N D E:
I. Die Parteien waren bis zum Jahre 2002 die beiden Kommanditisten .... Mit Wirkung zum 20.08.2002 übertrug der Antragsgegner seine Kommanditeinlage im Nennwert von 12.782,30 € im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf den Antragsteller.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, die Übertragung des Kommanditanteils sei rechtsgrundlos erfolgt und begehrt von dem Antragsteller Rückübertragung. Zu diesem Zweck hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 19.12.2003 seiner Verfahrensbevollmächtigten unter Berufung auf § 25 des Gesellschaftsvertrages sowie den Schiedsvertrag vom 26.02.1999 ein Schiedsgerichtsverfahren eingeleitet.
§ 25 des Gesellschaftsvertrages lautet wie folgt:
§ 25 Schiedsgericht
(1) Über alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern untereinander oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, welche diesen Vertrag, das Gesellschaftsverhältnis, die Gesellschaft oder die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern betreffen, entscheidet, soweit dem nicht zwingendes Recht entgegensteht, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges ein Schiedsgericht. Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit, Durchführung und Beendigung dieses Vertrages, einzelne seiner Bestimmungen oder etwaiger Nachträge.
(2) Streitigkeiten über die Rechtsnachfolge in einen Gesellschaftsanteil oder Teil eines Gesellschaftsanteils oder über das Ausscheiden von Gesellschaftern aus der Gesellschaft sowie über etwaige Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit von schiedsgutachterlichen Entscheidungen sind ebenfalls vor dem Schiedsgericht auszutragen. Das Schiedsgericht ist gleichfalls zuständig für Gestaltungsklagen aus dem Gesellschaftsverhältnis sowie zur Feststellung der Änderung oder Ergänzung des Wortlautes gemäß dieses Vertrages. Schließlich werden auch Streitigkeiten über die Wirksamkeit und Auslegung des Schiedsvertrages sowie etwaiger Nachträge durch das Schiedsgericht entschieden.
(3) Zuständigkeit, Zusammensetzung und Verfahren des Schiedsgerichtes bestimmen sich im Einzelnen nach dem zwischen den Gesellschaftern untereinander und mit der Gesellschaft gesondert abgeschlossenen Schiedsvertrag.
(4) Rechtsnachfolger eines Gesellschafters, insbesondere Gesamtrechtsnachfolger und Sonderrechtsnachfolger eines Gesellschafters in einen Gesellschaftsanteil oder in einen Teil eines Gesellschaftsanteils, Erben und Abfindungsberechtigte sowie jede Person, die ihren Eintritt in die Gesellschaft erklärt, sind dem Schiedsgericht, entsprechend der im Schiedsvertrag getroffenen Vereinbarung, unterworfen. Soweit sie Gesellschafter geworden sind oder sich darauf berufen, sind sie verpflichtet, dem Schiedsvertrag durch Unterzeichnung der Urkunde auch förmlich unverzüglich beizutreten.
Auf der Grundlage des § 25 des Gesellschaftsvertrages ... schlossen die Parteien sowie die Komplementärin, ..., am 26.02.1999 einen Schiedsvertrag, der zu der sachlichen Zuständigkeit folgende Regelung trifft:
§1
Zuständigkeit des Schiedsgerichts
(1) Über alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern untereinander oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, welche diesen Vertrag, das Gesellschaftsverhältnis, die Gesellschaft oder die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern betreffen, entscheidet, soweit dem nicht zwingendes Recht entgegensteht, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges ein Schiedsgericht.
(2) Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit, Durchführung und Beendigung dieses Vertrages, einzelner seiner Bestimmungen oder etwaiger Nachträge.
(3) Streitigkeiten über die Rechtsnachfolge in einen Gesellschaftsanteil oder Teil eines Gesellschaftsanteils oder über das Ausscheiden von Gesellschaftern aus der Gesellschaft sowie über etwaige Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit von schiedsgutachterlichen Entscheidungen sind ebenfalls vor dem Schiedsgericht auszutragen. Das Schiedsgericht ist gleichfalls zuständig für Gestaltungsklagen aus dem Gesellschaftsverhältnis sowie zur Feststellung der Änderung oder Ergänzung des Wortlautes gemäß § 23 des Gesellschaftsvertrages. Schließlich werden auch Streitigkeilen über die Wirksamkeit und Auslegung des Schiedsvertrages sowie etwaiger Nachträge durch das Schiedsgericht entschieden.
Der Antragsteller ist der Ansicht, der Streit über die mögliche Verpflichtung des Antragstellers zur Rückübertragung des Kommanditanteils an den Antragsgegner falle nicht in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Weder die unter § 25 des Gesellschaftsvertrags vereinbarte Schiedsgerichtsklausel noch der auf dieser Grundlage am 26.02.1999 abgeschlossene Schiedsvertrag erfassten diese Streitigkeit, da der Antragsgegner aus dem Kreis der Gesellschafter ausgeschieden sei.
Der Antragsteller b e a n t r a g t,
festzustellen, dass das durch Schiedsantrag des Antragsgegners vom 19.12.2003 eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist.
Der Antragsgegner b e a n t r a g t,
den Antrag zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens folge bereits aus den Regelungen unter § 25 Abs. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags sowie § 1 Abs. 1 des Schiedsvertrags vom 26.02.1999. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Schiedsgerichtsklausel sei lediglich, dass die Rechtsstreitigkeit dem Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander entstamme. Jedenfalls ergebe sich die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens aus der unter § 25 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags getroffenen Regelung, die sich gleichlautend in § 1 Abs. 3 Satz 1 des Schiedsvertrages wiederfinde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze mit Anlagen Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Feststellung, wonach das von dem Antragsgegner mit Schreiben vom 19.12.2003 seiner Verfahrensbevollmächtigten eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren unzulässig sei, ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig.
Der Antrag ist indessen unbegründet. Ein Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Feststellung besteht nicht. Das Schiedsgerichtsverfahren ist zulässig. Der Antragsgegner beruft sich zu Recht auf die unter § 25 des Gesellschaftsvertrages sowie unter § 1 des Schiedsvertrags vom 26.02.1999 getroffene Schiedsgerichtsvereinbarung. Der zwischen den Parteien bestehende Streit ist von dem in diesen Regelungen vorgesehenen Schiedsgericht zu entscheiden.
1. Die Reichweite eines Schiedsvertrags richtet sich nach dem Willen der Parteien, die darüber zu bestimmen haben, welche Streitigkeit sie der Entscheidung des Schiedsgerichts unterwerfen wollen. Eine Abrede, die Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten aus einem Vertrag allgemein einem Schiedsgericht zuweist, ist dabei grundsätzlich weit auszulegen (BGH NZG 2002, 83, 84; BGHZ 40, 320, 325; BGHZ 53, 315, 319; Zöller-Geimer, ZPO. § 1029, Rdnr. 65 b).
2. Die nach dieser Vorgabe unter objektiver und redlicher Betrachtung vorgenommene Auslegung der unter § 25 des Gesellschaftsvertrages und § 1 des Schiedsvertrags getroffenen Schiedsgerichtsabrede ergibt, dass sie auch den zwischen den Parteien bestehenden Streit über die Rechtsbeständigkeit der Übertragung des Kommanditanteils des Antragsgegners auf den Antragsteller erfasst.
a) § 25 Abs. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags und gleichlautend § 1 Abs. 1 des Schiedsgerichtsvertrags sehen nach ihrem Wortlaut vor, dass über alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern untereinander, welche diesen Vertrag, das Gesellschaftsverhältnis, die Gesellschaft oder die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern betreffen, ein Schiedsgericht entscheidet, soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht.
Nach ihrem reinen Wortlaut lässt sich die Regelung zwar auch so verstehen, dass mit der Bezeichnung der Gesellschafter ausschließlich die aktuellen Gesellschafter gemeint sein könnten. Dagegen spricht aber die Formulierung, wonach alle Streitigkeiten, die zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern entstehen können, der Entscheidung des Schiedsgerichts unterfallen sollen. In dieser Formulierung der Schiedsvereinbarung kommt der Wille der Gesellschafter zum Ausdruck, die Vorteile des Schiedsverfahrens, nämlich die kürzere Verfahrensdauer und die Unanfechtbarkeit der Entscheidung, also eine rasche Beilegung der Streitigkeit, für alle erdenklichen Rechtsstreitigkeiten, die ihren Ursprung in dem Gesellschaftsverhältnis haben, für sich nutzbar zu machen, Bei sinngemäßer Auslegung wollten die Gesellschafter weitgefasst alle Streitigkeiten, die ihren Ursprung in dem Gesellschaftsverhältnis haben, der Entscheidung des Schiedsgerichts unterwerfen. Dies spricht bei objektiver und redlicher Auslegung des Schiedsvertrags dafür, dass dazu auch die Streitigkeiten gehören, die über die Wirksamkeit der Übertragung eines Gesellschaftsanteils entstehen, selbst wenn eine der Parteien nicht (mehr) Gesellschafter der KG ist.
Für eine umfassende Zuständigkeit des Schiedsgerichts spricht weiter die unter § 25 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags getroffene Vereinbarung, wonach das Schiedsgericht auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit, Durchführung und Beendigung des Gesellschaftsvertrages gelten soll. Auch bei einem Streit nach erfolgter Kündigung und Liquidation der Gesellschaft könnte sich die Frage stellen, ob noch Gesellschafter im formalen Sinn des Schiedsvertrags betroffen sind. Diese Frage haben die Gesellschafter durch die umfassende Einbeziehung von Streitigkeiten für die Beendigung der Gesellschaft dahin entschieden, dass auch in diesem Fall das Schiedsgericht zu entscheiden hat. Dann liegt die Auslegung nahe, dass die Schiedsvertragsparteien auch einen möglichen Streit über die Wirksamkeit einer Anteilsübertragung und damit über die Frage, ob ein ausgeschiedener Gesellschafter nicht tatsächlich doch noch Gesellschafter ist, dem Schiedsgericht zur Entscheidung zuweisen wollten.
Der Bundesgerichtshof hat in dem Beschluss vom 01.08.2002 - IIl ZB 66/01 -(NJW-RR 2002, 1462) ausgeführt, im Zweifel dürfte der Wille der vertragsschließenden Gesellschafter dahin gehen, sämtliche Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis, auch solche mit ausgeschiedenen Gesellschaftern, intern, nämlich im Wege des Schiedsverfahrens zu erledigen. Der Schiedsvertrag habe auch für frühere Gesellschafter Geltung, sofern es sich um eine aus dem Gesellschaftsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit handele.
Der Antragsgegner hat dazu ausgeführt, dass es in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall um (Wettbewerbs-) Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis ging, während die Parteien des vorliegenden Verfahrens um die Rechtsbeständigkeit der Gesellschafternachfolge streiten. Der entscheidende Gesichtspunkt in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ist aber, dass die Wirkungen des Schiedsvertrags nicht zwangsläufig mit der Gesellschafterstellung enden, sondern der Wille der Parteien im Zweifel dahin geht, sämtliche Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis im Wege des Schiedsverfahrens zu erledigen. Dies muss auch für den vorliegenden Fall gelten. Den Schiedsvertragsparteien war ersichtlich daran gelegen, sämtliche Streitigkeiten, die ihren Ursprung in dem Verhältnis der Gesellschafter haben, und welche den innergesellschaftlichen Rechtsfrieden stören, umgehend durch Schiedsspruch zu erledigen. Dazu gehören auch solche Streitigkeiten zwischen einem ausgeschiedenen Gesellschafter und seinem Rechtsnachfolger.
b) Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ergibt sich im übrigen auch noch aus der unter § 25 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags sowie gleichlautend unter § 1 Abs. 3 Satz 1 des Schiedsvertrags getroffenen Vereinbarung, wonach Streitigkeiten über die Rechtsnachfolge in einem Gesellschaftsanteil oder Teil eines Gesellschaftsanteils oder über das Ausscheiden von Gesellschaftern aus der Gesellschaft ebenfalls vor dem Schiedsgericht auszutragen sind.
Nach dieser Regelung müssen auch die früheren Gesellschafter das Schiedsgericht anrufen, wenn Streit über die Rechtsnachfolge oder das Ausscheiden eines Gesellschafters besteht. Gerade das ist Gegenstand des beabsichtigten Schiedsverfahrens. Die Parteien streiten über die Rechtsbeständigkeit der Abtretung des Kommanditanteils und damit über die Gesellschafterstellung des Antragstellers als Rechtsnachfolger nach dem Antragsgegner.
Der zwischen den Parteien bestehende Streit wird weiter von dem Begriff des „Ausscheidens eines Gesellschafters“ im Sinne des § 25 Abs. 2 S. 1 des Gesellschaftsvertrags sowie des gleichlautenden § 1 Abs. 3 S. 1 des Schiedsvertrags erfasst. Sollte nämlich die Abtretung des Kommanditanteils ohne Rechtsgrund erfolgt sein, dann fehlt es auch an einem Rechtsgrund für das Ausscheiden des Antragsgegners aus der Gesellschaft.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwertes richtet sich nach § 3 ZPO.
Ein gemäß § 574 Abs. 2 ZPO gerechtfertigter Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Hamm I-25 Sch 3/11 05.04.2013
BESCHLUSS:
Tenor:
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Erinnerungsverfahren wird auf 18.349,56 € festgesetzt.
Gründe:
Die nach § 11 Abs. 2 RPflG zulässige Erinnerung hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
Der Kostenfestsetzungsantrag dürfte bereits unzulässig sein, weil der Antragstellerin aufgrund der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Essen vom 23.05.2012 ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren für den Antrag auf Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit rechtskräftig aberkannt wurde.
1.
Kostenfestsetzungsbeschlüsse und die hierauf ergehenden Beschwerdeentscheidungen sind der materiellen Rechtskraft fähig. Ihnen kommt formelle Rechtskraft sowie Bindungswirkung zu und sie weisen einen der materiellen Rechtskraft fähigen Inhalt auf (vgl. dazu Musielak § 329 ZPO Rdnr. 17). Die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts fällt hierunter, denn sie ist in einem Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 788 Abs. 2,103,104 ZPO ergangen.
2.
In Rechtskraft erwächst der Entscheidungssatz (vgl. dazu Zöller/Vollkommer Vor § 322 ZPO Rdnr. 31), der hier darin besteht, dass in teilweiser Abänderung des zunächst durch das Vollstreckungsgericht ergangenen
Kostenfestsetzungsbeschlusses der Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen wurde.
Die Rechtskraft ist auf den Streitgegenstand beschränkt. Dieser erschließt sich bei einer Entscheidung, durch die eine Klage abgewiesen oder - wie hier - ein Antrag zurückgewiesen wird, stets erst aus dem Tatbestand oder - wie hier - der Sachverhaltsdarstellung und den Entscheidungsgründen bzw. der rechtlichen Begründung einschließlich des Parteivorbringens (vgl. hierzu zu einem klageabweisenden Urteil BGH, Urteil vom 17.03.1995, AZ: VZR 178/93, Tz. 9).
Streitgegenstand ist der prozessuale Anspruch, der durch den Antrag und den Lebenssachverhalt bestimmt wird (vgl. dazu Musielak Einl. Rdnr. 68).
Zieht man zur Bestimmung des Streitgegenstandes die Sachverhaltsdarstellung und die rechtliche Würdigung der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts heran, dürfte der Streitgegenstand dieses Verfahrens mit dem Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens identisch sein.
Der vorgetragene Lebenssachverhalt entspricht sich, denn die Antragstellerin leitet in beiden Verfahren ihren Erstattungsanspruch aus der Tätigkeit ihrer Verfahrensbevollmächtigten für die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch durch eine einstweilige Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO ab.
Der Antrag ist ebenfalls identisch, denn er ist im Verfahren nach §§ 788 Abs. 2, 103, 104 ZPO wie im vorliegenden Verfahren auf Festsetzung der entsprechenden Rechtsanwaltsgebühren gerichtet.
Dass die Gebühren im Verfahren nach §§ 788 Abs. 2, 103, 104 ZPO als Kosten der Zwangsvollstreckung geltend gemacht wurden, während im vorliegenden Verfahren ihre Festsetzung als Kosten des Verfahrens geltend gemacht werden, betrifft nicht den für die Festlegung des Streitgegenstandes maßgeblichen Antrag, sondern die rechtliche Einordnung der Gebühren, von der abhängig ist, ob das Vollstreckungsgericht oder das Prozessgericht für die Festsetzung zuständig ist.
Dass Kosten, die keine Kosten der Zwangsvollstreckung darstellen, ohne Weiteres als Kosten des Verfahrens oder Rechtsstreits zu berücksichtigen sind, mag zutreffen, beantwortet aber nicht die entscheidende Frage, ob ihre Geltendmachung auch dann noch uneingeschränkt zulässig ist, wenn ein Antrag bereits rechtskräftig abgewiesen worden ist.
Der Umstand, dass zwischenzeitlich mit der Hauptsacheentscheidung eine Kostengrundentscheidung ergangen ist, führt nicht dazu, dass aufgrund einer nachträglichen Veränderung des Lebenssachverhalts nunmehr ein neuer Antrag zulässig ist (vgl. zu den zeitlichen Grenzen der Rechtskraft Zöller/Vollkommer Vor § 322 ZPO Rdnr. 53-56). Der für die Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrages aufgrund der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts maßgebliche Sachverhalt hat sich nicht verändert, weil das Landgericht den Kostenfestsetzungsantrag nicht wegen der fehlenden Kostengrundentscheidung als zurzeit unbegründet zurückgewiesen hat.
II.
Folgt man dieser Auffassung nicht und geht in Übereinstimmung mit der Antragstellerin davon aus, dass die Streitgegenstände des Kostenfestsetzungsverfahrens nach §§ 788 Abs. 2,103,104 ZPO und des vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahrens nicht identisch ist, würde dies nicht dazu führen, dass zugunsten der Antragstellerin ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren für die Erwirkung der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO festzusetzen wäre.
Für die Erwirkung der einstweiligen Anordnung ist nämlich keine gesonderte Gebühr angefallen.
1.
Nach § 15 Abs. 2 S. 1 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Wie sich aus dem Regelungszusammenhang der §§ 15 Abs. 2 S. 2 RVG, 19 Abs. 1 S. 1 RVG ergibt, stellt ein Rechtszug einschließlich der zu dem Verfahren gehörenden Nebenverfahren eine Angelegenheit dar; es sei denn es liegt ein Fall des § 18 RVG vor oder Verfahren sind nach § 17 RVG als verschiedene Angelegenheiten anzusehen.
Bei dem Verfahren nach § 1063 Abs. 3 RVG handelt es sich um ein Nebenverfahren im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 RVG. Die Anordnung nach § 1063 Abs. 3 RVG ist in das auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches eingebettet und stellt lediglich eine flankierende und keine ein selbständiges Verfahren abschließende Entscheidung dar. Die einstweilige Anordnung wirkt nur bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache und ähnelt damit den Verfahren nach §§ 707, 719, 769 ZPO.
Da die Aufzählung der einzelnen als Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten geltenden Verfahren in § 19 Abs. 1 S. 2 RVG nicht abschließend ist, wie die Formulierung insbesondere zeigt, kann dahinstehen, ob das Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO zu den in § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 RVG genannten Verfahren gerechnet werden kann.
Entscheidend ist, dass das Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO als ein in das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eingebettetes Verfahren anzusehen ist, das lediglich zu einer das Verfahren flankierenden vorläufigen Entscheidung führt und kein selbständiges Verfahren abschließt. Dies allein führt zu der Qualifizierung als Nebenverfahren, was nach § 19 Abs. 1 S. 1 RVG dazu führt, dass das Verfahren dem Rechtszug zuzurechnen ist. Ob eine der Fallgruppen, des § 19 Abs. 1 S. 2 RVG erfüllt ist, ist unerheblich.
Das Verfahren der einstweiligen Anordnung stellt keine besondere Angelegenheit im Sinne des § 18 RVG dar, denn die vorliegende Fallgestaltung lässt sich keinem der in der abschließenden Aufzählung des § 18 RVG genannten Verfahren zuordnen.
3. .
Das Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO stellt auch keine gegenüber dem Hauptsacheverfahren nach § 17 Nr. 4 b) RVG verschiedene Angelegenheit dar.
Bereits der Wortlaut der Vorschrift, der die einstweilige Anordnung neben der einstweiligen Verfügung erwähnt und der Regelungszusammenhang zu den in § 17 Nr. 4 a) und c) RVG erwähnten Eilmaßnahmen zeigt, dass die Vorschrift nur Eilentscheidungen betrifft, die in einem selbständigen Verfahren ergehen. Arreste und einstweilige Verfügungen ergehen in einem gesonderten Verfahren. Ihr Bestand ist - anders als bei der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO - von der Entscheidung in der Hauptsache unabhängig.
Die einstweiligen Anordnungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren haben -gegenüber dem Hauptsacheverfahren- ebenfalls einen selbständigen Charakter. Entsprechendes gilt für die einstweiligen Anordnungen nach § 49 ff FamFG.
Die Gesetzgebungsgeschichte zu § 17 Nr. 4 RVG spricht ebenfalls dafür, dass mit der Aufnahme der einstweiligen Anordnungen in den abschließenden Katalog der Verfahren, die als gegenüber dem Hauptsacheverfahren verschiedene Angelegenheiten anzusehen sind, nicht die das Hauptsacheverfahren lediglich flankierenden Entscheidungen zur Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit einer Entscheidung gemeint waren.
Nach den bei Gerold/Schmidt/Müller-Rabe § 17 RVG Rdnr. 10 zitierten Motiven sollten mit der Neufassung des § 17 Nr. 4 RVG die einstweiligen Anordnungen des FGG-Verfahrens erfasst werden. Dies wurde maßgeblich damit begründet, dass die Verfahren eine erhebliche Vorarbeit des Rechtsanwalts erforderten, die mit der Vorbereitung eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens vergleichbar waren. Ein solcher mit der Vorbereitung des Hauptsacheverfahrens vergleichbarer Arbeitsaufwand ist mit der Beantragung der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 RVG nicht verbunden. Notwendig ist lediglich eine ergänzende Begründung dazu, warum vor der Vollstreckbarerklärung eine Sicherungsvollstreckung geboten ist oder zumindest nahe liegt (vgl. dazu Zöller/Geimer § 1064 ZPO Rdnr. 4). Das ist mit der Vorbereitung eines Eilverfahrens, bei dem ein Verfügungs- bzw. Anordnungsanspruch und ein Verfügungs- bzw. Anordnungsgrund schlüssig darzulegen und glaubhaft zu machen sind, nicht ansatzweise zu vergleichen. Die Begründung im konkreten Fall umfasste nicht einmal zwei Seiten und konnte sich für die Darlegung des Bedürfnisses für die sofortige Sicherungsvollstreckung auf Erkenntnisse stützen, die zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung ohnehin notwendig waren. Weiteres schriftsätzliches Vorbringen wurde hier nur deshalb erforderlich, weil die Antragstellerin eine auf § 142 ZPO gestützte Auflage des Vorsitzenden nicht akzeptieren wollte.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist § 17 Nr. 4 RVG auch nicht analog auf das Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 RVG anzuwenden. Es kann dahinstehen, ob angesichts des Ausnahmecharakters des § 17 RVG und der abschließenden Aufzählung der hiervon erfassten Verfahren eine analoge Anwendung in Betracht kommt. Es fehlt jedenfalls an einer planwidrigen Regelungslücke, weil der Gesetzgeber über § 19 Abs. 1 S. 1 RVG sämtliche Nebenverfahren zu einem Hauptsachverfahren erfasst hat und lediglich für einzelne Verfahren, bei denen Streit darüber entstehen konnte, ob sie eine gegenüber dem Hauptsacheverfahren verschiedene Angelegenheit darstellen, eine ausdrückliche Regelung getroffen hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür; dass die einstweilige Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO dabei übersehen worden ist, ergeben sich nicht.
Überdies fehlt es an einer vergleichbaren Sach- und Interessenlage zwischen dem Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO und Arresten,
einstweiligen Verfügungen und den einstweiligen Anordnungen des Familien- und Verwaltungsrechts sowie des Rechts der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Eine Vergleichbarkeit mit dem Arrest besteht allein darin, dass auch die einstweilige Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO eine Sicherungsvollstreckung ermöglicht. Darin erschöpfen sich aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Anders als bei dem Arrest oder der einstweiligen Verfügung oder den übrigen von § 17 Nr. 4 RVG erfassten einstweiligen Anordnungen muss der Rechtsanwalt gerade keine der Vorbereitung des Hauptsachverfahrens auch nur annähernd vergleichbare Vorarbeit leisten.
Soweit die Antragstellerin meint, es fehle an einer Vergleichbarkeit zu § 19 Abs. 1 Nr. 11 RVG übersieht sie, dass diese Bestimmung nur ein Beispiel für ein Nebenverfahren nennt.
Soweit die Antragstellerin darauf abstellt, dass für eine einstweilige Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO ein gesonderter Antrag gestellt werden muss und hierüber ein gesonderter Beschluss ergeht, ist dies nicht geeignet, eine Vergleichbarkeit mit Arresten und einstweiligen Verfügungen zu begründen und die einstweilige Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO von den in § 19 Abs. 1 S. 2 RVG genannten einstweiligen Anordnungen abzugrenzen. So ergehen die einstweiligen Anordnungen nach §§ 707 und 769 ZPO beispielsweise nur auf Antrag.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 19 Abs. 4 RPflG, 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes orientiert sich an dem Abänderungsinteresse der Antragstellerin.
V.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin besteht keine Veranlassung, das Verfahren auf den Senat zu übertragen, damit nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 letzte Variante ZPO die Rechtsbeschwerde zugelassen werden kann.
Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch gebietet die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
1.
Soweit die Erinnerung vorrangig deshalb als unbegründet angesehen wurde, weil der erneute Kostenfestsetzungsantrag wegen der entgegenstehenden Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Essen 23.05.2012 als unzulässig angesehen wurde, sind die maßgeblichen Rechtsfragen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin wird nicht von der Rechtsprechung des BGH abgewichen, weil in Übereinstimmung mit dem BGH davon ausgegangen wird, dass der Tenor in Rechtskraft erwächst, Sachverhalt und rechtliche Würdigung für die Bestimmung des Streitgegenstandes herangezogen werden können und der Entscheidung der zweigliedrige Streitgegenstandsbegriff zugrunde gelegt wurde. Die Ausführungen zu den zeitlichen Grenzen der Rechtskraft stehen ebenfalls im Einklang mit der bei Zöller/Vollkommer Vor § 322 ZPO Rdnrn. 5.3- 56 zitierten Rechtsprechung des BGH.
3.
Soweit im Rahmen einer Hilfsbegründung davon ausgegangen wurde, dass die Antragstellervertreter für die Beantragung der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO keine gesonderten Gebühren verdient haben, fehlt es ebenfalls an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig.
a)
Eine grundsätzliche Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. Zöller/Heßler § 543 ZPO Rdnr. 11 mit weiteren Nachweisen). Es kann dahinstehen, ob der Anfall einer gesonderten Gebühr für die Beantragung der einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs, 3 ZPO eine klärungsbedürftige Frage darstellt. Die hier zu entscheidende Rechtsfrage ist jedenfalls nicht von einem allgemeinen Interesse. Dieses ist bei Modell- oder Musterprozessen sowie solchen Verfahren anzunehmen, bei denen es um die Auslegung oder die Wirksamkeit typischer Vertragsbestimmungen, Tarifen, Formularverträgen oder sonstiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen geht (vgl. Musielak/Ball § 543 ZPO Rdnr. 6). Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche haben nicht ansatzweise eine den vorgenannten Verfahren vergleichbare Bedeutung für die Allgemeinheit, zumal es sich hier noch um eine kostenrechtliche Frage handelt, die längst nicht in allen Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche relevant wird.
b)
Die Fortbildung des Rechts durch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen und des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen (vgl. dazu Zöller/Heßler § 543 ZPO Rdnr. 13). Dazu besteht nur dann Veranlassung, wenn es für die Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierung ganz oder teilweise fehlt (vgl. dazu die Nachweise bei Musielak/Ball § 543 ZPO Rdnr. 7).
Dies lässt sich hier ebenfalls nicht feststellen. Ein Bedürfnis für das Aufstellen von Leitsätzen zur Auslegung der §§ 19 Abs. 1 und 17 Nr. 4 b) RVG lässt sich nicht feststellen, weil der Gesetzeswortlaut der Bestimmungen und die kostenrechtliche Kommentarliteratur eine klare und eindeutige Zuordnung der Tätigkeit der Antragstellervertreter zu dem Hauptsacheverfahren ermöglicht. Der hier zu entscheidende Sachverhalt lässt sich eindeutig unter § 19 Abs. 1 S. 1 RVG subsumieren. Eine planwidrige Gesetzeslücke aufgrund der Ausgestaltung des § 17 Nr. 4 a) RVG ist aus den oben genannten Gründen nicht zu erkennen.
Abgesehen davon geht es bei der Frage, ob einem Rechtsanwalt für die Beantragung einer einstweiligen Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO eine gesonderte Gebühr zusteht, nicht um einen typischen oder verallgemeinerungsfähigen Sachverhalt.
Schließlich ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil eine Divergenz der Erinnerungsentscheidung zu weiteren obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Entscheidungen nicht erkennbar ist.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-24 U 72/09 12.02.2010 LG Kleve 3 O 155/08
U R T E I L
Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. März 2009 verkündete Zwischenurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Berufungsstreitwert: 15.229,97 € (8.818,55 € + 6.411,42 €).
G r ü n d e
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Klage zulässig ist, weil eine wirksame Schiedsvereinbarung nicht vorliegt. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen im Ergebnis keine der Beklagten günstigere Entscheidung.
I.
Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 10.12.2009. Dieser hat im Wesentlichen ausgeführt:
1. Die Beklagte hat die Einrede des Schiedsvertrags mit Schriftsatz vom 13. August 2008 rechtzeitig "vor Beginn der mündlichen Verhandlung" (§ 1032 Abs. 1 ZPO) erhoben; hierauf hat bereits das Landgericht mit Beschluss vom 1. September 2008 zutreffend hingewiesen. Das Versäumnisurteil vom 4. Juli 2008 ist im schriftlichen Vorverfahren ergangen; durch den Einspruch ist der Prozess in die Lage zurückversetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand (§ 342 ZPO), d.h. in ein Stadium vor Beginn der mündlichen Verhandlung.
2. Die Schiedsvereinbarung ist indessen unwirksam, weil an ihr ein Verbraucher beteiligt ist und sie nicht in einer von den Parteien eigenhändig unterschriebenen Urkunde enthalten ist, die keine anderen Vereinbarungen als solche enthält, die sich auf das schiedsrichterliche Verfahren beziehen (§ 1031 Abs. 5 ZPO).
Der Kläger ist Verbraucher im Sinne von § 13 BGB und nicht Unternehmer nach § 14 BGB. Denn er hat den Mietvertrag vom 9. Januar 2007 nicht in Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit abgeschlossen. Eine gewerbliche Tätigkeit stellt eine planmäßige und auf Dauer angelegte, wirtschaftlich selbstständige Tätigkeit unter Teilnahme am Wettbewerb dar. Zu den gewerblichen Betätigungen gehört daher nicht die Verwaltung eigenen Vermögens (vgl. BGHZ 63, 32, 33; 74, 273, 276; zuletzt zu § 1 VerbrKrG a.F. BGHZ 149, 80, 86), die auch dann grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen ist, wenn es sich um die Anlage beträchtlichen Kapitals handelt. Das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist vielmehr der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer geschäftsmäßigen Organisation, liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGHZ 104, 205, 208; 119, 252, 256). Die Höhe der verwalteten Werte ist dabei nicht maßgeblich.
Handelt es sich um die Vermietung oder Verpachtung von Immobilien, ist dementsprechend nicht deren Größe entscheidend, sondern Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge. Ein ausgedehntes oder sehr wertvolles Objekt an eine geringe Anzahl von Personen zu vermieten, hält sich daher grundsätzlich im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Dagegen spricht die Ausrichtung auf eine Vielzahl gleichartiger Geschäfte für ein professionelles Vorgehen. Ob der mit der Vermögensverwaltung verbundene organisatorische und zeitliche Aufwand danach insgesamt das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebes vermittelt, etwa wegen der Unterhaltung eines Büros oder eines planmäßigen Geschäftsbetriebes, bleibt eine im Einzelfall zu beurteilende Frage (BGHZ 149, 80, 87). Damit steht die Rechtsprechung des 10. Zivilsenats des OLG Düsseldorf nicht ausreichend in Einklang (etwa OLGR 2005, 187; WuM 2003, 621), nach der bei der Vermietung mehrerer Einheiten in Ausübung eigener Vermögensverwaltung ohne weiteres eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen sei. Dem hat sich Heinrichs (Palandt/Heinrichs BGB, 66. Auflage, § 14 Rn. 2) angeschlossen: Wer etwa als Vermieter im Wettbewerb mit anderen planmäßig Leistungen gegen ein Entgelt anbiete, sei Unternehmer. Kritisch zur o.a. Rechtsprechung meint Ellenberger (Palandt/Ellenberger, 69. Auflage, aaO.), es fehle in den Entscheidungen an ausreichenden Feststellungen.
Im Streitfall ist der Kläger als Verbraucher zu betrachten. Er ist mit der Vermietung als Testamentsvollstrecker eines Nachlasses betraut, der einer Erbengemeinschaft, der er selbst angehört, angefallen ist. In dieser Eigenschaft verwaltet der Kläger fremdes, teilweise eigenes Vermögen und übt damit eine Tätigkeit aus, bei der eine Vermutung dafür spricht, dass es sich um eine private und nicht um eine gewerbliche Angelegenheit handelt. Wenn die Beklagte gleichwohl eine gewerbliche Tätigkeit annehmen will, muss sie die hierfür maßgeblichen Tatsachen vortragen und beweisen. Dafür genügt nicht, dass der Kläger insgesamt acht Einheiten, davon drei Gewerbeeinheiten vermietet. Denn auch eine Verwaltung in dieser Größenordnung ist als private Nebenbeschäftigung möglich und erfordert nicht zwingend einen planmäßigen Geschäftsbetrieb. Dass der Kläger einen solchen unterhält, ist nicht erkennbar, auch wenn die von dem Kläger angegebenen 2 - 3 Stunden monatlich jedenfalls in Sondersituationen überschritten werden dürften. So ergibt sich etwa aus der Aufstellung über Sonderwerbungskosten, dass der Kläger 2007 - wohl im Zusammenhang mit dem Konkurs einer Mieterin - mehr als ein Mal pro Woche im Objekt gewesen ist. Dem Vortrag des Klägers, die bestehenden Mietverträge dauerten bereits 5 bis 25 Jahre an, so dass auch deshalb der zeitliche Aufwand nur gering sei, hat die Beklagte zudem nicht widersprochen. Auch ist ihr im Verlauf ihres Kontakts mit dem Kläger offenbar nicht bekannt geworden, dass dieser ein Büro unterhielte. Werbende Maßnahmen, die sich in der Anheftung eines Zettels erschöpfen, genügen für die Bewertung als unternehmerische Tätigkeit schließlich ebenso wenig wie die Tatsache, dass der Kläger eine bereits von dem Erblasser ausgesetzte Vergütung für seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker erhält. Der sonstige Vortrag der Beklagten zu dem mit der Vermögensverwaltung verbundenen Aufwand des Klägers erschöpft sich überwiegend in Spekulationen. Was sich aus einem Verfahren 3 IV 443/07 AG Moers für die Unternehmereigenschaft des Klägers ergeben soll, hätte die Beklagte vortragen müssen.
3. Die Berufung des Klägers auf die Formvorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO ist nicht deshalb treuwidrig (§ 242 BGB), weil er selbst den Vertrag formuliert hat. Denn den Parteien steht es grundsätzlich frei, auch ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft anzugreifen (vgl. BGH, NJW 1992, 834). Widersprüchliches Verhalten ist nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, a.aO. m.w.N.). Derartige Umstände liegen hier nicht vor; weder hat der Kläger einen besonderen Vertrauenstatbestand bezüglich des Bestands der Schiedsklausel geschaffen, noch hat etwa die Beklagte im Hinblick auf die Klausel irgendwelche Dispositionen getroffen.
II.
Dieser Beurteilung folgt der Senat. Die dagegen vorgebrachten Einwände der Beklagten im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 17. Dezember 2009 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Wer als Testamentsvollstrecker einer Erbengemeinschaft, der er selbst angehört, tätig ist, verwaltet kein fremdes Vermögen. Die steuerrechtliche Behandlung von Einkünften des Testamentsvollstreckers hat auf dessen zivilrechtliche Qualifizierung als Unternehmer oder Verbraucher (vgl. BGH NJW 2009, 3780; ferner Senat NZM 2006, 262 zur steuerrechtlichen Wertung) keinen Einfluss. Zu Art und Umfang der Tätigkeit des Klägers trägt die Beklagte nichts Neues vor. Dass sich der Kläger für seine Tätigkeit einen PC nebst Kopierer und Drucker zugelegt hat, spricht ebenso wenig für eine unternehmerische Tätigkeit wie die bereits in der Verfügung gewürdigte Tatsache, dass er zumindest in 2007 mehr als 2 – 3 Stunden monatlich mit der Verwaltung des Objekts beschäftigt war. Der Vortrag der Beklagten zu weitergehenden Werbemaßnahmen des Klägers erschöpft sich in Spekulationen.
III.
Auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren sind erfüllt. Die Bewertung einer Tätigkeit als unternehmerische hat anhand der Umstände des jeweils vorliegenden Einzelfalls zu erfolgen; grundsätzliche Bedeutung § 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO kommt der Rechtssache daher nicht zu, weil keine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist (vgl. BGHZ 151, 221). Aus dem gleichen Grund erfordert auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vollansicht
Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-17 U 257/06 09.02.2007 LG Krefeld, Urt. v. 31.1.06 - 5 O 502/04 Schiedsvereinbarung: Zustandekommen/Formwirksamkeit - Schriftlichkeit: Schiedseinrede
T e n o r :
Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. Januar 2006 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld wird zurückgewiesen, wobei der Tenor der Entscheidung wie folgt neu gefasst wird:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.112,91 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % für die Zeit vom 12.01.2000 bis zum 13.06.2005 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 14.06.2005 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Gerichtskosten erster Instanz hat die Beklagte 5/64 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten aller Kläger erster Instanz hat die Beklagte die auf den Kläger B. entfallenden Kosten ( 5/64 ) zu tragen. Die übrigen erstinstanzlichen Kosten entfallen zu 38/64 auf das Verfahren 17 U 40/06 und zu 21/64 auf das Verfahren 17 U 258/06. Die Beklagte hat ihre eigenen Kosten und die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
A.
Der Kläger (B.) verlangt von der Beklagten, bei der es sich um ein US-amerikanisches Brokerhaus mit Sitz in C./USA handelt, Schadensersatz für Verluste aus Börsentermin- und -optionsgeschäften, die die Beklagte für ihn ausgeführt hat.
Der geschäftliche Kontakt zwischen dem Kläger, der den Beruf eines Filialleiters ausübt, und der Beklagten kam Ende des Jahres 1999 oder Anfang des Jahres 2000 durch die Vermittlung der in Krefeld ansässigen D. GmbH zustande, die den Kläger durch einen sogenannten Telefonverkäufer für das Anlagegeschäft anwarb. Diese Tätigkeit übt die D. GmbH auf der Grundlage einer mit der Beklagten getroffenen Rahmenvereinbarung aus, nach deren Inhalt die D. GmbH der Beklagten Anleger zum Zwecke der Eröffnung eines Aktienkontos vermitteln sollte, wobei die Kunden nebst anderen Abgaben und Kosten bei jedem Börsengeschäft mit einer Kommission von 45 USD belastet werden sollten, wovon die D. GmbH jeweils 35 USD erhalten sollte (vgl. Schreiben der E. AG vom 18.03.1998, Anlage K 12a zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005).
Im zeitlichen Vorfeld des Vertragsschlusses übersandte die D. GmbH dem Kläger neben den vorgenannten Vertragsunterlagen ein Informationsschreiben vom 13.12.1999 (Anlage K 4 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005) sowie ein Informationsblatt, das die Überschrift "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" trägt (Anlage K 4 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005). Außerdem übermittelte die D. GmbH dem Kläger die Broschüre "Putting the investor first" (Anlage K 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005).
Auf Vermittlung der D. GmbH unterzeichnete der Kläger am 03.01.2000 ein von der Beklagten in englischer Sprache verfasstes Vertragsformular (Bl. 109 bis 114 GA; Übersetzung Anlage BB 6 zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 25.9.2006), auf dessen Grundlage die Anlagegeschäfte abgewickelt wurden. In dem Dokument ist in Ziffer 20 die Wahl des Rechts des Staates New York vorgesehen. Ziffern 28 und 29 enthalten eine Schiedsgerichtsvereinbarung. Der Vertrag, der im Unterschriftsblock eine Unterschrift der Beklagten nicht vorsieht, enthält nur die Unterschrift des Klägers und nicht der Beklagten. Zugleich unterzeichnete der Kläger am 03.01.2000 eine in englischer Sprache verfasste Vollmachtsurkunde (Bl. 115 GA), durch die die D. GmbH bevollmächtigt wurde, für ihn einzelne Anlagegeschäfte zu tätigen.
Auf der Grundlage des geschlossenen Vertrages überwies der Kläger am 11.01.2000 einen Betrag von 5.300 USD an die Beklagte, die den Betrag zunächst auf einem für den Kläger eingerichteten Konto verbuchte (Bl. 88 d.A., Überweisungsauftrag des Klägers, Anlage K 23a zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005). In der Folgezeit wurden mit dem Betrag Anlagegeschäfte getätigt, die insbesondere den Kauf und Verkauf von Call-Optionen auf den Erwerb von Aktien und Beteiligungen an US-amerikanischen Unternehmen zum Gegenstand hatten. Im Zuge dieser Geschäftsbeziehungen fielen Kommissionsbelastungen für getätigte Transaktionen sowie sonstige Vermittlungsgebühren in erheblicher Höhe an. Irgendwelche Auszahlungen erhielt der Kläger nicht.
Ursprünglich haben zusammen mit dem Kläger die Klägerin F. die Zahlung von 37.967,15 € nebst Zinsen und der Kläger G. einen Betrag von 21.365,03 € nebst Zinsen geltend gemacht. Nach Trennung in drei Verfahren in der Berufungsinstanz wird das Verfahren gegen die bisherige Klägerin F. unter dem ursprünglichen Aktenzeichen 17 U 40/06 weitergeführt. Das Berufungsverfahren gegen den bisherigen Kläger G. hat das neue Aktenzeichen 17 U 258/06 erhalten.
Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger B. von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes den ihr im Rahmen des Anlagegeschäfts zur Verfügung gestellten Betrag von 5.300 USD, der nach seiner auf den Zahlungstag bezogenen Umrechnung einen Betrag von 5.112,91 € entspricht.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.112,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 12.01.2001 zu zahlen.
2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag von 254,85 € zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sowohl das Fehlen der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte als auch das Fehlen der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichtes Krefeld gerügt und zudem die Einrede des Schiedsvertrages erhoben. In der Sache selbst hat sie insbesondere geltend gemacht, dass sie sich nicht schadensersatzpflichtig gemacht habe und Ersatzansprüche gegen sie im Übrigen verjährt seien.
Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens sowie des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichtes im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Durch dieses Urteil hat das Landgericht der Klage teilweise stattgegeben, die Beklagte zur Zahlung von 5.112,91 € nebst Zinsen verurteilt und diesbezüglich folgendes zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei zulässig, da die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben sei und auch die von der Beklagten erhobene Schiedseinrede nicht durchgreife. In der Sache sei die Beklagte dem Kläger gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, da sie sich an der von der unmittelbaren Anlagevermittlerin, der D. GmbH, anlässlich des Vertragsschlusses begangenen sittenwidrigen Schädigung des Klägers als Gehilfin beteiligt habe. Eine Verjährung des sich daraus ergebenden Schadensersatzanspruches habe die Beklagte nicht hinreichend dargetan und bewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre Rechtstandpunkte aufrecht erhält.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrages und unter Aufrechterhaltung seiner Rechtstandpunkte das angefochtene Urteil gegen die Angriffe der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden und Unterlagen Bezug genommen.
B.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig; sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
I.
Wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, ergeben sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Schadensersatzklage.
1. Insbesondere hat die Kammer zu Recht - wie die vom Senat trotz des § 513 Abs. 2 ZPO vorzunehmende Überprüfung (vgl. BGH NJW 2003, 426; BGH MDR 2004, 707; OLG Düsseldorf (Senat) OLGR 2003, 298) ergeben hat - die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und die dagegen von der Beklagten erstinstanzlich erhobene Rüge für unbegründet erachtet. Dies folgt in Ansehung der Doppelfunktionalität der zivilprozessualen Gerichtsstandsvorschriften (vgl. BGHZ 134, 116, 117; BGH NJW 1999, 1395, 1396 m.w.Nachw.) aus einer entsprechenden Anwendung des § 32 ZPO. Wegen der Einzelheiten der Begründung kann dabei gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichtes in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden, gegen die die Beklagte in der Berufungsinstanz auch keine Einwendungen mehr erhoben hat.
An dieser Beurteilung ändert sich auch nicht deshalb etwas, weil der Erfolgsort der angeblichen unerlaubten Handlung, an den das Landgericht zu Recht angeknüpft hat (vgl. BGH NJW 1994, 1413, 1414; BGH NJW 1996, 1411, 1413) nicht - wie die Kammer konkludent angenommen hat - im Bezirk des Landgerichtes Krefeld, sondern in Halle liegt, von wo aus der Kläger die sein Vermögen schädigende Überweisung des für das Anlagegeschäft bestimmten Betrages von 5.300 USD getätigt hat. Denn auch dieser Ort, an dem das Vermögen des Klägers geschädigt worden sein soll und auf den bei einem Vermögensdelikt, wie es hier in Rede steht, maßgebend abzustellen ist (vgl. BGHZ 40, 391, 395; BayObLGZ 1995, 301, 303; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 32 ZPO, Rdn. 16), liegt in der Bundesrepublik Deutschland und begründet daher die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
2. Ob innerhalb der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich das erkennende Landgericht Krefeld örtlich zuständig war, ist gemäß § 513 Abs. 2 ZPO einer Überprüfung durch den Senat entzogen.
3. Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht gemäß § 1032 Abs. 1, 1025 Abs. 2 ZPO die von der Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrages entgegen. Denn die von den Parteien möglicherweise geschlossene Schiedsvereinbarung ist unwirksam.
a. Allerdings ergibt sich die Unwirksamkeit der Schiedsabrede nicht - wie das Landgericht meint - unmittelbar aus § 1031 Abs. 5 ZPO. Diese Vorschrift findet auf die in Rede stehende Schiedsvereinbarung, die in Nr. 28 und 29 des mit der Überschrift "Cash and Margin Agreement" versehenen Abschnitts der vom Kläger am 03.01.2000 unterzeichneten Vertragsurkunde (Bl. 109 bis 114 GA) enthalten ist und die ein ausländisches Schiedsverfahren vorsieht, gemäß §§ 1025 Abs. 1, 1043 Abs. 1 ZPO keine unmittelbare Anwendung.
b. Die streitgegenständliche Schiedsklausel ist unabhängig von der Frage, nach welchem Recht ihre Wirksamkeit im Übrigen zu beurteilen ist, schon deshalb unwirksam, weil sie in formeller Hinsicht nicht den Anforderungen entspricht, die nach dem unmittelbar anzuwenden internationalen Kollisionsrecht, nämlich nach Artikel V Abs. 1 lit. a UNÜ in Verbindung mit Artikel II Abs. 1 u. 2 UNÜ sowohl im deutschen als auch im US-amerikanischen Schiedsvertragsrecht gelten und verbindlich sind. Nach diesen Vorschriften, die nicht nur im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren, sondern nach der Regelungsstruktur des UN-Übereinkommens auch im Einredeverfahren zu beachten sind (vgl. Stein/Jonas/Schlosser, Kommentar zur ZPO, Anh. zu § 1061 ZPO, Rdn. 40; MünchKommZPO/Gottwald, Kommentar zur ZPO, Artikel V UNÜ, Rdn. 9; a.A.: Sieg, RIW 1998, 102, 105), ist eine Schiedsabrede oder eine Schiedsklausel in einem Vertrag nur im Falle ihrer Schriftlichkeit wirksam, wobei dieses Formerfordernis nur dann eingehalten ist, wenn der Vertrag oder die Abrede von beiden Parteien unterzeichnet oder in zwischen den Parteien gewechselten Briefen oder Telegrammen enthalten ist (Artikel II Abs. 1 u. 2 UNÜ). Dieses Formerfordernis ist hier nicht erfüllt.
Im vorliegenden Fall ist die Schiedsklausel, auf die sich die Beklagte beruft, in dem von Kläger am 03.01.2000 unterzeichneten Vertragsformular enthalten. Dieses Vertragsformular ist jedoch nur vom Kläger, nicht jedoch auch von einem Vertreter der Beklagten unterzeichnet, dessen Unterschrift im Formular auch nicht vorgesehen war. Einen sich inhaltlich auf eine Schiedsabrede oder Schiedsklausel beziehenden Schriftwechsel hat es unstreitig nicht gegeben.
c. Die streitgegenständliche Klausel wird auch nicht nach deutschem Recht wirksam.
Das UNÜ lässt die Anwendung nationalen Rechts zu, soweit es der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs günstiger ist (Art. VII Abs. 1 UNÜ). Art. VII bezieht sich nicht nur Schiedssprüche, sondern auch auf Schiedsverträge. Das deutsche Gericht ist deshalb befugt, auch ohne dass sich die Parteien darauf berufen, auf das anerkennungsfreundlichere innerstaatliche Recht in toto zurückzugreifen; denn es hat das Recht - völkerrechtliche Verträge ebenso wie (originär-) nationales Recht - von Amts wegen zu beachten (BGH NJW 2005, 3499-3501; BGH Beschluss vom 25. September 2003 - III ZB 68/02 - SchiedsVZ 2003, 281, 282 m.w.N.). Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, entspricht aber die Schiedsvereinbarung nicht den Erfordernissen der deutschen Vorschriften in §§ 1031 I und § 1031 V 1 ZPO.
d. Die Schiedsvereinbarung wird auch nicht nach dem Kollisionsrecht des Vertrages wirksam, weil auch das so bestimmte Formstatut zu deutschem Recht führt.
Die durch den Meistbegünstigungsgrundsatz gebotene Anwendung schiedsfreundlicheren nationalen Rechts gilt nicht nur für die Bestimmungen zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen. Sie umfasst ferner die (nationalen) Kollisionsregeln und das danach als Statut der Schiedsvereinbarung berufene nationale Recht. Unterliegt die Schiedsvereinbarung nach dem - durch den lex fori-Grundsatz bestimmten - internationalen Privatrecht des Exequaturstaates einem nationalen Recht, das liberalere Formvorschriften hat als diejenigen des Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ zulässt, ist dieses anerkennungsfreundlichere nationale Recht gemäß Art. VII Abs. 1 UNÜ maßgeblich (BGH NJW 2005, 3499-3501; vgl. Stein/Jonas/Schlosser aaO § 1031 Rn. 24; Schwab/Walter aaO Kap. 44 Rn. 12).
Kollisionsrecht ist hier das (deutsche) EGBGB als lex fori. Danach käme es grundsätzlich für das Recht, dem die Schiedsvereinbarung unterliegt - und dessen Form regiert (vgl. Art. 11 Abs. 1 Alt. 1 EGBGB ) - auf die Parteivereinbarung an (vgl. BGHZ 40, 320 , 322 ff; BGH 71, 131, 137; BGH , Urteil vom 25. Mai 1970 - VII ZR 157/68 - AWD 1970, 417, 418; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit 2. Aufl. 1989 Rn. 253 m.w.N.). Dieses Recht muss jedoch nicht bestimmt werden. Denn abweichend von Art. 11 EGBGB gilt nach dem seit 1.10.1994 in Kraft getretenen Art. 29 III 2 EGBGB bei Verbraucherverträgen unabhängig von Art. 11 für die Form das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hier also deutsches Recht. Art 29 III 2 EGBGB ist anwendbar.
aa. Die Anwendbarkeit ist nicht durch Art 29 IV Nr. 2 EGBGB deswegen ausgeschlossen, weil es sich bei dem Vertrag der Parteien um einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, hier als Broker, handelt, die ausschließlich in einem anderen als dem Staat erbracht werden müssen, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die dem Kläger geschuldeten Dienstleistungen mussten nicht ausschließlich in einem anderen Staat als Deutschland erbracht werden. Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB erfasst nur ganz im Ausland abzuwickelnde Verträge, z.B. Dienstleistungen im Rahmen von Beherbergungsverträgen ausländischer Hotels oder Unterrichtsverträge, wenn sie etwa einen Auslandssprachkurs oder einen im Ausland zu absolvierenden Ski- oder Segelkurs zum Gegenstand haben (Begr. RegE Gesetz zur Neuregelung des IPR, BT-Drucks. 10/504, S. 80). Auch örtliche Bank- und Brokerdienstleistungen können hierunter fallen. Darum geht es hier aber nicht. Die Beklagte war bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen nicht auf die USA beschränkt, sondern durfte nach dem maßgeblichen Vertragsinhalt, der keinerlei Einschränkung vorsah, auch an Börsen in anderen Staaten, etwa in Deutschland, Geschäfte tätigen.
Die Ausnahme des Art. 29 IV Nr. 2 EGBGB greift ferner nicht ein, wenn Dienstleistungen vom Ausland aus in das Inland erbracht werden, wie es typischerweise für ausländische Broker gilt, welche inländische Kunden beraten (Münchener Kommentar/Martiny, 4. Aufl. Art. 29 Rn 30). Das gilt auch im hier zu beurteilenden Fall, weil die Beklagte bestimmte Dienstleistungspflichten gerade in Deutschland erbrachte, weil sie - zusätzlich zur gebotenen Aufklärung über die Risiken von Optionsgeschäften - die Aufklärung nach dem deutschen Börsengesetz in Deutschland erbringen musste und auch zu erbringen versucht hat. Ferner ist die Beklagte verpflichtet, über die laufenden Transaktionen ihren Kunden in Deutschland zu informieren, die Geschäfte ihm gegenüber abzurechnen und etwaige Gewinne oder verbliebene Restguthaben an den Kläger nach Deutschland zurückzuzahlen.
bb. Der Vertrag der Parteien ist auch ein Verbrauchervertrag. Es ist nach dem übereinstimmenden Parteivortrag davon auszugehen, dass die Parteien einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, hier von Brokergeschäften, geschlossen haben. Der Vertrag diente auch einem Zweck, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Klägers, sondern seiner privaten Vermögensanlage, zugerechnet werden kann. Dem Vertragsschluss ging auch ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung der Beklagten in Deutschland ( Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ) voraus. Die Beklagte hat die deutsche Vermittlungsgesellschaft gezielt zur Werbung deutscher Kunden eingesetzt und zur Versendung ihrer Informationsbroschüre, u.a. an ihn, den Kläger, veranlasst. Dieses ergibt sich aus dem Rahmenvertrag der Beklagten vom 18.3.1998 mit der Firma D. GmbH, nach deren Inhalt die D. GmbH der Beklagten Anleger zum Zwecke der Eröffnung eines Aktienkontos vermitteln sollte.
II.
Die vom Kläger erhobene Schadensersatzklage ist in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang auch begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß §§ 826, 830 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens in Höhe von 5.112,91 € nebst der vom Landgericht zugesprochenen Zinsen zu.
1. Auf das streitgegenständliche Rechtsverhältnis der Parteien findet, jedenfalls soweit hier ein Anspruch aus dem Recht der unerlaubten Handlung geltend gemacht wird, deutsches Recht Anwendung.
a. Nach dem in Artikel 40 Abs. 1 EGBGB normierten Tatortprinzip unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung entweder dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat, oder wahlweise dem Recht des Staates, in dem der Erfolg eingetreten ist. Als Erfolgsort ist dabei der Ort anzusehen, an dem die Rechtsgutverletzung eingetreten ist, wobei bei reinen Vermögensschäden - wie sie hier in Rede stehen - der Lageort des angeblich geschädigten Vermögens maßgebend ist (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 65. Aufl., Artikel 40 EGBGB, Rdn. 4 m.w.Nachw.; vgl. dazu auch EuGH RIW 2004, 625 betreffend Artikel 5 Nr. 3 EuGVÜ). Im vorliegenden Fall ist - wie bereits oben in anderem Zusammenhang erörtert - der Erfolg des der Beklagten vorgeworfenen Delikts in der Bundesrepublik Deutschland eingetreten, weil der Kläger von seinem Wohnort in Halle aus den für die Geldanlage bestimmten Betrag in Höhe von 5.300 USD am 11.01.2000 an die Beklagte überwiesen hat.
b. An der Anwendbarkeit des deutschen Deliktsrechts ändert sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nichts im Hinblick auf die Vorschrift des Artikel 41 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 1 EGBGB, wonach das in Artikel 40 EGBGB normierte Tatortprinzip dann nicht anzuwenden ist, wenn das vorgeworfene Delikt mit einer anderen Rechtsordnung eine wesentlich engere Verbindung aufweist, die sich namentlich aus einer besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zwischen den Beteiligten im Zusammenhang mit einem Schuldverhältnis ergeben kann.
Dabei kann dahin stehen, ob auf das zwischen den Parteien durch Abschluss des Vertrages vom 03.01.2000 begründete Schuldverhältnis nach den hierfür maßgebenden Vorschriften der Artikel 27 bis 29 EGBGB deutsches oder - wie die Beklagte meint - US-amerikanisches Recht, namentlich das Recht des US-Bundesstaates New York, Anwendung findet. Selbst wenn Letzteres der Fall sein sollte, ändert das hier nichts an der Anwendbarkeit des deutschen Deliktsrechts, da die Voraussetzungen des Artikel 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht gegeben sind. Zweifelhaft ist bereits, ob ein Zusammenhang mit einem Schuldverhältnis im Sinne des Artikel 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB auch dann vorliegt, wenn das in Rede stehende Delikt nicht bei der Abwicklung eines vertraglichen Schuldverhältnisses, sondern - wie es hier allenfalls in Betracht kommt - bei dessen Anbahnung begangen worden sein soll und das Delikt gerade darin bestehen soll, dass der Geschäftspartner - wie hier der Kläger - durch eine unerlaubte Handlung zu dem Vertragsschluss bestimmt worden ist. Aber auch dies braucht nicht abschließend entschieden zu werden. Denn der vorliegende Fall weist insoweit eine weitere Besonderheit auf, als hier eine (zweigliedrige) Kette von Anlagevermittlungsverträgen gegeben ist, nämlich zunächst der Anlagevermittlungsvertrag zwischen dem Kläger und der D. GmbH, die sodann ihrerseits den weiteren Anlagevermittlungsvertrag mit der Beklagten vermittelt hat. Das in Rede stehende, gegebenenfalls als deliktisch zu wertende Verhalten der D. GmbH bzw. deren gesetzlichen Vertreters, an dem sich wiederum die Beklagte als Gehilfin beteiligt haben soll, ist deshalb in erster Linie bei der Anbahnung jenes, zwischen dem Kläger und der D. GmbH begründeten vertraglichen Schuldverhältnisses, das sowohl zeitlich wie sachlich im Vordergrund stand, begangen worden. Auf jenes Schuldverhältnis findet aber Artikel 41 EGBGB von vornherein keine Anwendung, weil die Parteien jenes Vertrages beide ihren Wohnsitz bzw. Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hatten, diesbezüglich also überhaupt kein Auslandsbezug im Sinne des Kollisionsrechts gegeben ist.
2. Nach den somit anwendbaren Vorschriften des deutschen Deliktsrechts ist die Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet. Ihre Haftung ergibt sich aus § 826 BGB in Verbindung mit § 830 Abs. 2 BGB, da sie bzw. ihr vertretungsberechtigtes Organ der D. GmbH bei der von dieser bzw. von deren Geschäftsführer vorsätzlich begangener sittenwidrigen Schädigung des Klägers vorsätzlich Hilfe geleistet hat.
a. Seitens der D. GmbH bzw. deren Geschäftsführers, dessen Verhalten sich die D. GmbH in entsprechender Anwendung des § 31 BGB unmittelbar zurechnen lassen muss, ist eine unerlaubte Handlung im Sinne des § 826 BGB begangen worden.
aa. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der Senat in ebenfalls ständiger Rechtsprechung folgt, fügt der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Börsentermin- oder -optionsgeschäfte der vorliegenden Art vermittelt, dem Optionserwerber in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise dann vorsätzlich Schaden zu, wenn er veranlasst oder bewusst nicht verhindert, dass die Gesellschaft den in die Einzelheiten nicht eingeweihten Optionskäufer über die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Risiken des Börsentermin- oder -optionsgeschäftes nicht ordnungsgemäß aufklärt (vgl. BGHZ 105, 108, 109; BGH WM 1988, 291, 292; BGH WM 1992, 1935; BGH NJW 2002, 2777; BGH NJW-RR 2003, 923; BGH NJW-RR 2004, 203, 206; vgl. auch Senatsurteile vom 26.01.2001 - 17 U 122/00 - und Senatsurteil vom 05.07.2002 - 17 U 200/01).
Der Geschäftsführer der D. GmbH war aufgrund seiner Funktion verantwortlich dafür, dass die von dem von ihm geleiteten Unternehmen geworbenen Anlagekunden entsprechend den rechtlichen Grundsätzen über die mit Börsentermin- und -optionsgeschäften verbundenen Risiken aufgeklärt wurden. Er hatte insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Aufklärung in dem den Kunden zur Verfügung gestellten Informationsmaterial umfassend und entsprechend den rechtlichen Anforderungen erfolgte. Diesen Verpflichtungen, denen der Geschäftsführer der D. GmbH sich unter keinen Umständen entziehen konnte, ist er nicht nachgekommen. Er hat vielmehr veranlasst, dass Informationsmaterial in Verkehr gebracht und auch dem Kläger übergeben wurde, das keine umfassende sachgerechte Risikoaufklärung über Anlagegeschäfte der vorliegenden Art enthielt.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sowie der ständigen Rechtsprechung des Senats muss bei der Vermittlung von Waren- und Börsentermingeschäften, zu denen auch Aktienoptionsgeschäfte der vorliegenden Art gehören (vgl. BGH NJW 1999, 720; BGH NJW 2000, 359; BGH NJW 2001, 1863) und bei denen es sich um hochspekulative Geldanlagen handelt, der Anlageinteressent grundsätzlich über die wesentlichen Grundlagen sowie die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Risiken der Waren- oder Börsentermingeschäfte aufgeklärt werden, sofern er nicht ausnahmsweise als erfahrener Anleger einer Aufklärung nicht bedarf (vgl. BGH WM 1991, 127, 128; BGH NJW 1992, 1879, 1880; BGH WM 1994, 149, 150; BGH WM 1994, 453, 454; BGH NJW-RR 2003, 923, 924; BGH NJW-RR 2004, 2003, 2004 ff.; vgl. auch Senatsurteile vom 26.01.2001 - 17 U 122/00 - und vom 05.07.2002 - 17 U 200/01). Zu der notwendigen Aufklärung gehört es u.a., dass ihm die Höhe der Optionsprämie genannt und er ferner darauf hingewiesen wird, dass die Börsenprämie den Rahmen eines Risikobereiches kennzeichnet, der vom Markt noch als vertretbar angesehen wird, weil die Option nach Einschätzung der Kursentwicklung durch den Börsenhandel eine Gewinnchance hat, die den Optionspreis wert ist. In diesem Zusammenhang muss der Kunde auch darüber aufgeklärt werden, dass jeder Aufschlag auf die Börsenprämie - wie etwa zusätzliche Kommissionen, Provisionen oder Gebühren - die Gewinnaussichten verschlechtert, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel für realistisch angesehene notwendig ist, um überhaupt in die Gewinnzone zu kommen. Dieser Hinweis ist geboten, um dem Kunden deutlich zu machen, dass es sich bei dem Aufschlag auf die Börsenprämie nicht nur um eine Erhöhung des Preises für das selbe Kaufobjekt handelt, sondern dass sich dadurch die Grundlagen des Geschäftes entscheidend verändern und verschlechtern können.
Diese Aufklärung muss dabei, will sie ihren Zweck nicht verfehlen, grundsätzlich schriftlich und darf nicht ausschließlich fernmündlich erfolgen (vgl. BGHZ 105, 108, 110 f.; BGH NJW 1991, 1947, 1948; BGH NJW 1992, 1879, 1880; BGH NJW-RR 2004, 203, 204 m.w.Nachw.). Wichtige Hinweise, wie etwa solche auf die geschäftsspezifischen Risiken und auf die Verschlechterung der Gewinnaussichten durch höhere als die üblichen Gebühren dürfen dabei drucktechnisch oder durch ihre Plazierung nicht in den Hintergrund treten (vgl. BGHZ 105, 108, 114; BGH NJW 1992, 1879, 1880), sondern müssen schriftlich und in einer für den flüchtigen Leser auffälligen Form erfolgen, wobei die Hinweise weder durch Beschönigungen noch durch Werbeaussagen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden dürfen (vgl. BGH WM 1994, 149, 150; BGH WM 1994, 453, 454; BGH WM 1994, 1746, 1747).
Diesen Anforderungen wird das dem Kläger von der D. GmbH zur Verfügung gestellte Informationsmaterial nicht gerecht.
Das Informationsblatt "Wichtige Informationen zu Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" entspricht im Wesentlichen dem banküblichen Informationsblatt zu § 53 Abs. 2 BörsG a.F. und genügt insofern den Anforderungen zur Herstellung der Termingeschäftsfähigkeit (vgl. BGH NJW 1995, 1554, 1555; BGH NJW 1996, 2511, 2512; BGH NJW 1997, 2171, 2172). Es leistet aber nur die erforderliche Grundaufklärung über die Funktionsweise und Risiken der verschiedenen Arten von Börsentermingeschäften. Bei erfahrenen Anlegern mag dies nach Lage des Falles ausreichen (vgl. BGH NJW 1997, 2171, 2172 m.w.Nachw.), bei unerfahrenen Kunden - wie dem Kläger - reicht diese Aufklärung jedoch in der Regel nicht aus. In diesem Sinne unerfahren war auch der Kläger, obwohl er - wie er selbst im Vertrag mit der Beklagten angegeben hat (Bl. 109 GA) - zuvor bereits ein Jahr lang Optionsgeschäfte getätigt und drei Jahre lang mit sog. "stocks" und "bonds" gehandelt hat. Die Beklagte hat - abgesehen von der inhaltlich wenig aussagekräftigen Zeitangabe - weder etwas zum Umfang dieser vom Kläger getätigten Börsengeschäfte noch etwas dazu dargelegt, ob und inwieweit dem Kläger hierbei die Zusammenhänge von Börsenoptionsgeschäften überhaupt bewusst geworden sind und ob und ggf. inwieweit er dabei Erfahrungen gesammelt hat, die ihn in die Lage versetzten, die hier besonders gegebene Gefahrenlage, die durch die hohen Aufschläge der Beklagten entstand, zu überschauen und wenigstens einigermaßen richtig einzuschätzen. In Ermangelung solcher Erkenntnisse bedurfte es deshalb auch hier zusätzlich einer anleger- und objektgerechten individuellen Aufklärung, um den durch die individuellen Bedürfnisse des Anlegers und die Besonderheiten der konkreten Geschäfte bedingten Informationsbedarf zu decken; dies gilt namentlich deshalb, weil es sich hier infolge der von der Beklagten erhobenen Kommissionen, Provisionen und sonstigen Kosten- und Gebührenaufschläge um ganz besonders risikoreiche Börsentermingeschäfte handelt (vgl. BGH NJW 1996, 2511, 2512; BGH NJW 1997, 2171, 2172; vgl. auch Senatsurteil vom 05.07.2002 - 17 U 200/01).
Diese notwendige individuelle Aufklärung wird auch nicht durch den Prospekt der D. GmbH mit dem Titel "Putting the investor first" erfüllt. Der Senat hat sich bereits in seiner Entscheidung vom 05.07.2002 (17 U 200/01), die den Parteien bekannt ist (vgl. Anlage K 14 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005), eingehend mit dem Inhalt eines im Wesentlichen gleichlautenden Prospektes der D. GmbH auseinandergesetzt und entschieden, dass der Prospekt sowohl in formeller wie inhaltlicher Hinsicht nicht die erforderliche Aufklärung des Kunden gewährleistet. An dieser Auffassung hält der Senat fest, wobei wegen der Einzelheiten sowohl auf die Ausführungen in jener Entscheidung als auch gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO an die daran anknüpfenden Erwägungen des Landgerichtes in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen wird. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Inhalt des vorliegend zu beurteilenden Prospektes den an eine ordnungsgemäße Aufklärung zu stellenden Anforderungen nicht gerecht wird. Zwar werden in der Broschüre durchaus eine Reihe von Risiken dargestellt und erläutert. Es fehlt jedoch jedweder drucktechnisch hervorgehobene Hinweis mit markantem und einfach verständlichem Inhalt, in dem hinreichend klar und deutlich darauf aufmerksam gemacht wird, dass die verlangten Aufschläge vor allem Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Hinzu kommt, dass in dem Prospekt die Risikohinweise durch Werbeaussagen entkräftet werden. Dies geschieht - wie das Landgericht zutreffend angemerkt hat - sowohl durch die Formulierungen im Vorwort des Prospektes als auch beispielsweise dadurch, dass gegen Ende unter der Überschrift "Selbsterkenntnis" (S. 19 - Punkt 6.3) u.a. folgendes Resümee gezogen wird:
"... Die Spekulation ist Spiel. Dieses Spiel in der wirklichen Welt der Wirtschaft hat einen hohen Unterhaltungswert und Reiz. Es ist auch lehrreich. ..."
In dieser Aussage liegt eine derartige Verharmlosung der Risiken, dass sie angesichts der tatsächlichen Chancen- und Risikoverteilung der von der D. GmbH bzw. der Beklagten angebotenen Anlagegeschäfte geradezu einer Verhöhnung des Kunden nahe kommt.
Auch die übrigen dem Kläger übermittelten Unterlagen haben nicht zu einer weiteren sachgerechten Aufklärung geführt. Sie gehen inhaltlich nicht über die Darstellungen im Prospekt der D. GmbH hinaus und lassen ebenfalls die oben näher beschriebene notwendige Aufklärung vermissen.
Insgesamt enthält das Informationsmaterial damit keine ausreichenden Warnhinweise, wobei die mit den Börsentermin- und -optionsgeschäften verbundenen Risiken darüber hinaus auch noch durch die übrigen Werbetexte des Prospektes verschleiert und beschönigt werden. Die Warnungen bleiben so im Abstrakten stehen und verfehlen damit ihren eigentlichen Zweck, dem Kunden die Gefährlichkeit gerade des von ihm einzugehenden konkreten Geschäftes nahezubringen (vgl. BGHZ 105, 108, 113 f; BGH WM 1991, 1410, 1412; BGH NJW 1994, 512, 513 = WM 1994, 149, 150; BGH NJW-RR 2004, 203, 204 m.w.Nachw.).
bb. Eine ausführliche Aufklärung über die wirtschaftlichen und technischen Zusammenhänge von Termin- und Optionsgeschäften der vorliegenden Art war hier auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger nicht aufklärungsbedürftig gewesen wäre. Zwar kann im Einzelfall der Umfang von Aufklärungspflichten von der Person des potentiellen Kunden, insbesondere seinen Erfahrungen mit solchen Geschäften, sowie den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängen (vgl. BGH WM 1991, 982, 984; BGH WM 1992, 479, 481; BGH WM 1996, 1214, 1216; BGH WM 1997, 309, 311). Diese Voraussetzungen, die zu einem Wegfall und jedenfalls zu einer Verminderung der Aufklärungspflichten führen können, waren hier jedoch nicht gegeben. Der Kläger, der den Beruf eines Filialleiters ausübt, hatte zwar nicht aufgrund dieser Tätigkeit, aber durch den einjährigen Handel mit Optionen und den dreijährigen Handel mit sog. "stocks" und "bands" eine gewisse Börsenerfahrung. Wie bereits oben ausgeführt worden ist, bleibt aber nicht nur der genaue Umfang dieser Erfahrungen unklar; darüber hinaus sind - und dies ist entscheidend - keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger bei den zuvor getätigten Geschäften irgendwelche Kenntnisse oder Erfahrungen hinsichtlich der Anlagerisiken in der speziellen Anlageform von Börsentermin- und -optionsgeschäften der vorliegenden Art gewonnen hat.
cc. Der Geschäftsführer der D. GmbH hat auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB gehandelt. Er hat bewusst und gewollt die von der D. GmbH selbst oder in deren Auftrag erstellten Prospekte sowie das sonstige Informationsmaterial in Verkehr gebracht und dadurch bewusst veranlasst, dass deren Kunden - unter ihnen der Kläger - nicht in gehöriger Weise aufgeklärt worden sind. Dabei waren ihm alle die Sittenwidrigkeit der mangelhaften Aufklärung begründenden Tatsachen insbesondere der Inhalt und die Gestaltung der verwendeten Unterlagen, bekannt. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer der D. GmbH sich über die Reichweite der Aufklärungspflichten geirrt haben könnte, sind weder dargetan worden noch sonst ersichtlich.
Abgesehen davon, würde ein derartiger Irrtum hier ein vorsätzliches Handeln des Geschäftsführers der D. GmbH auch nicht ausschließen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Haftung wegen einer unerlaubten Handlung grundsätzlich auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraussetzt (sogenannte Vorsatztheorie, vgl. BGHZ 67, 279, 280; BGHZ 118, 201, 208; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 276 BGB, Rdn. 11). Dieser Grundsatz erfährt jedoch beim Tatbestand des § 826 BGB insofern eine Einschränkung, als gerade nicht das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit erforderlich ist, sondern es vielmehr ausreicht, dass der Täter die Tatumstände kennt, die sein Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. BGH WM 1962, 579; BGHZ 74, 281, 284 f; Palandt/Sprau, a.a.O., § 826 BGB Rdn. 11; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 276 BGB, Rdn. 11; zum Irrtum über die Reichweite der Aufklärungspflichten vgl. auch BGHZ 124, 151, 163; BGH 2002, 2777, 2778; BGH NJW-RR 2003, 923, 924; BGH NJW-RR 2004, 203, 206). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Dem Geschäftsführer der D. GmbH kann - wie sich aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung ergibt - nicht verborgen geblieben sein, dass die Geschäfte, die die D. GmbH vermittelte, für die Kunden in hohem Maße risikoreich waren. Wer sich - wie der Geschäftsführer der D. GmbH - in einer solchen Situation entschließt, in einer derartigen Gesellschaft das Amt des Geschäftsführers zu übernehmen, der weiß auch bei laienhaftem Verständnis, dass er seine Kunden sachgerecht und umfassend über die Risiken von Geschäften der in Rede stehenden Art aufklären muss, will er nicht von vornherein eine als sittenwidrig zu bewertende Schädigung der Kunden in Kauf nehmen. Dies gilt umso mehr dann, wenn er es - wie hier - durch die Erhebung außergewöhnlich hoher Provisionen und Kosten selbst veranlasst, dass die Kunden bei den geschäftlichen Transaktionen aller Wahrscheinlichkeit nach Verluste erleiden werden. Aus diesen einfachen und auch von jedem Laien zu treffenden Erwägungen ergibt sich für jeden billig und gerecht Denkenden die Erkenntnis, dass es notwendig ist, sich selbst über das erforderliche Maß der notwendigen Kundenaufklärung zu unterrichten. Tut er dies gleichwohl nicht in der gebotenen Weise, so verschließt er sich bewusst dieser Erkenntnis und handelt schon deshalb sittenwidrig (vgl. Senatsurteile vom 26.01.2001 - 17 U 122/00 - und vom 05.07.2002 - 17 U 200/01).
Aus dem Verhalten des Geschäftsführers der D. GmbH folgt zugleich, dass er eine Schädigung des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen hat. Unerheblich ist dabei, dass er selbst womöglich keinen persönlichen Kontakt zum Kläger hatte und möglicherweise von dessen Identität nichts wusste. Denn dadurch, dass er es in grob anstößiger Weise unterließ und veranlasste, dass die notwendige Aufklärung der Kunden der D. GmbH unterblieb, hat er bzgl. aller potentiellen und tatsächlichen Anleger billigend in Kauf genommen, dass diese gerade wegen der unzureichenden Aufklärung zu Geschäftsabschlüssen veranlasst wurden und dabei Vermögenseinbußen der vorliegenden Art erlitten.
dd. Durch dieses vorsätzlich begangene sittenwidrige Verhalten ist dem Kläger ein Schaden entstanden, der darin besteht, dass dieser sich infolge des deliktischen Verhaltens auf die Anlagevermittlung durch die D. GmbH und die Beklagte eingelassen hat, aufgrund deren das von ihm dafür eingesetzte Kapital in Verlust geraten ist.
b.
Zu dieser von der D. GmbH bzw. von deren Geschäftsführer vorsätzlich begangenen sittenwidrigen Schädigung des Klägers hat die Beklagte vorsätzlich Beihilfe geleistet.
aa. Die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer unerlaubten Handlung im Sinne des § 830 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB richten sich nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Die Teilnahme verlangt demgemäß neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern. Objektiv muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist. Für den einzelnen Teilnehmer muss ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in das fremde Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war (vgl. BGH NJW 1998, 377; BGH NJW 2004, 3423, 3425). Da in Fällen der vorliegenden Art sich nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Verabredung der Beteiligten zur Vornahme der sittenwidrigen Handlung oder eine ausdrückliche Zusage eines Beteiligten zur Hilfeleistung feststellen lassen, ist es entscheidend, ob sich aus den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalles ausreichende Anhaltspunkte für die Beteiligung an einem sittenwidrigen Verhalten ergeben (vgl. BGHZ 138, 89, 102 f; BGH NJW 2004, 2423, 2425).
bb.
Im vorliegenden Fall steht aufgrund der Umstände zur Überzeugung des Senats - ebenso wie zu der des Landgerichts - fest, dass hier sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für eine Beteiligung der Beklagten an der sittenwidrigen Schädigung des Klägers gegeben sind.
Eine objektive Förderung der Tat ergibt sich - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - bereits aus dem Umstand, dass nach dem Gesamtkonzept der Geschäftstätigkeit, wie es auch in dem Prospekt "Putting the investor first" ansatzweise erläutert wird (vgl. z.B. Abschnitte 7 und 10 des Prospektes), die Abwicklung der von der D. GmbH in sittenwidriger Weise angebahnten Anlagevermittlung und auch die Anlageschäfte selbst ohne die Mitwirkung der Beklagten als in den USA tätiges Brokerhaus nicht möglich gewesen wäre. Sie - die Beklagte - war es, die die einzelnen Börsentermin- und -optionsgeschäfte tätigte und die das Kundenkonto für die Geldanlagen führte. Sie war es auch, die die anlässlich der einzelnen Anlagegeschäfte entstehenden Kommissionen und sonstigen Kosten vereinnahmte und jeweils die auf die D. GmbH anfallenden Provisionsanteile an diese abführte (vgl. u.a. das Schreiben der E. AG vom 18.03.1998, Anlage K 12a zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005). Damit steht fest, dass der gesamte Vorgang der Anlagegeschäfte durch die Mitwirkung der Beklagten geprägt war.
Ebenso steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagte bzw. deren vertretungsberechtigtes Organ, dessen Verhalten sich die Beklagte in entsprechender Anwendung des § 31 BGB zurechnen lassen muss, sich vorsätzlich an der sittenwidrigen Schädigung des Klägers beteiligt hat.
