Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 3 Sch 02/00 06.08.2001 sonstige Gerichtsverfahren: - Feststellung Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens; - Kostenentscheidung Schiedsspruch: - formale Anforderungen, Unterschrift der Schiedsrichter Aufhebungsverfahren Anerkennungsverfahren Vollstreckbarerklärungsverfah
B E S C H L U S S
Der Zwischenentscheid des ..... vom 31. Oktober 2000 wird aufgehoben.
Der Schiedsspruch des ..... vom 15. November 2000 wird einschließlich des Kostenschiedsspruchs vom 15. November 2000 aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Hinsichtlich der Aufhebung des Zwischenentscheides wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Dieser Beschluss beschwert den Antragsgegner mit DM 120.000,00.
I.
Der Antragsteller ist ein in der Form eines eingetragenen Vereins organisierter, auf Bundesebene handelnder Berufsverband von Heilpraktikern, seine Mitglieder sind einerseits Landesverbände, andererseits die in den Landesverbänden organisierten Einzelmitglieder. Der Antragsgegner ist ein gleichfalls als eingetragener Verein organisierter Landesverband. Er ist zugleich Mitglied der Kooperation ....., eines Zusammenschlusses mehrerer Berufsverbände von ..... . Der Antragsteller, der einem anderen Spitzenverband ..... angehört, hält die Mitgliedschaft des Antragsgegners in der Kooperation ..... für vereinsschädlich. Mit Beschluss vom 23.09.2000 forderte die Versammlung der Landesverbandsvorsitzenden, ein Organ des Antragstellers, den Vorstand des Antragsgegners auf, bei seinen Mitgliedern eine schriftliche Abstimmung über die Fortdauer der Mitgliedschaft bei dem Antragsteller abzuhalten. Bei Nichteinhaltung dieser Aufforderung solle der Vorstand des Antragstellers das Ausschlussverfahren nach § 24 seiner Satzung durchführen. Diese Satzungsbestimmung sieht vor, dass der Antragsteller eine Versammlung der Mitglieder eines Landesverbandes mit dem Ziel der Abstimmung über eine Fortdauer der Mitgliedschaft bei dem Antragsteller einberufen und die Versammlung der Landesverbandsvorsitzenden den betreffenden Verband ausschließen kann, wenn keine Mehrheit für den Verbleib bei dem Antragsteller zustande kommt.
In der Satzung des Antragstellers in der Fassung der Satzungsänderung vom 27. Juni 1998 ist die Errichtung eines Ehrenrats vorgesehen und eine Ehrenratsordnung als Bestandteil der Satzung erklärt. Diese Ehrenratsordnung wurde am 19.10.1998 beschlossen. Sie enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
§ 1 Rechtsnatur
Die Ehrenratsordnung ist Bestandteil der Satzung des Fachverbandes ..... (Fachverband) und basiert auf § 25 der Satzung. Der Ehrenrat ist ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. der Zivilprozessordnung.
§ 22 Widerspruch
Widerspruch gegen die Entscheidung des Ehrenrates ist schriftlich mittels Einschreiben innerhalb von sechs Wochen an den Fachverband ..... Bundesverband einzulegen. Über den Widerspruch entscheidet die nächste turnusmäßige Delegiertenversammlung oder Mitgliederversammlung.
Wegen des Inhalts der Ehrenratsordnung im übrigen wird auf die bei den Akten befindliche Ablichtung (Bl. 81 ff. d.A.) verwiesen.
Am 13.10.2000 beantragte der Antragsgegner bei dem Ehrenrat, dem Antragsteller zu untersagen, eine Versammlung der Mitglieder des Antragsgegners mit dem Ziel einer Abstimmung über die Fortdauer der Mitgliedschaft des Antragsgegners bei dem Antragsteller bzw. in der Kooperation ..... durchzuführen, sowie festzustellen, dass der Beschluss vom 23.09.21000 nichtig sei. Hinsichtlich des beantragten Verbots, eine Mitgliederversammlung abzuhalten, verlangte der Antragsgegner außerdem einstweiligen Rechtsschutz.
Der Vorsitzende des Ehrenrats erließ am 17.10.2000 eine einstweilige Verfügung mit dem beantragten Inhalt. Am 31.10.2000 erließ der Ehrenrat durch seine sämtlichen Mitglieder eine weitere einstweilige Verfügung mit dem selben Inhalt. Der Antragsgegner beantragte am 20.10.2000 bzw. 08.11.2000 bei dem Oberlandesgericht Köln, die einstweilige Verfügung für vollstreckbar zu erklären.
Der Antragsteller rügte die Zuständigkeit des Ehrenrats und bezeichnete dessen Verfahren als unzulässig., Daraufhin beschloss nach telefonischer Abstimmung der Ehrenrat einen Zwischenentscheid, mit dem er seine Zuständigkeit für die beantragte Entscheidung bejahte. Diese Entscheidung teilte der Vorsitzende mit Schreiben vom 29.10.2000 dem Antragsteller per Fax am 31.10.2000 mit (Bl. 154 d.A.).
In einem weiteren Schreiben vom 29. Oktober 2000 äußerte sich der Vorsitzende des Ehrenrats gegenüber dem Antragsteller wie folgt: "Noch ein Wort zu dem den Fachverband beratenden Juristen. Welche Taktik steht dahinter, in einer mündlichen Verhandlung vor dem OLG Köln auf die Zuständigkeit des Ehrenrats zu plädieren, um dann bei faktischer Anrufung des Ehrenrats dessen Unzuständigkeit zu fordern. Der Rechtsanwalt spricht von Flurschaden durch den Ehrenrat. Flurschaden wird von Wildsäuen angerichtet. Der Ehrenrat bedankt sich für die Botschaft."
Mit Schreiben vom 01.11.2000, bei dem Antragsteller am 02.11.2000 eingegangen (Bl. 38. d. BA OLG Köln 9 Sch 44/2000) kündigte der Vorsitzende des Ehrenrats an, dass ein von allen Ehrenratsmitgliedern unterschriebener Zwischenentscheid nochmals zugestellt werden müsse und legte zugleich als Ort der Verhandlung über die Hauptsache Frankfurt am Main fest. Der Zwischenentscheid wurde danach in vier gleichlautenden Texten, unterschrieben jeweils von dem Vorsitzenden und einem der vier Beisitzer, dem Antragsteller am 07.11.2000 übermittelt (Bl. 138, 143, 150 d.A.). In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln rügte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 09.11.2000 dessen örtliche Zuständigkeit und beantragte, die Unzulässigkeit des Verfahrens des Ehrenrats und dessen Unzuständigkeit festzustellen, den Zwischenbescheid aufzuheben, ferner die einstweilige Verfügung aufzuheben. Außerdem lehnte der Antragsteller gegenüber dem OLG Köln den Vorsitzenden des Ehrenrats wegen Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom 04.12.2000 beantragte der Antragsteller bei dem Oberlandesgericht Köln, mit Rücksicht auf seine Anträge vom 09.11.2000 die Sache an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main abzugeben.
Am 15.11.2000 verhandelte der Ehrenrat in Frankfurt am Main über die Anträge des Antragsgegners. Wegen des Verlaufs der Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15. November 2000 (Bl. 49 d.A.) verwiesen. Die Parteien schlossen in der Sitzung einen als" Schiedsvereinbarung" bezeichneten Vergleich, wegen dessen Inhalts auf Blatt 51 f. d. A. verwiesen wird, und einigten sich über die Verteilung der Kosten des Verfahrens vor dem Ehrenrat. Der Ehrenrat vertrat die Auffassung, dass zur Erlangung von Rechtssicherheit gleichwohl noch ein Schiedsspruch, erforderlich sei. Am Ende der Sitzung verkündete der Ehrenrat einen Schiedsspruch zur Hauptsache sowie einen Kostenschiedsspruch. Den mit Begründung versehenen Schiedsspruch zur Hauptsache übermittelte der Ehrenratsvorsitzende in der Folge den Parteien, wobei die die Unterschrift tragende vierte Seite viermal kopiert war und jeweils die Unterschrift des Vorsitzenden sowie eines der vier Beisitzer trug. Die Rechtsmittelbelehrung am Ende des Schiedsspruchs weist daraufhin, dass eine Anfechtung des Schiedsspruchs durch Widerspruch, wie in § 22 der Ehrenratsordnung vorgesehen, nicht in Betracht komme, weil diese Bestimmung der Satzung unwirksam sei.
Mit Schriftsatz vom 28.11.2000 nahm der Antragsgegner seinen Antrag auf Vollstreckbarerklärung der einstweiligen Verfügung des Ehrenrats bzw. dessen Vorsitzenden beim Oberlandesgericht Köln zurück. Der Bevollmächtigte des Antragstellers nahm daraufhin telefonisch seinen Antrag auf Abgabe an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zurück (Bl. 95 Rs. d.BA OLG Köln 9 Sch 44/2000).
Mit am 15.12.2000 bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller Aufhebung des Schiedsspruchs und gerichtliche Entscheidung über den Zwischenentscheid beantragt. Er ist der Ansicht, der Ehrenrat sei kein Schiedsgericht im Sinne der ZPO, sondern ein Disziplinarorgan im Sinne einer vereinsinternen Disziplinargerichtsbarkeit. Das folge aus der Bezeichnung als Ehrenrat, aus § 19 der Ehrenratsordnung in der als Sanktionen unter anderem Verwarnung, Verweis, also typische Disziplinarstrafen, vorgesehen seien, sowie daraus, dass gegen die Entscheidungen des Ehrenrats der Rechtsbehelf des Widerspruchs, über den die Delegiertenversammlung zu entscheiden habe, vorgesehen sei. Der Antragsteller habe das Rügerecht auch nicht verloren, weil er den Zwischenbescheid innerhalb der Monatsfrist bei dem Oberlandesgericht Köln beanstandet habe und nach Rücknahme der Sachanträge des Antragsgegners bei dem Oberlandesgericht Köln den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs unverzüglich, nachdem er von der Rücknahme Kenntnis erlangt habe, beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main wiederholt habe. Er habe auch in einem dem Ehrenrat eingereichten Schriftsatz dessen Zuständigkeit gerügt. Insoweit treffe das Sitzungsprotokoll, das Rügen der Zuständigkeit nicht verlautbaren nicht zu.
Der Schiedsspruch des Ehrenrats unterliege aber auch deshalb der Aufhebung, weil der Vorsitzende des Ehrenrats befangen gewesen sei, wie sich aus dessen brieflicher Äußerung ergebe, die eine verbale Entgleisung darstelle. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts, wie sie der Ehrenrat bei der mündlichen Verhandlung und im Vorfeld vorgenommen habe sei gleichfalls unzulässig. Denn die. gewählten Mitglieder des Ehrenrats hätten die ihnen übertragenen Aufgaben alleine zu lösen. Der Schiedsspruch sei auch in materiell- rechtlicher Hinsicht falsch.
Der Antragsteller beantragt,
den in dem ehrengerichtlichen Verfahren (Schiedsverfahren) zwischen den Parteien vom Ehrenrat am 15.11.2000 erlassenen Schiedsspruch aufzuheben sowie den Zwischenentscheid des Ehrenrats vom 29.10.2000 über seine Zuständigkeit aufzuheben.
Der Antragsgegner begehrt Zurückweisung der Anträge.
Er ist der Auffassung, der Antragsteller habe den Zwischenentscheid nicht rechtzeitig angefochten, so dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung insoweit unzulässig sei. Jedenfalls sei der Ehrenrat ein Schiedsgericht, weil er in der Ehrenratsordnung als solches ausdrücklich mit Hinweis auf § 1025 ZPO bezeichnet sei. § 22 der Ehrenratsordnung sei unwirksam. Mit dem Ablehnungsgesuch sei der Antragsteller ausgeschlossen, weil er keinen Befangenheitsantrag gegen den Ehrenratsvorsitzenden angebracht und jedenfalls binnen der Monatsfrist des § 1037 Abs. 3 ZPO die gerichtliche Entscheidung beantragt habe. Er habe trotz ausdrücklicher Frage des Ehrenratsvorsitzenden in der mündlichen Verhandlung keinen Befangenheitsantrag gestellt. Im übrigen liege auch keine Befangenheit vor. Die Hinzuziehung eines Anwalts zur Beratung über die Formalien des Schiedsverfahrens, ohne dass der Anwalt an der inhaltlichen Beratung beteiligt worden sei, sei kein Verfahrensfehler des Ehrenrats. Im übrigen dürfe das staatliche Gericht den Schiedsspruch nicht inhaltlich überprüfen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Gültigkeit der in der Satzung des Antragstellers enthaltenen Ehrenratsordnung als einer Schiedsordnung, im Sinne der Zivilprozessordnung, die der Ehrenrat in dem Zwischenentscheid bejaht hat, ist gemäß § 1040 Abs. 3 ZPO statthaft.
Der Antrag ist auch innerhalb der Monatsfrist des § 1040 Abs. 3 ZPO gestellt.
Der Antrag ist zwar nicht innerhalb der Frist bei dem örtlich zuständigen Gericht, dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main gestellt worden. Dessen Zuständigkeit ist durch die Bestimmung des Verhandlungsorts im Schreiben des Ehrenratsvorsitzenden vom 01.11.2000 gemäß § 1062 Abs. 1 ZPO begründet worden. Ob zuvor die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Köln als des für den Sitz des Antragstellers zuständigen Oberlandesgerichts gemäß § 1025 Abs. 3 ZPO gegeben war, ist gleichgültig. Denn vor der Übermittlung des Zwischenentscheids am 07. November 2000 hat der Antragsteller keinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Die mit der Festlegung des Orts des schiedsgerichtlichen Verfahrens wechselnde örtliche Zuständigkeit ist daher zu beachten, weil mangels früherer Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung die Wirkungen des § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht eingetreten sind. Der am 15.12.2000 bei dem örtlich zuständigen Gericht gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung konnte daher die Frist nicht wahren.