Durch die gesamte Konstruktion der Anlagevermittlungsgeschäfte, insbesondere durch die Provisionsbeteiligung der D. GmbH an den bei den einzelnen Anlagegeschäften anfallenden Kommissionen sowie durch die Bevollmächtigung der D. GmbH, die einzelnen Anlagegeschäfte für den Kläger tätigen und steuern zu können, ergab sich die naheliegende, ja geradezu aufdrängende Gefahr, dass die D. GmbH im eigenen Provisionsinteresse unter Außerachtlassung der Anlegerinteressen möglichst häufig Käufe und Verkäufe von Optionen oder sonstige Anlagegeschäfte veranlasste. Sowohl die vorgenannten gefahrauslösenden Umstände als auch die sich daraus für den Kläger als Kunden ergebenden Gefahren waren der Beklagten ebenso bekannt wie die exorbitant hohen Verlustrisiken, die sich für den Kläger ohnehin bei Anlagegeschäften der vorliegenden Art namentlich wegen der vereinbarten Kommissionen, Provisionen und sonstigen Aufschläge ergaben.
Die Beklagte macht insoweit selbst nicht geltend, dieser Gefahr in irgendeiner Weise durch geeignete Schutzmaßnahmen entgegengewirkt zu haben obwohl die vorbeschriebene, bzgl. der Anlegerinteressen bestehende Gefahrensituation für die Beklagte die Verpflichtung begründete, Vorsorge gegen den Missbrauch der Vertragskonstruktion durch die D. GmbH zu treffen, insbesondere die Seriosität der D. GmbH zu überprüfen (vgl. BGH NJW 2004, 3423, 3425). Dafür reichte die Prüfung einer Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz nicht aus, weil es sich hier nur um gesetzliche, formale Mindestvorschriften handelt. Vielmehr wäre eine weitergehende Überprüfung schon aufgrund der zwischen der Beklagten und der D. GmbH getroffenen Vereinbarung über die Beteiligung an den vereinnahmten Kommissionen, die eine vom Anleger kaum zu kontrollierende Möglichkeit des churning (Spesenreiterei) beinhaltete und für die D. GmbH die Möglichkeit eröffnete, ohne Rücksicht auf die Anlage- und Investmentziele des Anlegers durch eine übermäßige Anzahl von Transaktionen Provisionen zu erzielen, geboten gewesen. Wegen dieser Umstände hätte sich der Beklagten hinsichtlich der Seriosität der D. GmbH die Frage aufdrängen müssen, ob der Kläger von der D. GmbH in ausreichender Weise aufgeklärt worden ist. Dies gilt umso mehr, als es angesichts des Umstandes, dass das mit den Anlagegeschäften verbundene Risiko so exorbitant hoch war, dass ein Verlust kaum vermeidbar und eine Gewinnerzielung nahezu ausgeschlossen war, kaum verständlich ist, dass jemand, der hierüber eindeutig und unmissverständlich ohne jegliche Verharmlosungen und Beschönigungen aufgeklärt worden ist, überhaupt entsprechende Anlagen tätigt. Ein Brokerhaus - wie die Beklagte - aber, das unter den gegebenen Umständen die naheliegende Gefahr der praktizierten Provisionsbeteiligung und -abführung für den Anleger kennt und sie gleichwohl ohne jedwede Schutzmaßnahme praktiziert, nicht einmal die Seriosität des Beratungsunternehmens überprüft, leistet zumindest bedingt vorsätzliche Hilfe zu dem sittenwidrigen Handeln des beratenden Anlegevermittlers (vgl. BGH NJW 2004, 3423, 3425). Ob die Hilfeleistung dabei der eigentliche oder einzige Beweggrund des Brokers ist, ist für seine Haftung unerheblich (vgl. BGHZ 70, 277, 286; BGH NJW 2004, 3423, 3425).
Diese Betrachtungsweise wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Abrede über die Provisionsbeteiligung durch die D. GmbH offengelegt war und - wie die Beklagte geltend macht - derartige Provisionsabreden absolut üblich sein mögen. Die Gefahr, dass die vorliegend getroffene Vereinbarung dem Berater die vom Anleger nicht zu kontrollierende Möglichkeit einer Spesenreiterei bot, bestand nämlich gleichwohl. Gleiches gilt angesichts des Vorgesagten hinsichtlich der nicht ausreichenden Risikoaufklärung, die auch für die Beklagte als geschäftserfahrene Brokerin auf der Hand lag.
c.
Aufgrund ihrer Beteiligung an der von der D. GmbH begangenen sittenwidrigen Schädigung des Klägers ist die Beklagte - ebenso wie die Haupttäterin - gemäß §§ 830 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, 840 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Im Rahmen des Schadensersatzes hat sie den Kläger so zu stellen, wie dieser stünde, wenn die mit ihrer Beteiligung veranlasste sittenwidrige Schädigung des Klägers nicht begangen worden, dieser also vor Abschluss der Anlagevermittlungsgeschäfte ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre.
Dabei ist vor dem geschilderten Hintergrund darauf rückzuschließen, dass der Kläger von den Börsentermin- und -optionsgeschäften abgesehen hätte, wenn er von der D. GmbH in der gebotenen Weise aufgeklärt worden wäre. Diese tatsächliche Kausalitätsvermutung ist im vorliegenden Fall von der Beklagten nicht widerlegt worden. An einem entsprechenden substantiierten und schlüssigen Vortrag der Beklagten des Inhalts, dass der Kläger auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Anlagegeschäfte getätigt hatte, fehlt es.
Der Kläger kann somit von der Beklagten die Erstattung des Geldeinsatzes beanspruchen, den er für die Börsentermin- und -optionsgeschäfte aufgewendet hat. Er hat der Beklagten zu diesem Zweck einen Betrag von 5.300 USD zur Verfügung gestellt, ohne nach der Beendigung der Geschäftsbeziehung zur Beklagten etwas zurückzuerhalten. Bei der Bemessung des sich daraus ergebenden Verlustes in deutscher Währung ist zu berücksichtigen, dass in Anbetracht der Gesamtumstände nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass der Kläger anlässlich der Zahlung an die Beklagte einen entsprechenden DM- bzw. Eurobetrag in US-Dollar gewechselt hat, unter Berücksichtigung des von der H.-Bank anlässlich der Überweisung in Ansatz gebrachten Wechselumrechnungskurses von 1 USD = 1,9931 DM (1,0190 €) (vgl. Anlage K 23 a zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005) ergibt sich ein Verlustbetrag von 5.200,67 €, wobei dem Kläger aber nach § 308 ZPO nicht mehr zugesprochen werden darf, als er beantragt hat; dies ist ein Betrag von 5.112,91 €.
3.
Der Schadensersatzanspruch ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch nicht verjährt.
Für die Zeit vor dem 1.1.2002 richtet sich der Beginn der Verjährung gemäß Art. 229 § 6 I 2 EGBGB nach der bis zu diesem Tag gültigen Fassung des Gesetzes. Nach § 852 BGB a.F. verjährte ein Anspruch aus § 826 BGB in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, an dem der Anspruchsberechtigte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat. Auch für die Zeit nach dem 1.1.2002 finden auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche gemäß Art. 229 § 6 I 1 EGBGB die neuen Verjährungsregeln Anwendung. Nach § 199 I BGB n.F. beginnt die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB n.F.) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen müsste.
Von der Person des Ersatzpflichtigen hat der Geschädigte dann Kenntnis erlangt, wenn ihm außer dessen Name auch dessen Anschrift bekannt ist (vgl. BGH NJW 2001, 1721 f; BGH NJW-RR 2003, 923, 924). Kenntnis vom Schaden hat er dann, wenn er aufgrund seines Informationsstandes in der Lage ist, eine auf eine deliktische Anspruchsgrundlage gestützte Klage schlüssig zu begründen (BGH NJW 1994, 3092, 3093). In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem Schadensersatz wegen einer unzureichenden Aufklärung über die Risiken von Börsentermin- und -opitonsgeschäften verlangt wird, gehört dazu die Kenntnis der Umstände, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (vgl. BGH NJW-RR 2002, 774; BGH NJW 2002, 2777; BGH NJW-RR 2003, 923, 924). Wenn - wie hier - bei jedem einzelnen Anlagegeschäft Kommissionen, Provisionen und sonstige Entgelte in erheblichem Ausmaß erhoben werden, so ergibt sich - wie oben im einzelnen ausgeführt worden ist die besondere Rechtspflicht zur Aufklärung über die Auswirkungen der vorgenannten Entgelterhebungen auf die Gewinnchancen des Anlegers daraus, dass unter den gegebenen Umständen nicht nur eine Gewinnerzielung im Ergebnis nahezu ausgeschlossen, sondern - im Gegenteil - das Risiko eines Totalverlustes des Kapitals so exorbitant hoch ist, dass der Anleger praktisch keine Chance hat. Erst die positive Kenntnis von diesen die Aufklärungspflicht begründenden Zusammenhängen ermöglicht dem Anleger die ausreichende Geltendmachung des Schadensersatzanspruches wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (vgl. BGH NJW 2002, 2777; BGH NJW-RR 2003, 923, 924), wobei hier bzgl. einer Anspruchsgeltendmachung gegen die Beklagte hinzukommen muss, dass der Kläger auch von den Umständen Kenntnis hatte, die eine Haftung der Beklagten wegen einer Teilnahme an der von der D. GmbH begangenen sittenwidrigen Schädigung begründeten.
Dass hier eine solche Kenntnis mehr als drei Jahre vor der Klageerhebung gegen die Beklagte, also mehr als drei Jahre vor der am 14.06.2005 erfolgten Zustellung oder - soweit man auf § 167 ZPO abstellen könnte - mehr als drei Jahre vor dem Eingang der Klageschrift am 27.12.2004 bestand, hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte weder dargetan noch bewiesen.
a.
Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger selbst bereits vor dem 14.06.2002 Kenntnis von den vorgenannten Umständen hatte.
aa. Soweit die Beklagte diesbzgl. behauptet, ein I. habe den Kläger bereits vor dem Jahre 2001 auf etwaige Ansprüche gegen die Beklagte aufmerksam gemacht, reicht ihr Vorbringen inhaltlich nicht aus, um eine den Lauf der Verjährung in Gang setzende Kenntnis des Klägers in dem von der Beklagten genannten Zeitraum annehmen zu können. Wie nämlich bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, könnte dies nur dann bejaht werden, wenn der als Zeuge benannte I. bei dieser Gelegenheit gegenüber dem Kläger die Sachverhaltselemente klar herausgestellt hätte, aus denen sich die Tatumstände für eine Haftung der Beklagten ergeben (vgl. BGH NJW 1994, 3092, 3093). Er hätte ihn also sowohl über die die sittenwidrige Schädigung begründenden Aufklärungsmängel und die Zusammenhänge, aus denen sich die Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt, als auch über die Umstände aufklären und informieren müssen, die die Teilnahme der Beklagten an dem von der D. GmbH als Haupttäterin begangenen Delikt betreffen. Für eine derartig umfassende Inkenntnissetzung des Klägers durch I. lässt sich dem Vorbringen der Beklagten indessen nichts Konkretes entnehmen.
bb. Soweit die Beklagte darüber hinaus geltend macht, der Kläger sei - wie auch die übrigen von der D. GmbH geworbenen Anleger - im Jahre 2002 seitens der Staatsanwaltschaft Krefeld mit der Bitte angeschrieben worden, einen Fragebogen auszufüllen (Bl. 226-228 GA), ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, wieso dieser Umstand ihm die Kenntnisse und Erkenntnisse vermittelt haben soll, auf die nach den oben beschriebenen Umständen abzustellen ist. Das Schreiben enthielt keinerlei für den Kläger bedeutsame Tatsachenmitteilung, sondern diente - umgekehrt - der Tatsachenermittlung durch die Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren, welches im übrigen - wie sich aus dem Schreiben ergibt - nicht einmal die hier streitgegenständlichen Vorgänge sondern die angebliche Weitergabe von Kundendaten seitens der D. GmbH und den darauf gestützten Verdacht des nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbaren Bankrotts zum Gegenstand hatte.
cc. Ebenso unerheblich ist auch der Hinweis der Beklagten auf das Schreiben der D. GmbH vom 22.02.2001 (Bl. 229, 230 GA), welches auch der Kläger erhalten haben soll und in dem "enorme Schwierigkeiten mit unserem jetzigen Broker E.." behauptet wurden. Wieso diese floskelhafte Bemerkung dem Kläger Tatsachenkenntnisse und Erkenntnisse bezüglich der die Aufklärungspflicht begründenden Zusammenhänge vermittelt haben soll, ist nicht ersichtlich.
b.
Im Ergebnis gleiches gilt auch für eine etwaige Kenntnis der vom Kläger beauftragten Rechtsanwälte, deren Wissen sich der Kläger ggf. entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen muss (vgl. BGHZ 83, 293, 296; BGH NJW 1989, 2323; BGH NJW 1994, 1150, 1151; BGH NJW-RR 2003, 923, 924).
Dabei braucht hier nicht aufgeklärt und entschieden zu werden, wann denn die vom Kläger beauftragten Rechtsanwälte - etwa aufgrund der Vertretung anderer Anleger - eine ausreichende Kenntnis von den maßgebenden Umständen erlangt haben. Denn eine Wissenszurechnung der beauftragten Rechtsanwälte kann - wie das Landgericht zutreffend entschieden hat - erst von dem Zeitpunkt an erfolgen, zu dem der Kläger sie entweder umfassend mit der Aufklärung des Sachverhalts und der Geltendmachung aller in Betracht kommenden Ansprüche gegen alle Beteiligten oder aber speziell mit der Geltendmachung der Ansprüche gegen die Beklagte mandatiert hat. Dass dies hier mehr als drei Jahre vor Klageerhebung gegen die Beklagte geschehen ist, hat diese hingegen nicht schlüssig dargelegt.
Der Kläger seinerseits behauptet unter Vorlage einer Kopie der entsprechenden Vollmacht (Anlage K 30 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005), er habe die Rechtsanwaltskanzlei, in der auch seine jetzige Prozessbevollmächtigte tätig ist, am 27.11.2004 mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Beklagte beauftragt.
Dies hat die Beklagte zwar bestritten, ihrerseits aber nicht - wie es aufgrund der ihr obliegenden Darlegungslast notwendig wäre - substantiiert und schlüssig dargetan, dass eine solche Mandatierung bereits zuvor, und zwar mehr als drei Jahre vor der Klageerhebung erfolgt ist. Sie hat weder einen konkreten, vor dem 27.11.2004 liegenden Zeitpunkt benannt, zu dem die Mandatierung erfolgt sein soll, noch hat sie ein zeitlich eingrenzbares Sachverhaltsgeschehen geschildert, welches auf eine solche frühere Beauftragung der Rechtsanwälte durch den Kläger schließen ließe.
Stattdessen gibt sie sich der Spekulation hin, der Kontakt des Klägers zu den von ihm beauftragten Rechtsanwälten sei durch I. vermittelt worden, wobei sie jedoch weder irgendwelche aufklärungsfähigen Angaben zum Zeitpunkt dieser angeblichen Vermittlung gemacht noch die Behauptung des Klägers, ein I. sei ihm unbekannt, zum Anlass genommen hat, wenigstens ihre diesbezügliche gegenteilige Behauptung zu substantiieren.
Ebenso spekulativ und substanzlos ist auch die weitere, erstmals in der Berufungsinstanz aufgestellte Erwägung, es liege "auf der Hand", dass sich die jetzigen anwaltlichen Vertreter des Klägers im Jahre 2000, nämlich sogleich nach einer für einen anderen Mandanten genommenen Einsicht in die staatsanwaltlichen Ermittlungsakten des gegen die Verantwortlichen der D. GmbH eröffneten Ermittlungsverfahrens (vgl. Schreiben der Rechtsanwälte M. pp. vom 12.09.2000 und 20.10.2000, Bl. 231-235 GA), an den Kläger gewandt hätten, um einen möglichen Zeugen zu gewinnen. Für ein derartiges Vorgehen der Rechtsanwälte schildert weder die Beklagte irgendwelche Anhaltspunkte noch lassen sich solche dem sonstigen Sachverhalt entnehmen.
Ebenso substanzlos bleibt auch ihr weiterer Vortrag, der Kläger sei bereits im zeitlichen Vorfeld seines Vorgehens gegen sie - die Beklagte - anwaltlich beraten gewesen, als er zunächst versucht habe, gegen den ehemaligen Geschäftsführer der D. GmbH vorzugehen, dem er entsprechend der üblichen Vorgehensweise seiner Prozessbevollmächtigten einen Vergleich angeboten habe. Auch bei diesem Vorbringen fehlen nicht nur jegliche Angaben zu einer genaueren zeitlichen Eingrenzung; vielmehr ist dem Vorbringen auch nicht zu entnehmen, wer denn - der Kläger selbst oder seine Rechtsanwälte - das Vergleichsangebot eigentlich konkret unterbreitet haben soll. Unter diesen Umständen bleibt die Behauptung, der Kläger sei zu jener Zeit - wann auch immer dies gewesen sein soll - bereits anwaltlich beraten gewesen, bloße Spekulation. Hinzu kommt, dass es für eine Wissenszurechnung entsprechend § 166 Abs. 1 BGB auch nicht ausreichen würde, wenn der Kläger seine Rechtsanwälte seinerzeit nur mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den ehemaligen Geschäftsführer der D. GmbH, nicht aber auch mit einer umfassenden Aufklärung des Sachverhalts sowie der Geltendmachung von Ansprüchen entweder gegen alle Beteiligten oder speziell gegen die Beklagte mandatiert hätte. Auch hierzu fehlen - trotz entsprechender Hinweise des Landgerichts im angefochtenen Urteil - auch in der Berufungsinstanz jegliche konkrete Angaben.
4. Der Zinsanspruch ergibt sich in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang für die Zeit vor der Klageerhebung aus §§ 849, 246 BGB und für die Zeit danach aus §§ 291, 288 BGB.
III.
Der Tenor wurde zum Zwecke der sprachlichen Klarstellung neu formuliert. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO und berücksichtigt die erst in zweiter Instanz erfolgte Trennung der ursprünglich drei Verfahren. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt weniger als 20.000,00 € (§ 26 Nr. 8 EGZPO, die Fassung nach dem 2. Gesetz zur Modernisierung der Justiz, BGBl. 2006 I 3416, war zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht in Kraft).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Dies gilt auch im Hinblick auf die im Ergebnis anderen Entscheidungen des 22. Zivilsenats des hiesigen Oberlandesgerichts vom 08.11.2002. Sollte sich jenes Urteil tatsächlich mit dem selben, von der D. GmbH auch im Streitfall verwendeten Informationsmaterial beschäftigt haben, so läge zwar eine Differenzentscheidung zu der Frage vor, ob dieses Informationsmaterial eine ausreichende, den strengen Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügende Aufklärung enthält. Eine Revisionszulassung etwa zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist indes gleichwohl nicht angezeigt, weil der Bundesgerichtshof in seiner am 15.07.2003 ergangenen Entscheidung über die in jenem Verfahren eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (XI ZR 442/02; Anlage K 15 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005) die Frage bereits geprüft und im Sinne der Rechtsauffassung des erkennenden Senats entschieden hat.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 5.112,91 € festgesetzt
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-16 U 95/98 14.11.2003 31 O 93/97 - LG Düsseldorf Schiedsfähigkeit; - BeschlussmängelstreitigkeitSchiedsvereinbarung: - Schiedseinrede, unzulässige Rechtsausübung; - Unwirksamkeit, Kündigung aus wichtigem Grund, Undurchführbarkeit
URTEIL:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. März 1998 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leistet. Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Aufsicht der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts erbracht werden.
TATBESTAND:
Der Kläger war Gesellschafter der am 19. April 1994 gegründeten Beklagten. Weitere Gesellschafter sind Dr. N... und Dr. W.... Am Stammkapital von 150.000,-- DM waren die Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt. Jeder der drei Gesellschafter wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 19. April 1994 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Diese schloss mit allen drei Geschäftsführern gleichlautende Anstellungsverträge mit Wirkung ab 1. Juli 1994.
Nach Abschnitt VI des am 19. April 1994 notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 11. November 1994 wurde die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit errichtet und konnte von jedem Gesellschafter erstmals zum 31. Dezember 1996 mit einer Frist von 12 Monaten zum Schluss eines jeden Kalenderjahres gekündigt werden. Die Kündigung war nach dem Gesellschaftsvertrag durch Einschreiben der Geschäftsführung und allen Gesellschaftern gegenüber zu erklären. Sie führte nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern diese sollte unter Ausscheiden des Kündigenden von den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt werden.
Hinsichtlich der Gesellschafterversammlung heißt es in dem Gesellschaftsvertrag unter Abschnitt VIII:
"1. Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Gesellschafterversammlungen gefasst. Soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag keine andere Mehrheit zwingend vorschreibt, beschließen die Gesellschafter mit 3/4 der abgegebenen Stimmen. ...
2. ...
3. Gesellschafterversammlungen finden am Sitz der Gesellschaft statt, sofern die Versammlung nicht etwas anderes beschließt. Zur Versammlung sind die Gesellschafter mittels eingeschriebenen Briefs unter Angabe der Tagesordnung einzuladen. Zwischen dem Tag der Absendung des Einladungsschreibens und dem Tage der Versammlung müssen mindestens zwei Wochen liegen...
Eine Gesellschafterversammlung ist nur beschlussfähig, wenn mindestens 75 % des Stammkapitals vertreten sind. Ist die Gesellschafterversammlung nicht beschlussfähig, so ist unter Beachtung des vorgehenden Abschnitts mit derselben Tagesordnung eine neue Versammlung einzuberufen, die ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienen oder vertretenden Gesellschafter beschlussfähig ist, falls hierauf in der Einberufung hingewiesen wird."
Nach Abschnitt IX des Gesellschaftsvertrages konnten die Gesellschafter die Einziehung eines Geschäftsanteils grundsätzlich nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters beschließen, ohne dessen Zustimmung u.a. dann, wenn der Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis gekündigt hatte oder er aus irgendeinem anderen Grund aus der Gesellschaft ausschied. Abschnitt XI der Satzung der Beklagten regelte das Ausscheiden des tätigen Gesellschafters u.a. wie folgt:
"1. ...
2. Sollte ein Gesellschafter seinen Anstellungsvertrag kündigen oder sollte der Anstellungsvertrag aus einem sonstigen Grunde aufgelöst werden, so ist der Gesellschafter verpflichtet, seinen Geschäftsanteil den übrigen Gesellschaftern in dem Verhältnis, in dem deren Geschäftsanteile zueinander stehen, zum Kauf anzubieten. Das Angebot ist spätestens innerhalb von vier Wochen nach der Beendigung des Anstellungsvertrages den übrigen Gesellschaftern in notarieller Form anzutragen. ... Die Höhe des Kaufpreises und dessen Zahlung ist gemäß Abschnitt XII. zu bestimmen.
3. ...
4. Sollte ein Gesellschafter, dessen Anstellungsverhältnis endet, seinen Anteil nicht gemäß den vorstehenden Bestimmungen anbieten, so kann er gemäß Abschnitt IX Abs. 2 - 3 des Gesellschaftsvertrages eingezogen werden."
Abschnitt XV des Gesellschaftsvertrages sah die Vereinbarung einer Schiedsgerichtsklausel vor und hat folgenden Wortlaut:
"Es soll über alle Streitigkeiten, die sich zwischen der Gesellschaft auf der einen und den Gesellschaftern auf der anderen Seite sowie zwischen den Gesellschaftern untereinander auf Grund des Gesellschaftsvertrages - auch über dessen Rechtswirksamkeit - ergeben, zunächst ein Schiedsgericht entscheiden. Die Vereinbarung hierzu treffen die Beteiligten in separater Urkunde."
Den Schiedsvertrag, der die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und die Vergütung der Schiedsrichter regelte, schlossen der Kläger und seine beiden Mitgesellschafter im Anschluss an die Beurkundung des Gesellschaftsvertrages in separater Urkunde in notarieller Form ab, wobei eingangs die Zuständigkeit des Schiedsgerichts entsprechend Abschnitt XV des Gesellschaftsvertrages festgelegt wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages und des Schiedsvertrages wird auf die Anlagen K 1 und K 2 Bezug genommen.
Nach zunächst erfolgreicher Zusammenarbeit der Gesellschafter kam es zwischen ihnen zu Meinungsverschiedenheiten; die Gesellschafter sind nunmehr zerstritten. Der Kläger einerseits und die Gesellschafter Dr. N... und Dr. W... andererseits waren in der Vergangenheit bestrebt, die Gesellschaft ohne die jeweils andere Seite fortzufü hren. Einigungsbemühungen scheiterten an den beiderseitig geltend gemachten Abfindungsforderungen. Die Meinungsverschiedenheiten traten insbesondere in der Gesellschafterversammlung der Beklagte vom 22. September 1995 zutage, die sich unter anderem mit der Gewinnverteilung für das Geschäftsjahr 1994 hätte befassen sollen. Die Gesellschafter Dr. N... und Dr. W... kündigten daraufhin unter dem 9. und 11. Oktober 1995 ihre Anstellungsverträge bei der Beklagten zum 31. Dezember 1996. Mit gleichlautenden Schreiben vom 17. Oktober 1995 erklärten beide, die jeweils andere Kündigung werde als formunwirksam gemäß § 2 Ziffer 1 des Anstellungsvertrages zurückgewiesen, weil sie nicht per Einschreiben zugestellt worden sei.
Hiernach lud Dr. W... als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer zu einer Gesellschafterversammlung am 6. November 1995 ein. Die mitgeteilte Tagesordnung sah u.a. die Antragstellung und Beschlussfassung über eine Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers vor. Für den Fall, dass die Versammlung nicht beschlussfähig sein werde, wurde gleichzeitig zu einer zweiten Versammlung am 24. November 1995 eingeladen. Die Versammlung vom 6. November 1995 wurde nicht durchgeführt. In der Gesellschafterversammlung vom 24. November 1995 wurden verschiedene Vorwürfe gegen den Kläger erhoben. Mit den Stimmen der beiden anderen Gesellschafter wurde beschlossen, dass die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung widerrufen und die Geschäftsführung beauftragt werde, den Anstellungsvertrag des Klägers mit sofortiger Wirkung zu kündigen, was sodann auch mit Schreiben der Beklagten vom 27. November 1995 geschah.
Mit Schreiben vom 27. November 1995 sprach die Beklagte gegenüber Rechtsanwalt Dr. S... unter Bezugnahme auf die vorgenannten Gesellschafterbeschlüsse die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers aus. Im Auftrage der Beklagten sprach der sie vertretende Rechtsanwalt Dr. R..., der auch Dr. N... und Dr. W... anwaltlich vertrat, mit Anwaltsschreiben vom 4. Dezember 1995 erneut die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers aus.
Der Kläger hielt die Gesellschafterbeschlüsse vom 24. November 1995 und die nachfolgenden fristlosen Kündigungen seines Anstellungsvertrages für unwirksam. Er erwirkte vor dem Landgericht Düsseldorf im Verfahren 31 O 228/95 durch Beschluss vom 14. Dezember 1995 und diesen im Wesentlichen bestätigendes - rechtskräftiges - Urteil vom 25. Januar 1996 (Anlage K 18) eine einstweilige Verfügung, mit welcher der Beklagten untersagt wurde, die betreffenden Beschlüsse vom 24. November 1995 zu vollziehen. Einschränkend sprach das Landgericht aus, dass diese Anordnungen nur bis zur Entscheidung über das vom Kläger eingeleitete Schiedsgerichtsverfahren bzw. bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Kläger vor dem Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 31 O 229/95 erhobene Klage auf Feststellung des Fortbestandes seines Anstellungsvertrages Bestand haben sollen. Durch rechtskräftiges Urteil vom 19. Juni 1996 (Anlage K 19) stellte das Landgericht Düsseldorf in dem angesprochenen Rechtsstreit 31 O 229/95 fest, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers mit der Beklagten durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 27. November 1995 nicht aufgelöst worden sei.
Mit einer im April 1996 vor dem Schiedsgericht gegen die Beklagte und die Gesellschafter Dr. N... und Dr. W... erhobenen Klage beantragte der Kläger u. a., die in der Gesellschafterversammlung vom 24. November 1995 gefassten Beschlüsse über den Widerruf seiner Bestellung zum Geschäftsführer und über die Beauftragung der Geschäftsführung, den mit ihm geschlossenen Anstellungsvertrag fristlos zu kündigen, für nichtig zu erklären. Außerdem hatte er die Feststellung begehrt, dass die von den Gesellschaftern Dr. N... und Dr. W... ausgesprochenen Kündigungen ihrer Anstellungsverträge rechtswirksam seien. Durch Schiedsspruch vom 23. Juli 1996 (Anlage K 20) sah das Schiedsgericht die Beschlussfassung über den Widerruf der Geschäftsführerbestellung des Klägers wie auch die weiteren Anträge als nicht schiedsfähig an.
Auf eine vom Kläger im Jahre 1997 gegen die Gesellschafter Dr. N... und Dr. W... erhobene Klage hat das Landgericht Düsseldorf diese in dem Rechtsstreit 37 O 6/97 mit Urteil vom 17. November 1997 (Bl. 219 - 231 GA) verurteilt, dem Kläger ihre Geschäftsanteile an der Beklagten zu verkaufen. Diese Entscheidung hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf - nach Erlass des hier angefochtenen Urteils - durch Urteil vom 25. Februar 1999 (6 U 2/98) abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen.
Mit seiner vorliegenden Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wendet sich der Kläger gegen zwei in einer Gesellschafterversammlung vom 23. Juli 1997 gefasste Beschlüsse, denen zufolge sein Geschäftsanteil eingezogen und sein Abfindungsanspruch mit Gegenansprüchen verrechnet worden ist. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Beschlüsse formal ordnungsgemäß gefasst und materiell gerechtfertigt sind. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Anwaltsschreiben vom 13. Juni 1997 (Anlage K 25) lud die Beklagte durch Rechtsanwalt Dr. R..., dem Dr. W... Vollmacht (Anlage K 27) erteilt hatte, zu einer Gesellschafterversammlung am 7. Juli 1997 und für den Fall, dass die Versammlung nicht beschlussfähig sei, auf den 23. Juli 1997 in die Kanzleiräume von Dr. R... ein. Angekündigt wurden als Tagesordnungspunkte die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers, Erklärungen zur Einziehung und die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Kläger. Mit Schreiben vom 3. Juli 1997 (Anlage K 26) teilte der anwaltliche Vertreter der Beklagten mit, dass die Gesellschafterversammlung vom 7. Juli nicht stattfinde, "da wohl nicht alle Beteiligten zu der Gesellschafterversammlung" erschienen; die zweite Versammlung am 23. Juli finde statt.
Mit weiterem Schreiben vom 3. Juli 1997 (Anlage K 28) machte die Beklagte gegenüber dem Kläger Zahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 81.626,72 DM mit Zahlungsfrist 15. Juli 1997 geltend.
Hinsichtlich der Gesellschafterversammlung am 23. Juli 1997 bevollmächtige der Kläger Rechtsanwalt Dr. S... per Telefax, ihn bei der Gesellschafterversammlung zu vertreten und seine Stimmrechte auszuüben, wobei die Vollmacht die Befugnis ausschloss, an den Kläger gerichtete Willenserklärungen entgegenzunehmen.
Anlässlich der am 23. Juli 1997 durchgeführten Versammlung verlies Rechtsanwalt Dr. S... vor Eintritt in die Tagesordnung die Kanzleiräume von Dr. R...; die Gründ dafür sind zwischen den Parteien streitig. Ausweislich des Protokolls über die Gesellschafterversammlung vom 23. Juli 1997, wegen dessen Inhalts auf die Anlage K 29 verwiesen wird, fasste die Beklagte sodann die mit der vorliegenden Klage zur Überprüfung gestellten Beschlüsse.
Noch mit Schreiben 23. Juli 1997 (Anlage K 31) kündigte die Beklagte dem Kläger die Einziehung seines Geschäftsanteils an. Das Protokoll über die Gesellschafterversammlung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 28. Juli 1997 (Anlage K 29) übersandt. Mit Schreiben vom 6. August 1997 (Anlage K 30) beanstandete Dr. S... dessen Inhalt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass der vorliegende Streit der Parteien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht schiedsfähig sei, und außerdem vorgetragen:
Die am 23. Juli 1997 gefassten Beschlüsse seien nichtig. Eine wirksame Einladung zu der Versammlung habe es nicht gegeben, auch sei ihm die Teilnahme an der Versammlung versagt worden und die gefassten Beschlüsse seien willkürlich und in sittenwidriger Weise gefasst worden, um ihn um seinen Anteil zu bringen. Die Einladung sei unzulässig gewesen, weil Dr. W... nicht mehr zu der Gesellschafterversammlung habe einladen dürfen. Nach der Kündigung seiner Gesellschafterstellung habe ihm eine Geschäftsführungsbefugnis nicht mehr zugestanden. Vielmehr hätte Dr. W... seinen Anteil an ihn, den Kläger, abtreten müssen. Die von ihm erklärte Kündigung sei wirksam. Die Zurückweisung seines anwaltlichen Vertreters am 23. Juli 1997 sei rechtswidrig gewesen. Im Übrigen hätten die Beklagten ihm bereits seit 1996 jegliche Informationen vorenthalten. Die Versammlung vom 23. Juli 1997 sei auch nicht satzungsgemäß einberufen worden. Auch der Ort der Versammlung der Anwaltskanzlei des Bevollmächtigten der Beklagten sei unzulässig gewesen.
Inhaltlich seien die gefassten Beschlüsse nichtig. Die Einziehung sei unzulässig gewesen. Eine hinreichende Ankündigung habe es nicht gegeben. Er hätte mitwirken müssen. Der Ausschluss der Abfindung sei unzulässig. Die angeblichen Forderungen der Beklagten gegen ihn, mit welchen gegen das Abfindungsguthaben aufgerechnet werden solle, habe es nicht gegeben. Insoweit fehle auch ein Gesellschafterbeschluss. Aus diesem Grund fehle es an einer Grundlage für die beschlossene Einziehung und deren Verrechnung.
Der Beschluss über das Einziehungsentgelt sei nichtig, weil die Höhe des Einziehungsentgelts nicht nach dem finanzamtlichen Feststellungsbescheid über den gemeinen Wert der Gesellschaft, sondern auf der Grundlage der Bilanz der Gesellschaft zu ermitteln sei. Einen Grund für die Einziehung habe es nicht gegeben. Die Gesellschafter hätten verhindert, dass er für die Beklagte weiter aktiv habe tätig werden können. Sie hätten ihm den Zutritt zu den Geschäftsräumen verwehrt und die Schlösser zu den Geschäftsräumen ausgetauscht.
Sein Anstellungsvertrag sei zu keiner Zeit gekündigt oder aufgelöst worden. Aus diesem Grund habe es keine Verpflichtung gegeben, den Geschäftsanteil den Gesellschaftern der Beklagten anzubieten. Die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung sei rechtskräftig festgestellt worden. Eine ordnungsmäßige befristete Kündigung sei im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen. Eine unwirksame Kündigung brauche nicht angegriffen zu werden, sie werde nicht dadurch wirksam, dass sie nicht angegriffen werde. Er sei auch nicht wirksam als Geschäftsführer der Beklagten abberufen worden.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die von der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 23. Juli 1997 gefassten Beschlüsse
1. sein (des Klägers) Anteil im Nennbetrag von 50.000,-- DM wird eingezogen. Die Geschäftsanteile der Herren Dr. N... und Dr. W... werden um jeweils 25.000,-- DM heraufgesetzt. Die Geschäftsführung wird beauftragt, die Einziehung zu erklären und das Entgelt gemäß den Regelungen des Gesellschaftsvertrages festzusetzen (Punkt 1 der Tagesordnung der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. Juli 1997), die im Schreiben vom 3. Juli 1997 geltend gemachten Forderungen der Beklagten gegen den Kläger sind berechtigt. Die Geschäftsführung wird beauftragt, (sie) mit dem Einziehungsentgelt zu verrechnen und die Restforderung, wenn notwendig, gerichtlich durchzusetzen (Punkt 2 der Tagesordnung der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23.7.1997),
hilfsweise, die (vorgenannten) von der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 23. Juli 1997 gefassten Beschlüsse für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Einrede des Schiedsvertrages erhoben. Außerdem hat sie vorgetragen:
Die Einladung zur Gesellschafterversammlung sei formal in Ordnung. Dr. W... sei Geschäftsführer der Beklagten und so im Handelsregister eingetragen gewesen. Jeder Ort in D... sei als Ort für die Gesellschaftersammlung geeignet gewesen. Auch die Einladung zu der zweiten Versammlung sei ordnungsgemäß. Die erste Versammlung sei nicht abgesagt worden, vielmehr habe ihr Vertreter den Bevollmächtigten des Klägers lediglich aus Gründen der Höflichkeit davon unterrichtet, dass die erste Versammlung wohl nicht abgehalten werde.
Die Versammlung sei auch ordnungsgemäß durchgeführt worden. Das Protokoll sei inhaltlich richtig. Der Vertreter des Klägers sei an einer Teilnahme nicht gehindert worden, er habe vielmehr grundlos die Versammlung verlassen. Da der Vertreter des Klägers nur eine eingeschränkte Vollmacht gehabt habe und eine Willenserklärung nicht habe entgegennehmen dürfen, sei eine Versammlung und Verhandlung mit ihm nicht möglich gewesen. Auch die Schriftform für die Vollmacht sei nicht gewahrt gewesen. Dennoch habe man beschlossen, den Vertreter des Klägers hilfsweise als Bevollmächtigten zuzulassen.
Die Beschlüsse seien wirksam gefasst worden und inhaltlich in Ordnung. Der Anstellungsvertrag mit dem Kläger sei bereits wirksam beendet gewesen. Am 24. November 1995 sei er wirksam als Geschäftsführer abberufen worden. Dies sei im Handelsregister eingetragen worden. Die Abberufung sei nicht angegriffen und damit wirksam geworden. Die Abberufung bewirke nach dem Gesellschaftsvertrag die Kündigung des Anstellungsverhältnisses zum nächstzulässigen Zeitpunkt, also jedenfalls zum 31. Dezember 1996. Hieraus folge ihr Einziehungsrecht. Zudem sei das Anstellungsverhältnis am 4. Dezember 1995 wirksam und vom Kläger nicht angegriffen gekündigt worden. Die Einziehung sei ordnungsgemäß vorgenommen worden. Sämtliche Voraussetzungen hätten vorgelegen. Sie habe die Aufrechnung mit Forderungen erklärt, die ihr gegenüber dem Kläger zugestanden hätten.
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht entschieden, dass die streitgegenständlichen Beschlüsse nichtig seien. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die von der Beklagten erhobene Schiedseinrede sei unbegründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei der Streit der Parteien nicht schiedsfähig. Die Klage sei daher zulässig. Sie sei auch begründet. Die beanstandeten Beschlüsse litten zwar nicht an einem zur Beschlussnichtigkeit führenden Mangel, auf die begründete Anfechtung durch den Kläger sei jedoch gleichwohl ihre Nichtigkeit auszusprechen. Die Gesellschafterversammlung vom 23. Juli habe unter Einberufungsmängeln gelitten und der Beschluss sei unter Verstoß gegen die Treubindung der übrigen Gesellschafter gefasst worden. Dr. W... sei zwar einberufungsbefugt gewesen. Der Beschluss sei jedoch anfechtbar, weil keine ordnungsgemäße Einberufung vorgelegen habe und eine Kausalität für das Abstimmungsergebnis nicht auszuschließen sei. Voraussetzung für eine Gesellschafterversammlung ohne 75 %ige Beteiligung sei nach der Satzung, dass zunächst eine beschlussunfähige erste Gesellschafterversammlung stattgefunden habe und die Beschlussunfähigkeit festgestellt werde. Daran fehle es. Außerdem sei die gewählte Form der Eventualeinberufung unzulässig. Eine Einberufung sei erst nach dem Scheitern der ersten Versammlung zulässig gewesen. Die angefochtenen Beschlüsse seien auch inhaltlich unwirksam. Sie seien satzungswidrig gefasst worden und verstießen gegen die Treuepflicht. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag, abändernd die Klage abzuweisen.
Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend, dass die in Rede stehenden Beschlüsse nicht zu beanstanden seien. Das Urteil der 7.Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf sei nicht rechtskräftig geworden. Damit sei der Entscheidung des Landgerichts im zweiten Fall bereits die Grundlage entzogen. Aber die Einberufung zu der Gesellschafterversammlung sei ordnungsgemäß und ein etwaiger Verstoß gegen Formvorschriften wäre irrelevant. Der Kläger habe selbst nicht daran gedacht, an der ersten Gesellschafterversammlung teilzunehmen. Ein weiterer Gesellschafter sei verhindert gewesen. Um ein unnötiges Erscheinen des Bevollmächtigten des Klägers zu verhindern, sei es zu dem Schreiben vom 3. Juli gekommen, das weder eine Absage noch eine Aufhebung der Versammlung zum Inhalt gehabt habe. Dazu hätte es auch an einer Vollmacht gefehlt. Es sei lediglich aus Höflichkeit gefasst worden. Am 7. Juli sei auch niemand zu der Versammlung erschienen. Insoweit habe es auch keine Beanstandungen des Klägers gegeben. Zu der zweiten Versammlung sei der Bevollmächtigte des Klägers mit einer nur eingeschränkten Vollmacht in der Kanzlei ihres Vertreters erschienen. Er habe diese Versammlung dann wieder verlassen. Auch bei einer ordnungsgemäßen Einladung wäre die Versammlung im Übrigen nicht anders als tatsächlich verlaufen. Die Teilnahme sei dem Vertreter des Klägers auch nicht verwehrt worden. Bei dieser Sachlage sei eine besondere Einladung nach dem Scheitern der ersten Versammlung entbehrlich gewesen.
Außerdem sei der vom Kläger beschrittene Rechtsweg nicht zulässig. Es bestehe eine wirksame Schiedseinrede. Die vorliegende Beschlussmängelstreitigkeit sei schiedsfähig.
Mit dem Antrag, die Berufung zurückzuweisen, verteidigt der Kläger das angefochtene Urteil. Er tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten entgegen und trägt unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor:
Der von ihm eingeschlagene Klageweg sei zulässig. Die Schiedsgerichte seien nicht zur Entscheidung berufen.
Die Kündigung ihrer Anstellungsverträge durch die Gesellschafter-Geschäftsführer im Oktober 1995 führe zu deren Verpflichtung, ihm ihre Geschäftsanteile zum Kauf anzubieten. Daran ändere die Auffassung des 6. Zivilsenats, wonach für diese Frage das Schiedsgericht zuständig sei, nichts. Damit hätten die Gesellschafter Dr. N... und Dr. W... nicht mehr die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers beschließen dürfen. Die Gesellschafterversammlung vom 23. Juli 1997 leide an einem Ladungsmangel und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Verfahrensverstoß kausal für das Abstimmungsverhältnis sei. Dr. R... habe die Gesellschafterversammlung zum 7. Juli 1997 einberufen, wobei eine Eventualeinberufung zum 23. Juli 1997 ausgesprochen worden sei. Mit Schreiben vom 3. Juli 1997 habe Dr. R... mitgeteilt, dass die Versammlung vom 7. Juli 1997 nicht stattfinde. Damit sei zugleich die Eventualeinberufung entfallen. Die Gesellschafterversammlung vom 23. Juli 1997 sei nicht beschlussfähig gewesen und habe nicht mit einfacher Mehrheit entscheiden können. Sein Bevollmächtigter sei an der Teilnahme gehindert worden. Wäre er zugelassen worden, so könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschlüsse jedenfalls nicht so gefasst worden wären.
Während des Berufungsverfahrens haben die Gesellschafter Dr. N... und Dr. W... ihre Geschäftsführerämter niedergelegt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 24. März 2000 ist Rechtsanwalt P... zunächst zum Notgeschäftsführer der Beklagten bestellt worden (Bl. 262 -264 GA). Durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 30. August 2000 (501 IN 51/00) ist der Antrag der Beklagten auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse zurückgewiesen worden. Mit Beschluss vom 5. Juli 2002 ist Rechtsanwalt P... vom Amtsgericht Düsseldorf zum Notliquidator der Beklagten bestellt worden (Bl. 291 - 294 GA).
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Urkunden und Schriftstücke, auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung, den Hinweisbeschluss vom 4. Juli 2003 sowie auf die in den mündlichen Verhandlungen erteilten und protokollierten Hinweise des Senats Bezug genommen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Klage zulässig ist. In der Sache hat es den Streit völlig richtig entschieden. Das Berufungsvorbringen der Beklagten ist nicht geeignet, eine abweichende Entscheidung zu rechtfertigen.
Über die bereits erteilten und protokollierten Hinweise des Senats hinaus gilt im Einzelnen Folgendes:
I.
Die Klage ist zulässig.
1.
Sie ist nicht wegen nachträglichen Wegfalls der Parteifähigkeit der Beklagten unzulässig geworden.
a)
Die verklagte GmbH ist weiterhin existent und im Rechtsstreit parteifähig (§ 50 ZPO), was der erkennende Senat von Amts wegen zu prüfen hat (§ 56 ZPO). Die Parteifähigkeit ist Prozessvoraussetzung. Als solche muss sie noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, selbst noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Andernfalls muss die Klage als unzulässig abgewiesen werden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 50 Rdnr. 5).
b)
Der Parteifähigkeit der Beklagten steht nicht entgegen, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse abgelehnt worden ist. Zwar ist die Gesellschaft auf Grund der rechtskräftigen Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gemäß § 60 Abs. 1 Ziffer 5 GmbHG aufgelöst. Die Beklagte ist damit jedoch weiterhin existent und im Rechtsstreit parteifähig. Als GmbH gehört sie zu den juristischen Personen des Handelsrechtes. Diese verlieren die Existenz und verfahrensrechtlich die Parteifähigkeit erst, wenn sie erlöschen. Unter Erlöschen ist die Vollbeendigung der Gesellschaft nach Abwicklung zu verstehen. Daran fehlt es hier. Die Beklagte befindet sich, nachdem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse vom Insolvenzgericht abgelehnt worden ist, noch im Stadium der Auflösung. Das ergibt sich unmittelbar aus §§ 60 ff GmbHG. Danach wird die GmbH auch durch die rechtskräftige Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse aufgelöst. Diese von Amts wegen getroffene Anordnung hat zur Folge, dass die Gesellschaft mit dem Ziel der Vollbeendigung zu liquidieren ist, und zwar in der üblichen Weise, also nach §§ 66 ff GmbHG. Die beklagte GmbH besteht somit als Abwicklungsgesellschaft weiter. In der Phase der Abwicklung bleibt sie eine umfassend rechts- und parteifähige Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit.
c)
Zwar hat der Notliquidator der Beklagten im Verhandlungstermin am 14. März 2003 erklärt, dass Vermögen der Beklagten nicht mehr vorhanden sei. Auch damit hat die Beklagte ihre Rechts- und Parteifähigkeit aber noch nicht verloren.
aa)
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits schon deswegen nicht von der völligen Vermögenslosigkeit der Beklagten, dem Fehlen von jeglichem weiteren Abwicklungsbedarf und damit von ihrer Parteiunfähigkeit ausgegangen werden darf, weil ihr ein durch das mögliche Obsiegen bedingter Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger im vorliegenden Verfahren zustehen könnte (vgl. hierzu einerseits: OLG Koblenz v. 1.4.1998 - 1 U 463/97, ZIP 1998, 967; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 50 Rdnr. 34c; vgl. a. BGH v. 21.10.1985 - II ZR 82/85, NJW-RR 1986, 394 = WM 1986, 145; andererseits: BGH v. 5.4.1979, II ZR 73/78, BGHZ 74, 212, 213 f = NJW 1979, 1592; BGH v. 29.9.1981 - VI ZR 21/80, NJW 1982, 238; OLG Rostock v. 28.6.2001 - 1 U 203/99, ZIP 2001, 1590, 1592). Ebenso muss hier nicht entschieden werden, ob es in Fällen schwebender Passivprozesse - gerade wegen des verfahrensbedingten Abwicklungsbedarfs - ohnehin an einer Vollbeendigung der Abwicklung fehlt und die aufgelöste Gesellschaft ihre Parteifähigkeit in jedem Falle behält (vgl. BAG v. 9.7.1981 - 2 AZR 329/79, NJW 1982, 1831; Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 50 Rdnr. 5; Musielak/Weth, ZPO, 3. Aufl., § 50 Rdnr. 18 m. w. N.; a. A. BGH v. 29.9.1981 - VI ZR 21/80, NJW 1982, 238; v. 5.4.1979, II ZR 73/78, BGHZ 74, 212, 213 ff = NJW 1979, 1592). Schließlich kann auch dahinstehen, ob schon deshalb von der Parteifähigkeit der Beklagten auszugehen ist, weil der Kläger vorliegend nicht einen Zahlungsanspruch gegen sie geltend macht (vgl. zur Geltendmachung von Ansprüchen, deren Erfüllung kein Aktivvermögen voraussetzen: BAG v. 9.7.1981 - 2 AZR 329/79, NJW 1982, 1831; Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 50 Rdnr. 5; Musielak/Weth, a. a. O., § 50 Rdnr. 18; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 17. Aufl., § 74 Rdnr. 19; Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 65 Rdnr. 34).
bb)
Auf alles das kommt es letztlich nicht an, weil die Vermögenslosigkeit allein nicht zur Beendigung der GmbH führt. Nach weitverbreiteter, heute wohl als herrschend zu bezeichnender und vom Senat geteilter Meinung, für die vor allem Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sprechen, setzt die Vollbeendigung die Vermögenslosigkeit und die Eintragung der Löschung voraus (vgl. z. B. BAG v. 4.6.2003 - 10 AZR 448/02, GmbHR 2003, 1009, 1110; v. 22.3.1998 - 3 AZR 350/86, AP ZPO § 50 Nr. 6 = NJW 1988, 2637 = GmbHR 1989, 123; OLG Stuttgart, v. 28.2.1986 - 2 U 148/85, ZIP 1986, 846, 847; v. 30.9.1998 - 20 U 21/98, ZIP 1998, 1880, 1882; Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 74 Rdnr. 13 f.; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Rasner, GmbHG, 4. Aufl., § 60 Rdnr. 54; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a. a. O., § 60 Rdnr. 6; Michalski/Nerlich, GmbHG, § 74 Rdnr. 31 ff.; Roth/Altmeppen, a. a. O., § 65 Rdnr. 19 u. 23; zur Gegenauffassung vgl. nur Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 50 Rdnr. 4 m. w. N.). Die Gesellschaft erlischt danach nicht allein dadurch, dass sie vermögenslos wird, vielmehr muss die Eintragung des Erlöschens hinzukommen. Die Löschung der Beklagten ist bislang unstreitig aber nicht erfolgt.
2.
Die Klage ist auch nicht auf Grund der von der Beklagten erhobenen Einrede des Schiedsvertrages unzulässig. Der von der Beklagten - im Hinblick auf die von den Beteiligten in rechtswirksamer Weise getroffenen Schiedsvereinbarung - erhobenen Rüge der Zuständigkeit des vereinbarten Schiedsgerichts für die hier zu entscheidenden Streitigkeiten der Parteien muss aus den bereits im Hinweisbeschluss des Senats vom 4. Juli 2003 aufgeführten Gründen der Erfolg versagt bleiben, auch wenn der Senat weiterhin - entgegen dem Landgericht - die Auffassung vertritt, dass der vorliegende Streit der Parteien schiedsfähig war.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
a)
Die Frage, ob die Klage als unzulässig abzuweisen ist, weil die Beklagte sich auf den Abschluss einer Schiedsvereinbarung beruft, beurteilt sich nach § 1027 a ZPO in der bis Ende 1997 geltenden Fassung und nicht nach § 1032 Abs. 1 ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrecht (Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz - SchiedsVfG) vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224). Denn das vorliegende Verfahren ist am 22. August 1997 und damit vor Inkrafttreten des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes am 1. Januar 1998 anhängig geworden. In gerichtlichen Verfahren, die am 1. Januar 1998 bereits anhängig waren, ist gemäß Art. 4 § 1 Abs. 3 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 SchiedsVfG das bis dahin geltende Recht weiter anzuwenden (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 1025 Vorbem Rdnr. 7; Zöller/Geimer, a. a. O., Vor § 1025 Rdnr. 12). Die Wirksamkeit des am 19. April 1994 geschlossenen Schiedsvertrages beurteilt sich gemäß Art. 4 § 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 SchiedsVfG ebenfalls noch nach altem Recht (vgl. BGH v. 10.5.2001 - III ZR 262/00, NJW 2001, 2176 = MDR 2001, 1071 = DB 2001, 1773; Thomas/Putzo, a. a. O., § 1025 Vorbem Rdnr. 5; Zöller/Geimer, a. a. O., Vor § 1025 Rdnr. 11).
b)
§ 1027 a ZPO a.F. bestimmt, dass das Gericht, das wegen einer Rechtstreitigkeit angerufen wird, für die die Parteien einen Schiedsvertrag geschlossen haben, die Klage als unzulässig abzuweisen hat, wenn sich der Beklagte auf den Schiedsvertrag beruft.
c)
Die Beklagte hat die Einrede des Schiedsvertrages ausdrücklich und rechtzeitig erhoben.
aa)
Bei der vorliegenden Streitigkeit handelt es sich auch um eine solche, für die - von allen drei Gesellschaftern der Beklagten - ein Schiedsvertrag geschlossen worden ist.
bb)
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist eine Streitigkeit zwischen der Gesellschaft und dem Kläger als Gesellschafter auf Grund des Gesellschaftsvertrages. Die Parteien streiten darüber, ob die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23. Juli 1997, wonach der Geschäftsanteil des Klägers eingezogen werden soll und die im Schreiben vom 3. Juli 1997 geltend gemachten Forderungen der Beklagten bestehen und mit dem Einziehungsentgeltanspruch des Klägers verrechnet werden sollen, nichtig oder anfechtbar sind. Die vorliegende Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage des Klägers betrifft damit eine Streitigkeit zwischen der Gesellschaft auf der einen und dem Kläger als ihrem Gesellschafter auf der anderen Seite auf Grund des Gesellschaftsvertrages. Eine solche Streitigkeit ist nach dem Wortlaut des notariellen
Gesellschaftsvertrages und des im Wesentlichen gleichlautenden Wortlauts des zeitgleich in separater Urkunde ebenfalls notariell abgeschlossenen Schiedsvertrages durch ein Schiedsgericht zu entscheiden.
cc)
Die Schiedsvereinbarung vom 19. April 1994 ist wirksam und sie erfasst die vorliegende Streitigkeit auch.
(1)
Grundsätzlich sind auch in GmbH-Satzungen Schiedsabreden zulässig und wirksam. Das ist heute allgemeine Meinung (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 47 Rdnr. 77 ff; Michalski, a. a. O., § 13 Rdnr. 91 ff u. Michalski/Römermann, a. a. O., Anh. § 47 Rdnr. 553 ff). Der jeweilige Streit muss jedoch schiedsfähig sein, was stets gesondert zu prüfen ist.
(2)
Die Frage, ob Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung schiedsgerichtlich entschieden werden können, ist allerdings streitig (vgl. zum Streitstand: Baumbach/Hueck/Zöllner, a. a. O., Anh. § 47 Rdnr. 18; Michalski, a.a.O., § 13 Rdnr. 93 u. Michalski/Römermann, a. a. O., Anh. § 47 Rdnr. 553 ff; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, a. a. O., § 47 Rdnr. 143; Scholz/Karsten Schmidt a. a. O., § 45 Rdnr. 150). Der Bundesgerichtshof hat die Schiedsfähigkeit von sog. Beschlussmängelstreitigkeiten nach altem Recht, das hier in Bezug auf die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung maßgeblich bleibt, in der Vergangenheit zunächst generell abgelehnt (vgl. BGH v. 4.7.1951 - II ZR 117/50, MDR 1951, 674; v. 1.7.1966 - II ZR 34/65, WM 1966, 1132, 1133; v. 28.5.1979 - III ZR 18/77, GmbHR 1979, 202, 204; ebenso OLG Hamm v. 8.12.1986 - 8 U 73/86, GmbHR 1987, 472; v. 29.4.1992 - U 298/91, GmbHR 1992, 759). In seinem vom Landgericht in Bezug genommenen und von den Parteien diskutierten Grundlagenurteil vom 29. März 1996 (II ZR 124/95, BGHZ 132, 278 = NJW 1996, 1753 = MDR 1996, 803 = GmbHR 1996, 437 = WM 1996, 856 = ZIP 1996, 830) hat der Bundesgerichtshof die Schiedsfähigkeit der dort erhobenen Anfechtungsklage zwar im Ergebnis ebenfalls verneint und die von der verklagten GmbH erhobene Einrede des Schiedsvertrages demgemäß als unbegründet angesehen (in gleichem Sinn OLG Celle v. 31.07.1998 - 9 U 1/98, NZG 1999, 167 = GmbHR 1999, 551; vgl. a. OLG Dresden v. 15.11.1999 -2 U 2303/99, GmbHR 2000, 435, 438; zurückhaltender BGH v. 10.5.2001 - III ZR 262/00, NJW 2001, 2176, 2177 = MDR 2001, 1071 = DB 2001, 1773). Er hat dort aber Abschied von vielen früher für maßgeblich erachteten Argumenten gegen die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten genommen und deren Schiedsfähigkeit nicht mehr generell abgelehnt. Seine in der vorgenannten Entscheidung im Einzelnen geäußerten Bedenken leitet er vielmehr aus der für die Entscheidung von Beschlussmängelstreitigkeiten für letztlich unverzichtbar erachteten inter-omnes-Wirkung ab, wie sie auf Grund einer Analogie zu § 248 Abs. 1 Satz 1 und § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG für die einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage stattgebenden Urteile staatlicher Gerichte anerkannt ist. Die Einrede des Schiedsvertrages gegenüber einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage kann nach seiner Auffassung nur in Betracht kommen, wenn der Entscheidung des Schiedsgerichts eine ähnlich umfassende Wirkung beizumessen ist. Damit geht der Bundesgerichtshof aber davon aus, dass Beschlussmängelstreitigkeiten nicht generell schiedsunfähig sind.
(2.1)
So lässt sich der Schiedsfähigkeit solcher Streitigkeiten auch nach Auffassung des
Bundesgerichtshofs zunächst nicht die im GmbH-Recht in entsprechender Anwendung des § 246 Abs. 3 Satz 1 AktG geltende ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts am Sitz der Gesellschaft entgegenhalten. Die dort getroffene Zuständigkeitsbestimmung regelt als solche nur die sachliche und örtliche Zuständigkeit unter den staatlichen Gerichten für den Fall, dass diese zulässigerweise angerufen werden. Eine Entscheidung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen der Rechtsstreit statt vor den staatlichen Gerichten auch vor einem privaten Schiedsgericht ausgetragen werden kann, ist hiermit nicht verbunden (BGHZ 132, 278, 281 m. w. N.).
(2.2)
Kein Hindernis für die Schiedsfähigkeit der vorliegenden Streitigkeit ergibt sich ferner aus der rechtsgestaltenden Wirkung des im Beschlussmängelstreit ergehenden Urteilsausspruchs. Auch zahlreiche Gestaltungsprozesse, wie z.B. diejenigen nach §§ 127, 133, 140,142 HGB oder sogar nach § 767 ZPO werden als der Entscheidung durch Schiedsgerichte zugänglich angesehen (BGHZ 132, 278, 281 f).
(2.3)
Auch die Bedeutung der in Rede stehenden Rechtsstreitigkeit steht ihrer Schiedsfähigkeit nicht entgegen. Zwar ist das Recht eines jeden Gesellschafters, Mehrheitsbeschlüsse der Gesellschafterversammlung durch unabhängige Gerichte auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen, zwingender Bestandteil des gesetzlich gewährleisteten Individualrechtsschutzes. Als unverzichtbares Recht der Minderheit kann es im Voraus selbst bei Einverständnis aller Gesellschafter weder im Gründungsstatut noch durch spätere Satzungsänderungen abbedungen werden. Daraus folgt jedoch für das Recht der GmbH angesichts des Fehlens einer § 23 Abs. 5 AktG entsprechenden Norm nicht zwangsläufig, dass dieser Rechtsschutz ausschließlich durch staatliche Gerichte gewährt werden müsste. Jedenfalls unter der Voraussetzung einer gleichwertigen Ausgestaltung des schiedsgerichtlichen Verfahrens, die gewährleistet, dass der Rechtsschutz der überstimmten Minderheit dadurch keine Einschränkung erfährt, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen, hindert es dieser Gesichtspunkt deshalb nicht, dass auch für kassatorische Streitigkeiten die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vorgesehen werden kann (BGHZ 132, 278, 282).
(2.4)
Zu bejahen ist auch die nach § 1025 Abs. 1 ZPO a. F. erforderliche objektive Vergleichsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten. Die objektive Schiedsfähigkeit fehlt im Wesentlichen nur dann, wenn sich der Staat im Interesse besonders schutzwürdiger, der Verfügungsmacht privater Personen entzogener Rechtsgüter ein Rechtsprechungsmonopol in dem Sinne vorbehalten hat, dass allein der staatliche Richter in der Lage sein soll, durch seine Entscheidung den angestrebten Rechtszustand herbeizuführen (BGH v. 6.6.1991 - III ZR 68/90 - NJW 1991, 2215, 2216; BGHZ 132, 278, 282 f). Nicht schiedsfähig sind damit etwa Ehescheidungs- und Kindschafts-, also der Parteidisposition entzogene Statusverfahren. Dagegen können gegen die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten unter diesem Gesichtspunkt grundsätzlich keine durchgreifenden Bedenken bestehen, weil Gesellschafterbeschlüsse mindestens insofern der privaten Disposition unterliegen, als sie von den Gesellschaftern in ihrer Gesamtheit wieder aufgehoben werden können, und ein Interesse des Staates an einem Entscheidungsmonopol seiner Gerichte im Rechtsstreit über die angestrebte Aufhebung in ihrer Rechtmäßigkeit streitiger Gesellschafterbeschlüsse nicht erkennbar ist (BGHZ 132, 278, 283; vgl. a. OLG Hamm v. 7.3.2000 - 15 W 355/99, GmbHR 2000, 676, 677).
(2.5)
Soweit § 1025 Abs. 1 ZPO a. F. darüber hinaus voraussetzt, dass gerade die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen (sog. Subjektive Vergleichsbefugnis), steht auch dieses Erfordernis der Schiedsfähigkeit von Gesellschafterbeschlüssen als solches nicht entgegen. Zwar ist die Erfüllung dieser Voraussetzung im Beschlussmängelstreit an sich zu verneinen. Denn die in Streitigkeiten dieser Art als Passivpartei fungierende Gesellschaft ist weder Partei der Schiedsvereinbarung noch ist sie dazu berechtigt, im Verein mit dem klagenden Gesellschafter über die Wirksamkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung zu befinden oder ihn abzuändern. Diese Befugnis liegt allein bei der Gesamtheit der Gesellschafter. Auch wenn die Gesellschaft an dem Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht als Partei mitgewirkt hat, so ist sie doch an die in ihrer Satzung enthaltene Schiedsklausel für körperschaftsrechtliche Streitigkeiten ohne weiteres gebunden. Es gilt insofern im Grundsatz nichts wesentlich anderes als für sonstige korporationsrechtliche Satzungsregelungen. Keine Gesellschaft hat an ihrem Gründungsakt als Aktivbeteiligter mitgewirkt. Gleichwohl gehört die Bindung der Gesellschaft an die körperschaftsrechtlichen Regelungen ihrer Gründungssatzung zu den elementaren Grundvoraussetzungen des Gesellschaftsrechts. Die bei rein vertragsrechtlicher oder prozessualer Betrachtung fehlende Identität der einen Partei des Schiedsgerichtsverfahrens mit den Parteien der Schiedsgerichtsvereinbarung wird damit durch das Verbandsrecht überbrückt (BGHZ 132, 278, 284 f.).
(3)
Nach den vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHZ 132, 278 aufgestellten Grundsätzen entfällt die Schiedsfähigkeit allerdings, wenn es um Entscheidungen mit Außenwirkung geht oder doch mangels Rechtskrafterstreckung auf alle möglichen Beteiligten die Gefahr widersprechender Entscheidungen nicht auszuschließen ist. Im Streitfall greifen die vom Bundesgerichtshof gegen die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten geäußerten Bedenken nach Auffassung des Senats allerdings nicht durch. Es geht vorliegend weder um Entscheidungen mit Außenwirkung, noch besteht hier die Gefahr widersprechender Entscheidungen.
(3.1)
Die hier streitigen Fragen der Einziehung des Geschäftsanteils sowie der Geltendmachung von Forderungen gegen einen Gesellschafter betreffen allein die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft.
(3.1.1)
Ob die Gesellschafterversammlung der Beklagten am 23. Juli 1997 beschließen durfte, den Geschäftsanteil des Klägers einzuziehen, ist nach der Satzung der Beklagten zu beurteilen. Geregelt ist die Einziehung eines Geschäftsanteils unter Abschnitt XI 4 i.V.m. Abschnitt IX 2 und 3 der Satzung. Es geht der Beklagten darum, dass der Kläger als Gesellschafter ausscheidet und sein Anteil von den Mitgesellschaftern übernommen wird. Dabei handelt es sich um eine innere Angelegenheit der Gesellschaft, der keine Außen- oder Drittwirkung zukommt. Der vom Bundesgerichtshof angesprochene Aspekt des notwendigen Drittschutzes kann hierbei auch unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes keine Rolle spielen. Die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter-Geschäftsführer wird durch die Entscheidung, ob der Geschäftsanteil des Klägers eingezogen wird, nicht unmittelbar berührt. Unmittelbare Außenwirkung hätte insoweit nur die Abberufung als Geschäftsführer. Darum geht es aber im vorliegenden Fall nicht. Umgekehrt hat denn auch der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in dem Rechtsstreit 6 U 2/98 entschieden, dass auch die Forderung des Klägers gegenüber den Mitgesellschaftern, ihm ihre Geschäftsanteile anzudienen, eine innere Angelegenheit der Gesellschaft darstellt, die von der Schiedsabrede erfasst wird.
(3.1.2)
Gleiches gilt für den ferner angefochtenen Beschluss. Die Berechtigung der Beklagten, dem Einziehungsentgeltanspruch des Klägers eine Forderung entgegenzusetzen, findet ihre Grundlage ebenfalls allein in dem Gesellschaftsverhältnis. Die von der Beklagten reklamierten, angeblich unberechtigt vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen beruhen zwar auf seinem Anstellungsvertrag. Es handelt sich aber um Ansprüche, die nur in Betracht kommen, wenn auch die Anstellung des Klägers wirksam beendet werden konnte. Es geht der Beklagten nicht isoliert um die Berechtigung von Forderungen gegen den Kläger, sondern um die Beendigung seiner Gesellschafterstellung. Nur in diesem Zusammenhang hält sie dem Anspruch des Klägers auf Entschädigung eine eigene Forderung entgegen.
(3.1.3)
Damit betreffen die hier streitigen Fragen nur die inneren Angelegenheiten der verklagten GmbH und haben keine Außenwirkung auf Dritte, so dass es insoweit auf die einem Schiedsspruch nicht zukommende Außenwirkung nach § 248 AktG nicht ankommt. Das Problem der Rechtskrafterstreckung auf Dritte stellt sich insoweit nicht.
(3.2)
Was bleibt, ist allein das Problem möglicher widersprüchlicher Entscheidungen verschiedener angerufener staatlicher Gerichte und/oder Schiedsgerichte. Hieran hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29. März 1996 die Zulässigkeit der Klage letztlich scheitern lassen.
(3.2.1)
Vorliegend liegt jedoch insoweit die Besonderheit vor, dass es sich bei der Beklagten um eine Drei-Personen-GmbH handelt, in welcher die beiden Mitgesellschafter des Klägers die beiden angefochtenen Beschlüsse mit ihrer Stimmenmehrheit gefasst haben, so dass es - anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - überhaupt nur zu einer möglichen Klage eines Klägers gegen die Beschlüsse kommen kann. Damit entfallen hier die Bedenken, welche der Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHZ 132, 278 gegen die Schiedsfähigkeit von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen geäußert und als entscheidend für seine Beurteilung der dortigen Frage der Schiedsunfähigkeit gewertet hatte.
(3.2.2)
Hinzu kommt, dass die Beklagte bei Klageerhebung 1997 von beiden Mitgesellschaftern vertreten worden ist, also das gesamte Verteidigungsvorbringen der Beklagten von diesen stammen muss, weswegen diese auch mittelbar an dem Rechtsstreit beteiligt gewesen sind, wenn auch ohne förmliche Beteiligung als Partei und nicht mit Rechtskrafterstreckung. Damit beruht die von der Beklagten hier erhobene Schiedseinrede aber auf ihrem Willen mit der notwendigen Folge, dass zumindest nach § 242 BGB auch sie als neben dem Kläger einzig mögliche weitere Beteiligte an sich nicht mit Erfolg einwenden können, der Streit der Parteien sei nicht schiedsfähig, was sie im Übrigen auch gar nicht wollen. Bei dieser Sach- und Rechtslage wäre an sich auch dem Kläger dieser Einwand verwehrt.
(4)
Der vorliegende Streit war deshalb nach Auffassung des Senats schiedsfähig.
dd)
Die von der Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrages kann hier gleichwohl nicht durchgreifen.
(1)
Die Beklagte ist zwischenzeitlich nicht nur aufgelöst worden, sondern sie ist nunmehr unstreitig auch vermögenslos. Alles Vermögen ist verteilt. Der seine Rechte damit gegen eine vermögenslose und vor der Löschung stehenden GmbH im Klageweg geltend machende Kläger kann nicht auf das Schiedsverfahren verwiesen werden, weil feststeht, dass das Schiedsverfahren nicht mehr durchführbar ist. Es muss bereits daran scheitern, dass die endgültig vermögenslose GmbH ihren mit notwendigen finanziellen Aufwendungen verbundenen Pflichten und Handlungen zum Einleiten des Schiedsverfahrens nicht mehr nachkommen, namentlich den nach dem Schiedsvertrag auf Anforderung des Schiedsgerichts zu leistenden anteiligen Kostenvorschuss nicht leisten kann, und sich dort auch nicht mehr verteidigen kann. Es ist dem Kläger auch nicht zumutbar, auf eigene (alleinige) Kosten gegen eine solche GmbH ein solches Schiedsverfahren einzuleiten und durchzuführen. Außerdem wäre die Beklagte im Hinblick auf die im Anschluss an diesen Rechtsstreit zu erwartende Löschung in einem Schiedsverfahren auch nicht mehr existent und parteifähig. Unter diesen besonderen Umständen steht der Berufung der Beklagten auf die Schiedseinrede der Treuwidrigkeitseinwand aus § 242 BGB (vgl. zu diesem Einwand: BGH v. 12.11.1987 - III ZR 29/87, BGHZ 102, 199 = NJW 1988, 1215 = MDR 1988, 386 = WM 1988, 478; BGH v. 14.9.2000 - III ZR 33/00, NJW 2000, 3720, 3721; vgl. a. BGH v. 18.11.1998 - VIII ZR 344/97, NJW 1999, 647, 648) entgegen.
(2)
Dass der Kläger die Schiedsvereinbarung nicht gekündigt hat, ist unschädlich.
(2.1)
Nach § 1032 ZPO n. F. hat das Gericht eine Klage, die in einer Angelegenheit erhoben wird, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt, es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist. Ist die Schiedsvereinbarung undurchführbar, bedarf es nach der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts einer Kündigung des Schiedsvertrags nicht (BGH v. 14.9.2000 - III ZR 33/00, NJW 2000, 3720, 3721). Der Gesetzgeber des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes hat das nach bisherigem Recht im Falle der Undurchführbarkeit des Schiedsvertrags bestehende Kündigungserfordernis (vgl. BGHZ 102, 199, 2002 = NJW 1988, 1215) nicht übernommen. Auch den Gesetzgebungsmaterialien ist, soweit ersichtlich, nichts dafür zu entnehmen, dass die Undurchführbarkeit der Schiedsvereinbarung im Wege der Kündigung geltend gemacht werden müsste (vgl. die Begr. der BReg. zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts BT-Dr 13/5274, S. 37f.). Es ist deshalb davon auszugehen, dass im Prozess die Schiedseinrede des Beklagten schon dadurch zu Fall gebracht werden kann, dass das Gericht entsprechend dem Klägervortrag feststellt, die Schiedsvereinbarung sei undurchführbar (BGH v. 14.9.2000 - III ZR 33/00, NJW 2000, 3720, 3721).
(2.2)
Auf den vorliegenden "Altfall" findet § 1032 ZPO n. F. zwar keine Anwendung. Unter den hier gegebenen Umständen bedarf es gleichwohl einer Kündigung der Schiedsvereinbarung nicht.
(2.2.1)
Im Hinblick auf die Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, nach welcher die Schiedseinrede des Beklagten schon dann nicht durchgreift, wenn das Schiedsverfahren undurchführbar ist, erscheint bereits fraglich, ob für das hier noch zur Anwendung kommende Schiedsverfahrensrecht alter Fassung an dem Erfordernis einer Kündigung festgehalten werden kann. Das bedarf hier aber letztlich keiner Entscheidung.
(2.2.2)
Eine Kündigung der Schiedsvereinbarung aus wichtigem Grund ist hier jedenfalls deshalb entbehrlich, weil die aufgelöste und vermögenslose Beklagte hier nicht nur den nach dem Schiedsvertrag auf Anforderung des Schiedsgerichts zu leistenden anteiligen Kostenvorschuss nicht leisten könnte, sondern sie in einem anschließenden Schiedsverfahren aller Voraussicht nach auch gar nicht mehr existent und parteifähig ist. Unter diesen Umständen liefe das Beharren auf eine Kündigung des Schiedsvertrages auf eine bloße Förmelei hinaus.
(3.)
Das für jede Klage vorauszusetzende allgemeine Rechtsschutzinteresse kann dem Kläger nicht abgesprochen werden.
(3.1)
Tritt in einem anhängigen gerichtlichen Verfahren mit einer juristischen Person die Situation ein, dass diese Prozesspartei infolge Vermögenslosigkeit vor dem Verlust der Parteifähigkeit infolge ihrer Löschung im Register steht, wird zwar regelmäßig ein berechtigtes Interesse an einer Fortführung dieses Rechtsstreits nicht mehr gegeben und anzuerkennen sein mit der Folge der Unzulässigkeit des Rechtsstreits, um einer Klageabweisung infolge eingetretener Unzulässigkeit zu entgehen.
(3.2)
Der Kläger hat nun aber im Hinblick auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt, auf den der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 4. Juli 2003 (Bl. 320 - 322 GA) hingewiesen hat, ergänzend vorgetragen und besondere Umstände aufgezeigt, welche die Annahme eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses ausnahmsweise rechtfertigen.
(3.2.1)
Nach seinem insoweit nicht bestrittenen und auch nicht bestreitbaren Vortrag hat der Kläger gegen die beiden ehemaligen Mitgesellschafter der Beklagten Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die von ihm geltend gemachte Unwirksamkeit der in der hier angegriffenen Gesellschafterversammlung gefassten und danach tatsächlich ausgeführten Beschlüsse. Wenn die am 23. Juli 1997 gefassten Beschlüsse nichtig oder doch durch die hier erklärte Anfechtung vernichtbar sein sollten, wäre der Kläger weiterhin Gesellschafter der Beklagten gewesen. Ohne seine Mitwirkung hätte deren Auflösung nicht beschlossen und deren Vermögen nicht unter den beiden anderen Gesellschaftern verteilt werden dürfen. Ihm stünden seine nicht befriedigten gesellschaftsrechtlichen Ansprüche auf Grund seiner fortbestehenden Gesellschafterstellung zu. Die Auseinandersetzung und die Liquidation wären ordnungsgemäß durchzuführen.
(3.2.2)
Obwohl die beiden ehemaligen Mitgesellschafter des Klägers an dem hier anhängigen Rechtsstreit jedenfalls förmlich nicht beteiligt sind, folgt die Erstreckung der Rechtskraft auf sie aus der im Aktiengesetz - § 248 AktG - angeordneten und im GmbH-Gesetz entsprechend geltenden Rechtskrafterstreckung und Bindungswirkung von gerichtlichen Entscheidungen bei Nichtigkeits- oder Anfechtungsklagen, welche gegen Beschlüsse von Gesellschafterversammlungen gerichtet sind. Eine in diesem Rechtsstreit der Klage stattgebende Entscheidung, durch die der angefochtene Beschluss für nichtig erklärt würde, würde nach dem im GmbH-Recht entsprechend anwendbaren § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG über die nur zwischen den Parteien wirkende Rechtskraft des § 325 Abs. 1 ZPO hinaus für und gegen alle Gesellschafter und Gesellschaftsorgane wirken, auch wenn sie an diesem Verfahren nicht förmlich als Partei teilgenommen haben (BGHZ 132, 278 = NJW 1996, 1753 = MDR 1996, 803 = GmbHR 1996, 437 = WM 1996, 856 = ZIP 1996, 830). Damit stünde zwischen dem Kläger und seinen Mitgesellschaftern bindend fest, dass die beanstandeten Beschlüsse nichtig bzw. vernichtbar gewesen wären.
II.
Die damit zulässige Klage ist auch begründet. Mit Recht hat das Landgericht die vom Kläger beanstandeten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2 vom 23. Juli 1997 für nichtig erklärt (§§ 241 ff AktG analog).
1.
Es liegt zwar kein Nichtigkeitsmangel vor, der die Beschlüsse von Anfang an unwirksam sein ließe. Dazu führen nur bestimmte schwere, in § 241 AktG abschließend erfasste Mängel. Solche liegen hier nicht vor. Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen kann, dass der zur Gesellschafterversammlung einladende Dr. W..., in dessen Vollmacht Rechtsanwalt Dr. R... gehandelt hat, zur Einberufung der Gesellschafterversammlung nicht befugt gewesen sei.
a)
Ein Einberufungsmangel mit Nichtigkeitsfolge liegt zwar vor, wenn ein Unbefugter die
Gesellschafterversammlung einberufen hat (§§ 241 Nr. 1, 121 Abs. 2 AktG analog). Wer befugt ist, bestimmt sich nach § 49 Abs. 1 GmbHG. Danach berufen die Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung ein. In Gesellschaften mit mehreren Gesellschaftern, steht diese Kompetenz jedem einzelnen Gesellschafter zu (Baumbach/Hueck/Zöllner, a. a. O., § 49 Rdnr. 2; Lutter/Hommelhoff, a. a. O., § 49 Rdnr. 3; Rowedder/Koppenstein, a. a. O., § 49 Rdnr. 2). Auch ein nicht rechtswirksam bestellter oder zwischenzeitlich abberufene Geschäftsführer oder ein Geschäftsführer, der sein Amt niedergelegt hat, ist analog § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG zur Einberufung befugt, wenn und solange er im Handelsregister eingetragen ist (vgl. AG Syke GmbHR 1985, 27; Lutter/Hommelhoff, a. a. O., § 49 Rdnr. 3a; Scholz/Karsten Schmidt, a. a. O., § 49 Rdnr. 5). Aus Gründen der Rechtssicherheit genügt insoweit der formale Ausweis als Geschäftsführer (a. A. aber Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 49 Rdnr. 7, Baumbach/Hueck/Zöllner, a. a. O., § 49 Rdnr. 2; Rowedder/Koppensteiner, a. a. O., § 49 Rdnr 2, der aber die Einberufungsbefugnis für den mangelhaft bestellten Geschäftsführer bejaht). Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier Dr. W... - der Betreffende sein Amt auch sonst tatsächlich (weiterhin) ausübt (vgl. Scholz/Karsten Schmidt, a. a. O., § 49 Rdnr. 5).
b)
Unerheblich ist auch, dass der noch als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer eingetragene Dr. W... die Gesellschafterversammlung nicht selbst einberufen hat, sondern Rechtsanwalt Dr. R... zu der Einladung bevollmächtigte. Der befugte Geschäftsführer kann sich zur Durchführung der Hilfe eines Dritten bedienen (Lutter/Hommelhoff, a. a. O., § 49 Rdnr. 3). Erforderlich ist nur, dass aus der Einberufung selbst hervorgeht, dass diese auf einem Entschluss des Geschäftsführers beruht und er ihr Urheber ist (Lutter/Hommelhoff, a. a. O., § 49 Rdnr. 3), was hier der Fall war.