Die Frist ist aber dadurch gewahrt, dass der Antragsteller bei dem Oberlandesgericht Köln mit Schriftsatz vom 09.11.2000 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat. Bei der Monatsfrist in § 1040 Abs. 3 ZPO handelt es sich nicht um eine Notfrist zur Einlegung eines Rechtsmittels, die nur durch fristgerechte Einlegung bei dem zuständigen Rechtmittelgericht gewahrt werden kann. Sie stellt vielmehr eine einer Klagefrist vergleichbaren Antragsfrist eigener Art dar. Nach Auffassung des Senats besteht ihr Zweck darin, den Parteien des schiedsgerichtlichen Verfahrens innerhalb überschaubarer Zeit Klarheit darüber zu verschaffen, ob eine Partei, die sich auf das Schiedsverfahren eingelassen hat, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts und die Gültigkeit der seinem Verfahren zugrundeliegenden Schiedsordnung akzeptiert oder in Frage stehen will. Der damit verbundene Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gebietet es aber nicht, einen fristwahrenden Antrag nur dann anzunehmen, wenn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung rechtzeitig beim örtlich zuständigen Gericht gestellt ist. Der Gegenpartei wird vielmehr auch durch einen zunächst beim unzuständigen Gericht gestellten Antrag ausreichend verdeutlicht, dass die andere Partei die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung bzw. die Zuständigkeit des Schiedsgerichts angreifen will. Die Sachlage gleicht daher den Fällen der Verjährungsunterbrechung gemäß § 209 BGB und der Klagefrist gemäß § 12 Abs. 3 VVG. Auch in diesen Fällen ist die Frist gewahrt, wenn der Kläger zunächst beim unzuständigen Gericht die Klage erhebt (vgl. Palandt-Heinrichs, 60. Aufl., § 209 Rn. 5, Proelss, VVG, 26. Aufl., § 12 Rn. 62, jeweils mit Nachweisen der Rechtsprechung). Dass der Antragsteller, wie seine im Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln erhobene Rüge der örtlichen Zuständigkeit dieses Gerichts zeigt, selbst davon ausging, dass er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei dem örtlich unzuständigen Gericht stellte, ändert daran nichts.
Die fristwahrende Wirkung des bei dem Oberlandesgericht Köln gestellten Antrags ist auch nicht durch Rücknahme dieses Antrags entfallen. Dabei kann offen bleiben, ob der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mit dem telefonisch erklärten Verzicht auf Abgabe seiner noch nicht erledigten Sachanträge an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zugleich diese Anträge zurücknehmen wollte. Selbst wenn dem so wäre, müsste nach dem Rechtsgedanken des § 212 Abs. 2 BGB angenommen werden, dass die unmittelbar nachfolgende Antragstellung bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main dem Antragsteller die fristwahrende Wirkung des bei dem Oberlandesgericht Köln gestellten Antrags erhalten hat.
Der Antragsteller hat das Recht, den Zwischenentscheid gerichtlich überprüfen zulassen, auch nicht dadurch verloren, dass er, wie es jedenfalls im Protokoll der Sitzung des Ehrenrats vom 15.11.2000 vermerkt ist, in dieser Verhandlung die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht gerügt hat. Denn der Antragsteller hat, was unstreitig ist, jedenfalls in einem vor dem Zwischenentscheid dem Schiedsgericht übermittelten Schriftsatz die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts erhoben und den daraufhin erlassenen Zwischenentscheid rechtzeitig angefochten. In der mündlichen Verhandlung über die Hauptanträge des Antragsgegners musste er diese Rüge nicht wiederholen. In diesem Unterlassen liegt auch kein Verzicht auf die Wirkungen der bereits erhobenen Rüge.
Schließlich verhält sich der Antragsteller auch nicht treuwidrig, wenn er die Ungültigkeit der Ehrenratsordnung als einer Schiedsordnung geltend macht. Der Antragsteller hat zwar in einem eine andere Angelegenheit betreffenden Verfahren vor dem Landgericht Bonn gegen die Zulässigkeit einer Klage des Antragsgegners den Einwand der Schiedsvereinbarung erhoben. Aufgrund Rücknahme der Klage des Antragsgegners hat das Landgericht Bonn in jenem Verfahren aber nicht entschieden, ob dieser Einwand berechtigt war. In der vorliegenden Sache hat der Antragsteller dem Antragsgegner jedenfalls keine Veranlassung gegeben, zur Wahrung seiner Rechte zunächst den Ehrenrat als Schiedsgericht anzurufen. Es ist ihm deshalb auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht verwehrt, hinsichtlich der Gültigkeit der Ehrenratsordnung als Schiedsordnung nunmehr einen anderen rechtlichen Standpunkt einzunehmen.
Der Antrag ist auch begründet.
Dabei kann offen, bleiben, ob ein Zwischenentscheid schriftlich erlassen und von allen Schiedsrichtern unterschrieben sein muss, wie es § 1054 Abs. 1 ZPO für den das Schiedsverfahren beendenden Schiedsspruch verlangt und ob, wenn es an der erforderlichen Form fehlte, das staatliche Gericht in eine sachliche Überprüfung des Zwischenentscheids nicht einzutreten hätte, wie es für den Fall eines nicht formgerechten Schiedsspruchs im Aufhebungsverfahren angenommen wird (vgl. dazu Zöller-Geimer, ZPO, 22. Aufl. § 1054 Rn. 1). Denn der Zwischenentscheid genügt dieser Form. Er ist, wie der Schiedsspruch, keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, so dass es sich verbietet, ohne weiteres die für § 126 BGB geltenden Grundsätze der Einheitlichkeit der Urkunde, wonach die Unterschrift am Ende einer, sei es auch aus verschiedenen Schriftstücken, die durch wechselseitige Bezugnahme oder ähnliche Merkmale als eindeutig zusammengehörig erkennbar sind, bestehenden Urkunde erfolgen muss. Die Unterschrift der Schiedsrichter, die § 1054 BGB verlangt, soll nämlich nur verbürgen, dass der von den Schiedsrichtern unterschriebene Text des Schiedsspruchs das Ergebnis der Beratung des Schiedsgerichts zutreffend wiedergibt. Dies ist aber auch dann gewährleistet, wenn, wie bei dem vorliegenden Zwischenentscheid, mehrere gleichlautende Schriftstücke jeweils nur von einem einzelnen Schiedsrichter unterzeichnet werden. Denn die Parteien des Schiedsverfahrens können den mehren textidentischen Exemplaren ohne weiteres entnehmen, dass jeder der Schiedsrichter den Schiedsspruch und seine Begründung als der Beratung entsprechend bestätigt haben (anderer Ansicht MünchKomm ZPO Münch 3. Aufl. § 1054 Rn. 5). Unentschieden kann auch bleiben, ob ein Zwischenentscheid entsprechend § 1054 Abs. 2 ZPO mit Gründen versehen werden muss. Denn dabei würde es sich nur um einen Verfahrensfehler handeln, der das staatliche Gericht zwar zur Aufhebung ohne sachliche Prüfung berechtigen könnte, ihm aber nicht die Berechtigung nimmt, den Zwischenentscheid dahin zu überprüfen, ob das Schiedsgericht in der Sache mit Recht seine Zuständigkeit bzw. die Gültigkeit der Schiedsordnung angenommen hat.
Die dem Zwischenentscheid des Ehrenrats zugrundeliegende Annahme, die Ehrenratsordnung sei eine durch Vereinssatzung errichtete, gültige Schiedsordnung im Sinne der §§ 1066, 1029 ZPO trifft jedenfalls nicht zu, so dass der Zwischenentscheid aufzuheben ist.
Ob eine in einer Vereinssatzung vorgesehene Gerichtsbarkeit ein Schiedsgericht oder ein lediglich vereinsinternes Streitschlichtungs- oder Disziplinarorgan ist, ist durch Auslegung der Satzung zu ermitteln. Diese Auslegung ergibt, dass der Ehrenrat nicht als Schiedsgericht angesehen werden kann.
Zwar spricht § 1 S. 2 der Ehrenratsordnung mit seinem klaren Wortlaut dafür, dass der Ehrenrat als Schiedsgericht fungieren sollte. Der Wortlaut einer Satzungsbestimmung kann aber nicht maßgebend sein, wenn andere Satzungsbestimmungen ergeben, dass das scheinbar eindeutig Bekundete letztlich nicht gewollt ist. So liegt es hier. Nach Auffassung des Senats ist für ein Schiedsgericht wie für jedes Gericht kennzeichnend, dass seine Entscheidungen durch unabhängige Richter aufgrund eines gerichtsförmigen Verfahrens mit bindender Wirkung für die Parteien getroffen werden und diese Bindung allenfalls mit Rechtsmitteln, über die gleichfalls in gerichtsförmiger Weise zu verfahren und zu befinden ist, beseitigt werden kann. Dem Verfahren vor dem Ehrenrat, wie es die Ehrenratsordnung konstituiert, kann Gerichtsförmigkeit nicht abgesprochen werden. Entscheidend gegen einen in der Satzung objektivierten Willen, den Ehrenrat als Schiedsgericht im Sinne der ZPO zu errichten, spricht aber § 22 der Ehrenratsordnung. Denn diese Bestimmung, beraubt die Entscheidungen des Ehrenrats der für schiedsgerichtliche Entscheidungen erforderlichen Verbindlichkeit für die Parteien. Die Verbindlichkeit des Spruchs des Ehrenrats wird vielmehr unter den Vorbehalt einer Mehrheitsentscheidung anderer Vereinsorgane gestellt. Diese Satzungsbestimmung kann nicht dahin verstanden werden, dass sie eine zweite Instanz gegenüber den Entscheidungen des Ehrenrats eröffnet. Denn es ist offensichtlich, dass die Mitgliederversammlung oder die Landesdelegiertenversammlung über den Widerspruch einer Streitpartei nicht gerichtsförmlich entscheiden soll. Das zeigt sich einerseits daran, das die Satzung keinerlei Bestimmung, darüber enthält, dass die Landesdelegiertenversammlung oder die Mitgliederversammlung über den Wiederspruch als Schiedsgericht verhandeln soll, folgt aber auch aus der Natur der Sache. Denn diese Vereinsorgane sind nach der Satzung des Antragstellers die für die Willensbildung des Vereins maßgeblichen Organe und bestehen deshalb weder aus unabhängigen Personen noch sind sie ihrer Art nach dazu geeignet, über eine Rechtssache nach Art eines Gerichts zu verhandeln und zu entscheiden. Der Senat folgert daraus, dass. entgegen der Bezugnahme auf §§ 1025 ff. ZPO in § 1 der Ehrenratsordnung dem Ehrenrat nicht die für Schiedsgerichte kennzeichnende Macht, eine Streitsache mit Bindungswirkung für die Parteien zu entscheiden, verliehen sein sollte. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und des Ehrenrats, wie sie in der Rechtsmittelbelehrung zum Schiedsspruch Ausdruck gefunden hat, kann auch nicht angenommen werden, dass § 22 der Ehrenratsordnung eine unwirksame Satzungsbestimmung darstellt. Diese Argumentation setzt voraus, dass die Ehrenratsordnung eine Schiedsordnung ist. § 22 der Ehrenratsordnung berechtigt aber, wie dargelegt, zu der gegenteiligen Annahme.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich zwar aus § 19 der Ehrenratsordnung nicht zwingend, dass der Ehrenrat nur ein Disziplinarorgan ist. Die in dieser Bestimmung vorgesehenen Sanktionen können nicht als ausschließliche Entscheidungsbefugnisse in den dem Ehrenrat übertragenen Streitigkeiten verstanden werden. Auch die von dem Antragsteller befürchtete Möglichkeit, der Ehrenrat könne die Entscheidung in verbandspolitischen Angelegenheiten an sich ziehen, über die mehrheitlich durch die zuständigen Organe zu befinden sei, ist unbegründet, weil gemäß § 19 S. 1 Ehrenratsordnung der Ehrenrat bei seinen Entscheidungen an rechtliche Normen gebunden ist. Jedoch kommt es auf diese Gesichtspunkte nach dem oben Gesagten letztlich nicht an.
III.
Der Schiedsspruch des Ehrenrats vom 15.11.2000 einschließlich des Kostenschiedsspruchs ist gemäß § 1059 Abs. 1 Nr. 1a ZPO aufzuheben, weil die in der Satzung des Antragstellers enthaltene Ehrenratsordnung keine gültige Schiedsordnung darstellt. Ein solcher "Scheinschiedsspruch", den die Gegenpartei für wirksam hält und daraus Rechte herleitet, ist - jedenfalls zur Klarstellung - im Verfahren nach § 1062 ZPO aufzuheben, auch wenn er nicht für vollstreckbar erklärt werden und deshalb auch nicht Grundlage von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sein könnte. Das berechtigte Interesse einer Partei, einen mangels gültiger Schiedsordnung ohne Rechtsgrundlage ergangenen Schiedsspruch aufgehoben zu sehen, ist in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO vorausgesetzt.
Auf die Frage, ob der Schiedsspruch der Schriftform des § 1054 ZPO genügt, wenn - anders als bei dem Zwischenentscheid - nur die jeweils letzte Seite in mehreren textidentischen Exemplaren von jeweils einem Schiedsrichter und dem Vorsitzenden unterzeichnet ist, kann es in einem solchen Fall nicht ankommen.
Hinsichtlich des Kostenschiedsspruchs geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller auch dessen Aufhebung beantragt hat, da es sich gleichfalls um einen am 15.11.2000 erlassenen Schiedsspruch handelt.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Für die Festsetzung der Beschwer - und zugleich für den Streitwert - ist maßgeblich der Wert der Angelegenheit, über die das Schiedsgericht in der Hauptsache befunden hat. Dabei handelt es sich vorliegend um die Zulässigkeit von Maßnahmen, die den Ausschluss bzw. das Verbleiben der einzelnen Mitglieder des Antragsgegners bei dem Antragsteller zum Gegenstand haben. Geht es aber um die Mitgliedschaft, so ist das Beitragsaufkommen dieser Mitglieder ein Indiz für die Bewertung des Interesses des Vereins an der Aufrechterhaltung dieser Mitgliedschaften. Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Antragstellers repräsentieren die Einzelmitglieder des Antragsgegners etwa 1/5 des Beitragsaufkommens, nämlich etwa DM 240.000,00. Da es sich lediglich um eine den Ausschluss vorbereitende Maßnahme gehandelt hat, erscheint 1/3 dieses Betrages angemessen.
Dieser Wert (DM 80.000,00) gilt für das Verfahren über die Aufhebung des Schiedsspruchs gemäß § 1059 ZPO.
Davon zu unterscheiden ist das selbständige Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung bezüglich des Zwischenentscheids, dessen. Wert der Senat mit der Hälfte des Werts des Aufhebungsverfahrens bemisst (DM 40.000,00).
Insgesamt beträgt die Beschwer damit DM 120.000,00. Die Beschwer nur in Höhe von DM 80.000,00 festzusetzen, kam nicht in Betracht, weil die hier beschiedenen Anträge jeweils selbständige Verfahren betreffen, die lediglich gemeinsam verhandelt und entschieden worden sind.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
LG Köln 3 O 07/07 18.01.2008 Vollstreckungsverfahren: - Vollstreckung des Schiedsspruchs Schiedsvereinbarung: - Schiedseinrede
U R T E I L
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
T A T B E S T A N D :
Der Beklagte hat im Verfahren Landgericht Köln 3 0 138/04 unter dem 04.03.2004 Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines schwedischen Urteils gestellt. Zur Begründung hat er ein Urteil des Stockholms Tingsrätt vom 18.12.2002 vorgelegt, demzufolge die hiesige Klägerin dem Beklagten dieses Rechtsstreits die Kosten jenes in Schweden geführten Verfahrens in Höhe von SEK 1.641.692 und weiteren 132.483,- € sowie 7.415,- US $ zu erstatten hat. Jenem Verfahren lag ein Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichts Stockholm vom 07.07.1998 zugrunde, in dem dem Beklagten des hiesigen Verfahrens ein Anspruch in Höhe von 2.350.00,- US $ zuerkannt wurde. Gegen diesen Schiedsspruch hat die hiesige Klägerin vor dem Stockholms Tingsrätt Klage erhoben mit dem Ziel, den Schiedsspruch für ungültig zu erklären. Die Klage wurde mit dem oben genannten Urteil des Stockholms Tingsrät vom 18.12.2002 abgewiesen. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel der Klägerin wurden, zuletzt durch Urteil des Obersten Gerichts Schweden vom 13.02 2006, zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 16.02.2001 - 28 Sch 23/99 - erklärte das Kammergericht den Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichts in Stockholm vom 07.07.1998 für vorläufig vollstreckbar. Die Vorsitzende der erkennenden Kammer ordnete mit Beschluss vom 05.06.2004 - 3 O 138/04 - die Erteilung der Vollstreckungsklausel des Urteils des Stockholms Tingsrätt vom 16-12.2 002 an, unter dem 11.06.2004 wurde die (Teil-)Vollstreckungsklausel erteilt. Die Zustellung an die Antragsgegnerin jenes Verfahrens, die Klägern des vorliegenden Verfahrens, gestaltete sich schwierig; mit Schreiben vom 16.11.2006 zeigte die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau die Undurchführbarkeit der Zustellung an. Nachdem sich unter dem 27.10.2006 die Rechtsanwälte H. S. in dem Verfahren 3 O 138/34 zu Bevollmächtigten der Russischen Föderation bestellt und um Akteneinsicht gebeten hatten, wurde unter dem 17.11.2006 die Zustellung des Beschlusses vom 08.06.2004 und der Vollstreckungsklausel an diese Rechtsanwälte veranlaßt. Nachdem diese auf mehrfache Aufforderung des Gerichts sich geweigert hatten, das Empfangsbekenntnis zurückzusenden, wurden die vorgenannten Unterlagen mit Zustellungsurkunde am 24.01.2007 zugestellt.
Unter dem 17.07.2003 hatte die Klägerin gegen den Beklagten Vollstreckungsgegenklage vor dem Landgericht Köln - 22 O 410/03 - erhoben mit dem Antrag, den Vollstreckungstitel Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichts mit Sitz in Stockholm vom 07.07.1998 in Verbindung mit drei vollstreckbaren Ausfertigungen des Beschlusses des Kammergerichts vom 16.02.2001 - 28 Sch 23/99 - an die Klägerin herauszugeben und die Zwangsvollstreckung aus den vorgenannten Titeln für unzulässig zu erklären. Mit Schriftsatz vom 24.07.2006 erweiterte die Klägern die "Vollstreckungsgegenklage auf die Teil-Vollstreckungsklausel des LG Köln, Aktenzeichen 3 O 138/04".
Ihre Klage im Verfahren 22 O 410/03 hat die Klägerin darauf gestützt, der Beklagte habe sich die Zuständigkeit und den Ausspruch des Internationalen Schiedsgerichts durch falsche Angaben erschlichen. In jenem Verfahren, aus dem das vorliegende hervorgegangen ist, war unstreitig, dass die vom Beklagten geführte Firma … (SGC) mit Sitz in den USA und die Polizeibehörde von St. Petersburg (GUVD) eine Aktiengesellschaft nach russischem Recht, die KOC, gegründet haben.
Gegenstand und Ziele dieser KOC sollten die Entwicklung, Installierung, Produktion und Wartung von Polizeiausrüstungen, Transport und Schutzdienste für ausländische und russische Bürger sowie Import- und Export-Operationen sein. Nach dem Gründungsvertrag sollte die GUVD als Einlage die Gebäude und das Land der in der P. Allea in St. Petersburg gelegenen Liegenschaft leisten, der Beklagte sollte Bürotechnik, Fahrzeuge, Material und die zur Renovierung des Objekts P. Allea erforderlichen Geldmittel einbringen. Die von der GUVD zu erbringende Einlage wunde in die Bilanz der KOC eingebracht. Im März 1995 wurde aufgrund einer Anordnung des Präsidenten der Klägerin nach einem Vertrag zwischen der GUVD und dem Beschaffungsamt das Objekt P. Allea von der Bilanz der GUVD auf die Bilanz des Beschaffungsamtes übertragen. Im Januar 1996 wurde das Objekt P. Allea und dort Geschäfts- und Buchhaltungsunterlagen der KOC beschlagnahmt. In dem Verfahren vor dem Internationalen Schiedsgericht in Stockholm machte der Beklagte u.a. Ansprüche auf Entschädigung für Kapitaleinlagen in die KOC, für beschlagnahmte Materialien, für das Renovieren des Objekts P. Allea und den Verlust der Nutzungsrechte der Anlagen aus dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR zur Förderung und gegenseitigem Schutz von Kapitalanlagen vom 13.06.1989 geltend. Das Schiedsgericht sprach dem Beklagten insgesamt 2.350.000,- US $ zu. Am 22.07.1998 trat der Beklagte die Forderung aus dem Schiedsspruch an die Firma P. unter nachträglicher Einräumung einer Einziehungsermächtigung an ihn ab.
Die Klägerin hat in dem Verfahren 22 O 410/03 behauptet, der Beklagte habe nicht die von seiner Firma SGC geschuldete Gesellschaftereinlage erbracht, auch habe die KOC keine maßgebliche wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, zudem habe der Beklagte das Objekt in der P. Allea als persönliches Heim genutzt, obwohl ihm hierzu kein Nutzungsrecht eingeräumt worden sei. Hierüber habe er vor dem Schiedsgericht falsche Angaben gemacht, deren die Klägerin seinerzeit nichts habe entgegensetzen können.
Mit Urteil vom 07.12.2006 wies das Landgericht Köln - 22 O 410/03 - unter Abtrennung der hilfsweise erhobenen Vollstreckungsgegenklage gegen den Beschluß des Kammergerichts vom 16.02.2001 - 28 Sch 23/99 - und Verweisung des Rechtsstreits insoweit an das Kammergericht die Klage ab, nachdem zuvor die Klageerweiterung vom 24.07.2000 mit Beschluß vom 26.10.2006 abgetrennt und an die erkennende Kammer abgegeben worden war. Die von der Klägerin gegen das Urteil vom 07.12.2006 eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht Köln mit Beschluß vom 06.08.2007 - 11 U 6/07 - zurückgewiesen. Das Kammergericht hat die Übernahme des von der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln am 07.12.2006 an das Kammergericht verwiesenen Verfahrens abgelehnt, inzwischen hat das Oberlandesgericht Köln das Landgericht Köln als das für das Verfahren zuständige Gericht bestimmt.
In dem nach Abgabe - der mit Schriftsatz vom 24.07.2006 erhobenen Vollstreckungsgegenklage - unter dem Aktenzeichen 3 O 7/07 geführten Verfahren erklärt die Klägerin primär die Aufrechnung mit einem Anspruch zu 50 % In Höhe von 1.907.571,60 US $ und zwar mit einem erstrangigen Teilbetrag; dieser Schadensersatzanspruch stehe der GUVD zu, diese habe der Klägerin hierfür Einziehungsermächtigung erteilt. Insoweit behauptet die Klägerin, der Beklagte habe als Generaldirektor der KOC seine Pflichten in erheblichem Maße verletzt, er habe keine Devisenkonten eingerichtet und keinen Zoll gezahlt. Darüber hinaus habe er das Gebäude P. Allea als Privatresidenz genutzt. Geschäftliche Aktivitäten seien nicht über die KOC, sondern entweder auf Rechnung des Beklagten selbst oder über die vom Beklagten im Jahr 1994 gegründete Firma KOS abgewickelt worden, wobei der Beklagte die Ähnlichkeit der Firmennamen ausgenutzt habe. Die KOS habe im Rahmen dieser Tätigkeiten eine Gewinn in Höhe von 4.835.502,- US $ erwirtschaftet, der bei sachgerechter Interessenwahrung ansonsten bei der KOC entstanden wäre. Da die GUVD zu 50 % Aktionärin der K.O.C sei, sei der Beklagte zur Herausgabe der auf Kosten der KOC erlangten Vorteile verpflichtet. Diese Forderung ist Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht München - 5 HK 10751/05 - in dem unter dem 01.06.2005 die Hauptverwaltung für innere Angelegenheiten für die Stadt St. Petersburg und das Gebiet Leningrad im eigenen Namen Klage auf Zahlung eines Betrages von 1.907.571,60 € erhoben hat.
Hilfsweise erklärt die Klägerin die Aufrechnung mit dem von dem Gericht in St. Petersburg mit Urteil vom 05.06.2006 zuerkannten Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.030.594,61 US $ wegen Mehrwertsteuer, Straßensteuer, Instandhaltungssteuer, Gewinnsteuer und Einkommenssteuer, zu den nach russischem Recht berechnete Verzugsgebühren in Höhe von 22.794.64 5,12 $ und ein Strafzuschlag von 39.786.900,39 $ kommen, so dass sich die gesamte Urteilssumme auf 65.612.140,12 $ beläuft. Dieses Urteil sei in der Bundesrepublik Deutschland anerkennungsfähig, die Gegenseitigkeit sei verbürgt. Der Beklagte habe ausreichend Möglichkeit gehabt, sich gegen die in St. Petersburg erhobene Klage zu verteidigen.
Höchst hilfsweise rechnet die Klägerin mit einem Schadensersatzanspruch wegen Schädigung der Immobilie in der P. Allea auf. Die von dem durchgeführten baulichen Maßnahmen hätten zu Schäden am Gebäude geführt, der Schaden belaufe sich laut Gutachten auf 415.979,99 Rubel. Darüber hinaus gebe es noch einen Kostenanschlag, der für das Haupthaus 212.785.000,- Rubel und für die Remise mit 203:491,- Rubel betrage. Diesen Schadensersatzanspruch habe die Klägerin zwar im Schiedsverfahren angesprochen, das Schiedsgericht habe ihn jedoch nicht materiell gewürdigt.
Mit ihren Einwendungen sei die Klägerin im vorliegenden Verfahren auch nicht präkludiert, zumal die Zustellung des Beschlusses im Verfahren 3 O 138/04 zweifelhaft sei. Die dem jetzigen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin erteilte Vollmacht sei ihm damals erteilt worden, als er noch Mitglied der Kanzlei N. gewesen sei. Im Ausscheiden aus der Sozietat liege eine Kündigung der Vollmacht. Der vom Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung stehe entgegen, dass die Klägerin erst 2003 von den Zuwiderhandlungen des Beklagten aus einem Gutachten amerikanischer Wirtschaftsprüfer erfahren habe. Da im Schiedsverfahren nicht über die Einwendungen der Klägerin entschieden sei, sei sie mit diesen auch nicht präkludiert. Im Überprüfungsverfahren in Schweden habe die Klägerin ihre Ansprüche nicht geltend machen können, materiell-rechtliche Einwendungen seien dort nicht statthaft. Sie habe ihre Gegenansprüche auch nicht im Schiedsverfahren vortragen können, da diese von der Schiedsklausel nicht umfaßt gewesen seien und die GUVD ihre Ansprüche damals noch nicht abgetreten habe.