2.
Die angefochtenen Beschlüsse sind aber in anfechtbarer Weise zustande gekommen. Sie leiden in mehrfacher Hinsicht an einem formalen Mangel und sie sind auch unter Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht zustande gekommen.
a)
Die Beschlüsse leiden schon deshalb an einem die Vorbereitung der Beschlussfassung betreffenden Fehler, weil die Gesellschafterversammlung an einem unzulässigen Ort einberufen wurde. Der Kanzleisitz von Rechtsanwalt Dr. R... war unter den gegebenen Umständen als Versammlungsort unzulässig.
aa)
Abschnitt VIII Ziffer 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages bestimmt, dass Gesellschafterversammlungen am Sitz der Gesellschaft stattfinden, sofern die Gesellschafterversammlung nicht etwas anderes beschließt. Diese Regelung hat den Zweck, die Gesellschafter vor einer willkürlichen Wahl des Versammlungsortes und einer daraus folgenden Beeinträchtigung ihres Teilnahmerechts zu schützen (vgl. zu § 121 Abs. 4 AktG: BGH v. 28.1.1995 –II ZR 79/84, WM 1985, 567, 568 = GmbHR 1985, 256). Ist - wie hier - der Sitz der Gesellschaft Versammlungsort, so haben grundsätzlich die Geschäftsräume der Gesellschaft den Vorrang, sofern nicht konkrete Gesichtspunkte (z. B. Raumbedarf, Vertraulichkeit) entgegenstehen (vgl. Scholz/Karsten Schmidt, a. a. O., § 48 Rdnr. 4).
bb)
In den Geschäfträumen der Beklagten fand die Gesellschafterversammlung vom 23. Juli 1997 indes nicht statt und es ist auch weder dargetan noch ersichtlich, was gegen eine Versammlung in den Geschäftsräumen gesprochen hätte. Die bisherigen Gesellschafterversammlungen hatten unstreitig in den Geschäftsräumen der Beklagten stattgefunden. Ein Gesellschafterbeschluss, die Versammlung in den Kanzleiräumen von Dr. R... abzuhalten, wurde nicht gefasst.
cc)
Selbst wenn man annimmt, es sei hier zulässig gewesen, einen anderen Ort innerhalb von Düsseldorf auszuwählen, durfte dies jedenfalls der Kanzleisitz des anwaltlichen Vertreters der Beklagten und der Mitgesellschafter des Klägers angesichts des offenkundigen Zerwürfnisses des Klägers mit seinen Mitgesellschaftern nicht sein. Durch die abweichende Festlegung des Ortes darf das Teilnahmerecht der Gesellschafter nicht beeinträchtigt werden (vgl. hierzu BGH v. 28.1.1995 - II ZR 79/84, WM 1985, 567, 568 = GmbHR 1985, 256; OLG Celle v. 12.5.1997 - 9 U 204/96, GmbHR 1997, 748). In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass die schikanöse Wahl des Versammlungsortes die Teilnahmerechte betroffener Gesellschafter beeinträchtigen kann (Scholz/Karsten Schmidt, a. a. O., § 48 Rdnr. 4). Das gilt zum Beispiel für die Einladung verfeindeter Gesellschafter in die Wohnung des Mitgesellschafters oder eines nahen Angehörigen (OLG Celle v. 12.5.1997 - 9 U 204/96, GmbHR 1997, 748; Scholz/Karsten Schmidt, a. a. O., § 48 Rdnr. 4). Für die Einladung zerstrittener Mitgesellschafter in die Kanzleiräume des Rechtsanwalts der Gegenpartei kann nichts anderes gelten. Der Kläger hätte sich von vornherein in einer Umgebung befunden, in der sich die Mitgesellschafter, mit denen er im Streit lag, im Gegensatz zu dem Kläger vertraut bewegen konnten. Dies war schikanös und darauf musste sich der Kläger, da unzumutbar, nicht einlassen.
dd)
Die Einberufung an einen falschen Ort führt nur zur Anfechtbarkeit (vgl. OLG Düsseldorf v. 31.7.2003 - 6 U 27/03, GmbHR 2003, 1006, 1007, dazu EWiR 2003, 929 [Tepfer]; OLG Celle v. 12.5.1997 - 9 U 204/96, GmbHR 1997, 748; vgl. a. BGH v. 30.3.1987 - II ZR 180/86, BGHZ 100, 264 f. = NJW 1987, 2580 = WM 1987,1011 = GmbHR 1987, 424 - Nichtwahrung der Ladungsfrist; v. 8.5.1972 - II ZR 96/70, GmbHR 1972, 177 - fehlende Ankündigung des Tagesordnungspunktes; OLG Hamm v. 6.5.2003 - 27 U 131/02, GmbHR 2003, 1211 - Verweigerung des Zutritts zum Versammlungsraum gegenüber einem Bevollmächtigten). Denn durch die Wahl eines unzulässigen Versammlungsortes wird das Mitwirkungs- und Partizipationsrecht des benachteiligten Gesellschafters verletzt. Der Kläger hatte - wie die Beklagte selbst vorträgt (Bl. 186 GA) - der Einberufung an den gewählten Tagungsort bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 9. Juli 1997 widersprochen. Zwar ist sein Anwalt Dr. S... am 23. Juli 1997 am Kanzleisitz von Dr. R... erschienen. Ein konkludenter Verzicht, die Unzulässigkeit des Versammlungsortes weiter zu rügen, kann hierin jedoch schon deshalb nicht gesehen werden, weil er die Kanzleiräume unstreitig bereits vor Eintritt in die Tagesordnung wieder verließ. Das Geschehen spricht vielmehr gerade dafür, dass ein Treffen am Kanzleisitz des Anwalts der Gegenpartei weder sachgerecht noch zumutbar war.
ee)
Die fehlerhafte Auswahl des Versammlungsortes ist auch nicht deshalb bedeutungslos, weil die angefochtenen Beschlüsse mit den Stimmen der beiden anderen Gesellschafter an einem neutralen Ort ebenfalls gefasst worden wäre. Denn nicht auf eine diesbezügliche Kausalität, sondern auf die Relevanz des Verstoßes ist abzustellen, wenn die verletzte Verfahrensbestimmung das Mitwirkungs- oder Partizipationsrecht des Gesellschafters verletzt (vgl. OLG Düsseldorf v. 31.7.2003 - 6 U 27/03, GmbHR 2003, 1006, 1007).
(1)
Nach der im Schrifttum überwiegend vertretenen Relevanztheorie, der sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12. November 2001 ("Sachsenmilch III"; BGHZ 149, 158 = NJW 2002, 1128 = WM 2002, 179, 181 = MDR 2002, 282) im Ergebnis angeschlossen hat, führt die Verletzung von Mitwirkungs- oder Partizipationsrechten eines Gesellschafters in der Regel zur Anfechtbarkeit des unter Verletzung dieser Rechte gefassten Gesellschafterbeschlusses. ...
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-16 U 186/05 27.10.2006 LG Düsseldorf - 2b O 218/03 Schiedsvereinbarung: - Schiedseinrede Schiedsf
U R T E I L
Die Berufungen der Kläger zu 1. bis 3. und des Beklagten zu 2. werden zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1. zu 40 %, der Kläger zu 2. zu 6 %, der Kläger zu 3. zu 7 % und der Beklagte zu 2. zu 47 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 3. im Berufungsverfahren tragen diese jeweils selbst zu 50 % und zu 50 % jeweils der Beklagte zu 2..
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2. im Berufungsverfahren trägt dieser selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3. im Berufungsverfahren tragen die Klägerin zu 1. zu 76 %, der Kläger zu 2. zu 11 % und der Kläger zu 3. zu 13 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. im Berufungsverfahren trägt dieser selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 3. durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 3. vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts erbracht werden.
G r ü n d e :
I.
Die Kläger nehmen die Beklagten im Zusammenhang mit der Vermittlung und Durchführung von Optionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen auf Schadensersatz in Anspruch.
Wegen der Darstellung des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klage der Klägerin zu 1. und des Klägers zu 3. gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. mit Ausnahme eines Teils der beantragten Zinsen stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage teilweise als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger zu 2. der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu 1. und 2. nicht zustehe, da er unstreitig am 25.02.2004 mit der Beklagten zu 1. einen Vergleich geschlossen habe, wonach jegliche Ansprüche des Klägers zu 2. aus den durch die Beklagte zu 1. vermittelten Optionsgeschäften gegen diese und den Beklagten zu 2. ausgeschlossen seien. Dieser Vergleich sei nicht wirksam widerrufen worden.
Der Klägerin zu 1. und dem Kläger zu 3. stünden jedoch fällige Schadensersatzansprüche in Höhe von 365.789,47 € bzw. 64.764,37 € aus vorvertraglichem Verschulden gegen die Beklagte zu 1. zu. Die Beklagte zu 1. habe der ihr als Vermittlerin von Aktienoptionsgeschäften obliegenden besonderen Aufklärungspflichten nicht genügt. Weise das Verhalten eines Wertpapiergeschäfte vermittelnden regulierten Finanzdienstleistungsinstituts die für einen gewerblichen Vermittler von Optionsgeschäften – wie vorliegend – typischen Erscheinungsformen auf, begründe dies eine besondere Schützwürdigkeit des Anlegers. Auch wenn die von der Beklagten zu 1. verwendete Informationsbroschüre "Risiken von Termingeschäften im Überblick" inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG, jetzt § 37 d WpHG, genügen sollte, bestehe vorliegend ein durch die Eigenarten des vermittelten Geschäfts bedingter Informationsbedarf, der eine zusätzliche Aufklärung erfordere. Weder der Geschäftsbesorgungsvertrag noch das Formblatt "Risiken von Termingeschäften im Überblick" genüge den von der Rechtsprechung geforderten Anforderungen an eine ausreichende Risikoaufklärung. Es handele sich um abstrakte und typisierte Risikohinweise, die keine objekt- und anlegergerechte Aufklärung darstellten. Die Kläger zu 1. und 3. seien auch aufklärungsbedürftig gewesen, weshalb die Beklagte zu 1. ihrer Aufklärungspflicht nicht enthoben gewesen sei. Selbst wenn die Klägerin zu 1. – entgegen ihrer eigenen Darstellung – in leitender Position tätig gewesen sei und es sich bei dem Kläger zu 3. um einen vermögenden, spekulativ eingestellten Anleger mit zweijähriger Aktienerfahrung gehandelt haben sollte, habe dies die Beklagte zu 1. nicht von der Verpflichtung entbunden, eine ausführliche Belehrung über die Risiken des Optionshandels durchzuführen. Auf Vorkenntnisse im Optionshandel sei hieraus jedenfalls nicht zu schließen. Dass die Klägerin zu 1. tatsächlich Anlageerfahrung im Optionsbereich und bei Termingeschäften habe, hätten die Beklagten trotz ausdrücklichen gerichtlichen Hinweises nicht ausreichend substantiiert dargelegt.
Die Aufklärungspflichtverletzung sei auch ursächlich für den Vertragsschluss und damit für den Schaden.
Den Klägern zu 1. und 3. sei ein Schaden in geltend gemachter Höhe entstanden, was durch Vorlage der Kontoauszüge der Beklagten zu 3. und Überweisungsbelege ausreichend belegt sei. Die Kläger träfe auch kein Mitverschulden an der Schadensentstehung gemäß § 254 BGB. Der Vortrag der Beklagten, die Kläger hätten die Konten zur Unzeit aufgelöst, sei unsubstantiiert, worauf sie hingewiesen worden seien. Soweit die Beklagten bezüglich der Klägerin zu 1. den Eintritt eines Schadens bestreiten, da das Geld von dem Konto der L. G... GmbH gezahlt worden sei, sei dies unerheblich. Die insoweit beweispflichtigen Beklagten hätten den Abschluss eines Scheingeschäfts weder substantiiert behauptet noch unter Beweis gestellt.
Die Haftung des Beklagten zu 2. als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. folge aus § 826 BGB. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung hafte der Geschäftsführer einer Optionsvermittlungsgesellschaft wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, wenn diese die umfassenden Aufklärungspflichten verletze. Da die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Aufklärung bereits vor 2001 bekannt gewesen seien, könne sich der Beklagte zu 2. nicht auf fehlendes Verschulden berufen. Der Vorsatz des Beklagten zu 2. könne auch nicht mit der Begründung verneint werden, er sei mangels Beanstandung durch den Wirtschaftsprüfer in den Prüfberichten für 2001 und 2002 vom 03.07.2002 und 11.07.2003 von einer ausreichenden Aufklärung ausgegangen. Zum Einen hätten beide Prüfberichte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit den Klägern dem Beklagten zu 2. noch nicht vorgelegen. Zum Anderen überprüfe der Wirtschaftsprüfer nicht die Einhaltung der besonderen Aufklärungspflichten.
Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 3. bestünden demgegenüber nicht.
Das Gericht sei mangels einer weitergehenden internationalen Zuständigkeit nur zur Prüfung der gegen die Beklagte zu 3. gerichteten deliktischen Schadensersatzansprüche berechtigt. Die Geltendmachung von auf andere Anspruchsgrundlagen gestützten Ansprüchen sei unzulässig.
Der Gerichtsstand nach § 32 ZPO sei durch die von der Beklagten zu 3. mit den Klägern im Rahmen der "Customer’s Agreements" vereinbarten Schiedsvereinbarung nicht wirksam abbedungen. Die Schiedsabrede in Verbindung mit der Rechtswahlklausel sei in Deutschland nicht anzuerkennen, soweit sie Börsentermingeschäfte von Inländern beträfe, weil sie zur Nichtbeachtung des Termineinwandes führen würde (BGH WM 1987, 1153).
Die Beklagte zu 3. hafte den Klägern nicht gemäß § 823 BGB i.V.m. § 31 Abs. 2 WpHG auf Schadensersatz. Gegenüber den Klägern treffe die Beklagte zu 3. keine vertraglichen Aufklärungspflichten, gegen die sie habe verstoßen können. Das Kontoeröffnungsformular in englischer Sprache habe den Hinweis enthalten, dass die Beklagte zu 3. nur die Ausführung der Optionsgeschäfte übernommen habe, jedoch keine Beratungsleistungen. Beauftrage der Kunde ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das gemäß § 31 Abs. 2 WpHG verpflichtet sei, ihn zu informieren, mit der Vermittlung von Optionsgeschäften und erteile diesem Kontovollmacht, sei die depotführende Bank nicht gleichfalls zur Informationserteilung verpflichtet.
Auch ein Anspruch aus §§ 830, 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263/266 StGB komme nicht in Betracht. Ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Beklagten zu 3. und der Beklagten zu 1. sei nicht feststellbar. Die Kläger seien für die als Indiz für eine kollusive Zusammenarbeit angeführte Behauptung, die Beklagte zu 3. sei an der round-turn-Gebühr beteiligt worden, beweisfällig geblieben. Es sei auch nicht feststellbar, dass die Beklagte zu 3. überhaupt in direkter Geschäftsverbindung zur Beklagten zu 1. gestanden und deren Geschäftspraktiken inkl. des Informationsmaterials gekannt habe.
Die Behauptung der Kläger, die Beklagten hätten gemeinschaftlich zu Lasten der Kläger Kontenplünderung durch Gebührenschinderei begangen – sog. Churning –, sei nicht substantiiert, worauf die Kläger schriftsätzlich von den Beklagten und vom Gericht in der Sitzung am 28.01.2005 hingewiesen worden seien. Der Tatsachenvortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.09.2005 bleibe gemäß § 296 a ZPO unberücksichtigt.
Der Zinsanspruch beruhe auf einer entsprechenden Anwendung des § 849 BGB. Der Zinsanspruch der Klägerin zu 1. sei im Hinblick auf die unstreitig erfolgten Rückzahlungen anzupassen gewesen. Der Zinsanspruch des Klägers zu 3. sei aufgrund der Rückzahlung am 26.02.2003 ab diesem Zeitpunkt aus der geltend gemachten Klageforderung in Höhe von 64.764,37 € zuzuerkennen.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger zu 1. bis 3. Berufung eingelegt mit dem Antrag, das Urteil des Landgerichts bezüglich der Beklagten zu 3. abzuändern und diese zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. 365.789,47 €, an den Kläger zu 2. 50.353,70 € und an den Kläger zu 3. 64.764,67 € zu zahlen. Der Beklagte zu 2. hat angekündigt zu beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit er – der Beklagte zu 2. – zur Zahlung an die Kläger zu 1. und 3. verurteilt worden sei.
Die Kläger zu 1. bis 3. vertreten die Ansicht, dass das Landgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass es nur zur Prüfung deliktischer Ansprüche gegen die Beklagte zu 3. berechtigt sei.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts stehe ihnen jedoch ein deliktischer Schadensersatzanspruch wegen unzureichender Aufklärung über Risiken von Börsentermingeschäften aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG gegen die Beklagte zu 3. zu.
Die Beklagte zu 3. könne sich nicht darauf berufen, dass in dem Kontoeröffnungsformular eine Beratungsverpflichtung ausgeschlossen worden sei. Da sie – die Kläger – das Formular nur in englischer Sprache erhalten und nicht verstanden hätten, entsprächen die Regelungen nicht dem in § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB für allgemeine Geschäftsbedingungen vorgeschriebenen Transparenzgebot und seien damit unwirksam. Soweit das Landgericht seine Auffassung, dass die Beklagte zu 3. ihnen – den Klägern – gegenüber keine Aufklärungspflichten habe, auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes stütze (BGHZ 147, 343 ff.), wonach nur das kundennähere Unternehmen zur Befragung und zur Information des Anlegers verpflichtet sei, sei dies fehlerhaft. Das vom Landgericht in Bezug genommene Urteil des BGH betreffe die Haftung einer depotführenden Bank. Bei der Beklagten zu 3. handele es sich aber nicht um eine Bank, sondern um ein Brokerhaus. Bei einem gewerblichen Vermittler und Anbieter von Börsentermingeschäften bestehe nach der Rechtsprechung des BGH eine gesteigerte Aufklärungspflicht. Dies sei in diesem Zusammenhang zu gewichten.
Das Landgericht sei ferner zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 3. nicht bestanden habe. Das kollusive Zusammenwirken der beiden liege bereits darin, dass die Beklagte zu 1. als Vermittlerin in Deutschland über keine Börsenzulassung verfüge und die Beklagte zu 3. wiederum keine Erlaubnis gehabt habe, in Deutschland Kunden anzuwerben. Damit seien die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 3. gegenseitig aufeinander angewiesen. Die Beklagte zu 3. habe zudem für jeden Kontrakt den Klägern eine round-turn-Kommission abgezogen. Der Vortrag der Beklagten, nicht die Beklagte zu 3., sondern die Firma B. L. habe den Betrag von 24,-- € letztlich erhalten, werde von ihnen – den Klägern – bestritten und stehe im Widerspruch zu den Ausführungen im Geschäftsbesorgungsvertrag.
Das Landgericht habe im Übrigen den Vortrag zum Vorwurf des "Churnings" in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.09.2005 zu Unrecht nicht berücksichtigt. Ein Hinweis auf den fehlenden Sachvortrag zum Vorwurf des Churnings habe das Landgericht ihnen – den Klägern – nicht in der mündlichen Verhandlung am 28.01.2005, sondern erst in der mündlichen Verhandlung am 09.09.2005 erteilt.
Die Kläger zu 1. bis 3. b e a n t r a g e n,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14.10.2005 teilweise abzuändern und die Beklagte zu 3. zu verurteilen,
an die Klägerin zu 1. € 365.789,47 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen
aus € 5.500,00 vom 11.09.2001 bis zum 09.10.2001, aus € 45.000,00 vom 10.10.2001 bis zum 08.11.2001, aus € 135.827,00 vom 09.11.2001 bis zum 16.11.2001, aus € 167.997,00 vom 17.11.2001 bis zum 23.11.2001, aus € 201.150,00 vom 24.11.2001 bis zum 29.11.2001, aus € 231.150,00 vom 30.11.2001 bis zum 10.12.2001, aus € 245.715,41 vom 11.12.2001 bis zum 21.12.2001, aus € 255.850,82 vom 22.12.2001 bis zum 27.12.2001, aus € 266.076,66 vom 28.12.2001 bis zum 28.12.2001, aus € 281.415,42 vom 29.12.2001 bis zum 01.02.2002, aus € 292.715,42 vom 02.02.2002 bis zum 12.03.2002, aus € 287.071,35 vom 13.03.2002 bis zum 22.08.2002, aus € 295.071,35 vom 23.08.2002 bis zum 29.08.2002, aus € 307.071,35 vom 30.08.2002 bis zum 20.09.2002, aus € 332.071,35 vom 21.09.2002 bis zum 26.09.2002, aus € 357.071,35 vom 27.09.2002 bis zum 30.09.2002, aus € 367.571,35 vom 01.10.2002 bis zum 22.10.2002, aus € 330.789,47 vom 23.10.2002 bis zum 18.11.2002, aus € 355.789,47 vom 19.11.2002 bis zum 22.01.2003, aus € 365.789,47 seit dem 23.01.2003,
an den Kläger zu 2. € 50.353,76 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen
aus € 3.300,00 vom 14.11.2001 bis zum 11.12.2001, aus € 12.100,00 vom 12.12.2001 bis zum 16.01.2002, aus € 15.600,00 vom 17.01.2002 bis zum 19.02.2002, aus € 25.600,00 vom 20.02.2002 bis zum 25.02.2002, aus € 57.111,00 vom 26.02.2002 bis zum 15.03.2002, aus € 77.915,00 vom 16.03.2002 bis zum 09.10.2002, aus € 70.509,00 vom 10.10.2002 bis zum 28.02.2003, aus € 50.353,76 seit dem 01.03.2003,
an den Kläger zu 3. € 64.764,67 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen
aus € 11.000,00 vom 26.02.2002 bis zum 20.03.2002, aus € 52.300,00 vom 21.03.2002 bis zum 06.08.2002, aus € 61.300,00 vom 07.08.2002 bis zum 26.08.2002, aus € 76.500,00 vom 27.08.2002 bis zum 26.02.2003, aus € 64.764,37 seit dem 27.02.2003.
Die Beklagte zu 3. b e a n t r a g t,
die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14. Oktober 2005 zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 2. ist in der mündlichen Verhandlung am 25.08.2006 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen.
Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil, soweit der Beklagte zu 2. verurteilt worden ist, und treten der Berufung des Beklagten zu 2. unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.
Die Beklagte zu 3. verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Berufung der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen. Hierzu wiederholt sie insbesondere die von ihr behaupteten Vertragsbeziehungen zur B. L. und das Fehlen jeglicher vertraglicher Bindungen zur Beklagten zu 1. Die Geschäftsbeziehung zu den Kunden der B. L. , also den Klägern, beschränke sich auf den Kontoführungsservice. Sie nehme – was zwischen den Parteien unstreitig ist – keinen Kontakt zu den Anlegern auf und führe auch keine Beratung durch. Sie – die Beklagte zu 3. – erhebe von der B. L. nur Abwicklungsgebühren gemäß dem "Pricing Agreement" (Anlage C 8). An den Vermittlungsprovisionen, die sie zu Gunsten der B. L. von den Konten der Kläger abgebucht habe, sei sie nicht beteiligt.
Die Beklagte zu 3. vertritt die Ansicht, dass den Klägern keine Ansprüche wegen Verletzung von Aufklärungspflichten zustehen. Sie habe als Depot- und Clearingstelle für die B. L. nicht die Informationspflichten des § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG bzw. des § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG zu erfüllen gehabt. Zudem sei unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes davon auszugehen, dass bei einer gestaffelten Einschaltung mehrerer Wertpapierdienstleistungsunternehmen nur das Kundennähere zur Erteilung entsprechender Hinweise verpflichtet sei. Entgegen der Ansicht der Kläger gelte die Befreiung von der Auskunftspflicht nicht nur für Banken, sondern für jedes nachgelagerte Wertpapierdienstleistungsunternehmen.
Auf die Verletzung von Aufklärungspflichten könnten sich die Kläger auch deshalb nicht berufen, weil sie in dem Kontoführungsvertrag und in der Offenlegungserklärung darauf hingewiesen habe, dass allein der Vermögensverwalter für die Erbringung von Beratungsleistungen verantwortlich sei. Dass die Hinweise in Englisch erteilt worden seien, sei unbeachtlich, da von Anlegern, die Wertpapiergeschäfte in den Vereinigten Staaten abwickeln lassen, erwartet werden könne, dass sie englische Dokumente verstehen oder sich diese übersetzen lassen.
Entgegen dem Vortrag der Kläger entbehre die Annahme eines "kick back" zwischen ihr – der Beklagten zu 3. – und der B. L. bzw. der Beklagten zu 1. jeglicher Grundlage. Sie habe keinen Gebührenanspruch gegen die Kläger. Schuldner ihrer Abwicklungsgebühren sei allein die B. L.
Auch eine Teilnahme an einem von der Beklagten zu 1. praktizierten Churning sei zu verneinen. Der in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Kläger vom 29.09.2005 enthaltene neue Vortrag bleibe gemäß § 531 Abs. 2 ZPO in der Berufungsinstanz ausgeschlossen.
Der Vorwurf der Teilnahme an einem Churning sei auch ungerechtfertigt. Die Angaben der Kläger zu der Anzahl und der Häufigkeit der von der Beklagten zu 1. vermittelten Optionsgeschäfte seien unzutreffend. Die Kläger hätten auch nicht dargelegt, dass die vermittelten Geschäfte nicht in ihrem Interesse und unvorteilhaft gewesen seien. Auch ein Mittäter– oder Gehilfenvorsatz sei nicht gegeben, da die Beklagte zu 1. zu ihr – der Beklagten zu 3. – keine eigene Geschäftsbeziehung unterhalten habe.
Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.
Der Senat hat die Parteien durch Beschluss vom 21. August 2006 darauf hingewiesen, wie er die Sach- und Rechtslage beurteilt. Im Anschluss daran haben die Parteien noch ergänzend vorgetragen.
II.
1. Berufungen der Kläger zu 1. bis 3.
Die zulässigen Berufungen der Kläger zu 1. bis 3., gerichtet darauf, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass die Beklagte zu 3. antragsgemäß zur Zahlung verurteilt wird, sind unbegründet.
Die Entscheidung richtet sich gemäß Artikel 229 § 5 Satz 1 EGBGB hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche der Kläger zu 1. und 2. nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Vorschriften des Schuldrechts und bezüglich des Klägers zu 3. nach den ab dem 01.01.2002 geltenden Vorschriften des Schuldrechts.
a) Es ist im Berufungsrechtszug davon auszugehen, dass die Klage nur zulässig ist, soweit sie auf deliktische Ansprüche gestützt wird und mangels Vorliegens der weitergehenden internationalen Zuständigkeit des Landgerichts hinsichtlich anderer Anspruchsgrundlagen unzulässig ist. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, die mit der Berufung nicht angegriffen werden, wird insoweit Bezug genommen. Die Kläger stellen in der Berufungsbegründung ausdrücklich klar, dass sie ihre Klage gegen die Beklagte zu 3. allein auf deliktische Ansprüche stützen.
b) Der Gerichtsstand nach § 32 ZPO ist aus den im angefochtenen Urteil dargelegten Gründen durch die von der Beklagten zu 3. mit den Klägern im Rahmen der "Customer’s Agreements" getroffene Schiedsvereinbarung nicht wirksam abgedungen. Eine Schiedsabrede, die sich auf einen Vertrag über die Durchführung von Börsentermingeschäften mit einem nicht termingeschäftsfähigen Anleger bezieht und die dazu führt, dass ein ausländisches Schiedsgericht unter Anwendung ausländischen Rechts über den Vertrag entscheidet, ist unwirksam (BGH WM 1987, 1153; BGH WM 1996, 1489 (1492 f.)).
c) Den Klägern steht gegen die Beklagte zu 3. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Abs. 2 WpHG kein Anspruch auf Schadensersatz zu.
Der Beklagten zu 3. oblagen gegenüber den Klägern keine vertraglichen Aufklärungspflichten, gegen die sie hätte verstoßen können. Die Kontoführungsverträge einschließlich der Ausführung der Optionsgeschäfte gemäß den Aufträgen der von den Klägern bevollmächtigten Beklagten zu 1. begründeten zwar die Pflicht, die Aufträge zu den bestmöglichen Bedingungen auszuführen, jedoch keine eigene Aufklärungspflicht der Beklagten zu 3.
Hierbei kann dahin stehen, ob sich die Beklagte zu 3. darauf berufen kann, dass das Kontoführungsformular und die beigelegten "disclosure Statement" (Anlage C 6, Übersetzung C 6 a) in englischer Sprache den Hinweis enthalten, dass die Beklagte zu 3. nur die Ausführung der Optionsgeschäfte übernimmt, jedoch keine Beratungsleistungen. Bei den Bestimmungen in dem Schriftstück ("disclosure Statement") handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, da die Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Fraglich ist bereits, ob diese Vertragsbedingungen Vertragsbestandteil geworden sind, oder ob davon auszugehen ist, dass die Kläger aufgrund der Abfassung in englischer Sprache hiervon nicht ausreichend Kenntnis nehmen konnten im Sinne von § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB bzw. § 1 Ziff. 2 AGBG, so dass sie nicht in den Vertrag einbezogen sind. Dies kann jedoch im Ergebnis dahin stehen.
Aus der unstreitig erfolgten Beauftragung der Beklagten zu 3. mit der Ausführung von Optionsgeschäften resultieren jedenfalls keine Aufklärungspflichten gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG.
Vorliegend erfolgte die Auftragserteilung bezüglich der Optionsgeschäfte bei der Beklagten zu 3. nicht unmittelbar durch die Kläger selbst, sondern diese erteilten der Beklagten zu 1. einen Auftrag, den diese – so die Behauptung der Kläger – unmittelbar an die Beklagte zu 3. weiter gab oder – dem Vortrag der Beklagten zufolge – den die Beklagte zu 1. durch Einschaltung eines weiteren Vermittlers, der Firma B. L. , an die Beklagte zu 3. weiterleitete.
Beauftragt aber der Kunde – wie vorliegend die Kläger – ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wie die Beklagte zu 1., das seinerseits gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG zur Information verpflichtet ist, mit der Vermittlung von Optionsgeschäften und erteilt diesem Kontovollmacht, ist die depotführende Bank nicht gleichfalls zur Informationserteilung verpflichtet. Bei einer solchen gestaffelten Einschaltung mehrerer Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist grundsätzlich nur das kundennähere – hier die Beklagte zu 1. – zur Befragung und dementsprechenden Aufklärung verpflichtet (BGHZ 147, 343 (353) m.w.N.). Im Fall der Vertretung eines Anlegers kommt es nämlich nicht auf dessen Kenntnisse und Erfahrungen bei Wertpapiergeschäften an, sondern auf die seines Bevollmächtigten als Entscheidungsträger (BGH a.a.O.). Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
Soweit die Kläger in der Berufungsbegründung die Ansicht vertreten, die vom Landgericht zitierte Entscheidung des BGH (BGHZ 147, 343 ff.) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da es sich in dem vom BGH entschiedenen Fall um die Haftung einer depotführenden Bank gehandelt habe und nicht - wie vorliegend bei der Beklagten zu 3. - um ein Brokerhaus, vermag der Senat dem in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Den Klägern ist zwar darin zuzustimmen, dass der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung hinsichtlich der Postulation von Aufklärungspflichten über die Risiken von Börsentermingeschäften danach differenziert, ob es sich um eine Bank oder um einen gewerblichen Anbieter handelt (vgl. nur BGH NJW 1998, 2675 (2675 f.) m.w.N.; BGHZ 124, 151 (154 ff.) m.w.N.). Dies ist aber für die vorliegende Fragestellung ohne Relevanz. Es geht nicht um die Frage, ob die Kläger durch die Beklagte zu 1. als kundennäheres Unternehmen in gesteigertem Maße aufgeklärt werden mussten und in welchem Umfang die Beklagte zu 3. als Broker gegenüber ihren direkten Kunden aufklärungspflichtig wäre. Entscheidungserheblich ist im vorliegenden Zusammenhang allein, dass eine zusätzliche weitere Aufklärung durch die Beklagte zu 3. nicht zu verlangen ist.
Die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHZ 147, 343 (353) ausgesprochene Befreiung von der Auskunftspflicht gilt – entgegen der Auffassung der Kläger – nicht nur für Banken, sondern für jedes nachgelagerte Wertpapierdienstleistungsunternehmen, mithin auch für die Beklagte zu 3. Die Entscheidung des BGH beruht auf der Erwägung, dass sich das Ausmaß und die Erforderlichkeit der Aufklärung in Fällen der Vertretung eines Anlegers durch ein zwischengeschaltetes Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach den Kenntnissen des Vermögensverwalters als Vertreter richtet. Ob dieser Vermögensverwalter – hier die Beklagte zu 1. – gegenüber einer Bank oder einem anderen Wertpapierdienstleistungsunternehmen auftritt, hat auf das Informationsinteresse und –bedürfnis des Anlegers keinen Einfluss. Dessen Aufklärungsbedarf ist durch das kundennähere Unternehmen zu befriedigen.
Ferner lassen die Kläger bei ihrer Beurteilung den abweichenden Sachvortrag der Beklagten zu ihrem Vertragsverhältnis mit der B. L. GmbH unberücksichtigt.
Aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten zu 3) bestand auch aufgrund der Einschaltung dieses in Deutschland ansässigen "Zwischenvermittlers" keine Verpflichtung der Beklagten zu 3) zu umfassender Risikoaufklärung der einzelnen Kontoinhaber (vgl. hierzu insbesondere die Ausführungen der Beklagten zu 3) in der Berufungserwiderung sowie die Angaben des Beklagten zu 2) im Rahmen seiner Anhörung am 28. Januar 2005).
Soweit die Kläger den Sachvortrag der Beklagten im Hinblick auf die tatsächlich bestehenden Vertragsverhältnisse aller Beteiligten (also auch hinsichtlich der zwischengeschalteten B. L. GmbH) bestreiten, liegt kein schlüssiger Klägervortrag für eine abweichende Tatsachenfeststellung vor, für die im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungspflichtverletzung die Kläger darlegungs- und beweispflichtig sind. Ob und in welcher Hinsicht bei abweichender Tatsachenfeststellung eine abweichende rechtliche Bewertung zugunsten des klägerischen Begehrens getroffen werden könnte, kann daher dahinstehen.
d) Die Kläger haben weiterhin gegen die Beklagte zu 3. keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 826, 830 BGB bzw. §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263/266 StGB.
Es ist insoweit zwar davon auszugehen, dass sich die Beklagte zu 3. Tatbeiträge der Beklagten zu 1. im Rahmen einer gemeinsamen unerlaubten Handlung zurechnen lassen müsste. Bei einem kollusiven Zusammenwirken zwischen Broker und Vermittler muss sich der Broker gemäß § 830 BGB die Handlungen des Vermittlers zurechnen lassen (vgl. BGH WM 1999, 540 (541)).
Im vorliegenden Fall kann ein solches kollusives Zusammenwirken jedoch nicht festgestellt werden. Daher können die Pflichtverletzungen der Beklagten zu 1. und eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Beklagten zu 3. jedenfalls nicht zugerechnet werden. Die insoweit beweispflichtigen Kläger haben eine Teilnahme bzw. Beteiligung der Beklagten zu 3. an einer Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten zu 1. nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 3. Einfluss auf die Geschäftspraktiken der Beklagten zu 1. hatte, deren Informationsmaterial kannte, mit dieser im Rahmen der Anlagevermittlung aktiv zusammengearbeitet oder Einfluss auf deren Anlageempfehlungen ausgeübt hat.
Soweit die Kläger in der Berufungsinstanz vorbringen, das kollusive Zusammenwirken ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte zu 1. als Vermittlerin in Deutschland über keine Börsenzulassung in den USA verfüge und die Beklagte zu 3. wiederum keine Erlaubnis besitze, in Deutschland Kunden anzuwerben, was zu einer gegenseitigen Abhängigkeit führe, rechtfertigt dies ohne Vorliegen weiterer Anhaltspunkte nicht die Annahme einer kollusiven Zusammenarbeit.
aa) Die Kläger können sich als Indiz für ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Beklagten zu 3. und der Beklagten zu 1. nicht darauf berufen, die Beklagte zu 3. sei an der round-turn-Gebühr beteiligt gewesen.
Nach Ziff. 4 der zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1. geschlossenen Geschäftsbesorgungsverträge (Anlage B 1) wird pro Optionskontrakt eine Kommission in Höhe von 125 $ pro Markthandlung erhoben, wovon die Beklagte zu 1. 101 $ erhält und 24 $ bei dem kontoführenden Institut verbleiben sollen. Die insoweit beweispflichtigen Kläger haben jedoch nicht nachgewiesen, dass die Beklagte zu 3. Kenntnis von dieser von der Beklagten zu 1. mit den Kunden (hier Klägern) getroffenen Abrede hatte und tatsächlich an der round-turn-Gebühr partizipiert hat. Da die Beklagte zu 3. unstreitig an dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Beklagten zu 1. und den Klägern nicht beteiligt war, kann aus einer in diesem Vertragsverhältnis getroffenen Vergütungsvereinbarung nicht mit der nötigen Sicherheit geschlossen werden, dass die Beklagte zu 3. tatsächlich eine Kommission in Höhe von 24 $ erhalten hat und insoweit an der round-turn-Gebühr beteiligt war. Vor allem steht einer Beteiligung der Beklagten zu 3. an der im Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1. vereinbarten round-turn-Gebühr der Inhalt der "Fully disclosed clearing Agreement" (Anlage C 4, deutsche Übersetzung Anlage C 4 a; Bl. 267 ff. GA) entgegen. Nach Ziff. 18.3 der "Fully disclosed clearing Agreement" bucht die Beklagte zu 3. auf Weisung der B. L. lediglich die von der Beklagten zu 1. vorgegebenen Transaktionskosten von den Konten der Kläger ab. Sie selbst erhält aber nur von der B. L. die in dem "pricing Agreement" enthaltenen Gebühren, die sie bei Überweisung der Kommissionen an die B. L. von dem zu transferierenden Betrag einbehält. Danach erhält die Beklagte zu 3. von den Klägern selbst keinerlei Gebühren. Da der Inhalt dieser vertraglichen Vereinbarungen in den "Fully disclosed Agreement" dem Inhalt der Vertragsabreden in den zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1. geschlossenen Geschäftsbesorgungsverträgen widerspricht, vermögen die Kläger durch Vorlage des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht zu beweisen, dass die Beklagte zu 3. tatsächlich an der round-turn-Gebühr beteiligt war.
bb) Die Kläger haben schließlich auch zu einem "Churning" im engeren, hier in Betracht kommenden Sinne, mit der möglichen Folge einer Haftung aus § 826 BGB nicht substantiiert vorgetragen. Unter "Churning" versteht man den durch das Interesse des Kunden nicht gerechtfertigten häufigen Umschlag eines Anlagekontos, durch den der Broker oder der Vermittler oder beide sich zu Lasten der Gewinnchancen des Kunden Provisionseinnahmen verschaffen (vgl. BGH ZIP 2004, 1699 (1700) m.w.N.; BGH VersR 1995, 482 (483)).
Vor dem Landgericht haben die Kläger diesen Vorwurf nicht durch entsprechenden Sachvortrag, insbesondere Indizien, ausreichend untermauert, sondern nur pauschal ein "Churning" behauptet. Erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.09.2005 haben die Kläger im Einzelnen dargelegt, dass eine große Anzahl getätigter Transaktionen innerhalb kurzer Zeit erfolgt sei und ein hoher Prozentsatz des eingesetzten Kapitals für Spesen und Provisionen verbraucht worden sei. Das Landgericht hat den Tatsachenvortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29.09.2005 gemäß § 296 a ZPO unberücksichtigt gelassen.
Der in dem vorbezeichneten nicht nachgelassenen Schriftsatz enthaltene neue Sachvortrag konnte auch im Berufungsrechtszug keine Berücksichtigung finden. Er war nicht nach § 531 Abs. 1 ZPO zuzulassen. Die Nichtberücksichtigung von Vorbringen nach Verhandlungsschluss in erster Instanz unterliegt nicht dem § 531 Abs. 1 ZPO (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., § 296 a Rdnr. 3; BGH NJW 1983, 2031).
Das in dem Schriftsatz vom 29.09.2005 enthaltene neue Vorbringen war auch nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen.
Es ist zum Einen nicht ersichtlich, warum das Nichtvorbringen dieser Umstände in erster Instanz vor Schließen der mündlichen Verhandlung nicht auf einer Nachlässigkeit beruht im Sinne von § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Die Kläger tragen insoweit nicht vor, warum sie ein entsprechendes Tatsachenmaterial nicht früher hätten beibringen können.
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die ein Churning möglicherweise stützenden Tatsachen infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht rechtzeitig vorgebracht worden sind (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). In Betracht kommt vorliegend allein eine Verletzung von Aufklärungspflichten im Sinne von § 139 ZPO durch das Landgericht. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils führt das Landgericht jedoch aus, dass es die Kläger in der Sitzung vom 28.01.2005 darauf hingewiesen habe, dass der Vorwurf des "Churnings" im Sinne einer Kontenplünderung durch Gebührenschinderei nicht durch entsprechenden Sachvortrag, insbesondere Indizien, ausreichend substantiiert sei. Die Kläger räumen dies in der Berufungsbegründung ein, machen jedoch geltend, die Hinweise seien erst in der mündlichen Verhandlung am 09.09.2005 erteilt worden. Darauf kommt es jedoch nicht an. Entscheidend ist, dass sie auf die Hinweise ausweislich des Verhandlungsprotokolls (Bl. 422 GA) keine Schriftsatzfrist beantragt haben (§ 139 Abs. 5 ZPO). Vor diesem Hintergrund ist dem Landgericht aber eine Verfahrensrechtsverletzung gemäß § 139 ZPO nicht vorzuwerfen.
e)
Die Ausführungen der Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.10.2006 haben dem Senat keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gegeben.
2. Berufung des Beklagten zu 2.
Die Berufung des Beklagten zu 2., mit der er begehrt, das Urteil des Landgerichts abzuändern, soweit er zur Zahlung verurteilt wurde, war durch Versäumnisurteil gemäß § 539 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 2 und 10, 711 ZPO.
Streitwert für die Berufungsinstanz:
Berufung Klägerin zu 1.: bis 366.000 €
Berufung Kläger zu 2.: bis 51.000 €
Berufung Kläger zu 3.: bis 65.000 €
Berufung Beklagter zu 2.: bis 431.000 €.
Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-15 U 86/05 03.05.2006 LG Kleve - 1 O 391/04 Ersatz der Kosten eines Schiedsverfahrens wegen anwaltlicher Falschberatung
U R T E I L
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 15. April 2005 1 O 391/04 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
I.
Der Kläger ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Ab 01. April 2002 erhielt er die Zulassung, als Vertragsarzt im Planungsbereich Wesel tätig zu werden. Unter dem 14. Februar 2002 schlossen der Kläger und Frau A. einen Gemeinschaftsarztpraxisvertrag ab, wonach die Vertragsparteien ab dem 01. April 2002 die bis dahin von Frau A. mit einem Partner betriebene Praxis als Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortführen wollten. Gemäß § 4 brachte Frau A. das materielle und immaterielle Betriebsvermögen in die Praxis ein, welches mit 230.081,34 € bewertet wurde. Der Kläger erbrachte im Gegenzug eine Zahlung in Höhe von 115.040,67 € an Frau A., wobei je die Hälfte auf den materiellen und den immateriellen Praxiswert entfielen. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 - 3 des Gesellschaftsvertrags konnte ein Gesellschafter unter anderem durch ordentliche Austrittskündigung, außerordentliche Austrittskündigung oder Ausschließung ausscheiden. Für diese drei Gründe sah § 25 Abs. 3 Satz 1 vor, dass der verbleibende Gesellschafter eine ordentliche Anschlusskündigung erklären kann und die Gesellschaft dann aufgelöst und nach § 32 auseinandergesetzt würde. Die Zahlung einer Abfindung nach § 29 wurde für diesen Fall ausgeschlossen. Das Recht des Klägers zur außerordentlichen Kündigung wurde für die Zeit, in der Frau A. Gesellschafterin war, in § 26 Abs. 2 ausgeschlossen. § 32 sah für die Auseinandersetzung eine Realteilung vor. Zum Auseinandersetzungsstichtag sollte eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellt werden; Zahlungsansprüche sollten mit der Festsetzung in der Abrechnung fällig sein. Das immaterielle Gesellschaftervermögen sollte durch Übernahme der dem jeweiligen Gesellschafter folgenden Patienten auseinandergesetzt werden. Schließlich sah § 37 für Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit dem Vertrag ein Schiedsgerichtsverfahren vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf Bl. 17-53 GA Bezug genommen.
Nachdem es zu Differenzen zwischen dem Kläger und Frau A. gekommen war, suchte der Kläger am 06. September 2002 die Rechtsanwaltssozietät auf, in der auch der Beklagte tätig ist. Er suchte anwaltlichen Rat, wie er ohne Schaden aus der Gesellschaft aussteigen könne. Zunächst übernahm der Sozius Rechtsanwalt B. die Beratung. Der Kläger teilte diesem mit, dass A. - wovon er vor Vertragsschluss nichts gewusst habe - Schwarzgeldzahlungen an nicht ärztliche Mitarbeiter der Praxis leiste und Abrechnungsbetrug zu Lasten der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein begehe und dass dies bereits vor Gründung der Gemeinschaftspraxis der Fall gewesen wäre. Weiter teilte er Rechtsanwalt B. mit, dass Frau A. eine leistungsmindernde Herzerkrankung verschwiegen habe. Auf Anraten des Rechtsanwalts B. mahnte der Kläger Frau A. wegen dieser und weiterer Verstöße ab. Nachdem auf einer Gesellschafterversammlung vom 23. September 2002 keine Möglichkeit für die gemeinsame Fortsetzung des Praxisbetriebs gefunden worden war, beriet nunmehr der Beklagte den Kläger, der jetzt endgültig aus der Gemeinschaftspraxis ausscheiden wollte. Auf Anraten des Beklagten erklärte der Kläger mit Schreiben vom 24. Oktober 2002 die Anfechtung des Gesellschaftsvertrags wegen arglistiger Täuschung "bezüglich der rechtmäßig zu erzielenden Umsätze und Gewinne" und hilfsweise die außerordentliche Kündigung wegen "Abrechnungsbetruges, unerlaubter gewerblicher Tätigkeit und Aufforderung zur Schwarzgeldzahlung".
Frau A. wies die Anfechtung und die Kündigung unter dem 30. Oktober 2002 zurück und erklärte hilfsweise ihrerseits gemäß § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags die Anschlusskündigung. Der Kläger stellte durch Schreiben vom 24. Oktober 2002 seine Kassenarztzulassung ruhend, was von dem Beklagten unter dem 25. Oktober 2002 als sinnvoll bewertet wurde. Ab dem 01. Januar 2003 arbeitet der Kläger als Krankenhausassistenzarzt. Zuvor verzichtete er auf seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2002 nahm der Kläger, vertreten durch den Beklagten, Frau A. im Wege der Schiedsklage auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Im Termin zur mündlichen Verhandlung des Schiedsverfahrens vom 23. Juli 2003 machte er Zahlung iHv. 183.852,52 € und die Feststellung geltend, dass die noch ausstehenden Regressforderungen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein an die Gemeinschaftspraxis für die Abrechnung der ersten drei Quartale 2002 ausschließlich Frau A. zur Last fallen. Durch Schiedsspruch vom 24. September 2003 wies das Schiedsgericht die Zahlungsklage als derzeit unbegründet und die Feststellungsklage als unzulässig zurück. Das Schiedsgericht begründete dies damit, dass die Zahlungsansprüche einer Durchsetzungssperre unterfielen, da die Gesellschaft infolge der Anschlusskündigung aufgelöst werden müsse. Da dem Kläger aus dem Praxisbetrieb auch Vorteile erwachsen seien, ließe sich jedenfalls derzeit auch kein Mindestanspruch beziffern. Der Feststellungsantrag sei mangels hinreichender Bestimmtheit der Regressforderungen unzulässig.
Der Kläger wurde mit den Kosten des Schiedsverfahrens in Höhe von 19.951,02 € (Kosten des Schiedsgerichts: 13.423,36 €; Rechtsanwaltsgebühren der Gegenseite : 4.277,66 €; an den Beklagten gezahlter Vorschuss: 2.250,-- €) belastet. Der Beklagte stellte unter dem 20. Oktober 2003 seine außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit für den Kläger mit insgesamt 5.895,18 € zuzüglich 45,95 € Auslagen in Rechnung, auf die der Kläger den Vorschuss von 2.250,-- € gezahlt hatte. Der Restbetrag ist Gegenstand der Widerklage des Beklagten. Der Kläger hat behauptet, er habe sich von Anfang an in die anwaltliche Beratung begeben, um aus der Gemeinschaftspraxis auszusteigen. Diesen Wunsch habe er mit der Bedingung verknüpft, dass für ihn kein Schaden entstünde. Der Beklagte habe ihm erläutert, er sei infolge der Anfechtung finanziell so zu stellen, wie wenn der Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen worden wäre. Dabei habe er die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Wirkung der Anfechtung bei in Vollzug gesetzten Gesellschaften übersehen. Er hat die Ansicht vertreten, wegen der Durchsetzungssperre habe der Beklagte zunächst auf die Klärung des Auflösungszeitpunktes der Gesellschaft und anschließend auf die Erstellung einer Auseinandersetzungsabrechnung hinwirken müssen.
Weiter hat er behauptet, dass der Beklagte hinsichtlich der Kündigungswirkung die vertraglich vorgesehene Realteilung übersehen habe. Wäre der Kläger hierauf hingewiesen worden, hätte er auf die Kassenarztzulassung nicht verzichtet. Diesen Verzicht habe er nach Rücksprache mit dem Beklagten erklärt. Er habe den Beklagten auch darüber informiert, dass nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein die Zulassung nur drei Monate zum Ruhen habe gebracht werden dürfen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Beklagte ihm zur Durchführung eines Praxisnachfolgeverfahrens nach §§ 99 SGB V habe raten müssen, da er nur auf diese Weise durch den Verkauf seines Praxisanteils an den öffentlich-rechtlich zu bestellenden Nachfolger den immateriellen Wert seines Praxisanteils habe realisieren können. Er hat behauptet - was vom Beklagten erstinstanzlich nicht bestritten worden ist - im Zuge dieser Vorgehensweise hätte er einen Verkehrswert von 57.520,34 € realisieren können.
Der Kläger hat die Aufrechnung gegenüber dem mit der Widerklage geltend gemachten Honoraranspruch des Beklagten in Höhe von 2.111,21 € erklärt, soweit sich das Honorar auf der Tätigkeit des Beklagten im Schiedsgerichtsverfahren bezieht. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 19.951,02 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06. August 2004 zu zahlen; festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, die aus der fehlerhaften anwaltlichen Beratung durch den Beklagten im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Klägers aus der gemeinsam mit Frau C. betriebenen Gemeinschaftspraxis, L. Str., M., entstanden sind oder zukünftig entstehen werden.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Widerklagend hat er beantragt,
den Kläger zu verurteilen, an die Partnerschaftsgesellschaft D., 3.691,13 € nebst Zinsen in Höhe von 8% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. November 2003 zu zahlen.
Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, der Kläger sei zunächst an einer Fortsetzung der Gemeinschaftspraxis interessiert gewesen. Nach Erhalt eines Schreibens der Bevollmächtigten von Frau A. vom 24. Oktober 2002 sei er fest entschlossen gewesen, die Arbeit in der Gemeinschaftspraxis zu beenden. Der Beklagte habe ihn auf § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags und darauf, dass der Anfechtung keine Rückwirkung zukomme, hingewiesen. Auch die Realteilung habe er dem Kläger erläutert und ihm hierzu geraten. Der Kläger habe jedoch in dem Planungsbereich Wesel nicht mehr selbständig praktizieren wollen und sich zur Beendigung der Gesellschaft eigenverantwortlich entschlossen. Er habe dem Kläger erklärt, ihm helfen zu wollen, ohne größeren Schaden die Gemeinschaftspraxis verlassen zu können, wobei dem Kläger insbesondere an der Rückzahlung des Kaufpreises gelegen gewesen sei. Er habe den Kläger auch darauf hingewiesen, dass es zur Bezifferung der Zahlungsansprüche einer Abschichtungsbilanz bedürfe. Der Kläger habe erklärt, für diese sorgen zu wollen. Die von ihm mit Schreiben vom 27. Januar 2003 überreichte Aufstellung sei jedoch ungenügend gewesen, worauf er den Kläger hingewiesen habe. Dieser habe daraufhin kurz vor dem Termin im Schiedsgerichtsverfahren eine betriebswirtschaftliche Auswertung vorgelegt Um gegebenenfalls eine Realteilung zu ermöglichen, sei ausdrücklich nur das Ruhen der Kassenarztzulassung vereinbart worden; die Rückgabe der Zulassung sei ohne Wissen des Beklagten erfolgt. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, er habe darauf vertrauen dürfen, dass dem Kläger die kassenarztrechtliche Lage bekannt sei. Er hat schließlich behauptet, den Kläger über den Wert einer kassenärztlichen Zulassung unterrichtet zu haben. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, mangels Ausschlusskündigung finde § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags keine Anwendung. Vielmehr bewende es bei der Regelung des § 723 BGB. Im Übrigen sei es möglich gewesen, die Gesellschaft rückabzuwickeln, jedenfalls aber Schadensersatzansprüche auf der Grundlage einer Abschichtungsbilanz bzw. auch ohne eine solche Bilanz als Mindesbeträge geltend zu machen. Dem Kläger sei wegen der Kosten für das Schiedsgerichtsverfahren kein Schaden entstanden, da das Verfahren noch nicht beendet sei.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 15. April 2005 bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs stattgegeben. Der Widerklage hat es in Höhe von 1.579,92 € entsprochen und sie im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte schulde dem Kläger Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung. Das angestrengte Schiedsgerichtsverfahren sei für den Beklagten erkennbar ohne Aussicht auf Erfolg gewesen. Die gegen Frau A. geltend gemachten Ansprüche unterlägen im Abwicklungsstadium der GbR einer Durchsetzungssperre. Denn die Anfechtung des Gesellschaftsvertrags durch den Kläger habe nur Wirkung für die Zukunft entfaltet, da die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar seien. Daher sei die Anfechtung als Kündigung aus wichtigem Grund anzusehen, die wegen der ordentlichen Anschlusskündigung der Frau A. gemäß § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags die Folge habe, dass die GbR aufzulösen sei. Ansprüche bestünden nur im Rahmen der zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung.
Einzelforderungen könnten allenfalls dann ausnahmsweise vor Feststellung der Schlussrechnung geltend gemacht werden, wenn die Mindesthöhe des Auseinandersetzungsguthabens schon feststehe. Das sei jedoch vom Schiedsgericht zu Recht verneint worden. Dieses habe nachvollziehbar ausgeführt, dass dem Kläger durch die Beteiligung an der Praxis auch Vorteile entstanden seien, die er zur substantiierten Darlegung eines Schadens den Nachteilen hätte gegenüberstellen müssen. Auch der vom Kläger entrichtete Kaufpreis und ein angemessener Arbeitslohn könnten ohne Erstellung einer solchen Gegenüberstellung als Einzelforderungen nicht schon vor Erstellung der Auseinandersetzungsabrechnung ausgekehrt werden.
Der vor dem Schiedsgericht verfolgte Feststellungsantrag sei mangels Bestimmtheit bereits unzulässig gewesen, da die Art der Regressforderung nicht klar bestimmt worden sei. Regressansprüche hätten sich auch aus - unbewussten - Abrechnungsfehlern des Klägers selbst ergeben können. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei das Schiedsgerichtsverfahren infolge des Schiedsspruchs auch beendet, obwohl die Ansprüche dort als "derzeit unbegründet" abgewiesen worden seien. Wegen der anfänglichen Aussichtslosigkeit des Schiedsgerichtsverfahrens habe der Beklagte dem Kläger dessen sinnlos aufgewandte Kosten zu erstatten.
Der Feststellungsantrag sei zulässig, da unsicher sei, ob der Kläger im Hinblick aus der andauernden Auseinandersetzung mit Frau A. noch Ersatz wegen des Verlustes des immateriellen Wertes der Praxis erlangen könnte. Zum Ersatz dieses Schadens sei ihm aber der Beklagte ebenfalls wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung aus § 280 Abs. 1 ZPO verpflichtet. Dem Kläger könne ein Schaden daraus entstehen, dass er von der Neuausschreibung seines Vertragsarztsitzes abgesehen habe. Der Beklagte habe ihn dahingehend beraten müssen, dass er auf die Erhaltung des Vertragsarztsitzes angewiesen sei, um im Rahmen eines Praxisnachfolgeverfahrens den immateriellen Wert seines Praxisanteils verwerten zu können. Denn der Beklagte sei zur umfassenden Beratung verpflichtet gewesen und habe ihm diejenigen Schritte anraten müssen, die zur Verfolgung seiner Ziele geeignet seien und Nachteile für den Kläger vermieden hätten. Unstreitig habe der Beklagte jedoch nicht dargelegt, wie der immaterielle Wert hätte realisiert werden können. Der Beklagte habe auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger diesen Teil der Angelegenheit selber regeln würde, da bei dem Kläger als Mediziner die erforderlichen rechtlichen Kenntnisse nicht vorauszusetzen gewesen seien. Der Beratungspflicht stehe nicht entgegen, dass über die Zulassung als Vertragsarzt öffentlich-rechtlich entschieden werde, da im Rahmen des Praxisnachfolgeverfahrens der Praxisanteil veräußert werde, nicht die Vertragsarztzulassung. Bei ordnungsgemäßer Beratung sei nach den Grundsätzen des beratungskonformen Verhaltens auch davon auszugehen gewesen, dass der Kläger nicht auf seine Zulassung verzichtet hätte, sondern eine Ausschreibung vorgenommen hätte. Die Möglichkeit, sich erneut um eine Zulassung zu bewerben, wäre für die Realisierung des immateriellen Werts des Praxisanteils nicht zielführend gewesen.
Die Widerklage sei nur in Höhe von 1.579,92 € begründet. Insoweit sei der Kläger zu Zahlung einer Besprechungsgebühr nach einem Wert von 187.716,74€ verpflichtet, da schlüssig dargelegt sei, dass bereits bei den Besprechungen mit den Anwälten der Frau A. alle Punkte, die Gegenstand des Schiedsgerichtsverfahrens gewesen seien, zur Sprache gekommen seien. In Höhe weiterer 2.111,21 € sei der Gebührenanspruch infolge der von dem Kläger erklärten Aufrechnung mit seinem Schadensersatzanspruch untergegangen. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 08. und 16. Februar sowie vom 02. März 2005 (Kläger) bzw. vom 08. und 22. Februar sowie 11. März 2005 (Beklagter) seien kein Grund gewesen, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, da sie nur Rechtsansichten bzw. nicht entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag enthielten.
Der Zinsanspruch des Klägers sei nur in der ausgeurteilten Höhe begründet, da § 288 Abs. 2 BGB auf Schadensersatzansprüche nicht anwendbar sei.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerechten Berufung, mit der er die Abweisung der Klage und die vollständige Stattgabe der Widerklage verfolgt. Er bezweifelt, dass eine etwaige Beratungspflichtverletzung kausal für einen Schaden des Klägers geworden sei und vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass Schadensersatz- und Auseinandersetzungsansprüche nur bei berechtigter Anfechtung bzw. Kündigung bestanden hätten, deren Gründe indes weder unstreitig noch bewiesen seien. Er behauptet, den Kläger auf die Durchsetzungssperre hingewiesen zu haben; dieser habe aber an sein Geld kommen wollen Er hält an seiner Auffassung fest, dass das Schiedsgericht falsch entschieden habe, da die Ansprüche des Klägers auf Verschulden bei Vertragsverhandlungen beruhten und deshalb der Durchsetzungssperre nicht unterfielen. Jedenfalls habe das Schiedsgericht als "minus" zum geltend gemachten Leistungsantrag feststellen müssen, dass die geltend gemachten Einlagen und Auslagen des Klägers bei der Auseinandersetzung zu berücksichtigen seien. Wegen des im Schiedsgerichtsverfahren geltend gemachten Feststellungsantrags habe das Schiedsgericht seine Hinweispflicht verletzt.
Der Beklagte bestreitet, dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, seinen Praxisanteil zu verkaufen, da die Frage der Auseinandersetzung - insoweit unbestritten - zwischen dem Kläger und Frau A. im Streit gestanden habe und sich bei pflichtgemäßer Aufklärung über die gegen Frau A. erhobenen Vorwürfe kein Kaufinteressent gefunden hätte. Deshalb sei auch - was vom Kläger nicht bestritten wird - der Zeuge E., der - ebenfalls unbestritten - die Praxis im August 2003 von Frau A. erworben habe, über die Vorwürfe nicht unterrichtet worden. Der Beklagte wiederholt seine Behauptung, dass der Kläger eigenmächtig und ohne ihn zu informieren die Kassenarztzulassung zurückgegeben habe. Ein etwaiger good will habe sich jedenfalls bis zur Klärung der vollständigen Auseinandersetzung verflüchtigt. Er ist im Übrigen der Ansicht, der Feststellungsantrag sei zu unbestimmt.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und
den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an die Partnerschaftsgesellschaft D., weitere 2.111.21 € nebst Zinsen in Höhe von 8% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. November 2003 zu zahlen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, dass die Schiedsgerichtsentscheidung zutreffend gewesen sei; jedenfalls aber könne der Beklagte sich hinsichtlich seiner Beratungsfehler nicht mit Bezug auf eine angeblich falsche Schiedsgerichtsentscheidung entlasten. Der Geltendmachung von Ersatzansprüchen habe die Klärung, ob und zu welchem Zeitpunkt eine Auflösung der Gesellschaft erfolgt sei, zwingend vorangehen müssen. Eine entsprechende Umdeutung der im Schiedsverfahren geltend gemachten Leistungsanträge habe sich bereits mangels Benennung eines Auflösungszeitpunkts verboten. Die Durchsetzungssperre finde allenfalls bei stillen Gesellschaften keine Anwendung, sehr wohl aber bei einer GbR.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1.
Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 19.951,02 € verurteilt. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen entsprechenden Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen anwaltlicher Falschberatung. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Geltendmachung der Zahlungsansprüche und des Feststellungsanspruches in dem Schiedsgerichtsverfahren erkennbar keine Aussicht auf Erfolg hatte. Auch nach Auffassung des Senats stellt sich der Schiedsspruch vom 24 September 2003 als richtig dar, was der Beklagte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. Der Beklagte ist daher zur Erstattung der dem Kläger entstandenen Kosten verpflichtet.
a.
Ansprüche des Klägers auf Erstattung seiner Einlage iHv. 115.040,67 €, von Finanzierungskosten iHv. 7.195,90 €, Arbeitslohn iHv. 65.450,00 €, Erstattung des Vertragsarztsitzes iHv. 57.520,30 € sowie Auslagen iHv. 1.345,65 € abzüglich der Entnahmen iHv. insgesamt 62.700,-- €, wie sie zuletzt Gegenstand des schiedsgerichtlichen Verfahrens waren (vgl. Bl. 5 und 9 des Schiedsspruchs = Bl. 82 und 86 GA), waren zum Zeitpunkt der Geltendmachung im Schiedsverfahren ersichtlich (noch) nicht begründet.
aa.
Mit dem Beklagten ist davon auszugehen, dass die Ansprüche überhaupt nur dann entstanden sein könnten, wenn die seitens des Klägers gegen Frau A. erhobenen Vorwürfe inhaltlich zutreffend gewesen wären. Soweit der Beklagte indes in der Berufungsbegründung mit Bezug hierauf seine Haftung in Frage stellen will, ist dies aus Sicht des Senats nicht nachvollziehbar. Denn der Beklagte hat nicht bestritten, dass die von dem Kläger gegen Frau A. erhobenen Vorwürfe inhaltlich zutreffend waren. Aus seinem Vorbringen ergibt sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass hinsichtlich der Vorwürfe ein Beweisrisiko bestanden habe. Vielmehr geht aus den Schriftsätzen, die der Beklagte im Schiedsverfahren gefertigt hat, hervor, dass die Vorwürfe gegen die Beklagte mit umfangreichen Beweismitteln zu untermauern waren. Dass ein ernstzunehmendes Beweisrisiko bestanden habe, lässt sich der Berufungsbegründung nicht entnehmen, da der Beklagte nur auf die Selbstverständlichkeit hinweist, dass bestrittene Vorwürfe gegebenenfalls vom Kläger hätten bewiesen werden müssen. Es würde auch an seiner Haftung im Ergebnis nichts ändern. Denn zum einen sähe er sich so dem Vorwurf ausgesetzt, ein möglicherweise aus tatsächlichen Gründen aussichtsloses Schiedsverfahren angestrengt zu haben. Zum anderen hätte er in diesem Fall den Kläger auf die Risiken der Beweislage hinweisen müssen; dass er dies getan hat, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
bb.
Wie das Schiedsgericht zutreffend ausgeführt hat, unterlagen die Zahlungsansprüche im Hinblick auf das Abwicklungsstadium, in das die GbR zwischen dem Kläger und Frau A. eingetreten war, einer Durchsetzungssperre.
(1)
Die von dem Kläger unter dem 24. Oktober 2002 erklärte Anfechtung des Gesellschaftsvertrags hat - unterstellt, ein Anfechtungsgrund lag vor - nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft nicht zur Folge gehabt, dass der Gesellschaftsvertrag als anfänglich unwirksam anzusehen sei mit der Folge, dass das gesamte Gesellschaftsverhältnis rückabzuwickeln wäre. Es entspricht vielmehr ständiger Rechtsprechung des BGH und der nahezu einhelligen Auffassung der Literatur, dass die Anfechtungsfolgen wegen der Rückwirkung auf den Abschluss von Gesellschaftsverträgen grundsätzlich nicht passen. Die Anfechtung entwickelt daher nur Wirkung ex nunc. Das wird von Beklagtenseite auch grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen und muss im Hinblick auf die inhaltlich überzeugenden Ausführungen des Schiedsgerichts und des Landgerichts zu dieser Frage hier nicht mehr vertieft werden.
Da die Parteien des Gesellschaftsvertrags den Abschluss eines solchen Vertrags angestrebt hatten und die Gesellschaft auch in Vollzug gesetzt worden ist, finden die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung. Ein Vorrang sonst schutzwürdiger Interessen ist nicht gegeben. Insbesondere ist die Anwendung dieser Grundsätze nicht ausgeschlossen, weil der Kläger arglistig getäuscht worden sei. Denn auch Fälle, in denen der Beitritt aufgrund arglistiger Täuschung erfolgt und deshalb die Anfechtung erklärt worden ist, unterfallen den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1974, Az: II ZR 27/73, www.jurisweb.de Rdn. 24 = BGHZ 63, 338ff.; BGH NJW 2001, 2718[2720]), da den Belangen des getäuschten Gesellschafter mit anderen Ansprüchen - z.B. § 826 BGB, Vertragsanpassung u.ä. - ausreichend Rechnung getragen werden kann (vgl. Münchener Kommentar zum BGB - Ulmer, 4. Aufl, Rdn. 340 zu § 705 BGB m.w.Nw.).
(2)
Als Rechtsfolge der fehlerhaften Gesellschaft sind nach Beendigung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die früheren Gesellschafter grundsätzlich gehindert, ihre jeweiligen Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gegeneinander isoliert geltend zu machen. Diese jeweiligen Forderungen sind vielmehr als unselbständige Rechnungsposten in eine Auseinandersetzungsbilanz einzustellen, .... 52 ein Zahlungsanspruch besteht nur hinsichtlich des abschließenden Saldos (st. Rspr. vgl. BGHZ 37, 299, 304 f.; BGH ZIP 1993, 919 f. = WM 1993, 1340 m. Anm. Müller, BGH ZIP 1993, 1307 m. Anm. Crezelius EWiR 1993, 971; BGH NJW 1995, 188;).
Dieser Durchsetzungssperre unterfallen grundsätzlich alle gesellschaftsvertraglichen Ansprüche und insbesondere auch Schadensersatzansprüche (Ulmer in: Münchener Kommentar zum BGB, Rdn. 52 zu § 730 BGB), also auch Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. So hat der BGH mit Urteil vom 29. Juni 1970 (II ZR 158/69, www.jurisweb.de Rdn. 40 = NJW 1971, 375[377]) entschieden, dass die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch Anwendung finden, wenn ein Gesellschafter durch betrügerisches Verhalten des allein vertretungsberechtigten Gesellschafters zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags bestimmt worden ist. Denn wie bereits ausgeführt, wird den Interessen des Gesellschafters in den Fällen, in denen sich Mitgesellschafter ihm gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht haben, durch die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grund und dem hieraus folgenden Schadensersatzanspruch bei der Auseinandersetzung ausreichend Rechnung getragen (BGH a.a.O.). Diese Fallkonstellation ist mit der vorliegenden vergleichbar, da das betrügerische Verhalten vor Vertragsschluss Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragssschluss ebenso begründen kann wie der hier streitgegenständliche Vorwurf, nicht über alle vertragsrelevanten Umstände aufgeklärt zu haben. Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Durchsetzungssperre der Ansprüche stiller Gesellschafter (vgl. BGH Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, NJW-RR 2004, 1407[1408]; NJW-RR 2005, 627; BGH NJW 2005, 1784 [1786]) seien entsprechend anwendbar, verkennt er, dass - worauf der Kläger mehrfach hingewiesen hat - die Entscheidungen sich auf die "Besonderheiten der stillen Gesellschaft im Gegensatz zu einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts" stützen, also auf die GbR in der Form, wie sie der Kläger mit Frau A. praktizierte, gerade nicht anwendbar sind. Dass die GbR vorliegend zweigliedrig war, steht dem nicht entgegen, da die dargestellten Grundsätze nach der Rechtsprechung des BGH auch für die zweigliedrige GbR gelten (BGH NJW 1992, 2757[2758]; NJW 1999, 3557).
Im Übrigen kann der Beklagte sich bei der Beurteilung, ob das von ihm angestrengte Schiedsverfahren Aussicht auf Erfolg hatte, auf die Rechtsprechung des BGH zur stillen Gesellschaft bereits deshalb nicht stützen, weil sie erstmals aus dem Jahr 2004 datiert und sich gegensätzlich zu der bis dahin herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung verhielt (vgl. Nachweise in den genannten Entscheidungen). Diese Rechtsprechung konnte mithin für das in den Jahren 2002/2003 laufende Schiedsverfahren noch keine Berücksichtigung finden. Zumindest aber war der Beklagte gehalten, den für den Kläger sichersten Weg zur Durchsetzung der Rechtsschutzziele zu wählen und sich mithin auf dem Boden der bis zum Jahr 2003 geltenden Rechtsprechung zu bewegen (BGH NJW 1993, 3324; NJW-RR 1990, 205). Die Schadensersatzpflicht besteht auch dann, wenn der Rechtsanwalt eine später als unrichtig erkannte Rechtsprechung der zuständigen Gerichte nicht beachtet hat (BGHZ 145, 256 = NJW 2001, 146 = ZIP 2000, 2168[2171]). Dass für das Schiedsgericht bzw. den Beklagten die Rechtsprechung des BGH aus den Jahren 2004 und 2005 absehbar war, ist nicht zu erkennen. Insbesondere nehmen die von dem Beklagten gefertigten Schriftsätze aus dem Schiedsverfahren, soweit sie vorgelegt worden sind, diese Rechtsprechung nicht vorweg. Vor diesem Hintergrund war die Durchsetzungssperre beachtlich.
Der Kläger war auch nicht ausnahmsweise berechtigt, trotz der Durchsetzungssperre bereits isolierte Zahlungsansprüche geltend zu machen. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der einzelne Gesellschafter Ansprüche schon vor Erstellung einer abschließenden Auseinandersetzungsrechnung jedenfalls dann isoliert geltend machen kann, wenn die Gefahr von Hin- und Herzahlungen während des Auseinandersetzungsverfahrens, der durch die genannte Rechtsprechung des BGH begegnet werden soll (vgl. BGHZ 37, 299, 304 f.; Ulmer a.a.O. § 730 Rdn. 49), nicht besteht. Das ist u.a. dann der Fall, wenn bereits vor Abschluss der Auseinandersetzung feststeht, dass einem Gesellschafter ein bestimmter Betrag in jedem Fall zusteht, oder wenn es nur noch um die Verteilung des letzten Aktivpostens geht (vgl. BGH.NJW 1995, 188).
Beide Voraussetzungen lagen hier aber nicht vor. Insbesondere von einem Mindestbetrag ist bereits deshalb nicht auszugehen, weil - wie das Schiedsgericht zutreffend ausgeführt hat - dem Kläger auch Vorteile aus der Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis erwachsen sind. Insoweit kann der Beklagte nicht pauschal darauf verweisen, dass die Praxis einen Wertzuwachs erlangt habe. Denn zumindest war vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass die Bewertung des Gesellschaftsvermögens zwischen den Vertragsparteien streitig war, ein Mindestbetrag der Höhe nach nicht feststellbar. Bezeichnenderweise nennt auch der Kläger keine Mindestsumme, die sich unabhängig von der weiteren Auseinandersetzung zu seinen Gunsten hätte ergeben sollen. Die von ihm im Schiedsverfahren genannten Beträge sind es jedenfalls aus den genannten Gründen nicht, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der immaterielle Wert des Praxisanteils des Klägers offenbar zweimal in der Schiedsgerichtsklage geltend gemacht worden ist. Denn er machte zum einen die Erstattung der Einlage in Höhe von 115.040,67 € geltend, die sich zu 50% auf den immateriellen Wert bezog, und zum anderen einen Betrag von 57.520,30 € für die Erstattung des Vertragsarztsitzes, was der Sache nach ebenfalls auf eine Erstattung des immateriellen Wertes hinauslief. In Höhe von 57.520,30 € war die Schiedsklage daher schon aus diesem Grund unschlüssig.
(3)
Soweit der Beklagte sich offenbar darauf berufen möchte, das Schiedsgericht habe die Zahlungsansprüche unter allen rechtlichen Gesichtspunkten prüfen müssen und mithin auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes, vermag dies deshalb nicht zu überzeugen, weil die Ansprüche jedenfalls zunächst auf die Rückabwicklung des Gesellschaftsvertrags gestützt worden sind. Dem Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass das Schiedsgericht an diese rechtliche Beurteilung
nicht gebunden war. Unabhängig von der Frage, ob Frau A. dem Kläger dem Grunde nach auf Schadensersatz haftete, konnte aber ein Schaden jedenfalls der Höhe nach nicht bestimmt werden. Denn im Wege der Vorteilsausgleichung hätte der Kläger sich die Vorteile, die ihm aus der Tätigkeit im Rahmen der Gemeinschaftspraxis erwuchsen, anrechnen lassen müssen. An einer Bezifferung dieser Vorteile fehlte es indes; diese wäre nur durch Vorlage der Auseinandersetzungsbilanz möglich gewesen.
(4)
Die Durchsetzungssperre greift unabhängig von der Frage, ob gemäß der Regelung in § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrag Frau A. wirksam die Anschlusskündigung erklärt hat oder der Kläger infolge der Kündigung gemäß § 29 des Gesellschaftsvertrags Anspruch auf Abfindung gehabt hätte oder ob statt der gesellschaftsvertraglichen Regelungen die gesetzlichen Vorschriften der §§ 723, 730-735 BGB anzuwenden sind.
In ersterem Fall greift nach § 32 des Gesellschaftsvertrags die Realteilung. Im zweiten Fall fehlt es an der nach § 29 erforderlichen Ermittlung des Abfindungsguthabens. Im letzteren Fall schließlich gelten die dargelegten Grundsätze unmittelbar. Da - wie dargelegt - die Durchsetzungssperre auch bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen GbR Geltung hat, kann der ausscheidende Gesellschafter auch hier keine isolierten Ansprüche geltend machen, sondern nur den aus der Schlussabrechnung folgenden Anspruch (BGH NJW 1992, 2757[2758]; NJW 1999, 3557).
(5)
Schließlich kann sich der Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Schiedsgericht habe die gebotene Umdeutung der Leistungsanträge in Feststellungsanträge unterlassen. Insoweit ist dem Beklagten zuzugeben, dass die Geltendmachung isolierter Zahlungsansprüche, denen die Durchsetzungssperre entgegensteht, einen Feststellungsantrag des Inhalts umfasst, dass die geltend gemachten Ansprüche in die vorzunehmende Auseinandersetzungsabrechnung mit aufzunehmen sind (BGH Urteil vom 24. Oktober 1994, Az: II ZR 231/93 www.jurisweb.de Rdn. 8 = NJW 1995, 188). Das Schiedsgericht hat dies auch zutreffend erkannt und sich unter Ziff. V der Entscheidungsgründe mit der Frage, ob eine Umdeutung in Betracht komme, befasst. Es hat jedoch ausgeführt, dass die geltend gemachten Zahlungsansprüche jedenfalls derzeit unbegründet seien, so dass sie auch in eine Auseinandersetzung nicht einzustellen gewesen wären. Den diesbezüglichen Ausführungen (Bl. 17/18 des Schiedsspruchs = Bl. 94/95 GA) ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Die Ausführungen des Schiedsgerichts sind aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden. Denn zutreffend hat das Schiedsgericht ausgeführt, dass die Zahlung der Einlage mit Rechtsgrund - dem Gesellschaftsvertrag - erfolgte. Als Schadensersatz konnte diese Position ebenso wenig wie die Finanzierungskosten bzw. die Vergütung für die Arbeitstätigkeit geltend gemacht werden, da jedenfalls die Höhe eines dem Kläger entstandenen Schadens mangels Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Vor- und Nachteile seiner Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis nicht festzustellen war. Dem Vertragsarztsitz kommt als unveräußerliches Recht kein Veräußerungswert zu. Dass in der Praxis hier entgegen der Rechtslage Zahlungen erbracht werden mögen, steht dem nicht entgegen, da in die Auseinandersetzungsabrechnung nur Beträge eingehen können, auf die ein Rechtsanspruch besteht.
b.
Ebenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Schiedsgericht entschieden, dass der im Schiedsverfahren geltend gemachte Feststellungsantrag ohne Erfolgsaussicht war. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es dem Feststellungsantrag tatsächlich an der erforderlichen Bestimmtheit ermangelte, was allerdings nach Auffassung des Senats deshalb zweifelhaft ist, weil sich der Antrag nach seinem konkret gestellten Inhalt auf alle Regressforderungen für einen bestimmten Zeitraum bezog. In dieser Form war der Feststellungsantrag allerdings unbegründet. Wie das Schiedsgericht und das Landgericht zutreffend festgestellt haben, wurden durch die Fassung des Antrags auch Regressforderungen erfasst, die auf einem Verhalten des Klägers beruhten bzw. solche, die auch im Innenverhältnis der Gemeinschaftspraxis zur Last hätten fallen sollen. Für beide denkbaren Fallgestaltungen gab es keinen Rechtsgrund für eine Alleinhaftung der Frau A.. Im Gegenteil enthielt § 32 Abs. 5 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags für den Fall der Auseinandersetzung eine Haftungsregelung, die eine anteilige Haftung vorsah.