Der Beklagte könne sich auch nicht auf die Schiedsabrede berufen, denn er habe den Gründungsvertrag nicht im eigenen Namen, sondern für die SGC unterschrieben, die Schiedsklausel betreffe daher nur die Gründer des Joint Venture. Zwischen den in München von der GUVD geltend gemachten und den hier von der Klägerin verfolgten Ansprüchen bestehe keine Identität, in München mache die GUVD Ansprüche aus eigenem Recht geltend wegen Verstoßes des Beklagten gegen ein Wettbewerbsverbot.
Auf Verjährung könne der Beklagte sich nicht berufen, da die Klägerin sich auch auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung berufe; nach russischem Recht beginne der Lauf der Verjährungsfrist erst, wenn der Anspruchsberechtigte die Verletzung seiner Rechte kennt oder kennen muß. Auf Bereicherungsansprüche sei die Klägerin erst durch das Gutachten B. im Jahr 2003 aufmerksam geworden.
Der Beklagte hafte selbst, weil nach russischem Recht Organe der Gesellschaft stets im Interesse der Gesellschaft tätig werden müssen. Die Höhe der Haftung des Beklagten ergebe sich aus dem Gutachten B. und umfasse auch entgangenen Gewinn.
Die Klägerin rügt die Zuständigkeit des Einzelrichters und beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus der Teil-Vollstreckungsklausel gemäß Beschluß des Landgerichts Köln - 3 O 138/04 – vom 08.06.2004 für unzulässig zu erklären.
Ferner beantragt die Klägerin, das Verfahren auszusetzen bis zur Entscheidung über die nach Zurückweisung der Anhörungsrüge gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 06.08.2007 - 11 U 6/07 - eingelegte Verfassungsbeschwerde (AZ: AR 6030/07) und bis zur Entscheidung durch die 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln über die Vollstreckungsgegenklage gegen den Beschluß des Kammergerichts vom 16.02.2001 - 28 Sch 23/99).
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Er widerspricht der Aussetzung und trägt im Übrigen vor, die Klägerin könne nicht mit Ansprüchen der GUVD aufrechnen. Der Beklagte erhebt die Einrede des Schiedsvertrages und beruft sich darauf, das vorliegende Verfahren sei mit Blick auf die Schiedsvereinbarung unzulässig. Wenn die Frage der Berechtigung von Ansprüchen dem Schiedsverfahren unterliege, gelte dies auch für Gegenansprüche, die zu einem Erlöschen aufgrund Aufrechnung der im Schiedsverfahren festgestellten Ansprüche führen. Zudem habe die Klägerin ihre Ansprüche im Schiedsverfahren eingeführt, der Beklagte habe sich dem Schiedsverfahren hinsichtlich dieser Ansprüche unterworfen. Das Schiedsgericht habe die Einwände der Klägerin durch Beweisaufnahme geklärt. Die Klägerin habe wegen der von ihr geltend gemachten Forderungen Gegenklage erhoben (Ziff. 3.8 des Schiedsspruchs), diese habe das Schiedsgericht als unzulässig abgelehnt. Die Aufrechnung sei nicht erklärt worden, darüber hätte das Schiedsgericht entscheiden müssen.
Weiter behauptet der Beklagte, der Klägerin stünden die behaupteten Ansprüche weder nach Grund noch nach Höhe zu, schon weil sie sich auf Rechtsvorschriften stützten, die zum Zeitpunkt der möglichen Begründung von Ansprüchen noch nicht in Kraft gewesen seien. Zugrunde zu legen sei schwedisches Recht, nämlich das Recht des Staates, in dem der Schiedsspruch ergehen solle. Aber auch nach russischem Recht seien Ansprüche nicht gegeben. Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des Gebäudes stünden der Klägerin nicht zu, da keine Schäden an dem Gebäude entstanden seien. Zudem habe die Klägerin im Schiedsverfahren wegen der behaupteten Beschädigungen lediglich 70.000,- US $ geltend gemacht Das Objekt sei seinerzeit von der GUVD zur Verfügung gestellt worden, nicht von der Klägerin, die nicht dessen Eigentümerin sei, so dass der Klägerin kein Anspruch zustehe. Einen solchen habe sie auch nicht durch Abtretung wegen der im Gründungsvertrag vom 28.08.1991 enthaltenen Schiedsabrede erworben. Das Urteil in St. Petersburg sei nicht in rechtsstaatlicher Weise ergangen und somit nicht anerkennungsfähig; der Beklagte habe sich nicht gegen die Klage verteidigen können, da er hierzu in die Russische Föderation hätte einreisen müssen. Zudem stehe der von der Klägerin erklärten Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Urteil des Gerichts St. Petersburg schon entgegen, dass eine Aufrechnung mit titulierten ausländischen hoheitlichen Gegenforderungen materiell-rechtlich unzulässig sei. Die Prozeßaufrechnung verstoße zudem gegen oder public, weil die Klägerin den Beklagten enteignet habe.
Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Diese betrage nach russischem Recht drei Jahre seit Kenntnis der Rechtsverletzung; die Klägerin habe Kenntnis von allen Vorgängen gehabt, wie sich aus dem Schiedsverfahren und nach Maßgabe der Darlegungen im Schriftsatz des Beklagten vom 16.10.2007 ergebe.
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus dem Akteninhalt. Die Akten LG Köln 3 O 138/04 waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
Die Klage ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
l.
1) Die Klage ist zwar als Vollstreckungsgegenklage gegen den Beschluß des Gerichts vom 08.06.2004 - LG Köln 3 O 138/04 - zulässig gemäß §§ 14 AVAG, 767 ZPO. Über sie entscheidet der Einzelrichter, da Verfahren nach §§ 722, 723 ZPO, 3 AVAG nicht im Katalog des § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 f ZPO aufgeführt sind, somit der Vorrang der Entscheidung durch den Einzelrichter nach § 348 Abs. 1 Satz 1 ZPO gilt.
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht § 14 Abs. 1 AVAG entgegen, dem zufolge Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 ZPO nur dann geltend gemacht werden können, wenn die Gründe, auf denen die Einwendungen beruhen, erst nach Ablauf der Frist, innerhalb denen der Schuldner gegen den Beschluß vom 08.06.2004 hätte Beschwerde einlegen können oder, falls Beschwerde eingelegt wurde, erst nach Beendigung dieses Verfahrens entstanden sind. Denn im Beschwerdeverfahren sind nur liquide Einwendungen zu berücksichtigen, wie bereits in dem den Parteien bekannten Beschluß vom 26.06.2007 dargelegt wurde.
Da im Beschwerdeverfahren nach Art. 43, 45 EuGVVO, § 12 AVAG nur liquide Einwendungen, die nach Erlaß des Titels im Ursprungsstaat entstanden sind, berücksichtigt werden können (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 43 Rdn. 26; Schlosser, EU-Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. 2003, Art. 43 Rdn. 14), müssen alle anderen Einwendungen, die vor Erlaß des Urteils oder eines sonstigen für vollstreckbar erklärten Titels entstanden sind, mit den Rechtsmitteln des Ursprungsstaats geltend gemacht werden (vgl. Kropholler a.a.O.). Dies gilt insbesondere für Gestaltungsrechte wie die Aufrechnungseinrede, denn Einwendungen gegen den Anspruch selbst im Sinne von § 12 AVAG sind nur solche, die die Rechtkraft des ausländischen Urteils unberührt lassen, aber den rechtskräftig zuerkannten Anspruch nachträglich vernichten oder in seiner Durchsetzbarkeit hemmen, also nur die eigentlichen rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einwendungen i.S.von § 767 Abs. 1 ZPO, nicht aber dagegen Einwendungen i.S. von § 323 ZPO, da jede Abänderung in gewissem Umfang auf eine Überprüfung des titulierten Anspruchs unter Durchbrechung der Rechtskraft hinauslaufen würde (vgl. BGH NJW 1990, 1419,1420; Kropholler, a.a.O. Rdn. 28). Illiquide Einwendungen, die n a c h Erlaß des ausländischen Titels entstanden sind, können daher nur mit der Vollstreckungsgegenklage gegen den Beschluß, mit dem der Titel im Inland für vollstreckbar erklärt wurde, geltend gemacht werden. Allerdings kann der Schuldner, der mit einer Gegenforderung vor dem Schiedsgericht nicht aufgerechnet hat, im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage dann noch aufrechnen, wenn das Schiedsgericht entweder für die Entscheidung über die Aufrechnung nicht zuständig war oder wenn feststeht, dass es darüber trotz bestehender Zuständigkeit nicht entschieden hätte (vgl. BGH NJW 1965, 1138; Zöller/Herget. ZPO, 26. Aufl. 2007, § 767 Rdn. 17).
2) Der Zulässigkeit der Klage steht indes die vom Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrages entgegen. Nach § 1032 Abs. 1ZPO ist auf Rüge des Beklagten die Klage als unzulässig anzuweisen, wenn vor einem Gericht Klage erhoben wird, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, ohne dass es darauf ankommt, ob ein inländisches oder ein ausländisches Schiedsgericht tätig werden sollte (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 1032 Rdn. 1). Dies ist hier der Fall. In dem Gründungsvertrag ist festgelegt, dass alle Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, die sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag oder in Verbindung mit diesem ergeben können, ein Schiedsgericht entscheidet. Ferner ist festgelegt, dass die Handelskammer in Stockholm Schiedsrichter benennen soll, die Entscheidung des Schiedsgerichts soll für beide Gesellschafter endgültig und bindend sein. Damit steht fest, dass das Schiedsgericht in Stockholm bindend über die zwischen den Parteien bestehenden Streitigkeiten entschieden hat. Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, die Schiedsklausel betreffe ausschließlich die Parteien des Joint Venture, denn sie hat sich selbst auf das Schiedsverfahren in Stockholm eingelassen. Sie ist daher an die dort getroffenen Feststellungen gebunden und kann weitere Rechte nicht geltend machen.
II.
Aber selbst wenn die Schiedseinrede unbeachtlich und die Klage zulässig wäre, ist sie jedenfalls unbegründet.
1) Als Vollstreckungsgegenklage ist die Klage unbegründet, da die Klägerin mit ihren im Verfahren nach § 767 ZPO erhobenen Einwendungen gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert ist. Denn die Klägerin, die gegenüber den mit Beschluß vom 08.06.2004 für vollstreckbar erklärten Titel mit Ansprüchen - primär und hilfsweise - aufrechnen will, hat trotz Hinweises des Gerichts nicht dargelegt, dass diese Ansprüche bzw. Forderungen im Ursprungsverfahren in Schweden nicht geltend gemacht werden konnten. Daß die von der Klägerin im Verfahren durch Aufrechnung bzw. Hilfsaufrechnung eingeführten Ansprüche e r s t n a c h Erlaß des ausländischen Titels, also des Urteils des Stockholms Tingsrätt vom 18.12.2002 entstanden seien, hat die Klägerin nicht dargelegt. Vielmehr ergibt sich aus ihrem Vorbringen, dass die nunmehr erhobenen Ansprüche allesamt schon in den Jahren 1992 bis 1996 entstanden seien. Der in erster Linie zur Aufrechnung gestellte Anspruch über 1.907.571,60 US $ als Schadensersatz wegen Verletzung der Pflichten des Beklagten als Generaldirektor der KOC beruht auf behaupteten Vorkommnissen in den Jahren 1992 bis 1995 und steht der Klägerin nach ihrer in der Klageschrift vom 17.07.2003 auf Seite 20 aufgestellten Behauptung seit Anfang 1996 zu. Auch der von der Klägerin hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Anspruch aus dem von dem Gericht in St. Petersburg mit Urteil vom 15.06.2006 zuerkannte Schadensersatzanspruch beruht auf Tätigkeiten des Beklagten in den Jahren 1992 bis 1995. Der höchst hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Beschädigung der Immobilie P. Allea datiert aus dem Jahr 1996. Sämtliche Ansprüche hätten daher im Rahmen des Schiedsverfahrens in Schweden, das dort seit 1992 betrieben wurde, geltend gemacht werden können.
Schon im Urteil des Landgerichts Köln vom 07.12.2006 - 22 0 410/03 -, bestätigt durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 14.05:2007 - 11 U 6/07 - ist ausgeführt, dass die Klägerin nicht substantiiert dargelegt hat, dass sie die nunmehr vorgebrachten Einwendungen weder im Schiedsverfahren noch im nachfolgenden durch drei Instanzen geführten Aufhebungsverfahren geltend machen konnte und dass es nicht darauf ankommt, ob die Klägerin solche Einwendungen erhoben hat, sondern allein darauf, ob sie sie tatsächlich hätte geltend machen können. Daß solcher Vortrag vor den schwedischen Gerichten nicht möglich gewesen sei, hat die Klägerin trotz Hinweises des Gerichts und der in dem Urteil des Landgerichts Köln vom 07.12.2006 und dem Beschluß des Obertandesgerichts Köln vom 1.05.2007 enthaltenen Ausführungen nicht ausreichend dargetan. Abzustellen ist hierbei auf schwedisches Recht, denn Grundlage der rechtlichen Beurteilung der Beziehungen zwischen den Vertragsparteien sollte nach dem Gründungsvertrag schwedisches Recht sein. Hierauf ist die Kläger n mit Beschluß vom 26.06.2007 hingewiesen worden.
Zwar hat die Klägerin behauptet, im Rahmen der Überprüfung des Schiedsspruchs durch die ordentlichen Gericht in Schweden finde nur eine Überprüfung in formeller Hinsicht statt. Ihr Vorbringen erschöpft sich in des in dieser Behauptung. Aufgrund welcher Vorschriften dies der Fall sei, hat die Klägerin indes - entgegen der ihr erteilten Auflage - nicht ausgeführt, so dass eine Überprüfung durch Gericht und Gegner nicht möglich ist. Zwar mag sich aus dem Urteil des Stockholms Tingsrätt vom 19.12.2002 ("Es ist grundlegendes Prinzip dieser Trennbarkeit, dass nach schwedischem Schiedsrecht Gerichte hinsichtlich der eigentlichen Streitfrage einen Schiedsspruch in materieller Hinsicht nicht überprüfen sollen.") und auch des Oberlandesgerichts Svea vom 16.06.2005 ergeben, dass tatsächlich nur eine Überprüfung in Bezug auf die Förmlichkeiten, insbesondere die Frage der Zuständigkeit schwedischer Gerichte stattgefunden hat. Ob dies aufgrund gesetzlicher Vorgabe generell der Fall ist und worauf dies beruht oder ob nicht doch, ggfls. nur in geeigneten Fällen, eine solche Überprüfung möglich ist, hätte indes unter Angabe entsprechender Vorschriften dargelegt werden müssen. Hieran fehlt es indes trotz ausdrücklicher Auflage an die Klägerin im Beschluß vom 26.06.2007.
Aber selbst wenn man davon ausgehen müßte, dass sich die schwedischen Gerichte im Überprüfungsverfahren nicht mit materiellrechtlichen Einwendungen beschäftigen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Klägerin hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb sie ihre jetzt geltend gemachten Ansprüche nicht bereits im Schiedsverfahren eingebracht hat. Daß dies dort grundsätzlich möglich war und auch zumindest teilweise geschehen ist, ergibt sich aus dem Schiedsspruch selbst. Im Urteil vom 18.12.2002 heißt es bereits: "Die Beklagte (d.h. die Klägerin des vorliegenden Verfahrens) wies die Forderung zurück und machte in erster Linie geltend, dass dem Schiedsgericht die Zuständigkeit fehle. Während des Verfahrens mache die Beklagte zudem Gegenforderungen auf der Basis der Klage von S. geltend." So heißt es im Schiedsspruch selbst z.B. auf Seiten 41/45: "Schließlich hätte der Kläger (d.h. der Beklagte des hiesigen Verfahrens) die Liegenschaften als Büro in seiner Kapazität als Generaldirektor der KOC genutzt, hätte es keine Einwände zu dem gegeben. Dies heißt nicht, dass seine Familie automatisch das Recht erhält, die Liegenschaften mit ihm zu teilen. Weil es keine rechtlichen Grund für dies gibt, muß der Kläger Entschädigung für die illegale Nutzung der Liegenschaften für persönliche Zwecke zahlen. Nach Meinung der Beklagten (d.h. der Klägerin des hiesigen Verfahrens) beträgt die geschuldete Miete für die Benutzung der Liegenschaften vor 1991 bis 1996 ungefähr USD zwei Millionen. Dieser Einwand ist nicht als Gegenklage vorgebracht, sondern als Verteidigung und ohne Beachtung der Beklagten bezüglich der Zuständigkeit." Auf Seite 84 heißt es: "Die Beklagte hat diesen Anspruch aus folgenden Gründe zurückgewiesen: "1) Der geforderte Betrag übersteige … 2) Die Geschäftsaktivitäten laufen dem russischen Gesetz über geschlossene Aktiengesellschaften vom 1995 zuwider. Anstatt für KOCs Ertrag zu sorgen, achtete der Kläger nur auf die Interessen der SGC International." Sodann wird auf den Seiten 108 und 111 ausgeführt: "Es ist jedoch Tatsache, dass Herr S. eines der Gebäude für sich und seine Familie als Wohnhaus nutzte. Er sagte selbst, dass er die Liegenschaften als sein Heim betrachte. Die Frage ist dann, ob die Renovierungsarbeiten im Sinne des Vertrages als Investition anzusehen sind, sofern sie Teile der Liegenschaften betrafen, die von Herrn S. persönlich genutzt wurde. ... befindet das Tribunal, dass ein bestimmter Betrag von den Gesamtrenovierungskosten in Abzug gebracht werden muß, wenn die Höhe der Entschädigung bestimmt werden soll. Es ist weiterhin zu bedenken, dass die Liegenschaften teilweise von Herrn S. und seiner Familie als privates Wohnhaus genutzt wurden. Dieser Umstand berechtigt zur Verringerung des Mietwertes um einen bestimmten Betrag, wenn die Entschädigung für den Verlust des Rechts zur Nutzung der Liegenschaften bewertet wird."
Hieraus folgt, dass der Klägerin die jetzt geltend gemachten Ansprüche bereits zum Zeitpunkt des Schiedsverfahrens bekannt waren. Ihr Einwand, sie habe von ihren Einwendungen erst durch das Gutachten B & B aus dem Jahr 2003 Kenntnis erlangt, geht fehl. Denn entscheidend ist für die Kenntnis nicht die rechtlicher Bewertung, sondern die Kenntnis tatsächlicher Gegebenheiten, aus denen sich ein Anspruch ergibt Solche Kenntnis hatte die Klägerin indes, wie ihr Vorbringen im Schiedsverfahren selbst zeigt Sie hätte ihre Einwendungen auch vorbringen können, denn sie trägt selbst vor, dass die Parteien vor dem Schiedsgericht in der Schlussverhandlung vom 21. bis 28.11.1997 aufgefordert wurden, "ihre endgültigen Argumente sowie die für den Entschädigungsanspruch aufgrund entgangenen Gewinns erforderlichen Beweismittel vorzulegen."
Die Klägerin kann auch nicht, wie mit Schriftsatz vom 02.11.2007 vorgegangen, geltend machen, ihre im Schiedsverfahren geltend gemachten Einwendungen beträfen nicht die Forderung aus der hier verfolgten Primäraufrechnung. Denn dann stellt sich die Frage, weshalb die Klägerin diese nunmehr im Wege der Primäraufrechnung verfolgten Ansprüche nicht auch bereits im Schiedsverfahren eingebracht hat, zumal ihr diese Ansprüche zum damaligen Zeitpunkt längst bekannt waren. Im übrigen dürfte ihr Einwand auf Seite 14 des Schiedsverfahrens den mit der Primäraufrechnung geltend Komplex betreffen.
Schließlich kann die Klägerin sich auch nicht darauf berufen, sie habe die Einwendungen seinerzeit nicht im Schiedsverfahren vortragen können, da sie nicht von der Schiedsklausel umfasst gewesen seien. Dem steht schon entgegen, dass die jetzt geltend gemachten Ansprüche alle aus demselben rechtlichen Verhältnis stammen, aus dem auch der Beklagte seien im Wege des Schiedsverfahrens geltend gemachten Anspruch verfolgt hat. Angesichts der weiten Fassung der Schiedsklausel, die sich auf alle Streitigkeiten aufgrund und in Verbindung mit dem Gesellschaffsvertrag ergeben, ist nicht verständlich, weshalb diese Ansprüche ausgeklammert gewesen sein sollten.
Der Präklusion steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin sich im vorliegenden Verfahren gegen die Vollstreckung aus dem Urteil vom 18.12.2002 wendet und nicht gegen diejenige aus dem Schiedsspruch. Wenn die Verfahren vor den ordentlichen Gerichten sich als Überprüfung des Schiedsspruchs auf Formfehler beziehen, wie die Klägerin ohne jede nähere Darlegung behauptet, muß von einer Einheit der Verfahren ausgegangen werden, so dass Einwendungen, die schon im Schiedsverfahren hätten erhoben wenden können, nicht mehr gegenüber den aus den Überprüfungsverfahren resultierenden Kostenaussprüchen geltend gemacht werden können.
2) Aber selbst wenn dies anders zu sehen wäre, würde die erklärte Aufrechnung nicht durchgreifen.
a) Primär rechnet die Klägerin mit einer Forderung in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages in Höhe von 50 % der Forderung der GUVB [sic] von 1.907.571,60 US $ auf. Die Rechtshängigkeit dieser Forderung in München steht dem nicht entgegen, zumal es sich, wie die Klägerin mit Schriftsatz vom 02.11.2007 vorträgt, dort um einen ganz anderen Streitgegenstand handelt. Aber die Klägerin hat ihre Forderung im Streitverfahren nicht so ausreichend substantiiert, als dass eine Überprüfung der Berechtigung der Forderung möglich wäre. Die Bezugnahme auf die an das Landgericht München gerichtete Klageschrift reicht hierzu nicht aus, zumal, wie die Klägerin betont hat, dem Verfahren in München ein ganz anderer Streitgegenstand zugrunde liegt. Es ist daher ohne Belang, dass vor dem Landgericht München eine Beweiserhebung angeordnet ist.
b) Auch die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit dem von dem Gericht in St. Petersburg vom 15.06.2006 zuerkannten Schadensersatzanspruch hindert nicht die Vollstreckung des Beklagten. Diesem Anspruch steht bereits entgegen, dass die zur Aufrechnung gestellte Forderung nicht schlüssig dargetan ist und damit ins Leere geht. Die Klägerin trägt lediglich den Inhalt des Urteils des Gerichts in St. Petersburg vor, verkennt hierbei jedoch, dass nach § 387 BGB nur Forderungen zur Aufrechnung gestellt werden können, deren Inhalt deshalb substantiiert werden muß und zwar wegen der möglicherweise hierüber in Rechtskraft erwachsenden Entscheidung in einer Weise, die den Anforderungen entspricht, die an eine Klage zu stellen sind. Wie sich die von der Klägerin unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichts in St. Petersburg geltend gemachten Beträge von 65.612.140,12 $ errechnen, ist nicht nachvollziehbar, nachdem es auf Seite 11 der Übersetzung des Urteils heißt:"… ist das Gericht der Meinung, dass der Russischen Föderation ein Sachschaden in Höhe von 65.612.140,12 $ entstanden ist ..." und die auf den vorangegangenen Seiten angestellten Berechnungen aus sich heraus nicht nachvollziehbar sind.
Die Klägerin kann sich hier angesichts des Bestreitens des Beklagten auch nicht darauf berufen, dass es sich um einen rechtskräftig festgestellten Anspruch handele. Ist die Aufrechnungsforderung durch ein deutsches Gericht rechtskräftig festgestellt, steht für das deutsche Gericht, das über die Aufrechnung zu entscheiden hat, das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Forderung fest. Bei einem ausländischen Titel kommt es hingegen darauf an, ob dieser im Inland anerkennungsfähig ist. Zwar werden ausländische Urteile ohne ein besonderes Anerkennungsverfahren im Inland anerkannt, soweit die Anerkennungsvoraussetzungen gegeben sind (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 328 Rdn. 276). Ob diese erfüllt sind, kann dahinstehen, denn jedenfalls würde einer Klage auf der Grundlage der Aufrechnungsforderung die internationale Zuständigkeit fehlen. Da die zur Aufrechnung gestellte Forderung nicht auf den selben Sachverhalt gestützt wird wie die Klage, mithin keine Konnexität vorliegt, und für den von der Klägerin erhobenen Anspruch auch unter keinem Gesichtspunkt eine Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben wäre, bleibt die Aufrechnung unberücksichtigt (vgl. BGH NJW 1993, 2753, 2755).
c) Auch die höchst hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen an der Liegenschaft P. Allea verursachten Schäden steht dem für vollstreckbar erklärten Anspruch des Beklagten nicht entgegen. Denn abgesehen davon, dass die Klägerin auch mit diesen Einwendungen präkludiert ist, hat die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch schon nicht nachvollziehbar dargelegt. Aus der von der Klägerin als Anlage K 45 zu den Akten gereichten Auflistung der in der Zelt vom 05.10.1993 bis 05.05.1995 durchgeführten Arbeiten ergibt sich nicht, dass alle diese Arbeiten zur Beseitigung der angeblich vom Beklagten verursachten Schäden erforderlich waren. So enthält diese Auflistung z.B. den kompletten Austausch aller Rohrleitungen des Kaltwassersystems, neue Blitzableiter, Aufstellung von Feuerlöschern, Ausroden vertrockneter Bäume im Garten, Erneuerung der Gartenmöbel und vieles mehr, das dafür spricht, dass seinerzeit - 1993 bis 1995 - die erforderliche Grundsanierung und Modernisierung des aus dem Jahr 1904 stammenden Gebäudes durchgeführt wurde.
III.
Die Klage hat auch nicht unter dem von der Klägerin angesprochenen Gesichtspunkt des § 826 BGB Erfolg. Auch hier hätte die Klägerin ihre Einwendungen, aus denen sie die Durchbrechung der Rechtskraft herleiten will, schon vor den schwedischen Gerichten geltend machen können und müssen, auch hierauf hat bereits das Landgericht Köln Im Urteil vom 07.12.2006 und das Oberlandesgericht Köln im Beschluß vom 14.05.2007 hingewiesen.
IV.
Eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die von der Klägerin wegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Köln vom 06.03.2007 - 11 U 6/07 - erhobene Verfassungsbeschwerde sowie bis zur Entscheidung der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln über die Vollstreckungsgegenklage wegen den Beschluß des Kammergerichts vom 16.02.2001 - 28 Sch 23/99 - kommt nicht in Betracht. Denn die im Streitfall zu treffende Entscheidung hängt nicht von den o.g. Entscheidungen ab. Selbst wenn die Vollstreckbarerklärung durch das Kammergericht aufgehoben würde, würde diese Entscheidung nicht den Kostenausspruch des Urteils des Stockholms Tingsrätt vom 1.8.11.2002 betreffen.
Auch für eine Aussetzung nach Art 46 EuGVVO ist kein Raum, weiI die Rechtsmittel im Ursprungsstaat Schweden ausgeschöpft sind.