War der gestellte Antrag in dieser Form jedenfalls offensichtlich unbegründet, so ließ er sich auch nicht auf ein möglicherweise begründetes Maß zurückführen. Denn insoweit wäre es nun allerdings Aufgabe des Beklagten gewesen, aus der Fülle denkbarer Regressansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein diejenigen herauszugreifen und zu bezeichnen, hinsichtlich derer eine Alleinhaftung der Beklagten etwa unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten in Betracht gekommen wäre. In diesem Zusammenhang kann sich der Beklagte nicht damit entlasten, dass das Schiedsgericht ihn auf die aus seiner Sicht gegebene Unzulässigkeit des Feststellungsantrags hätte hinweisen müssen. Unabhängig von der Frage, ob eine solche Hinweispflicht bestand, unterbricht das Unterlassen eines gebotenen Hinweises nicht den Zurechnungszusammenhang. Wenn das Schiedsgericht einen Fehler begangen hätte, ist der Beklagte hierfür mitverantwortlich. Hat der Anwalt eine ihm übertragene Aufgabe nicht sachgerecht erledigt und auf diese Weise zusätzliche tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hervorgerufen, sind die dadurch ausgelösten Wirkungen ihm grundsätzlich zuzurechnen. Folglich haftet er für die Folgen eines gerichtlichen Fehlers, sofern dieser auf Problemen beruht, die der Anwalt durch eine Pflichtverletzung erst geschaffen hat oder bei vertragsgemäßem Arbeiten hätte vermeiden müssen (BGH NJW 1998, 2048 [2049]; BGH, NJW 1996, 48 [51]; BGH NJW 1996, 2648 [2650] ). Hier hätte das Schiedsgericht bei sachgerechter Stellung des Feststellungsantrags die Zulässigkeit der Klage anders beurteilt und möglicherweise zu Gunsten des Klägers entschieden. Die Pflichtverletzung der Beklagten hat daher erst das Problem entstehen lassen, welches das Schiedsgericht nach Auffassung des Beklagten nicht sachgerecht bewältigt hat. Daher ist der Nachteil, den der Kläger erlitten hat, auch vom Schutzzweck der verletzten Anwaltspflicht gedeckt.
c.
Die Annahme eines Beratungsfehlers scheitert nicht daran, dass der Beklagte den Kläger auf die Problematik der Durchsetzungssperre hingewiesen habe. Der Vortrag eines expliziten Hinweises ist erstmals in der Berufungsbegründung (dort Seite 9 = Bl. 334 GA) erfolgt und daher gemäß § 531 Abs. 2 nicht zuzulassen. Denn das Vorbringen ist streitig, da der Kläger vorgetragen hat, der Beklagte habe die Durchsetzungssperre übersehen. Im Übrigen lässt sich aber auch diesem Vorbringen nicht entnehmen, dass der Kläger entgegen dem anwaltlichen Rat die Durchführung des Schiedsverfahrens gewünscht hätte, was allerdings einen Beratungsfehler entfallen lassen könnte. Der Beklagte hat auch in der Berufung nicht vorgetragen, dass er den Kläger auf die voraussichtliche Erfolglosigkeit des Schiedsverfahrens und insbesondere auf die dem Begehren des Klägers entgegenstehende Rechtsprechung hingewiesen habe. Er hat lediglich vorgetragen, dass er aus Gründen der Vorsorge "zweigleisig gefahren" sei und den Kläger auf das Erfordernis einer Auseinandersetzungsabrechnung hingewiesen habe. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass er dem Kläger zur Durchführung des Verfahrens geraten hat.
Soweit er quasi hilfsweise auf die Vorlage einer Auseinandersetzungsbilanz gedrungen hat, stützt auch dieses Vorbringen die Annahme eines Beratungsfehlers. Denn zum einen waren bei der Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen der §§ 29 Abs. 3, 32 Abs. 2 zu beachten, die die Erstellung dieser Auseinandersetzungsabrechnung durch einen Schiedsgutachter regelte. Dass der Beklagte den Kläger auf Vorlage einer diesen Erfordernissen genügenden Bilanz hingewiesen hätte, ist nicht vorgetragen. Zum anderen war die Einleitung des Schiedsverfahrens ohne diese vom Beklagten angeblich erkannte Notwendigkeit aus den genannten Gründen fehlerhaft. Schließlich aber hätte der Beklagte vor Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz zunächst - gegebenenfalls durch Einleitung eines entsprechenden Schiedsverfahrens - die Frage klären müssen, ob überhaupt ein Fall der Auseinandersetzung vorlag, da letzteres zwischen den Gesellschaftern streitig war und auf welches Datum der Auseinandersetzungsstichtag anzusetzen war. Wegen des Vorhandenseins zweier Kündigungen kamen hier nämlich mehrere Zeitpunkte in Betracht, die von dem Beklagten vorab zu klären gewesen wären. Die Auswahl unter mehreren in Betracht kommenden Zeitpunkten ist nicht dem Gericht zu überlassen (OLG München NJW-RR 1995, 485[486]). Dass die Bestimmung des Auseinandersetzungsstichtags schließlich unmittelbar Auswirkungen auf die Höhe der etwaigen Zahlungsansprüche hat und damit unabweisbar notwendig ist, ist unmittelbar einsichtig.
d.
Infolge des Beratungsfehlers durch den Beklagten ist dem Kläger ein Schaden in Form der Kosten des Schiedsverfahrens entstanden. Denn bei Aufklärung darüber, dass das Schiedsverfahren ohne Erfolgsaussicht sei, ist davon auszugehen, dass der Kläger hiervon - wenigstens bis zur Vorlage einer den gesellschaftsvertraglichen Anforderungen genügenden Auseinandersetzungsbilanz - abgesehen hätte.
Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Schiedsverfahren nicht beendet worden sei und deshalb Aussicht bestünde, die Ansprüche kostenneutral durch Fortsetzung des Schiedsverfahrens doch noch erfolgreich geltend zu machen. Das Schiedsverfahren endet nach § 1056 Abs. 1, 1. Alternative ZPO mit dem endgültigen Schiedsspruch. Einen solchen hat das Schiedsgericht am 24. September 2003 verkündet. Dem steht nicht entgegen, dass die Ansprüche als "derzeit unbegründet" bzw. unzulässig abgewiesen worden sind. Gleichwohl liegt eine instanzbeendende Entscheidung des Schiedsgerichts vor, die lediglich Beschränkungen hinsichtlich der materiellen Rechtskraft unterliegt. Zugleich ist gemäß § 1056 Abs. 3 ZPO das Amt des Schiedsgerichts beendet. Einer der dort genannten Ausnahmefälle ist ersichtlich nicht gegeben.
Die Höhe der Kosten steht außer Streit. Zu den erstattungsfähigen Schadenspositionen gehört auch der Vorschuss iHv. 2.250,-- €, den der Kläger an den Beklagten für dessen Tätigkeit gezahlt hat. Die außergerichtliche Tätigkeit des Beklagten ist nämlich mit der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers auf die Widerklage hin entlohnt. Die Tätigkeit des Beklagten im Rahmen des Schiedsverfahrens war nach dem oben Gesagten völlig unbrauchbar und daher nicht geeignet, überhaupt einen Vergütungsanspruch auszulösen. Die Aufwendung der Kosten stellt sich damit nicht nur als Schaden dar, sondern die Kosten sind auch nach § 812 Abs. 1 BGB zu kondizieren.
2.
Der Berufung bleibt auch der Erfolg versagt, soweit der Beklagte sich gegen die Feststellungsverurteilung wendet.
a.
Die Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere kommt ihr das erforderliche Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO zu. Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs, der noch nicht abschließend mit der Leistungsklage geltend gemacht werden kann, ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn der Anspruchsgegner seine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede stellt und durch die Klageerhebung einer drohenden Verjährung entgegengewirkt werden soll. Geht es dabei wie hier um den Ersatz erst künftig befürchteten Schadens aufgrund einer nach Behauptung der Kläger bereits eingetretenen Rechtsgutsverletzung, so setzt das Feststellungsinteresse weiter die Möglichkeit dieses Schadenseintritts voraus; diese ist zu verneinen, wenn aus der Sicht der Kläger bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. z.B. BGHZ 116, 60, 75 m.w.N.;); im Rahmen der Zulässigkeit kann nicht darüber hinaus eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit gefordert werden (BGH NJW 2001, 1431).
Nach diesen Grundsätzen ist wegen des Bestreitens des Beklagten hinsichtlich seiner Eintrittspflicht und der sich aus Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 195 BGB n.F. ergebenden dreijährigen Verjährungsfrist das Feststellungsinteresse zu bejahen. Insbesondere ist ungewiss, ob bzw. inwieweit der Kläger Schadensersatzansprüche gegenüber Frau A. wird realisieren können. Der Möglichkeit eines Schadenseintritts steht auch nicht entgegen, dass der immaterielle Wert der Praxis nicht verwertbar gewesen wäre. Es ist dem Beklagten zwar zuzugestehen, dass die Verwertung des good will der Praxis auf Schwierigkeiten gestoßen wäre, wenn ein Kaufinteressent über die Vorwürfe gegen Frau A. und die laufende Auseinandersetzung informiert worden wäre. Erstinstanzlich ist jedoch das Vorbringen des Klägers, er habe aus der Verwertung einen Betrag von 57.520,34 € realisieren können, unbestritten geblieben. Das Bestreiten des Beklagten in zweiter Instanz ist wegen § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Darüberhinaus standen die genannten Umstände einer Veräußerung nicht grundsätzlich im Wege, sondern hätten allenfalls eine Verwertung zu dem von dem Kläger entrichteten Preis verhindert. Dass die Praxis jedoch gar keinen immateriellen Wert mehr gehabt hätte, ist nicht anzunehmen, zumal sie - wenn auch ohne Information über die Umstände der Praxisauseinandersetzung - im August 2003 veräußert worden ist und seitdem offenbar weiterbetrieben wird. Daher ist davon auszugehen, dass der Patientenstamm, der im Wesentlichen den good will ausmachen wird, zumindest in Teilen erhalten geblieben ist und folglich werthaltig hätte veräußert werden können.
b.
Der Feststellungsantrag ist auch begründet.
Ein in der vorbeschriebenen Weise zulässig gestellter Feststellungsantrag ist begründet, wenn die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs vorliegen, der zu den für die Zukunft befürchteten Schäden führen kann. Darüber hinaus ist im Rahmen der Begründetheit eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu verlangen (vgl. dazu z.B. BGH VersR 1997, 1508, 1509 m.w.N.; BGH NJW 1991, 2707 [2708]). Beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
aa.
Der Beklagte hat sich dadurch, dass er den Kläger nicht hinsichtlich der Verwertungsmöglichkeiten des immateriellen Praxisanteils beraten hat, aus § 280 Abs. 1 BGB dem Grunde nach schadensersatzpflichtig gemacht.
(1).
Zu der von dem Beklagten geschuldeten anwaltlichen Beratung gehörte auch die Problematik der Verwertung des good-will der Praxis, die nur in Form der Veräußerung des Praxisanteils in Verbindung mit der Durchführung eines Praxisnachfolgeverfahrens hätte erfolgen können. Diese Beratungspflicht bestand unabhängig von der Frage, ob der Kläger dem Beklagten hierzu ausdrücklich einen Auftrag erteilt hatte oder nicht.
Der Anwalt ist zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung seines Mandanten verpflichtet, soweit dieser nicht unzweideutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf. Er muss auch über die konkreten wirtschaftlichen Gefahren des beabsichtigten Vorgehens und die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen aufklären, wobei die Beratungspflicht auch besteht, wenn der Mandant rechtskundig ist (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., Rdn. 76 zu § 280 BGB m.w.Nw.). Diesen Grundsätzen ist der Beklagte vorliegend nicht gerecht geworden.
Zum Inhalt der geschuldeten Beratung hätte auch gerade Prüfung und Information über die Möglichkeiten der Verwertung der kassenärztlichen Zulassung gehört. Dies ergibt sich bereits aus den dargelegten Grundsätzen zur anwaltlichen Beratung, zumal der Kläger dem Beklagten nach eigenem Vorbringen keinen begrenzten Auftrag erteilt hat. Zum anderen folgt es aus den weiteren Angaben des Beklagten, wonach er sich bereit erklärt habe, dem Kläger zu helfen, aus der Gesellschaft ohne größeren Schaden auszusteigen. Da nach dem Vortrag des Beklagten das vorrangige Ziel des Klägers die Wiedererlangung des Kaufpreises war, und dieser Kaufpreis sich auf den materiellen wie immateriellen Wert der Praxis bezog (vgl. § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags), schuldete der Beklagte gerade auch Beratung hinsichtlich der Frage, wie dieser immaterielle Wert realisiert werden könnte.
(2)
Unstreitig hat der Beklagte insoweit eine Beratung nicht erteilt und den Kläger insbesondere nicht darauf hingewiesen, dass die Rückgabe der Kassenarztzulassung die Verwertung des immateriellen Wertes des Praxisanteils vereiteln würde. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte erstinstanzlich mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22. Februar 2005 (dort Seite 2 = Bl. 260 GA) vorgetragen hat, er habe den Kläger über den Wert einer kassenärztlichen Zulassung belehrt. Zum einen ist das entsprechende Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Denn es erfolgte ohne Schriftsatznachlass nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung und unterfällt mithin § 296a ZPO. Solches Vorbringen ist in der Berufung nur in den Grenzen des § 531 Abs. 2 ZPO beachtlich (Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl., Rdn. 3 zu § 296a ZPO). Ein Ausnahmefall der § 531 Abs. 2 Nr. 1-3 ZPO ist indes nicht erkennbar.
Zum anderen ist das Vorbringen - selbst wenn man es berücksichtigen wollte - unbeachtlich, weil der Beklagte widersprüchlich vorträgt. Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2005 (dort Seite 1 = Bl. 219 GA) hat er nämlich vorgetragen, dass "die Art und Weise der Verwertung ...im einzelnen (noch) nicht besprochen worden" sei und mit ebenfalls nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 11. März 2005 (dort Seite 1 = Bl. 277 GA) hat er weiter vorgetragen, dass eine Aufklärung bzw. Bewertung über die Kassenärztliche Zulassung nicht stattgefunden habe. Diesen Widerspruch zu dem Vortrag im Schriftsatz vom 22. Februar 2005 hat der Beklagte nicht aufgeklärt. Da er zudem in der Berufung den Vortrag aus dem Schriftsatz vom 22. Februar 2005 nicht noch einmal wiederholt hat, ist von dem zuletzt erfolgten Sachvortrag auszugehen, jedenfalls aber ist das Vorbringen wegen des aus der Widersprüchlichkeit folgenden Verstoßes gegen die Erklärungs- und Wahrheitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO außer Betracht zu lassen.
(3)
Ob der Kläger erst nach Rücksprache oder - wie vom Beklagten behauptet - ohne Rücksprache und zum Entsetzen des Beklagten die kassenärztliche Zulassung zurückgegeben hat, kann dahinstehen. Denn spätestens am 24. Oktober 2002 und damit zeitlich vor der Rückgabe der Zulassung bestand dringender Anlass, den Kläger hinsichtlich der Bedeutung der kassenärztlichen Zulassung zu beraten. An diesem Tag ist nämlich der Beklagte von dem Kläger über den Antrag auf Ruhen der Zulassung unterrichtet worden. Da dem Beklagten die Bedeutung der Kassenartzulassung und die nachteiligen Folgen eines längeren Ruhens für die wirtschaftliche Verwertbarkeit nach seinem eigenen Vorbringen bekannt gewesen sind, lag es angesichts der Mitteilung des Klägers auf der Hand, den Kläger hierüber zu informieren und ihn vor weiteren Handlungen im Zusammenhang mit der Zulassung eindringlich zu warnen. Eine solche Beratung hat der Beklagte nicht vorgetragen; sie lässt sich insbesondere nicht dem Sachvortrag im Schriftsatz vom 10. Januar 2005 entnehmen. Nach dem Gesamtzusammenhang des dortigen Sachvortrags bezog sich nämlich die Beratung in Bezug auf die kassenärztliche Zulassung nicht auf die Verwertung, sondern nur darauf, dass der Kläger selbst nicht mehr als Kassenarzt im Planungsbereich tätig werden wollte und deshalb ein Ruhen beantragt werden sollte.
(4)
Als unstreitig ist zwischen den Parteien anzusehen, dass ohne die kassenärztliche Zulassung der good will der Praxis, der in den vom Kläger gezahlten Kaufpreis eingeflossen ist, nicht zu realisieren war. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Verwertung nur über das von dem Kläger detailliert geschilderte Praxisnachfolgeverfahren hätte erfolgen können oder ob die Zulassung als solche hätte "versilbert" werden können, wie der Beklagte anführt. Jedenfalls scheiterte eine wirtschaftliche Realisierung des immateriellen Praxisanteils an der fehlenden Zulassung.
(5)
Der Beratungsfehler des Beklagten war kausal für das Handeln des Klägers. Wenn der Kläger nämlich über die wirtschaftliche Bedeutung der Kassenarztzulassung informiert worden wäre, hätte er auf die Kassenarztzulassung nicht verzichtet. Dies entspricht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - den Grundsätzen beratungskonformen Verhaltens. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich vorliegend anders verhalten hätte, liegen nicht vor. Es bestand für ihn kein Grund, die wirtschaftlich werthaltige Kassenarztzulassung zurückzugeben. Insbesondere hat er durch Vorlage des Arbeitsvertrags nachgewiesen, dass er erst Ende Dezember 2002 eine Stelle als Assistenzarzt im Krankenhaus gefunden hatte.
(6)
Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass dem Kläger die Nachteile, die ihm aus der Rückgabe der Zulassung erwachsen würden, selbst beurteilen konnte. Dabei vermag der Senat schon nicht nachzuvollziehen, dass solch rechtlich schwierige Gestaltungen wie die Verwertung eines immateriellen Praxisanteils überhaupt zum Kenntnisstand eines Arztes gehören, der regelmäßig nur alltägliche Rechtsfragen aus der ärztlichen Tätigkeit näher kennen wird. Auch der Beklagte erkennt im Grunde, dass entsprechende Rechtskenntnisse auf Seiten der Ärzte regelmäßig nicht vorhanden sein werden, da er vorträgt, bereits zahlreiche Abwicklungen der verfahrensgegenständlichen Art für Ärzte vorgenommen zu haben. Darauf kommt es aber noch nicht einmal entscheidend an, weil - wie bereits ausgeführt - die Beratungspflichten des Rechtsanwalts auch gegenüber rechtskundigen Personen bestehen. Denn aus dem Abschluss eines uneingeschränkten Anwaltsvertrages will auch ein solcher Mandant die Sicherheit schöpfen, dass jedenfalls der Anwalt die Sache erschöpfend und umfassend bearbeiten wird. Da diese Erwartung für den Anwalt erkennbar ist, sind an seine Sorgfaltspflichten grundsätzlich keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei einem Mandatsverhältnis mit einer rechtsunkundigen Partei (BGH NJW 1992, 820).
bb.
Schließlich kann der Beklagte sich nicht erfolgreich darauf berufen, dass seine Beratungspflichtverletzung nicht zu einem Schaden des Klägers geführt habe. Insoweit ist - wie bereits ausgeführt - nach ständiger Rechtsprechung des BGH ausreichend, dass aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Ansprüche entstanden sind oder entstehen können (vgl. etwa BGH Urteil vom 15 Juli 1997 - VI ZR 184/96, www.jurisweb.de Rdn. 7 = VersR 1997, 1508). Dies ist - wie bereits oben zu Ziff. 2.a. dargelegt - vorliegend der Fall. Insbesondere steht auch insoweit die möglicherweise durch das Verhalten der Frau A. geminderte wirtschaftliche Werthaltigkeit des immateriellen Praxisanteils aus den genannten Gründen der Annahme eines Schadens nicht entgegen, der - was hier nicht abschließend entschieden zu werden braucht - eventuell deutlich unter den vom Kläger genannten 57.520,34 € liegen wird.
3.
Aus den Darlegungen zu Ziff. 1.d. folgt, dass die Widerklage des Beklagten wegen seines restlichen Gebührenanspruchs iHv. 2.111,21 € zu Recht von dem Landgericht abgewiesen worden ist. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 709 Sätze 1 und 2 ZPO. Es besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. .
Streitwert: 45.070,37 € (Klageantrag zu 1): 19.951,02 €; Klageantrag zu 2): 23.008,14 €; Widerklageantrag: 2.111,21 €)
Vollansicht
Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Düsseldorf I-15 U 212/99 24.01.2001 LG Düsseldorf, Urteil v. 02.11.1999 Schiedsvereinbarung: - Inhalt, Bestimmtheit/Umfang
U R T E I L
T e n o r :
Die Berufungen des Beklagten zu 2) und des Beklagten zu 4) gegen das am 2. November 1999 verkündete Grund- und Teilurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf werden zurückgewiesen.
Auf die Berufungen der Beklagten zu 1), der Streithelferin der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) sowie der Anschlußberufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel der Beklagten zu 1), ihrer Streithelferin und der Beklagten zu 3) - das angefochtene Grund- und Teilurteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 203.972,92 DM nebst 6,5 % Zinsen seit dem 01.10.1997 zu zahlen.
Die Klage wird abgewiesen wegen der von der Klägerin geltend gemachten
- Schäden von Betriebsangehörigen der L. AG an Gebrauchsgegenständen in Höhe von insgesamt 15.195,00 DM,
- Schäden am im Eigentum der L. AG stehenden geringwertigen Wirtschaftsgütern in Höhe von insgesamt 132.000,00 DM,
- Schäden an geringwertigen Wirtschaftsgütern der G.G. GmbH in Höhe von 10.000,00 DM und wegen dieser angeblich entstandenen Reinigungskosten für die Feinreinigung in Höhe von 4.000,00 DM,
- Betriebsunterbrechungsschäden der L. T. AG in Höhe von 1.174.973,00 DM
nebst Zinsen, der L. C. AG in Höhe von 230.959,00 DM nebst Zinsen, der L. A. & G. S. GmbH in Höhe von 87.086,00 DM nebst Zinsen, der L.-S. GmbH (LSG) in Höhe von 3.882.346,00 DM nebst Zinsen und der G. G. GmbH in Höhe von 1.949.695,00 DM nebst Zinsen.
Die Klage wird weiterhin abgewiesen, soweit die Klägerin von der Beklagten zu 3) 1.429.146,63 DM als Ersatz des der D. L. AG entstandenen Betriebsunterbrechungsschadens verlangt.
Im Übrigen ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren fallen zu
1/150 den Beklagten zu 1) bis 4) als Gesamtschuldnern zur Last,
zu weiteren 2,5/150 den Beklagten zu 1) und zu 3) als Gesamtschuldnern,
zu weiteren 139,5/150 der Beklagten zu 1) alleine und zu 7/150 der Klägerin.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und die der Streithelferin der Beklagten zu 1) im Berufungsverfahren fallen zu 7/150 der Klägerin zur Last. Im übrigen haben diese zwei Parteien ihre außergerichtlichen Kosten im zweiten Rechtszug selber zu tragen.
Die Beklagten zu 2) und zu 4) haben ihre außergerichtlichen Kosten im zweiten Rechtszug selber zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) im Berufungsverfahren werden zu 3/10 der Klägerin auferlegt. Im übrigen hat die Beklagte zu 3) ihre außergerichtlichen Kosten selber zu tragen.
Die Kostenentscheidung für den ersten Rechtszug bleibt dem Schluß-Urteil (des Landgerichts) vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin abwenden gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages, der 10 % höher ist als der Betrag (einschließlich Zinsen), den die Klägerin vollstrecken will, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Alle Sicherheiten können auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland geschäfts-ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin macht auf sie nach ihrem Vortrag gemäß § 67 VVG und/oder durch Abtretung übergegangene Schadenersatzansprüche ihrer Versicherungsnehmerinnen, insbesondere der D. L. AG nebst deren von dieser beherrschten Konzerngesellschaften geltend. Den Versicherungsnehmerinnen sind durch den Brand auf dem Gelände des Flughafens D. am 11.04.1996 erhebliche Schäden entstanden. Die Klägerin ist der Meinung, die Beklagten seien für die Entstehung und/oder Entfaltung dieses Brandes verantwortlich.
Die Klägerin ist führend an einem Versicherungskonsortium beteiligt, bei dem u.a. die Deutsche L. AG, Köln (im folgenden nur L. genannt) und deren Konzerngesellschaften, an denen sie zu mehr als 50 % beteiligt ist, im Rahmen von Industrieversicherungsverträgen gegen Feuer-, Betriebsunterbrechungs- und Elektronikschäden versichert sind. Die L. S. D. GmbH (nachfolgend nur LSG genannt) war gegen Betriebsunterbrechungsschäden selbständig versichert. Die S. D. AG nebst ihrer Tochtergesellschaft G. G. GmbH (Deutschland), die S. AG und die A. A. waren gegen sämtliche Risiken für Beschädigungen und Verluste, auch infolge von Brandschäden, durch eine Masterpolice (Master Global Wording) versichert. Außerdem bestand bei der Klägerin eine gebündelte Transport- und Elektronikversicherung der W. S. C. System GmbH (nachfolgend nur W. genannt), die im Zentralgebäude des R. R. Flughafen D. Kartentelefone aufgestellt hatte. Die L. und ihre Tochtergesellschaften sowie die übrigen Versicherungsnehmerinnen der Klägerin und der Konsortien hatten im R. R. Flughafen D. umfangreiche Flächen und zahlreiche Räume angemietet, die L. u.a. mit Vertrag vom 31.01.1974. Wegen des Inhalts dieser Mietverträge und wegen der Beschränkungen der in diesen Verträgen enthaltenen Haftung der Beklagten zu 1) als Vermieterin wird auf den Inhalt der zur Gerichtsakte gereichten Verträge und auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 6/7, GA 1197/1198) verwiesen. Zwischen der L. und der Beklagten zu 1) bestand weiterhin ein schriftlicher "Vertrag über die Verkehrsabfertigung der Luftfahrzeuge (Bodenverkehrs-dienste)" vom 19.05.1992, von der Klägerin als Anlage A 3 zur Klageschrift vorgelegt mit einer Haftungsbeschränkungsklausel in § 7 und einer Schiedsabrede in § 8. Auch insoweit wird auf den Inhalt der Urkunde und den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 7/8, GA 1198/1199) Bezug genommen. Schließlich galt zwischen der L., ihren Tochtergesellschaften sowie den anderen Fluggesellschaften und der Beklagten zu 1) deren Flughafenbenutzungsordnung in der Fassung von Januar 1994 (Anlage A 4 zur Klageschrift).
Die Beklagte zu 1) betreibt den R. R. Flughafen D.. Mitglied der Geschäftsführung war vom 01.03.1978 bis zum 31.08.1997 Prof. Dr.-Ing. R., der Diplom-Ingenieur der Fachrichtungen Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen ist. Zuvor war er seit dem 01.10.1966 Prokurist und technischer Leiter der Beklagten zu 1) gewesen. Die Beklagte zu 1) unterhält eine Bauabteilung, deren Mitarbeiter der im Jahre 1981 in ihre Dienste getretene Beklagte zu 2) ist. Er ist Diplom-Bauingenieur und Architekt. Leiter der Bauabteilung ist seit dem 01.01.1973 Diplom-Ingenieur W..
Die einzelnen Gebäude des Flughafens wurden in mehreren Baustufen errichtet. Wegen der Einzelheiten, - wer mit der Planung beauftragt war, - wie die verschiedenen Gebäude gestaltet sind, - der Baugenehmigungen, - der brandschutztechnischen Auflagen und deren teil- weisen Abänderung im Rahmen der Baustufe II, die im Jahre 1975 ausgeführt wurde, und - der Brandversuche, die der Abänderung der Brandschutz-Auflagen vorausgingen oder sie begleitet haben, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 10-21, GA 1201-1212) verwiesen.
In den 90er Jahren kam es an einer Fuge in der Straße, welche als Zufahrt zur Abflughalle im ersten Obergeschoß dient und die Vorfahrtplatte von dem Parkhaus I trennt, zum Eindringen von Feuchtigkeit. Zu dem Aufbau der Fugenkonstruktion wird ebenfalls auf den Inhalt des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils (S. 22/23, GA 1213/1214) verwiesen. Nach einer längeren Überlegungszeit beauftragte die Beklagte zu 1) mit Auftrag vom 15.01.1996 die Beklagte zu 3) mit der Sanierung der Fuge. Wegen des Inhalts des Auftrags und wegen der im Zusammenhang damit durchgeführten Ortsbesichtigungen und Gespräche wird auf die Seiten 24 bis 26 des angefochtenen Urteils (GA 1215-1217) hingewiesen.
Am 10.04.1996 begannen die Instandsetzungsarbeiten an der Fuge, nachdem am 09.04.1996 die Baustelle vorbereitet worden war. Die Beklagte zu 3) bediente sich zur Durchführung der in Auftrag gegebenen Arbeiten der Mithilfe des Beklagten zu 4). Dieser ist im Ansatz selbständiger Gewerbetreibender und Inhaber eines Schlossereibetriebes mit eigener Berufshaftpflichtversicherung (der V. V.). Er ist Schweißfachmann DVS (Deutscher Verband für Schweißtechnik). Zwischen den Parteien ist umstritten, ob er in den Fällen, in denen er - wie hier - für die Beklagte zu 3) tätig wird, in deren Betrieb integriert ist. Jedenfalls ist der Beklagte zu 4) in dem großen Eignungsnachweis für Lichtbogenschweißen gemäß DIN 18800 Teil 7 Ziffer 6.2 der Beklagten zu 3) als Hilfsperson ihrer - der Beklagten zu 3) - Schweißaufsichtsperson Diplom-Ingenieur K. aufgeführt.
Zur Sanierung der Fuge führten die Schweißer W. und J. am 11.04.1996 - nach der Behauptung der Klägerin etwa ab 11.00 Uhr - Schweißarbeiten aus. Der Schweißer W. war von dem Beklagten zu 4) eingesetzt worden. Den Schweißer J. hatte die Beklagte zu 3) bei der E. I. GmbH entliehen und zur Durchführung des Auftrags der Beklagten zu 1) in ihren - der Beklagten zu 3) - Betrieb eingegliedert. Am Nachmittag des 11.04.1996 wütete auf dem Flughafengelände ein Brand, der Menschenleben kostete und große Sachschäden verursachte. Wegen der Einzelheiten, - der am 10.04. und 11.04.1996 durchgeführten Arbeiten, - der Verrichtungen des Beklagten zu 2) vor dem Brand, - der Handlungen und Beobachtungen verschiedener Personen im Zusammenhang mit der Entdeckung des Brandes wird ebenfalls auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 26-29, GA 1217-1220) Bezug genommen.
Bei dem Brand am 11.04.1996 entstanden durch Feuer und Hitzeeinwirkung, Rauchgase, Ruß und Löschwasser erhebliche Schäden an der Betriebseinrichtung u.a. der L.. Der R. R. Flughafen war ab dem Brandtag geschlossen. Am 15.04.1996 konnte der Flugbetrieb in geringem Umfang wieder aufgenommen werden, nachdem die von der L. T. AG gemieteten Instandsetzungshallen Nr. 5 und Nr. 6 zu provisorischen Abfertigungshallen umgestaltet worden waren. Ihren vollen planmäßigen Flugbetrieb nahm die L. am 07.05.1996 wieder auf.
Die L. ließ das Inventar der von ihr in den Terminals A und C betriebenen Büros, Schalter und Lounges durch die Chemisches Labor Dr. W. &Partner Sachverständigen GmbH, Hannover, zwecks Erteilung von Sanierungsempfehlungen begutachten. Mit der Feststellung der eingetretenen und von der Klägerin zu ersetzenden Schäden an der technischen und kaufmännischen Betriebseinrichtung wurde der Sachverständige Dipl.-Ing. S. aus Karben beauftragt, der von der Industrie- und Handelskammer zu Friedberg (Hessen) öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Maschinen und Fabrikanlagen ist. Mit der Ermittlung der Betriebsunterbrechungsschäden wurde der Dipl.-Kaufmann A. aus Köln, der von der Industrie- und Handelskammer zu Köln öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die buchmäßige Ermittlung von Waren- und Betriebsunterbrechungsschäden ist, betraut.
Die Klägerin hat, was die Beklagte zu 1) im ersten Rechtszug nicht bestritten hat, geltend gemacht: Die Ursache des Flughafenbrandes am 11.04.1996 seien die Schweißarbeiten gewesen, mit deren Durchführung die Beklagte zu 3) beauftragt gewesen sei. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Klägerin - zur Darlegung ihrer Rechtsmeinungen zu den Gründen der Haftung der Beklagten, - wegen der von der Klägerin dazu vorgetragenen Tatsachenbehauptungen und - wegen der Darlegungen der Klägerin zur Höhe des Schadens wird auf den ausführlichen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 31-43, GA 1222- 1234) verwiesen, in dem das Vorbringen der Klägerin detailliert wiedergegeben ist.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin die von ihr mit insgesamt 150.919.313,29 DM bezifferten Beträge der Schäden ihrer Versicherungsnehmerinnen geltend, nämlich den Sachschaden der L. ohne Elektronikschaden in Höhe von 2.632.289,00 DM, den Elektronikschaden der L. in Höhe von 636.168,14 DM, den Betriebsunterbrechungsschaden der L. in Höhe von 124.000.000,00 DM, den Betriebsunterbrechungsschaden der LSG in Höhe von 3.882.346,00 DM, die Betriebsunterbrechungsschäden der S. D. AG, der A. A. und der S. AG in Höhe von 11.155.000,00 DM, 2.185.000,00 DM und 4.485.000,00 DM, den Sachschaden der G. G. GmbH in Höhe von 225.851,00 DM und den Betriebsunterbrechungsschaden derselben Versicherungsnehmerin in Höhe von 1.437.505,00 DM, den Sachschaden der W. GmbH in Höhe von 76.537,23 DM und Sachverständigenkosten in Höhe von 203.972,92 DM.
Gegen die Beklagten zu 2) und zu 4) stützt die Klägerin ihren Anspruch nur auf den Sachschaden der L., gegen die Beklagte zu 3) auf alle geltend gemachten Sachschäden, die sie unter Einbeziehung des Sachschadens der G. G. GmbH mit insgesamt 3.570.835,37 DM beziffert, und im übrigen auf einen erstrangigen Teilbetrag des der L. entstandenen Unterbrechungsschadens.
Die Klägerin hat weiter behauptet, alle diese Schäden seien inzwischen abschließend reguliert worden, der Schaden der LSG aber wegen einer Unterversicherung und wegen eines Selbstbehaltes nur mit 3.585.000,00 DM; gleichwohl mache sie den Gesamtschaden der LSG geltend.
Die Klägerin, die zunächst den Antrag angekündigt hatte, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 151.930.737,43 DM nebst 6,5 % Zinsen seit dem 01.10.1997 zu zahlen, wobei die Haftung des Beklagten zu 2) auf 1.000.000,00 DM, der Beklagten zu 3) auf 5.000.000,00 DM und des Beklagten zu 4) auf 1.000.000,00 DM jeweils nebst anteiligen Zinsen beschränkt werde, hat letztlich beantragt, 1. die Beklagten zu 1) bis 4) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 2.632.289,00 DM nebst 6,5 % Zinsen seit dem 01.10.1997 zu zahlen, wobei die Haftung des Beklagten zu 2) und diejenige des Be- klagten zu 4) jeweils auf 1.000.000,00 DM be- schränkt werde, 2. die Beklagten zu 1) und zu 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 2.367.711,00 DM nebst 6,5 % Zinsen seit dem 01.10.1997 zu zahlen und 3. die Beklagte zu 1) darüber hinaus zu verurteilen, an sie weitere 145.919.313,29 DM nebst 6,5 % Zinsen seit dem 01.10.1997 zu zahlen.
Die Beklagten und die Streithelferin der Beklagten zu 1) haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) hat gemeint: Die Klage sei mangels ausreichender Bestimmtheit unzulässig, soweit die Klägerin mit ihr Ansprüche auf Ersatz des Betriebsunterbrechungsschadens der L. und ihrer Tochtergesellschaften geltend mache. Denn die Klägerin beschränke ihre Klage insofern auf den Betrag von 124.000.000,00 DM, ohne Angaben dazu zu machen, wie sich dieser Teilbetrag des von ihr insgesamt mit 125.883.089,00 DM bezifferten Schadens zusammensetze. Die Beklagte zu 1) hat weiterhin die Einrede des Schiedsvertrages erhoben, soweit Ansprüche aus dem Vertrag über die Bodenabfertigung in Rede stünden. Die Beklagte zu 1) hat die Ansicht geäußert: Aus § 538 Abs. 1 BGB könne die Klägerin aus verschiedenen Gründen keine Schadensersatzansprüche herleiten, u.a. weil - das Flughafengebäude nicht mit einem Mangel behaftet gewesen sei und - ihr nicht der Vorwurf schuldhaften Verhaltens gemacht werden könne, da sie sich auf die Fachkompetenz der Planungsgemeinschaft und - im Rahmen der späteren Reparaturarbeiten - der Beklagten zu 3) habe verlassen können und weil sie weder für ein vermeintliches Verschulden ihres früheren Geschäftsführers Prof. Dr. R. noch ihres Mitarbeiters Dipl.-Ing. W. einstehen müsse. Die Beklagte zu 1) hat weiter die Vertretungsmacht der Personen, welche die Abtretungserklärungen unterschrieben haben, bestritten und auch mit ausführlichen Darlegungen den Sachvortrag der Klägerin zur Höhe der angeblichen Schäden. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf die ausführlichen Darlegungen des Landgerichts im Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 45-49, GA 1236-1240) verwiesen.
Der Beklagte zu 2) hat vor allem in Abrede gestellt, von dem Einbau der nicht unbrennbaren Dämmplatten gewußt zu haben und gemeint: Mangels Kenntnis von den entflammbaren Polystyrolplatten habe er nicht mit Brandlasten zu rechnen brauchen. Er habe nicht die Funktion eines ordentlichen Bauleiters gehabt, sondern nur die Aufgabe, die Einhaltung der von der Beklagten zu 3) vertraglich übernommenen Zusagen zu kontrollieren. Sein Verhalten am Brandtag sei nicht pflichtwidrig gewesen. Schließlich hat auch der Beklagte zu 2) die Richtigkeit des Vortrags der Klägerin zur Schadenshöhe bestritten (vgl. S. 49-55 des Tatbestandes des angefochtenen Urteils, GA 1240-1246).
Die Beklagte zu 3) hat ausgeführt: Sie habe keine Verkehrssicherungspflichten verletzt. Ihr sei der Aufbau der Fuge und das Vorhandensein brennbarer Materialien unbekannt gewesen. Sie sei immer nur eindringlich darauf hingewiesen worden, das Eindringen von Feuchtigkeit auszuschließen. Infolge der Betrauung des Beklagten zu 4) mit der Ausführung der Arbeiten habe sich ihre Verkehrssicherungspflicht auf Auswahl-, Organisations- und Überwachungspflichten beschränkt, die sie nicht schuldhaft verletzt habe. Etwaige Verstöße gegen Unfallverhütungsvorschriften seien für den eingetretenen Schaden entweder nicht kausal geworden oder ihr nicht vorwerfbar. Auch wenn die in ihrem Auftrag tätigen Personen - fälschlich - als ihre Erfüllungsgehilfen angesehen würden, hafte sie nicht, da diese sich nicht pflichtwidrig verhalten hätten, etwaige Pflichtverletzungen aber jedenfalls nicht ursächlich geworden seien. Vor allem sei der Brand nicht durch die am 11.04.1996 ausgeführten Schweißarbeiten ausgelöst worden. Als Brandursache komme allein ein Überhitzungsschaden im elektrischen System mit einem Kabelbrand in Betracht. Wenn jedoch eine Kausalität zwischen den Schweißarbeiten und den streitgegenständlichen Schäden angenommen werde, fehle es an einem Zurechnungszusammenhang. Es führe unter Wertungsgesichtspunkten zu einer zu weit gehenden Haftung, wenn sie für die Sachschäden einstehen müsse. Schließlich bestreite sie die Schäden der Versicherungsnehmerinnen der Klägerin mit Nichtwissen (Seite 55 - 63 des Tatbestandes des angefochtenen Urteils, GA 1246 - 1254).
Der Beklagte zu 4) hat geltend gemacht: Er sei nicht Subunternehmer der Beklagten zu 3) gewesen, sondern bereits seit Jahren völlig in ihren Betrieb eingegliedert. Er habe nur die Funktion eines Bauleiters gehabt. Ihm sei keine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten vorzuwerfen, da Brandgefahren für ihn nicht erkennbar gewesen seien. Die Beklagte zu 1) habe niemals auf Brandgefahren hingewiesen und auch nicht, wozu sie verpflichtet gewesen wäre, einen Schweißerlaubnisschein ausgestellt. Eine Brandwache hätte, wenn er sie tatsächlich angefordert hätte, den Brand nicht verhindert. Er bestreite die von der Klägerin vorgetragenen Abtretungen und mache sich die Einwendungen der Beklagten zu 1) in Bezug auf die Schadenshöhe zu eigen (vgl. wegen der Einzelheiten Seite 63 - 67 des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils, GA 1254 - 1258).
Das Landgericht hat durch Grund- und Teilurteil die Klage abgewiesen wegen der von der Klägerin geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 203.972,92 DM, wegen der Schäden von Betriebsangehörigen der L. AG an Gebrauchsgegenständen in Höhe von insgesamt 15.195,00 DM, wegen Schäden an im Eigentum der L. AG stehenden geringwertigen Wirtschaftsgütern in Höhe von insgesamt 132.000,00 DM, wegen Schäden an solchen der G. G. GmbH in Höhe von 10.000,00 DM, und wegen dieser angeblich entstandenen Reinigungskosten für die Feinreinigung in Höhe von 4.000,00 DM. Im übrigen hat das Landgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Zur Begründung seines Grund-Urteils hat das erstinstanzliche Gericht ausgeführt:
Die Klage sei zulässig. Es liege nämlich keine nicht individualisierte Teilklage vor. Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Sie habe die einzelnen Abtretungen mit der Vorlage von Abtretungserklärungen der geschädigten Versicherungsnehmer belegt. Der L. hätten gegen die Beklagte zu 1) Schadenersatzansprüche nach den §§ 537 Abs. 1 Satz 1, 538 Abs. 1 BGB zugestanden, welche die Klägerin geltend machen könne, und zwar sowohl wegen der Schäden an der Betriebseinrichtung wie auch wegen des entgangenen Gewinns. Eine Garantiehaftung greife im Ansatz ein, soweit die Mietverträge nach der Errichtung der Baustufe II abgeschlossen worden seien. Im übrigen hafte die Beklagte zu 1) wegen eines nachträglich eingetretenen Mangels, den sie zu vertreten habe. Die Fehlerhaftigkeit der Mietsache folge daraus, daß die im Rahmen der Baustufe II in das Flughafengebäude eingebauten brennbaren Dämmmaterialien, die Aluminium-kaschierten Polystyrolplatten, eine erhebliche Gefahr für die Rechtsgüter der L. dargestellt hätten. Daran ändere nichts, daß die Beklagte zu 1) mit dem Amt 37 der Streithelferin Einvernehmen über das Verbleiben des mit der ursprünglichen Baugenehmigung nicht in Einklang stehenden Dämmmaterials erzielt habe. Eine verschuldensunabhängige mietvertragliche Gewährleistungspflicht der Beklagten zu 1) scheitere zwar an den Freizeichnungsklauseln der Mietverträge. Unwirksam seien dagegen die Haftungsbegrenzungsklauseln, welche die Haftung der Beklagten zu 1) auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkten. Sie verstießen gegen § 9 AGBG.
Schuldhaftes Verhalten sei dem früheren technischen Geschäftsführer der Beklagten zu 1) Prof. Dr.-Ing. R. und dem heutigen Leiter der Bauabteilung W. vorzuwerfen. Dieses Verschulden sei der Beklagten zu 1) analog § 31 BGB zuzurechnen, da die beiden zur Zeit der Errichtung der Baustufe II in den Jahren 1975 und 1976 verfassungsmäßig berufene Vertreter der Beklagten zu 1) gewesen seien. Die Fahrlässigkeit der beiden Mitarbeiter der Beklagten zu 1) liege darin, daß sie bei der Errichtung der Baustufe II die für die Rechtsgüter der Mieter drohende Gefahr aufgrund ihrer Kenntnis von den die Gefahr begründenden Umständen hätten erkennen können und die Möglichkeit gehabt hätten, sie abzuwenden. Prof. Dr. R. sei seinerzeit in den Entscheidungsprozeß eingebunden gewesen, der zum Verbleib des jedenfalls ursprünglich baugenehmigungswidrigen Dämmmaterials geführt habe. Der Bauleiter W. habe an der Planungsbesprechung vom 28.10.1995, in dem der Einbau des Dämmmaterials besprochen worden sei, sowie jedenfalls an dem Brandversuch vom 16.10.1975 teilgenommen.
Die Haftung nach § 538 Abs. 1 BGB umfasse auch Mängelfolgeschäden, wozu die Betriebsunterbrechungsschäden gehörten, die den versicherten Unternehmen dadurch entstanden seien, daß der Flughafen mehrere Tage geschlossen gewesen sei und erst nach und nach habe wieder in Betrieb genommen werden können.
Durch das schädigende Eingreifen Dritter, nämlich der übrigen Beklagten, sei der Zurechnungszusammenhang zwischen dem Handeln der Beklagten zu 1) und den streitgegenständlichen Schäden nicht unterbrochen worden.
Die Versicherungsnehmerinnen der Klägerin hätten gegen die Beklagte zu 1) auch Ansprüche aus den §§ 823 Abs. 1, 31 BGB wegen ihr vorzuwerfender Verletzung eigener Verkehrssicherungspflichten. Die L., die G. G. GmbH und die W. S. GmbH hätten Beschädigungen und Zerstörungen ihres Eigentums erlitten. Die Tochtergesellschaften der L. hätten zwar keine Sachschäden davongetragen. Insoweit greife jedoch eine Haftung der Beklagten zu 1) für die angeblich eingetretenen Schäden wegen eines Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein.
Dem technischen Geschäftsführer der Beklagten zu 1) Prof. Dr. R. und dem Leiter der Bauabteilung W. hätten aufgrund der bei der Beklagten zu 1) verbliebenen sekundären Verkehrssicherungspflicht Handlungspflichten oblegen. Aufgrund des ihnen zur Verfügung stehenden Wissens hätten sie die besondere Brandgefahr von ungeschützten Schweißarbeiten in der nach unten offenen Fuge sehen müssen und die Gefahr der schließlich eingetretenen Brandausbreitung und Verrauchung des Gebäudes. Deshalb seien sie trotz der Beauftragung der Beklagten zu 3) als anerkanntem Fachunternehmen zu eigenem Eingreifen verpflichtet gewesen. Der Leiter der Bauabteilung W. hätte dafür sorgen müssen, daß die Beklagte zu 3) über die besonderen Gefahren der Schweißarbeiten an der nach unten offenen Fuge durch eine mögliche Entzündung des eingebauten Dämmmaterials unterrichtet wurde. Weiterhin hätte er die ordnungsgemäße Absicherung der Baustelle gegen nach unten fallende Schweißfunken durch Überwachung sicherstellen müssen, was die eingetretenen Schäden verhindert hätte.
Die Betrauung des Beklagten zu 2) mit der Überwachung der Bauausführung an der Fuge habe die Verantwortlichkeit der durch ihre verfassungsmäßig berufenen Vertreter handelnden Beklagten zu 1) nicht entfallen lassen.
Der Beklagte zu 2) hafte der Klägerin gemäß den §§ 823 Abs. 1, 398 BGB. Er habe durch Verletzung ihn treffender Verkehrssicherungspflichten zu Eigentumsverletzungen bei der L., der LSG und der Firma W. S. sowie zu den Eingriffen in die Gewerbebetriebe der übrigen Versicherungsnehmerinnen beigetragen. Zwar könne nicht davon ausgegangen werden, daß ihm das Vorhandensein der eingebauten großen Mengen des brennbaren Dämmmaterials bekannt gewesen sei. Auch habe er nicht die Forderungen der Unfallverhütungsvorschrift VBG 15 zu erfüllen gehabt und sei damit nicht zum Ausstellen eines Schweißerlaubnisscheins verpflichtet gewesen. Die Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften sei Sache der Beklagten zu 3) gewesen. Der Umstand, daß in der geöffneten Fuge die unteren Wasserleitbänder zu sehen waren, hätten den Beklagten zu 2), der an dem Ortstermin teilgenommen habe, veranlassen müssen, Nachforschungen über eine Brandgefahr durch in die Fuge fallende Funken und Schweißpartikel anzustellen. Denn er hätte erkannt, daß die Fuge Abdichtungsmaterial enthielt und nicht nur aus Beton bestand. Aufgrund seiner sekundären Verkehrssicherungspflicht wäre der Beklagte zu 2) verpflichtet gewesen, eine Durchführung der Arbeiten ohne taugliche Abdichtung der Fuge gegen die Schweißfunken zu verhindern. Der Beklagte zu 2) habe auch fahrlässig gehandelt, weil für ihn die nicht ganz fernliegende Möglichkeit einer Schädigung erkennbar, der Erfolg allgemein voraussehbar gewesen sei. Denn die Schweißarbeiten, mit deren Beaufsichtigung der Beklagte zu 2) von seiner Arbeitgeberin, der Beklagten zu 1), beauftragt worden sei, seien die Ursache des Flughafenbrandes gewesen. Indizien, die für einen Kabelbrand als Brandursache sprechen könnten, lägen nicht in ausreichendem Maße vor.
Die Beklagte zu 3) müsse für die Schäden allein aufgrund der Vorschriften über die unerlaubten Handlungen, §§ 823 Abs. 1, 31 BGB einstehen. Vertragliche Schadenersatzansprüche bestünden nicht. Der Werkvertrag zwischen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) entfalte keine Schutzwirkung zugunsten Dritter, nämlich der Versicherungsnehmerinnen der Klägerin. Die Beklagte zu 3) habe den Geschädigten durch eigene Verletzung der sie treffenden Verkehrssicherungspflichten Eigentumsbeeinträchtigungen zugefügt und in den von den Versicherungsnehmerinnen der Klägerin jeweils eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Die Beklagte zu 3) habe im Hinblick auf die Schweißarbeiten die primäre Verkehrssicherungspflicht getroffen. Der Beklagte zu 4) sei gemäß § 831 Abs. 2 BGB mit der Leitung der Ausführung der Verrichtungen im Sinne des § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB betraut gewesen, welche die Verrichtungsgehilfen der Beklagten zu 3) für diese ausführten, dagegen nicht Subunternehmer gewesen. Die Betrauung des Beklagten zu 4) mit der Tätigkeit eines ordentlichen Bauleiters habe dazu geführt, daß nunmehr er primär verkehrssicherungspflichtig gewesen sei. Dadurch sei die Beklagte zu 3) aber nicht vollständig von den ihr ursprünglich obliegenden Verkehrssicherungspflichten frei geworden. Die der Beklagten zu 3) vorzuwerfenden Pflichtverletzungen lägen darin, daß sie es unterlassen habe, sich bei der Beklagten zu 1) über eine mögliche Brandgefahr durch die Arbeiten an der Dehnungsfuge zu erkundigen und Pläne aushändigen zu lassen, insbesondere aber darin, daß sie es vor Arbeitsbeginn unterlassen habe, selbst die Baustelle zu untersuchen oder den Beklagten zu 4) zu dieser Untersuchung anzuweisen und danach die Erfüllung dieser Anweisung zu kontrollieren. Die Beklagte zu 3) sei aufgrund der Unfallverhütungsvorschriften verpflichtet gewesen, Maßnahmen zur Beseitigung einer Brandgefahr zu treffen und eine Schweißerlaubnis auszustellen, um mit ihr die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen festzulegen. Diese Pflichten hätten für die Beklagte zu 3) ihre Organe zu erfüllen gehabt, die sie auf den Prokuristen H. übertragen hätte. Der Brand wäre vermieden worden, wenn die Beklagte zu 3) die Umgebung der Fuge untersucht und daraufhin geeignete Maßnahmen ergriffen, etwa die Fuge abgedichtet hätte.
Der Beklagte zu 4) hafte der Klägerin ebenfalls nach § 823 Abs. 1 BGB. Auch gegen ihn sei ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung eines Werkvertrages mit der Beklagten zu 1) mit Schutzwirkung zugunsten der Versicherungsnehmerinnen der Klägerin nicht gegeben. Der Beklagte zu 4) habe durch Verletzung ihm obliegender Verkehrssicherungspflichten das Eigentum der L. fahrlässig verletzt und ebenso fahrlässig in die eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebe der Versicherungsnehmerinnen der Klägerin eingegriffen. Der Beklagte zu 4) sei aufgrund der ihm durch die Beklagte zu 3) übertragenen Aufgaben eines örtlichen Bauleiters für die Baustelle verantwortlich gewesen und hätte für eine ausreichende Verkehrssicherung sorgen müssen. Deswegen hätte er die Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften sicherstellen müssen. Er hätte veranlassen müssen, daß jemand von unten her die Zwischendecke demontierte, in sie hinein stieg und den Raum unterhalb der zu sanierenden Fuge untersuchte. Die Argumente, welche die Beklagte zu 3) und der Beklagte zu 4) gegen eine eigene Untersuchungspflicht anführten, seien nicht überzeugend. Eine Untersuchung der Zwischendecke wäre allenfalls dann überflüssig gewesen, wenn die Fuge so abgedichtet worden wäre, daß die Gefahr des Hineinfallens von Schweißfunken ausgeschlossen war.
Die Höhe der geltend gemachten Schäden sei von den Beklagten bestritten worden und bedürfe noch weiterer Aufklärung. Deshalb habe die Kammer im wesentlichen ein Grundurteil gemäß § 304 ZPO erlassen.
Die Abweisung des Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der geltend gemachten Kosten der Sachverständigen in Höhe von 203.972,92 DM hat das Landgericht damit begründet, dieser Betrag wäre nur dann ersatzfähig gewesen, wenn es sich bei den Sachverständigenkosten um einen Schaden der Versicherungsnehmerinnen der Klägerin gehandelt hätte, weil sie die Sachverständigen mit der Schadenfeststellung beauftragt hätten. Die Sachverständigen seien jedoch von der Klägerin beauftragt worden, womit es sich bei den Honoraren um eigene Aufwendungen der Klägerin handele, deren Ersatz von den Beklagten nicht verlangt werden könne.
Gegen dieses Urteil, soweit es Grund-Urteil ist und die Schadenersatzverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach feststellt, richten sich die Berufungen der vier Beklagten und der Streithelferin der Beklagten zu 1), die unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag, den sie ergänzen und vertiefen, ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgen.
Die Beklagte zu 1) rügt zunächst die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges, erhebt die Einrede des Schiedsvertrages und begehrt die Aussetzung des Rechtsstreits bis zum Abschluß des Strafverfahrens wegen des Flughafenbrandes. Sie ist weiterhin der Ansicht, der Klageantrag sei, soweit Ersatz für die Betriebsunterbrechnungsschäden der L. und ihrer Tochtergesellschaften begehrt werde, wegen fehlender ausreichender Bestimmtheit unzulässig, und erhebt wegen des 124.000.000,00 DM übersteigenden Betrages die Einrede der Verjährung. Sie meint darüber hinaus, das vom Landgericht verkündete Grund-Urteil sei unzulässig, weil dazu erforderlich sei, daß jeder der geltend gemachten Teil-Ansprüche dem Grunde nach gerechtfertigt sei, wovon hier vor allem hinsichtlich der Tochtergesellschaften der L. nicht ausgegangen werden könne.
Die Beklagte zu 1) macht sodann geltend: Die Aktivlegitimation der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Sie bestreite unter anderem die Vertretungsberechtigung der Personen, welche die Abtretungserklärungen unterzeichnet haben, und daß die Klägerin die von ihr behaupteten Zahlungen an die Geschädigten geleistet habe. Das Regreßverzichtsabkommen der Feuerversicherungen greife ein, weil keine grobe Fahrlässigkeit vorliege. Mietvertragliche Ansprüche der L. und der anderen Luftfahrtgesellschaften seien aus unterschiedlichen Gründen nicht gegeben. Zu ihr - der Beklagten zu 1) - habe - abgesehen von einigen Mietverträgen für verschiedene Räumlichkeiten - kein Mietverhältnis bestanden, sondern ein - zumindest teilweise - sogar öffentlich-rechtliches Verhältnis besonderer Art. Aufgrund dessen sei sie lediglich von Fall zu Fall zur Abgabe eines Realangebotes durch Zurverfügungsstellung eines Landeplatzes im Rahmen ihrer Möglichkeiten verpflichtet. Deshalb bestehe kein Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung wegen - unterstellter - Verletzung eines Dauerschuldverhältnisses. Bei Annahme eines Mietvertragsverhältnisses, - das jedoch ihrer Meinung nach nicht vorliege -, habe die Mietsache keine Fehler aufgewiesen. Die Verwendung der Aluminium-kaschierten Polystyrolplatten zur Wärmedämmung habe zum Zeitpunkt der Errichtung der Gebäulichkeiten der Baustufe II den allgemeinen Regeln der Technik entsprochen. Keine Bestimmung der seinerzeitigen Baugenehmigung habe gefordert, daß die Wärmedämmung nicht brennbar sein müsse. Soweit tatsächlich im Ansatz Ansprüche aus Mietvertrag und/oder positiver Forderungsverletzung im Rahmen eines Mietvertrages in Betracht kommen sollten, greife die Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit ein. Zudem seien die Betriebsunterbrechungsschäden nicht aus den Mietvertragsregelungen ableitbar. Der L. und den anderen Gesellschaften seien Gewinne entgangen, weil der Flugplatz nicht benutzbar gewesen sei, nicht jedoch, weil ein Abfertigungsschalter oder ein sonstiger angemieteter Raum nicht benutzbar gewesen sei.
Soweit als Anspruchsgrundlage die Vorschriften über die unerlaubten Handlungen herangezogen würden, komme eine Haftung für Schäden, die nicht Sachschäden seien, nicht in Betracht. Entgegen der Meinung des Landgerichts müsse sie für andere als Sachschäden nicht aufgrund des Rechtsinstituts der Haftung für Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb einstehen. Denn sie habe durch die für sie handelnden Personen keinen spezifischen Eingriff, der sich unmittelbar gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit als solche richte, vorgenommen. Außerdem treffe sie insoweit kein zurechenbares Verschulden.
Das Bauvorhaben gemäß der Baustufe II und der Einbau der Wärmedämmstoffe seien genehmigt gewesen. Sie habe von nicht zulässigen Brandlasten keine Kenntnis gehabt. Sie habe keine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten begangen. Sie sei als Bauherrin zur Überwachung der ordnungsgemäß zur Sanierung der Fuge ausgewählten Fachfirma, der Beklagten zu 3), nicht verpflichtet gewesen. Etwas anderes gelte auch nicht deshalb, weil sie eine Bauabteilung besitze. Sekundäre Verkehrssicherungspflichten habe sie nicht verletzt. Es sei eine Unterstellung, daß ihr früherer Geschäftsführer Prof. Dr. R. und der Leiter ihrer Bauabteilung Dipl.-Ing. W. Kenntnisse von gefahrträchtigen Umständen hinsichtlich der Fugenkonstruktion und der Ausstattung des Flughafengebäudes mit brennbaren Polystyrolplatten gehabt hätten. Ihnen sei allenfalls die Bezeichnung der Baustoffe bekannt gewesen, nicht aber deren Verhalten im Brandfall. Beide hätten mit Berechtigung davon ausgehen können, daß die Beklagte zu 3) alle notwendigen Erkundigungen zur gefahrlosen Durchführung der in Auftrag gegebenen Arbeiten einziehen werde. Sie müsse zudem für das Verhalten von Prof. Dr. R. und Dipl.-Ing. W. nicht einstehen. Prof. Dr. R. sei zwar ihr Geschäftsführer gewesen, mit dem Fugen-Sanierungsauftrag aber nicht sachlich befaßt gewesen. Dipl.-Ing. W. sei nicht ihr Sondervertreter gewesen. Er könne nicht etwa deshalb als ihr verfassungsgemäß berufener Vertreter angesehen werden, weil er das Auftragsschreiben an die Beklagte zu 3) unterschrieben habe. Soweit Dipl.-Ing. W. als ihr Verrichtungsgehilfe tätig geworden sei, habe sie den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB ordnungsgemäß angetreten. Das gleiche gelte für den Beklagten zu 2), den Architekten R., der lediglich "Sachbearbeiter" für den Bereich der streitgegenständlichen Fuge gewesen sei.
Die Streithelferin der Beklagten zu 1) meint, zum Verständnis der ursprünglichen Baugenehmigung, der einzelnen Bestimmungen und der Brandversuche sowie schließlich der Brandursache sei eine genaue Kenntnis des Deckenaufbaus, der Fugenkonstruktion und des Gebäudes sowie des von der dafür zuständigen Feuerwehr entwickelten Brandschutz-Konzeptes notwendig, woraus sich ergebe, daß alle Maßnahmen den gesetzlichen Vorschriften entsprochen hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Streithelferin vom 19.05.2000 (GA 1716-1744) nebst den beigefügten Anlagen verwiesen
Die Beklagte zu 1) und die Streithelferin beantragten, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Grund- und Teilurteils die Klage - gegen die Beklagte zu 1), so die Streithelferin - abzuweisen. Die Beklagte zu 1) stellt hilfsweise Anträge zum Vollstreckungsschutz.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin meint, das Landgericht habe in einem außerordentlich sorgfältig und umfangreich begründeten Urteil der Klage durch Grund-Urteil zutreffend im wesentlichen stattgegeben. Die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin enthielten keine (neuen) Gesichtspunkte, die das Landgericht im Rahmen seiner Entscheidung nicht schon berücksichtigt habe. Sie könne deshalb zunächst auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug nehmen. Im übrigen sei auszuführen: Die prozessualen Rügen seien nicht gerechtfertigt. Ihr Klageantrag sei nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Der Sachverständige A. habe, um den Unwägbarkeiten einer hypothetischen Schadensermittlung Rechnung zu tragen, den Schadensbetrag um 1,5 % - genau um 1,49591 % - gekürzt. Es liege eine einheitlicher Anspruch vor. Weitere Schäden hätten sich nicht ergeben und würden auch nicht verlangt. Soweit - wie etwa bei der L. - Mietverträge über Räume bestünden, können ihres Erachtens die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 538 BGB nicht in Frage gestellt werden. Unabhängig davon bestehe zwischen den Fluggesellschaften und dem jeweiligen Flughafen ein Dauerschuldverhältnis privatrechtlicher Natur, das nach Mietrecht zu beurteilen sei. Andernfalls ergäben sich ihre Ansprüche aus der positiven Vertragsverletzung einer Sonderbeziehung, einem Gesamtrechtsverhältnis. Die Gebäulichkeiten des Flughafens hätten Fehler aufgewiesen. Der Mangel habe darin bestanden, daß bei der Wärmedämmung brennbares Material verwandt worden sei, was auch im Jahre 1975 nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprochen habe, und die Dehnungsfuge nicht mit unbrennbarem Material abgedichtet worden sei. Die Dehnungsfuge sei daher mangelhaft gewesen, nämlich weil die oberen Wasserleitbänder leicht entflammbar und die unteren normal entflammbar gewesen seien. Der Ausbau der Fuge sei erst im Rahmen der Baustufe II erfolgt, so daß die Vorschriften über Fugen in der Baugenehmigung vom 10.01.1975 anwendbar gewesen seien, die unter 4.11 bestimme, daß zur Ausführung von Fugen nur nichtbrennbare Baustoffe verwendet werden dürfen.
Ob der baurechtliche Mangel auch einen Verstoß gegen die Baugenehmigung und/oder gegen das Baurecht darstelle, sei im übrigen für das Vorliegen eines Fehlers unerheblich. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) sowie die Architekten, Planer und Bauunternehmer seien Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 1) im Verhältnis zu deren Mietern. Entsprechendes gelte auch, wenn der Vermieter - wie hier die Beklagte zu 1) - Reparatur- oder Bauarbeiten durchführen lasse. Dann seien die Bauarbeiter ebenfalls Erfüllungsgehilfen des Vermieters gegenüber den Mietern.
Der Beklagte zu 2) führt aus: Er sei unstreitig erst Jahre nach der Errichtung des II. Bauabschnitts in die Dienst der Beklagten zu 1) getreten und habe daher aus eigener Kenntnis die Vorgänge, die schließlich zum Einbau des die eigentliche Ursache des Unglücks darstellenden Dämmaterials geführt haben, nicht miterlebt. Ihm sei, was seiner Meinung nach von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt werde, nicht nur das Vorhandensein der in Verbindung mit dem Kleber der Aluminiumkaschierung leicht entzündlichen Dämmung unbekannt gewesen, sondern er sei sogar davon ausgegangen, daß bei der Herstellung des Gebäudes keinerlei brennbare Materialien verwand worden seien. Die Wasserleitbänder seien ihm bei der Untersuchung mit dem Prokuristen H. der Beklagten zu 3) am 10.01.1996 nicht aufgefallen, und er habe auch keinen Anlaß gehabt, das Vorhandensein von Wasserleitbändern zu vermuten. Bei seiner Baustellenbesichtigung am 11.04.1996 sei es um die Verkehrssicherung gegangen. Die Feuerwehr sofort zu benachrichtigen, was nichts mit Brandgefahr zu tun gehabt, sondern der Vermeidung von Fehlalarmen habe dienen sollen, sei schon deswegen nicht notwendig gewesen, weil für ihn bei seinem Besuch nicht erkennbar gewesen sei, daß der Beginn der Schweißarbeiten unmittelbar bevorgestanden habe. Zudem sei die Beklagte zu 3) verpflichtet gewesen, das Eindringen von Feuchtigkeit in die Fuge während der Arbeiten absolut sicher zu verhindern. Eine solche Abdichtung hätte, wenn er sich darüber Gedanken gemacht hätte, funken- und schweißperlenresistent sein müssen, da eine von Funken durchlöcherte Abdichtung nicht wasserdicht hätte sein können.
Der Beklagte zu 2) beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen,
und stellt hilfsweise Anträge zum Vollstreckungsschutz.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin erwidert auf das Vorbringen des Beklagten zu 2): Der Beklagte zu 2) habe sich bei seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung am 30.10.1996 als Bauleiter gegenüber der Beklagten zu 3) bezeichnet. Im Rahmen seiner "Oberaufsicht" sei der Beklagte zu 2) verpflichtet gewesen, alles zu tun, um ein gefahrloses Durchführen der Schweißarbeiten zu gewährleisten. In seinem Verantwortungsbereich habe unter anderem gelegen, - auf vorhandene und erkennbare Brandgefahren hinzuweisen, - Schweißarbeiten ohne Brandschutzmaßnahmen nicht zuzulassen, - den vorgesehenen Arbeitsbereich hinsichtlich vorhandener Brandgefahren zu beurteilen und - vor Beginn der Schweißarbeiten die Feuerwehr zu unterrichten oder eine Brandwache aufstellen zu lassen.
Diese Aufgaben habe der Beklagte zu 2) schuldhaft verletzt. Zu der Erkenntnis, daß von der Beklagten zu 3) elementare Sicherheitsmaßnahmen nicht beachtet worden seien, habe es keiner besonderen Kenntnisse über Schweißarbeiten und deren Gefahren bedurft.
Die Beklagte zu 3) schließt sich den Prozeßrügen der Beklagten zu 1) an. Sie wiederholt ihre Rechtsmeinung, der Klägerin stünden keine Schadenersatzansprüche aus dem Werkvertrag mit ihr und der Beklagten zu 1) zu. Dieser entfalte keine Schutzwirkungen zugunsten der Zedenten der Klägerin. Eine derart uferlose Ausweitung des Schutzbereiches des Werkvertrages sei ihr nicht zuzumuten.
Die Beklagte zu 3) betont unter grundsätzlicher Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags insbesondere: Sie müsse sich die Handlungen des Beklagten zu 4) nicht unter dem Gesichtspunkt, daß er ihr Verrichtungsgehilfe gewesen sei, zurechnen lassen. Denn der Beklagte zu 4) sei selbständiger Gewerbetreibender mit eigener Haftpflichtversicherung. Unabhängig davon sei der Beklagte zu 4) von ihr sorgfältig ausgewählt worden und habe in der Vergangenheit beanstandungsfrei gearbeitet, was sie überprüft habe. Sie habe in der Besprechung am 10.01.1996 mit Kenntnis der Beklagten zu 1) die Verkehrssicherungspflicht auf den Beklagten zu 4) übertragen. Sie sei daher nicht selber verkehrssicherungspflichtig geblieben. Adressat der Unfallverhütungsvorschriften mit ihren Anforderungen sei nicht sie gewesen, sondern die Beklagte zu 1), die aus diesem Grunde unter anderem einen Schweißerlaubnisschein hätte ausstellen müssen. Die Beklagte zu 1) habe ihr einen bestimmten Auftrag erteilt und dabei den Eindruck erweckt, sie habe aufgrund ihrer speziellen Erkenntnismöglichkeiten die Gefahren geprüft und verneint. Obwohl die Beklagte zu 1) gewußt habe, daß umfangreiche Schweißarbeiten erfolgen würden, fände sich im Leistungsverzeichnis nicht einmal ein warnender Hinweis auf Brandgefahren, sondern nur die Verpflichtung, das Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern.
Vor allem hätten aber nicht die Schweißarbeiten den Brand verursacht, sondern der Kurzschluß einer elektrischen Leitung im Deckenbereich.
Weiterhin sei ihr der Schaden nicht zurechenbar, selbst wenn einmal angenommen werde, daß der Brand durch die Schweißarbeiten entstanden sei. Denn es habe sich nicht das typische Risiko von Schweißarbeiten verwirklicht, sondern das Risiko des Einbaus leicht entflammbaren Materials. Die Schweißarbeiten seien - ihre Ursächlichkeit für den Brand unterstellt - nur der zufällige äußere Anlaß gewesen.
Die Beklagte zu 3) beantragt,
das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und die Klage gegen sie insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Zurückweisung dieser Berufung.
Die Klägerin tritt unter Bezugnahme auf ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszug den Ausführungen der Beklagten zu 3) entgegen und trägt insbesondere vor: Der Beklagte zu 4) sei der Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 3) gewesen. Es habe Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des Beklagten zu 4) bestanden. Die schwerwiegenden Verstöße des Beklagten zu 4) gegen elementare Sicherheitsvorschriften am 10./11.04.1996 legten den Schluß nahe, daß er nicht zum erstenmal derart fehlerhaft gearbeitet habe. Die Beklagte zu 3) habe eigene Verkehrssicherungspflichten verletzt und diese mangels konkreter Vereinbarungen nicht auf den Beklagten zu 4) übertragen gehabt. Unabhängig von alledem habe sich die Beklagte zu 3) im Vertrag mit der Beklagten zu 1) ausdrücklich verpflichtet, die erforderlichen Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen. Die Beklagte zu 1) habe zwar, was zutreffend sei, nicht auf Brandgefahren hingewiesen. Dem Schweigen hätte die Beklagte zu 3) jedoch nicht entnehmen können und dürfen, daß Brandgefahren nicht bestünden. Somit habe die Beklagte zu 3) - durch eigene Organe - die ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt. Sie habe - den durch die Schweißarbeiten betroffenen Bereich nicht untersucht und keine positiven Feststellungen getroffen, was sich unterhalb der Dehnungsfuge be- fand, - weder für die Ausstellung des Schweißerlaubnisscheins gesorgt noch eine Erteilung des Schweißerlaubnisscheins durch die Beklagte zu 1) abgewartet, - keinerlei Abdichtungsmaßnahmen gegen Funkenflug getroffen, obwohl sie - auch nach eigenen Angaben - keine konkrete Kenntnis hatte, was sich unterhalb der Fuge befand, und weder eine Brandwache gestellt noch die Feuerwehr benachrichtigt.
Der Beklagte zu 4) schließt sich ebenfalls den Prozeßrügen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) an. Er faßt seine Rechtsverteidigung wie folgt zusammen:
Das Landgericht habe verkannt, daß ihm eine Pflicht zur Untersuchung der zu bearbeitenden Fuge und des sich anschließenden Bereichs der Zwischendecke auf Brandgefahren in keinem Fall oblegen habe. Da originäre Trägerin der sich aus den Unfallverhütungsvorschriften ergebenden Pflichten die Beklagte zu 1) gewesen sei, komme eine solche Pflicht nur in Betracht, wenn sie von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 3) übergegangen wäre. Bereits dies sei nicht der Fall gewesen. Auch auf ihn - den Beklagten zu 4) - seien die entsprechenden Pflichten nicht übertragen worden. Selbst wenn man einen Übergang der Verkehrssicherungspflicht annehmen wollte, so habe sich daraus im konkreten Fall keine Untersuchungspflicht mit dem durch das Landgericht angenommenen Umfang ergeben. Darüber hinaus komme eine Schadenersatzpflicht durch ihn - den Beklagten zu 4) - deshalb nicht in Betracht, weil Ursache des Brandes nicht die Schweißarbeiten gewesen seien.
Die Beklagte zu 1) hätte nach § 6 VBG 1 eine weisungsbefugte Person - den Beklagten zu 2) - bestimmen müssen, der die Leitung der Arbeiten entsprechend den Sicherungsanforderungen ausübte. Die Beklagte zu 3) habe die der Beklagten zu 1) nach den UVV obliegenden Sicherungspflichten nicht übernommen. Die "Zusätzlichen Vertragsbedingungen" der Beklagten zu 1) seien vor dem Hintergrund der eindeutigen Aufgabenverteilung nach den UVV zu einer Übertragung der hier in Rede stehenden Verpflichtungen nicht ausreichend.
Er sei nicht Subunternehmer der Beklagten zu 3) gewesen, vielmehr nur formal selbständig, faktisch jedoch in den Betrieb der Beklagten zu 3) eingegliedert gewesen. Dadurch hätten soziale Kosten gespart werden sollen. Da kein Schweißerlaubnisschein vorgelegen habe, habe er davon ausgehen können, daß keine Sicherungsmaßnahmen einzuhalten seien. Selbst wenn er verpflichtet gewesen wäre, Voruntersuchungen zur Abwendung von Brandgefahren durchzuführen, wären Brandlasten nicht zu Tage gefördert worden. Ein Öffnen der Decke wäre vom Beklagten zu 2) untersagt worden. Dieser hätte aufgrund seiner Kenntnisse Fragen nur dahin beantworten können, daß Schweißarbeiten unbedenklich durchgeführt werden könnten, weil Brandlasten nicht vorhanden seien.
Schließlich sei die Brandentstehung durch die Schweißarbeiten nicht bewiesen.
Der Beklagte zu 4) beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Hilfsweise stellt er Anträge zum Vollstreckungsschutz.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zu 4) zurückzuweisen.
Die Klägerin erwidert auf das Vorbringen des Beklagten zu 4) insbesondere: Der Beklagte zu 4) sei selbst nach seinem eigenen Vorbringen als örtlicher Bauleiter für die Beklagte zu 3) tätig gewesen. Es sei unerheblich, ob sich die UVV auch an die Beklagte zu 1) richteten. Sie hätten jedenfalls für die Beklagte zu 3) und den Beklagten zu 4) gegolten. Als örtlicher Bauleiter hätte der Beklagte zu 4) dafür sorgen müssen, daß vor dem Beginn der Schweißarbeiten die Brandgefahren beseitigt wurden. Dazu hätte unter anderem gehört:
- Überprüfen der Fuge auf brennbares Material, - Überprüfen des Verlaufs der Fuge, - Überprüfen der Unterseite der Betondecke, der abgehängten Decke und des Raumes unterhalb der Betondecke und - Festlegen und Überwachen der allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen, z.B. Abdichten der Fuge, sowie Stellen einer Brandsache.
Die Klägerin schließt sich der Berufung der Beklagten zu 1) an mit dem Antrag,
unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie über den vom Landgericht dem Grunde nach zugesprochenen Betrag hinaus weitere 203.972,92 DM nebst 6,5 % Zinsen seit dem 01.10.1997 zu zahlen.
Sie meint, das Landgericht habe zu Unrecht ihren Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenhonorare in der streitgegenständlichen Höhe verneint. Der Ersatzanspruch könne nicht davon abhängen, wer die Sachverständigen beauftragt habe.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Anschlußberufung zurückzuweisen.
Sie führt aus: Die Klägerin habe die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 VVG nicht dargelegt. Allenfalls bestehe der Anspruch in Höhe der Hälfte der Kosten, da die Sachverständigen für beide Parteien des Versicherungsvertrages beratend tätig geworden seien. Schließlich seien die geltend gemachten Kosten unangemessen hoch, da die Gutachten der Sachverständigen S. und A. unbrauchbar seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den überreichten umfangreichen Unterlagen, auf die Sitzungsniederschriften sowie den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufungen aller vier Beklagten und die Berufung der Streithelferin der Beklagten zu 1) sind zulässig.
I.
Die Berufung der Beklagten zu 1) (nachfolgend unter dieser Nr. I nur die Beklagte genannt) und ihrer Streithelferin haben in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg.
A.
1. Der Senat ist für die Bearbeitung und Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits zuständig. Von den Beklagten und der Streithelferin hat als erster am 09.12.1999 der Beklagte zu 2) Berufung eingelegt (GA 1426). Nach Nr. 2 b der Allgemeinen Bestimmungen zur (richterlichen) Geschäftsverteilung gehören, wenn mehrere Parteien selbständig Berufung eingelegt haben, sämtliche Verfahren vor denjenigen Senat, der für die zuerst eingelegte Berufung zuständig ist. Für die zuerst eingelegte Berufung des Beklagten zu 2) ist der 15. Zivilsenat zuständig. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil diesem Beklagten gegenüber die Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen fahrlässiger Verletzung ihn treffender Verkehrssicherungspflichten bejaht (S. 113 des landgerichtlichen Urteils, GA 1313). Somit liegt insoweit eine Streitigkeit betreffend die nicht besonders aufgeführten außervertraglichen Schadenersatzansprüche aus dem Landgerichtsbezirk Düsseldorf vor, für deren Entscheidung nach Nr. 3 des richterlichen Geschäftsverteiligungsplans der Senat zuständig ist.
2. Die Beklagte dringt mit ihrer Rüge zur Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges nicht durch. Das Landgericht hat durch seinen Beschluß vom 05.07.1999 gemäß § 17 a Abs. 3 GVG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt (GA 953 - 956). Dagegen hat die Beklagte keine sofortige Beschwerde gemäß § 17 a Abs. 4 GVG eingelegt.
Unabhängig davon stellt der Streit zwischen einer Flughafenunternehmerin wie der Beklagten und ihren Benutzern, aus deren an sie abgetretenen Rechten die Klägerin vorgeht, eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit dar, wie der Bundesgerichtshof u.a. in seinem Urteil vom 10.07.1969 mit dem Aktenzeichen KZR 13/68 (Anlage A 22) mit ausführlicher Begründung entschieden hat (ebenso BGH in DVBl 1974, 558; in WM 1978, 1097/1098 und in NJW-RR 1997, 1019).