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
Vollansicht
Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Hamm 29 Sch 01/05 27.09.2005 Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - Unwirksamkeit/Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung; - ordre public; - ordre public
B E S C H L U S S:
Der Schiedsspruch vom 28. Mai 2005 des vom Schiedsausschuss der Industrie- und Handelskammer Genf berufenen Schiedsgerichts (CCIG Case No. 155), erlassen durch R. als Vorsitzenden und die Schiedsrichter B. und P., mit dem die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, an den Antragsteller 306.775,20 € nebst 5 % Zinsen p.A. seit dem 5.3.1991 sowie 34.624,20 Schweizer Franken (CHF) für verauslagte Verfahrenskosten und 100.000 CHF zur Erstattung eigener Kosten zu zahlen, wird für vollstreckbar erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von 394,000,00 €.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Die Antragsgegnerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 770.000,00 € abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

G R Ü N D E:
I.
Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin die Erfüllung eines Zahlungsversprechens für ein "consulting fee" von insgesamt 3 Mill. DM aus einer Vereinbarung vom 26.4.1985. Die in englischer Sprache verfasste Vereinbarung bezog sich nach ihrem Betreff-Vermerk in der vom Schiedsgericht veranlassten Übersetzung (Bl. 4 der begl. Übersetzung des Schiedsspruchs) auf "die Beilegung der Streitigkeit im Zusammenhang mit dem 6 x 500 cbm umfassenden Meerwasserentsalzungsprojekt der Marine in B. [Iran] zwischen K. I. GmbH und dem Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung (Abteilung Marinebauprojekte) oder der Marine der Islamischen Republik Iran". Hinsichtlich der Entstehung der Streitigkeiten zwischen der Antragsgegnerin und den iranischen Behörden, dem Zustandekommen der Vereinbarung und ihrer teilweisen Erfüllung bzw. Nichterfüllung wird auf die unstreitigen Tatsachenfeststellungen im Schiedsspruch vom 28.5.2005 Bezug genommen.
Zur Titulierung der Restforderung von 1.056.000,00 DM zuzüglich Zinsen beantragte der Antragsteller im Jahre 1998 bei der Industrie- und Handelskammer Genf (CCIG) die Bildung eines Schiedsgerichts, gestützt auf folgende Passagen am Ende der Vereinbarung vom 26.4.1985:
"All disputes arising in connection with this Letter of Commitment shall be settled in accordance with the laws of conciliation and arbitration of the Geneva Chamber of Commerce.
In case of non-settlement, the dispute will be submitted for a final decision to the arbitrators of the Geneva Court of Justice.
The rules of conciliation and arbitration of the said court will be binding for both parties. "
Die Antragsgegnerin ließ sich auf das Verfahren ein, beantragte aber
1. festzustellen, dass es keine gültige Schiedsverfahrensklausel gebe,
2. die Ansprüche des Antragstellers abzuweisen,
sowie nach Bildung des Schiedsgerichts ein Schlichtungsverfahren einzuleiten.
Nach ergebnisloser Schlichtungsverhandlung beschloss das Schiedsgericht, über seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid zu befinden. Dieser Vorgehensweise stimmten nach der unwidersprochenen Feststellung des Schiedsspruchs vom 28.5.2002 (Nr. 29) beide Parteien zu. In dem am 27.8.1999 erlassenen Zwischenschiedsspruch, auf den insoweit Bezug genommen wird, kam das Schiedsgericht zu dem Ergebnis, dass es sich bei den einschlägigen Passagen in der Vereinbarung vom 26.4.1985 zwar um eine sog. "pathologische Klausel" handele, dass aber dennoch dahinter die eindeutige Absicht gestanden habe, eine Schiedsvereinbarung zu treffen, und zwar bezogen auf die führende Schiedsinstitution in Genf, und dass der Wirksamkeit dieser Vereinbarung weder die unkorrekte Bezeichnung des Schiedsgerichts noch die eigentlich beabsichtigte Zweistufigkeit des Verfahrens entgegenstünde.
Die Parteien verhandelten sodann vor dem Schiedsgericht zur Sache. Zur Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht und zum Verfahrensablauf wird auf die Feststellungen im Schiedsspruch vom 28.5.2002 (Nr. 30 ff., Anlage ASt 1) Bezug genommen. Das Schiedsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die geforderten Beträge nach Maßgabe der Bestimmungen der Vereinbarung ungeachtet der vagen Beschreibung der vom Antragsteller erwarteten Leistungen fällig und durch die kostenlose Errichtung einer neuen Entsalzungsanlage auch nicht hinfällig geworden seien, zumal die Antragsgegnerin dessen ungeachtet danach die ersten 50 % der vereinbarten Vergütung gezahlt habe. Das Schiedsgericht hielt aber in Anwendung des vereinbarten Schweizer Rechts die Forderung hinsichtlich des ausstehenden Restbetrages aus der zweiten Rate von 456.000,00 DM für verjährt. Damit verblieb als Restanspruch nur die dritte Rate von 600.000,00 DM = 306.775,20 €. Das Schiedsgericht prüfte schließlich die Korruptionseinrede, d.h. die Ungültigkeit des Vertrages nach Art. 20 Schweiz. Obligationenrecht (OR), und verneinte sie, weil der behauptete Verwendungszweck der an den Antragsteller zu zahlenden Beträge zur Bestechung iranischer Funktionsträger weder durch die Aussagen der von der Antragsgegnerin gestellten Zeugen noch indiziell aus den Umständen bewiesen sei. Zur Argumentation des Schiedsgerichts im Einzelnen und zur Berechnung der Kostenerstattungsansprüche wird auf den Schiedsspruch Bezug genommen.
II.
Nach fruchtloser Aufforderung der Antragsgegnerin zur Zahlung der vom Schiedsgericht ausgeurteilten Beträge hat der Antragsteller mit am 21.3.2005 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt. Die Antragsgegnerin ist dem im wesentlich mit folgenden Einwendungen entgegengetreten: Es fehle an einer wirksamen Schiedsvereinbarung, weil die Klausel widersprüchlich formuliert sei und der mitunterzeichnende Dr. K. sie für eine Gerichtsstandsklausel gehalten habe. Die Vollstreckung des Schiedsspruchs würde der deutschen öffentlichen Ordnung widersprechen, weil er zum einen unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragsgegnerin zustande gekommen sei, indem das Schiedsgericht den Zeugen Dr. K. zur Frage der wirksamen Schiedsklausel nicht gehört habe, und weil zum ändern die Vereinbarung vom 26.4.1985 wegen der alleinigen Zweckbestimmung der Finanzierung von Bestechungen sittenwidrig sei. im Hinblick auf die nunmehr auch auf Handlungen im ausländischen Wettbewerb ausgedehnte Strafandrohung in § 299 StGB bestünde jedenfalls ein Vollstreckungshindernis analog § 767 l ZPO.
Der Senat hat nach Maßgabe des § 1063 lI ZPO die mündliche Verhandlung anberaumt und ist anschließend mit Einverständnis der Parteien unter Fristsetzung für abschließendes schriftsätzliches Vorbringen ins schriftliche Verfahren übergegangen. Die Antragsgegnerin beantragt nunmehr hilfsweise
1. die mündliche Verhandlung fortzusetzen und den Zeugen Dr. S. zu vernehmen,
2. die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
III.
1. Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des im Beschlusstenor genannten Schiedsspruchs ist gemäß §§ 1061 ff ZPO i.V.m. dem UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBI. 1961 II 121) stattzugeben. Die Zuständigkeit des OLG Hamm ergibt sich aus § 1062 II ZPO. Die formellen Antragsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Antragstellerin hat legalisierte Urschriften des Schiedsspruchs vom 28.5.2002 und des Zwischenschiedsspruchs vom 27.8.1999 sowie beglaubigte Übersetzungen vorgelegt. Zwar ist die Urkunde mit der Schiedsklausel erst von der Antragsgegnerin und nur in einfacher Ablichtung eingereicht worden. Das ist jedoch ausreichend, weil die strengeren Anforderungen des Art. IV (1) UN-Übk. gemäß Art. VII UN-Übk. hinter denen des § 1064 ZPO zurücktreten (BGH IHR 2003, 298; BayObLG RIW 2001,140; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., Anh § 1061, Art. IV UN-Übk, Rz. 4). Im Übrigen sind die Förmlichkeiten verzichtbar, wenn - wie hier - die Authentizität der vorzulegenden Urkunden unstreitig ist (BGH NJW 2001, 1730; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 1061 Rz. 6). Demgemäß genügt auch die Übersetzung der Vereinbarung vom 26.4.1985 unter Nr. 11 der übersetzten Fassung des Schiedsspruchs.
2. Der Vollstreckbarerklärung stehen keine Versagungsgründe nach Maßgabe des Art. V UN-Übk. entgegen. Das Schiedsgericht war aufgrund einer wirksamen Schiedsvereinbarung zur Entscheidung berufen und deren Vollstreckbarerklärung widerspricht nicht der deutschen öffentlichen Ordnung im Sinne von Art, V (2) b UN-Übk. Der Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragsgegnerin durch Nichtausschöpfung von Beweismöglichkeiten ist ebenso wenig begründet wie der Einwand der Sitten- und Gesetzeswidrigkeit der Vereinbarung.
IV.
1. Die Vereinbarung vom 26.4.2005 enthält im Kontext von Rechtswahl- und Zuständigkeitsvereinbarung eine Schiedsklausel.
a) Das ergibt sich zum einen aus den Feststellungen im Zwischenschiedsspruch vom 27.8.1999 in Anwendung der Auslegungsgrundsätze des schweizerischen Rechts (Art. 18 OR), an der die Antragsgegnerin sich festhalten lassen muss. Sie hat sich damit einverstanden erklärt und daran mitgewirkt, dass sich ein Schiedsgericht nach Maßgabe der Schiedsordnung der Industrie- und Handelskammer Genf konstituieren konnte, dass dieses zunächst einen Schlichtungsversuch durchführte und dass es dann in einem Zwischenentscheid über seine Zuständigkeit befand. Das Schiedsgericht hatte also keine Veranlassung, sich auf seine Kompetenz-Kompetenz nach Art. 186 (1) Schweiz. IPR-Gesetz zu berufen. Die Antragsgegnerin hat anschließend vorbehaltlos zur Sache verhandelt, obwohl ihr die Möglichkeit der Anfechtung des Zwischenschiedsspruchs nach Art. 190 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 b. IPRG offen stand. Im Falle eines Vorbehalts wäre für den Antragsteller von vornherein klar gewesen, dass er im Verfahren der Vollstreckbarerklärung vor den deutschen Gerichten mit einer Prüfung des Einwands fehlender Schiedsvereinbarung rechnen musste, und er hätte entscheiden können, ob er der Argumentation der Antragsgegnerin folgend sich an die staatliche Gerichtsbarkeit wenden sollte. Es widerspricht dem im vorliegenden Verfahren vor einem deutschen Gericht geltenden Gebot redlicher Prozessführung (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, Einl Rz. 56), wenn die Antragsgegnerin einerseits ihre Beteiligungsmöglichkeit bei der Zuständigkeitsprüfung im Schiedsverfahren ausschöpft, die ihr nachteilige Entscheidung nicht durch die zuständige staatliche Gerichtsbarkeit überprüfen lässt und sich weiter am Schiedsverfahren in der Hauptsache beteiligt, dann aber im Stadium der Vollstreckbarerklärung wieder zum Einwand fehlender Schiedsklausel zurückkehrt (vgl. Senatsbeschluss v. 29.10.2004 - 29 Sch 1/04).
b) Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, nach der Neuregelung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens durch das SchiedsVfG vom 22.12.1997 komme keine Präklusion mehr in Betracht (ebenso z.B. OLG Schleswig RIW 2000, 706, 708; BayObLG NJW-RR 2001, 431, 432; OLG Celle IHR 2004, 83, 85), ist dem entgegenzuhalten, dass es im vorliegenden Fall nicht um den schlichten Nichtgebrauch eines Rechtsmittels bei der für den Schiedsgerichtsort zuständigen staatlichen Gerichtsbarkeit geht, sondern um den Vorwurf unredlichen Prozessverhaltens, wenn nach Mitwirkung bei einem Zwischenverfahren zur Überprüfung des Einwands und anschließender vorbehaltloser Verhandlung zur Hauptsache die Zuständigkeitsrüge erst im Vollstreckbarerklärungsverfahren wieder aufgegriffen wird, so dass der Antragsteiler gar keine Chance hat, dem Einwand durch vorsorgliche Inanspruchnahme der staatlichen Gerichtsbarkeit Rechnung zu tragen. Im Übrigen kann nicht von einer durch Mehrheitsmeinung gesicherten Erkenntnis ausgegangen werden, dass das UN-Übk. eine Präklusion des Anerkennungsgegners mit der Geltendmachung von Versagungsgründen jedenfalls für Fallgestaltungen wie die vorliegende ausschließt (vgl. z.B. Nagel/Gottwald, IZPR, 5. Aufl., § 16 Rz. 121; BGH RIW 2001, 458. 460 zur Obliegenheit rechtzeitiger Rüge der Befangenheit des Schiedsrichters).
c) Der Zwischenschiedsspruch ist auch nicht zu beanstanden, also anerkennungsfähig, was in diesem Verfahren nach Maßgabe von § 1061 ZPO i.V.m. dem UN-Übereinkommen inzidenter zu prüfen ist (vgl. Geimer, IZPR, 5- Aufl., Rz. 3879). Darauf hat der Senat hingewiesen und das war auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich der vorzulegenden Urkunden kann auf die Ausführungen zu III.1 Bezug genommen werden. Der Einwand der unwirksamen Schiedsvereinbarung (Art. V Abs. 1 c UN-Übk.) greift insoweit nicht, weil das Einverständnis der Antragstellerin mit dem Zwischenverfahren und ihre Mitwirkung ungeachtet aller Vorbehalte gegen die Einleitung des Schiedsverfahrens nicht anders verstanden werden können, als dass sie mit dem Tätigwerden des Schiedsgerichts zumindest bis zum Erlass des angekündigten Zwischenschiedsspruchs einverstanden war. Wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat entgegen ihrem schriftsätzlichen Vorbringen eingeräumt hat, hat sie sich im Zwischen verfahre n nicht auf das Zeugnis des Dr. K berufen, so dass der Einwand übergangenen Beweisantritts hinfällig geworden ist. Weitere Einwände gegen den Zwischenschiedsspruch hat die Antragsgegnerin nicht erhoben; von Amts wegen zu berücksichtigende Versagungsgründe sind nicht ersichtlich. Aus der Anerkennung des Teilschiedsspruchs ergibt sich seine Verbindlichkeit zwischen den Parteien.
2. Der Einwand fehlender bzw. unwirksamer Schiedsvereinbarung ist aber auch in der Sache nicht begründet. Der Senat stimmt dem Auslegungsergebnis des Zwischenschiedsspruchs zu.
a) Maßgeblich sind nach dem anzuwendenden Schweizer Recht ebenso wie nach deutschem Recht der wirkliche Wille der Erklärenden und die Sicht des Erklärungsempfängers (Schweizer Bundesgericht BGE 116iA56, 58.; BGE 129 III 675, 680). Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragstellers stammt die Formulierung aus dem Hause der Antragstellerin, wofür auch die Verwendung von Firmenpapier und der Vermerk "angenommen" über dem Namensfeld für den Antragsteller sprechen. Nach der persönlichen Erklärung des Antragstellers am 9.5.2001 vor dem Schiedsgericht ist ihm der Text nach Teheran übersandt worden (Bl. 365), wofür auch die Formulierung als Brief spricht. Die vom Senat in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage, wo der Antragsteller die Vereinbarung unterzeichnet hat, ist auch in den nachgelassenen Schriftsätzen unbeantwortet geblieben. Der Antragsteller hat die Passage als Schiedsklausel verstanden, und das konnte er auch. Die Verweisung auf eine abschließende Entscheidung von "arbitrators" lässt keinen Raum für die Annahme, es handele sich um eine Zuständigkeitsvereinbarung zugunsten staatlicher Gerichte.
b) Es kommt daher nicht darauf an, ob die Zuständigkeit der Cour de Justice in Genf angesichts ihrer primären Funktion als Berufungsgericht überhaupt vereinbar gewesen wäre. Die falsche Bezeichnung des Trägers der Schiedsgerichtsbarkeit ist unschädlich, weil eine andere Institution als die Industrie- und Handelskammer Genf im Jahre 1985 bei Abschluss der Vereinbarung nicht in Betracht kam. Auch bei Einleitung des Schiedsverfahrens im Jahre 1998 hat die Antragsgegnerin nicht den - nunmehr mit Schriftsatz vom 15.8.2005 eingeführten - Einwand der mangelnden Bestimmtheit des berufenen Schiedsgerichts wegen der Existenz des 'International Commercial and Industrial Arbitration Court' erhoben. Zu der Zweistufigkeit des Verfahrens mit Schlichtung und (Schieds-) Gerichtsverfahren ist es tatsächlich gekommen. Solche Zweistufigkeit ist eine häufige Erscheinung in Schiedsgerichtsvereinbarungen, dagegen ist es äußerst ungewöhnlich, eine Schlichtung nach Schiedsverfahrensrecht mit einer abschließenden Entscheidung durch die staatlichen Gerichte zu verbinden. Soweit die unfachmännische Formulierung Interpretationsbedarf aufwarf, stand der geltungserhaltenden Interpretation, wie sie das Schiedsgericht praktiziert hat, nichts entgegen (vgl. BGE 116 IA 58; BGE 129 III 675; BGE 130 III 66, 72; Wenger in Honsell/Vogt/Schnyder, Kommentar zum Schweiz. Privatrecht: Internationales Privatrecht, Basel/Frankfurt 1996, Art. 178 Rz. 50). Die Klausel hat keine nichtigkeitsanfälligen Teile, so dass es gar nicht darauf ankommt, dass nach Art. 20 OR abweichend vom deutschen Recht die Regelvermutung zur Restgültigkeit und nicht zur Gesamtnichtigkeit führt.
c) Was die Verfasser der fraglichen Passage im Hause der Antragsgegnerin sich gedacht haben, ist unbekannt, aber auch irrelevant, weil die Antragsgegnerin nicht behauptet hat, dass es dazu im Beisein des Antragstellers Äußerungen oder gar Erklärungen gegeben hat. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung nicht die schriftsätzliche Behauptung (sub 3-3. des Schriftsatzes vom 7.6.2005) aufrechterhalten, dass zwischen Dr. K und dem Antragsteller offen gelegte Einigkeit über die Anrufung der Cour de Justice als staatlichem Gericht zur abschließenden Entscheidung nach gescheiterter Schlichtung bestand. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob Dr. K als einer der Unterzeichner auf Seiten der Antragsgegnerin für sich tatsächlich von einer Gerichtstandsklausel und nicht von einer Schiedsklausel ausgegangen ist. Eine abweichende Vorstellung des zweiten Unterzeichners Herr L hat die Antragstellerin überhaupt nicht behauptet.
V.
Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs widerspricht nicht der deutschen öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. V (2) b UN-Übk.
1. Das betrifft zum einen den verfahrensrechtlichen Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin durch Nichtausschöpfung ihrer Beweisangebote, und zwar des Angebots auf Vernehmung des Dr. K. Soweit das die Frage der wirksamen Schiedsvereinbarung betrifft, braucht darauf nicht weiter eingegangen zu werden, weil der Zeuge nach dem in der mündlichen Verhandlung von der Antragstellerin bestätigten Vortrag der Gegenseite zu dieser Frage im ganzen Schiedsverfahren gar nicht benannt worden ist. Soweit er - zu anderen Fragen - benannt worden ist, hat die Antragstellerin ihn förmlich gegen Dr. S ausgewechselt, ohne sich seine zusätzliche Vernehmung in irgendeiner Form vorzubehalten. Insoweit wird auf die dezidierte Darlegung des Antragstellers im Schriftsatz vom 13.7.2005 Bezug genommen. Die Antragsgegnerin hatte danach keine Veranlassung zu erwarten, dass das Schiedsgericht doch noch die Vernehmung des zum Erscheinen in Genf nicht bereiten Zeugen im Wege der Rechtshilfe einleiten würde. Die Behauptung der Antragsgegnerin (Schriftsatz v. 7.6.2005, zu 4.5), das Schiedsgericht habe im Bewusstsein der möglichen Entscheidungsrelevanz auf die Vernehmung des Dr. K verzichtet, hat jedenfalls im Schiedsspruch keinerlei Niederschlag gefunden. Das ergibt sich namentlich nicht aus den in Bezug genommenen Ausführungen unter Nr. 68 und 73 des Schiedsspruchs. Wenn die Antragsgegnerin ungeachtet ihres laut Schriftsatz vom 29.1.2001zur Verfahrensförderung erklärten Verzichts doch noch auf den Zeugen zurückkommen wollte, hätte sie das nach Art. 184 II IPRG mit Zustimmung des Schiedsgerichts selbst in die Wege leiten können.
2. Der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs steht ebenso wenig der Bestechungseinwand entgegen, wenngleich er grundsätzlich geeignet ist, den Vorwurf der Ordre-public-Widrigkeit zu rechtfertigen (vgl. OLG Hamburg v. 12.3.1998, IPRspr. 1999 Nr. 178; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anhang §1061 Rz. 143).
a) Schon der Sachvortrag der Antragsgegnerin dazu ist ungenau. Die Behauptung, der Schiedsspruch verurteile zur "Zahlung von Bestechungsgeldern", geht am unstreitigen tatsächlichen Geschehensablauf vorbei, denn selbst die Antragsgegnerin behauptet nicht, dass der Antragsteller mit dem Geld auf Bestechungszusagen beruhende Schulden begleichen muss. Der Einwand der Antragsgegnerin kann also allenfalls dahingehend verstanden werden, dass die dem Antragsteller zugesagte Vergütung zu einem wesentlich Teil Aufwendungsersatz für von ihm durchgeführte Bestechungen/Schmierungen enthält oder die Vergütung zum Zwecke von Bestechungen bestimmt war, zu denen es - aus welchen Gründen auch immer - nicht gekommen ist. Die zweite Alternative scheint die Antragsgegnerin sich nunmehr im Schriftsatz vom 13.9.2005 zu eigen gemacht zu haben.
Das Schiedsgericht hat diesen Punkt als Korruptionsvorwurf abgehandelt, ausgehend von der erst in einem späteren Stadium des Schiedsverfahrens aufgestellten Behauptung der Antragsgegnerin, Zweck der Vereinbarung sei die Bestechung der zuständigen iranischen Beamten gewesen, um ihre Zustimmung zu einem neuen Vertrag zu erhalten (Nr. 66 des Schiedsspruch). Es ist dem Vorwurf unter der Prämisse nachgegangen, dass ein Vertrag, der seinem Zweck nach oder einem seiner Zwecke nach auf Korruption / Bestechung abzielt, nach Art. 20 OR wegen des widerrechtlichen oder gegen die guten Sitten verstoßenden Inhalts nichtig ist. Das Schiedsgericht hat festgestellt, dass lediglich der Zeuge S dazu eindeutige Angaben gemacht habe, die aber - unabhängig von Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Zeugen - allenfalls einen Hinweis auf einschlägige Absichten der Parteien geboten hätten. Darüber hinaus könne das Geheimhaltungsinteresse darauf hindeuten, dass es eine Korruptionsabsicht zu verbergen gab. Das Schiedsgericht ist dann an Hand verschiedener Kriterien dem Korruptionseinwand weiter nachgegangen, und zwar bezüglich der unbestimmten Umschreibung des Antragstellers zu den von ihm erwarteten und ausgeübten Tätigkeiten und zu deren Dauer sowie an Hand der Hohe des Honorars und der späten Einleitung des Schiedsverfahrens zur Durchsetzung der Ansprüche.
b) Es kann dahinstehen, ob das mit der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs befasste Gericht bei der Prüfung des materiellrechtlich begründeten Einwands der Orde-public-Widrigkeit wegen des auch in diesem Verfahren geltenden Verbots der "revision au fond" Einschränkungen unterliegt (vgl. OLG Harnburg, IPRspr. 1999 Nr. 178), weil der Senat nach vollumfänglicher Prüfung der vom Schiedsgericht getroffenen Feststellungen und des Vertrags der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren der Bewertung des Schiedsgerichts im Ergebnis zustimmt. Die Antragsgegnerin hat im Vollstreckbarerklärungsverfahren keine Beweisanträge gestellt, die über die vom Schiedsgericht erhobenen Beweise hinausgehen. Sie hat sich ausschließlich auf die Aussage des Zeugen S berufen. Der Beweisantritt durch Vernehmung des Zeugen Dr. K ist - wiederum - ebenso zurückgezogen worden, wie der auf erneute Vernehmung des Zeugen L. Das wirft die in der mündlichen Verhandlung allenfalls spekulativ beantwortete Frage auf, warum die Antragsgegnerin von drei möglichen Zeugen ausgerechnet nur den benennt, der vom Beweisthema am wenigsten wissen kann.
Der Zeuge S ist vor dem Schiedsgericht - wie das vorgelegte Wortprotokoll ausweist - ausführlich vernommen worden. Zur erneuten Vernehmung dieses Zeugen besteht kein Anlass, zumal die Antragsgegnerin keinerlei Unzulänglichkeiten der schiedsgerichtlichen Beweisaufnahme geltend macht. Das betrifft sowohl das als sog. Kreuzverhör durchgeführte Verfahren als auch die gestellten Fragen. Die Würdigung der Zeugenaussage durch das Schiedsgericht ist nicht zu beanstanden. Der Zeuge mag nach dem bei einer Besprechung Gehörten geglaubt haben, dass die vom Antragsteller genannten Beträge jedenfalls auch zu Bestechungszwecken eingesetzt werden sollten und das mag nach seinen Erfahrungen und der Praxis der Antragsgegnerin in vergleichbaren Fällen auch nahe liegen, aber das lässt mangels Tatsachengrundlage keinen zwingenden Rückschluss auf die Berechtigung dieses Vorwurfs im vorliegenden Fall zu.
c) Die weiteren Indizien können auch in Verbindung mit der protokollierten Aussage des Zeugen S den Bestechungseinwand nicht über die Qualität eines Verdachts hinausheben. Auch insoweit ist die Beurteilung durch das Schiedsgericht nicht zu beanstanden. Der vom Schiedsgericht zugrunde gelegte Prüfungsmaßstab unterscheidet sich nicht von dem für die Prüfung der Ordre-public-Widrigkeit durch den Senat anzulegenden Maßstab. Dass die vom Antragsteller erwartete Tätigkeit recht vage geblieben ist, ist auch deshalb wertneutral, weil man auf Seiten der Antragsgegnerin offenbar ganz genau wusste, was man vom Antragsteller erwartete, wie sich aus der protokollierten Aussage des Zeugen L ergibt, der von wiederholten Beschwerden des operativ führenden Dr. K über die Untätigkeit des Antragstellers berichtet hat. Der Zeuge L hat den Antragsteller in seiner durch die Vereinbarung bedingten Funktion als "advisor, consultant" oder "assistent" bezeichnet. Die von der Antragsgegnerin aus dem Wortlaut der Vereinbarung gezogenen Schlüsse sind reine Spekulation, im Hinblick auf die Angaben des Zeugen L, dass Vereinbarungen, die die Einflussnahme auf Geschäftspartner in orientalischen Ländern zum Gegenstand haben, höchst vertraulicher Natur und grundsätzlich nur mündlich zu treffen sind, spricht die Schriftlichkeit der Vereinbarung eher gegen den von der Antragsgegnerin beanspruchten indiziellen Aussagewert einzelner Formulierungen. Es gibt auch kein hinreichend beweiskräftiges Indiz aus der Höhe des dem Antragsteller zugesagten Betrages. Die Antragsgegnerin wollte, wie sie selbst vorträgt, zum einen Ansprüche von bis zu 200 Mill. DM abwehren, zum anderen wollte sie im Iran-Geschäft bleiben. Das kann auch ein Beraterhonorar von 3 Mill. DM rechtfertigen. Beide Ziele sind erreicht worden, wenngleich streitig ist, wie viel der Antragsteller dazu beigetragen hat. Lässt sich - wie häufig - nicht mit hinreichender Sicherheit klären, ob es sich um die Erstattung planmäßig verausgabter oder zu verausgabender Bestechungsgelder oder um eine Vermittlungsprovision handelt, ist im Zweifel von einer erlaubten Vermittlungsprovision auszugehen (Stein/ Jonas/Schlosser, Anhang § 1061 Rz. 140).