3. Die Einrede des Schiedsvertrages führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Der Vertrag zwischen der L. und der Beklagten über die Verkehrsabfertigung der Luftfahrzeuge (Bodenverkehrsdienste) vom 17.02.1992 (Anlage A 3) enthält zwar in Art. 8 eine Schiedsgerichtsklausel, eine Schiedsvereinbarung im Sinne des § 1029 ZPO. Da die Schiedsvereinbarung die gewerbliche und selbständig berufliche Tätigkeit beider Vertragspartner betrifft, konnte sie auch innerhalb des Vertrages vereinbart werden, da die Ausnahmeregelung des § 1031 Abs. 5 ZPO für diesen Bereich nicht gilt. Die Schiedsvereinbarung bezieht sich jedoch nicht auf den Streitgegenstand der vorliegenden Klage. Sie gilt nach Art. 8 für alle Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten, die sich - auf die Auslegung oder Anwendung des Vertrages oder - auf irgendwelche Rechte oder Pflichten aus diesem Ver- trag beziehen. Ein derartiger Streit liegt aber hier nicht vor. Die Parteien sind weder über die Auslegung und Anwendung der Art. 1 bis 7 des Bodenverkehrsdienste-Vertrages unterschiedlicher Ansicht, noch streiten sie über die Art der Durchführung der Bodenverkehrsdienste und deren Standard, wie sie die Beklagte grundsätzlich aufgrund der Regelungen in dem Vertrag über die Bodenverkehrsdienste zu erbringen hat. Streit herrscht auch nicht über die von der L. für die Leistungen der Beklagten geschuldeten Entgelte. Der in diesem Rechtsstreit umstrittene ungewöhnliche Schadensfall mit seinen Folgen und die dieserhalb der L. möglicherweise zustehenden Rechte und der Beklagten obliegenden Verpflichtungen werden von dem Vertrag über die Verkehrsabfertigung der Luftfahrzeuge nicht erfaßt.
4. Zu einer Aussetzung des Rechtsstreits bis zum Abschluß des Ermittlungsverfahrens 111 Js /96 StA Düsseldorf besteht entgegen der Ansicht der Beklagten nach pflichtgemäßem gerichtlichen Ermessen keine Veranlassung. Das Ermittlungsverfahren ist mit der bereits vor einiger Zeit erfolgten Vorlage der Anklageschrift an das Gericht abgeschlossen. Der Ausgang des Strafverfahrens ist für das hier vorliegende Zivilprozeßverfahren nicht vorgreiflich. Die Beurteilung der Verantwortlichkeit der Angeklagten in dem Strafverfahren und der Beklagten dieses Rechtsstreit bemißt sich nach unterschiedlichen Kriterien. Wie im weiteren Verlauf dieser Entscheidungsgründe noch ausgeführt werden wird, hält der Senat zudem die Brandursache für hinreichend aufgeklärt, so daß kein Anlaß besteht, das Ende des Strafverfahrens, das noch nicht abzusehen ist, abzuwarten.
5. Entgegen der Meinung der Beklagten fehlt es der Klage, soweit mit ihr die Betriebsunterbrechungsschäden der L. und ihrer Tochtergesellschaften geltend gemacht werden, nicht an der ausreichenden Bestimmtheit mit der Folge, daß die Klage unzulässig wäre. Die Klägerin hat zwar insoweit nicht genau den Betrag geltend gemacht, der sich aus den Berechnungen und Schätzungen des von ihr beauftragten Sachverständigen A. ergibt, sondern einen auf 124 Mio. DM abgerundeten Betrag, der gegenüber dem von dem Sachverständigen A. rechnerisch aus vielen Einzelpositionen errechneten Betrag um 1,49591 % geringer ist. Das ist jedoch unschädlich. Die Klägerin hat eindeutig erklärt, daß sie hinsichtlich des Betriebsunterbrechungsschadens keine Teilklage geltend macht, sondern den endgültigen Schadensbetrag und sich darüber hinausgehender Ansprüche nicht berühmt. In einem solchen Fall ist aber ein Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er, wie hier, den erhobenen Anspruch konkret beziffert bezeichnet, indem er die geforderte Summe genau angibt (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 21. Aufl., Rn. 13 und 13 a zu § 253 ZPO). Nur bei einer - hier jedoch nicht vorliegenden - Teilklage muß erkennbar sein, welcher Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage sein soll, insbesondere, wenn sich der Gesamtanspruch aus mehreren selbständigen Einzelforderungen zusammensetzt, weil andernfalls der Streitgegenstand nicht hinreichend individualisiert ist (vgl. Zöller-Greger a.a.O. Rn. 15). In diesem Fall sind aber der Streitgegenstand und sein Umfang nicht zweifelhaft. Es kann einer Partei nicht verwehrt werden, bei einem auf Schätzungen beruhenden Schaden zur Vermeidung des Kostenrisikos einen etwas geringeren Schaden als endgültige Forderung geltend zu machen, um auf diese Weise den Unwägbarkeiten einer hypothetischen Schadensermittlung Rechnung zu tragen.
6. Das vom Landgericht verkündete Grund-Urteil war im Hinblick auf den eingeklagten Ersatzanspruch für die Betriebsunterbrechungsschäden zulässig. Zwar muß, wenn mehrere selbständige in einem Leistungsantrag zusammengefaßte Forderungen eingeklagt werden, das Grund-Urteil sämtliche Ansprüche umfassen oder die verneinten Einzelforderungen durch Teil-Endurteil abweisen. Ein einheitliches Grund-Urteil über einen "Gesamtanspruch" kann dagegen nicht ergehen, solange nicht feststeht, welche von mehreren in der Klage zusammengefaßten Teilansprüche dem Grunde nach gerechtfertigt sind. Bei dem hier in Rede stehenden Betriebsunterbrechungsschaden handelt es sich jedoch um einen einheitlichen Anspruch. Das gilt jedenfalls für den jeweiligen Betriebsunterbrechungsschaden der verschiedenen Gesellschaften, dessen Betrag die Klägerin jeweils gesondert angegeben hat und hinsichtlich deren das Landgericht die Ersatzpflicht jeweils aus den gleichen Gründen bejaht hat. Der Betriebsunterbrechungsschaden der einzelnen Gesellschaften setzt sich lediglich aus einer Mehrheit von Einzelposten zusammen. Insoweit muß hinsichtlich jeden Einzelpostens nur zweifelsfrei feststehen, ob er abschließend beschieden, § 301 ZPO, oder der Zwischenentscheidung über den Grund zugeordnet ist (vgl. zu alledem Zöller-Vollkommer a.a.O. Rn. 12 zu § 304 ZPO). Dem Betragsverfahren kann dann die Prüfung vorbehalten werden, ob und inwieweit einzelne Schadensposten auf die schadensstiftende Handlung zurückzuführen sind (vgl. etwa BGH NJW 1989, 2745). Diesen Erfordernissen genügt das landgerichtliche Urteil. Angesichts der Höhe des für jede der verschiedenen Gesellschaften geltend gemachten Schadens kann auch das Eingreifen des Regressverzichtsabkommens der Feuerversicherer nicht dazu führen, daß der Ersatzanspruch wegen des eingeklagten Betriebsunterbrechungsschadens - oder wegen der anderen geltend gemachten selbständigen Schadenspositionen - völlig erlischt. Die Prüfung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dieses Regressverzichtsabkommen hier eingreift, kann deshalb ebenfalls dem Betragsverfahren überlassen bleiben. Es mag allenfalls zweifelhaft sein, ob ein einheitlicher Anspruch auch insoweit vorliegt, soweit Tochtergesellschaften der L. betroffen sind. Dazu weist die Klägerin darauf hin, daß es sich um 100 % - Tochtergesellschaften der L. handele, so daß deren Schäden einen eigenen Anspruch der L. begründeten, weil im Rahmen der konsolidierten Bilanz der L. AG diese Gesellschaften bei der L. berücksichtigt würden und sich die wirtschaftliche Entwicklung positiv wie negativ unmittelbar auf das wirtschaftliche Ergebnis der L. auswirke. Nach der Auffassung des Senats, die im einzelnen noch begründet werden wird, kann insoweit zwar nicht von einem einheitlichen Schaden der L. ausgegangen werden. Das aber ist in bezug auf die Zulässigkeit des vom Landgericht verkündeten Grund-Urteils letztlich unerheblich. Denn die Klägerin hat die auf den Betriebsunterbrechungsschaden der L. und ihrer 100 %-Tochtergesellschaften entfallenen Beträge konkret angegeben (vgl. Seite 5 der Berufungserwiderung, GA 1783). Somit bliebe zum einen jedenfalls das Grund-Urteil über 108.879.774,00 DM wegen des Betriebsunterbrechungsschadens der L. AG als solcher zulässig. Soweit das Landgericht den Betrag des den 100 %-Tochtergesellschaften zugeordneten Betriebsunterbrechungsschadens der L. zugerechnet hat, liegt zum anderen insoweit allenfalls eine teilweise fehlerhafte Rechtsauffassung des Landgerichts über die Art dieser Schäden vor, die der Überprüfung des Senats unterliegt. Dazu wird im Rahmen dieser Entscheidungsgründe noch Stellung genommen werden. Selbst bei Annahme eines Verfahrensfehlers durch die Verkündung eines Grund-Urteils zu den Beträgen der Betriebsunterbrechungsschäden der 100 %-Tochtergesellschaften der L. kommt eine Zurückverweisung nicht in Betracht, weil der Senat zu den Beträgen dieser Ansprüche selbst eine Entscheidung treffen kann und dies angesichts der Art des Streitstoffes auch sachdienlich ist, § 540 ZPO.
[Anmerkung d. Red.: Im Folgenden prüfte das Gericht die Begründetheit der Klage, die keine Schiedsrechtsrelevanten Ausführungen enthält und deshalb nicht wiedergegeben wird.]
V.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 108 ZPO.
Der Wert der Beschwer liegt für jede der Parteien und die Streithelferin über 60.000,00 DM.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZR 175/10 27.10.2011 I-8 O 85/09 LG Bochum; I-4 U 37/10 OLG Hamm Tarife einer Verwertungsgesellschaft, Befunde einer Schiedsstelle, Anwendbarkeit und Angemessenheit eines Tarifs
URTEIL
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. September 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
 Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern aufgrund von Berechtigungsverträgen eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Musikwerken wahr. Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der Stadt Bochum. Sie veranstaltete in Bochum den „Weihnachtsmarkt“ (in den Jahren 2004 bis 2007), den „Gerther Sommer“ (in den Jahren 2005 bis 2008) und die „Bochumer Westerntage“ (in den Jahren 2004 und 2005). Auf den unentgeltlich zugänglichen Veranstaltungen wurde Unterhaltungs- und Tanzmusik aus dem von der Klägerin wahrgenommenen Repertoire öffentlich wiedergegeben. Die Klägerin hatte vor den Veranstaltungen keine Einwilligung in eine Nutzung der von ihr wahrgenommenen Urheberrechte erteilt.
Die Klägerin, die vor Klageerhebung das nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 16 Abs. 1 UrhWG vorgesehene Verfahren vor der Schiedsstelle durchgeführt hat, hat die Beklagte wegen dieser Musikwiedergaben auf Zahlung einer Vergütung von 41.404,54 € in Anspruch genommen. Die Vergütung hat sie entsprechend ihren Tarifen U-VK I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Musikern) und M-U I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Tonträgerwiedergabe) nach der Größe der Veranstaltungsfläche - gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand - berechnet.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 38.567,88 € stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht (OLG Hamm, Urteil vom 7. September 2010 4 U 37/10, juris) zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne von der Beklagten wegen der in Rede stehenden Musikaufführungen nach § 97 Abs. 2 Satz 1 und 3 UrhG Schadensersatz in Höhe von 38.567,88 € verlangen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte habe zum Zeitpunkt der Werknutzung nicht über ein von der Klägerin abgeleitetes Nutzungsrecht verfügt. Sie könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, eine Einwilligung der Klägerin in die Nutzung sei entbehrlich gewesen. Der Schadensersatzanspruch könne auf der Grundlage der Lizenz berechnet werden, die angefallen wäre, wenn die Klägerin in die Nutzung eingewilligt hätte. Da es für Freiluftveranstaltungen keinen Tarif gebe, dürften zur Berechnung der Vergütung die dieser Nutzung am nächsten stehenden Tarife U-VK I und M-U I herangezogen werden. Die Schiedsstelle habe bereits mehrfach befunden, dass es angemessen sei, die Vergütung bei Freiluftveranstaltungen ebenso wie bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen entsprechend den Tarifen U-VK I und M-U I nach der Größe der Veranstaltungsfläche zu bemessen. Es bestehe kein Anlass, von dieser Einschätzung abzuweichen. Die Beklagte könne hinsichtlich der Vergütungen für Veranstaltungen aus dem Jahr 2004 nicht mit Erfolg die Einrede der Verjährung erheben.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klägerin von der Beklagten dem Grunde nach Schadensersatz beanspruchen kann (dazu 1). Die Höhe des Schadensersatzanspruchs hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entsprechend den von der Klägerin aufgestellten Tarifen U-VK I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Musikern) und M-U I (Allgemeine Vergütungssätze für Unterhaltungs- und Tanzmusik mit Tonträgerwiedergabe) nach der Größe der Veranstaltungsfläche berechnet (dazu 2). Dieser Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt (dazu 3).
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin von der Beklagten wegen der ohne ihre Einwilligung erfolgten öffentlichen Musikwiedergaben dem Grunde nach gemäß § 97 Abs. 1 UrhG aF (jetzt § 97 Abs. 2 UrhG) Schadensersatz beanspruchen kann.
Die Beklagte hat dadurch, dass sie bei den in Rede stehenden Veranstaltungen Musikwerke aus dem Repertoire der Klägerin ohne deren Einwilligung öffentlich wiedergegeben hat, von der Klägerin wahrgenommene Urheber rechte widerrechtlich verletzt. Die Klägerin ist entgegen der Ansicht der Revision nicht daran gehindert, sich auf das Fehlen einer Einwilligung zu berufen.
a) Die Revision macht vergeblich geltend, der Klägerin sei es verwehrt, wegen der Musikaufführungen auf den Veranstaltungen im Jahre 2004 („Weihnachtsmarkt“ und „Westerntage“) Schadensersatz zu beanspruchen, weil die Beklagte die Aufführungen jeweils rechtzeitig vor Beginn der Veranstaltungen angemeldet und die Klägerin hierauf nicht reagiert habe.
Die Beklagte hat diese Veranstaltungen nach ihrem eigenen Vorbringen erst zwei bis sechs Tage vor Beginn bei der Klägerin angemeldet. Die Klägerin war nicht verpflichtet, innerhalb so kurzer Zeit auf die Anmeldungen zu reagieren und ihre Einwilligung in die Musikaufführungen zu erteilen. Es ist daher nicht rechtsmissbräuchlich, dass sie sich auf das Fehlen einer Einwilligung beruft.
b) Die Revision macht weiter ohne Erfolg geltend, der Klägerin sei es versagt, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, weil sie es entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 13 UrhWG versäumt habe, für derartige Veranstaltungen - also Veranstaltungen unter freiem Himmel auf öffentlichen Plätzen - einen eigenen Tarif zu schaffen und zu veröffentlichen.
Entgegen der Ansicht der Revision war es der Beklagten dadurch, dass kein Tarif für solche Veranstaltungen bestand, nicht unmöglich, nach § 11 UrhWG vorzugehen und damit die bis zum Beginn der Veranstaltungen nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen. Die Klägerin ist auch dann, wenn sie keinen Tarif für eine bestimmte Nutzung aufgestellt hat, nach § 11 Abs. 1 UrhWG verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Kommt eine Einigung über die Höhe der Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte nicht zustande, gelten die Nutzungsrechte auch beim Fehlen eines Tarifs für diese Nutzung nach § 11 Abs. 2 UrhWG als eingeräumt, wenn die Vergütung in Höhe des vom Nutzer anerkannten Betrages an die Verwertungsgesellschaft gezahlt und in Höhe der darüber hinausgehenden Forderung unter Vorbehalt an die Verwertungsgesellschaft gezahlt oder zu ihren Gunsten hinterlegt worden ist.
c) Die Revision wendet ferner erfolglos ein, die Klägerin sei daran gehindert, Schadensersatz zu verlangen, weil zwischen den Parteien eine gängige Praxis bestanden habe, dass die Klägerin die Veranstaltungen im Nachhinein abgerechnet habe.
Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass der zwischen den Parteien bestehende Vertrag nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin infolge einer Kündigung der Beklagten im Jahr 2003 geendet hatte. Die Beklagte durfte jedenfalls nach der Kündigung des Vertrages nicht auf den Fortbestand einer bis dahin möglicherweise bestehenden Praxis einer nachträglichen Abrechnung vertrauen.
2. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei entsprechend den von der Klägerin aufgestellten Tarifen U-VK I und M-U I nach der Größe der Veranstaltungsfläche berechnet.
a) Die Klägerin ist im Falle einer Verletzung der von ihr wahrgenommenen Rechte berechtigt, den Verletzer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Dabei stehen ihr grundsätzlich alle drei Berechnungsarten zur Wahl: Sie kann den konkreten Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns, die Herausgabe des Verletzergewinns oder die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr verlangen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 70/90, GRUR 2011, 720 Rn. 19 = WRP 2011, 1076 - Multimediashow, mwN).
b) Berechnet die Klägerin den Schaden - wie im Streitfall - nach der angemessenen Lizenzgebühr, hat sie dieser Berechnung regelmäßig die Tarifvergütung zugrunde zu legen, die der Rechtsverletzer bei ordnungsgemäßer Einholung der Erlaubnis der Klägerin hätte entrichten müssen (BGH, GRUR 2011, 720 Rn. 20 - Multimediashow, mwN). Grundsätzlich kommt es danach auf diejenige Vergütung an, die die Klägerin auch sonst für derartige Nutzungen berechnet. Für Freiluftveranstaltungen hatte die Klägerin zum Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Veranstaltungen allerdings keinen Tarif aufgestellt. Enthält das Tarifwerk der Verwertungsgesellschaft keinen unmittelbar passenden Tarif, so ist grundsätzlich von dem Tarif auszugehen, der nach seinen Merkmalen der im Einzelfall vorliegenden Art und Weise sowie dem Umfang der Nutzung möglichst nahe kommt (BGH, Urteil vom 23. Mai 1975 - I ZR 51/74, GRUR 1976, 35, 36 - Bar-Filmmusik; Urteil vom 1. Juni 1983 - I ZR 98/81, GRUR 1983, 565, 567 - Tarifüberprüfung II). Das Berufungsgericht ist von den Parteien unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Tarife U-VK I und M-U I nach ihren Merkmalen der in Rede stehenden Nutzung am nächsten stehen.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Klägerin sei es verwehrt, diese Tarife heranzuziehen, weil sie ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 13 UrhWG nicht nachgekommen sei, für derartige Veranstaltungen eigene Tarife zu erstellen. Anders als in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen handele es sich hier nicht um seltene Ausnahmen oder unzulässige Veranstaltungen, für die die Schaffung eines eigenen Tarifwerkes unzumutbar sei. Vielmehr gehe es um Straßenfeste, Stadtteilfeste und Weihnachtsmärkte, die seit Jahrzehnten in zumindest jährlichem Rhythmus in einer Vielzahl von deutschen Städten und Ortschaften stattfänden.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UrhWG verpflichtet war, einen eigenen Tarif für derartige Veranstaltungen aufzustellen. Die Einhaltung der Verpflichtung zur Aufstellung von Tarifen ist von der Aufsichtsbehörde zu überwachen (§ 19 Abs. 1 UrhWG). Der Werknutzer hat keinen Anspruch gegen die Verwertungsgesellschaft auf Aufstellung eines Tarifs (Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 13 UrhWG Rn. 3). Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Aufstellung von Tarifen hat daher nicht zur Folge, dass die Verwertungsgesellschaft daran gehindert wäre, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte und Ansprüche eine Vergütung zu verlangen. Im Übrigen hat die Klägerin mittlerweile einen Tarif U-ST für Unterhaltungsmusik bei Bürger-, Straßen-, Dorf- und Stadtfesten, die im Freien stattfinden, geschaffen.
c) Bestimmt der Tatrichter die angemessene Vergütung für die Einräumung eines Nutzungsrechts unter Heranziehung des dieser Nutzung am nächsten stehenden Tarifs, kann das Revisionsgericht dies nur darauf überprüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und sämtliche für die Bemessung der Vergütung bedeutsamen Tatsachen berücksichtigt hat, die von den Parteien vorgebracht worden sind oder sich aus der Natur der Sache ergeben (vgl. zur Überprüfung der Angemessenheit des Tarifs einer Verwertungsgesellschaft BGH, Urteil vom 29. Januar 2004 - I ZR 135/00, GRUR 2004, 669, 670 f. = WRP 2004, 1057 - Musikmehrkanaldienst; GRUR 2011, 720 Rn. 30 - Multimediashow; zur Schätzung einer angemessenen Vergütung im Rahmen der Lizenzanalogie BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 I ZR 6/06, GRUR 2009, 407 Rn. 23 = WRP 2009, 319 - Whistling for a train, mwN; zur Bestimmung der angemessenen Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 Rn. 31 Talking to Addison). Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält einer solchen Nachprüfung stand.
aa) Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Beurteilung im Wesentlichen dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle im vorgeschalteten Verfahren und der ständigen Spruchpraxis der Schiedsstelle in vergleichbaren Verfahren (vgl. etwa ZUM 2007, 587, 588 f.) angeschlossen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Tatrichter kann und muss sich auch danach richten, was die Schiedsstelle in dem vorgeschalteten oder in vergleichbaren Verfahren vorgeschlagen hat. Die Schiedsstelle ist wesentlich häufiger als das jeweilige Gericht mit derartigen Verfahren und der Überprüfung von Tarifen befasst. Ein überzeugend begründeter Einigungsvorschlag der Schiedsstelle hat daher eine gewisse Vermutung der Angemessenheit für sich (BGH, Urteil vom 5. April 2001 I ZR 132/98, GRUR 2001, 1139, 1142 = WRP 2001, 1345 - Gesamtvertrag privater Rundfunk).
Die Revision ist der Ansicht, die Sachkompetenz der Schiedsstelle begründe die Vermutung der Angemessenheit des Tarifs nur bei Gesamtverträgen. Dem kann nicht zugestimmt werden. Der Gesetzgeber hat die Anrufung der Schiedsstelle nicht nur dann zur zwingenden Voraussetzung für die Erhebung einer Klage gemacht, wenn es um den Abschluss oder die Änderung eines Gesamtvertrages geht (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c, § 16 Abs. 1 UrhWG), sondern auch dann, wenn bei einer Streitigkeit zwischen Einzelnutzer und Verwertungsgesellschaft die Anwendbarkeit oder Angemessenheit eines Tarifs im Streit ist (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 16 Abs. 2 UrhWG). Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass in allen Streitigkeiten über Tarife ein begründeter Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vorliegt, den die Beteiligten annehmen können oder der doch zumindest den Gerichten bei ihrer Entscheidungsfindung als Grundlage dienen kann (BT-Drucks. 10/837, S. 12).
Die Revision beanstandet ohne Erfolg, die Schiedsstelle sei nur mit Beamten des Deutschen Patent- und Markenamtes besetzt und nicht auch mit Vertretern der Veranstalter. Da die Beamten des Deutschen Patent- und Markenamts keine Vertreter der Verwertungsgesellschaft sind, ist die Schiedsstelle nicht deshalb unausgewogen besetzt, weil ihr keine Vertreter der Veranstalter angehören.
bb) Die Revision macht vergeblich geltend, die Beklagte habe aus den Veranstaltungen keinen wirtschaftlichen Vorteil gezogen. Veranstaltungen der in Rede stehenden Art seien für die Kommunen oder ihre veranstaltenden Tochtergesellschaften wie die Beklagte grundsätzlich ohne jeden eigenen wirtschaftlichen Vorteil. Solche Veranstaltungen dienten vornehmlich den Interessen der Bürger und der Allgemeinheit.
Die Frage, ob eine Vergütung angemessen ist, richtet sich allerdings grundsätzlich nach dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Berechnungsgrundlage für die Tarife sollen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG in der Regel die geldwerten Vorteile sein, die durch die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Werke oder Leistungen erzielt werden. Damit gilt auch für die Vergütungshöhe der urheberrechtliche Beteiligungsgrundsatz, nach dem der Urheber oder Leistungsschutzberechtigte an jeder wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke oder Leistungen tunlichst angemessen zu beteiligen ist (vgl. BGH, GRUR 2004, 669, 670 f. - Musikmehrkanaldienst). Allerdings ist auch dann, wenn mit einer wirtschaftlichen Nutzung keine geldwerten Vorteile erzielt wer- den, jedenfalls eine Mindestvergütungsregelung erforderlich, um die Urheber und Leistungsschutzberechtigten vor einer möglichen Entwertung ihrer Rechte zu schützen. Eine solche Mindestvergütung darf nur nicht so weit gehen, dass der Beteiligungsgrundsatz zu Lasten des Verwerters in einem unangemessenen Verhältnis überschritten wird (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1987 - I ZR 164/85, GRUR 1988, 373, 376 - Schallplattenimport III; GRUR 2011, 720 Rn. 31 - Multimediashow).
Die Tarife U-VK I und M-U I entsprechen diesen Anforderungen. Sie sehen Vergütungsgruppen vor, die nach der Höhe des Eintrittsgelds für die jeweilige Veranstaltung gestaffelt sind. Für Veranstaltungen, die - wie die hier in Rede stehenden - ohne Eintrittsgeld oder nur gegen ein Eintrittsgeld von bis zu 1 € zugänglich sind, ist nach den Tarifen eine Mindestvergütung zu zahlen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Mindestvergütung unangemessen ist. Entgegen der Ansicht der Revision liegt dieser Tarifgestaltung nicht die Annahme zugrunde, dass die Veranstalter von Aufführungen in geschlossenen Räumen stets Einnahmen erzielen. Bei Veranstaltungen in Gebäuden werden erfahrungsgemäß nicht immer Eintrittsgelder erhoben oder Speisen und Getränke verkauft.
cc) Nach den Tarifen U-VK I und M-U I ist bei geschlossenen Veranstaltungsräumen die Größe der Veranstaltungsfläche für die Höhe der Vergütung maßgeblich. Das Berufungsgericht hat es in Übereinstimmung mit der Schiedsstelle als angemessen erachtet, die Höhe der Vergütung auch bei Freiluftveranstaltungen nach der Größe der Veranstaltungsfläche - gerechnet vom ersten bis zum letzten Stand und von Häuserwand zu Häuserwand - zu bestimmen. Entgegen der Ansicht der Revision ist dies nicht als willkürlich und unangemessen anzusehen.
(1) Die Revision meint, Berechnungsgrundlage für die Veranstaltungsfläche und die Vergütungshöhe könne nur der Bereich sein, der von den Bühnen mit Musikdarbietungen beschallt werde. Maßgeblich sei die mögliche Schallentfaltung, die von den örtlichen Gegebenheiten und der verwendeten Lautstärke abhänge. Diese Fläche sei weiter zu vermindern um die Bereiche, die von Besuchern nicht betreten werden könnten oder dürften. Dazu gehörten beispielsweise Flächen, die von Ständen bedeckt würden, und Flächen, die - wie etwa der öffentliche Verkehrsraum - für eine Nutzung durch Besucher nicht zugelassen seien. Zudem seien die Flächen abzuziehen, die von den Betreibern von Ständen beschallt würden. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb der Veranstalter für die Beschallung von Flächen, bei denen die von der Bühne erfolgende Musikwiedergabe von anderen Beschallungsquellen überlagert werde und für die bereits die Standbetreiber der Klägerin lizenzpflichtig seien, nochmals eine Vergütung zahlen solle.
Damit dringt die Revision nicht durch. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Schiedsstelle rechtsfehlerfrei angenommen, zur Berechnung der angemessenen Vergütung sei nicht nur auf den von den Bühnen mit Musikdarbietungen beschallten Bereich, sondern auf die gesamte Veranstaltungsfläche abzustellen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts prägt die Musik auf den Bühnen bei solchen Festen die gesamte Veranstaltung. Die Musikdarbietungen richten sich an alle Besucher auf der gesamten Veranstaltungsfläche. Da das Publikum vor den Musikbühnen ständig wechselt, hören im Laufe der Zeit in der Summe mehr Zuhörer die Musik, als vor der Bühne Platz fänden. Für die Höhe der angemessenen Vergütung kommt es deshalb auch nicht darauf an, ob bestimmte Teile der Veranstaltungsfläche von den Besuchern nicht betreten werden konnten oder durften, ob sie von den Standbetreibern beschallt wurden oder nicht zur Musikwahrnehmung vorgesehen waren.
(2) Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Berechnung der Vergütung nach der Größe der Veranstaltungsfläche sei auch aus Praktikabilitätsgründen geboten, lässt gleichfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
Entgegen der Ansicht der Revision ist es erfahrungsgemäß nicht ohne weiteres möglich, ausgehend von der jeweiligen Bühne den physikalisch relevanten Beschallungsbereich zu ermitteln. Dieser hängt nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten von den örtlichen Gegebenheiten und der verwendeten Lautstärke ab und wäre somit regelmäßig nur mit sachverständiger Hilfe feststellbar. Es ist der Klägerin nicht zuzumuten, bei jeder Musikaufführung im Freien einen Sachverständigen mit der Ermittlung des Beschallungsbereichs zu beauftragen. Das Honorar des Sachverständigen würde insbesondere bei kleineren Veranstaltungen ohne Eintrittsentgelt die Vergütung für die Nutzung des Aufführungsrechts aufzehren.
Das Berufungsgericht hat im Anschluss an die Schiedsstelle rechtsfehlerfrei angenommen, dass auch eine Berechnung der konkret begehbaren Fläche in jedem einzelnen Fall einen unzumutbaren und das Vergütungsaufkommen übermäßig belastenden Aufwand mit sich bringen würde. Es ist der Klägerin nicht zuzumuten, bei jeder der zahlreichen und verschiedenartigen Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet die Flächen zu ermitteln, auf denen sich keine Besucher aufhalten können oder dürfen. Entgegen der Ansicht der Revision kann dem Interesse der Klägerin an einer verwaltungsarmen Handhabung ihres Aufgabenbereichs auch nicht dadurch Rechnung getragen werden, dass von der beschallten Fläche - je nach dem Charakter der Veranstaltung - prozentuale Abzüge für Flächen vorgenommen werden, die von den Besuchern nicht genutzt werden. Es fehlen Erfahrungswerte, die es der Klägerin ermöglichen könnten, nicht begehbare Teilflächen ohne aufwändige Ermittlungen pauschal zu schätzen. Zudem wäre bei einer solchen Schätzung zu erwarten, dass zahlreiche Werknutzer einwenden, die Klägerin trage den besonderen Gegebenheiten der Veranstaltung nicht Rechnung und unterschätze deshalb die Größe der für Besucher unzugänglichen Teilflächen. Damit wäre der mit der Aufstellung von Tarifen verfolgte Zweck verfehlt, es der Verwertungsgesellschaft zu ersparen, in jedem Einzelfall langwierige Verhandlungen über Art und Höhe der zu zahlenden Vergütung zu führen (BGH, GRUR 1974, 35, 37 - Musikautomat).
dd) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt, dass die Musikwiedergabe bei derartigen Veranstaltungen lediglich einen Nebenzweck darstelle, während die Tarife U-VK I und M-U I auf Musikveranstaltungen ausgerichtet seien, bei denen die Musikwahrnehmung der Hauptzweck sei.
Für die Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kommt es auch nach den Tarifen U-VK I und M-U I nicht darauf an, ob die Musikwiedergabe Haupt- oder Nebenzweck der Veranstaltung ist. Die Musikaufführungen bei den hier in Rede stehenden Veranstaltungen richteten sich zudem an alle Besucher der Veranstaltung und damit auch an diejenigen, die die Musikdarbietungen als nebensächlich empfanden. Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass die praktische Handhabbarkeit eines Tarifs in Frage gestellt wäre, wenn die Vergütungshöhe danach zu bestimmen wäre, ob und inwieweit eine Aufführung Haupt- oder Nebenzweck der Veranstaltung ist. Die Klärung dieser Frage könnte zu langwierigen Verhandlungen mit Werknutzern führen. Das aber soll der Verwertungsgesellschaft durch die tarifliche Regelung der Vergütungshöhe gerade erspart bleiben.
3. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht verjährt sind.
a) Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts finden nach § 102 Satz 1 UrhG die Vorschriften der §§ 194 ff. BGB über die Verjährung entsprechende Anwendung. Daher verjähren Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB regelmäßig innerhalb von drei Jahren. Es kann offenbleiben, ob danach Schadensersatzansprüche wegen Musikaufführungen bei Veranstaltungen in den Jahren 2004 und 2005 - wie die Revision geltend macht - zum Zeitpunkt der Klageeinreichung am 24. Februar 2009 verjährt waren.
b) Hat der Verpflichtete durch die Verletzung des Urheberrechts etwas auf Kosten des Berechtigten erlangt, findet nach § 102 Satz 2 UrhG die Bestimmung des § 852 BGB entsprechende Anwendung. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 Satz 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 Satz 2 BGB). Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist danach jedenfalls deshalb nicht verjährt, weil er auf Herausgabe einer durch die Verletzung des Urheberrechts erlangten Bereicherung gerichtet ist.
aa) Die Beklagte hat durch die Verletzung der von der Klägerin wahrgenommenen Urheberrechte auf deren Kosten etwas im Sinne von § 102 Satz 2 UrhG erlangt. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe keinen Vermögensvorteil erlangt, weil ihr für die Veranstaltungen kein Entgelt zugeflossen sei. Die Beklagte hat durch die öffentliche Aufführung der Musikwerke in den Zuweisungsgehalt des von der Klägerin wahrgenommenen Rechts zur öffentlichen Wiedergabe der Musikwerke eingegriffen und damit auf Kosten der Klägerin den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 33 = WRP 2010, 927 - Restwertbörse, mwN).
bb) Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, GRUR 2010, 623 Rn. 33 - Restwertbörse, mwN). Die Höhe dieser Lizenzgebühr hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bestimmt (vgl. oben Rn. 15 ff.).
cc) Die Verpflichtung zum Wertersatz ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte nicht mehr bereichert wäre (§ 818 Abs. 3 BGB). Die Revision macht geltend, bei der Beklagten sei im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz kein Vermögensvorteil mehr vorhanden gewesen, da sie eine hundertprozentige Tochter der Stadt Bochum mit Gewinnabführungs- und Verlustnachschusspflicht sei. Mit diesem Vorbringen hat die Revision schon deshalb keinen Erfolg, weil es sich dabei um neuen, in der Revisionsinstanz grundsätzlich unbeachtlichen Sachvortrag handelt (§ 559 Abs. 1 ZPO). Der Einwand der Revision wäre aber auch unbegründet. Wer durch die Verletzung eines Urheberrechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, da das Erlangte - also der Gebrauch des Schutzgegenstands - nicht mehr entfallen kann (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1971 I ZR 58/70, BGHZ 56, 317, 322 Gasparone II).
III. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZR 153/11 11.04.2013 LG Leipzig, Entscheidung vom 12.05.2006, 5 O 4371/05; OLG Dresden, Entscheidung vom 12.07.2011 - 14 U 1070/06 Vorverfahren vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt; Zwangslizenzeinwand
U R T E I L
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Juli 2011 (14 U 1070/06) im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
 Tatbestand

Die Klägerin ist ein Sendeunternehmen. Sie strahlt das Fernsehprogramm „Sat.1“ aus. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ab dem 5. Oktober 2005 war, bietet seit dem 10. März 2005 auf der Internetseite „www.shift.tv“ unter der Bezeichnung „Shift.TV“ einen „internetbasierten Persönlichen Videorecorder“ („PVR“) zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen an. Damit kann ein Kunde aus den über Antennen frei empfangbaren Fernsehprogrammen - auch dem der Klägerin - Sendungen auswählen, abspeichern lassen und über das Internet jederzeit beliebig oft ansehen oder herunterladen. Zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens haben mindestens 100 Kunden Vervielfältigungen bestimmter Sendungen aus dem Programm der Klägerin bestellt und erhalten. Die Klägerin hat mit ihrer Streithelferin, der V., den „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ geschlossen. Die in Rede stehenden Rechte sind nach dem Vorbringen der Streithelferin für die Zeit ab Februar 2011 auf die Klägerin zurückübertragen worden.
Die Klägerin sieht in dem Angebot der Beklagten zu 1 - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - eine Verletzung des ihr als Sendeunternehmen zustehenden urheberrechtlichen Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG. Sie nimmt die Beklagten auf Unterlassung, Vernichtung der Aufnahmen, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Es hat den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten, 1. das Fernsehprogramm „Sat.1“ der Klägerin oder Teile davon zu speichern und/oder zu bearbeiten und/oder weiterzusenden und/oder Dritten öffentlich zugänglich zu machen und/oder im Wege des sogenannten Online-Streamings oder des Uploads zu übermitteln, und/oder für Dritte zu vervielfältigen, insbesondere wie unter „www.shift.tv“ mit Stand vom 17. Oktober 2005 angeboten; 2. das Fernsehprogramm „Sat.1“ der Klägerin oder Teile davon zum Vervielfältigen und/oder Speichern und/oder zur öffentlichen Zugänglichmachung bereitzustellen; 3. das Angebot „Shift.TV“ mit dem Fernsehprogramm „Sat.1“ Dritten zur Einbindung in eine Website entgeltlich oder unentgeltlich zu lizenzieren.
Ferner hat das Landgericht den Anträgen auf Vernichtung der Aufnahmen, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung stattgegeben.
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Dresden, CR 2007, 458). Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 22. April 2009 I ZR 215/06, ZUM-RD 2009, 508). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst. Es hat den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten, 1. das von der Klägerin ausgestrahlte Fernsehprogramm „Sat.1“ oder Teile davon weiterzusenden, insbesondere wie unter „www.shift.tv“ (Stand:17. Oktober 2005) angeboten; 2. das Angebot „Shift.TV“ mit dem Fernsehprogramm „Sat.1“ Dritten zur Einbindung in eine Website entgeltlich oder unentgeltlich zu lizenzieren.
Darüber hinaus hat es den Anträgen auf Vernichtung der Aufnahmen, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung stattgegeben.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin und ihre Streithelferin beantragen, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Entscheidungsgründe
A. Das Berufungsgericht hat - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - angenommen, das Angebot „Shift.TV“ der Beklagten verletze nicht das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Auch liege kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin vor, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen. Eine Verurteilung nach dem auf die konkrete Verletzungsform begrenzten Unterlassungsantrag und den hierauf bezogenen Anträgen auf Vernichtung der Aufnahmen, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung habe jedoch wegen Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, zu erfolgen.
B. Die Revision der Beklagten hat Erfolg (dazu I). Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (dazu II).
I. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe das ausschließliche Recht der Klägerin als Sendeunternehmen, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG), widerrechtlich verletzt, hält den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin auch dann berechtigt ist, die erhobenen Ansprüche auf Unterlassung und Auskunftserteilung wegen einer Verletzung ihres Weitersenderechts geltend zu machen, wenn sie die zur Weitersendung ihrer Funksendungen an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechte mit dem „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ der V. zur Wahrnehmung übertragen haben sollte. Es kommt daher in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob es sich bei einer solchen Weitersendung um eine von diesem Wahrnehmungsvertrag erfasste oder um eine neue Nutzungsart handelt. Die Klägerin ist in jedem Fall - entgegen der Ansicht der Revision - sowohl für die Zeit des Bestehens dieses Wahrnehmungsvertrages (dazu a) als auch für die Zeit nach der angeblichen Rückübertragung der Rechte auf die Klägerin (dazu b) aktivlegitimiert.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin sei zur Zeit des Bestehens des zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin geschlossenen Wahrnehmungsvertrages aktivlegitimiert gewesen. Der Wahrnehmungsvertrag habe nicht zu einer vollständigen (translativen) Übertragung der Weitersenderechte auf die Streithelferin und somit zu einem völligen Verlust dieser Rechte für die Klägerin geführt. Die Klägerin habe der Verwertungsgesellschaft durch den Wahrnehmungsvertrag die ausschließlichen Nutzungsrechte vielmehr lediglich (konstitutiv) zur Wahrnehmung eingeräumt. Dafür spreche auch der Übertragungszweckgedanke. Die Klägerin könne eine Verletzung des Weitersenderechts geltend machen, weil sie an der Rechtsverfolgung ein eigenes schutzwürdiges Interesse habe. Dieses ergebe sich daraus, dass die Klägerin an den Einnahmen zu beteiligen sei, die die Streithelferin aus der Wahrnehmung der Weitersenderechte erziele. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.
aa) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Wortlaut von § 1 Ziff. 1 des Wahrnehmungsvertrages, wonach der V. das Weitersenderecht als Treuhänderin zur ausschließlichen Wahrnehmung übertragen werde, und die damit inhaltlich übereinstimmende Bestimmung von § 2 Nr. 1 der Satzung der VG Media, wonach Gegenstand der Gesellschaft die treuhänderische Wahrnehmung der ihr von den Berechtigten übertragenen Rechte sei, könnten aus Sicht eines objektiven Dritten nur dahin verstanden werden, dass das Weitersenderecht im Sinne einer translativen Rechtsübertragung vollständig auf die V. übergegangen sei, so dass die Klägerin für die Dauer des Vertrages nicht aktivlegitimiert gewesen sei. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der im „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ verwandte Begriff „Rechtsübertragung“ - auch aus Sicht eines objektiven Dritten - nicht die (translative) Übertragung, sondern die (konstitutive) Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechten bezeichnet.
Vorbild aller Wahrnehmungsverträge ist der Wahrnehmungsvertrag der GEMA als der ältesten Verwertungsgesellschaft. Er stammt aus der Zeit vor Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes. Zu jener Zeit konnte das Urheberrecht noch übertragen werden (vgl. § 8 Abs. 3 LUG und § 10 Abs. 3 KUG). Aus diesem Grund ist im Wahrnehmungsvertrag der GEMA von einer Übertragung der Urheberrechte die Rede. Der Wortlaut dieses Wahrnehmungsvertrages ist unverändert geblieben, obwohl das Urheberrecht - von hier nicht in Rede stehenden Ausnahmen abgesehen - nicht mehr übertragen werden kann, sondern an ihm nur noch Nutzungsrechte eingeräumt werden können (vgl. §§ 29, 31 UrhG). Die Wahrnehmungsverträge jüngerer Verwertungsgesellschaften haben sich den Sprachgebrauch des Wahrnehmungsvertrags der GEMA zu Eigen gemacht. Aus der objektiven Sicht eines informierten Dritten ist danach klar, dass mit der „Übertragung der Urheberrechte“ im Sinne der Wahrnehmungsverträge die „Einräumung von Nutzungsrechten am Urheberrecht“ im Sinne des Urheberrechtsgesetzes gemeint ist.
Entsprechendes gilt für Leistungsschutzrechte und Nutzungsrechte, die allerdings - anders als das Urheberrecht - nach wie vor übertragen werden können (vgl. für das hier in Rede stehende Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens § 87 Abs. 3 Satz 1 UrhG, für Nutzungsrechte § 34 UrhG). Es kann aus der objektiven Sicht eines Dritten nicht angenommen werden, dass der Wortlaut der Wahrnehmungsverträge in unterschiedlichem Sinne zu verstehen ist, je nachdem, ob der Vertragspartner der Verwertungsgesellschaft ein Urheber, ein Leistungsschutzberechtigter oder ein Nutzungsberechtigter ist. Dass auch der hier in Rede stehende „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ mit der „Rechtsübertragung“ die „Rechtseinräumung“ meint, ergibt sich zudem, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, aus § 2 des Wahrnehmungsvertrages, wonach die Streithelferin die ihr von der Berechtigten zur Wahrnehmung „eingeräumten“ Rechte im eigenen Namen ausübt.  
bb) Die Revision macht weiter vergeblich geltend, der vom Berufungsgericht angeführte Übertragungszweckgedanke sei nicht anwendbar, weil es im Streitfall - anders als in den vom Berufungsgericht herangezogenen Senatsentscheidungen „Mambo No. 5“ (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 - I ZR 49/06, GRUR 2009, 939 = WRP 2009, 1008) und „Nutzung von Musik für Werbezwecke“ (BGH, Urteil vom 10. Juni 2009 - I ZR 226/06, GRUR 2010, 62 = WRP 2010, 120) - nicht um das Urheberrecht und das enge geistige Band zwischen Werk und Urheber, sondern um ein Leistungsschutzrecht, nämlich das Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens und die organisatorisch-wirtschaftliche Leistung der Veranstaltung oder Durchführung von Funksendungen gehe.
Entgegen der Ansicht der Revision gilt der Übertragungszweckgedanke auch für die Einräumung von Leistungsschutzrechten. Für Rechtseinräumungen durch Sendeunternehmen ergibt sich dies bereits aus § 87 Abs. 2 Satz 3 UrhG, wonach - unter anderem - die Bestimmung des § 31 Abs. 5 UrhG entsprechend gilt, die den Übertragungszweckgedanken zum Ausdruck bringt. Der Grundsatz, dass im Zweifel nicht mehr Rechte eingeräumt werden, als der Vertragszweck erfordert, dient nicht nur dem Schutz des geistigen Bandes zwischen Werk und Urheber, sondern soll vor allem sicherstellen, dass der Rechtsinhaber am Ertrag aus der Verwertung seines Rechts möglichst weitgehend beteiligt wird. Dieser Gedanke hat auch und gerade dort seine Berechtigung, wo das einem Dritten eingeräumte Recht - wie hier das Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens - eine organisatorisch-wirtschaftliche Leistung schützt.
Das Berufungsgericht ist im Übrigen zutreffend davon ausgegangen, dass der Übertragungszweckgedanke auch für die Auslegung von Wahrnehmungsverträgen mit Verwertungsgesellschaften gilt (BGH, GRUR 2010, 62 Rn. 16 - Nutzung von Musik für Werbezwecke). Der Zweck eines solchen Wahrnehmungsvertrages besteht darin, der Verwertungsgesellschaft die Rechte zur kollektiven Wahrnehmung einzuräumen, deren individuelle Wahrnehmung dem einzelnen Berechtigten nicht möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1999 - I ZR 117/97, BGHZ 142, 388, 396 - Musical-Gala). Zur Erreichung dieses Zwecks ist es nicht erforderlich, ausschließliche Nutzungsrechte zu übertragen; ausreichend ist vielmehr die Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte.
cc) Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, die Rechtsprechung, wonach eine Aktivlegitimation des Urhebers bei der Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte fortbestehe, sei wegen des grundsätzlich verschiedenen Schutzansatzes nicht auf den Inhaber des Leistungsschutzrechts übertragbar. Das Urheberrecht schütze die persönliche geistige Schöpfung, das Leistungsschutzrecht hingegen den technischen und wirtschaftlichen Aufwand des Sendeunternehmens.
Für Urheber gilt der Grundsatz, dass ein Rechtsinhaber, der einem Dritten - wie hier einer Verwertungsgesellschaft - ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, neben dem Dritten berechtigt bleibt, selbst Ansprüche wegen Rechtsverletzungen geltend zu machen, soweit er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der rechtlichen Verfolgung dieser Ansprüche hat. Entgegen der Ansicht der Revision beansprucht dieser Grundsatz gleichermaßen Geltung für Leistungsschutzberechtigte. Ein Rechtsinhaber hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung von Ansprüchen aus Rechtsverletzungen, wenn ihm aus der Einräumung der Nutzungsrechte fortdauernde materielle Vorteile erwachsen, die durch die Rechtsverletzungen beeinträchtigt werden. Die Rechtsposition des Leistungsschutzberechtigten unterscheidet sich zwar von derjenigen des Urhebers dadurch, dass ihm kein Urheberpersönlichkeitsrecht zusteht; darauf kommt es aber bei der Beurteilung der schutzwürdigen materiellen Interessen des Rechtsinhabers zur Begründung eines fortdauernden Klagerechts nicht an. Eine unterschiedliche Beurteilung des Klagerechts des Urhebers einerseits und des Leistungsschutzberechtigten andererseits kann allenfalls dann angebracht sein, wenn allein eine Beeinträchtigung von ideellen Interessen des Urhebers in Rede steht (vgl. zum Unterlizenzgeber BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - I ZR 182/90, BGHZ 118, 394, 399 f. - ALF). Das ist hier aber nicht der Fall.
dd) Die Revision macht des Weiteren vergeblich geltend, die Klägerin könne kein unmittelbares wirtschaftliches Interesse nachweisen, da sie an den Umsätzen der Streithelferin durch die Verwertung der Weitersenderechte nur mittelbar über einen komplexen Verteilungsschlüssel beteiligt sei.
Ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der Ansprüche aus Rechtsverletzung ist anzunehmen, wenn der Rechtsinhaber sich eine fortdauernde Teilhabe am wirtschaftlichem Ertrag aus der Verwertung seines Rechts vorbehalten hat (BGHZ 118, 394, 399 f. - ALF). Das ist hier der Fall. Die Streithelferin hat die Klägerin an den Einnahmen aus der Wahrnehmung der Weitersenderechte nach § 7 Satz 1 UrhWG zu beteiligen. Es spielt keine Rolle, dass das Maß der Beteiligung der Klägerin - wie die Revision geltend macht - nach einem komplexen Verteilungsschlüssel ermittelt wird. Entscheidend ist, dass die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass ihre der Streithelferin zur Ausübung überlassenen Verwertungsrechte nicht verletzt und ihre Einnahmen nicht durch Verletzungen dieser Rechte verringert werden.
ee) Die Revision macht daher auch vergeblich geltend, der Annahme einer Aktivlegitimation der Klägerin stehe entgegen, dass die Klägerin sonst neben der Streithelferin in derselben Sache Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz gegen die Beklagten durchsetzen könnte. Entgegen der Ansicht der Revision ist eine doppelte Inanspruchnahme der Beklagten nicht zu befürchten. Ansprüche der Klägerin und der Streithelferin bestehen jeweils nur, soweit eigene schutzwürdige Interessen beeinträchtigt sind.
ff) Die Revision rügt schließlich ohne Erfolg, die Klägerin habe kein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, die in Rede stehenden Ansprüche selbst geltend zu machen, weil sie als eine der beiden Gesellschafter der Streithelferin maßgeblichen Einfluss auf deren Geschäftspolitik habe nehmen können und es sich daher anrechnen lassen müsse, wenn die Streithelferin entgegen den im Wahrnehmungsvertrag übernommenen Pflichten untätig geblieben sei. Auch in diesem Zusammenhang berücksichtigt die Revision nicht, dass die Klägerin und die Streithelferin jeweils eigene Interessen haben und geltend zu machen berechtigt sind.
b) Die Revision ist der Ansicht, der mit der Klage erhobene Unterlassungsanspruch sei für den Zeitraum nach der angeblichen Rückübertragung der Rechte auf die Klägerin im Februar 2011 unbegründet, weil weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr bestehe. Im Zeitraum bis zur Beendigung des Wahrnehmungsvertrages sei allein die Streithelferin anspruchsberechtigt gewesen, so dass im Verhältnis zur Klägerin keine Verletzungshandlung vorliege und eine Wiederholungsgefahr ausscheide. Für den Zeitraum nach Beendigung des Wahrnehmungsvertrages gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagten, die ihr Internetangebot in Bezug auf Sendungen der Klägerin im Februar 2007 eingestellt und sich um die Einräumung einer Lizenz für das Weitersenderecht bemüht hätten, Verletzungshandlungen begehen könnten.
Damit kann die Revision schon deshalb keinen Erfolg haben, weil im Zeitraum bis zur Beendigung des Wahrnehmungsvertrages entgegen der Ansicht der Revision - wie ausgeführt - jedenfalls nicht nur die Streithelferin, sondern zumindest auch die Klägerin anspruchsberechtigt war und daher auch im Verhältnis zur Klägerin Verletzungshandlungen vorliegen, die eine Wiederholungsgefahr begründen.
2. Das Berufungsgericht hat weiter mit Recht angenommen, dass die Beklagte zu 1 das Recht der Klägerin verletzt hat, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG).
a) Eine Weitersendung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG setzt voraus, dass der Inhalt einer Sendung durch funktechnische Mittel einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (BGH, ZUM-RD 2009, 508 Rn. 32; BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 32 - Internet-Videorecorder I; BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 160/07, GRUR 2010, 530 Rn. 17 = WRP 2010, 784 - Regio-Vertrag, mwN). Dabei muss die Weitersendung zeitgleich mit dem Empfang erfolgen (BGH, ZUM-RD 2009, 508 Rn. 29 f.; GRUR 2009, 845 Rn. 29 f. - Internet-Videorecorder I) und in ihrer Bedeutung als Werknutzung anderen durch öffentliche Wiedergabe erfolgten Werknutzungen entsprechen (vgl. BGH, ZUM-RD 2009, 508 Rn. 31 f.; GRUR 2009, 845 Rn. 31 f. Internet-Videorecorder I).
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Beklagte zu 1 empfängt die Sendesignale der Funksendungen mit Satelliten-Antennen und leitet sie zeitgleich an Online-Videorecorder weiter, die dem Bereich der Kunden als Hersteller der vollautomatischen Aufzeichnung zuzuordnen sind. Da sie ihren Kunden mit den „Persönlichen Videorecordern“ darüber hinaus auch die Empfangsvorrichtungen zur Verfügung stellt, ist ihre Tätigkeit in ihrer Bedeutung als Werknutzung den anderen vom Gesetz dem Urheber vorbehaltenen Werknutzungen durch öffentliche Wiedergabe vergleichbar (vgl. BGH, ZUM-RD 2009, 508 Rn. 33; GRUR 2009, 845 Rn. 33 - Internet-Videorecorder I).
Die Beklagte zu 1 hat Funksendungen der Klägerin auch einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bereits wenige Personen eine Mehrzahl im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG bilden können. Das übermittelte Sendesignal der Klägerin konnte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gleichzeitig von mindestens 100 Nutzern des Angebots „Shift.TV“, die nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden sind, unabhängig voneinander aufgezeichnet werden. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass damit eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit Vervielfältigungen einer Sendung aus dem Programm der Klägerin erhielten. Zu welchem Zeitpunkt die Empfänger die bestellte Sendung wahrnehmen können, ist ohne Belang (BGH, ZUM-RD 2009, 508 Rn. 35; GRUR 2009, 845 Rn. 35 - Internet-Videorecorder I, mwN).
c) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, es sei im Blick auf den Vorlagebeschluss des Senats in der Sache „Breitbandkabel“ (Beschluss vom 16. August 2012 - I ZR 44/10, GRUR 2012, 1136 = WRP 2012, 1402) fraglich, ob im Streitfall eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliege und das Senderecht als besonderer Fall des Rechts zur öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UrhG) betroffen sei. Im Streitfall ist - anders als in der Sache „Breitbandkabel“ - weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von den Beklagten vorgetragen worden, dass die Beklagte zu 1 die Funksendungen der Klägerin ausschließlich an Empfänger über Kabel weiterüberträgt, die sich im Sendegebiet der Klägerin aufhalten und die Sendungen dort auch drahtlos empfangen können. Die Kunden der Beklagten können die auf ihren Internet-Videorecordern gespeicherten Sendungen der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vielmehr jederzeit über das Internet - und damit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl ansehen oder herunterladen. Die in der Sache „Breitbandkabel“ aufgeworfene Frage stellt sich daher im Streitfall nicht.
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar (§ 242 BGB). Die von den Beklagten erhobene Einrede, die Klägerin verlange mit dem Unterlassen der Weitersendung eine Leistung, die alsbald wieder zurückzugewähren sei („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“), greife nicht durch. Zwar könne ein aus einem Patent auf Unterlassung in Anspruch genommener Beklagter einwenden, der Patentinhaber missbrauche eine marktbeherrschende Stellung, wenn er sich weigere, mit ihm einen Patenlizenzvertrag zu nicht diskriminierenden und nicht behindernden Bedingungen abzuschließen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - KZR 39/06, BGHZ 180, 312 Rn. 29 Orange-Book-Standard). Im Streitfall habe jedoch nicht das Gericht zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des im Fall einer Kabelweitersendung nach § 87 Abs. 5 UrhG bestehenden Kontrahierungszwangs erfüllt sind. Dies habe nach § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG vielmehr zunächst die Schiedsstelle zu beurteilen. Vor Anrufung der Schiedsstelle, könne den Beklagten keine Befugnis zur Kabelweitersendung aus § 87 Abs. 5 UrhG zuerkannt werden. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Revision mit Erfolg.
a) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Voraussetzungen für eine Geltendmachung des Zwangslizenzeinwands vorliegen (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 29 Orange-Book-Standard) und die Beklagte zu 1 als Kabelunternehmen gegen die Klägerin als Sendeunternehmen einen Anspruch aus § 87 Abs. 5 UrhG auf Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung zu angemessenen Bedingungen hat. Davon ist daher für die Prüfung in der Revisionsinstanz auszugehen.
b) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, dass die Frage der (gegenseitigen) Verpflichtung eines Kabelunternehmens und eines Sendeunternehmens aus § 87 Abs. 5 UrhG zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG auch dann zunächst von der Schiedsstelle zu beantworten ist, wenn sie nicht im Wege der Klage, sondern im Rahmen einer Klage im Wege des Zwangslizenzeinwands aufgeworfen wird. Zweck der vorrangigen Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens ist es, die besondere Sachkunde der Schiedsstelle nutzbar zu machen und die Gerichte zu entlasten. Die Einholung der besonderen Sachkunde der Schiedsstelle wird durch die Prozessvoraussetzung der vorherigen Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens gewährleistet. Dass der Anspruch hier nicht vom Kläger „im Wege der Klage“, sondern von den Beklagten im Wege der Einrede geltend gemacht wird, ist unerheblich; entscheidend ist nach Überschrift und Zweck des § 16 Abs. 1 UrhWG, dass der Anspruch gerichtlich geltend gemacht wird.
c) Die Notwendigkeit der Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens rechtfertigt jedoch - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht den Ausschluss des Zwangslizenzeinwands. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass das Gericht den Rechtsstreit beim Vorliegen der Voraussetzungen des Zwangslizenzeinwands in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG auszusetzen hat, um dem Beklagten die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen. Nach dieser Bestimmung setzt das Gericht den Rechtsstreit aus, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen, wenn sich erst im Laufe des Rechtsstreits herausstellt, dass die Anwendbarkeit oder die Angemessenheit des Tarifs im Streit ist. Für den Fall eines erst im Laufe des Rechtsstreits entstehenden Streits über die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung ist die Regelung entsprechend anzuwenden. Der potentielle (Zwangs-)Lizenznehmer - im Streitfall die Beklagte zu 1 - kann die Schiedsstelle zwar auch während eines bereits laufenden Verfahrens anrufen, um sich nach Durchführung des Verfahrens auf den Einwand berufen zu können. Die Revision macht jedoch zutreffend geltend, dass er dann keinerlei Gewähr für einen rechtzeitigen Abschluss des Schiedsstellenverfahrens hat und daher Gefahr läuft, zur Unterlassung verurteilt zu werden, obwohl ihm ein Anspruch auf Einräumung einer Zwangslizenz zusteht. Er muss deshalb den Zwangslizenzeinwand erheben können.
II. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Das Berufungsgericht wird zunächst zu klären haben, ob die Beklagten berechtigt sind, den Zwangslizenzeinwand zu erheben, bevor es - gegebenenfalls - das Verfahren aussetzt, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 UrhWG) und der Schiedsstelle Gelegenheit zu geben zu prüfen, ob die Beklagte zu 1 einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über die Einräumung des zur Weitersendung der Funksendungen der Klägerin an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechts hat (§ 11 Abs. 1 UrhWG, § 87 Abs. 5 UrhG). Die Beklagten sind im Streitfall - in entsprechender Anwendung der vom Kartellsenat des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „Orange-Book-Standard“ aufgestellten Grundsätze (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 29) - nur unter zwei Voraussetzungen berechtigt, den Zwangslizenzeinwand zu erheben:
a) Zum einen muss die Beklagte zu 1 dem Inhaber des zur Weitersendung der Funksendungen der Klägerin an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechts ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Vertrages über die Einräumung dieses Nutzungsrechts gemacht haben und muss der Rechtsinhaber zum Abschluss eines solchen Vertrages verpflichtet sein (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 30 bis 32 - Orange-Book-Standard).
Ob in der Zeit des Bestehens des zwischen der Klägerin und der V. geschlossenen „Wahrnehmungsvertrags Fernsehen“ die Klägerin oder die V. Inhaberin dieses Nutzungsrechts war, hängt davon ab, ob es sich bei einer solchen Weitersendung um eine von diesem Wahrnehmungsvertrag erfasste Nutzungsart (dann war die V. Rechtsinhaber) oder um eine davon nicht erfasste neue Nutzungsart (dann war die Klägerin Rechtsinhaber) handelt.  
Falls die V. Rechtsinhaberin war, war sie als Verwertungsgesellschaft nach § 11 Abs. 1 UrhWG verpflichtet, der Beklagten zu 1 auf Verlangen das Nutzungsrecht zu angemessenen Bedingungen einzuräumen. Falls die Klägerin Rechtsinhaberin war, war sie als Sendeunternehmen nach § 87 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UrhG verpflichtet, mit der Beklagten zu 1 als Kabelunternehmen einen Vertrag über die Einräumung des Nutzungsrechts zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern es sich bei dieser Nutzung um eine Kabelweitersendung im Sinne des § 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG handelte und kein die Ablehnung des Vertragsschlusses sachlich rechtfertigender Grund bestand. Unter diesen Voraussetzungen ist die Klägerin jedenfalls seit Beendigung des „Wahrnehmungsvertrags Fernsehen“ zur Einräumung des Nutzungsrechts verpflichtet.
b) Zum anderen muss die Beklagte zu 1, da sie den Gegenstand des Schutzrechts bereits benutzt, bevor der Rechtsinhaber ihr Angebot angenommen hat, diejenigen Verpflichtungen einhalten, die der abzuschließende Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstandes knüpft (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 33 bis 36 - Orange-Book-Standard). Dies bedeutet insbesondere, dass sie die sich aus dem Vertrag ergebenden Lizenzgebühren an den Rechtsinhaber zahlen oder die Zahlung dadurch sicherstellen muss, dass sie die Lizenzgebühren nach § 372 Satz 1 BGB unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt.
Das Berufungsgericht wird sich daher mit dem Vorbringen der Beklagten auseinandersetzen müssen, die Beklagte zu 1 habe sich bereits vor Anhängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits bei der V. um den Erwerb des Weitersenderechts bemüht und nach Erlass des ersten Revisionsurteils vom 22. April 2009 erneut bei der V. um die Einräumung des Weitersenderechts nachgesucht und - als eine Rechtseinräumung nicht erfolgt sei - vorsorglich zugunsten der V. die sich aus dem Tarif „Hörfunk und Fernsehen - digital“ jeweils ergebenden Beträge hinterlegt; die Beklagte zu 1 habe darüber hinaus auch die Klägerin mit Datum vom 18. Oktober 2012 zur Einräumung der Rechte aufgefordert und sodann die hierfür angefallenen Vergütungen hinterlegt.  
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Auskunftsantrag sei als Hilfsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs nach § 242 BGB begründet. Die Beklagte zu 1 habe schuldhaft gehandelt, weil sie sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt habe, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens in Betracht ziehen musste. Der Beklagte zu 2 sei für die Rechtsverletzung als Täter verantwortlich und verpflichtet, die zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs begehrte Auskunft zu erteilen.
Die Revision macht geltend, der Auskunftsanspruch sei jedenfalls nicht für die Zeit vor der Zustellung des ersten Revisionsurteils am 19. Juni 2009 begründet. Das Berufungsgericht habe sich bei der Annahme eines Verschuldens der Beklagten auf die Feststellungen des Senats im ersten Revisionsurteil gestützt. Diese Feststellungen hätten sich aber nur auf den seinerzeit von den Vorinstanzen zuerkannten Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung des Vervielfältigungsrechts und nicht auf den erst jetzt vom Berufungsgericht bejahten Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung des Weitersenderechts bezogen. Vor dem Hintergrund, dass sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht zunächst ausschließlich den Betrieb des Angebots „Shift.TV“ hinsichtlich des Vervielfältigungsrechts untersagt hätten und das Landgericht in dem Parallelverfahren „Save.TV“ - vom Berufungsgericht dort in seinem ersten Berufungsurteil unbeanstandet - sogar ausdrücklich festgestellt habe, dass keine Verletzung des Weitersenderechts vorliege, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten das in Rede stehende Weitersenderecht vorsätzlich verletzt hätten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Vervielfältigung eine tatsächlich andere Handlung betreffe als die Weitersendung und es damit nicht lediglich um eine rechtliche Neubewertung derselben Handlung gehe.
Damit können die Beklagten keinen Erfolg haben. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verschulden beziehen sich allgemein darauf, dass das Angebot des Internet-Videorecorders durch die Beklagten das Leistungsschutzrecht der Klägerin als Sendeunternehmen aus § 87 Abs. 1 UrhG verletzt hat und nicht allein darauf, ob dieses Angebot in das Vervielfältigungsrecht, das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens oder das Weitersenderecht eingreift.
3. Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls zu prüfen haben, ob der zuerkannte Auskunftsanspruch in der Sache zu weit geht. Die Revision macht geltend, die danach von den Beklagten zu machenden Angaben hätten im Hinblick auf die Verletzung des Weitersenderechts keine Relevanz. Keine dieser Angaben sei erforderlich, um den möglichen Schadensersatzanspruch der Klägerin vorzubereiten. Für die Berechnung des Schadensersatzes komme es auf die konkrete Verletzungshandlung an. Diese liege aber allein in der Weitersendung durch die Beklagte. Wenn aber das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nicht verletzt seien, bestehe insbesondere kein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Anzahl der Vervielfältigungsstücke und der Anzahl der Abrufe.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZR 152/11 11.04.2013 LG Leipzig, Entscheidung vom 12.05.2006, 5 O 4391/05; OLG Dresden, Entscheidung vom 12.07.2011 - 14 U 1071/06 Vorverfahren vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt, Zwangslizenzeinwand
U R T E I L
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Juli 2011 (14 U 1071/06) unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand

Die Klägerin ist ein Sendeunternehmen. Sie strahlt das Fernsehprogramm „RTL“ aus. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 bis zum 5. Oktober 2005 waren, bietet seit dem 10. März 2005 auf der Internetseite „www.shift.tv“ unter der Bezeichnung „Shift.TV“ einen „internetbasierten Persönlichen Videorecorder“ („PVR“) zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen an. Damit kann ein Kunde aus den über Antennen frei empfangbaren Fernsehprogrammen - auch dem der Klägerin - Sendungen auswählen, abspeichern lassen und über das Internet jederzeit beliebig oft ansehen oder herunterladen. Zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens haben mindestens 100 Kunden Vervielfältigungen bestimmter Sendungen aus dem Programm der Klägerin bestellt und erhalten. Die Klägerin hat mit ihrer Streithelferin, der V., den „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ geschlossen, der mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 gekündigt worden ist.
Die Klägerin sieht in dem Angebot der Beklagten zu 1 - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - in mehrfacher Hinsicht eine Verletzung des ihr als Sendeunternehmen zustehenden urheberrechtlichen Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG. Sie nimmt die Beklagten auf Unterlassung und im Wege der Stufenklage - zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs - zunächst auf Auskunftserteilung in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben (LG Leipzig, ZUM 2006, 753 = CR 2006, 784). Es hat den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten, 1. das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon zu vervielfältigen und/oder Dritten öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu senden und/oder im Wege des sogenannten Online-Streaming zu übermitteln, das heißt über das Internet zu übertragen, und/oder für Dritte zu vervielfältigen, insbesondere wie unter „www.shift.tv“ angeboten; 2. das Angebot „Shift.TV“ mit dem Fernsehprogramm „RTL“ Dritten zur Einbindung in eine Website zu lizenzieren.
Ferner hat das Landgericht die Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt.
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Dresden, ZUM 2007, 203 = CR 2007, 662). Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder I). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst. Es hat den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten, 1. das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon weiterzusenden, insbesondere wie derzeit unter „www.shift.tv“ angeboten (das heißt wie bei Anhängigkeit [der Klage] am 24. Oktober 2005 aus der Klage mitsamt Anlagen ersichtlich); 2. das Angebot „Shift.TV“ mit dem Fernsehprogramm „RTL“ Dritten zur Einbindung in eine Website zu lizenzieren. 
Darüber hinaus hat es die Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin und ihre Streithelferin beantragen, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Mit der Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.  Entscheidungsgründe
A. Das Berufungsgericht hat - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - angenommen, das Angebot „Shift.TV“ der Beklagten verletze nicht das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Auch liege kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin vor, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen. Eine Verurteilung nach dem auf die konkrete Verletzungsform begrenzten Unterlassungsantrag und dem hierauf bezogenen Auskunftsantrag habe jedoch wegen Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, zu erfolgen.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Anschlussrevision der Klägerin ist nicht begründet (dazu I). Die Revision der Beklagten hat dagegen Erfolg (dazu II). Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (dazu III).
I. Die Anschlussrevision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, das Angebot „Shift.TV“ der Beklagten zu 1 verletze nicht das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen (dazu 1), und es liege auch kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin vor, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (dazu 2).
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Angebot „Shift.TV“ der Beklagten zu 1 verletze nicht das ausschließliche Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen und damit zu vervielfältigen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG). Im Aufzeichnen von Sendungen der Klägerin mittels des Online-Videorecorders liege zwar ein Eingriff in ihr Vervielfältigungsrecht. Dieser Eingriff sei aber von der Privatkopierschranke des § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG gedeckt. Hersteller der Aufzeichnung sei nicht die Beklagte zu 1, sondern der privilegierte Nutzer. Er löse durch seine Programmierung der Aufzeichnung einen rein technischen Vorgang aus, der wie die Beweisaufnahme ergeben habe vollständig automatisiert ohne menschlichen Eingriff von außen ablaufe. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Anschlussrevision greifen nicht durch.
a) Die Anschlussrevision macht ohne Erfolg geltend, die Beurteilung des Berufungsgerichts stehe im Widerspruch zum Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S.. Nach Anlage 9 seines Gutachtens laute die Ergebnismeldung zwar „moved“; zugleich werde aber mehrfach der Begriff „copied“ verwandt. Dies lasse den Schluss zu, dass die kundenindividuelle Videodatei erst durch eine Kopie der auf dem Aufnahmeserver als Masterkopie gespeicherten Videodatei erzeugt werde. Bereits die Speicherung dieser Masterkopie greife in das Vervielfältigungsrecht der Klägerin nach § 16 UrhG ein und sei nicht von der Schrankenbestimmung des § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG gedeckt.
Mit diesem Vorbringen versucht die Anschlussrevision lediglich, die tatrichterliche Beweiswürdigung durch ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts darzutun. Das Berufungsgericht hat dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. entnommen, dass vom ersten Schritt eines Aufnahmeprozesses an stets eine individuelle Kundenkopie vorliegt. Auf der Festplatte des Aufnahmeservers werde zunächst eine einzelne Videodatei gespeichert. Diese werde sodann in ein kundenspezifisches Verzeichnis im „Storage Cluster“ verschoben. Dass es sich hierbei um ein Verschieben handele, ergebe sich aus den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S.. In der Anlage 9 seines Gutachtens finde sich zwar mehrfach der Begriff „copied“; die Ergebnismeldung laute aber „moved“, also verschoben. Auch der Sachverständige Prof. Dipl.-Ing. H. gelange zu dem Ergebnis, dass bereits die erste Speicherung kundenindividuell erfolge und keine Anzeichen für die Speicherung einer Masterkopie bestünden. Der Speicherplatz des Kunden müsse sich nicht nur im „Storage Cluster“ befinden; er könne auch auf dem Aufnahmeserver liegen.
Die Verwendung des Begriffs „copied“ lässt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts demnach nicht darauf schließen, dass zunächst auf dem Aufnahmeserver eine Masterkopie und sodann von dieser - auf dem Aufnahmeserver verbleibenden - Masterkopie im „Storage Cluster“ eine kundenindividuelle Kopie erzeugt wird. Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, selbst wenn der Speicherplatz der individuellen Videodatei auf dem Festplattenverbund der Beklagten zu 1 nicht nur für den jeweiligen Kunden in Anspruch genommen würde, wären diese Speicherungen auf dem Aufnahmeserver im Blick auf die Speicherung im „Storage Cluster“ nach § 44a UrhG zulässig. Dabei handelt es sich jedoch ersichtlich nur um eine Hilfserwägung. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob auf dem Aufnahmeserver eine Masterkopie oder eine kundenindividuelle Kopie gespeichert wird, entgegen der Ansicht der Anschlussrevision nicht offengelassen, sondern im letzteren Sinne beantwortet. Es kann deshalb in der Revisionsinstanz nicht zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 1 auf dem Aufnahmeserver eine Masterkopie gespeichert hat. Die gegen die (Hilfs-)Erwägung des Berufungsgerichts, eine solche Speicherung wäre von der Schrankenbestimmung des § 44a UrhG gedeckt, gerichteten Angriffe der Anschlussrevision gehen deshalb ins Leere.
b) Die Anschlussrevision rügt, die Feststellung des Berufungsgerichts, die Kunden der Beklagten speicherten die von ihnen ausgewählten Sendungen in einem vollautomatischen Vorgang selbst in einer kundenspezifischen Videodatei, entbehre einer hinreichenden Grundlage. Um den Aufnahmevorgang nachvollziehen zu können, hätte es nach den eigenen Erklärungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. einer genauen Untersuchung der IT-Struktur des Systems der Beklagten bedurft. Eine solche habe jedoch nicht stattgefunden. Auch diese Rüge der Anschlussrevision bleibt ohne Erfolg.
Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. S. hat den Echtbetrieb des Systems der Beklagten von einem entfernten Computer aus per „Remote Login“ beobachtet und die Vervielfältigungsvorgänge anhand von Aufnahmeaufträgen nachvollzogen. Das Berufungsgericht hat in den Beobachtungen und Feststellungen des Sachverständigen ohne Rechtsfehler eine ausreichende Grundlage für die Beantwortung der Beweisfragen gesehen. Insbesondere ist es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für eine Beobachtung von Servern nach dem vom Sachverständigen vermittelten Stand der Technik ausreichend und üblich, eine Diagnose von einem autorisierten Arbeitsplatzrechner aus durchzuführen.
Der Sachverständige hat es entgegen der Darstellung der Anschlussrevision auch nicht für erforderlich erachtet, die IT-Struktur der Beklagten genau zu untersuchen, um den Aufnahmevorgang nachvollziehen zu können. Er hat zwar - im Blick auf entsprechende Vermutungen der Klägerin - erklärt, Manipulationen könnten nur durch einen Nachbau der kompletten IT-Struktur der Beklagten mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden. Das Berufungsgericht hat eine solche Gewissheit über den Ausschluss einer Manipulation jedoch mit Recht nicht für erforderlich gehalten. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die rein theoretische Möglichkeit einer Manipulation, die sich - wie vom Sachverständigen festgestellt - auf keine tragfähigen Anhaltspunkte stützen könne, nichts an seiner Überzeugung von einer Vollautomatisierung ändere.
c) Die Anschlussrevision macht vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe Verfahrensgrundrechte der Klägerin verletzt, weil es dieser den entscheidenden Teil des Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. S. nicht zugänglich gemacht habe, in dem es um die technischen Einzelheiten der Programmierung und der Funktionsweise des Aufzeichnungsverfahrens gehe.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Begutachtung der technischen Einzelheiten der Programmierung und der Funktionsweise des Aufzeichnungsverfahrens von „Shift.TV“ berühre Geschäftsgeheimnisse der Beklagten zu 1. Diese seien - entsprechend den Grundsätzen der Entscheidung „Lichtbogenschnürung“ (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 2009 - X ZB 37/08, BGHZ 183, 153) - in der Weise zu schützen, dass die Einsicht in das Gutachten auf rechtsanwaltliche Vertreter der Klägerin und ihrer Streithelferin beschränkt und diese insoweit umfassend zur Verschwiegenheit verpflichtet würden. Die Interessen der Klägerin seien zusätzlich dadurch gewahrt, dass ihr der Sachverständige Prof. Dipl.-Ing. H. beigeordnet worden sei. Er habe das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen auch im nicht-öffentlichen Teil für die Klägerin überprüfen und eventuelle Zweifel und Einwendungen an der Richtigkeit der Ausführungen aufzeigen können. Dementsprechend habe er das Gutachten vom 18. Februar 2011 erstellt und an der Erörterung im Termin vom 3. Mai 2011 teilgenommen.
Die Anschlussrevision rügt ohne Erfolg, die Grundsätze der Entscheidung „Lichtbogenschnürung“ seien nicht anwendbar, weil die Beklagten nicht im Einzelnen dargelegt hätten, welche Geschäftsgeheimnisse das Gutachten offenbare und welche Nachteile den Beklagten aus einer Offenbarung drohten. Entgegen der Darstellung der Anschlussrevision haben die Beklagten dargelegt, dass die - allein dem Geschäftsführer der Beklagten und seinen Mitarbeitern bekannte - Funktionsweise und Programmierung des Aufzeichnungsverfahrens die Grundlage des Geschäfts der Beklagten bildet, die Ausgestaltung dieses Verfahrens die Geschäfte der Wettbewerber voneinander unterscheidet und seine Offenlegung daher zur Einbuße eines entscheidenden Wettbewerbsvorteils der Beklagten führte. Damit haben die Beklagten hinreichend dargelegt, dass die Begutachtung des Aufzeichnungsverfahrens schützenswerte Geschäftsgeheimnisse berührt.
2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, das Angebot der Beklagten zu 1 verstoße auch nicht gegen das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Die Beklagte zu 1 leite Sendungen der Klägerin unmittelbar an die Online-Videorecorder einzelner Kunden weiter und halte die Sendungen deshalb nicht in ihrer Zugriffssphäre zum Abruf für eine Öffentlichkeit bereit. Auch Speicherungen auf dem Aufnahmeserver halte die Beklagte zu 1 nicht vor.
Die Anschlussrevision rügt auch insoweit ohne Erfolg, die Sendungen der Klägerin würden nicht als kundenindividuelle Vervielfältigungen gespeichert; jedenfalls auf dem Aufnahmeserver der Beklagten würden Kopien für eine unbestimmte Vielzahl von Nutzern vorgehalten. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist diese Behauptung der Klägerin unzutreffend (vgl. oben Rn. 12 ff.). Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision macht die Beklagte zu 1 die Sendungen der Klägerin auch nicht dadurch öffentlich zugänglich, dass sie diese an ihre Kunden weiterleitet. Die Beklagte zu 1 macht die Sendungen der Klägerin damit ihren Kunden zwar zugänglich; sie macht sie aber nicht öffentlich zugänglich, weil sie die Sendungen jeweils nur einzelnen Kunden zur Verfügung stellt und nicht in ihrer Zugriffssphäre für eine Öffentlichkeit zum Abruf bereithält (BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 27 - Internet-Videorecorder I; vgl. ferner BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 19 - Vorschaubilder I).
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe das ausschließliche Recht der Klägerin als Sendeunternehmen, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG), widerrechtlich verletzt, hält den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin auch dann berechtigt ist, die erhobenen Ansprüche auf Unterlassung und Auskunftserteilung wegen einer Verletzung ihres Weitersenderechts geltend zu machen, wenn sie die zur Weitersendung ihrer Funksendungen an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechte mit dem „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ der V. zur Wahrnehmung übertragen haben sollte. Es kommt daher in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob es sich bei einer solchen Weitersendung um eine von diesem Wahrnehmungsvertrag erfasste oder um eine neue Nutzungsart handelt. Die Klägerin ist in jedem Fall - entgegen der Ansicht der Revision - sowohl für die Zeit des Bestehens dieses Wahrnehmungsvertrages (dazu a) als auch für die Zeit danach (dazu b) aktivlegitimiert.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin sei zur Zeit des Bestehens des zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin geschlossenen Wahrnehmungsvertrages aktivlegitimiert gewesen. Der Wahrnehmungsvertrag habe nicht zu einer vollständigen (translativen) Übertragung der Weitersenderechte auf die Streithelferin und somit zu einem völligen Verlust dieser Rechte für die Klägerin geführt. Die Klägerin habe der Verwertungsgesellschaft durch den Wahrnehmungsvertrag die ausschließlichen Nutzungsrechte vielmehr lediglich (konstitutiv) zur Wahrnehmung eingeräumt. Dafür spreche auch der Übertragungszweckgedanke. Die Klägerin könne eine Verletzung des Weitersenderechts geltend machen, weil sie an der Rechtsverfolgung ein eigenes schutzwürdiges Interesse habe. Dieses ergebe sich daraus, dass die Klägerin an den Einnahmen zu beteiligen sei, die die Streithelferin aus der Wahrnehmung der Weitersenderechte erziele. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.  
aa) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Wortlaut von § 1 Ziff. 1 des Wahrnehmungsvertrages, wonach der V. das Weitersenderecht als Treuhänderin zur ausschließlichen Wahrnehmung übertragen werde, und die damit inhaltlich übereinstimmende Bestimmung von § 2 Nr. 1 der Satzung der V., wonach Gegenstand der Gesellschaft die treuhänderische Wahrnehmung der ihr von den Berechtigten übertragenen Rechte sei, könnten aus Sicht eines objektiven Dritten nur dahin verstanden werden, dass das Weitersenderecht im Sinne einer translativen Rechtsübertragung vollständig auf die V. übergegangen sei, so dass die Klägerin für die Dauer des Vertrages nicht aktivlegitimiert gewesen sei. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der im „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ verwandte Begriff „Rechtsübertragung“ - auch aus Sicht eines objektiven Dritten - nicht die (translative) Übertragung, sondern die (konstitutive) Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechten bezeichnet.  
Vorbild aller Wahrnehmungsverträge ist der Wahrnehmungsvertrag der GEMA als der ältesten Verwertungsgesellschaft. Er stammt aus der Zeit vor Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes. Zu jener Zeit konnte das Urheberrecht noch übertragen werden (vgl. § 8 Abs. 3 LUG und § 10 Abs. 3 KUG). Aus diesem Grund ist im Wahrnehmungsvertrag der GEMA von einer Übertragung der Urheberrechte die Rede. Der Wortlaut dieses Wahrnehmungsvertrages ist unverändert geblieben, obwohl das Urheberrecht - von hier nicht in Rede stehenden Ausnahmen abgesehen - nicht mehr übertragen werden kann, sondern an ihm nur noch Nutzungsrechte eingeräumt werden können (vgl. §§ 29, 31 UrhG). Die Wahrnehmungsverträge jüngerer Verwertungsgesellschaften haben sich den Sprachgebrauch des Wahrnehmungsvertrags der GEMA zu eigen gemacht. Aus der objektiven Sicht eines informierten Dritten ist danach klar, dass mit der „Übertragung der Urheberrechte“ im Sinne der Wahrnehmungsverträge die „Einräumung von Nutzungsrechten am Urheberrecht“ im Sinne des Urheberrechtsgesetzes gemeint ist.  
Entsprechendes gilt für Leistungsschutzrechte und Nutzungsrechte, die allerdings - anders als das Urheberrecht - nach wie vor übertragen werden können (vgl. für das hier in Rede stehende Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens § 87 Abs. 3 Satz 1 UrhG, für Nutzungsrechte § 34 UrhG). Es kann aus der objektiven Sicht eines Dritten nicht angenommen werden, dass der Wortlaut der Wahrnehmungsverträge in unterschiedlichem Sinne zu verstehen ist, je nachdem, ob der Vertragspartner der Verwertungsgesellschaft ein Urheber, ein Leistungsschutzberechtigter oder ein Nutzungsberechtigter ist. Dass auch der hier in Rede stehende „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ mit der „Rechtsübertragung“ die „Rechtseinräumung“ meint, ergibt sich zudem, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, aus § 2 des Wahrnehmungsvertrages, wonach die Streithelferin die ihr von der Berechtigten zur Wahrnehmung „eingeräumten“ Rechte im eigenen Namen ausübt.
bb) Die Revision macht weiter vergeblich geltend, der vom Berufungsgericht angeführte Übertragungszweckgedanke sei nicht anwendbar, weil es im Streitfall - anders als in den vom Berufungsgericht herangezogenen Senatsentscheidungen „Mambo No. 5“ (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 - I ZR 49/06, GRUR 2009, 939 = WRP 2009, 1008) und „Nutzung von Musik für Werbezwecke“ (BGH, Urteil vom 10. Juni 2009 - I ZR 226/06, GRUR 2010, 62 = WRP 2010, 120) - nicht um das Urheberrecht und das enge geistige Band zwischen Werk und Urheber, sondern um ein Leistungsschutzrecht, nämlich das Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens und die organisatorisch-wirtschaftliche Leistung der Veranstaltung oder Durchführung von Funksendungen gehe.
Entgegen der Ansicht der Revision gilt der Übertragungszweckgedanke auch für die Einräumung von Leistungsschutzrechten. Für Rechtseinräumungen durch Sendeunternehmen ergibt sich dies bereits aus § 87 Abs. 2 Satz 3 UrhG, wonach - unter anderem - die Bestimmung des § 31 Abs. 5 UrhG entsprechend gilt, die den Übertragungszweckgedanken zum Ausdruck bringt. Der Grundsatz, dass im Zweifel nicht mehr Rechte eingeräumt werden, als der Vertragszweck erfordert, dient nicht nur dem Schutz des geistigen Bandes zwischen Werk und Urheber, sondern soll vor allem sicherstellen, dass der Rechtsinhaber am Ertrag aus der Verwertung seines Rechts möglichst weitgehend beteiligt wird. Dieser Gedanke hat auch und gerade dort seine Berechtigung, wo das einem Dritten eingeräumte Recht - wie hier das Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens - eine organisatorisch-wirtschaftliche Leistung schützt.
Das Berufungsgericht ist im Übrigen zutreffend davon ausgegangen, dass der Übertragungszweckgedanke auch für die Auslegung von Wahrnehmungsverträgen mit Verwertungsgesellschaften gilt (BGH, GRUR 2010, 62 Rn. 16 Nutzung von Musik für Werbezwecke). Der Zweck eines solchen Wahrnehmungsvertrages besteht darin, der Verwertungsgesellschaft die Rechte zur kollektiven Wahrnehmung einzuräumen, deren individuelle Wahrnehmung dem einzelnen Berechtigten nicht möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1999 - I ZR 117/97, BGHZ 142, 388, 396 - Musical-Gala). Zur Erreichung dieses Zwecks ist es nicht erforderlich, ausschließliche Nutzungsrechte zu übertragen; ausreichend ist vielmehr die Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte.
cc) Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, die Rechtsprechung, wonach eine Aktivlegitimation des Urhebers bei der Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte fortbestehe, sei wegen des grundsätzlich verschiedenen Schutzansatzes nicht auf den Inhaber des Leistungsschutzrechts übertragbar. Das Urheberrecht schütze die persönliche geistige Schöpfung, das Leistungsschutzrecht hingegen den technischen und wirtschaftlichen Aufwand des Sendeunternehmens.
Für Urheber gilt der Grundsatz, dass ein Rechtsinhaber, der einem Dritten - wie hier einer Verwertungsgesellschaft - ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, neben dem Dritten berechtigt bleibt, selbst Ansprüche wegen Rechtsverletzungen geltend zu machen, soweit er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der rechtlichen Verfolgung dieser Ansprüche hat. Entgegen der Ansicht der Revision beansprucht dieser Grundsatz gleichermaßen Geltung für Leistungsschutzberechtigte. Ein Rechtsinhaber hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung von Ansprüchen aus Rechtsverletzungen, wenn ihm aus der Einräumung der Nutzungsrechte fortdauernde materielle Vorteile erwachsen, die durch die Rechtsverletzungen beeinträchtigt werden. Die Rechtsposition des Leistungsschutzberechtigten unterscheidet sich zwar von derjenigen des Urhebers dadurch, dass ihm kein Urheberpersönlichkeitsrecht zusteht; darauf kommt es aber bei der Beurteilung der schutzwürdigen materiellen Interessen des Rechtsinhabers zur Begründung eines fortdauernden Klagerechts nicht an. Eine unterschiedliche Beurteilung des Klagerechts des Urhebers einerseits und des Leistungsschutzberechtigten andererseits kann allenfalls dann angebracht sein, wenn allein eine Beeinträchtigung von ideellen Interessen des Urhebers in Rede steht (vgl. zum Unterlizenzgeber BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - I ZR 182/90, BGHZ 118, 394, 399 f. - ALF). Das ist hier aber nicht der Fall.
dd) Die Revision macht des Weiteren vergeblich geltend, die Klägerin könne kein unmittelbares wirtschaftliches Interesse nachweisen, da sie an den Umsätzen der Streithelferin durch die Verwertung der Weitersenderechte nur mittelbar über einen komplexen Verteilungsschlüssel beteiligt sei.
Ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der Ansprüche aus Rechtsverletzung ist anzunehmen, wenn der Rechtsinhaber sich eine fortdauernde Teilhabe am wirtschaftlichem Ertrag aus der Verwertung seines Rechts vorbehalten hat (BGHZ 118, 394, 399 f. - ALF). Das ist hier der Fall. Die Streithelferin hat die Klägerin an den Einnahmen aus der Wahrnehmung der Weitersenderechte nach § 7 Satz 1 UrhWG zu beteiligen. Es spielt keine Rolle, dass das Maß der Beteiligung der Klägerin - wie die Revision geltend macht - nach einem komplexen Verteilungsschlüssel ermittelt wird. Entscheidend ist, dass die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass ihre der Streithelferin zur Ausübung überlassenen Verwertungsrechte nicht verletzt und ihre Einnahmen nicht durch Verletzungen dieser Rechte verringert werden.
ee) Die Revision macht daher auch vergeblich geltend, der Annahme einer Aktivlegitimation der Klägerin stehe entgegen, dass die Klägerin sonst neben der Streithelferin in derselben Sache Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz gegen die Beklagten durchsetzen könnte. Entgegen der Ansicht der Revision ist eine doppelte Inanspruchnahme der Beklagten nicht zu befürchten. Ansprüche der Klägerin und der Streithelferin bestehen jeweils nur, soweit eigene schutzwürdige Interessen beeinträchtigt sind.
ff) Die Revision rügt schließlich ohne Erfolg, die Klägerin habe kein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, die in Rede stehenden Ansprüche selbst geltend zu machen, weil sie als eine der beiden Gesellschafter der Streithelferin maßgeblichen Einfluss auf deren Geschäftspolitik habe nehmen können und es sich daher anrechnen lassen müsse, wenn die Streithelferin entgegen den im Wahrnehmungsvertrag übernommenen Pflichten untätig geblieben sei. Auch in diesem Zusammenhang berücksichtigt die Revision nicht, dass die Klägerin und die Streithelferin jeweils eigene Interessen haben und geltend zu machen berechtigt sind.
b) Die Revision ist der Ansicht, der mit der Klage erhobene Unterlassungsanspruch sei für den Zeitraum nach Beendigung des mit der Streithelferin geschlossenen Wahrnehmungsvertrages unbegründet, weil weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr bestehe. Im Zeitraum bis zur Beendigung des Wahrnehmungsvertrages sei allein die Streithelferin anspruchsberechtigt gewesen, so dass im Verhältnis zur Klägerin keine Verletzungshandlung vorliege und eine Wiederholungsgefahr ausscheide. Für den Zeitraum nach Beendigung des Wahrnehmungsvertrages gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagten, die ihr Internetangebot in Bezug auf Sendungen der Klägerin im Februar 2007 eingestellt und sich um die Einräumung einer Lizenz für das Weitersenderecht bemüht hätten, Verletzungshandlungen begehen könnten.
Damit kann die Revision schon deshalb keinen Erfolg haben, weil im Zeitraum bis zur Beendigung des Wahrnehmungsvertrages entgegen der Ansicht der Revision - wie ausgeführt - jedenfalls nicht nur die Streithelferin, sondern zumindest auch die Klägerin anspruchsberechtigt war und daher auch im Verhältnis zur Klägerin Verletzungshandlungen vorliegen, die eine Wiederholungsgefahr begründen.
2. Das Berufungsgericht hat weiter mit Recht angenommen, dass die Beklagte zu 1 das Recht der Klägerin verletzt hat, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG).
a) Eine Weitersendung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG setzt voraus, dass der Inhalt einer Sendung durch funktechnische Mittel einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 32 - Internet-Videorecorder I; BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 160/07, GRUR 2010, 530 Rn. 17 = WRP 2010, 784 - Regio-Vertrag, mwN). Dabei muss die Weitersendung zeitgleich mit dem Empfang erfolgen (BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 29 f. - Internet-Videorecorder I) und in ihrer Bedeutung als Werknutzung anderen durch öffentliche Wiedergabe erfolgten Werknutzungen entsprechen (vgl. BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 31 f. - Internet-Videorecorder I).
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Beklagte zu 1 empfängt die Sendesignale der Funksendungen mit Satelliten-Antennen und leitet sie zeitgleich an Online-Videorecorder weiter, die dem Bereich der Kunden als Hersteller der vollautomatischen Aufzeichnung zuzuordnen sind. Da sie ihren Kunden mit den „Persönlichen Videorecordern“ darüber hinaus auch die Empfangsvorrichtungen zur Verfügung stellt, ist ihre Tätigkeit in ihrer Bedeutung als Werknutzung den anderen vom Gesetz dem Urheber vorbehaltenen Werknutzungen durch öffentliche Wiedergabe vergleichbar (vgl. BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 33 - Internet-Videorecorder I).
Die Beklagte zu 1 hat Funksendungen der Klägerin auch einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bereits wenige Personen eine Mehrzahl im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG bilden können. Das übermittelte Sendesignal der Klägerin konnte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gleichzeitig von mindestens 100 Nutzern des Angebots „Shift.TV“, die nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden sind, unabhängig voneinander aufgezeichnet werden. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass damit eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit Vervielfältigungen einer Sendung aus dem Programm der Klägerin erhielten. Zu welchem Zeitpunkt die Empfänger die bestellte Sendung wahrnehmen können, ist ohne Belang (BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 35 - Internet-Videorecorder I, mwN).
c) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, es sei im Blick auf den Vorlagebeschluss des Senats in der Sache „Breitbandkabel“ (Beschluss vom 16. August 2012 - I ZR 44/10, GRUR 2012, 1136 = WRP 2012, 1402) fraglich, ob im Streitfall eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliege und das Senderecht als besonderer Fall des Rechts zur öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UrhG) betroffen sei. Im Streitfall ist - anders als in der Sache „Breitbandkabel“ - weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von den Beklagten vorgetragen worden, dass die Beklagte zu 1 die Funksendungen der Klägerin ausschließlich an Empfänger über Kabel weiterüberträgt, die sich im Sendegebiet der Klägerin aufhalten und die Sendungen dort auch drahtlos empfangen können. Die Kunden der Beklagten können die auf ihren Internet-Videorecordern gespeicherten Sendungen der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vielmehr jederzeit über das Internet - und damit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl - ansehen oder herunterladen. Die in der Sache „Breitbandkabel“ aufgeworfene Frage stellt sich daher im Streitfall nicht.
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar (§ 242 BGB). Die von den Beklagten erhobene Einrede, die Klägerin verlange mit dem Unterlassen der Weitersendung eine Leistung, die sie alsbald wieder zurückzugewähren habe („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“), greife nicht durch. Zwar könne ein aus einem Patent auf Unterlassung in Anspruch genommener Beklagter einwenden, der Patentinhaber missbrauche eine marktbeherrschende Stellung, wenn er sich weigere, mit ihm einen Patenlizenzvertrag zu nicht diskriminierenden und nicht behindernden Bedingungen abzuschließen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - KZR 39/06, BGHZ 180, 312 Rn. 29 Orange-Book-Standard). Im Streitfall habe jedoch nicht das Gericht zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des im Fall einer Kabelweitersendung nach § 87 Abs. 5 UrhG bestehenden Kontrahierungszwangs erfüllt sind. Dies habe nach § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG vielmehr zunächst die Schiedsstelle zu beurteilen. Vor ihrer Anrufung, könne den Beklagten keine Befugnis zur Kabelweitersendung aus § 87 Abs. 5 UrhG zuerkannt werden. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Revision mit Erfolg.
a) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Voraussetzungen für eine Geltendmachung des Zwangslizenzeinwands vorliegen (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 29 Orange-Book-Standard) und die Beklagte zu 1 als Kabelunternehmen gegen die Klägerin als Sendeunternehmen einen Anspruch aus § 87 Abs. 5 UrhG auf Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung zu angemessenen Bedingungen hat. Davon ist daher für die Prüfung in der Revisionsinstanz auszugehen.
b) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, dass die Frage der (gegenseitigen) Verpflichtung eines Kabelunternehmens und eines Sendeunternehmens aus § 87 Abs. 5 UrhG zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG auch dann zunächst von der Schiedsstelle zu beantworten ist, wenn sie nicht im Wege der Klage, sondern im Rahmen einer Klage im Wege des Zwangslizenzeinwands aufgeworfen wird. Zweck der vorrangigen Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens ist es, die besondere Sachkunde der Schiedsstelle nutzbar zu machen und die Gerichte zu entlasten. Die Einholung der besonderen Sachkunde der Schiedsstelle wird durch die Prozessvoraussetzung der vorherigen Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens gewährleistet. Dass der Anspruch hier nicht vom Kläger „im Wege der Klage“, sondern von den Beklagten im Wege der Einrede geltend gemacht wird, ist unerheblich; entscheidend ist nach Überschrift und Zweck des § 16 Abs. 1 UrhWG, dass der Anspruch gerichtlich geltend gemacht wird.
c) Die Notwendigkeit der Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens rechtfertigt jedoch - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht den Ausschluss des Zwangslizenzeinwands. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass das Gericht den Rechtsstreit beim Vorliegen der Voraussetzungen des Zwangslizenzeinwands in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG auszusetzen hat, um dem Beklagten die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen. Nach dieser Bestimmung setzt das Gericht den Rechtsstreit aus, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen, wenn sich erst im Laufe des Rechtsstreits herausstellt, dass die Anwendbarkeit oder die Angemessenheit des Tarifs im Streit ist. Für den Fall eines erst im Laufe des Rechtsstreits entstehenden Streits über die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung ist die Regelung entsprechend anzuwenden. Der potentielle (Zwangs-)Lizenznehmer - im Streitfall die Beklagte zu 1 - kann die Schiedsstelle zwar auch während eines bereits laufenden Verfahrens anrufen, um sich nach Durchführung des Verfahrens auf den Einwand berufen zu können. Die Revision macht jedoch zutreffend geltend, dass er dann keinerlei Gewähr für einen rechtzeitigen Abschluss des Schiedsstellenverfahrens hat und daher Gefahr läuft, zur Unterlassung verurteilt zu werden, obwohl ihm ein Anspruch auf Einräumung einer Zwangslizenz zusteht. Er muss deshalb den Zwangslizenzeinwand erheben können.
III. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Das Berufungsgericht wird zunächst zu klären haben, ob die Beklagten berechtigt sind, den Zwangslizenzeinwand zu erheben, bevor es - gegebenenfalls - das Verfahren aussetzt, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 UrhWG) und der Schiedsstelle Gelegenheit zu geben zu prüfen, ob die Beklagte zu 1 einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über die Einräumung des zur Weitersendung der Funksendungen der Klägerin an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechts hat (§ 11 Abs. 1 UrhWG, § 87 Abs. 5 UrhG). Die Beklagten sind im Streitfall - in entsprechender Anwendung der vom Kartellsenat des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „Orange-Book-Standard“ aufgestellten Grundsätze (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 29) - nur unter zwei Voraussetzungen berechtigt, den Zwangslizenzeinwand zu erheben:
a) Zum einen muss die Beklagte zu 1 dem Inhaber des zur Weitersendung der Funksendungen der Klägerin an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechts ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Vertrages über die Einräumung dieses Nutzungsrechts gemacht haben und muss der Rechtsinhaber zum Abschluss eines solchen Vertrages verpflichtet sein (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 30 bis 32 - Orange-Book-Standard).
Ob in der Zeit des Bestehens des zwischen der Klägerin und der V.  geschlossenen „Wahrnehmungsvertrags Fernsehen“ die Klägerin oder die V. Inhaberin dieses Nutzungsrechts war, hängt davon ab, ob es sich bei einer solchen Weitersendung um eine von diesem Wahrnehmungsvertrag erfasste Nutzungsart (dann war die V. Rechtsinhaber) oder um eine davon nicht erfasste neue Nutzungsart (dann war die Klägerin Rechtsinhaber) handelt.
Falls die V. Rechtsinhaberin war, war sie als Verwertungsgesellschaft nach § 11 Abs. 1 UrhWG verpflichtet, der Beklagten zu 1 auf Verlangen das Nutzungsrecht zu angemessenen Bedingungen einzuräumen. Falls die Klägerin Rechtsinhaberin war, war sie als Sendeunternehmen nach § 87 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UrhG verpflichtet, mit der Beklagten zu 1 als Kabelunternehmen einen Vertrag über die Einräumung des Nutzungsrechts zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern es sich bei dieser Nutzung um eine Kabelweitersendung im Sinne des § 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG handelte und kein die Ablehnung des Vertragsschlusses sachlich rechtfertigender Grund bestand. Unter diesen Voraussetzungen ist die Klägerin jedenfalls seit Beendigung des „Wahrnehmungsvertrags Fernsehen“ zur Einräumung des Nutzungsrechts verpflichtet.
b) Zum anderen muss die Beklagte zu 1, da sie den Gegenstand des Schutzrechts bereits benutzt, bevor der Rechtsinhaber ihr Angebot angenommen hat, diejenigen Verpflichtungen einhalten, die der abzuschließende Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstandes knüpft (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 33 bis 36 - Orange-Book-Standard). Dies bedeutet insbesondere, dass sie die sich aus dem Vertrag ergebenden Lizenzgebühren an den Rechtsinhaber zahlen oder die Zahlung dadurch sicherstellen muss, dass sie die Lizenzgebühren nach § 372 Satz 1 BGB unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt.
Das Berufungsgericht wird sich daher mit dem Vorbringen der Beklagten auseinandersetzen müssen, die Beklagte zu 1 habe sich bereits vor Anhängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits bei der V. um den Erwerb des Weitersenderechts bemüht und nach Erlass des ersten Revisionsurteils vom 22. April 2009 erneut bei der V. um die Einräumung des Weitersenderechts nachgesucht und - als eine Rechtseinräumung nicht erfolgt sei - vorsorglich zugunsten der V. die sich aus dem Tarif „Hörfunk und Fernsehen - digital“ jeweils ergebenden Beträge hinterlegt; die Beklagte zu 1 habe darüber hinaus auch die Klägerin mit Datum vom 18. Oktober 2012 zur Einräumung der Rechte aufgefordert und sodann die hierfür angefallenen Vergütungen hinterlegt.
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Auskunftsantrag sei als Hilfsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs nach § 242 BGB für den Zeitraum ab dem 10. März 2005 begründet. Die Beklagte zu 1 habe schuldhaft gehandelt, weil sie sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt habe, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens in Betracht ziehen musste. Die Beklagten zu 2 und 3 seien für die Rechtsverletzung als Täter verantwortlich und verpflichtet, die zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs begehrte Auskunft zu erteilen.
Die Revision macht geltend, der Auskunftsanspruch sei jedenfalls nicht für die Zeit vor der Zustellung des ersten Revisionsurteils am 19. Juni 2009 begründet. Das Berufungsgericht habe sich bei der Annahme eines Verschuldens der Beklagten auf die Feststellungen des Senats im ersten Revisionsurteil gestützt. Diese Feststellungen hätten sich aber nur auf den seinerzeit von den Vorinstanzen zuerkannten Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung des Vervielfältigungsrechts und nicht auf den erst jetzt vom Berufungsgericht bejahten Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung des Weitersenderechts bezogen. Vor dem Hintergrund, dass sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht zunächst ausschließlich den Betrieb des Angebots „Shift.TV“ hinsichtlich des Vervielfältigungsrechts untersagt hätten und das Landgericht im Parallelverfahren „Save.TV“ - vom Berufungsgericht dort in seinem ersten Berufungsurteil unbeanstandet - sogar ausdrücklich festgestellt habe, dass keine Verletzung des Weitersenderechts vorliege, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten das in Rede stehende Weitersenderecht vorsätzlich verletzt hätten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Vervielfältigung eine tatsächlich andere Handlung betreffe als die Weitersendung und es damit nicht lediglich um eine rechtliche Neubewertung derselben Handlung gehe.
Damit können die Beklagten keinen Erfolg haben. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verschulden beziehen sich allgemein darauf, dass das Angebot des Internet-Videorecorders durch die Beklagten das Leistungsschutzrecht der Klägerin als Sendeunternehmen aus § 87 Abs. 1 UrhG verletzt hat und nicht allein darauf, ob dieses Angebot in das Vervielfältigungsrecht, das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens oder das Weitersenderecht eingreift.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZR 151/11 11.04.2013 LG Leipzig, Entscheidung vom 09.05.2007, 5 O 2123/06; OLG Dresden, Entscheidung vom 12.07.2011 - 14 U 801/07 Vorverfahren vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt; Zwangslizenzeinwand
U R T E I L
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Juli 2011 (14 U 801/07) im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Auf die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des Berufungsgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden Anschlussrevision aufgehoben, soweit hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand

Die Klägerin ist ein Sendeunternehmen. Sie strahlt das Fernsehprogramm „RTL“ aus. Die Beklagte zu 1, deren gesetzlicher Vertreter der Beklagte zu 2 ist, bietet auf der Internetseite „www.save.tv“ unter der Bezeichnung „Save.TV“ einen „Online-Videorecorder“ („OVR“) zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen an. Damit kann ein Kunde aus den über Antennen frei empfangbaren Fernsehprogrammen - auch dem der Klägerin - Sendungen auswählen, abspeichern lassen und über das Internet jederzeit beliebig oft ansehen oder herunterladen. Mindestens zehn Nutzer des Angebots „Save.TV“ haben Sendungen der Klägerin jeweils gleichzeitig und unabhängig voneinander aufgezeichnet. Die Klägerin hat mit der V. den „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ geschlossen, der mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 gekündigt worden ist.
Die Klägerin sieht in dem Angebot der Beklagten zu 1 in mehrfacher Hinsicht eine Verletzung des ihr als Sendeunternehmen zustehenden urheberrechtlichen Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG. Sie hat beantragt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon zu vervielfältigen und/oder Dritten öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu senden und/oder im Wege des sogenannten Online-Streaming zu übermitteln, das heißt über das Internet zu übertragen und/oder für Dritte zu vervielfältigen, insbesondere wie derzeit unter „www.save.tv“ angeboten.
Darüber hinaus hat sie die Beklagten im Wege der Stufenklage - zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs - zunächst auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon zu vervielfältigen, insbesondere wie derzeit (das heißt wie im Zeitpunkt der Einreichung der Klage am 15. Juni 2006 aus den Anlagen K 1 bis 33 ersichtlich) unter „www.save.tv“ angeboten.
Darüber hinaus hat es dem Auskunftsantrag teilweise stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Berufung und hat die Klägerin Anschlussberufung eingelegt. Die Beklagten haben ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, während die Klägerin beantragt hat, den Beklagten auch zu verbieten, das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon öffentlich zugänglich zu machen und/oder im Wege des sogenannten Online-Streaming zu übermitteln. Berufung und Anschlussberufung sind ohne Erfolg geblieben.
Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 175/07, ZUM 2009, 765).
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht (OLG Dresden, GRUR-RR 2011, 413 = ZUM 2011, 913) das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und der Anschlussberufung der Klägerin abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst. Es hat die Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon weiterzusenden, insbesondere wie derzeit unter „www.save.tv“ angeboten (das heißt wie bei Anhängigkeit [der Klage] am 15. Juni 2006 aus den Anlagen K 1 bis 33 ersichtlich).
Darüber hinaus hat es die Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Mit der Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.  Entscheidungsgründe
A. Das Berufungsgericht hat - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - angenommen, das Angebot „Save.TV“ der Beklagten verletze nicht das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Auch liege kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin vor, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen. Eine Verurteilung nach dem auf die konkrete Verletzungsform begrenzten Unterlassungsantrag und dem hierauf bezogenen Auskunftsantrag habe jedoch wegen Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, zu erfolgen.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Anschlussrevision der Klägerin hat Erfolg, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht eine Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, verneint hat (dazu I). Sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils (dazu III 1). Die Revision der Beklagten gegen ihre Verurteilung wegen Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, hat Erfolg (dazu II). Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (dazu III 2).
I. Die Anschlussrevision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, das Angebot „Save.TV“ der Beklagten zu 1 verletze nicht das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen (dazu 1); dagegen hat die Anschlussrevision keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts richtet, es liege kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin vor, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (dazu 2).
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Angebot „Save.TV“ der Beklagten zu 1 verletze nicht das ausschließliche Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen und damit zu vervielfältigen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG). Im Aufzeichnen von Sendungen der Klägerin mittels des Online-Videorecorders liege zwar ein Eingriff in ihr Vervielfältigungsrecht. Dieser Eingriff sei aber von der Privatkopierschranke des § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG gedeckt. Hersteller der Aufzeichnung sei nicht die Beklagte zu 1, sondern der privilegierte Nutzer. Er löse durch seine Programmierung der Aufzeichnung einen rein technischen Vorgang aus, der - wie die Beweisaufnahme ergeben habe - vollständig automatisiert ohne menschlichen Eingriff von außen ablaufe.
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Anschlussrevision haben Erfolg. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts werden Sendungen der Klägerin beim Vorliegen mehrerer Kundenaufträge zunächst auf einem Aufnahmeserver und sodann auf einem Fileserver gespeichert (dazu a). Die Speicherungen auf dem Aufnahmeserver sind entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts als unbefugte Vervielfältigungen durch die Beklagte zu 1 anzusehen (dazu b); dagegen handelt es sich bei den Speicherungen auf dem Fileserver, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, um von § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG gedeckte Vervielfältigungen durch die Nutzer (dazu c).
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird zwar eine nur von einem einzigen Kunden programmierte Sendung auf einem von der Beklagten zu 1 ausschließlich für diesen Kunden bereitgestellten Speicherplatz auf dem Fileserver gespeichert. Liegen jedoch mehrere Kundenaufträge zur Aufnahme einer Sendung zu gleicher Zeit vor, wird zunächst eine Aufnahme in Form einer „TS-Datei“ auf dem Aufnahmeserver gespeichert und werden sodann von dieser Datei entsprechend den Kundenaufträgen kundenspezifische Auslieferungsdateien erstellt und auf dem Fileserver in den jeweiligen Kundenverzeichnissen gespeichert.
b) Das Speichern von Sendungen der Klägerin auf dem Aufnahmeserver stellt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine unbefugte Vervielfältigung durch die Beklagte zu 1 dar.
Hersteller dieser Vervielfältigung ist zwar der Nutzer, der diese körperliche Festlegung technisch bewerkstelligt. Die Vervielfältigung dient jedoch nicht dem privaten Gebrauch dieses Nutzers. Vielmehr handelt es sich dabei um eine zentrale Kopiervorlage („Masterkopie“), die der Herstellung von kundenindividuellen Vervielfältigungen auf kundenindividuellen Speicherplätzen des Fileservers dient. Da der Nutzer, der die Kopiervorlage auf dem Aufnahmeserver hergestellt hat, zudem keine Kontrolle über diese zentrale Kopiervorlage ausübt, ist diese Vervielfältigung der Beklagten zu 1 zuzurechnen, die sich dieses Nutzers gleichsam als eines „Werkzeugs“ zur Herstellung der „Masterkopie“ bedient.
Diese Vervielfältigung ist nicht von der Schrankenbestimmung des § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG gedeckt, da es sich dabei nicht um eine Vervielfältigung durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch handelt und die Vervielfältigung darüber hinaus Erwerbszwecken dient.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist diese Vervielfältigung auch nicht nach § 44a UrhG zulässig. Diese Bestimmung erlaubt vorübergehende Vervielfältigungshandlungen unter anderem nur dann, wenn sie keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben. Dies setzt voraus, dass der sich aus der vorübergehenden Vervielfältigungshandlung ergebende wirtschaftliche Vorteil nicht von dem wirtschaftlichen Vorteil aus der rechtmäßigen Nutzung des betreffenden Werks zu unterscheiden oder zu trennen ist und keinen zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteil erzeugt, der über denjenigen hinausgeht, der sich aus dieser Nutzung des geschützten Werks ergibt (vgl. zu Art. 5 Abs. 1 RL 2001/29/EG EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2011 - C-403/08 und C-429/08, GRUR 2012, 156 Rn. 175 = WRP 2012, 434 - Football Association Premier League und Murphy; Beschluss vom 17. Januar 2012 - C-302/10, GRUR-Int. 2012, 336 Rn. 50 - Infopaq II). Ein aus einer vorübergehenden Vervielfältigungshandlung gezogener Vorteil ist verschieden und abtrennbar, wenn der Urheber dieser Handlung aus der wirtschaftlichen Verwertung der vorübergehenden Vervielfältigungen selbst Gewinne erzielen kann (vgl. EuGH, GRUR-Int. 2012, 336 Rn. 52 - Infopaq II). Da die Beklagte zu 1 aus der wirtschaftlichen Verwertung der - unterstellt - vorübergehenden Speicherung der Sendungen auf dem Aufnahmeserver selbst Gewinne erzielt, hat diese Vervielfältigung eigenständige wirtschaftliche Bedeutung.
c) Bei den Speicherungen auf dem Fileserver handelt es sich dagegen, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, um von § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG gedeckte Vervielfältigungen durch die Nutzer. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Anschlussrevision haben keinen Erfolg.
aa) Die Anschlussrevision rügt ohne Erfolg, die Feststellung des Berufungsgerichts, die Kunden der Beklagten speicherten die von ihnen ausgewählten Sendungen in einem vollautomatischen Vorgang selbst in einer kundenspezifischen Videodatei auf dem Fileserver, entbehre einer hinreichenden Grundlage. Der Sachverständige Prof. Dr. S. habe bei dem Ortstermin keine IT-Infrastruktur und insbesondere keine Server-Hardware, Antennen oder Receiver in Augenschein nehmen können; er habe nur laufende Softwareprozesse auf ihre Funktionalität überprüfen können und dabei lediglich eine Ferndiagnose von einem autorisierten Arbeitsplatzrechner durchgeführt.
Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, diese - bereits von der Klägerin vorgebrachten - Umstände hätten die Beweiserhebung nicht beeinträchtigt. Der Sachverständige habe in seiner Stellungnahme vom 6. September 2010 aufgezeigt, dass es für eine Überwachung von Servern nach dem Stand der Technik genüge und üblich sei, eine Ferndiagnose von einem autorisierten Arbeitsplatzrechner aus durchzuführen. Dementsprechend habe er die Existenz der Server und die darauf durchgeführten Aktionen vor Ort schlüssig nachvollziehen können.
Die Anschlussrevision macht vergeblich geltend, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts werde auch durch folgende Umstände erschüttert: das Berufungsgericht habe nicht feststellen können, dass die Beklagte beim Ortstermin im Blick auf die behauptete Vollautomatisierung keine technischen Manipulationen vorgenommen habe; der Sachverständige habe nicht mit Sicherheit sagen können, ob er überhaupt das System „Save.TV“ und nicht ein „Dummy-System“ begutachtet habe und der Aufzeichnungsvorgang durch Administratoren beeinflusst worden sei; er habe ferner nicht ausschließen können, dass das von der Beklagtenseite zur Verfügung gestellte Notebook, das er statt seines eigenen Rechners benutzt habe, von außen manipuliert worden sei.
Das Berufungsgericht hat sich mit diesen - bereits von der Klägerin vorgebrachten - Einwänden eingehend auseinandergesetzt und sie ohne Rechtsfehler für unbegründet erachtet. Es hat angenommen, es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass beim Ortstermin die Vollautomatisierung durch ein „Dummy-System“ vorgespiegelt worden sei oder versteckte manuelle Eingriffe erfolgt seien; insbesondere ergebe sich hierfür kein Anhaltspunkt daraus, dass der Sachverständige eine Beeinflussung des Aufzeichnungsvorgangs durch Administratoren nicht mit hundertprozentiger Sicherheit habe ausschließen können. Der Sachverständige habe zwar eine Manipulation des ihm zur Verfügung gestellten Rechners, mit dem er auf den Webseiten der Beklagten eine Sendung programmiert habe, nicht ausschließen können; da sich die Entscheidung zur ergänzenden Verwendung dieses Notebooks aber erst aus der Situation vor Ort ergeben habe, gebe es keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Manipulation. Im Übrigen habe der Sachverständige erklärt, Manipulationen nur dann mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen zu können, wenn der vollständige Dienst der Beklagten auf einer von ihm zur Verfügung gestellten IT-Struktur vorgeführt würde, was einen übermäßigen Aufwand erfordern würde und praktisch kaum zu leisten wäre. Das Berufungsgericht hat eine solche Gewissheit über den Ausschluss einer Manipulation im Blick darauf, dass keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Manipulation bestehen, ohne Rechtsfehler nicht für erforderlich gehalten.
bb) Die Anschlussrevision macht weiter vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe Verfahrensgrundrechte der Klägerin verletzt, weil es dieser den entscheidenden Teil des Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. S. nicht zugänglich gemacht habe, in dem es um die technischen Einzelheiten der Programmierung und der Funktionsweise des Aufzeichnungsverfahrens gehe.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Darstellung von „Save.TV“ im nichtöffentlichen Teil des gerichtlichen Sachverständigengutachtens und die Erläuterung der technischen Einzelheiten des Ablaufs und der Funktionsweise berührten Geschäftsgeheimnisse der Beklagten zu 1. Diese seien - entsprechend den Grundsätzen der Entscheidung „Lichtbogenschnürung“ (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 2009 - X ZB 37/08, BGHZ 183, 153) - in der Weise zu schützen, dass die Einsicht in das Gutachten auf rechtsanwaltliche Vertreter der Klägerin beschränkt und diese insoweit umfassend zur Verschwiegenheit verpflichtet würden. Die Interessen der Klägerin seien zusätzlich dadurch gewahrt, dass ihr der Sachverständige Prof. Dipl.-Ing. H. beigeordnet worden sei. Er habe das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen auch im nichtöffentlichen Teil für die Klägerin überprüfen und eventuelle Zweifel und Einwendungen an der Richtigkeit der Ausführungen aufzeigen können. Dementsprechend habe er das Gutachten vom 18. Februar 2011 erstellt und an der Erörterung im Termin vom 3. Mai 2011 teilgenommen.
Die Anschlussrevision rügt ohne Erfolg, die Grundsätze der Entscheidung „Lichtbogenschnürung“ seien nicht anwendbar, weil die Beklagten nicht im Einzelnen dargelegt hätten, welche Geschäftsgeheimnisse das Gutachten offenbare und welche Nachteile den Beklagten aus einer Offenbarung drohten. Entgegen der Darstellung der Anschlussrevision haben die Beklagten vorgetragen, dass das Gutachten, soweit es die technische Ausgestaltung des Aufzeichnungssystems „Save.TV“ betreffe, wertvolle Geschäftsgeheimnisse der Beklagten zu 1 enthalte, von denen die Mitbewerber der Beklagten zu 1 nichts erfahren dürften. Damit haben die Beklagten hinreichend dargelegt, dass die Begutachtung des Aufzeichnungsverfahrens schützenswerte Geschäftsgeheimnisse berührt.
2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, das Angebot der Beklagten zu 1 verstoße nicht gegen das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Die Beklagte zu 1 leite Sendungen der Klägerin unmittelbar an die Online-Videorecorder einzelner Kunden weiter und halte die Sendungen deshalb nicht in ihrer Zugriffssphäre zum Abruf für eine Öffentlichkeit bereit. Dies gelte auch für den Fall der Speicherung einer „Masterkopie“ auf dem Aufnahmeserver und einer „Nutzerkopie“ auf dem Fileserver; auch sie würden von der Beklagten zu 1 nicht vorgehalten.
Die Anschlussrevision rügt ohne Erfolg, die Sendungen der Klägerin würden nicht als kundenindividuelle Vervielfältigungen gespeichert. Sie würden vielmehr zunächst als Masterkopie auf dem Aufnahmeserver und sodann - zum Zweck der Zugänglichmachung - auf dem Fileserver abgespeichert. Die auf dem Fileserver gespeicherte Kopie werde für sämtliche Nutzer bereitgehalten und könne über die mitgespeicherten Nutzerinformationen von jedem einzelnen Nutzer von dem Fileserver heruntergeladen werden. Damit machten die Beklagten die Sendungen der Klägerin im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich, weil sie das gespeicherte Sendesignal für den Zugriff durch eine unbestimmte Vielzahl von Nutzern vorhielten.
Damit versucht die Anschlussrevision, die tatrichterliche Beurteilung durch ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts darzulegen. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Sendungen der Klägerin zu dem Zeitpunkt, zu dem sie auf dem Fileserver zum Ansehen oder Herunterladen bereitstehen, bereits ins jeweilige Kundenverzeichnis kopiert und damit nur dem jeweiligen Kunden und nicht der Öffentlichkeit zum Abruf zugänglich.
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Entgegen der Ansicht der Revision hat allerdings nicht bereits das Landgericht rechtskräftig entschieden, dass das Angebot „Save.TV“ der Beklagten das Weitersenderecht der Klägerin nicht verletzt (dazu 1). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe das ausschließliche Recht der Klägerin als Sendeunternehmen, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG), widerrechtlich verletzt, hält jedoch den Angriffen der Revision nicht stand (dazu 2).
1. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Landgericht habe die Klage bezüglich des Weitersenderechts bereits rechtskräftig abgewiesen; der Tatbestand des Weitersendens sei daher - anders als die Tatbestände der Vervielfältigung und des öffentlichen Zugänglichmachens - weder Streitgegenstand des Berufungsverfahrens noch des Revisionsverfahrens geworden.
a) Die Klägerin hat ihr Klagebegehren allerdings im Wege der kumulativen Klagehäufung auf mehrere Streitgegenstände gestützt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 26 = WRP 2011, 1454 - TÜV II; zum Urheberrecht BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - I ZR 42/04, GRUR 2007, 691 Rn. 17 = WRP 2007, 996 - Staatsgeschenk; Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11 Rn. 8 - Metall auf Metall II). Dabei kann der Kläger sein Rechtsschutzbegehren aufgrund der im Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime dahin fassen, dass aus einem bei natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen Lebenssachverhalt nur bestimmte Teile zur Beurteilung herangezogen werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - I ZR 64/07, GRUR 2010, 158 Rn. 22 = WRP 2010, 238 - FIFA-WM-Gewinnspiel).
Danach sind im Streitfall drei Streitgegenstände zu unterscheiden. Der Unterlassungsantrag der Klägerin ist - wie der Senat in seinem ersten Revisionsurteil ausgeführt hat (BGH, ZUM 2009, 765 Rn. 8 bis 10) - dahin auszulegen, dass die Klägerin das von ihr erstrebte Verbot des konkreten Angebots von „Save.TV“ darauf stützt, dass jeweils ein bestimmter Bestandteil dieses Angebots ihr Leistungsschutzrecht an den Funksendungen jeweils in bestimmter Hinsicht verletzt, nämlich das Weiterleiten der Sendungen von den Satelliten-Antennen zu den Online-Videorecordern das Weitersenderecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG), das Bereitstellen der Sendungen zum Abruf das Recht zum öffentlichen Zugänglichmachen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG) und das Speichern der Sendungen auf den Online-Videorecordern das Vervielfältigungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG). Aus dem Klagevorbringen geht ferner hervor, dass die Klägerin diese unterschiedlichen Streitgegenstände im Wege der kumulativen Klagehäufung verfolgt.
b) Das Landgericht hat die Klage bezüglich des Weitersenderechts jedoch nicht abgewiesen. Es hat die Beklagten zwar nur zur Unterlassung der Vervielfältigung des Fernsehprogramms der Klägerin verurteilt. Entgegen der Darstellung der Revision hat es den auf eine Verletzung des Leistungsschutzrechts der Klägerin als Sendeunternehmen gestützten Unterlassungsantrag jedoch nicht im Übrigen abgewiesen. Es hat die Klage mit dem Unterlassungsantrag vielmehr nur insoweit im Übrigen abgewiesen, als dieser Antrag auf einen - hier nicht mehr in Rede stehenden - Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 3 Nr. 1 JMStV gestützt war.
Das Landgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass es sich - soweit der Unterlassungsantrag auf eine Verletzung des Leistungsschutzrechts der Klägerin als Sendeunternehmen aus § 87 Abs. 1 UrhG gestützt ist - nur um einen Streitgegenstand handelt; es hat der Klage daher insoweit in vollem Umfang stattgegeben. Unter diesen Umständen musste die Klägerin - anders als die Revision meint - keine Anschlussberufung einlegen, um die Verletzung des Weitersenderechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG zum Gegenstand des Berufungsverfahrens zu machen. Die Beklagte hat gegen ihre Verurteilung wegen der Verletzung des Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG Berufung eingelegt. Damit war auch die Frage, ob das Angebot „Save.TV“ der Beklagten das Weitersenderecht der Klägerin aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG verletzt, Gegenstand des Berufungsverfahrens.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe das ausschließliche Recht der Klägerin als Sendeunternehmen, ihre Funksendungen weiterzusenden, widerrechtlich verletzt, hält den Angriffen der Revision nicht stand.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin auch dann berechtigt ist, die erhobenen Ansprüche auf Unterlassung und Auskunftserteilung wegen einer Verletzung ihres Weitersenderechts geltend zu machen, wenn sie die zur Weitersendung ihrer Funksendungen an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechte mit dem „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ der V. zur Wahrnehmung übertragen haben sollte. Es kommt daher nicht darauf an, ob es sich bei einer solchen Weitersendung um eine von diesem Wahrnehmungsvertrag erfasste oder um eine neue Nutzungsart handelt. Die Klägerin ist in jedem Fall - entgegen der Ansicht der Revision - nicht nur für die Zeit nach Beendigung dieses Wahrnehmungsvertrages, sondern auch für die Zeit des Bestehens dieses Vertrages aktivlegitimiert.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin sei zur Zeit des Bestehens des zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin geschlossenen Wahrnehmungsvertrages aktivlegitimiert gewesen. Der Wahrnehmungsvertrag habe nicht zu einer vollständigen (translativen) Übertragung der Weitersenderechte auf die Streithelferin und somit zu einem völligen Verlust dieser Rechte für die Klägerin geführt. Die Klägerin habe der Verwertungsgesellschaft durch den Wahrnehmungsvertrag die ausschließlichen Nutzungsrechte vielmehr lediglich (konstitutiv) zur Wahrnehmung eingeräumt. Dafür spreche auch der Übertragungszweckgedanke. Die Klägerin könne eine Verletzung des Weitersenderechts geltend machen, weil sie an der Rechtsverfolgung ein eigenes schutzwürdiges Interesse habe. Dieses ergebe sich daraus, dass die Klägerin an den Einnahmen zu beteiligen sei, die die Streithelferin aus der Wahrnehmung der Weitersenderechte erziele. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.
aa) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Wortlaut von § 1 Ziff. 1 des Wahrnehmungsvertrages, wonach der V. das Weitersenderecht als Treuhänderin zur ausschließlichen Wahrnehmung übertragen werde, und die damit inhaltlich übereinstimmende Bestimmung von § 2 Nr. 1 der Satzung der V., wonach Gegenstand der Gesellschaft die treuhänderische Wahrnehmung der ihr von den Berechtigten übertragenen Rechte sei, könnten aus Sicht eines objektiven Dritten nur dahin verstanden werden, dass das Weitersenderecht im Sinne einer translativen Rechtsübertragung vollständig auf die V. übergegangen sei, so dass die Klägerin für die Dauer des Vertrages nicht aktivlegitimiert gewesen sei. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der im „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ verwandte Begriff „Rechtsübertragung“ - auch aus Sicht eines objektiven Dritten - nicht die (translative) Übertragung, sondern die (konstitutive) Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechten bezeichnet.
Vorbild aller Wahrnehmungsverträge ist der Wahrnehmungsvertrag der GEMA als der ältesten Verwertungsgesellschaft. Er stammt aus der Zeit vor Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes. Zu jener Zeit konnte das Urheberrecht noch übertragen werden (vgl. § 8 Abs. 3 LUG und § 10 Abs. 3 KUG). Aus diesem Grund ist im Wahrnehmungsvertrag der GEMA von einer Übertragung der Urheberrechte die Rede. Der Wortlaut dieses Wahrnehmungsvertrages ist unverändert geblieben, obwohl das Urheberrecht - von hier nicht in Rede stehenden Ausnahmen abgesehen - nicht mehr übertragen werden kann, sondern an ihm nur noch Nutzungsrechte eingeräumt werden können (vgl. §§ 29, 31 UrhG). Die Wahrnehmungsverträge jüngerer Verwertungsgesellschaften haben sich den Sprachgebrauch des Wahrnehmungsvertrags der GEMA zu eigen gemacht. Aus der objektiven Sicht eines informierten Dritten ist danach klar, dass mit der „Übertragung der Urheberrechte“ im Sinne der Wahrnehmungsverträge die „Einräumung von Nutzungsrechten am Urheberrecht“ im Sinne des Urheberrechtsgesetzes gemeint ist.
Entsprechendes gilt für Leistungsschutzrechte und Nutzungsrechte, die allerdings - anders als das Urheberrecht - nach wie vor übertragen werden können (vgl. für das hier in Rede stehende Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens § 87 Abs. 3 Satz 1 UrhG, für Nutzungsrechte § 34 UrhG). Es kann aus der objektiven Sicht eines Dritten nicht angenommen werden, dass der Wortlaut der Wahrnehmungsverträge in unterschiedlichem Sinne zu verstehen ist, je nachdem, ob der Vertragspartner der Verwertungsgesellschaft ein Urheber, ein Leistungsschutzberechtigter oder ein Nutzungsberechtigter ist. Dass auch der hier in Rede stehende „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ mit der „Rechtsübertragung“ die „Rechtseinräumung“ meint, ergibt sich zudem, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, aus § 2 des Wahrnehmungsvertrages, wonach die Streithelferin die ihr von der Berechtigten zur Wahrnehmung „eingeräumten“ Rechte im eigenen Namen ausübt.
bb) Die Revision macht weiter vergeblich geltend, der vom Berufungsgericht angeführte Übertragungszweckgedanke sei nicht anwendbar, weil es im Streitfall - anders als in den vom Berufungsgericht herangezogenen Senatsentscheidungen „Mambo No. 5“ (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 - I ZR 49/06, GRUR 2009, 939 = WRP 2009, 1008) und „Nutzung von Musik für Werbezwecke“ (BGH, Urteil vom 10. Juni 2009 - I ZR 226/06, GRUR 2010, 62 = WRP 2010, 120) - nicht um das Urheberrecht und das enge geistige Band zwischen Werk und Urheber, sondern um ein Leistungsschutzrecht, nämlich das Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens und die organisatorisch-wirtschaftliche Leistung der Veranstaltung oder Durchführung von Funksendungen gehe.
Entgegen der Ansicht der Revision gilt der Übertragungszweckgedanke auch für die Einräumung von Leistungsschutzrechten. Für Rechtseinräumungen durch Sendeunternehmen ergibt sich dies bereits aus § 87 Abs. 2 Satz 3 UrhG, wonach - unter anderem - die Bestimmung des § 31 Abs. 5 UrhG entsprechend gilt, die den Übertragungszweckgedanken zum Ausdruck bringt. Der Grundsatz, dass im Zweifel nicht mehr Rechte eingeräumt werden, als der Vertragszweck erfordert, dient nicht nur dem Schutz des geistigen Bandes zwischen Werk und Urheber, sondern soll vor allem sicherstellen, dass der Rechtsinhaber am Ertrag aus der Verwertung seines Rechts möglichst weitgehend beteiligt wird. Dieser Gedanke hat auch und gerade dort seine Berechtigung, wo das einem Dritten eingeräumte Recht - wie hier das Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens - eine organisatorisch-wirtschaftliche Leistung schützt.
Das Berufungsgericht ist im Übrigen zutreffend davon ausgegangen, dass der Übertragungszweckgedanke auch für die Auslegung von Wahrnehmungsverträgen mit Verwertungsgesellschaften gilt (BGH, GRUR 2010, 62 Rn. 16 - Nutzung von Musik für Werbezwecke). Der Zweck eines solchen Wahrnehmungsvertrages besteht darin, der Verwertungsgesellschaft die Rechte zur kollektiven Wahrnehmung einzuräumen, deren individuelle Wahrneh mung dem einzelnen Berechtigten nicht möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1999 - I ZR 117/97, BGHZ 142, 388, 396 - Musical-Gala). Zur Erreichung dieses Zwecks ist es nicht erforderlich, ausschließliche Nutzungsrechte zu übertragen; ausreichend ist vielmehr die Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte.
cc) Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, die Rechtsprechung, wonach eine Aktivlegitimation des Urhebers bei der Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte fortbestehe, sei wegen des grundsätzlich verschiedenen Schutzansatzes nicht auf den Inhaber des Leistungsschutzrechts übertragbar. Das Urheberrecht schütze die persönliche geistige Schöpfung, das Leistungsschutzrecht hingegen den technischen und wirtschaftlichen Aufwand des Sendeunternehmens.
Für Urheber gilt der Grundsatz, dass ein Rechtsinhaber, der einem Dritten - wie hier einer Verwertungsgesellschaft - ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, neben dem Dritten berechtigt bleibt, selbst Ansprüche wegen Rechtsverletzungen geltend zu machen, soweit er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der rechtlichen Verfolgung dieser Ansprüche hat. Entgegen der Ansicht der Revision beansprucht dieser Grundsatz gleichermaßen Geltung für Leistungsschutzberechtigte. Ein Rechtsinhaber hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung von Ansprüchen aus Rechtsverletzungen, wenn ihm aus der Einräumung der Nutzungsrechte fortdauernde materielle Vorteile erwachsen, die durch die Rechtsverletzungen beeinträchtigt werden. Die Rechtsposition des Leistungsschutzberechtigten unterscheidet sich zwar von derjenigen des Urhebers dadurch, dass ihm kein Urheberpersönlichkeitsrecht zusteht; darauf kommt es aber bei der Beurteilung der schutzwürdigen materiellen Interessen des Rechtsinhabers zur Begründung eines fortdauernden Klagerechts nicht an. Eine unterschiedliche Beurteilung des Klagerechts des Urhebers einerseits und des Leistungsschutzberechtigten andererseits kann allenfalls dann angebracht sein, wenn allein eine Beeinträchtigung von ideellen Interessen des Urhebers in Rede steht (vgl. zum Unterlizenzgeber BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - I ZR 182/90, BGHZ 118, 394, 399 f. - ALF). Das ist hier aber nicht der Fall.
dd) Die Revision macht des Weiteren vergeblich geltend, die Klägerin könne kein unmittelbares wirtschaftliches Interesse nachweisen, da sie an den Umsätzen der Streithelferin durch die Verwertung der Weitersenderechte nur mittelbar über einen komplexen Verteilungsschlüssel beteiligt sei.
Ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der Ansprüche aus Rechtsverletzung ist anzunehmen, wenn der Rechtsinhaber sich eine fortdauernde Teilhabe am wirtschaftlichem Ertrag aus der Verwertung seines Rechts vorbehalten hat (BGHZ 118, 394, 399 f. - ALF). Das ist hier der Fall. Die Streithelferin hat die Klägerin an den Einnahmen aus der Wahrnehmung der Weitersenderechte nach § 7 Satz 1 UrhWG zu beteiligen. Es spielt keine Rolle, dass das Maß der Beteiligung der Klägerin - wie die Revision geltend macht - nach einem komplexen Verteilungsschlüssel ermittelt wird. Entscheidend ist, dass die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass ihre der Streithelferin zur Ausübung überlassenen Verwertungsrechte nicht verletzt und ihre Einnahmen nicht durch Verletzungen dieser Rechte verringert werden.
ee) Die Revision macht daher auch vergeblich geltend, der Annahme einer Aktivlegitimation der Klägerin stehe entgegen, dass die Klägerin sonst neben der Streithelferin in derselben Sache Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz gegen die Beklagten durchsetzen könnte. Entgegen der Ansicht der Revision ist eine doppelte Inanspruchnahme der Beklagten nicht zu befürchten. Ansprüche der Klägerin und der Streithelferin bestehen jeweils nur, soweit eigene schutzwürdige Interessen beeinträchtigt sind.
ff) Die Revision rügt schließlich ohne Erfolg, die Klägerin habe kein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, die in Rede stehenden Ansprüche selbst geltend zu machen, weil sie als eine der beiden Gesellschafter der Streithelferin maßgeblichen Einfluss auf deren Geschäftspolitik habe nehmen können und es sich daher anrechnen lassen müsse, wenn die Streithelferin entgegen den im Wahrnehmungsvertrag übernommenen Pflichten untätig geblieben sei. Auch in diesem Zusammenhang berücksichtigt die Revision nicht, dass die Klägerin und die Streithelferin jeweils eigene Interessen haben und geltend zu machen berechtigt sind.
b) Das Berufungsgericht hat weiter mit Recht angenommen, dass die Beklagte zu 1 das Recht der Klägerin verletzt hat, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG).
aa) Eine Weitersendung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG setzt voraus, dass der Inhalt einer Sendung durch funktechnische Mittel einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (BGH, ZUM 2009, 765 Rn. 30; GRUR 2009, 845 Rn. 32 - Internet-Videorecorder I; BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 160/07, GRUR 2010, 530 Rn. 17 = WRP 2010, 784 - Regio-Vertrag, mwN). Dabei muss die Weitersendung zeitgleich mit dem Empfang erfolgen (BGH, ZUM 2009, 765 Rn. 28; GRUR 2009, 845 Rn. 29 f. - Internet-Videorecorder I) und in ihrer Bedeutung als Werknutzung anderen durch öffentliche Wiedergabe erfolgten Werknutzungen entsprechen (vgl. BGH, ZUM 2009, 765 Rn. 29 f.; GRUR 2009, 845 Rn. 31 f. - Internet-Videorecorder I).
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Beklagte zu 1 empfängt die Sendesignale der Funksendungen mit Satelliten-Antennen und leitet sie zeitgleich an Online-Videorecorder weiter, die dem Bereich des Kunden als Hersteller der vollautomatischen Aufzeichnung zuzuordnen sind. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Beklagte zu 1 die Sendungen der Klägerin beim Vorliegen mehrerer Kundenaufträge zunächst auf dem Aufnahmeserver zwischenspeichert und sodann an die Online-Videorecorder der Kunden auf dem Fileserver weiterleitet (vgl. oben Rn. 16). Eine zeitgleiche Weitersendung ist auch anzunehmen, wenn eine automatisch vorgenommene technische Aufbereitung der empfangenen Signale zum Zweck der sich unmittelbar anschließenden Weitersendung zu einer vorherigen Aufzeichnung und einer gewissen Zeitverschiebung führt (v. Ungern-Sternberg in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 87 Rn. 31). Da die Beklagte zu 1 ihren Kunden mit den „Online-Videorecordern“ darüber hinaus auch die Empfangsvorrichtungen zur Verfügung stellt, ist ihre Tätigkeit in ihrer Bedeutung als Werknutzung den anderen vom Gesetz dem Urheber vorbehaltenen Werknutzungen durch öffentliche Wiedergabe vergleichbar (vgl. BGH, ZUM 2009, 765 Rn. 31; GRUR 2009, 845 Rn. 33 - Internet-Videorecorder I).
Die Beklagte zu 1 hat Funksendungen der Klägerin auch einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bereits wenige Personen eine Mehrzahl im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG bilden können. Das übermittelte Sendesignal der Klägerin konnte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gleichzeitig von mindestens zehn Nutzern des Angebots „Save.TV“, die nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden sind, unabhängig voneinander aufgezeichnet werden. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass damit eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit Vervielfältigungen einer Sendung aus dem Programm der Klägerin erhielten. Zu welchem Zeitpunkt die Empfänger die bestellte Sendung wahrnehmen können, ist ohne Belang (BGH, ZUM 2009, 765 Rn. 33; GRUR 2009, 845 Rn. 35 - Internet-Videorecorder I, mwN).
cc) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, es sei im Blick auf den Vorlagebeschluss des Senats in der Sache „Breitbandkabel“ (Beschluss vom 16. August 2012 - I ZR 44/10, GRUR 2012, 1136 = WRP 2012, 1402) fraglich, ob im Streitfall eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliege und das Senderecht als besonderer Fall des Rechts zur öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UrhG) betroffen sei. Im Streitfall ist - anders als in der Sache „Breitbandkabel“ - weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von den Beklagten vorgetragen worden, dass die Beklagte zu 1 die Funksendungen der Klägerin ausschließlich an Empfänger über Kabel weiterüberträgt, die sich im Sendegebiet der Klägerin aufhalten und die Sendungen dort auch drahtlos empfangen können. Die Kunden der Beklagten können die auf ihren Internet-Videorecordern gespeicherten Sendungen der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vielmehr jederzeit über das Internet - und damit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl - ansehen oder herunterladen. Die in der Sache „Breitbandkabel“ aufgeworfene Frage stellt sich daher im Streitfall nicht.
c) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar (§ 242 BGB). Die von den Beklagten erhobene Einrede, die Klägerin verlange mit dem Unterlassen der Weitersendung eine Leistung, die sie alsbald wieder zurückzugewähren habe („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“), greife nicht durch. Zwar könne ein aus einem Patent auf Unterlassung in Anspruch genommener Beklagter einwenden, der Patentinhaber missbrauche eine marktbeherrschende Stellung, wenn er sich weigere, mit ihm einen Patenlizenzvertrag zu nicht diskriminierenden und nicht behindernden Bedingungen abzuschließen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - KZR 39/06, BGHZ 180, 312 Rn. 29 - Orange-Book-Standard). Im Streitfall habe jedoch nicht das Gericht zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des im Fall einer Kabelweitersendung nach § 87 Abs. 5 UrhG bestehenden Kontrahierungszwangs erfüllt sind. Dies habe nach § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG vielmehr zunächst die Schiedsstelle zu beurteilen. Vor Anrufung der Schiedsstelle, könne den Beklagten keine Befugnis zur Kabelweitersendung aus § 87 Abs. 5 UrhG zuerkannt werden. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Revision mit Erfolg.
aa) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Voraussetzungen für eine Geltendmachung des Zwangslizenzeinwands vorliegen (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 29 - Orange-Book-Standard) und die Beklagte zu 1 als Kabelunternehmen gegen die Klägerin als Sendeunternehmen einen Anspruch aus § 87 Abs. 5 UrhG auf Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung zu angemessenen Bedingungen hat. Davon ist daher für die Prüfung in der Revisionsinstanz auszugehen.
bb) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, dass die Frage der (gegenseitigen) Verpflichtung eines Kabelunternehmens und eines Sendeunternehmens aus § 87 Abs. 5 UrhG zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG auch dann zunächst von der Schiedsstelle zu beantworten ist, wenn sie nicht im Wege der Klage, sondern im Rahmen einer Klage im Wege des Zwangslizenzeinwands aufgeworfen wird. Zweck der vorrangigen Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens ist es, die besondere Sachkunde der Schiedsstelle nutzbar zu machen und die Gerichte zu entlasten. Die Einholung der besonderen Sachkunde der Schiedsstelle wird durch die Prozessvoraussetzung der vorherigen Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens gewährleistet. Dass der Anspruch hier nicht vom Kläger „im Wege der Klage“, sondern von den Beklagten im Wege der Einrede geltend gemacht wird, ist unerheblich; entscheidend ist nach Überschrift und Zweck des § 16 Abs. 1 UrhWG, dass der Anspruch gerichtlich geltend gemacht wird.
cc) Die Notwendigkeit der Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens rechtfertigt jedoch - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht den Ausschluss des Zwangslizenzeinwands. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass das Gericht den Rechtsstreit beim Vorliegen der Voraussetzungen des Zwangslizenzeinwands in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG auszusetzen hat, um dem Beklagten die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen. Nach dieser Bestimmung setzt das Gericht den Rechtsstreit aus, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen, wenn sich erst im Laufe des Rechtsstreits herausstellt, dass die Anwendbarkeit oder die Angemessenheit des Tarifs im Streit ist. Für den Fall eines erst im Laufe des Rechtsstreits entstehenden Streits über die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung ist die Regelung entsprechend anzuwenden. Der potentielle (Zwangs-)Lizenznehmer - im Streitfall die Beklagte zu 1 - kann die Schiedsstelle zwar auch während eines bereits laufenden Verfahrens anrufen, um sich nach Durchführung des Verfahrens auf den Einwand berufen zu können. Die Revision macht jedoch zutreffend geltend, dass er dann keinerlei Gewähr für einen rechtzeitigen Abschluss des Schiedsstellenverfahrens hat und daher Gefahr läuft, zur Unterlassung verurteilt zu werden, obwohl ihm ein Anspruch auf Einräumung einer Zwangslizenz zusteht. Er muss deshalb den Zwangslizenzeinwand erheben können.
III. Danach ist auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin das Berufungsurteil unter Zurückweisung der weitergehenden Anschlussrevision der Klägerin aufzuheben, soweit das Berufungsgericht eine Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, verneint und eine Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, bejaht hat.
1. Soweit das Berufungsgericht eine Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, verneint hat, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist die Berufung der Beklagten gegen die Verurteilung zur Unterlassung und zur Auskunft wegen der Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, zurückzuweisen. Die Beklagte zu 1 hat das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, dadurch verletzt, dass sie Sendungen der Klägerin beim Vorliegen mehrerer Kundenaufträge durch einen Nutzer auf dem Aufnahmeserver aufzeichnen ließ (vgl. oben Rn. 17 ff.). Danach sind der Unterlassungsantrag und - zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs - der Auskunftsantrag (vgl. BGH, ZUM 2009, 765 Rn. 43 f.) gegen die Beklagte zu 1 und den Beklagten zu 2 (vgl. BGH, ZUM 2009, 765 Rn. 44) begründet.
2. Soweit das Berufungsgericht eine Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, bejaht hat, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Das Berufungsgericht wird zunächst zu klären haben, ob die Beklagten berechtigt sind, den Zwangslizenzeinwand zu erheben, bevor es - gegebenen falls - das Verfahren aussetzt, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 UrhWG) und der Schiedsstelle Gelegenheit zu geben zu prüfen, ob die Beklagte zu 1 einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über die Einräumung des zur Weitersendung der Funksendungen der Klägerin an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechts hat (§ 11 Abs. 1 UrhWG, § 87 Abs. 5 UrhG). Die Beklagten sind im Streitfall - in entsprechender Anwendung der vom Kartellsenat des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „Orange-Book-Standard“ aufgestellten Grundsätze (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 29) - nur unter zwei Voraussetzungen berechtigt, den Zwangslizenzeinwand zu erheben:
aa) Zum einen muss die Beklagte zu 1 dem Inhaber des zur Weitersendung der Funksendungen der Klägerin an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechts ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Vertrages über die Einräumung dieses Nutzungsrechts gemacht haben und muss der Rechtsinhaber zum Abschluss eines solchen Vertrages verpflichtet sein (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 30 bis 32 - Orange-Book-Standard).
Ob in der Zeit des Bestehens des zwischen der Klägerin und der V. geschlossenen „Wahrnehmungsvertrags Fernsehen“ die Klägerin oder die V. Inhaberin dieses Nutzungsrechts war, hängt davon ab, ob es sich bei einer solchen Weitersendung um eine von diesem Wahrnehmungsvertrag erfasste Nutzungsart (dann war die V. Rechtsinhaber) oder um eine davon nicht erfasste neue Nutzungsart (dann war die Klägerin Rechtsinhaber) handelt.
Falls die V. Rechtsinhaber war, war sie als Verwertungsgesellschaft nach § 11 Abs. 1 UrhWG verpflichtet, der Beklagten zu 1 auf Verlangen das Nutzungsrecht zu angemessenen Bedingungen einzuräumen. Falls die Klägerin Rechtsinhaber war, war sie als Sendeunternehmen nach § 87 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UrhG verpflichtet, mit der Beklagten zu 1 als Kabelunternehmen einen Vertrag über die Einräumung des Nutzungsrechts zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern es sich bei dieser Nutzung um eine Kabelweitersendung im Sinne des § 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG handelte und kein die Ablehnung des Vertragsschlusses sachlich rechtfertigender Grund bestand. Unter diesen Voraussetzungen ist die Klägerin jedenfalls seit Beendigung des „Wahrnehmungsvertrags Fernsehen“ zur Einräumung des Nutzungsrechts verpflichtet.
bb) Zum anderen muss die Beklagte zu 1, da sie den Gegenstand des Schutzrechts bereits benutzt, bevor der Rechtsinhaber ihr Angebot angenommen hat, diejenigen Verpflichtungen einhalten, die der abzuschließende Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstandes knüpft (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 33 bis 36 - Orange-Book-Standard). Dies bedeutet insbesondere, dass sie die sich aus dem Vertrag ergebenden Lizenzgebühren an den Rechtsinhaber zahlen oder die Zahlung dadurch sicherstellen muss, dass sie die Lizenzgebühren nach § 372 Satz 1 BGB unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt.
Das Berufungsgericht wird sich daher mit dem Vorbringen der Beklagten auseinandersetzen müssen, die Beklagte zu 1 habe nach Erlass des ersten Revisionsurteils vom 22. April 2009 sogleich bei der V. um die Einräumung des Weitersenderechts nachgesucht und - als eine Rechtseinräumung nicht erfolgt sei - vorsorglich zugunsten der V. einen Betrag von 10.000 € hinterlegt.
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Auskunftsantrag sei als Hilfsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs nach § 242 BGB begründet. Die Beklagte zu 1 habe schuldhaft gehandelt, weil sie sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt habe, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens in Betracht ziehen musste. Die Beklagten zu 1 und 2 seien für die Rechtsverletzung als Täter verantwortlich und verpflichtet, die zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs begehrte Auskunft zu erteilen.
Die Revision macht geltend, der Auskunftsanspruch sei jedenfalls nicht für die Zeit vor der Zustellung des ersten Revisionsurteils am 19. Juni 2009 begründet. Das Berufungsgericht habe sich bei der Annahme eines Verschuldens der Beklagten auf die Feststellungen des Senats im ersten Revisionsurteil gestützt. Diese Feststellungen hätten sich aber nur auf den seinerzeit von den Vorinstanzen zuerkannten Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung des Vervielfältigungsrechts und nicht auf den erst jetzt vom Berufungsgericht bejahten Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung des Weitersenderechts bezogen. Vor dem Hintergrund, dass sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht zunächst ausschließlich den Betrieb des Angebots „Save.TV“ hinsichtlich des Vervielfältigungsrechts untersagt hätten und das Landgericht - vom Berufungsgericht in seinem ersten Berufungsurteil unbeanstandet - sogar ausdrücklich festgestellt habe, dass keine Verletzung des Weitersenderechts vorliege, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten das in Rede stehende Weitersenderecht vorsätzlich verletzt hätten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Vervielfältigung eine tatsächlich andere Handlung betreffe als die Weitersendung und es damit nicht lediglich um eine rechtliche Neubewertung derselben Handlung gehe.
Damit können die Beklagten keinen Erfolg haben. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verschulden beziehen sich allgemein darauf, dass das Angebot des Internet-Videorecorders durch die Beklagten das Leistungsschutzrecht der Klägerin als Sendeunternehmen aus § 87 Abs. 1 UrhG verletzt hat und nicht allein darauf, ob dieses Angebot in das Vervielfältigungsrecht, das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens oder das Weitersenderecht eingreift.
c) Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls zu prüfen haben, ob der zuerkannte Auskunftsanspruch in der Sache zu weit geht. Die Revision macht geltend, der Inhalt der tenorierten Auskunftsanträge sei dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts entnommen, das noch - unzutreffend - von einer Verletzung des Vervielfältigungsrechts ausgegangen sei und reiche im Fall der Verletzung des Weitersenderechts deutlich zu weit.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZB 77/17 09.05.2018 OLG Hamburg, 6 Sch 17/16 Aufhebung eines Schiedsspruches, Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches; Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde, aufschiebende Bedingung der Wirksamkeit eines Schiedsspruches bei Bestehen einer Berufungsmöglichkeit; Oberschiedsgericht; Exi
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 77/17
vom
9. Mai 2018
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg 6. Zivilsenat vom 31. Juli 2017 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 58.894,68 €
Gründe:

1
I. Die Antragsgegnerin, ein in Ungarn ansässiges Unternehmen, und die Antragstellerin mit Sitz in Paderborn schlossen am 15. Juni 2015 einen Vertrag über die Lieferung von fünf Lkw-Ladungen Dunstsauerkirschen, der durch Herrn Q vermittelt wurde. Von dem Vertrag wurden zwei gleichlautende Ausfertigungen erstellt. Jede Vertragspartei unterzeichnete jeweils nur eine Ausfertigung, der Vermittler unterzeichnete beide Exemplare. In dem Vertrag heißt es unter "Bedingungen (Conditions)":
Dieser Vertrag wurde zu den Geschäftsbedingungen des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. abgeschlossen, dessen Schiedsgericht oder Sachverständige zur endgültigen Entscheidung aller Streitigkeiten zuständig sein sollen.
2
Die Antragsgegnerin erfüllte den Kaufvertrag nicht. Die ihr daraufhin von der Antragstellerin in Rechnung gestellten Mehraufwendungen für einen Deckungskauf in Höhe von 58.894,68 € beglich sie nicht. Mit ihrer vor dem Schiedsgericht des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. erhobenen Schiedsklage nimmt die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf Zahlung dieses Betrags in Anspruch.
3
Mit Schiedsspruch vom 27. Juni 2016 hat das Schiedsgericht die Antragsgegnerin verurteilt, an die Antragstellerin 58.894,68 € zuzüglich Zinsen und Kosten zu zahlen. Die von der Antragsgegnerin gegen diesen Schiedsspruch eingelegte Berufung wurde durch den Berater des noch nicht zusammengesetzten Oberschiedsgerichts mit Beschluss vom 24. August 2016 als unzulässig verworfen, weil die Antragsgegnerin bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 5. August 2016 keinen Oberschiedsrichter ernannt hatte.
4
Die Antragstellerin hat vor dem Oberlandesgericht beantragt, den Schiedsspruch vom 27. Juni 2016 für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin hat, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, beantragt,
1.           den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des … Schiedsspruchs zurückzuweisen;
2.           den durch das Schiedsgericht … erlassenen Schiedsspruch aufzuheben;
3.           den durch das Oberschiedsgericht … erlassenen Beschluss aufzuheben.
5
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, die Parteien hätten keine wirksame Schiedsvereinbarung abgeschlossen.
6
Das Oberlandesgericht hat die Anträge der Antragsgegnerin auf Aufhebung des Schiedsspruchs sowie des Beschlusses des Oberschiedsgerichts zurückgewiesen und den Schiedsspruch gemäß dem Antrag der Antragstellerin für vollstreckbar erklärt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.
7
II. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Aufhebungsanträge seien als unbegründet abzuweisen, während dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung zu entsprechen sei. Dazu hat es ausgeführt:
8
Gemäß § 1031 Abs. 1 ZPO reiche es für den wirksamen Abschluss einer Schiedsvereinbarung aus, wenn bei mehreren gleichlautenden Dokumenten die Unterzeichnung jeweils auf dem für den Vertragspartner bestimmten Exemplar erfolge. Die Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (BGBl. 1989 II S. 588 CISG) und vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121 UNÜ) sowie die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12. Dezember 2012 (ABl. 2012 Nr. L 351 S. 1 Brüssel­Ia­VO) seien nicht anwendbar oder enthielten jedenfalls keine weitergehenden Anforderungen an die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung. Mit der von der Antragsgegnerin gegebenen Begründung, sie sei der deutschen Sprache nicht mächtig, so dass sie den Inhalt des Vertrags nicht verstanden habe, könne die auf den Abschluss des Vertrags vom 15. Juni 2015 gerichtete Erklärung auch nicht angefochten werden.
9
Der Antrag, den Beschluss des Oberschiedsgerichts aufzuheben, sei zurückzuweisen, da der von der Antragsgegnerin geltend gemachte Verstoß gegen den ordre public nicht vorliege. Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs sei stattzugeben, da keine Aufhebungsgründe vorlägen.
10
III. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 und 2 ZPO) und auch sonst zulässig. Sie ist aber unbegründet.
11
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
12
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung ist die Rechtsbeschwerde nicht deshalb insgesamt unzulässig, weil sie sich nicht dagegen wendet, dass das Oberlandesgericht den Antrag der Antragsgegnerin auf Aufhebung des Beschlusses des Oberschiedsgerichts zurückgewiesen hat. Das ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen einem zweistufigen Schiedsverfahren und den Verfahren vor dem Oberlandesgericht auf Aufhebung oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs.
13
b) Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
14
aa) Gegenstand eines Verfahrens vor dem Oberlandesgericht auf Aufhebung oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs kann nur ein Schiedsspruch sein, der gemäß § 1055 ZPO unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat. Sieht die Schiedsordnung ein Oberschiedsgericht vor, liegt ein solcher Schiedsspruch erst vor, wenn das gesamte Schiedsverfahren beendet ist (RG, Urteil vom 25. Juni 1926 - VI 79/26, RGZ 114, 165, 168; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1953 II ZR 170/52, BGHZ 10, 325, 327 [juris Rn. 14]). Die Wirksamkeit des Schiedsspruchs erster Instanz steht unter der aufschiebenden Bedingung seiner Bestätigung durch das Oberschiedsgericht (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 22 Rn. 11). Die aufschiebende Bedingung tritt ein, wenn die Berufung nicht fristgemäß eingelegt, als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird. Wird das Schiedsverfahren - wie im Streitfall - dadurch abgeschlossen, dass das Oberschiedsgericht die Berufung gegen den Schiedsspruch als unzulässig verwirft, so ist Gegenstand der Vollstreckbarerklärung gemäß § 1060 ZPO der Schiedsspruch erster Instanz, der mit der Verwerfung der Berufung als unzulässig die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils erlangt hat. Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung kann der Antragsgegner gegen diesen Schiedsspruch Aufhebungsgründe im Sinne von § 1059 Abs. 2 ZPO geltend machen. Dabei hat er die gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 3, § 1059 Abs. 3 ZPO maßgebliche Frist zu beachten.
15
bb) Die im Schiedsverfahren unterlegene Partei kann zudem sowohl in einem von ihr angestrengten Aufhebungsverfahren als auch zur Abwehr der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vor dem Oberlandesgericht Aufhebungsgründe gegen einen Beschluss des Oberschiedsgerichts geltend machen, durch den ihre Berufung im Schiedsverfahren als unzulässig verworfen worden ist. Dabei richtet sich ihr Rechtsschutzziel darauf, die Durchführung des in der Schiedsordnung vorgesehenen Berufungsverfahrens zu erreichen.
16
Ist der Antrag auf Aufhebung des Beschlusses des Oberschiedsgerichts erfolgreich, so ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zurückzuweisen, weil es an der für dessen Erfolg erforderlichen Voraussetzung eines abgeschlossenen Schiedsverfahrens fehlt. Gegen den (erstinstanzlichen) Schiedsspruch gerichtete Aufhebungsgründe können im Aufhebungsverfahren gegen einen die Unzulässigkeit der Berufung feststellenden Beschluss des Oberschiedsgerichts nicht geltend gemacht werden. Aufhebungsgründe in diesem Verfahren müssen an die Feststellung der Unzulässigkeit der Berufung anknüpfen. Das ist etwa der Fall, wenn - wie im vorliegenden Verfahren vor dem Oberlandesgericht - ein Verstoß der für die Zulässigkeit der Berufung nach der Schiedsordnung geltenden Voraussetzungen gegen den ordre public geltend gemacht wird.
17
Bleibt der Angriff gegen den Beschluss des Oberschiedsgerichts, durch den die Berufung als unzulässig verworfen wurde, ohne Erfolg, so löst dies für den (erstinstanzlichen) Schiedsspruch die Rechtsfolge des § 1055 ZPO aus. Der Schiedsspruch erlangt die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Wird dann die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt, hindert die Bestandskraft des die Unzulässigkeit der Berufung im Schiedsverfahren feststellenden Beschlusses des Oberschiedsgerichts den Antragsgegner nicht, im Verfahren gemäß § 1060 ZPO alle gegen den Schiedsspruch in Betracht kommenden Aufhebungsgründe geltend zu machen.
18
Sofern der Antragsgegner im Verfahren der Vollstreckbarerklärung auch einen Aufhebungsantrag gegen einen solchen Beschluss des Oberschiedsgerichts stellt, muss das Oberlandesgericht hierüber allerdings vorrangig entscheiden. Denn der Erfolg eines solchen Antrags würde zur Wiedereröffnung des Schiedsverfahrens führen und damit ohne weiteres zur Unzulässigkeit des anhängigen Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung. Hält das Oberlandesgericht den Aufhebungsantrag gegen den Beschluss des Oberschiedsgerichts für unzulässig oder unbegründet, hat es sodann gegebenenfalls die vom Antragsgegner geltend gemachten Aufhebungsgründe gegen den Schiedsspruch zu prüfen.
19
c) Nach diesen Grundsätzen ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung der Bestand des die Unzulässigkeit der Berufung aussprechenden Beschlusses des Oberschiedsgerichts kein Hindernis für die Aufhebung des Schiedsspruchs erster Instanz. Die Antragsgegnerin hat zudem den auf den Aufhebungsgrund der Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a ZPO) gestützten Aufhebungsantrag innerhalb der Frist des § 1060 Abs. 2 Satz 3, § 1059 Abs. 3 ZPO und damit rechtzeitig gestellt.
20
aa) Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung sind nach § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen, wenn die in § 1059 Abs. 3 ZPO bestimmten Fristen abgelaufen sind, ohne dass der Antragsgegner einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt hat. Gemäß § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO muss, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, der Aufhebungsantrag innerhalb einer Frist von drei Monaten bei Gericht eingereicht werden. Die Frist beginnt gemäß § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit dem Tag, an dem der Antragsteller den Schiedsspruch empfangen hat. Ist eine Berufung im Schiedsverfahren zugelassen, so beginnt die Frist an dem Tag, an dem der Antragsteller die Entscheidung des Oberschiedsgerichts empfangen hat.
21
Zwar tritt die aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit des Schiedsspruchs erster Instanz bereits mit der tatsächlichen Verfristung der Berufung ein und nicht erst mit der Zustellung der entsprechenden Entscheidung des Oberschiedsgerichts. Dennoch beginnt die Frist des § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht bereits am Tag des (fruchtlosen) Ablaufs der Berufungsfrist (aA Voit in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 1059 Rn. 3). Vor einer entsprechenden Entscheidung des Oberschiedsgerichts hat der Berufungskläger des Schiedsverfahrens regelmäßig keine Kenntnis von der Unzulässigkeit seines Rechtsmittels. Zudem stellt § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO für den Fristbeginn ausdrücklich auf einen Empfang des Schiedsspruchs durch den Antragsteller ab. Bei einem zweistufigen Schiedsverfahren beginnt die Frist des § 1059 Abs. 3 Satz 2 ZPO daher erst, wenn der Antragsteller die Entscheidung des Oberschiedsgerichts empfangen hat (so für einen das Rechtsmittel als unbegründet zurückweisenden Beschluss eines Oberschiedsgerichts auch OLG Hamburg, Beschluss vom 29. September 2000 11 Sch 5/00, juris Rn. 28).
22
bb) Im Streitfall wurde der Antragsgegnerin der Beschluss des Oberschiedsgerichts am 29. August 2016 zugestellt. Ihre am 24. Oktober 2016 gegen den Schiedsspruch und am 25. November 2016 gegen den Beschluss des Oberschiedsgerichts gerichteten Aufhebungsanträge sind damit innerhalb der Dreimonatsfrist des § 1059 Abs. 3 ZPO gestellt worden.
23
2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Ohne Erfolg macht sie geltend, die Parteien hätten keine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen.
24
a) Der Senat hat bereits in dem denselben Streitfall betreffenden Beschluss vom 11. Mai 2017 (I ZB 75/16, NJW 2017, 3723 Rn. 16 ff.) die Rechtsbeschwerde der hiesigen Antragsgegnerin gegen die Abweisung ihres Antrags auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Anhörungsrüge hat er mit Beschluss vom 29. März 2018 zurückgewiesen (I ZB 75/16, juris). Die Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens im Streitfall steht damit rechtskräftig fest.
25
Hat das Oberlandesgericht einen Antrag nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf Aufhebung des Zwischenentscheids, mit dem das Schiedsgericht seine Zuständigkeit bejaht hat, zurückgewiesen, ist diese Entscheidung für ein nachfolgendes Verfahren auf Aufhebung (§ 1059 ZPO) oder Vollstreckbarerklärung (§ 1060 ZPO) des Schiedsspruchs bindend (BGH, Beschluss vom 21. April 2016 I ZB 7/15, SchiedsVZ 2016, 339 Rn. 10, mwN). Entsprechendes gilt für den hier vorliegenden Fall, dass das Oberlandesgericht über einen Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO betreffend die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens entschieden hat. Auch in diesem Fall ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts für das nachfolgende Verfahren auf Aufhebung oder Vollstreckbarerklärung bindend. Danach steht im Streitfall aufgrund der rechtskräftigen Zurückweisung des mit der Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung begründeten Antrags der hiesigen Antragsgegnerin auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens mit bindender Wirkung fest, dass die Schiedsvereinbarung wirksam und das Schiedsverfahren zulässig ist. Die Rechtsbeschwerde hat nicht geltend gemacht, dass nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts über den Feststellungsantrag weitere Umstände zutage getreten sind, die der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung und der Zuständigkeit des Schiedsgerichts entgegenstehen könnten (vgl. BGH, SchiedsVZ 2016, 339 Rn. 13).
26
b) Im Übrigen steht dem Argument der Antragsgegnerin, bei der Schiedsklausel handele es sich um eine von der Antragstellerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, entgegen, dass sie von Q formuliert wurde, der nach dem Erscheinungsbild der Vertragsurkunden als oder jedenfalls wie ein Handelsmakler im Sinne von § 93 HGB aufgetreten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 IV ZR 74/08, NJW­RR 2010, 39 Rn. 2 und 4; MünchKomm.BGB/Basedow, 7. Aufl., § 305 Rn. 22).
27
aa) Dafür spricht der Kopf der Vertragsurkunden, der außer dem Namen Q die Bezeichnung "Import-Export-Agentur" enthält, sowie die Angabe der Kommunikationsdaten allein für die Geschäftsräume des Q, ohne jeden Hinweis auf ein Vertretungs- oder sonstiges Vertragsverhältnis zu einer der Parteien. Das Dokument ist außerdem im Stil einer Schlussnote im Sinne von § 94 HGB gehalten.
28
bb) Zwar findet sich eine Provisionsvereinbarung von Q nur mit der Antragstellerin als Käuferin und allein in dem für diese bestimmten Vertragsexemplar. Nach § 99 HGB besteht eine Provisionspflicht beider Parteien für Handelsmakler aber nur im Zweifel. Es unterliegt der uneingeschränkten Dispositionsbefugnis der Parteien, eine abweichende Vereinbarung zu treffen. Damit kann der im Streitfall getroffenen Provisionsvereinbarung im Gesamtzusammenhang der Vertragsurkunde kein Indiz dafür entnommen werden, dass die Schiedsvereinbarung von Q in einer Eigenschaft als Vertreter der Antragstellerin gestellt worden ist.
29
cc) Soweit die Antragsgegnerin - wohl erstmals in diesem Verfahren - vorträgt, die Antragstellerin verwende die Schiedsklausel in einer Vielzahl von Kaufverträgen, wendet die Rechtsbeschwerdeerwiderung ein, dies könne auch für einen entsprechenden Handelsbrauch sprechen. Jedenfalls sind Schiedsklauseln bei Verträgen im internationalen Handel durchaus üblich (vgl. MünchKomm.HGB/Karsten Schmidt, 4. Aufl., § 346 Rn. 60). Sollte die Antragstellerin die Schiedsklausel zudem deshalb als zwingende Vorgabe angesehen haben, weil die Antragstellerin zu einem Vertragsabschluss ohne Schiedsklausel nicht bereit war, dürfte auch das noch nicht ausreichen, um die Schiedsklausel im kaufmännischen Verkehr als einseitig von der Antragstellerin gestellte Vertragsklausel anzusehen.
30
c) Zudem kann die Frage einer Qualifikation der Schiedsklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung letztlich dahinstehen. Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, hielte die Schiedsklausel im Streitfall der dann unter Kaufleuten allein maßgeblichen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Eine unangemessene Benachteiligung der Antragsgegnerin ist nicht erkennbar. Wie oben Rn. 1 dargelegt, war die Schiedsklausel in den Vertragsurkunden auch vollständig wiedergegeben, so dass an ihrer wirksamen Einbeziehung in den Vertrag im hier vorliegenden kaufmännischen Verkehr (vgl. § 310 BGB) kein Zweifel besteht. Nach dem CISG bestehen keine weitergehenden Anforderungen.

31
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZB 46/18 16.05.2019 OLG Karlsruhe, 10 Sch 12/13 Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches; Gegenvorstellung; Änderung des Streitwerts; Statthaftigkeit der Streitwertbeschwerde; Berücksichtigung der Abweisung der Widerklage im Schiedsverfahren bei der Streitwertfestsetzung; Berück
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 46/18
vom
16. Mai 2019
in dem Verfahren
auf Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs
In Abänderung des Senatsbeschlusses vom 31. Januar 2019 wird der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 13.735.891,07 € festgesetzt.
Gründe:
1
I. Der Senat hat mit Beschluss vom 31. Januar 2019 die Rechtsbeschwerde der Schiedsbeklagten zurückgewiesen und den Wert des Beschwerdegegenstands auf 6.120.000 € festgesetzt.
2
II. Die gegen diese Streitwertfestsetzung gerichtete Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten der Schiedsklägerin ist statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg.
3
1. Die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten ist statthaft, weil eine Streitwertbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2018 - I ZB 12/17, juris Rn. 3 mwN).
4
2. Die Gegenvorstellung ist auch begründet.
5
a) Der Streitwert in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (vgl. OLG München, SchiedsVZ 2014, 257, 262 [juris Rn. 58]) und entspricht deshalb grundsätzlich dem Wert der zu vollstreckenden Forderungen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2018 - I ZB 12/17, juris Rn. 4). Die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs dient allerdings nicht nur dazu, die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen, sondern soll den Spruch auch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichern. Nur durch die Vollstreckbarerklärung ist der Schiedsspruch umfassend gegen Aufhebungsgründe gesichert (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2006 - III ZB 78/05, SchiedsVZ 2006, 278 Rn. 10 f.). Es kann sich deshalb als streitwerterhöhend auswirken, wenn der Antrag auf Vollstreckbarerklärung und das Interesse des Antragstellers über den Wert der zu vollstreckenden Forderungen hinausreichen.
6
b) Danach ist der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 13.735.891,07 € festzusetzen.
7
aa) Die Vollstreckbarerklärung, die Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist, umfasst nicht nur die gegen die Schiedsbeklagte zu vollstreckende Forderung, sondern auch die Abweisung der Widerklage sowie die Entscheidung des Schiedsgerichts über die von der Schiedsbeklagten hilfsweise erklärten Aufrechnungen. Die Schiedsklägerin hat ein Interesse daran, dass auch insofern keine Aufhebungsgründe mehr geltend gemacht werden können. Das Oberlandesgericht hat dementsprechend ausdrücklich klargestellt, dass die Vollstreckbarerklärung so weit reicht, wie die Schiedsklage erfolgreich war und die Schiedswiderklage abgewiesen wurde. Ausgenommen worden ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses lediglich die Teilabweisung der Schiedsklage.
8
bb) Der Streitwert bestimmt sich mithin nach der zu vollstreckenden Forderung einschließlich des Feststellungsausspruchs, dem Wert der Widerklage und dem Wert der Hilfsaufrechnungen.
9
(1) Der Wert der zu vollstreckenden Forderungen beträgt 6.120.000 €. Er setzt sich zusammen aus der Verurteilung der Schiedsbeklagten zur Zahlung von 5.800.000 € und 320.000 € für den Feststellungsausspruch (80% des Kostenaufwands von 400.000 €).
10
(2) Die Widerklage auf Feststellung einer anteiligen Kostentragungspflicht der Schiedsklägerin an den Sanierungskosten erhöht den Streitwert gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG. Sie betrifft nicht denselben Gegenstand wie die Schiedsklage im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, weil mit Klage und Widerklage Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis geltend gemacht werden, die sich rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden, sondern unterschiedliche Vermögenspositionen betreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 2014 - VIII ZR 261/12, MDR 2014, 627 Rn. 5). Die Parteien machen jeweils (anteilig) Kosten für von ihnen sanierte Triebwagen geltend. Die Widerklage hat danach einen Wert von 2.372.220 € (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. März 2016 - 10 Sch 12/13, unveröffentlicht).
11
(3) Gemäß § 45 Abs. 3 GKG sind außerdem die vom Schiedsgericht negativ beschiedenen Hilfsaufrechnungen der Schiedsbeklagten in Höhe von 4.203.671,07 € und 1.040.000 € zu berücksichtigen.
12
c) Der Antrag der Schiedsbeklagten auf Aufhebung des Schiedsspruchs ist daneben wertmäßig nicht gesondert zu berücksichtigen. Das Aufhebungsinteresse der Schiedsbeklagten ist im Wert der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vollständig abgebildet.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZB 46/18 31.01.2019 OLG Karlsruhe, 10 Sch 12/13 Aufhebung eines Schiedsspruches; Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches, Befangenheit eines Experten; Offenbarungspflicht
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 46/18
vom
31. Januar 2019
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 10. Zivilsenat - wird auf Kosten der Schiedsbeklagten zurückgewiesen.
Der Antrag der Schiedsbeklagten, die Schiedsklägerin zur Zahlung von 9.187.959,61 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. März 2016 zu verurteilen, wird zurückgewiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: 6.120.000 € (geändert durch Beschluss vom 16. Mai 2019: 13.735.891,07 €).
Gründe:
1
I. Die Parteien bildeten ein Konsortium zum gemeinsamen Bau von S-Bahn-Zügen für die Deutsche Bahn. Im Konsortialvertrag vom 18./19. Februar 1998 ist geregelt, dass Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS-SchO 1998) unter Ausschluss des ordentlichen Gerichtswegs endgültig entschieden werden sollen. In einem Nachtrag zum Konsortialvertrag verpflichteten sich die Parteien, die von der Auftraggeberin gerügten Schäden an den Zügen zu beseitigen.
2
Im Zuge von Streitigkeiten über die Verantwortlichkeit für die erforderlich gewordene Sanierung erhob die Schiedsklägerin Schiedsklage, mit der sie von der Schiedsbeklagten den Ersatz von Sanierungskosten beanspruchte. Die Schiedsbeklagte erhob Widerklage, mit der sie die Feststellung begehrte, die Schiedsklägerin habe - entsprechend ihrer Beteiligungsquote am Konsortium - 65,895% der Sanierungskosten der Züge der dritten Baureihe zu tragen.
3
Auf Anfrage des Schiedsgerichts erklärte sich der Sachverständige U von der V GmbH zur Erstellung eines Gutachtens bereit. Auf Nachfrage des Schiedsgerichts bestätigte er, dass er keine wirtschaftlichen oder privaten Kontakte zu den Parteien unterhalte.
4
Das Schiedsgericht hat die Schiedsbeklagte durch Schiedsspruch vom 1. September 2013 zur Zahlung von 5.800.000 € und zum Ersatz der Kosten einer künftigen Sanierung der Fahrgastraumfußböden von elf Zügen verurteilt. Dabei ist es der Einschätzung des Sachverständigen gefolgt, dass der Sanierungsaufwand der Schiedsklägerin auf Konstruktionsfehlern der Schiedsbeklagten beruhe.
5
Die Schiedsbeklagte hat beim Oberlandesgericht Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs erhoben. Sie hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - geltend gemacht, der Sachverständige habe Offenbarungspflichten verletzt, indem er die vorangegangene Tätigkeit seines Vorgesetzten bei der Schiedsklägerin verschwiegen habe.
6
Die Schiedsklägerin hat beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären und den Antrag der Schiedsbeklagten auf Aufhebung des Schiedsspruchs abzuweisen. Die Schiedsbeklagte hat daraufhin beantragt, den Antrag der Schiedsklägerin auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen und das Verfahren auf Aufhebung des Schiedsspruchs bis zur Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs auszusetzen.
7
Das Oberlandesgericht hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt und die Anträge der Schiedsbeklagten zurückgewiesen. Auf die Rechtsbeschwerde der Schiedsbeklagten hat der Senat diesen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (BGH, Beschluss vom 2. Mai 2017 - I ZB 1/16, SchiedsVZ 2017, 317). Außerdem hat der Senat die Schiedsklägerin zur Rückzahlung des von der Schiedsbeklagten zur Abwendung der Vollstreckung aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts gezahlten Betrags nebst Zinsen verurteilt (BGH, Beschluss vom 2. Mai 2017 - I ZB 1/16, WM 2017, 1472).
8
Das Oberlandesgericht hat nach Vernehmung des Sachverständigen U sowie dessen Vorgesetzten W den Schiedsspruch erneut für vollstreckbar erklärt und den Gegenantrag der Schiedsbeklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Schiedsbeklagten, mit der sie ihre zuletzt vor dem Oberlandesgericht gestellten Anträge weiterverfolgt. Darüber hinaus beantragt sie erneut, die Schiedsklägerin gemäß § 1065 Abs. 2 Satz 2, § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO zur Rückzahlung des zur Abwendung der Vollstreckung Geleisteten zu verurteilen.
9
II. Das Oberlandesgericht hat angenommen, aus dem Umstand, dass der Sachverständige im Schiedsverfahren die Vorbeschäftigung seines damaligen Vorgesetzten nicht offengelegt habe, ergebe sich kein Aufhebungsgrund. Der Sachverständige habe dadurch zwar gegen seine Offenlegungspflicht nach § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 1 ZPO verstoßen. Dieser Verstoß habe sich jedoch nicht auf den Schiedsspruch ausgewirkt, weil der nicht offengelegte Umstand nicht als Befangenheitsgrund ausreiche. Ein gesonderter Befangenheitsgrund ergebe sich hier auch nicht aus dem Verstoß des Sachverständigen gegen die Offenlegungspflicht.
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III. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 und 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). In der Sache hat sie dagegen keinen Erfolg. Die Annahme des Oberlandesgerichts, der vom Sachverständigen U nicht offengelegte Umstand über die früheren beruflichen Beziehungen seines Vorgesetzten zur Schiedsklägerin führe zwar zu einem Verfahrensfehler, stelle aber keinen Befangenheitsgrund im Sinne der § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 2 ZPO dar, weist keinen Rechtsfehler auf.
11
1. Ein Schiedsspruch ist nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO unter anderem aufzuheben, wenn das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung des 10. Buchs der Zivilprozessordnung (§§ 1025 bis 1066 ZPO) oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.
12
Auf den vom Schiedsgericht bestellten Sachverständigen sind nach § 1049 Abs. 3 ZPO die §§ 1036, 1037 Abs. 1 und 2 ZPO entsprechend anzuwenden. Danach hat eine Person, die als Sachverständiger bestellt werden soll, alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können (§ 1036 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auch nach seiner Bestellung ist ein Sachverständiger bis zum Ende des schiedsrichterlichen Verfahrens verpflichtet, solche Umstände den Parteien unverzüglich offenzulegen, wenn er sie ihnen nicht schon vorher mitgeteilt hat (§ 1036 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Bei den Bestimmungen der § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 1 ZPO handelt es sich um zwingende Vorschriften des deutschen Schiedsverfahrensrechts, die nach § 24.1 Halbsatz 1 DIS-SchO 1998 auf das schiedsrichterliche Verfahren anwendbar sind, wenn die Parteien - wie hier - die Bestellung eines Sachverständigen durch das Schiedsgericht zugelassen haben (vgl. BGH, SchiedsVZ 2017, 317 Rn. 41).
13
Hat eine Person, die zum Sachverständigen bestellt werden soll oder bestellt worden ist, nicht alle Umstände offengelegt, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können, entspricht das schiedsrichterliche Verfahren nicht den Bestimmungen der § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 1 ZPO. Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO ist der Schiedsspruch in einem solchen Fall aufzuheben, wenn anzunehmen ist, dass sich dieser Verfahrensverstoß auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Diese Voraussetzung ist in der Regel erfüllt, wenn der Schiedsspruch auf dem Gutachten des Sachverständigen beruht und die vom Sachverständigen zu offenbarenden Gründe zu seiner Ablehnung ausgereicht hätten, weil sie berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen (BGH, SchiedsVZ 2017, 317 Rn. 46).
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2. Danach ist die Annahme des Oberlandesgerichts, der Schiedsspruch leide an einem Verfahrensfehler, weil der Sachverständige die Vorbeschäftigung seines Vorgesetzten bei der Schiedsklägerin im Schiedsverfahren aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls hätte offenlegen müssen, von Rechts wegen nicht zu beanstanden und wird von der Rechtsbeschwerde als für sie günstig hingenommen.
15
3. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts stelle sich dieser Verstoß gegen die Offenlegungspflicht als objektiv ausreichender Befangenheitsgrund dar und müsse zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen. Das Oberlandesgericht habe seiner Beurteilung rechtsfehlerhaft eine ex-post-Betrachtung zugrunde gelegt und sich auf Umstände gestützt, die erst nachträglich durch die Beweisaufnahme zutage getreten seien.
16
a) Ein Sachverständiger kann im Schiedsverfahren gemäß § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO ebenso wie ein Schiedsrichter abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Maßgebend hierfür ist, ob vom Standpunkt der Partei aus genügend objektive Gründe vorliegen, die aus der Sicht eines vernünftigen Menschen die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (zur Ablehnung von Schiedsrichtern vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26. Juni 2008 26 SchH 2/08, juris Rn. 25; OLG Frankfurt am Main, SchiedsVZ 2011, 342, 343 [juris Rn. 25 f.]; OLG München, SchiedsVZ 2015, 309, 310 [juris Rn. 26]; MünchKomm.ZPO/Münch, 5. Aufl., § 1036 Rn. 31 mwN). Die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Befangenheit liegt bei der beantragenden Partei (zu § 15 Abs. 3 DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018 vgl. Schütze/Theune, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl., S. 286). Der Ablehnungsgrund ist in Anlehnung an § 44 Abs. 2, § 294 ZPO glaubhaft zu machen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. Juni 2008 26 SchH 2/08, juris Rn. 27; MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1037 Rn. 16 und 29; Froitzheim, Die Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2016, S. 85; für Strengbeweis: KG, KGR Berlin 2000, 248, 251 [juris Rn. 24]).
17
b) Das Oberlandesgericht hat angenommen, die nicht offengelegte Vorbeschäftigung des Vorgesetzten reiche als objektiver Befangenheitsgrund nicht aus, weil sie keine berechtigten Zweifel im Sinne des § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 2 ZPO an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Sachverständigen aufkommen ließe. Es sei zu prüfen, ob das Schiedsgericht den Sachverständigen für befangen erklärt hätte, wenn dieser den Umstand der Vorbeschäftigung seines Vorgesetzten bei der Schiedsklägerin pflichtgemäß offengelegt hätte. Entscheidend sei dafür, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gehabt hätte, an der Unvoreingenommenheit zu zweifeln; dabei genüge der "böse Anschein". Nach der Beweisaufnahme lasse der Umstand der Vorbeschäftigung des Zeugen W bei der Schiedsklägerin bei besonnener Würdigung aller Umstände keine berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Sachverständigen aufkommen. Der Vorgesetzte sei in seiner Tätigkeit für die Schiedsklägerin - entgegen der Darstellung der Schiedsbeklagten - mit dem Gegenstand des Schiedsverfahrens nicht befasst gewesen. Gegenüber dem Sachverständigen habe sich die Vorgesetztenfunktion im Wesentlichen auf formale Koordination und Organisation beschränkt und keine Weisungsbefugnisse hinsichtlich der inhaltlichen Ergebnisse der Begutachtung umfasst. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
18
c) Die Rechtsbeschwerde rügt vergeblich, die Beurteilung sei rechtsfehlerhaft auf Umstände gestützt worden, die erst nachträglich aufgrund der Beweisaufnahme zutage getreten seien und dem Schiedsgericht bei seiner hypothetischen Entscheidung über den Befangenheitsantrag nicht vorgelegen hätten. Sie verkennt dabei, dass die Schiedsbeklagte auch im Verfahren vor dem Schiedsgericht den von ihr behaupteten Befangenheitsgrund hätte glaubhaft machen müssen. Für die Frage, ob die Besorgnis der Befangenheit eines Schiedsrichters oder Sachverständigen besteht, kommt es zwar auf die Sicht der ablehnenden Partei an. Allein die Darlegung der Schiedsbeklagten zu einer Befangenheit des Sachverständigen, bei der die Stellungnahme des Sachverständigen und Vortrag der Gegenseite ausgeblendet werden, stellt aber keine hinreichende Entscheidungsgrundlage dar.
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aa) Ausgangspunkt ist die Frage, ob die vom Sachverständigen zu offenbarenden Umstände im Sinne von § 1049 Abs. 3, § 1036 Abs. 1 ZPO zu seiner Ablehnung ausgereicht hätten, weil sie berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit hätten aufkommen lassen (vgl. BGH, SchiedsVZ 2017, 317 Rn. 46). Danach ist zunächst auf die vom Sachverständigen offenzulegenden Umstände abzustellen. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung weist zutreffend darauf hin, dass insoweit davon auszugehen ist, dass der Sachverständige alle Umstände zur Vorbeschäftigung seines Vorgesetzten sowie zu seinem dienstlichen Verhältnis zum Vorgesetzten offenbart hätte. Darüber hinaus hätte das Schiedsgericht eine Stellungnahme des Sachverständigen zu den ihm vorgeworfenen Umständen, die den anderen Verfahrensbeteiligten nicht aus eigener Wahrnehmung bekannt waren, einholen können, um den Sachverhalt weiter aufzuklären (vgl. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Rn. 1063; zu § 15 Abs. 3 DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018 vgl. Schütze/Theune aaO S. 289). Weiter hätte der Schiedsklägerin zum Ablehnungsgesuch der Schiedsbeklagten rechtliches Gehör gewährt werden müssen (vgl. Lachmann aaO Rn. 1071; Schütze/Theune aaO S. 289). Das Schiedsgericht wäre auch nicht gehindert gewesen, eine Stellungnahme des Vorgesetzten einzuholen oder diesen als Zeugen zu vernehmen. Auch dem Schiedsgericht wären deshalb alle die Umstände bekannt gewesen, die das Oberlandesgericht nunmehr in der von der Rechtsbeschwerde beanstandeten Beweisaufnahme ermittelt hat.
20
Das Oberlandesgericht hat entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde mit der Beweisaufnahme auch nicht überprüft, ob der "böse Anschein" objektiv berechtigt ist; es hat vielmehr den streitigen Tatsachenvortrag der Schiedsbeklagten zu der von ihr behaupteten Befangenheit des Sachverständigen einer Überprüfung durch eine Beweisaufnahme unterzogen und damit allein die Tatsachengrundlage für den behaupteten "bösen Anschein" geprüft.
21
bb) Die Rechtsbeschwerde kann danach nicht mit ihrer Auffassung durchdringen, weder die Schiedsbeklagte noch das Schiedsgericht hätten seinerzeit die dem Oberlandesgericht jetzt zur Verfügung stehenden Erkenntnisse gehabt, inwieweit der Vorgesetzte des Sachverständigen mit der Sanierung der streitgegenständlichen Baureihe befasst gewesen sei. Vielmehr habe die Schiedsbeklagte davon ausgehen müssen, dass der Vorgesetzte mehr als 20 Jahre lang in dem Werk der Schiedsklägerin tätig gewesen sei, in dem die streitgegenständlichen Züge in erheblichem Umfang saniert worden seien. Damit unterstellt die Rechtsbeschwerde, dass das Schiedsgericht bei der Entscheidung über den Ablehnungsantrag rechtsfehlerhaft allein auf den von der Schiedsklägerin bestrittenen Vortrag der Schiedsbeklagten abgestellt hätte und berücksichtigt nicht, dass sie die von ihr behauptete Tatsachengrundlage für ein Ablehnungsgesuch auch vor dem Schiedsgericht hätte glaubhaft machen müssen. Dasselbe gilt für das fehlende Weisungsverhältnis zwischen dem Sachverständigen und dem Vorgesetzten im Hinblick auf den Gutachtenauftrag.
22
4. Ebenfalls erfolglos wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Oberlandesgerichts, der Umstand, dass der Sachverständige seine gesetzliche Offenlegungspflicht missachtet habe, reiche alleine für eine begründete Ablehnung nicht aus.
23
a) Verletzt ein Schiedsrichter oder ein Sachverständiger seine Offenbarungspflicht, kann sich daraus ein selbständiger Grund für seine Ablehnung nur ergeben, sofern der Verstoß für sich bereits Zweifel an seiner Unparteilichkeit weckt. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn sich eine Offenlegungspflicht in der konkreten Situation aufdrängen musste. Dabei darf ein Umstand, der für sich genommen die Ablehnung des Schiedsrichters oder Sachverständigen wegen Befangenheit eindeutig nicht begründet, nicht auf dem Umweg über die Ablehnung wegen unterlassener Offenbarung dieses Umstands zur Ablehnung des Schiedsrichters oder des Sachverständigen führen (vgl. OLG Frankfurt am Main, NJW 2008, 1325, 1326 [juris Rn. 6]; KG Berlin, SchiedsVZ 2010, 225, 227 [juris Rn. 20]; OLG Hamm, Beschluss vom 5. Oktober 2011 - I-8 SchH 1/11, juris Rn. 21 f.; OLG München, NJOZ 2014, 1779, 1781 [juris Rn. 69 f.]; im Ergebnis ebenso OLG Naumburg, SchiedsVZ 2003, 134, 138 [juris Rn. 39 f.]; vgl. auch BGH, SchiedsVZ 2017, 317 Rn. 46 f. und 49; Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 1036 Rn. 3; MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1036 Rn. 25; Lachmann aaO Rn. 1043; Froitzmann aaO S. 164; einen Ablehnungsgrund bei Verletzung der Offenbarungspflicht im Regelfall bejahend: OLG Karlsruhe Urteil vom 14. Juli 2006 - 10 Sch 1/06, juris Rn. 5; Matusche-Beckmann/Spohnheimer in Festschrift von Hoffmann, 2011, S. 1029, 1032).
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b) Das Oberlandesgericht hat angenommen, es sei eine Frage des Einzelfalls, inwieweit die fehlende Offenlegung von Umständen, die für sich genommen nicht als Ablehnungsgrund ausreichten, aber hätten offengelegt werden müssen, einen eigenen Ablehnungsgrund schaffen könne. Dabei sei insbesondere das Gewicht der nicht offengelegten Umstände zu berücksichtigen. Maßgeblich sei, ob sich aus Sicht einer besonnenen Partei der Verdacht eines bewussten Verheimlichens und damit berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen ergeben mussten. Das werde umso eher zu bejahen sein, je mehr sich eine Offenlegungspflicht in der konkreten Situation habe aufdrängen müssen, hingegen umso eher zu verneinen, je nachvollziehbarer das Absehen von der Offenlegung erscheine. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
25
c) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, berechtigte Zweifel an der Neutralität und Integrität des Sachverständigen bestünden schon, wenn nur nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Sachverständige entweder seine Offenlegungspflicht bewusst verletzt habe oder den Interessen der Parteien, die durch diese Pflicht geschützt werden sollten, zumindest gleichgültig gegenüber stehe. Besondere Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige die betreffenden Umstände habe verheimlichen wollen, seien für die Ablehnung nicht erforderlich. Der damit im Grundsatz von der Rechtsbeschwerde geforderte Automatismus widerspricht dem Sinn und Zweck der Regelung des § 1036 Abs. 2 ZPO, wonach allein berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters oder Sachverständigen eine Ablehnung rechtfertigen. Das ist auch bei der Verletzung von Offenlegungspflichten eine Frage der Würdigung im Einzelfall. Das Oberlandesgericht hat dabei zutreffend auf das Gewicht der nicht offengelegten Umstände abgestellt.
26
d) Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Oberlandesgerichts, für eine vernünftige Partei habe sich kein Anhaltspunkt für ein bewusstes Verheimlichen durch den Sachverständigen ergeben. Insoweit setzt die Rechtsbeschwerde in unzulässiger Weise ihre eigene Würdigung gegen die des Tatgerichts. Rechtsfehler zeigt sie damit nicht auf.
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IV. Die Rechtsbeschwerde ist danach auf Kosten der Schiedsbeklagten zu verwerfen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Ebenfalls ohne Erfolg bleibt der Antrag auf Erstattung des zur Abwendung der Vollstreckung aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts geleisteten Betrags nebst Zinsen gemäß § 1065 Abs. 2 Satz 2, § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZB 3/14 16.04.2015 OLG München, 34 Sch 14/12 Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruches; Unwirksamkeit des Schiedsvereinbarung; Beschlussmängelstreitigkeiten; Verletzung rechtlichen Gehörs; Zustellung des Schiedsspruches.
BESCHLUSS

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München - 34. Zivilsenat - vom 18. Dezember 2013 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zu 1 zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 6.000.000 €.

Gründe:
1
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner zu 1 bis 4 sind oder waren Gesellschafter der Antragsgegnerin zu 5, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Deren Gesellschaftsvertrag erlaubt es, einen Beirat als weiteres Organ der Gesellschaft einzurichten. Die Gesellschafterversammlung hat am 4. März 2011 auf Antrag der Antragstellerin gegen die Stimmen der Antragsgegner zu 1 bis 4 die Errichtung eines Beirats beschlossen. Die dagegen vor den staatlichen Gerichten erhobene Beschlussmängelklage der Antragsgegnerin zu 1 auf Feststellung der Nichtigkeit dieses Beschlusses ist ohne Erfolg geblieben (OLG München, ZIP 2012, 1756).
2
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegner zu 1 bis 5 Schiedsklage erhoben und die Feststellung begehrt, dass der Beirat der Antragsgegnerin zu 5 für die Zustimmung zu im Einzelnen aufgeführten Geschäftsführungsmaßnahmen der Antragsgegnerin zu 5 zuständig sei und Beschlüsse des Beirats zu diesen Angelegenheiten der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen nach Köpfen bedürften. Das Schiedsgericht hat diesem Begehren entsprochen.
3
Die Antragstellerin hat beim Oberlandesgericht beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin zu 1 ist dem entgegengetreten. Das Oberlandesgericht hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt (OLG München, Beschluss vom 18. Dezember 2013 - 34 Sch 14/12, juris).
4
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin zu 1, mit der sie die Zurückweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung und die Aufhebung des Schiedsspruchs erstrebt.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist von Gesetzes wegen statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie ist aber nicht begründet.
6
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt, weil zum einen für das hier in Rede stehende Mehrparteienverfahren keine oder keine wirksame Schiedsvereinbarung vorliege (dazu II 2) und zum anderen das Schiedsgericht den Zeugen Dr. b nicht vernommen und dadurch den Anspruch der Antragsgengerin zu 1 auf rechtliches Gehör verletzt habe (dazu II 3).
7
2. Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, das Oberlandesgericht hätte den Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs ablehnen müssen, weil für das hier in Rede stehende Mehrparteienverfahren keine oder keine wirksame Schiedsvereinbarung vorliege. Entweder erfasse die in § 28 des Gesellschaftsvertrags der Antragsgegnerin zu 5 getroffene Schiedsvereinbarung nicht das hier in Rede stehende Mehrparteienverfahren; dann betreffe der Schiedsspruch eine Streitigkeit, die in der Schiedsabrede nicht erwähnt sei (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ZPO). Oder die Schiedsvereinbarung erfasse zwar das hier in Rede stehende Mehrparteienverfahren; dann sei sie insoweit allerdings ungültig (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Fall 2 ZPO).
8
a) Die in § 28 des Gesellschaftsvertrags der Antragsgegnerin zu 5 getroffene Schiedsvereinbarung bestimmt in Satz 1 und 2:
Über alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, welche diesen Gesellschaftsvertrag, das Gesellschaftsverhältnis oder die Gesellschaft betreffen, mit Ausnahme von Beschlussmängelstreitigkeiten, entscheidet, soweit dem nicht zwingendes Recht entgegensteht, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs ein Schiedsgericht. Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit, Durchführung und Beendigung des Gesellschaftsvertrages, einzelner Vertragsbestimmungen oder etwaiger Nachträge.
9
b) Das Oberlandesgericht hat angenommen, diese Schiedsvereinbarung gelte auch für Streitigkeiten zwischen mehreren Parteien und erfasse auch das hier in Rede stehende Verfahren. Dazu hat es ausgeführt: Dem Wortlaut der Schiedsvereinbarung sei eine Beschränkung auf Rechtsstreitigkeiten allein zwischen zwei Parteien nicht zu entnehmen. Vielmehr würden Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern ausdrücklich angeführt. Zwar sei die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für Beschlussmängelstreitigkeiten ausgeschlossen. Um eine solche Streitigkeit handele es sich hier jedoch nicht, weil deren Gegenstand nicht die Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses sei. Die Schiedsklausel sei nicht nach § 138 BGB ganz oder teilweise unwirksam. Sie erfülle zwar nicht die Anforderungen, die der Bundesgerichtshof für Schiedsvereinbarungen, die Beschlussmängelstreitigkeiten umfassen, aufgestellt habe. Darauf komme es aber nicht an. Eine allgemeine Feststellungsklage - wie die hier in Rede stehende - entfalte grundsätzlich nur Wirkung zwischen den Parteien. Das gelte auch, wenn sie ein Rechtsverhältnis betreffe, das für eine spätere Beschlussmängelstreitigkeit präjudiziell sei. Ein staatliches Gericht, vor dem eine Beschlussmängelstreitigkeit geführt werde, sei daher nicht an den zwischen anderen Parteien ergangenen früheren Schiedsspruch gebunden. Selbst wenn für die von der Schiedsklausel umfassten Streitigkeiten die vom Bundesgerichtshof für Beschlussmängelstreitigkeiten aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sein müssten, wäre die Schiedsklausel nicht insgesamt nichtig, weil alle potentiell Beteiligten, für die sich das Ergebnis des Schiedsverfahrens später auswirken könnte, am Schiedsverfahren beteiligt gewesen seien und an der Wahl der Schiedsrichter mitwirken konnten.
10
c) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die in § 28 des Gesellschaftsvertrags ausdrücklich genannten Streitigkeiten - wie die hier vorliegende Streitigkeit über die Durchführung des Gesellschaftsvertrags oder einzelner Vertragsbestimmungen - beträfen ihrer Natur nach immer mehrere Parteien. Da diese Streitigkeiten sich als Mehrparteienstreitigkeiten insoweit nicht von Beschlussmängelstreitigkeiten unterschieden, als sie sich aus materiell-rechtlichen Gründen oder aufgrund prozessualer Rechtskrafterstreckung auf alle Gesellschafter auswirkten, müssten für sie die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Schiedsfähigkeit II" aufgestellten Anforderungen an die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten gelten. Diese Anforderungen seien im Streitfall nicht erfüllt. Die Schiedsvereinbarung sei daher insoweit unwirksam.
11
Damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Die in der von der Rechtsbeschwerde angeführten Entscheidung für Beschlussmängelstreitigkeiten aufgestellten Anforderungen an eine Schiedsvereinbarung gelten nicht für Streitigkeiten der hier in Rede stehenden Art.
12
aa) Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung „Schiedsfähigkeit II" (Urteil vom 6. April 2009 - II ZR 255/08, BGHZ 180, 221) unter Aufgabe seiner früheren Entscheidung „Schiedsfähigkeit I" (Urteil vom 29. März 1996 - II ZR 124/95, BGHZ 132, 278) angenommen, dass Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Wirkungen der § 248 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG grundsätzlich kraft einer dies im Gesellschaftsvertrag festschreibenden Schiedsvereinbarung oder einer außerhalb der Satzung unter Mitwirkung aller Gesellschafter und der Gesellschaft getroffenen Individualabrede „schiedsfähig" sind, sofern und soweit das schiedsgerichtliche Verfahren in einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Weise - d.h. unter Einhaltung eines aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Mindeststandards an Mitwirkungsrechten und damit an Rechtsschutzgewährung für alle ihr unterworfenen Gesellschafter - ausgestaltet ist (BGHZ 180, 221 Rn. 10 und 13, mwN - Schiedsfähigkeit II).
13
Danach setzt die Wirksamkeit einer Schiedsklausel zu Beschlussmängelstreitigkeiten - am Maßstab des § 138 BGB gemessen - die Erfüllung folgender Mindestanforderungen voraus: Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Satzung verankert sein; alternativ reicht eine außerhalb der Satzung unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft getroffene Absprache aus. Jeder Gesellschafter muss - neben den Gesellschaftsorganen - über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten. Sämtliche Gesellschafter müssen an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt; im Rahmen der Beteiligung mehrerer Gesellschafter auf einer Seite des Streitverhältnisses kann dabei grundsätzlich das Mehrheitsprinzip zur Anwendung gebracht werden. Schließlich muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden (BGHZ 180, 221 Rn. 19 f. - Schiedsfähigkeit II, mwN).
14
bb) Die Wirksamkeit einer Schiedsklausel zu Beschlussmängelstreitigkeiten setzt die Erfüllung dieser Mindestanforderungen an die Mitwirkungsrechte der Gesellschafter voraus, weil die in Rechtsstreitigkeiten dieser Art ergehenden, der Klage stattgebenden Entscheidungen nach den im GmbH-Recht entsprechend anwendbaren § 248 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG über die nur zwischen den Parteien wirkende Rechtskraft des § 325 Abs. 1 ZPO hinaus für und gegen alle Gesellschafter und Gesellschaftsorgane wirken, auch wenn sie an dem Verfahren nicht als Partei teilgenommen haben (vgl. BGHZ 132, 278, 285 - Schiedsfähigkeit I). Eine Schiedsklausel zu Beschlussmängelstreitigkeiten ist daher nur wirksam, wenn sie die Belange der von der Rechtskraftwirkung analog § 248 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG potentiell berührten Gesellschafter in einer den Geboten des Rechtsstaatsprinzips genügenden Weise sicherstellt (vgl. BGHZ 180, 221 Rn. 16 bis 18 und 23 - Schiedsfähigkeit II).
15
Zu den Beschlussmängelstreitigkeiten gehören Anfechtungs-, Nichtigkeitsfeststellungs- und positive Feststellungsklagen entsprechend §§ 241 ff. AktG, nicht dagegen „einfache" Feststellungsklagen unter den Gesellschaftern nach § 256 ZPO (vgl. BGHZ 132, 278, 280 - Schiedsfähigkeit I; BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - III ZR 262/00, NJW 2001, 2176, 2177, insoweit nicht in BGHZ 147, 394). Einfache Feststellungsklagen entfalten ihre Wirkung allein zwischen den Parteien des Rechtsstreits. Eine Rechtskrafterstreckung erfolgt auch dann nicht, wenn aus Gründen der Logik eine einheitliche Entscheidung gegenüber nicht am Rechtsstreit beteiligten Personen notwendig oder wünschenswert wäre. Für die Rechtskrafterstreckung auf nicht am Rechtsstreit beteiligte Personen ist ohne eine besondere Vorschrift kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1959 - II ZR 44/58, NJW 1959, 1683, 1684 f., insoweit nicht in BGHZ 30, 195; Urteil vom 14. April 2010 - IV ZR 135/08, FamRZ 2010, 1068 Rn. 18). Für einfache Feststellungsklagen unter den Gesellschaftern nach § 256 ZPO gibt es keine besondere Vorschrift, die - wie der im GmbH-Recht entsprechend anwendbare § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG für Beschlussmängelstreitigkeiten - bestimmt, dass das Urteil für und gegen nicht am Rechtsstreit beteiligte Gesellschafter oder Gesellschaftsorgane wirkt. Sie haben daher nur Wirkung inter partes (BGH, NJW 2001, 2176, 2177, insoweit nicht in BGHZ 147, 394).
16
cc) Bei der hier in Rede stehenden Streitigkeit handelt es sich nicht um eine Beschlussmängelstreitigkeit; insbesondere ist ihr Gegenstand nicht die Anfechtung oder die Feststellung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses. Vielmehr liegt eine „einfache" Feststellungsklage vor, mit der die Antragstellerin die Feststellung begehrt, dass der Beirat der Antragsgegnerin zu 5 für die Zustimmung zu im Einzelnen aufgeführten Geschäftsführungsmaßnahmen der Antragsgegnerin zu 5 zuständig sei und Beschlüsse des Beirats zu diesen Angelegenheiten der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen nach Köpfen bedürften. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, eine solche - die Auslegung eines Gesellschaftsvertrags betreffende - Feststellungsklage sei in ihren Wirkungen nicht von einer Beschlussmängelklage zu unterscheiden. Auch die einer solchen Feststellungsklage stattgebende Entscheidung entfaltet Wirkungen allein zwischen den Parteien des Rechtsstreits und nicht für und gegen Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, die an dem Verfahren nicht als Partei teilgenommen haben. Das folgt daraus, dass es keine besondere Vorschrift gibt, die für solche Entscheidungen eine derartige Rechtskrafterstreckung anordnet. Die einer solchen Streitigkeit zugrunde liegende Schiedsvereinbarung muss daher, um wirksam zu sein, nicht die in der Entscheidung „Schiedsfähigkeit II" aufgestellten Anforderungen an eine Schiedsvereinbarung für Beschlussmängelstreitigkeiten erfüllen.
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d) Die Rechtsbeschwerde macht weiter ohne Erfolg geltend, die Auffassung des Oberlandesgerichts, alle potentiell Beteiligten, für die sich das Ergebnis des Schiedsverfahrens später auswirken könnte, seien am Schiedsverfahren beteiligt gewesen und hätten an der Wahl der Schiedsrichter mitwirken können, sei mit den Vorgaben des Bundesgerichtshofs unvereinbar und weiche in entscheidungserheblicher Weise von dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Oktober 2010 (SchiedsVZ 2010, 334) ab.
18
Bei den von der Rechtsbeschwerde beanstandeten Ausführungen des Oberlandesgerichts handelt es sich ersichtlich nur um Hilfserwägungen für den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass für die von der Schiedsklausel umfassten Streitigkeiten die vom Bundesgerichtshof für Beschlussmängelstreitigkeiten aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Die betreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts sind demnach nicht entscheidungserheblich. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der angefochtenen Entscheidung insoweit von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main abweichende Rechtssätze zugrunde liegen.
19
e) Die Rechtsbeschwerde macht schließlich vergeblich geltend, bei Feststellungsklagen über Gesellschafterstreitigkeiten nach § 256 ZPO, die eine Nähe zu Beschlussmängelstreitigkeiten aufwiesen, weil sie ihre Grundlage ausschließlich im Gesellschaftsverhältnis hätten und sich aus materiell-rechtlichen oder prozessrechtlichen Gründen auf alle Gesellschafter auswirken könnten, sei die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach allgemeine Feststellungsklagen nur inter partes und nicht erga omnes wirkten, aufzugeben.
20
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass allgemeine Feststellungsklagen nur inter partes und nicht erga omnes wirken. Die Rechtsbeschwerde zeigt für ihre abweichende Auffassung keine Gesichtspunkte auf, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht bereits berücksichtigt worden wären und eine Aufgabe dieser Rechtsprechung nahelegen könnten. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde sprechen die von ihr herangezogenen Entscheidungen nicht dafür, dass der Bundesgerichtshof jedenfalls bei Feststellungsklagen über Gesellschaftsverhältnisse, die eine Nähe zu Beschlussmängelstreitigkeiten aufweisen, eine Wirkung erga omnes für möglich hält.
21
Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. März 1999 (II ZR 205/98, NJW 1999, 2268) lassen sich dafür keine Anhaltspunkte entnehmen. Der Entscheidung lag eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zugrunde, mit der geklärt werden sollte, ob die Bestellung des Beklagten zum Geschäftsführer der klagenden GmbH wirksam widerrufen worden ist. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, die Erhebung einer solchen Feststellungsklage unterliege - im Gegensatz zur gesellschaftsrechtlichen Anfechtungsklage - auch im Gesellschaftsrecht keiner zeitlichen Beschränkung (BGH, NJW 1999, 2268). Allein der Umstand, dass die einfache Feststellungsklage eine gesellschaftsrechtliche Streitigkeit betraf, rechtfertigte es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs danach gerade nicht, sie den für die gesellschaftsrechtliche Anfechtungsklage geltenden Fristen zu unterwerfen. Mit der Rechtskraftwirkung einer einfachen Feststellungsklage befasst die Entscheidung sich nicht.
22
Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Oktober 2008 (II ZR 112/07, NJW 2009, 230) stützt den Standpunkt der Rechtsbeschwerde nicht. Der Bundesgerichtshof führt darin zwar aus, „es wäre nicht verständlich, wenn ein Urteil, das einen Beschluss für nichtig erklärt, Wirkung für und gegen alle hat, während die richterliche Feststellung eines schwerwiegenden Beschlussmangels nur die in § 249 Abs. 1, § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG genannten Personen bindet, obwohl beide Klagen dasselbe materielle Ziel verfolgen, die richterliche Klärung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses mit Wirkung für und gegen jedermann". Diese Ausführungen beziehen sich jedoch ersichtlich auf die Anfechtungsklage nach § 246 AktG einerseits und die Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 249 AktG andererseits, die als Beschlussmängelstreitigkeiten gleichermaßen für und gegen alle Gesellschafter und Gesellschaftsorgane wirken. Dagegen ist der Entscheidung nicht zu entnehmen, dass der Bundesgerichtshof bei „einfachen" Feststellungsklagen nach § 256 ZPO, die Gesellschaftsverhältnisse betreffen, eine entsprechende Wirkung erga omnes für möglich hält.
23
3. Die Rechtsbeschwerde macht ferner ohne Erfolg geltend, das Oberlandesgericht hätte den Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs deshalb ablehnen müssen, weil das Schiedsgericht dadurch, dass es den Zeugen Dr. b nicht vernommen habe, den Anspruch der Antragsgegnerin zu 1 auf rechtliches Gehör verletzt habe. Die Antragsgegnerin zu 1 habe deshalb ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht geltend machen können (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Fall 2 ZPO); die Vollstreckung des Schiedsspruchs führe damit zu einem Ergebnis, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspreche (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO).
24
a) Der dem Gesellschaftsvertrag beigefügte Schiedsvertrag regelt in § 4 Abs. 3 bis 5 zum Verfahren des Schiedsgerichts:
(3) Das Urteil des Schiedsgerichts ist endgültig und unanfechtbar, soweit ihm nicht wesentliche Verstöße gegen die Form oder gegen die Pflicht, die Parteien zu hören, vorgeworfen werden können. Wird ein Vorwurf seitens einer Partei erhoben, so hat dies innerhalb von zwei Wochen, vom Tag der Urteilszustellung an gerechnet, zu geschehen. Nach Ablauf der vorerwähnten Frist ist jedweder Einwand ausgeschlossen.
(4) Erfolgt die Rüge fristgemäß, so hat der Obmann erneut das Schiedsgericht unverzüglich zu berufen. In dem neuen Termin ist der sich beschwert fühlenden Partei nochmals Gelegenheit zu geben, die gerügten Verfahrensmängel vorzubringen. Falls sie das Gericht für berechtigt hält, hat es ihnen abzuhelfen, andernfalls ist der Einwand abzuweisen und die Kosten sind dem Antragsteller aufzuerlegen.
(5) Der Obmann ist verpflichtet, das Urteil den Beteiligten unverzüglich gegen Zustellungsurkunde zustellen zu lassen und die sonstigen in der ZPO vorgesehenen Maßnahmen zu treffen, die für die Vollstreckbarkeit des Urteils erforderlich sind.
25
Weiter haben die Parteien zur Durchführung des Schiedsverfahrens am 8. November 2011 eine Verfahrensvereinbarung getroffen, die in § 4 Satz 4 und 5 folgende Regelung zur Zustellung eines Schiedsspruchs enthält:
Ein Schiedsspruch (§ 1054 ZPO) oder eine sonstige Entscheidung des Schiedsgerichts wird den Verfahrensbevollmächtigten im Postweg übersandt. An die Stelle einer förmlichen Zustellung an eine Partei im Sinn von §§ 166 ff. ZPO tritt die Übermittlung des Schriftstücks durch Einschreiben mit Rückschein.
26
b) Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Antragsgegnerin zu 1 könne einen Verstoß des Schiedsgerichts gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Fall 2 ZPO) und damit den inländischen ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO) wie die unterbliebene Einvernahme des Zeugen Dr. b nicht mehr mit Erfolg rügen. Die Parteien hätten zur Überprüfung von Verstößen gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ein eigenständiges Abhilfeverfahren durch Anrufung des Schiedsgerichts vereinbart. Die Antragsgegnerin zu 1 habe die vereinbarte Frist zur Anrufung des Schiedsgerichts nicht eingehalten und sei daher mit ihrer Rüge ausgeschlossen.
27
c) Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, die Antragsgegnerin zu 1 sei mit ihrer Rüge entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts nicht wegen Versäumung der Frist zur Geltendmachung des Gehörsverstoßes beim Schiedsgericht ausgeschlossen. Die Vereinbarung einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Schiedsspruchs zur Einleitung eines Abhilfeverfahrens sei wegen Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam. Diese Frist habe daher nicht ablaufen können.
28
aa) Eine Schiedsvereinbarung ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, soweit sie den Rechtsschutz übermäßig einschränkt. Wegen seiner für den Bestand der Rechtsordnung wesentlichen Bedeutung kann der Rechtsschutz durch Parteivereinbarung allenfalls in einzelnen konkreten Ausgestaltungen, nicht aber in seiner Substanz abbedungen werden. Führt die Vereinbarung einer Schiedsklausel dazu, dass einer Partei der notwendige Rechtsschutz entzogen wird, ist die Schiedsvereinbarung mit den guten Sitten unvereinbar und daher nichtig (vgl. BGHZ 180, 221 Rn. 17 f., mwN). Entsprechendes gilt für von den Parteien zur Durchführung der Schiedsvereinbarung getroffene Verfahrensvereinbarungen.
29
bb) Durch die Vereinbarung einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Schiedsspruchs zur Einleitung eines Abhilfeverfahrens wegen eines Verstoßes des Schiedsgerichts gegen den Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör wird der Rechtsschutz der Parteien gegen Gehörsverstöße weder ausgeschlossen noch übermäßig eingeschränkt.
30
Es bleibt einer Partei unbenommen, einen Gehörsverstoß nach erfolgloser Durchführung eines solchen Abhilfeverfahrens beim Schiedsgericht im Rahmen des Aufhebungsverfahrens beim Oberlandesgericht als Verstoß des Schiedsgerichts gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Fall 2 ZPO) und damit den inländischen ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO) geltend zu machen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs stellt zugleich einen Verstoß gegen den inländischen (verfahrensrechtlichen) ordre public dar (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - III ZB 65/04, SchiedsVZ 2005, 259, 260; MünchKomm.ZPO/ Münch, 4. Aufl., § 1059 Rn. 45 mwN; Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 1059 Rn. 27; vgl. allgemein zum Begriff des inländischen ordre public BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - III ZB 17/08, NJW 2009, 1215 Rn. 5, mwN). Dabei steht der Partei zur Geltendmachung eines Gehörsverstoßes die für die Einreichung des Aufhebungsantrags geltende Frist von grundsätzlich drei Monaten (§ 1059 Abs. 3 ZPO) uneingeschränkt zur Verfügung. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde wird diese Frist durch das Erfordernis der Durchführung eines Abhilfeverfahrens nicht verkürzt. Im Rahmen des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, da er zugleich einen Verstoß gegen den inländischen ordre public darstellt, darüber hinaus auch dann zu berücksichtigen, wenn diese Frist bereits abgelaufen ist (vgl. § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Daran ändert das Erfordernis der Durchführung eines Abhilfeverfahrens nichts.
31
Allein für den Fall, dass eine Partei einen Gehörsverstoß nicht oder nicht fristgerecht im Rahmen des Abhilfeverfahrens geltend gemacht hat, kann sie diesen auch nicht mehr mit Erfolg im Rahmen des Aufhebungsverfahrens oder des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs rügen. Dadurch wird der Rechtsschutz der Partei gegen Gehörsverstöße nicht übermäßig eingeschränkt. Die Obliegenheit, wegen eines behaupteten Gehörsverstoßes innerhalb einer bestimmten Frist ein Abhilfeverfahren beim Schiedsgericht durchzuführen, ist aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit sachgerecht, da das Abhilfeverfahren entweder zu einer Abhilfe durch das Schiedsgericht oder durch eine begründete Ablehnung der Rüge zu einer endgültigen Befriedung führen und damit ein Aufhebungsverfahren beim Oberlandesgericht vermeiden kann. Die Bestimmung des § 4 Abs. 3 des Schiedsvertrags, wonach eine Partei, die einen Gehörsverstoß nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen in dem dafür vorgesehenen Abhilfeverfahren beim Schiedsgericht rügt, mit dieser Rüge im weiteren Verfahren ausgeschlossen ist, entspricht dem Zusammenspiel der gesetzlichen Regelungen des § 321a ZPO und des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Sie führt ebenso wenig wie diese Regelungen zu einer übermäßigen Einschränkung des Rechtsschutzes der Parteien.
32
Gemäß § 321a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 321a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO) schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird (§ 321a Abs. 2 Satz 4 ZPO). Ist die Rüge unzulässig oder unbegründet, wird sie vom Gericht verworfen oder zurückgewiesen (§ 321a Abs. 4 ZPO); ist sie begründet, so hilft ihr das Gericht ab (§ 321a Abs. 5 ZPO).
33
Hat die beschwerte Partei es versäumt, die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör mit der Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO geltend zu machen, ist eine auf die Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG gestützte Verfassungsbeschwerde mangels Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG unzulässig (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Juni 2007 - 1 BvR 1470/07, NJW 2007, 3054 f.; Kammerbeschluss vom 30. Mai 2008 - 1 BvR 27/08, juris Rn. 13 f.). Das gilt nicht nur, wenn die beschwerte Partei keine Anhörungsrüge erhoben hat, sondern auch, wenn das Gericht eine von der beschwerten Partei erhobene Anhörungsrüge wegen Versäumung der Frist mit Recht als unzulässig verworfen hat (vgl. Saenger, ZPO, 6. Aufl.,§ 321a ZPO Rn. 15). Eine Partei, die eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen mit der Anhörungsrüge beim Gericht, dessen Entscheidung angegriffen wird, geltend macht, ist mit dieser Rüge im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen.
34
Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, der Rechtsschutz der Parteien sei übermäßig eingeschränkt, weil für die Einleitung eines Abhilfeverfahrens eine Zweiwochenfrist gelte. Die zweiwöchige Frist für die Erhebung der Gehörsrüge entspricht der Frist des § 321a ZPO. Sie kann ebenso wenig wie diese als unangemessen angesehen werden. Die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen einer GmbH ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kein geeigneter Vergleichsmaßstab, weil es sich um eine spezielle Regelung für Beschlussmängelstreitigkeiten handelt, die nicht verallgemeinerungsfähig und im vorliegenden Fall ohnehin nicht einschlägig ist.
35
d) Die Rechtsbeschwerde macht weiter ohne Erfolg geltend, die Antragsgegnerin zu 1 sei mit ihrer Rüge, das Schiedsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts aus einem weiteren Grund nicht wegen Versäumung der Frist zur Geltendmachung des Gehörsverstoßes beim Schiedsgericht ausgeschlossen. Die Vereinbarung der Zustellung des Schiedsspruchs durch Einschreiben mit Rückschein sei wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der fairen Verfahrensgestaltung nichtig, so dass die Frist zur Geltendmachung des Gehörsverstoßes mangels wirksamer Zustellung des Schiedsspruchs jedenfalls nicht in Gang gesetzt worden sei.
36
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde verstößt es nicht gegen den Grundsatz einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Ausgestaltung des schiedsgerichtlichen Verfahrens (vgl. BGHZ 132, 278, 282 - Schiedsfähigkeit I; BGHZ 180, 221 Rn. 13 - Schiedsfähigkeit II), dass die Zustellung des Schiedsspruchs, die die Frist für das Abhilfeverfahren in Gang setzt, nach § 4 Satz 4 und 5 der Verfahrensvereinbarung auch an bevollmächtigte Rechtsanwälte durch Einschreiben mit Rückschein erfolgt, während die Zustellung eines Urteils, die Rechtsmittelfristen in Lauf setzt, an bevollmächtigte Rechtsanwälte nach ständiger Praxis gegen Empfangsbekenntnis geschieht.
37
Bei einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 174 ZPO) kann zwar - anders als bei einer Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein (§ 175 ZPO) oder einer Zustellung gegen Zustellungsurkunde (§§ 176 bis 182 ZPO) - die erforderliche Empfangsbereitschaft nicht durch den Nachweis des tatsächlichen Zugangs nach § 189 ZPO ersetzt und die Zustellung daher nicht durch fehlende Empfangsbereitschaft vereitelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 139/08, juris Rn. 12). Den Parteien eines Schiedsverfahrens steht es jedoch nach der gesetzlichen Regelung frei, eine Zustellung des Schiedsspruchs durch Einschreiben mit Rückschein zu vereinbaren. Nach § 1054 Abs. 4 ZPO ist jeder Partei ein von den Schiedsrichtern unterschriebener Schiedsspruch zu übermitteln. Die Parteien können die Art der Übermittlung des Schiedsspruchs näher bestimmen. Sie können insbesondere eine Zustellung des Schiedsspruchs durch Einschreiben mit Rückschein vereinbaren (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2001 - III ZB 57/00, NJW 2001, 3787, 3788) und zwar auch dann, wenn der Schiedsspruch an bevollmächtigte Rechtsanwälte zuzustellen ist. In einer solchen Vereinbarung kann daher kein Verstoß gegen den Grundsatz der fairen Verfahrensgestaltung gesehen werden.
38
III. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts auf Kosten der Antragsgegnerin zu 1 (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
Vollansicht
Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZB 109/14 16.12.2015 Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs; ordre public; rechtliches Gehör; Billigkeitsentscheidung; ex aequo et bono; amiable compositeur
BESCHLUSS

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Oktober 2014 wird auf Kosten der Antragsgegnerin als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 700.000 €.
Gründe:
1
Der Antragsteller ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der H GmbH (P GmbH). Die Antragsgegnerin, die A GmbH & Co. KG, und ihr verbundene Unternehmen (Q-Group) lieferten an die P GmbH und ihre Tochtergesellschaften (P-Group) maßgefertigte Komponenten für Schloss-Systeme.
2
Im Jahr 2008 verschlechterte sich die Liquidität der P GmbH. In einem Sanierungskonzept vom 15. August 2008 wurde ihr mittelfristiger Finanzierungsbedarf für Restrukturierungskosten mit 7,4 Mio. € beziffert. Vor diesem Hintergrund schlossen die P GmbH und die Antragsgegnerin am 6. Februar 2009 einen Kooperationsvertrag, wonach die Q-Group der Vorzugslieferant der P-Group bis zu einem Wert der Lieferungen von wenigstens 7 Mio.€ netto pro Jahr werden sollte. In Nr. 6 des Kooperationsvertrags verpflichtete sich die Antragsgegnerin, der P GmbH ein Darlehen in Höhe von 3,5 Mio.€ zu gewähren. Die Gewährung des Darlehens stand nach Nr. 6c des Kooperationsvertrags unter der Bedingung, dass eine Bank oder ein Dritter der P GmbH oder ihren Tochtergesellschaften gleichfalls ein Darlehen und zwar in Höhe von ca. 4 bis 6 Mio. € - abhängig vom Finanzierungsbedarf der P GmbH für das Jahr 2009 - gewährt. Der Darlehensvertrag konnte nach Nr. 6d des Kooperationsvertrags jederzeit ohne Einhaltung einer Frist mit sofortiger Wirkung gekündigt werden, falls die P GmbH gegen ihre unter Nr. 4 des Kooperationsvertrags genannten Verpflichtungen verstößt. In Nr. 4 des Kooperationsvertrags war vereinbart, dass die Q-Group für jedes Produkt der P-Group, welches Q zu produzieren in der Lage ist, ein Angebot machen kann, welches bei mindestens wirtschaftlicher und technischer Gleichwertigkeit mit dem Wettbewerber durch die P-Group angenommen werden muss, so dass die Q-Group Lieferungen mit einem jährlichen Wert von 7 Mio. € nach der vollständigen Umstellung der Lieferung von den bisherigen Lieferanten auf die Q-Group erreichen wird. In Nr. 10 des Kooperationsvertrags war geregelt, dass alle Streitigkeiten und Streitfragen, die aufgrund des Vertrages oder in Verbindung mit diesem Vertrag entstehen, einem Schiedsgericht zugewiesen und der Anwendung der Regeln des Deutschen Instituts für Schiedsgerichtswesen e.V. (DIS) unterworfen sind.
3
Zur Auszahlung des Darlehens kam es nicht. Die Antragsgegnerin kündigte den Kooperationsvertrag mit Schreiben vom 20. Mai 2009 mit sofortiger Wirkung. Sie begründete die Kündigung damit, dass die P GmbH nur in unzureichendem Umfang Lieferaufträge an sie erteilt habe. Am 1. Juli 2009 stellte die P GmbH Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Oktober 2009 eröffnet und der Antragsteller als Insolvenzverwalter bestellt.
4
Der Antragsteller hat Schiedsklage erhoben und beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 3,5 Mio. € nebst Zinsen zu verurteilen. Dazu hat er vorgetragen, die P GmbH sei wegen der mit der Kündigung verbundenen Weigerung der Antragsgegnerin, das Darlehen auszuzahlen, gezwungen gewesen, Insolvenzantrag zu stellen. Das habe zu einem Schaden jedenfalls in der geltend gemachten Höhe geführt. Das Schiedsgericht hat die Antragsgegnerin zur Zahlung von 700.000 € nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
5
Der Antragsteller hat beim Oberlandesgericht beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten. Das Oberlandesgericht hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt.
6
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die Ablehnung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung und die Aufhebung des Schiedsspruchs sowie die Feststellung erstrebt, dass die Sache nicht an das Schiedsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wird.
7
II. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts ist von Gesetzes wegen statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO genannte Entscheidung des Oberlandesgerichts über einen Antrag betreffend die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1060 ff. ZPO) findet gemäß § 1065 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Rechtsbeschwerde statt. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Senatsentscheidung erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
8
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Die Rechtsbeschwerde macht insoweit geltend, der Schiedsspruch verstoße gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO). Darüber hinaus verstießen die Ausführungen des Schiedsgerichts zur Schadenshöhe gegen das Verbot der Billigkeitsentscheidung (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO). Das Oberlandesgericht habe diese Verstöße hingenommen und dabei ebenso wie das Schiedsgericht das Vorbringen der Antragsgegnerin übergangen. Damit kann die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben. Die von der Rechtsbeschwerde behaupteten Rechtsverstöße verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und erfordern keine Senatsentscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
9
2. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, der Schiedsspruch verstoße gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts.
10
a) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO aufgehoben werden, wenn seine Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Das setzt voraus, dass dieses Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Das ist der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar. Vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - III ZB 17/08, WM 2009, 573, 574, mwN; Beschluss vom 28. Januar 2014 - III ZB 40/13, WM 2014, 1151, 1152). Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) stellt zugleich einen Verstoß gegen den inländischen (verfahrensrechtlichen) ordre public dar (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - III ZB 65/04, SchiedsVZ 2005, 259, 260; Beschluss vom 16. April 2015 - I ZB 3/14, NJW 2015, 3234 Rn. 30, mwN).
11
b) Das Schiedsgericht hat angenommen, die Antragsgegnerin sei dem Antragsteller gemäß §§ 280, 276, 249 ff. BGB schadensersatzpflichtig. Die von der Antragsgegnerin erklärte Kündigung des Kooperationsvertrags mit Schreiben vom 20. Mai 2009 sei unwirksam gewesen, da zu diesem Zeitpunkt keine hinreichenden Gründe für eine Kündigung vorgelegen hätten. Die Antragsgegnerin habe durch die unwirksame Kündigung und die von ihr geäußerte Auffassung, schon wegen dieser Kündigung nicht mehr zur Auszahlung des Darlehens verpflichtet zu sein, eine Nebenpflicht aus dem Kooperationsvertrag schuldhaft verletzt. Sie sei aufgrund des Kooperationsvertrags verpflichtet gewesen, sich an der Sanierung der P GmbH zu beteiligen und das Darlehen unter den vereinbarten Bedingungen zu gewähren. Es stehe fest, dass die in der unberechtigten Kündigung liegende Pflichtverletzung (haftungsbegründend) kausal für eine im Wege des Schadensersatzes auszugleichende Vermögenseinbuße der P GmbH gewesen sei. Da die Antragsgegnerin vertragswidrig die Kündigung erklärt und damit treuwidrig im Sinne von § 242 BGB gehandelt habe, könne sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kausalität stehe entgegen, dass die P GmbH ohnehin insolvenzreif gewesen sei und nicht in der Lage gewesen wäre, die im Vertrag vereinbarte Bedingung für die Auszahlung des Darlehens rechtzeitig vor der Insolvenz herbeizuführen.
12
c) Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, es widerspreche wesentlichen Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts, dass das Schiedsgericht die Erbringung eines Nachweises der (haftungsbegründenden) Kausalität damit durch einen Hinweis auf Treu und Glauben ersetzt habe. Eine Schadenersatzpflicht setze nach den Grundwertungen des deutschen Rechts voraus, dass eine Pflichtverletzung einen Schaden verursacht habe.
13
aa) Das Schiedsgericht hat die Erbringung eines Nachweises der (haftungsbegründenden) Kausalität entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht durch einen Hinweis auf Treu und Glauben ersetzt. Es hat vielmehr angenommen, es stehe fest, dass die in der unberechtigten Kündigung liegende Pflichtverletzung (haftungsbegründend) kausal für eine im Wege des Schadensersatzes auszugleichende Vermögenseinbuße der P GmbH gewesen sei.
14
Das Schiedsgericht ist davon ausgegangen, die P GmbH sei zum Zeitpunkt der Kündigung und in der sich unmittelbar anschließenden Folgezeit auf dem Weg gewesen, die vereinbarte Bedingung für die Gewährung des Darlehens durch die Antragsgegnerin zu erfüllen. Diese Bedingung bestand nach Nr. 6c des Kooperationsvertrags darin, dass ein Dritter der P GmbH gleichfalls ein Darlehen und zwar in Höhe von ca. 4 bis 6 Mio. € gewährt. Die Stadtsparkasse R hatte der P GmbH nach den Feststellungen des Schiedsgerichts mit Schreiben vom 28. Mai 2009 ein Darlehen in Höhe von zuletzt 4 Mio. € in Aussicht gestellt und von der Auszahlung des Darlehens der Antragsgegnerin und der Gewährung einer Landesbürgschaft abhängig gemacht.
15
Das Schiedsgericht hat angenommen, die Antragsgegnerin habe durch die vertragswidrige Kündigung die Umsetzung eines wesentlichen Elements des Sanierungskonzeptes blockiert. Das Sanierungskonzept sei ab diesem Zeitpunkt insgesamt in Frage gestellt gewesen und letztlich mangels einer schnellen Bereinigung der dadurch eingetretenen Verunsicherung gescheitert. Die von den Parteien des Kooperationsvertrags bei Vertragsschluss zugrunde gelegte Finanzierungslücke der P GmbH in Höhe von 7 bis 9,5 Mio. € konnte nach den Feststellungen des Schiedsgerichts allein durch das von der Stadtsparkasse R in Aussicht gestellte Darlehen und die damit im Zusammenhang stehenden weiteren Finanzierungsvorhaben nicht geschlossen werden.
16
Demnach ist das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die unberechtigte Kündigung des Kooperationsvertrags durch die Antragsgegnerin und die damit verbundene Weigerung zur Auszahlung des Darlehens für das Scheitern des Sanierungskonzepts und damit für Vermögenseinbußen der P GmbH ursächlich geworden sind.
17
bb) Das Schiedsgericht hat angenommen, die Antragsgegnerin könne sich wegen ihres treuwidrigen Verhaltens nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kausalität stehe entgegen, dass die P GmbH ohnehin insolvenzreif gewesen sei und nicht in der Lage gewesen wäre, die im Vertrag vereinbarte Bedingung für die Auszahlung des Darlehens rechtzeitig vor der Insolvenz herbeizuführen. Daraus folgt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht, dass nach Auffassung des Schiedsgerichts eine bestehende Insolvenzreife zum Zeitpunkt der Kündigung einer haftungsbegründenden Kausalität entgegenstand.
18
Das Schiedsgericht ist nicht davon ausgegangen, dass eine zum Zeitpunkt der Kündigung bestehende Insolvenzreife der P GmbH einem Anspruch der P GmbH gegen die Antragsgegnerin auf Gewährung des Darlehens oder Mitwirkung am Sanierungskonzept entgegengestanden hätte. Das Schiedsgericht hat zwar angenommen, die Antragsgegnerin habe mit dem begründeten Antrag auf Einleitung des Insolvenzverfahrens vom 1. Juli 2009 eine dauernde Einrede aus § 490 Abs. 1 BGB gegen einen Anspruch der P GmbH auf Darlehensauszahlung erhalten, weil eine derart gravierende Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse bei einem noch nicht ausgezahlten Sanierungsdarlehen nicht hingenommen werden müsse. Es hat jedoch nicht festgestellt, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der P GmbH bereits zum Zeitpunkt der Kündigung am 20. Mai 2009 derart schlecht waren, dass die Antragsgegnerin nicht mehr zur Darlehensgewährung verpflichtet war.
19
Nach Auffassung des Schiedsgerichts war die unberechtigte Kündigung ungeachtet einer zum Zeitpunkt der Kündigung möglicherweise bestehenden - durch die Bereitstellung von Finanzierungsmitten aber zu beseitigenden - Insolvenzreife für das Scheitern des Sanierungskonzepts und damit für den Eintritt eines Vermögensschadens ursächlich. Das Schiedsgericht hat es als unerheblich angesehen, ob alle weiteren erforderlichen Schritte für eine vollständige Erfüllung aller zum Bedingungseintritt gehörenden Finanzierungsmaßnahmen erfolgreich hätten abgeschlossen werden können. Maßgeblich sei der Zeitpunkt, im dem der Eintritt der Bedingung treuwidrig verhindert worden sei. Der Eintritt der Bedingung sei zum Zeitpunkt der Erklärung der Kündigung verhindert worden. Die Antragsgegnerin habe durch die vertragswidrige Aufkündigung ihrer vereinbarten Beteiligung am Sanierungskonzept für die P GmbH verhindert, dass das Sanierungskonzept weiterverfolgt werden konnte.
20
Soweit das Schiedsgericht angenommen hat, die vertragsuntreue Antragsgegnerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die vereinbarte Bedingung auch dann nicht eingetreten wäre, wenn sie nicht gekündigt hätte, hat es der Antragsgegnerin wegen ihres treuwidrigen Verhaltens die Berufung auf einen hypothetischen Kausalverlauf versagt. Darin liegt kein Verstoß gegen allgemeine Grundsätze des deutschen Schadensersatzrechts. Vielmehr steht es im Einklang mit diesen Grundsätzen und entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass nur gedachte Geschehensabläufe die Kausalität einer realen Ursache nicht beseitigen können und es eine Frage wertender Beurteilung ist, ob ein hypothetischer Ursachenverlauf eine Haftung auszuschließen vermag (BGH, Urteil vom 7. Juni 1988 - XI ZR 144/87, BGHZ 104, 355, 361; Urteil vom 21. Januar 1993 IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 187). Diese Frage hat das Schiedsgericht im vorliegenden Fall ohne Rechtsfehler verneint. Im Übrigen läge selbst bei einer rechtsfehlerhaften Beurteilung kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vor.
21
d) Die Rechtsbeschwerde rügt, das Schiedsgericht habe das Verfahrensgrundrecht der Antragsgegnerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Es habe den unter Beweis gestellten Vortrag der Antragsgegnerin übergangen, dass die P GmbH bereits zum Zeitpunkt der Kündigung vom 20. Mai 2009 insolvenzreif gewesen sei und ihr ungeachtet jener Kündigung bereits seinerzeit von der Stadtsparkasse R kein Darlehen mehr gewährt worden wäre.
22
Damit kann die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben. Das Schiedsgericht hat das von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügte Vorbringen der Antragsgegnerin zur Insolvenzreife der P GmbH zum Zeitpunkt der Kündigung zur Kenntnis genommen, aber aus Rechtsgründen als nicht erheblich angesehen (vgl. Rn. 17 bis 20). Es hat den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör daher nicht verletzt.
23
3. Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, die Ausführungen des Schiedsgerichts zur Schadenshöhe verstießen gegen das Verbot der Billigkeitsentscheidung.
24
a) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO unter anderem aufgehoben werden, wenn das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung des 10. Buches der Zivilprozessordnung (§§ 1025 bis 1066 ZPO) oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.
25
b) Gemäß § 1051 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat das Schiedsgericht nur dann nach Billigkeit zu entscheiden, wenn die Parteien es ausdrücklich dazu ermächtigt haben. Die Parteien des Kooperationsvertrags haben in dessen Nr. 10 vereinbart, dass alle Streitigkeiten und Streitfragen, die aufgrund des Vertrages oder in Verbindung mit diesem Vertrag entstehen, einem Schiedsgericht zugewiesen und der Anwendung der Regeln des Deutschen Instituts für Schiedsgerichtswesen e.V. unterworfen sind. Auch nach Nr. 23.3 der Schiedsgerichtsordnung der aus dem Deutschen Institut für Schiedsgerichtswesen e.V. hervorgegangenen Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. darf das Schiedsgericht nur dann nach Billigkeit (ex aequo et bono, amiable composition) entscheiden, wenn die Parteien es ausdrücklich dazu ermächtigt haben. Die Parteien des Kooperationsverfahrens haben das Schiedsgericht nicht dazu ermächtigt, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen.
26
c) Das Schiedsgericht hat angenommen, die Antragsgegnerin habe Schadensersatz in Höhe von 700.000 € zu leisten. Sie hafte nicht für die gesamten Nachteile, die der P GmbH durch die Insolvenz entstanden seien, da die Kündigung nicht die allein entscheidende Ursache für die Insolvenz gesetzt habe. Sie habe aber dafür einzustehen, dass sie durch ihre Kündigung die potentiell schon zuvor angelegte Möglichkeit einer Insolvenz früher zur Realität habe werden lassen. Es sei daher der Schaden zu erfassen, der dem Nachteil entspreche, der durch die Kündigung zur Unzeit bedingt sei. Dieser Nachteil bei der P GmbH entspreche spiegelbildlich dem von der Antragsgegnerin im Falle einer Auskehrung des Darlehens zu tragenden Verlustrisiko. Die Schadenshöhe sei daher in Anlehnung an die Relation zwischen dem von der Antragsgegnerin eingegangenen Risiko und dem Gesamtrisiko sowie der Relation zwischen bei Vertragsschluss angenommener und in der Insolvenz zutage getretener Liquiditätslücke zu schätzen (§ 287 ZPO). Unter Berücksichtigung weiterer - näher bezeichneter - Umstände erscheine danach ein Betrag von 700.000 € angemessen, was einem Anteil von 20% der Darlehenssumme entspreche.
27
d) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das Schiedsgericht habe damit keine Schadensschätzung vorgenommen, sondern eine reine Billigkeitsentscheidung getroffen, die jeden Zusammenhang mit einer Vermögenseinbuße der P GmbH vermissen lasse.
28
Entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde lassen die Ausführungen des Schiedsgerichts erkennen, welcher von der Antragsgegnerin zu verantwortende Schaden nach Ansicht des Schiedsgerichts bei der P GmbH eingetreten ist. Das Schiedsgericht hat angenommen, es sei der Schaden zu erfassen, der dem Nachteil entspreche, der durch die Kündigung zur Unzeit bedingt sei.
29
Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, ein denkbarer Ausfall der Antragsgegnerin sei für die Bemessung eines Schadensersatzanspruchs der P GmbH ungeeignet. Der Schadensersatzanspruch hätte vielmehr allein aufgrund der Nachteile der P GmbH berechnet werden müssen. Danach hätte der Schadensbetrag im Hinblick auf die tatsächlichen Insolvenzgründe auf null reduziert werden müssen. Die Rechtsbeschwerde zeigt damit nicht auf, dass das Schiedsgericht keine Schadensschätzung vorgenommen, sondern eine Billigkeitsentscheidung getroffen hat.
30
Eine Billigkeitsentscheidung zeichnet sich dadurch aus, dass sich das Schiedsgericht nicht von rechtlichen Maßstäben leiten lässt (vgl. OLG München, SchiedsVZ 2011, 159, 166; Wilske/Markert in Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 1. März 2015, § 1051 Rn. 12; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 1051 Rn. 24). Im vorliegenden Fall hat das Schiedsgericht die Schadenshöhe dagegen nach den Maßstäben des § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung geschätzt. Eine Schätzung nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nur zulässig, soweit die festgestellten Umstände hierfür noch eine genügende Grundlage bieten; dagegen muss das Gericht von jeder Schätzung absehen, wenn diese mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 - III ZR 18/83, BGHZ 91, 243, 256 f.). Eine Schadensschätzung, die nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung erfolgt, ist eine Form der dem Schiedsgericht erlaubten Tatsachenermittlung (vgl. § 1042 Abs. 4 Satz 2 ZPO) und keine Billigkeitsentscheidung im Sinne von § 1051 Abs. 3 Satz 1 ZPO (vgl. MünchKomm.ZPO/Münch, 4. Aufl., § 1051 Rn. 53). Um eine Billigkeitsentscheidung handelt es sich dagegen, wenn das Schiedsgericht den zu ersetzenden Schaden nicht auf der Grundlage von Tatsachen ermittelt. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Ob die vorhandene Tatsachengrundlage einem staatlichen Gericht für die Anwendung von § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO hätte genügen dürfen, bedarf keiner Klärung. Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs kann nicht überprüft werden, ob die herangezogenen Grundlagen ausreichen und das Ergebnis auch materiell richtig ist (vgl. OLG München, SchiedsVZ 2011, 159, 166).
31
III. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts auf Kosten der Antragsgegnerin (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZB 100/14 10.03.2016 OLG Bremen, 2 Sch 1/14 Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruches; Fehlerhafte Bildung des Schiedsgerichts; Gesetzlich ausgeschlossener Schiedsrichter; Versagung rechtlichen Gehörs; Verstoß gegen den ordre public; Verjährung
BESCHLUSS
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 10. Oktober 2014 (2 Sch 1/14) wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 443.273,27 €.

Gründe:
1
I. Die Antragstellerin, eine Ein-Schiffs-Gesellschaft, hat die Antragsgegnerin, die als persönlich haftende Gesellschafterin an der Antragstellerin beteiligt und zugleich ihre Vertragsreederin ist, mit einer Schiedsklage auf Ersatz für in den Jahren 2005 bis 2007 an die Befrachtungsmakler S GmbH ("Sa") und T AB ("Ta") geleistete Zahlungen in Höhe von insgesamt 765.458,63 € in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Antragsgegnerin sei verpflichtet gewesen, an diese Makler übertragene Aufgaben selbst zu erledigen.
2
Das Schiedsgericht hat mit einem den Komplex "Sa" betreffenden Teil-Schiedsspruch vom 26. Juli 2012 die Antragsgegnerin verurteilt, an die Antragstellerin 189.877,60 € zuzüglich Zinsen zu zahlen und die Klage in Höhe von 43.653,11 € abgewiesen. Die Antragsgegnerin zahlte der Antragstellerin den zuerkannten Betrag. Das Schiedsgericht hat mit einem den Komplex "Ta" betreffenden Schluss-Schiedsspruch vom 17. Dezember 2013 die Antragsgegnerin verurteilt, an die Antragstellerin über den Teil-Schiedsspruch vom 26. Juli 2012 hinaus weitere 443.273,27 € zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Schiedsklage hat es abgewiesen und die Kosten zu 17% der Antragstellerin und zu 83% der Antragsgegnerin auferlegt.
3
Die Antragstellerin hat beim Oberlandesgericht beantragt, den Schluss-Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.
4.
Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten. Sie hat beantragt, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schluss-Schiedsspruchs zurückzuweisen.
5
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 10. Oktober 2014 den Schluss-Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt (OLG Bremen, Beschluss vom 10. Oktober 2014 - 2 Sch 1/14).
6
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie weiterhin die Zurückweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schluss-Schiedsspruchs erstrebt.
7
II. Die Rechtsbeschwerde ist von Gesetzes wegen statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie ist aber nicht begründet.
8
1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt, weil der Schiedsspruch von einem nicht ordnungsgemäß konstituierten Schiedsgericht erlassen worden sei (dazu II 2) und das Schiedsgericht den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör verletzt (dazu II 3), eine Billigkeitsentscheidung ohne ausdrückliche Ermächtigung getroffen (dazu II 4) und gegen den ordre public verstoßen (dazu II 5) habe.
9
2. Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, der Schiedsspruch sei gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO aufzuheben, weil er von einem nicht ordnungsgemäß konstituierten Schiedsgericht erlassen worden sei.
10
a) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO aufgehoben werden, wenn die Bildung des Schiedsgerichts einer Bestimmung des 10. Buches der Zivilprozessordnung (§§ 1025 bis 1066 ZPO) oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.
11
b) Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, der Schiedsspruch sei von einem nicht ordnungsgemäß konstituierten Schiedsgericht erlassen worden. Das Schiedsgericht sei mit drei Schiedsrichtern besetzt gewesen. Zu diesen Richtern habe der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht U gehört. Dieser habe nicht über die erforderliche Genehmigung seiner Nebentätigkeit als Schiedsrichter verfügt. Eine solche Genehmigung hätte ihm auch nicht erteilt werden dürfen, weil er allein von der Antragstellerin und nicht gemeinsam von den Parteien des Schiedsvertrags beauftragt worden sei.
12
c) Damit dringt die Antragsgegnerin nicht durch. Selbst wenn der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht U - entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts - über keine Genehmigung seiner Nebentätigkeit als Schiedsrichter verfügt hat oder die Parteien des Schiedsverfahrens ihn nicht gemeinsam beauftragt haben, führt das nicht dazu, dass seine Bestellung zum Schiedsrichter den Bestimmungen des 10. Buches der Zivilprozessordnung oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien über die Bildung des Schiedsgerichts nicht entsprochen hat.
13
aa) Das 10. Buch der Zivilprozessordnung regelt in den §§ 1034 bis 1039 ZPO die Bildung des Schiedsgerichts und in § 1035 ZPO die Bestellung der Schiedsrichter. § 1035 Abs. 1 ZPO gestattet es den Parteien, das Verfahren zur Bestellung des Schiedsrichters oder der Schiedsrichter zu vereinbaren. Die Parteien haben von dieser Möglichkeit in Nr. 4a ihrer Schiedsvereinbarung vom 16./17. Dezember 2010 Gebrauch gemacht. Sie haben vereinbart, dass jede der Parteien für das Verfahren einen Schiedsrichter bestellt und die beiden von den Parteien benannten Schiedsrichter einen dritten Schiedsrichter als Vorsitzenden benennen.
14
bb) Die von den Parteien getroffene Vereinbarung enthält hinsichtlich der Person des von jeder der Parteien zu bestellenden Schiedsrichters keine Einschränkungen. Insbesondere lässt sie die einseitige Bestellung eines Berufsrichters als Schiedsrichter zu. Die Vereinbarung ist insoweit nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig. Die einseitige Bestellung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht U zum Schiedsrichter durch die Antragstellerin entspricht daher einer im Sinne von § 1059 Abs. 2 Buchst. d ZPO zulässigen Vereinbarung der Parteien.
15
(1) Die Vereinbarung, dass jede der Parteien für das Verfahren – jeweils einseitig - einen Schiedsrichter bestellt, verstößt nicht gegen das auch für Schiedsgerichte geltende Gebot überparteilicher Rechtspflege und ist daher nicht nach § 134 BGB nichtig. Da ein Schiedsgericht Rechtsprechung ausübt, muss allerdings gewährleistet sein, dass es unabhängig und unparteilich ist. Durch die einseitige Schiedsrichterbestellung wird eine persönliche Beziehung zwischen dem Schiedsrichter und der ihn ernennenden Partei geschaffen, die die Überparteilichkeit des zu bildenden Schiedsgerichts durchaus ernstlich in Frage stellen kann. Besteht jedoch - wie hier - ein entsprechendes Gegengewicht in Form eines von der anderen Partei oder von einem Dritten oder von einem staatlichen Gericht ernannten Schiedsrichters, kann sich die lediglich auf seine unmittelbare Wahl durch eine Partei zurückzuführende Beziehung des Schiedsrichters zu dieser Partei nicht in einem Maße auswirken, dass der Eindruck entstehen könnte, dem ganzen Schiedsgericht - auf das es allein ankommt - fehle die notwendige Überparteilichkeit (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1968 - VII ZR 83/66, BGHZ 51, 255, 258 ff.; Urteil vom 5. November 1970 - VII ZR 31/69, BGHZ 54, 392, 394 ff.).
16
(2) Die Vereinbarung der Parteien ist, soweit sie die einseitige Bestellung eines Berufsrichters als Schiedsrichter gestattet, nicht wegen Verstoßes gegen § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG nach § 134 BGB nichtig.
17
Dem Richter darf eine Nebentätigkeit als Schiedsrichter nach § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG nur genehmigt werden, wenn die Parteien des Schiedsvertrags ihn gemeinsam beauftragen oder wenn er von einer unbeteiligten Stelle benannt ist. Die Genehmigung ist nach § 40 Abs. 1 Satz 2 DRiG zu versagen, wenn der Richter zur Zeit der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung mit der Sache befasst ist oder nach der Geschäftsverteilung befasst werden kann.
18
Es kann offenbleiben, ob es sich bei § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG um eine in das Gewand eines zwingenden Versagungsgrundes gekleidete Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB handelt (zu § 40 Abs. 1 Satz 2 DRiG vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1971 - VII ZR 73/69, BGHZ 55, 313, 319 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Dezember 1963 - VII ZR 23/62, NJW 1964, 593, 594 [insoweit nicht in BGHZ 40, 342 abgedruckt]). Ein Verstoß gegen § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG führt jedenfalls nicht zur Nichtigkeit nach § 134 BGB und dementsprechend nicht zur Unzulässigkeit im Sinne von § 1059 Abs. 2 Buchst. d ZPO einer Vereinbarung, soweit diese es den Parteien eines Schiedsvertrags gestattet, einseitig einen Berufsrichter als Schiedsrichter zu bestellen, dem für eine solche Nebentätigkeit im Auftrag nur einer Partei keine Genehmigung erteilt werden darf.
19
Die Bestimmung des § 134 BGB ordnet für ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nicht ausnahmslos die Nichtigkeit an. Sie macht diese Rechtsfolge vielmehr davon abhängig, dass sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. § 134 BGB kann daher nicht ohne Rückgriff auf das verletzte Verbot angewendet werden. Ordnet das Verbot selbst eine Rechtsfolge an, so ist diese maßgeblich. Fehlt es - wie im Falle des § 40 Abs. 1 DRiG - an einer verbotseigenen Rechtsfolgeregelung, sind Sinn und Zweck des verletzten Verbots entscheidend. Dies erfordert eine normbezogene Abwägung, ob es mit Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar ist, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen oder bestehen zu lassen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 429/02, NJW 2003, 3692 f. mwN; Urteil vom 25. September 2014 - IX ZR 25/14, NJW 2014, 3568 Rn. 14). Entsprechendes gilt für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vereinbarung der Parteien im Sinne von § 1059 Abs. 2 Buchst. d ZPO.
20
Sinn und Zweck des § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG verlangen nicht die Unwirksamkeit einer Vereinbarung, soweit diese Vereinbarung es jeder der Parteien eines Schiedsvertrags - wie im Streitfall - gestattet, einseitig einen Berufsrichter als Schiedsrichter zu bestellen. Das Verbot einer schiedsrichterlichen Nebentätigkeit bei einseitiger Bestellung durch eine Partei ist eine besondere Ausprägung des in § 39 DRiG niedergelegten Gebotes, dass der Richter sich innerhalb und außerhalb seines Amtes so zu verhalten hat, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird. Dem Verbot liegt die Erwägung zu Grunde, dass die Nebentätigkeit als Schiedsrichter dem öffentlichen Amt des Richters funktionell und inhaltlich sehr nahe kommt und es daher das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Richters in seinem öffentlichen Amt gefährdet, wenn dieser außerhalb seines Amtes auf einseitige Bestellung durch eine Partei eine Nebentätigkeit als Schiedsrichter übernimmt und damit als parteinah erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1971 - VII ZR 73/69, NJW 1971, 755; KG, Beschluss vom 6. Mai 2002 - 23 Sch 1/02, SchiedsVZ 2003, 185, 186; Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 40 Rn. 2, 4 und 7). Das Verbot des § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG dient dagegen nicht dem Schutz der Parteien des Schiedsverfahrens. Die Bestimmung zielt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht darauf ab, im Schiedsverfahren das Rechtsgut der überparteilichen Rechtspflege zu schützen. Dieser Schutz ist in einem schiedsrichterlichen Verfahren mit drei Schiedsrichtern bereits dadurch gewährleistet, dass - wie im Streitfall von den Parteien vereinbart und für den Fall des Fehlens einer Vereinbarung der Parteien in § 1035 Abs. 3 Satz 2 ZPO vorgesehen - jede Partei einen Schiedsrichter bestellt und diese beiden Schiedsrichter den dritten Schiedsrichter bestellen, der als Vorsitzender des Schiedsgerichts tätig wird.
21
Wird auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung ein Schiedsgericht unter einseitiger Bestellung eines Berufsrichters als Schiedsrichter gebildet, entspricht die Bildung des Schiedsgerichts daher auch dann einer zulässigen Vereinbarung der Parteien und den Bestimmungen der Zivilprozessordnung über das schiedsrichterliche Verfahren, wenn dieser Berufsrichter über keine oder (zwangsläufig) jedenfalls über keine rechtmäßige Nebentätigkeitsgenehmigung verfügt. Es liegt zwar ein Dienstvergehen vor, wenn ein Richter eine Nebentätigkeit als Schiedsrichter ohne die erforderliche Genehmigung ausübt. Da das Erfordernis der Genehmigung einer solchen Nebentätigkeit jedoch allein dem Schutz des Vertrauens der Allgemeinheit in die Unabhängigkeit der staatlichen Rechtspflege dient, führt das Fehlen oder die fehlerhafte Erteilung der erforderlichen Genehmigung nicht zu einer fehlerhaften Bildung des Schiedsgerichts und rechtfertigt daher nicht die Aufhebung des Schiedsspruchs (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. Juli 2002 - 1 Sch 8/02, SchiedsVZ 2003, 84, 87; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 1036 aF Rn. 4; MünchKomm.ZPO/ Münch, 4. Aufl., vor §§ 1034 ff. Rn. 58; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 1035 Rn. 17 und § 1059 Rn. 16; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 1035 Rn. 33; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Kap. 10 Rn. 859 bis 861; Nacimiento/Geimer, SchiedsVZ 2003, 88, 91; Kröll, SchiedsVZ 2004, 113, 116; Wittmann, jurisPR-HaGesR 1/2015 Anm. 3; aA Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 9 Rn. 3).
22
3. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, der Schiedsspruch sei aufzuheben, weil das Schiedsgericht den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör verletzt habe.
23
a) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO aufgehoben werden, wenn das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung des 10. Buches der Zivilprozessordnung (§§ 1025 bis 1066 ZPO) nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Die Bestimmung des § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO sieht für die Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens als allgemeine Verfahrensregel vor, dass jeder Partei rechtliches Gehör zu gewähren ist. Ein Schiedsspruch kann ferner nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO aufgehoben werden, wenn seine Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) stellt zugleich einen Verstoß gegen den inländischen (verfahrensrechtlichen) ordre public dar (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - III ZB 65/04, SchiedsVZ 2005, 259, 260; Beschluss vom 16. April 2015 - I ZB 3/14, NJW 2015, 3234 Rn. 30 mwN).
24
b) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das Schiedsgericht habe den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör verletzt, weil es ihren Einwand des Vorteilsausgleichs nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt und insoweit wesentlichen Sachvortrag übergangen habe. Das Schiedsgericht hat das von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügte Vorbringen der Antragsgegnerin zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, aber aus Rechtsgründen als nicht durchgreifend erachtet. Es hat sich, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, mit dem Einwand der Antragsgegnerin auseinandergesetzt und ausführlich begründet, weshalb ein Vorteilsausgleich nicht vorgenommen wurde und warum eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich ist. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin genügt es, wenn das Schiedsgericht in seiner Begründung eine kurze Zusammenfassung der den Schiedsspruch tragenden Erwägungen gibt. Das Schiedsgericht muss sich in seiner Begründung nicht mit jedem Punkt des Parteivorbringens befassen.
25
4. Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, der Schiedsspruch sei aufzuheben, weil das Schiedsgericht eine Billigkeitsentscheidung ohne ausdrückliche Ermächtigung getroffen habe.
26
a) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO aufgehoben werden, wenn das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung des 10. Buches der Zivilprozessordnung (§§ 1025 bis 1066 ZPO) nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat. Gemäß § 1051 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat das Schiedsgericht nur dann nach Billigkeit zu entscheiden, wenn die Parteien es ausdrücklich dazu ermächtigt haben.
27
b) Die Parteien haben das Schiedsgericht zwar nicht ermächtigt, eine Billigkeitsentscheidung zu treffen. Das Schiedsgericht hat jedoch auch keine Billigkeitsentscheidung getroffen. Eine Billigkeitsentscheidung zeichnet sich dadurch aus, dass sich das Schiedsgericht nicht von rechtlichen Maßstäben leiten lässt. Im vorliegenden Fall hat das Schiedsgericht die Schadenshöhe nach den Maßstäben des § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung geschätzt. Es hat eine erstattungsfähige Quote von 50% der gezahlten Kommissionen angenommen und ist von einer Gleichgewichtigkeit der sechs der Antragsgegnerin übertragenen Aufgabenbereiche ausgegangen. Eine solche Schadensschätzung ist eine Form der dem Schiedsgericht erlaubten Tatsachenermittlung (vgl. § 1042 Abs. 4 Satz 2 ZPO) und keine Billigkeitsentscheidung im Sinne von § 1051 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Ob die vorhandene Tatsachengrundlage einem staatlichen Gericht für die Anwendung von § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO hätte genügen dürfen, bedarf keiner Klärung. Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs kann nicht überprüft werden, ob die herangezogenen Grundlagen ausreichen und das Ergebnis auch materiell richtig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - I ZB 109/14, ZInsO 2016, 335 Rn. 30, mwN).
28
5. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, der Schiedsspruch sei aufzuheben, weil das Schiedsgericht gegen den ordre public verstoßen habe.
29
a) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO aufgehoben werden, wenn seine Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Das setzt voraus, dass dieses Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Dies ist der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar. Vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 - III ZB 17/08, SchiedsVZ 2009, 66 Rn. 5 mwN; Beschluss vom 28. Januar 2014 - III ZB 40/13, SchiedsVZ 2014, 98 Rn. 8; BGH, ZInsO 2016, 335 Rn. 10, mwN).
30
b) Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, das Schiedsgericht habe die von der Antragsgegnerin erhobene Einrede der Verjährung verkannt und damit gegen den ordre public verstoßen.
31
aa) Bei der Verjährung handelt es sich allerdings um eine Rechtseinrichtung, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist. Sie dient nicht nur dem Vorteil des Schuldners, sondern dem öffentlichen Wohl; sie soll den Rechtsfrieden und die Rechtssicherheit befördern. Es kann daher gegen den ordre public verstoßen, wenn ein Anspruch als unverjährbar angesehen wird (so bereits RG, Urteil vom 19. Dezember 1922 - III 137/22, RGZ 106, 82, 84 f.; Urteil vom 20. März 1936 - III 184/35, RGZ 151, 193, 201). Ein bloßer Rechtsfehler bei der Anwendung von Verjährungsvorschriften verstößt dagegen grundsätzlich nicht gegen den ordre public.
32
bb) Danach führt die Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht zu einem Ergebnis, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Weder das Schiedsgericht noch das Oberlandesgericht haben angenommen, die hier in Rede stehende Forderung unterliege nicht der Verjährung. Selbst wenn das Schiedsgericht den Beginn der Verjährungsfrist - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - unzutreffend beurteilt hätte, läge darin kein Verstoß gegen den ordre public.
33
III. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts auf Kosten der Antragsgegnerin (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
BGH I ZB 1/16 23.07.2019 OLG Karlsruhe, 10 Sch 12/13 Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches; Gegenvorstellung; Frist für die Gegenvorstellung; Änderung des Streitwerts; Statthaftigkeit der Streitwertbeschwerde; Berücksichtigung der Abweisung der Widerklage im Schiedsverfahren bei d
BESCHLUSS
I ZB 1/16
Tenor:
In Abänderung des Senatsbeschlusses vom 2. Mai 2017 wird der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 13.735.891,07 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Der Senat hat mit Beschluss vom 2. Mai 2017 auf die Rechtsbeschwerde der Schiedsbeklagten den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. Dezember 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Den Gegenstandswert hat der Senat in diesem Beschluss auf 6.120.000 € festgesetzt.
2
Mit Beschluss vom 31. Januar 2019 hat der Senat die gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. Juni 2018 gerichtete Rechtsbeschwerde der Schiedsbeklagten zurückgewiesen und den Wert des Beschwerdegegenstands wiederum auf 6.120.000 € festgesetzt (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019 - I ZB 46/18, WM 2019, 875). Auf die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten der Schiedsklägerin hat der Senat mit Beschluss vom 16. Mai 2019 den Beschluss vom 31. Januar 2019 abgeändert und den Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 13.735.891,07 € festgesetzt (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2019 - I ZB 46/18, WM 2019, 1355).
II.
3
Die nunmehr gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 2. Mai 2017 gerichtete Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten der Schiedsklägerin ist statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg.
4
1. Die Gegenvorstellung ist statthaft, weil eine Streitwertbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2018 - I ZB 12/17, juris Rn. 3 mwN).
5
2. Die Gegenvorstellung ist auch im Übrigen zulässig. Die für ihre Einlegung entsprechend geltende sechsmonatige Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG ist gewahrt. Die Frist beginnt mit der formellen Rechtskraft (§ 705 ZPO) der Hauptsacheentscheidung (Dörndörfer in Binz/Dörndörfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl., § 63 GKG Rn. 11) und beginnt nicht, wenn das Verfahren durch das Rechtsmittelgericht zurückverwiesen wird (Dörndörfer in Binz/Dörndörfer/ Zimmermann aaO § 63 GKG Rn. 11a). Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache ist erst mit dem Senatsbeschluss vom 31. Januar 2019 (BGH, WM 2019, 875) eingetreten, so dass die Frist frühestens mit Ablauf des 31. Juli 2019 endet.
6
3. Die Gegenvorstellung ist auch begründet.
7
a) Der Streitwert in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs und entspricht deshalb grundsätzlich dem Wert der zu vollstreckenden Forderungen. Die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs dient allerdings nicht nur dazu, die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen, sondern soll den Spruch auch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichern. Nur durch die Vollstreckbarerklärung ist der Schiedsspruch umfassend gegen Aufhebungsgründe gesichert. Es kann sich deshalb als streitwerterhöhend auswirken, wenn der Antrag auf Vollstreckbarerklärung und das Interesse des Antragstellers über den Wert der zu vollstreckenden Forderungen hinausreichen (vgl. BGH, WM 2019, 1355 Rn. 5 mwN).
8
b) Danach ist der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wie im Verfahren I ZB 46/18 (BGH, WM 2019, 1355) auf 13.735.891,07 € festzusetzen, weil die Vollstreckbarerklärung nicht nur die gegen die Schiedsbeklagte zu vollstreckende Forderung in Höhe von 6.120.000 €, sondern auch die Abweisung der Widerklage mit einem Wert von 2.372.220 € sowie die Entscheidung des Schiedsgerichts über die von der Schiedsbeklagten hilfsweise erklärten Aufrechnungen in Höhe von 4.203.671,07 € und 1.040.000 € umfasst (vgl. BGH, WM 2019, 1355 Rn. 8 bis 11).
9
4. Der Gegenvorstellung ist entgegen der Auffassung der Schiedsbeklagten nicht deswegen der Erfolg zu versagen, weil die Schiedsklägerin mit der Gegenvorstellung zugewartet hat oder der Senat den Gegenstandswert seinerzeit abweichend festgesetzt hat. Nach § 63 Abs. 3 Abs. 1 GKG ist dem Gericht kein Ermessensspielraum eingeräumt, wenn es die Unrichtigkeit der vorherigen Wertfestsetzung erkennt; das Gericht ist dann zur Änderung verpflichtet (zu § 23 Abs. 1 GKG in der Fassung vom 26. Juli 1957 [BGBl. I S. 941] vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1961 - III ZR 143/60, BGHZ 36, 144, 146 [juris Rn. 5]; BeckOK.Kostenrecht/Jäckel, 26. Edition [Stand 1. Juni 2019], § 63 GKG Rn. 29). Die Unrichtigkeit der Wertfestsetzung im Beschluss vom 2. Mai 2017 ergibt sich aus dem Beschluss des Senats vom 16. Mai 2019 (BGH, WM 2019, 1355).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg Ergänzungsschiedsspruch 17.06.2013 Schiedsverfahrenskosten
...
B.      Entscheidungsgründe:
I.
Über die Kosten wird im schriftlichen Verfahren durch Ergänzungs-Schiedsspruch entschieden (§ 1057 ZPO; § 27.2 Regulativ des Schiedsgerichts der Handelskammer; vgl. OLG München vom 1. April 2010 34 Sch 19/09, Juris) ... In diesem Zusammenhang wird auch über die als Nebenforderung geltend gemachten Kosten der vorgerichtlichen Vertretung befunden, wie ... in der mündlichen Verhandlung zurückgestellt ... und in der Gesamtbeurteilung nach § 15a RVG sachgerecht.
II.
Die von der Schiedsklägerin mit der Schiedsklageschrift und im schriftlichen Verfahren geltend gemachten Kosten vorgerichtlicher anwaltlicher Vertretung sind von der Schiedsbeklagten wegen ihres Verzugs ... gemäß § 288 Abs. 4 BGB als Schaden der Schiedsklägerin zu ersetzen; im Übrigen auch nach § 1057 ZPO i.V.m. § 91 ZPO ..., soweit sie durch die Prozessvorbereitung verursacht sind (vgl. Baumbach/Lauter­bach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. A., § 91 Rz. 270 „Vorbereitungskosten“). Bei den vorgerichtlichen Vertretungskosten handelt es sich um die 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV...
III.
1.       Nach dem Ausgang des Schiedsverfahrens in der Hauptsache trägt die Schiedsbeklagte als unterlegene Schiedspartei die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß der dispositiven Regelung des § 1057 ZPO i.V.m. entsprechender Anwendung von § 91 ZPO (vgl. § 27.1 Regulativ des Schiedsgerichts), das heißt einschließlich der außergerichtlichen Kosten (vgl. Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg vom 21. Juni 1996, NJW 1997, 613, RIW 1996, 771 m.w.N.).
2.       Die angefallenen Schiedsgerichtskosten hat die Schiedsbeklagte der Schiedsklägerin ...  zu erstatten ...
3.       An außergerichtlichen Kosten hat die Schiedsbeklagte der Schiedsklägerin deren - ausgehend von den Wertgebühren nach §§ 2, 13 RVG berechneten - Anwaltskosten im schiedsrichterlichen Verfahren gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 1 RVG zu erstatten, und zwar mit den gemäß Teil 3 Abschnitt 1 und 2 VV von der Schiedsklägerin angesetzten und unstreitigen Beträgen ... Diese belaufen sich zusammen mit der vorgerichtlichen 1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV ... und nach deren teilweiser d.h. 0,65 Anrechnung gemäß § 15a Abs. 2 Alt. 3 RVG, Vorbem. 3 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 VV ... auf ...
Im einstufigen Schiedsverfahren handelt es sich nach dem Streitwert ... um die 1,6 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 VV  ... sowie die 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV ... Diese ... Gebühren sind in der letzten Tatsacheninstanz angemessen und im Rahmen des vom Schiedsgericht nach § 1057 ZPO auszuübenden Ermessens als üblich und sachgerecht anzusehen (vgl. Schiedsspruch Hamburg vom 1. Juli 2006, BeckRS 2006, 11063; vgl. Empfehlungen DAV im Einvernehmen mit DRB § 1 Abs. 2 Satz 2, DRiZ 2006, 133); dabei kann dahinstehen, ob und unter welchen Umständen anderes bei einem niedrigeren Streitwert gelten würde, der beim staatlichen Gericht nur den Zugang zum Amtsgericht als letzter Tatsacheninstanz eröffnet hätte (Schiedsspruch Hamburg vom 21. Dezember 2005, Hamburger Seerechts-Report 2006, 1, Schiedsspruchsammlung hk24de RKS D 2a Nr. 5, M 4 Nr. 18) ...
IV.
Die Zinsnebenforderung auf die Kostenerstattung folgt aus § 1057 Abs. 2 i.V.m. entsprechender Anwendung von § 104 ZPO (vgl. OLG München, Beschluss vom 25. Oktober 2006, 34 Sch 24/06, DIS-Datenbank).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
EuGH (1. Kammer) C-40/08 06.10.2009 Richtlinie 93/13/EWG - Verbrauchervertr
U R T E I L:In der Rechtssache C-40/08 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Juzgado de Primera Instancia Nr. 4 de Bilbao (Spanien) mit Entscheidung vom 29. Januar 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Februar 2008, in dem Verfahren Asturcom Telecomunicaciones SL gegen Cristina Rodríguez Nogueira erlässt DER GERICHTSHOF (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter M. Ilešic, A. Tizzano (Berichterstatter), E. Levits und J.-J. Kasel,Generalanwältin: V. Trstenjak,Kanzler: R. Grass, aufgrund des schriftlichen Verfahrens, unter Berücksichtigung der Erklärungen- der Asturcom Telecomunicaciones SL, vertreten durch P. Calderón Plaza und P. García Ibaceta, abogados,- der spanischen Regierung, vertreten durch J. López Medel Bascones als Bevollmächtigten,- der ungarischen Regierung, vertreten durch K. Veres, R. Somssich und M. Z. Fehér als Bevollmächtigte,- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Wils und R. Vidal Puig als Bevollmächtigte,nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Mai 2009 folgendes Urteil: 1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29, im Folgenden: Richtlinie). 2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Antrags auf Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftig gewordenen Schiedsspruch der Asturcom Telecomunicaciones SL (im Folgenden: Asturcom) gegen Frau Rodríguez Nogueira wegen Zahlung von Beträgen, die in Erfüllung eines Mobiltelefonvertrags geschuldet werden, den dieses Unternehmen mit Frau Rodríguez Nogueira geschlossen hatte. Rechtlicher Rahmen Gemeinschaftsrecht 3 Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestimmt: "Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann." 4 Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:"Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird." 5 Der Anhang der Richtlinie enthält eine als Hinweis dienende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können. Unter diesen sind in Nr. 1 Buchst. q dieses Anhangs die Klauseln erwähnt, die bezwecken oder bewirken, dass "dem Verbraucher die Möglichkeit, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen oder sonstige Beschwerdemittel zu ergreifen, genommen oder erschwert wird, und zwar insbesondere dadurch, dass er ausschließlich auf ein nicht unter die rechtlichen Bestimmungen fallendes Schiedsgerichtsverfahren verwiesen wird, die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel ungebührlich eingeschränkt werden oder ihm die Beweislast auferlegt wird, die nach dem geltenden Recht einer anderen Vertragspartei obläge". Nationales Recht 6 Im spanischen Recht waren Verbraucher gegen missbräuchliche Vertragsklauseln zunächst durch das Allgemeine Gesetz 26/1984 über den Schutz der Verbraucher und Benutzer (Ley General 26/1984 para la Defensa de los Consumidores y Usuarios) vom 10. Juli 1984 (BOE Nr. 176 vom 24. Juli 1984, im Folgenden: Gesetz 26/1984) geschützt.7 Das Gesetz 26/1984 wurde durch das Gesetz 7/1998 über allgemeine Geschäftsbedingungen (Ley 7/1998 sobre Condiciones Generales de la Contratación) vom 13. April 1998 (BOE Nr. 89 vom 14. April 1998 (im Folgenden: Gesetz 7/1998) geändert, das die Richtlinie 93/13 in das nationale Recht umsetzte.8 Durch das Gesetz 7/1998 wurde dem Gesetz 26/1984 u. a. ein Art. 10 bis eingefügt, der in Abs. 1 bestimmt: "Als missbräuchliche Klauseln sind alle nicht im Einzelnen ausgehandelten Vertragsbestimmungen anzusehen, die entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien verursachen. Auf jeden Fall sind die in der Ersten Zusatzbestimmung dieses Gesetzes aufgeführten Fälle von Vertragsbestimmungen als missbräuchliche Klauseln anzusehen. ..."9 Art. 8 des Gesetzes 7/1998 bestimmt:"1. Die allgemeinen Bedingungen, die zum Nachteil der Vertragspartei gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes oder gegen irgendeine andere zwingende Norm verstoßen, sind nichtig, sofern die Norm keine andere Folge für den Fall der Verletzung vorsieht. 2. Insbesondere sind missbräuchliche allgemeine Klauseln in Verbraucherverträgen nichtig, wobei solche Klauseln auf jeden Fall diejenigen sind, die in Artikel 10bis und der Ersten Zusatzbestimmung des Allgemeinen Gesetzes 26/1984 ... umschrieben sind." 10 Zum für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Zeitpunkt war das Schiedsverfahren durch das Gesetz 60/2003 über das Schiedsverfahren (Ley 60/2003 de Arbitraje) vom 23. Dezember 2003 (BOE Nr. 309 vom 26. Dezember 2003, im Folgenden: Gesetz 60/2003) geregelt.11 Art. 8 Abs. 4 und 5 des Gesetzes 60/2003 bestimmt:"4. Das erstinstanzliche Gericht des Ortes, an dem der Schiedsspruch verkündet wurde, ist für die Entscheidung über die Zwangsvollstreckung gemäß Art. 545 Abs. 2 des Zivilprozessgesetzes zuständig ...5. Die Klage gegen den Schiedsspruch wegen Nichtigkeit ist vor der Audiencia Provincial des Ortes zu erheben, an dem der Schiedsspruch ergangen ist. "12 Art. 22 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes sieht vor:" 1. Das Schiedsgericht kann über die eigene Zuständigkeit und im Zusammenhang damit über das Bestehen oder die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung oder jede andere Einrede entscheiden, deren Begründetheit einer Entscheidung in der Sache entgegenstünde. Hierbei ist eine Schiedsvereinbarung, die in einem Vertrag enthalten ist, als eine von den übrigen Bestimmungen dieses Vertrags unabhängige Vereinbarung zu behandeln. Eine Entscheidung des Schiedsgerichts, durch die der Vertrag für nichtig erklärt wird, führt als solche nicht zur Nichtigkeit der Schiedsvereinbarung. 2. Einreden im Sinne des vorstehenden Absatzes sind spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen. Von der Erhebung einer solchen Einrede ist eine Partei nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie einen Schiedsrichter bestellt oder an der Bestellung eines Schiedsrichters mitgewirkt hat. Die Rüge, dass das Schiedsgericht seine Befugnisse überschreite, ist zu erheben, sobald die Frage, in der die Überschreitung liegen soll, im schiedsrichterlichen Verfahren zur Erörterung kommt.Das Schiedsgericht kann später erhobene Einwendungen nur zulassen, wenn die Verspätung gerechtfertigt ist."13 Art. 40 dieses Gesetzes lautet:"Gegen einen rechtskräftigen Schiedsspruch kann der Antrag auf gerichtliche Aufhebung nach den Bestimmungen dieses Titels gestellt werden. "14 Art. 41 Abs. 1 des Gesetzes 60/2003 bestimmt: "Ein Schiedsspruch kann nur aufgehoben werden, wenn die Partei, die die Aufhebung begehrt, vorträgt und dartut, dass...f) der Schiedsspruch der öffentlichen Ordnung zuwiderläuft...."15 Nach Art. 41 Abs. 4 dieses Gesetzes ist der Aufhebungsantrag binnen zwei Monaten nach Zustellung des Schiedsspruchs einzureichen. 16 Art. 43 des Gesetzes 60/2003 bestimmt: "Der rechtskräftige Schiedsspruch hat zwischen den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Gegen ihn kann nur die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen Verfahrens nach den Vorschriften des Zivilprozessgesetzes beantragt werden."17 Art. 44 des Gesetzes lautet:"Die Zwangsvollstreckung aus Schiedssprüchen regelt sich nach den Bestimmungen des Zivilprozessgesetzes und dieses Titels." 18 Gemäß Art. 517 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes 1/2000 (Zivilprozessgesetz) (Ley 1/2000 de Enjuiciamiento Civil) vom 7. Januar 2000 (BOE Nr. 7 vom 8. Januar 2000, im Folgenden: Gesetz 1/2000) sind Schiedssprüche bzw. Schiedsentscheidungen vollstreckbar. 19 Art. 559 Abs. 1 des Gesetzes 1/2000 lautet:"Der Vollstreckungsschuldner kann der Vollstreckung auch wegen folgender Verfahrensfehler widersprechen:1. Der Vollstreckungsschuldner verfügt nicht über die Eigenschaft oder die Vertretung, die im Antrag gegen ihn angegeben sind; 2. der Vollstreckungsgläubiger verfügt nicht über die Berechtigung oder Vertretung oder weist nicht die Eigenschaft oder die Vertretung nach, die im Antrag angegeben sind;3. völlige Nichtigkeit des Vollstreckungsbeschlusses, weil das Schiedsurteil oder der Schiedsspruch keine Verurteilung enthält, das vorgelegte Dokument nicht den gesetzlichen Anforderungen für die Vollstreckbarerklärung entspricht, oder wegen Verstoßes gegen Art. 520 dieses Gesetzes beim Erlass des Vollstreckungsbeschlusses; 4. wenn der Vollstreckungstitel einen Schiedsspruch darstellt, der nicht notariell beurkundet ist, dessen fehlende Rechtsgültigkeit;..."Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage 20 Am 24. Mai 2004 wurde zwischen Asturcom und Frau Rodríguez Nogueira ein Mobiltelefonvertrag geschlossen. Dieser Vertrag enthielt eine Schiedsklausel, die jeden Rechtsstreit betreffend die Erfüllung dieses Vertrags der Schiedsgerichtsbarkeit der Asociación Europea de Arbitraje de Derecho y Equidad (Europäischer Verband für Schieds und Billigkeitsentscheidungen, im Folgenden: AEADE) unterwarf. Der Sitz dieses Schiedsgerichts, der im Vertrag nicht angegeben war, befindet sich in Bilbao.21 Nachdem Frau Rodríguez Nogueira einige Rechnungen nicht bezahlt und den Vertrag vor Ablauf der vereinbarten Mindestzeit gekündigt hatte, leitete Asturcom gegen sie ein Schiedsverfahren beim AEADE ein.22 Mit Schiedsspruch vom 14. April 2005 wurde Frau Rodríguez Nogueira zur Zahlung eines Betrags von 669,60 Euro verpflichtet.23 Nachdem Frau Rodríguez Nogueira gegen diesen Schiedsspruch keinen Aufhebungsantrag gestellt hatte, wurde dieser rechtskräftig.24 Am 29. Oktober 2007 stellte Asturcom beim Juzgado de Primera Instancia Nr. 4 de Bilbao einen Antrag auf Zwangsvollstreckung aus diesem Schiedsspruch.25 Das vorlegende Gericht stellt in seiner Vorlageentscheidung fest, dass die Schiedsklausel im Mobiltelefonvertrag missbräuchlich sei, da zunächst die dem Verbraucher entstehenden Kosten einer Reise zum Sitz des Schiedsgerichts höher als die Hauptforderung seien. Ferner befinde sich der Sitz des Schiedsgerichts in einer erheblichen Entfernung vom Wohnsitz des Verbrauchers und sei im Vertrag nicht angegeben. Schließlich arbeite diese Einrichtung die Verträge selbst aus, die sodann von den Telekommunikationsunternehmen verwendet würden.26 Das vorlegende Gericht weist jedoch auch darauf hin, dass zum einen das Gesetz 60/2003 die Schiedsgerichte nicht ermächtige, auch von Amts wegen die Nichtigkeit der missbräuchlichen Schiedsklauseln zu prüfen, und dass zum anderen das Gesetz 1/2000 keine Bestimmung enthalte, die die Prüfung missbräuchlicher Schiedsklauseln durch das für die Entscheidung über einen Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftig gewordenen Schiedsspruch zuständige Gericht vorsehe.27 Unter diesen Umständen hat das Juzgado de Primera Instancia Nr. 4 de Bilbao Zweifel an der Vereinbarkeit der nationalen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere was die nationalen Verfahrensvorschriften angeht; es hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:Kann sich aus dem Verbraucherschutz gemäß der Richtlinie 93/13 ergeben, dass das Gericht, das über einen Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem in Abwesenheit des Verbrauchers ergangenen rechtskräftigen Schiedsspruch zu entscheiden hat, die Frage der Nichtigkeit der Schiedsvereinbarung von Amts wegen prüft und in der Folge den Schiedsspruch aufhebt, weil die Schiedsvereinbarung seiner Auffassung nach eine missbräuchliche Schiedsklausel zum Nachteil des Verbrauchers enthält?Zur Vorlagefrage28 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem in Abwesenheit des Verbrauchers ergangenen rechtskräftigen Schiedsspruch anhängig ist, verpflichtet ist, die Missbräuchlichkeit der in einem zwischen einem Gewerbetreibenden und diesem Verbraucher geschlossenen Vertrag enthaltenen Schiedsklausel von Amts wegen zu prüfen und diesen Schiedsspruch aufzuheben. 29 Zur Beantwortung der Vorlagefrage ist zunächst daran zu erinnern, dass das mit der Richtlinie 93/13 geschaffene Schutzsystem davon ausgeht, dass der Verbraucher sich gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, was dazu führt, dass er den vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne auf deren Inhalt Einfluss nehmen zu können (Urteile vom 27. Juni 2000, Océano Grupo Editorial und Salvat Editores, C 240/98 bis C 244/98, Slg. 2000, I 4941, Randnr. 25, und vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro, C 168/05, Slg. 2006, I 10421, Randnr. 25).30 In Anbetracht dieser schwächeren Position sieht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie vor, dass eine missbräuchliche Klausel für den Verbraucher unverbindlich ist. Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, handelt es sich um eine zwingende Bestimmung, die darauf zielt, die formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen (Urteile Mostaza Claro, Randnr. 36, und vom 4. Juni 2009, Pannon GSM, C 243/08, Slg. 2009, I 0000, Randnr. 15).31 Um den durch die Richtlinie 93/13 gewollten Schutz zu gewährleisten, hat der Gerichtshof ebenfalls mehrfach wiederholt, dass die bestehende Ungleichheit zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem nur durch ein positives Eingreifen von dritter, von den Vertragsparteien unabhängiger Seite ausgeglichen werden kann (Urteile Océano Grupo Editorial und Salvat Editores, Randnr. 27, und Mostaza Claro, Randnr. 26). 32 Im Licht dieser Grundsätze hat der Gerichtshof entschieden, dass das nationale Gericht von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel prüfen muss (Urteil Mostaza Claro, Randnr. 38).33 Die vorliegende Rechtssache unterscheidet sich jedoch von der mit dem Urteil Mostaza Claro abgeschlossenen insofern, als Frau Rodríguez Nogueira im Laufe der verschiedenen Verfahren im Zusammenhang mit ihrem Rechtsstreit gegen Asturcom völlig untätig geblieben ist und insbesondere keinen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs des AEADE mit dem Ziel gestellt hat, die Missbräuchlichkeit der Schiedsklausel anzufechten, so dass dieser Schiedsspruch jetzt in Rechtskraft erwachsen ist.34 Unter diesen Umständen ist zu bestimmen, ob die Notwendigkeit, die formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen, das Vollstreckungsgericht verpflichtet, einen absoluten Schutz für den Verbraucher sicherzustellen, selbst wenn dieser keine Schritte zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Rechte unternommen hat und ungeachtet des nationalen Verfahrensrechts, das den Grundsatz der Rechtskraft regelt.35 In diesem Zusammenhang ist zunächst an die Bedeutung zu erinnern, die dem Grundsatz der Rechtskraft sowohl im Gemeinschaftsrecht als auch in den nationalen Rechtsordnungen zukommt.36 Wie nämlich der Gerichtshof klargestellt hat, sollten zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege die nach Ausschöpfung des Rechtswegs oder nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfristen unanfechtbar gewordenen Gerichtsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden können (Urteile vom 30. September 2003, Köbler, C 224/01, Slg. 2003, I 10239, Randnr. 38, vom 16. März 2006, Kapferer, C 234/04, Slg. 2006, I 2585, Randnr. 20, und vom 3. September 2009, Fallimento Olimpiclub, C 2/08, Slg. 2009, I 0000, Randnr. 22).37 Daher gebietet es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs das Gemeinschaftsrecht einem nationalen Gericht nicht, von der Anwendung innerstaatlicher Verfahrensvorschriften, aufgrund deren eine Entscheidung Rechtskraft erlangt, abzusehen, selbst wenn dadurch ein Verstoß dieser Entscheidung gegen Gemeinschaftsrecht abgestellt werden könnte (vgl. insbesondere Urteile vom 1. Juni 1999, Eco Swiss, C 126/97, Slg. 1999, I 3055, Randnrn. 47 und 48, Kapferer, Randnr. 21, und Fallimento Olimpiclub, Randnr. 23).38 Da auf diesem Gebiet gemeinschaftsrechtliche Vorschriften fehlen, ist es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, die Modalitäten der Umsetzung des Grundsatzes der Rechtskraft festzulegen. Diese Modalitäten dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die bei ähnlichen internen Sachverhalten gelten (Grundsatz der Äquivalenz), und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. insbesondere Urteile Kapferer, Randnr. 22, und Fallimento Olimpiclub, Randnr. 24).39 Was erstens den Effektivitätsgrundsatz angeht, ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Gemeinschaftsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ist. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie z. B. der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (Urteile vom 14. Dezember 1995, Peterbroeck, C 312/93, Slg. 1995, I 4599, Randnr. 14, und Fallimento Olimpiclub, Randnr. 27).40 Im vorliegenden Fall ist der Schiedsspruch des Ausgangsverfahrens dadurch rechtskräftig geworden, dass der betroffene Verbraucher keinen Antrag auf Aufhebung dieses Spruchs innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist gestellt hat.41 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Dezember 1976, Rewe Zentralfinanz und Rewe Zentral, 33/76, Slg. 1976, 1989, Randnr. 5, vom 10. Juli 1997, Palmisani, C 261/95, Slg. 1997, I 4025, Randnr. 28, und vom 12. Februar 2008, Kempter, C 2/06, Slg. 2008, I 411, Randnr. 58). Solche Fristen sind nämlich nicht geeignet, die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2002, Grundig Italiana, C 255/00, Slg. 2002, I 8003, Randnr. 34).42 Daher ist zu prüfen, ob eine Frist von zwei Monaten, wie sie in Art. 41 Abs. 4 des Gesetzes 60/2003 vorgesehen ist, nach deren Ablauf ein Schiedsspruch endgültig und damit rechtskräftig wird, sofern kein Aufhebungsantrag gestellt worden ist, angemessen ist.43 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass zum einen, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, eine Anfechtungsfrist von 60 Tagen als solche nicht zu beanstanden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Peterbroeck, Randnr. 16).44 Eine solche Ausschlussfrist ist nämlich angemessen in dem Sinne, dass sie es erlaubt, zu beurteilen, ob Gründe für die Anfechtung eines Schiedsspruchs vorliegen, und gegebenenfalls den Antrag auf dessen Aufhebung vorzubereiten. Im Übrigen ist in der vorliegenden Rechtssache nicht vorgetragen worden, dass die nationalen Verfahrensvorschriften zur Regelung der Stellung des Antrags auf Aufhebung eines Schiedsspruchs, und insbesondere die dafür gesetzte Frist von zwei Monaten, nicht zweckdienlich wären.45 Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 41 Abs. 4 des Gesetzes 60/2003 die Frist mit der Zustellung des Schiedsspruchs zu laufen beginnt. So kann sich der Verbraucher im Ausgangsverfahren nicht in einer Situation befinden, in der die Ausschlussfrist zu laufen beginnt oder sogar abgelaufen ist, ohne dass ihm die Wirkungen der missbräuchlichen Schiedsklausel überhaupt bekannt sind.46 Unter diesen Umständen erweist sich eine solche Anfechtungsfrist als mit dem Effektivitätsgrundsatz in Einklang stehend, da sie als solche nicht die Ausübung der Rechte, die den Verbrauchern nach der Richtlinie 93/13 zustehen, unmöglich macht oder übermäßig erschwert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2003, Santex, C 327/00, Slg. 2003, I 1877, Randnr. 55).47 Allerdings kann die Wahrung des Effektivitätsgrundsatzes unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen, nicht so weit gehen, dass vom nationalen Gericht verlangt wird, nicht nur das Unterlassen einer Verfahrenshandlung durch einen Verbraucher, der seine Rechte nicht kennt, wie es in der Rechtssache Mostaza Claro der Fall war, auszugleichen, sondern auch einer völligen Untätigkeit des Verbrauchers, wie im Fall der Beklagten des Ausgangsverfahrens, die sich weder am Schiedsverfahren beteiligt noch einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt hat, der deshalb rechtskräftig geworden ist, vollständig abzuhelfen. 48 Nach allem ist festzustellen, dass die in der spanischen Regelung festgelegten Verfahrensvorschriften zum Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Vertragsklauseln die Ausübung der den Verbrauchern durch die Richtlinie 93/13 verliehenen Rechte nicht unmöglich machen oder außerordentlich erschweren.49 Was zweitens den Äquivalenzgrundsatz angeht, so verlangt dieser, dass die vom nationalen Recht aufgestellten Voraussetzungen für die Prüfung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts von Amts wegen nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die die Prüfung gleichrangiger Bestimmungen des nationalen Rechts regeln (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteil vom 14. Dezember 1995, van Schijndel und van Veen, C 430/93 und C 431/93, Slg. 1995, I 4705, Randnrn. 13 und 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).50 Um festzustellen, ob der erwähnte Grundsatz im Ausgangsverfahren gewahrt ist, hat das nationale Gericht, das allein eine unmittelbare Kenntnis der Verfahrensmodalitäten für Klagen im Bereich des nationalen Rechts besitzt, sowohl den Gegenstand als auch die wesentlichen Merkmale der als vergleichbar dargestellten Klagen zu prüfen (vgl. insbesondere Urteil vom 16. Mai 2000, Preston u. a., C 78/98, Slg. 2000, I 3201, Randnrn. 49 und 56). Der Gerichtshof kann jedoch dem nationalen Gericht im Hinblick auf die von diesem vorzunehmende Prüfung Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts geben (vgl. Urteil Preston, Randnr. 50).51 Wie bereits in Randnr. 30 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, ist Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 eine Bestimmung zwingenden Charakters. Zudem stellt diese Richtlinie nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs insgesamt eine Maßnahme nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. t EG dar, die für die Erfüllung der Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft und insbesondere für die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität in der ganzen Gemeinschaft unerlässlich ist (Urteil Mostaza Claro, Randnr. 37).52 Daher ist in Anbetracht von Natur und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der Schutz beruht, den die Richtlinie 93/13 für den Verbraucher sicherstellt, festzustellen, dass Art. 6 der Richtlinie als eine Norm zu betrachten ist, die den nationalen Bestimmungen, die im nationalen Recht zwingend sind, gleichwertig ist.53 Folglich ist ein mit einem Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Schiedsspruch befasstes nationales Gericht, wenn es nach den Bestimmungen seines nationalen Verfahrensrechts von Amts wegen den Verstoß einer Schiedsklausel gegen zwingende nationale Vorschriften prüfen muss, auch verpflichtet, die Missbräuchlichkeit einer Schiedsklausel in Anbetracht von Art. 6 der Richtlinie von Amts wegen zu prüfen, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil Pannon GSM, Randnr. 32).54 Eine solche Verpflichtung obliegt dem nationalen Gericht auch, wenn es im Rahmen des nationalen Rechtspflegesystems über die bloße Möglichkeit verfügt, den Verstoß einer solchen Klausel gegen zwingende nationale Bestimmungen von Amts wegen zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteile van Schijndel und van Veen, Randnrn. 13, 14 und 22, sowie Kempter, Randnr. 45).55 Was das Ausgangsverfahren angeht, ist der spanischen Regierung zufolge das zur Vollstreckung eines rechtskräftigen Schiedsspruchs angerufene Gericht dafür zuständig, die Frage, ob eine Schiedsklausel in einem Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden wegen Verstoßes gegen zwingende nationale Vorschriften nichtig ist, von Amts wegen zu beurteilen. Eine solche Zuständigkeit sei im Übrigen in mehreren kürzlich ergangenen Urteilen der Audiencia Provincial de Madrid und der Audiencia Nacional angenommen worden.56 Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob sich dies in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit so verhält. 57 Was schließlich die Folgen der Feststellung durch das Vollstreckungsgericht angeht, dass ein von einem Gewerbetreibenden mit einem Verbraucher geschlossener Vertrag eine missbräuchliche Schiedsklausel enthält, so ist daran zu erinnern, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 von den Mitgliedstaaten verlangt, vorzusehen, dass missbräuchliche Klauseln für die Verbraucher gemäß den "Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften" unverbindlich sind.58 Somit ist es, wie die ungarische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen vorschlägt, Sache des vorlegenden Gerichts, nach seinem nationalen Recht alle Konsequenzen zu ziehen, die das Vorhandensein einer missbräuchlichen Schiedsklausel im Hinblick auf den Schiedsspruch mit sich bringt, soweit diese Klausel den Verbraucher nicht zu binden vermag.59 Nach allem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem in Abwesenheit des Verbrauchers ergangenen rechtskräftigen Schiedsspruch anhängig ist, verpflichtet ist, die Missbräuchlichkeit der Schiedsklausel von Amts wegen zu prüfen, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt, wenn es nach den Bestimmungen seines nationalen Verfahrensrechts eine solche Beurteilung im Rahmen vergleichbarer Anträge nationaler Art vornehmen kann. Ist dies der Fall, so obliegt es diesem Gericht, alle Konsequenzen zu ziehen, die sich daraus nach nationalem Recht ergeben, um sich zu vergewissern, dass diese Klausel für den Verbraucher unverbindlich ist.Kosten60 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem in Abwesenheit des Verbrauchers ergangenen rechtskräftigen Schiedsspruch anhängig ist, verpflichtet ist, die Missbräuchlichkeit der Schiedsklausel von Amts wegen zu prüfen, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt, wenn es nach den Bestimmungen seines nationalen Verfahrensrechts eine solche Beurteilung im Rahmen vergleichbarer Anträge nationaler Art vornehmen kann. Ist dies der Fall, so obliegt es diesem Gericht, alle Konsequenzen zu ziehen, die sich daraus nach nationalem Recht ergeben, um sich zu vergewissern, dass diese Klausel für den Verbraucher unverbindlich ist.


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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
EuGH C-185/07 10.02.2009
Urteil
1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil und Handelssachen (…).
2. Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der A und G …(…) einerseits und der W (….) andererseits, in dem es um die Haftung von W aus unerlaubter Handlung geht.
Rechtlicher Rahmen
Internationales Recht
3. Das am 10. Juni 1958 in New York unterzeichnete Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (United Nations Treaty Series, Bd. 330, S. 3, im Folgenden: New Yorker Übereinkommen) bestimmt in seinem Art. II Abs. 3:
„Wird ein Gericht eines Vertragsstaates wegen eines Streitgegenstandes angerufen, hinsichtlich dessen die Parteien eine Vereinbarung im Sinne dieses Artikels getroffen haben, so hat das Gericht auf Antrag einer der Parteien sie auf das schiedsrichterliche Verfahren zu verweisen, sofern es nicht feststellt, dass die Vereinbarung hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar ist.“
Gemeinschaftsrecht
4. Der 25. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 lautet:
„Um die internationalen Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten eingegangen sind, zu wahren, darf sich diese Verordnung nicht auf von den Mitgliedstaaten geschlossene Übereinkommen in besonderen Rechtsgebieten auswirken.“
5. Art. 1 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt:
„(1) Diese Verordnung ist in Zivil und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten.
(2) Sie ist nicht anzuwenden auf:

d) die Schiedsgerichtsbarkeit.“
6. Art. 5 dieser Verordnung sieht vor:
„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht;
…“
Nationales Recht
7. Section 37 (1) des Supreme Court Act 1981 (Gesetz über den Obersten Gerichtshof von 1981) bestimmt:
„Der High Court kann durch Beschluss eine (einstweilige oder endgültige) Anordnung … in allen Fällen erlassen, in denen ihm dies angezeigt erscheint.“
8. Der Arbitration Act 1996 (Gesetz über die Schiedsgerichtsbarkeit von 1996) sieht in Section 44 („Gerichtliche Befugnisse zur Unterstützung von Schiedsverfahren“) vor:
„(1) Soweit von den Parteien nichts anderes vereinbart worden ist, besitzt das Gericht im Hinblick auf oder in Zusammenhang mit Schiedsverfahren die gleichen Befugnisse, Anordnungen auf den nachstehend aufgeführten Gebieten zu erlassen, wie im Hinblick auf gesetzliche Verfahren oder in Zusammenhang mit solchen.
(2) Diese Gebiete sind:

e) Erlass einer einstweiligen Anordnung …“
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage
9. Im August 2000 kollidierte die „..“, ein W gehörendes Schiff, das die E (…) gechartert hatte, in S (Italien) mit einer E gehörenden Mole und verursachte dort Schäden. Für den Chartervertrag war die Geltung des englischen Rechts vereinbart worden, und er enthielt eine Schiedsklausel, die ein Schiedsverfahren in London (Vereinigtes Königreich) vorsah.
10. E begehrte von ihren Versicherern, A und G, Schadensersatz in Höhe der Versicherungssumme und leitete hinsichtlich des übrigen Schadensbetrags gegen W ein Schiedsverfahren in London ein. W bestritt, für den Unfallschaden zu haften.
11. Nachdem A und G an E für den von dieser erlittenen Schaden gemäß den Versicherungsverträgen Ersatz geleistet hatten, erhoben sie am 30. Juli 2003 eine Klage gegen W vor dem Tribunale … (Italien), um die von ihnen an E gezahlten Beträge zurückzuerlangen. Sie machten geltend, dass sie durch gesetzlichen Forderungsübergang nach Art. 1916 des italienischen Zivilgesetzbuchs in die Rechte von Erg eingetreten seien. W erhob dagegen die Einrede der Unzuständigkeit des genannten Gerichts wegen der geschlossenen Schiedsvereinbarung.
12. Parallel dazu, am 10. September 2004, leitete W ein Verfahren vor dem High Court of Justice (England & Wales), Queen‘s Bench Division (Commercial Court) (Vereinigtes Königreich), mit dem Antrag auf Feststellung ein, dass nach der geschlossenen Schiedsvereinbarung ihr Rechtsstreit mit A und G dem Schiedsverfahren zu unterwerfen sei. W beantragte außerdem den Erlass einer Anordnung, mit der es A und G untersagt werden sollte, sich eines anderen Verfahrens als des Schiedsverfahrens zu bedienen und das vor dem Tribunale … eingeleitete Verfahren fortzuführen (im Folgenden: „anti suit injunction“).
13. Mit Urteil vom 21. März 2005 gab der High Court of Justice (England & Wales), Queen‘s Bench Division (Commercial Court), den Anträgen von W statt und erließ gegen A und G die beantragte „anti-suit injunction“. A und G legten gegen das Urteil Rechtsmittel zum House of Lords ein. Sie machen geltend, der Erlass einer solchen Anordnung widerspreche der Verordnung Nr. 44/2001.
14. Das House of Lords nimmt zunächst Bezug auf die Urteile vom 9. Dezember 2003, …. (….), und vom 27. April 2004, … (…), mit denen im Wesentlichen entschieden worden sei, dass eine Anordnung, mit der einer Partei die Einleitung oder Fortführung eines Verfahrens vor einem Gericht eines Mitgliedstaats verboten werde, mit dem durch die Verordnung Nr. 44/2001 geschaffenen System nicht vereinbar sein könne, selbst wenn sie von dem nach dieser Verordnung zuständigen Gericht erlassen werde. Dies beruhe darauf, dass die Verordnung Nr. 44/2001 eine abschließende, einheitliche Regelung der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten enthalte, die einander bei der ordnungsgemäßen Anwendung dieser Regelung Vertrauen entgegenbringen müssten.
15. Dieser Grundsatz lasse sich jedoch nicht auf die Schiedsgerichtsbarkeit erstrecken, die nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 44/2001 vollständig von deren Anwendungsbereich ausgeschlossen sei. In diesem Bereich gebe es keine einheitliche gemeinschaftsrechtliche Regelung, deren Bestehen aber eine notwendige Voraussetzung dafür sei, dass zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten gegenseitiges Vertrauen entstehen und praktiziert werden könne. Überdies ergebe sich aus dem Urteil vom 25. Juli 1991, … (….), dass der Ausschlusstatbestand des Art. 1 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 44/2001 nicht nur für Schiedsverfahren als solche gelte, sondern auch für gerichtliche Verfahren, die die Schiedsgerichtsbarkeit zum Gegenstand hätten. Im Urteil vom 17. November 1998, … (…), sei klargestellt worden, dass die Schiedsgerichtsbarkeit dann Gegenstand eines Verfahrens sei, wenn dieses auf die Sicherung des Anspruchs ziele, den Rechtsstreit im Wege der Schiedsgerichtsbarkeit zu erledigen, was im Ausgangsrechtsstreit der Fall sei.
16. Zudem könne die an A und G gerichtete Anordnung, mit denen ihnen das Betreiben eines anderen Verfahrens als des Schiedsverfahrens und die Fortführung des Verfahrens vor dem Tribunale … untersagt werde, deshalb nicht gegen die Verordnung Nr. 44/2001 verstoßen, weil der gesamte Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung liege.
17. Schließlich weist das House of Lords darauf hin, dass die Gerichte des Vereinigten Königreichs seit vielen Jahren „anti suit injunctions“ erließen. Diese Praxis sei ein wirksames Mittel für das Gericht am Sitz des Schiedsgerichts, das die richterliche Kontrolle über Letzteres ausübe, da es die Rechtssicherheit dadurch fördere, dass es die Möglichkeit von Konflikten zwischen dem Schiedsspruch und dem Urteil eines nationalen Gerichts reduziere. Zudem trage diese Praxis, wenn auch die Gerichte der anderen Mitgliedstaaten sie befolgten, zur Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Gemeinschaft gegenüber weltweit anerkannten Zentren der Schiedsgerichtsbarkeit wie New York, den Bermudas und Singapur bei.
18. Vor diesem Hintergrund hat das House of Lords das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist es mit der Verordnung Nr. 44/2001 vereinbar, dass ein Gericht eines Mitgliedstaats eine Entscheidung erlässt, wonach eine Person es zu unterlassen hat, ein Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat einzuleiten oder fortzuführen, weil ein solches Verfahren gegen eine Schiedsvereinbarung verstößt?
Zur Vorlagefrage
19. Mit seiner Frage möchte das House of Lords wissen, ob der Erlass einer Anordnung durch ein Gericht eines Mitgliedstaats, mit der einer Person die Einleitung oder Fortführung eines Verfahrens vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats mit der Begründung verboten wird, dass ein solches Verfahren gegen eine Schiedsvereinbarung verstoße, mit der Verordnung Nr. 44/2001 unvereinbar ist, obwohl Art. 1 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 44/2001 die Schiedsgerichtsbarkeit vom Anwendungsbereich der Verordnung ausschließt.
20. Eine „anti-suit injunction“, wie sie im Ausgangsrechtsstreit ergangen ist, kann sich an den tatsächlichen oder potenziellen Urheber einer Klage im Ausland richten. Wie die Generalanwältin in … ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, setzt sich der Adressat einer solchen Anordnung, wenn er ihr nicht nachkommt, einer Verfolgung wegen Missachtung des Gerichts aus, die mit Strafen bis zu Zwangshaft oder Beschlagnahme seines Vermögens geahndet werden kann.
21. Sowohl W als auch die Regierung des Vereinigten Königreichs meinen, dass eine solche Anordnung deshalb nicht mit der Verordnung Nr. 44/2001 unvereinbar sein könne, weil deren Art. 1 Abs. 2 Buchst. d die Schiedsgerichtsbarkeit vom Anwendungsbereich der Verordnung ausnehme.
22. Insoweit ist daran zu erinnern, dass für die Feststellung, ob ein Rechtsstreit in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 fällt, nur der Gegenstand des Verfahrens zu berücksichtigen ist (…). Die Zugehörigkeit zum Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt sich, genauer gesagt, nach der Rechtsnatur der durch das fragliche Verfahren gesicherten Ansprüche (….).
23. Ein Verfahren wie das Ausgangsverfahren, das zum Erlass einer „anti-suit injunction“ führt, kann daher nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 fallen.
24. Jedoch kann ein Verfahren, auch wenn es nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 fällt, gleichwohl Folgen haben, die deren praktische Wirksamkeit beeinträchtigen, und zwar kann es verhindern, dass die Ziele einer Vereinheitlichung der Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen und der Freizügigkeit von in solchen Sachen ergangenen Entscheidungen erreicht werden. So verhält es sich insbesondere dann, wenn ein derartiges Verfahren ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats an der Ausübung der Befugnisse hindert, die ihm durch die Verordnung Nr. 44/2001 verliehen werden.
25. Es ist daher zu prüfen, ob das von A und G beim Tribunale … gegen W eingeleitete Verfahren selbst unter die Verordnung Nr. 44/2001 fällt, und sodann, wie sich die „anti-suit injunction“ auf dieses Verfahren auswirkt.
26. Insoweit ist, wie die Generalanwältin in … und … ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, davon auszugehen, dass dann, wenn ein Verfahren nach seinem Streitgegenstand, d. h. nach der Rechtsnatur der in diesem Verfahren zu sichernden Ansprüche, etwa eines Schadensersatzanspruchs, in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 fällt, eine Vorfrage, die die Anwendbarkeit einer Schiedsvereinbarung einschließlich deren Gültigkeit betrifft, ebenfalls in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt. Diese Schlussfolgerung wird bestätigt durch Randnr. 35 des Evrigenis/Kerameus- Berichts über den Beitritt der Republik Griechenland zum Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32, im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) (ABl. 1986, C 298, S. 1). Danach kann nach dem Brüsseler Übereinkommen inzidenter die Gültigkeit eines Schiedsvertrags geprüft werden, auf den sich die eine Partei beruft, um die internationale Unzuständigkeit des Gerichts geltend zu machen, vor dem sie nach dem Übereinkommen verklagt wird.
27. Daraus folgt, dass die von West Tankers vor dem Tribunale … erhobene Unzuständigkeitseinrede, die auf das Bestehen einer Schiedsvereinbarung gestützt ist, einschließlich der Frage der Gültigkeit dieser Vereinbarung in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 fällt und dass es daher ausschließlich Sache dieses Gerichts ist, gemäß den Art. 1 Abs. 2 Buchst. d und 5 Nr. 3 dieser Verordnung über diese Einrede sowie über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden.
28. Ein für die Entscheidung über einen Rechtsstreit normalerweise nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 zuständiges Gericht eines Mitgliedstaats durch eine „anti-suit injunction“ daran zu hindern, im Einklang mit Art. 1 Abs. 2 Buchst. d dieser Verordnung gerade über deren Anwendbarkeit auf den bei ihm anhängig gemachten Rechtsstreit zu befinden, läuft deshalb notwendig darauf hinaus, ihm seine Befugnis zu nehmen, gemäß der Verordnung Nr. 44/2001 über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden.
29. Daraus folgt zunächst, dass eine „anti-suit injunction“ wie die im Ausgangsverfahren ergangene, wie die Generalanwältin in …. ihrer Schlussanträge dargelegt hat, nicht den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Brüsseler Übereinkommen ergebenden allgemeinen Grundsatz wahrt, wonach jedes angerufene Gericht nach dem für dieses Gericht geltenden Recht bestimmt, ob es für die Entscheidung über den bei ihm anhängig gemachten Rechtsstreit zuständig ist (…). Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Verordnung Nr. 44/2001, abgesehen von einigen begrenzten, im Ausgangsrechtsstreit nicht einschlägigen Ausnahmen, die Prüfung der Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats durch ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats nicht gestattet (…). Diese Zuständigkeit bestimmt sich unmittelbar nach den Vorschriften der Verordnung einschließlich derjenigen über ihren Anwendungsbereich. Ein Gericht eines Mitgliedstaats ist daher in keinem Fall besser in der Lage, über die Zuständigkeit eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaats zu befinden (…).
30. Sodann widerspricht eine solche „anti-suit injunction“ auch dem Vertrauen, das die Mitgliedstaaten gegenseitig ihren Rechtssystemen und Rechtspflegeorganen entgegenbringen und auf dem das Zuständigkeitssystem der Verordnung Nr. 44/2001 beruht (…), denn sie beeinträchtigt das Gericht eines anderen Mitgliedstaats darin, die ihm durch die Verordnung Nr. 44/2001 verliehenen Befugnisse auszuüben, nämlich auf der Grundlage der Bestimmungen der Verordnung über deren Anwendungsbereich, darunter ihres Art. 1 Abs. 2 Buchst. d, über die Anwendbarkeit der Verordnung zu entscheiden.
31. Schließlich könnte sich, wenn das Tribunale … durch eine „anti-suit injunction“ daran gehindert wäre, selbst die Vorfrage der Gültigkeit oder Anwendbarkeit der Schiedsvereinbarung zu prüfen, eine Partei dem Verfahren einfach dadurch entziehen, dass sie sich auf diese Schiedsvereinbarung beruft, und der Kläger, der diese Vereinbarung für hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar hält, sähe sich dadurch vom Zugang zu dem staatlichen Gericht ausgeschlossen, das er nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 angerufen hat, und wäre somit einer Form des gerichtlichen Rechtsschutzes beraubt, auf die er Anspruch hat.
32. Folglich ist eine „anti-suit injunction“ wie die im Ausgangsverfahren fragliche mit der Verordnung Nr. 44/2001 nicht vereinbar.
33. Dieses Ergebnis wird durch Art. II Abs. 3 des New Yorker Übereinkommens bestätigt, wonach es das Gericht eines Vertragsstaats, das wegen eines Streitgegenstands angerufen wird, hinsichtlich dessen die Parteien eine Schiedsvereinbarung geschlossen haben, ist, das die Parteien auf Antrag einer von ihnen auf das schiedsrichterliche Verfahren verweist, sofern es nicht feststellt, dass die Vereinbarung hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar ist.
34. Nach alledem ist auf die gestellte Frage zu antworten, dass der Erlass einer Anordnung durch ein Gericht eines Mitgliedstaats, mit der einer Person die Einleitung oder Fortführung eines Verfahrens vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats mit der Begründung verboten wird, dass ein solches Verfahren gegen eine Schiedsvereinbarung verstoße, mit der Verordnung Nr. 44/2001 unvereinbar.
Kosten
35. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
Der Erlass einer Anordnung durch ein Gericht eines Mitgliedstaats, mit der einer Person die Einleitung oder Fortführung eines Verfahrens vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats mit der Begründung verboten wird, dass ein solches Verfahren gegen eine Schiedsvereinbarung verstoße, ist mit der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil und Handelssachen unvereinbar.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
Schiedsgericht Hamburg Beschluss 02.07.2009 Einstellung des Schiedsverfahrens, Unmöglichkeit der Fortsetzung
Tenor:
Das Schiedsverfahren wird wegen Unmöglichkeit der Fortsetzung eingestellt.
Gründe: 
Das Schiedsgericht nimmt Bezug auf seinen rechtskräftigen Zwischenentscheid vom 5. Mai 2009 einschließlich der damit zugleich angeordneten Nachfrist für die restliche Vorschusszahlung und einschließlich der dortigen Hinweise (zu B V - VI).
Der restliche Vorschuss ist binnen der Frist nicht eingegangen.
Binnen der zugleich gesetzten Äußerungsfrist haben die Schiedsparteien keine Bedenken gegen die in Aussicht gestellte Verfahrenseinstellung mitgeteilt.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
Schiedsgericht Uelzen Beschluss 28.09.2015 Sachverständigen, Ablehnung
Tenor:
Der Befangenheitsantrag des Schiedsklägers vom 18. September 2015 gegen den mit Beweisbeschluss des Schiedsgerichts vom 31. Juli 2015 beauftragten Sachverständigen wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Befangenheitsantrag des Schiedsklägers vom 18. September 2015 gegen den mit Beweisbeschluss vom 31. Juli 2015 beauftragten Sachverständigen betrifft die Beweis-Teilfrage der Bewertung des ...
II.
Dieser Befangenheitsantrag ist unzulässig wegen Versäumung der Zweiwochenfrist gemäß § 1049 Abs. 3 i.V.m. § 1037 Abs. 1 und 2 ZPO.
1.       Gemäß § 1049 Abs. 3 ZPO sind auf die Ablehnung eines vom Schiedsgericht bestellten Sachverständigen die eine Ablehnung eines Schiedsrichters regelnden Vorschriften §§ 1036, 1037 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden.
Nach § 1037 Abs. 2 Satz 1 ZPO hat eine Schiedspartei, die einen Ablehnungsantrag gestützt auf einen Befangenheits-Umstand im Sinne von § 1036 Abs. 2 ZPO stellen will, dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe (wenn wie hier keine andere Regelung vereinbart ist) binnen zwei Wochen darzulegen, nachdem ihr der die Befangenheit begründende Umstand bekannt geworden ist.
2.       Der Schiedskläger stützt das Ablehnungsgesuch vom 18. September 2015 auf Äußerungen des Sachverständigen in einem von diesem für die Landesbehörde ... erstatteten Gutachten vom ... April 2014.
Abgesehen von der durch den Sachverständigen von vornherein mitgeteilten Erstattung des Gutachtens für die Behörde ist dieses mit seinem gesamten Inhalt dem Schiedskläger zumindest als Anlage zum Schiedsbeklagten-Schriftsatz vom 24. August 2015 bekannt geworden ...
a)       Dieser Schriftsatz mit dem Gutachten ist zunächst bei dem in der Prozessvollmacht des Schiedsklägers ... erstgenannten Prozessbevollmächtigten ... per Email des Schiedsbeklagten-Prozessbevollmächtigten vom 24. August 2015, ... eingegangen.
Auf Nachfrage des in der Prozessvollmacht des Schiedsklägers ... zweitgenannten Prozessbevollmächtigten per Email vom 2. September 2015, 18:18h, ist zusätzlich an diesen während des schiedsgerichtlichen Rückrufs per schiedsgerichtlicher Email von 18:54h der Schriftsatz mit dem Gutachten weitergeleitet worden. Noch während desselben Telefonats sind die Eingänge beider Emails durch den zweitgenannten Prozessbevollmächtigten bestätigt worden.
b)       Da bereits seit dem 24. August ebenso wie seit dem 2. September die Zweiwochenfrist bis zum Befangenheitsantrag vom 18. September nicht gewahrt worden ist, bedarf es nicht mehr der Aufklärung des Eingangszeitpunkts der postalischen nochmaligen Gutachten-Übersendung durch den Prozessbevollmächtigten des Schiedsbeklagten vom 3. September 2015 an die Prozessbevollmächtigten des Schiedsklägers.
III.
Unabhängig von der Unzulässigkeit ist der Befangenheitsantrag auch unbegründet.
1.       Befangenheitszweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen gemäß § 1049 Abs. 3 i.V.m. § 1036 ZPO ergeben sich gemäß ständiger Rechtsprechung nicht ohne weiteres aus seiner von vornherein mitgeteilten Vorbefassung mit einer von ihm zu begutachtenden Frage (vgl. AG Bergheim, Beschluss vom 23. 10. 2014, 26 H 3/14, WuM 2014, 747; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. 3. 2014, I-26 W 16/13, AG 2015, 439; Urteil vom 5. 2. 2013, I-U 185/11, BauR 2013, 1283; Bay. LSG, Beschluss vom 4. 11. 2013, L 2 SF 124/13 B, Juris; OLG München, Beschlüsse vom 11. 8. 2011 31 Wx 294/11, ZIP 2011, 1983; vom 19. 8. 2005 1 W 2072/05, OLG-Report München 2006, 135; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 30. 12. 2004 11 W 93/04, BauR 2005, 1208; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. 8. 2000, 9 W 57/00, NJW-RR 2001, 1434).
a)       Nach Vorbefassung in einem geregelten Gerichts-, Schlichtungs- oder - wie hier - Verwaltungsverfahren berechtigt insbesondere eine bloß daraus abgeleitete Erwartung einer Voreingenommenheit oder eines ungünstigen Gutachtenergebnisses nicht zur Ablehnung wegen mangelnder Unparteilichkeit (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. 10. 2011 L 13 SF 359/11 B, Juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. 6. 2011, L 6 bU 22/11 B, UV-Recht Aktuell 2011, 1138; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. 7. 2010 8 Wv 28/10, MDR 2011, 126; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 5. 2. 2009, 12 U 33/07, Juris).
Denn - entgegen dem Ablehnungsgesuch mit dem bloßen Hinweis auf das Glaubwürdigkeitsrisiko des Gutachters - ist diesem grundsätzlich die Fähigkeit zuzusprechen, eine frühere Äußerung oder Meinung zu revidieren (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. 5. 2006 I-26 W 9/06 AktE, DB 2006, 1670, Juris Rz. 19 m.w.N.); anders als bei - hier nicht spezifizierten - persönlichen Befürchtungen, die Begutachtung könne den Boden der Sachlichkeit, Neutralität oder Unvoreingenommenheit verlassen (vgl. Bay. LSG, Beschluss vom 9. 10. 2012 L 15 VJ 2/08, Breith 2013, 168).
Im Übrigen fällt einem nunmehr (schieds-)gerichtlich bestellten Sachverständigen eine unvoreingenommene Beurteilung erfahrungsgemäß leichter als eine andere Begutachtung (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 23. 3. 2015, 5 W 4/15, Juris; zur privatgutachterlichen Vorbefassung vgl. OLG Köln, Beschluss vom 23. 3. 2015, 5 W 15/15 Gesundheitsrecht 2015, 428; BGH, Beschluss vom 23. 10. 2012 X ZR, MDR 2012, 1487; OLG Oldenburg, Beschluss vom 12. 7. 2012 2 W 38/12, IBR 2012, 616).
b)       Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob oder dass die vorherige Bewertung möglicherweise auftragsgemäß auf einer seinerzeit weniger umfassenden oder weniger aktuellen Grundlage beruhte (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 19. 6. 2014, FamRZ 2015, 68; VG Leipzig, Urteil vom 21. 5. 2014, 4 K n528/11, Juris).
2.       Ungeachtet der Zurückweisung des Befangenheitsantrags werden die im Zusammenhang mit seiner Begründung vorgetragenen inhaltlichen Bewertungs-Gesichtspunkte weiter im schiedsgerichtlichen Verfahren einschließlich der Beweisaufnahme zu prüfen sein.
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