VI.
Dem auf § 767 ZPO gestützten Hilfsantrag der Antragsgegnerin kann nicht stattgegeben werden. Es kann dahinstehen, inwieweit sich die Antragsgegnerin zur Verweigerung der Erfüllung aus einem im Jahre 1985 geschlossenen und dem Schweizer Recht unterstellten Vertrag überhaupt auf § 299 StGB berufen kann, denn die titulierte Zahlungsverpflichtung lässt sich nach dem festgestellten Sachverhalt nicht unter diese Strafbestimmung subsumieren. Die Vereinbarung hat nach den Feststellungen des Schiedsgerichts auf der Grundlage des vom Senat geteilten Ergebnisses der Beweisaufnahme auch keinen widerrechtlichen Inhalt im Sinne des Schweizer Rechts und sie verstößt nicht gegen die guten Sitten im Sinne von Art. 20 OR. Damit kann auch dahinstehen, ob die Antragsgegnerin mit diesem Begehren an die zwischen den Parteien für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag vereinbarte Schiedsgerichtsbarkeit zu verweisen wäre, wie der Antragsteller geltend gemacht hat.
VII.
§ 1063 lI ZPO steht der Anwendung von § 128 II ZPO nicht entgegen (vgl. Thomas/ Putzo/Reinhold, § 128 Rz. 21 f). Es bestand nach der mündlichen Verhandlung Anlass, den Parteien die Gelegenheit zur (ergänzenden) Beantwortung einiger Fragen zu geben, die sich vor allem auf den Einwand der fehlenden Schiedsabrede bezogen. Entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 13.9.2005 (sub 5.) hat der Senat sie nicht aufgefordert, den Vortrag zum Bestechungsvorwurf zu ergänzen. Es bestand daher auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen und in eine Beweisaufnahme einzutreten, zumal die Antragsgegnerin auch nichts Neues mehr vorgetragen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Abwendungsbefugnis auf § 711 ZPO analog.
Der beantragten Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht, weil sie gemäß den §§ 1065, 574 I Nr. 1 ZPO von Gesetzes wegen statthaft ist. Über die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 II ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht zu entscheiden (Zöller/Gummer, § 574 Rz. 11).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 W 101/02 26.09.2002 83 M 12303/01 - AG Frankfurt/Main Aufhebungs-/Anerkennungs-/Vollstreckbarerklärungsverfahren: - Schiedsspruch, ausländisch; - Vollstreckbarerklärung Aufhebungs-/Versagungsgründe: - Restitutionsgründe sonstige Gerichtsverfahren: - Vollstreckungsschutz Vollstreckun
B E S C H L U S S:
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main - AZ: 83 M 12303/2001 - vom 19. März 2002 (Ergänzungsbeschluss vom 2. April 2002) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.
Beschwerdewert: 50.000 EUR.

G R Ü N D E:
I.
Der Gläubiger erwirkte am 7. Juli 1998 vor einem internationalen Schiedsgericht in Stockholm/Schweden einen Schiedsspruch, durch welchen die Schuldnerin u.a. verpflichtet wurde, an den Gläubiger US-$ 2.350.000 einschließlich Zinsen sowie SEK 495.000 zu zahlen, daneben sollten die Parteien jeweils die von ihnen verursachten Kosten des Schiedsverfahrens tragen.
In der Folgezeit trat der Gläubiger die zuerkannten Ansprüche an einen Dritten ab, ist jedoch aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit dem Zessionar zur Einziehung ermächtigt.
Der Schiedsspruch wurde durch Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 16. Februar 2001 für vorläufig vollstreckbar erklärt. Die Vollstreckbarerklärung ist mit Klausel und Zustellvermerk versehen.
Die Schuldnerin betreibt vor dem Amtsgericht (Stadtgericht) Stockholm ein Restitutionsverfahren gegen den Schiedsspruch.
Am 22. Januar 2002 erwirkte der Gläubiger beim Amtsgericht Frankfurt am Main einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, durch welchen wegen eines Teilbetrages der für vorläufig vollstreckbar erklärten Forderungen in Höhe von 204.516,75 EUR alle angeblichen gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche der Schuldnerin aus allen mit den aus dem Rubrum ersichtlichen Drittschuldnern unterhaltenen Geschäftsverbindungen gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen wurden; in dem Pfändungsbeschluss wurden Botschaftskonten von der Pfändung ausgenommen und die Pfändung auf Handelskonten beschränkt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 22. Januar 2002 verwiesen.
Der Beschluss wurde der Drittschuldnerin zu 2.) am 25. Januar 2002 zugestellt; ein Zustellungsnachweis bzgl. der Drittschuldnerin zu 1.) befindet sich nicht bei der Akte.
Mit Schriftsatz vom 31.Januar 2002 legte die Schuldnerin Vollstreckungserinnerung gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ein, mit welcher sie im Wesentlichen eine falsche Schuldnerbezeichnung, eine nicht ordnungsgemäße Zustellung der Vollstreckbarerklärung und einen unzulässigen Eingriff in Hoheitsrechte der Russischen Föderation geltend machte.
Mit Beschluss vom 19. März 2002 wies das Amtsgericht die Erinnerung als unbegründet zurück; bereits aus dem Beschluss des Kammergerichts, mit dem der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wurde, ergebe sich, dass dort die Schuldnerbezeichnung und die Frage der Zustellung Verfahrensgegenstand gewesen sei.
Gegen diesen am 25. März 2002 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts, dessen Rubrum durch Beschluss vom 2. April 2002 berichtigt wurde, hat die Schuldnerin mit per Telefax am 7. April 2002 eingegangenem Schriftsatz vom 5. April 2002 sofortige Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 17. April 2002 zusätzlich darauf gestützt hat, der Gläubiger betreibe die Vollstreckung aus einem nicht bestehenden Titel, denn das mit der Prüfung des dem Beschluss des Kammergerichts zugrunde liegenden Schiedsspruchs befasste Amtsgericht Stockholm habe - was unstreitig ist - am 26. Oktober 1998 die zeitweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung verfügt; diesen Umstand habe der Gläubiger dem Kammergericht verschwiegen.
Die Schuldnerin h a t b e a n t r a g t,
den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 19. März 2002 - einschließlich der Ergänzung vom 2. April 2002 - aufzuheben.
Der Gläubiger h a t b e a n t r a g t,
die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 19. März 2002 zurückzuweisen.
Er hält die Anfechtung des Schiedsspruches vor einem ordentlichen Gericht in Schweden für unzulässig und für das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung und das daran anschließende Vollstreckungsverfahren unerheblich. Die Vollstreckung greife auch nicht in Hoheitsrechte der Russischen Föderation ein; die Schuldnerin habe auf etwaige Immunitätsrechte verzichtet.
Mit Beschluss vom 17. Mai 2002 hat das Amtsgericht der Beschwerde aus den fortbestehenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und die Akte dem Landgericht Frankfurt am Main zur Entscheidung vorgelegt. Das Landgericht hat seinerseits die Sache mit Verfügung vom 23. Juli 2002 unter Verweis auf § 119 Abs. 1 lit. b GVG zuständigkeitshalber dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Das zulässige Rechtsmittel der Schuldnerin ist unbegründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Die Schuldnerin hat gegen die ihre Vollstreckungserinnerung zurückweisende Entscheidung des Amtsgerichts innerhalb der Rechtsmittelfrist das statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO eingelegt.
Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus § 119 Abs. 1 lit. b GVG.
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Amtsgericht die Erinnerung gegen seinen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 22. Januar 2002 als unbegründet zurückgewiesen. Die Vollstreckungsmaßnahme ist nämlich verfahrensfehlerfrei ergangen.
Die für den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erforderlichen Voraussetzungen waren gegeben.
Sämtliche Einwendungen der Schuldnerin sind rechtlich nicht tragfähig:
2.1
Die Schuldnerbezeichnung in der Vollstreckbarkeitserklärung. die mit derjenigen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses übereinstimmt, ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme ohne Bedeutung. Soweit die Schuldnerin die Unrichtigkeit ihrer Parteibezeichnung in dem Vollstreckungstitel behauptet, lässt sich ihrem Vortrag nicht sicher entnehmen, ob sie die Rüge einer ungenauen oder unrichtigen Parteibezeichnung erheben oder geltend machen will, sie sei nicht die richtige Schuldnerin. In keinem Fall könnte dies die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses begründen. Handelte es sich lediglich um die Rüge einer ungenauen oder unrichtigen Parteibezeichnung, wäre das Beschwerdevorbringen unerheblich, weil eine solche Unrichtigkeit in der Parteibezeichnung grundsätzlich unschädlich ist und, sofern sie tatsächlich vorliegen sollte, jederzeit von Amts wegen berichtigt werden kann (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Auflage, vor § 50 Rn. 7).
Will die Schuldnerin geltend machen, sie sei nicht die richtige Schuldnerin, ist ihr Vortrag für das Vollstreckungsverfahren unbeachtlich, weil die Vollstreckungsorgane an den Titel gebunden sind. Zu Recht hat das Amtsgericht insoweit darauf verwiesen, dass bereits im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches durch das Kammergericht festgestellt worden ist, dass das streitige Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des Vollstreckungsverfahrens - nämlich dem ermächtigtem Verfahrensstandschafter des Zessionars als Gläubiger und der Russischen Föderation als Schuldnerin - besteht.
2.2
Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch durch ein ordentliches Stockholmer Gericht ist für das deutsche Vollstreckungsverfahren ebenso wenig von Relevanz.
Die Schuldnerin übersieht, dass das Vollstreckungsverfahren in Deutschland nicht an den im Schiedsverfahren zuerkannten materiellen Anspruch anknüpft, sondern dass Grundlage der Vollstreckung grundsätzlich nur ein Titel sein kann. Dieser besteht vorliegend in der Vollstreckbarerklärung durch Beschluss des Kammergerichts vom 16. Februar 2001.
Entscheidungen, die ausländische Schiedssprüche auf der Grundlage von § 1061 Abs. 1 ZPO für vollstreckbar erklärt haben, sind als Titel taugliche Grundlagen für Vollstreckungshandlungen im Inland, § 794 Abs. 1 Nr. 4 lit. a ZPO, wenn sie rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind. Vorliegend ist die Vollstreckbarerklärung rechtskräftig: Eine Aufhebung der Vollstreckbarerklärung hätte nur im Rahmen der - von der Schuldnerin nicht wirksam eingelegten - Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nach Maßgabe der Vorschrift des § 1065 Abs. 1 ZPO a. F. erfolgen können.
Eine nach dem für den Schiedsspruch maßgeblichen Recht fehlende Verbindlichkeit bzw. Endgültigkeit des Schiedsspruchs hätte die Schuldnerin ebenso wie eine vorläufige Einstellung der Vollstreckung oder eine Aufhebung des Schiedsspruchs durch ein staatliches schwedisches Gericht im Verfahren nach §§ 1061 ff ZPO geltend machen müssen. Im Vollstreckungsverfahren selbst ist die Schuldnerin mit diesen Einwendungen präkludiert.
2.3
Die Einwendungen der Schuldnerin gegen eine ordnungsgemäße Zustellung der Vollstreckbarerklärung sind rechtlich irrelevant.
Die Schuldnerin leitet diese Auffassung allein aus einer - angeblich - nicht zutreffenden Parteibezeichnung her. Eine unrichtige Parteibezeichnung begründet aber keinen Mangel der Zustellung. Zustellung ist die Bekanntgabe eines Schriftstücks an eine Person in der von der ZPO vorgesehenen Form. Eine solche Zustellung ist erfolgt. Der entsprechende Nachweis wird durch den auf der Vollstreckbarkeitserklärung angebrachten Zustellvermerk geführt.
2.4
Auch der Einwand der Schuldnerin, die Zwangsvollstreckung greife rechtswidrig in ihre Immunität ein, ist unzutreffend.
Allerdings ist die Schuldnerin nicht bereits deshalb an der Erhebung der Rüge gehindert, weil schon das Kammergericht im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung die Problematik der Vollstreckungsimmunität erörtert hat. Denn erst im Vollstreckungsverfahren selbst geht es darum, ob der konkrete unmittelbare Zugriff auf Vermögensgegenstände des ausländischen Staates erlaubt ist oder ob insoweit trotz in den vorangegangenen Verfahrensabschnitten möglicherweise fehlender Immunität hier Vollstreckungsimmunität besteht (Senat, Beschluss vom 3. August 2000, 26 W 82/2000 - Zentralbank des Jemen).
Schon in seinem Beschluss vom 12. Dezember 1996 (26 W 11/96 - "Irak") hat der Senat unter Bezugnahme auf die einschlägige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG E 46, 369) darauf hingewiesen, dass eine allgemeine Regel des Völkerrechts, die über Art. 25 GG Bestandteil des Bundesrechts wäre, nicht existiert, nach welcher dem Gerichtsstaat die Zwangsvollstreckung gegen einen fremden Staat schlechthin verwehrt wäre.
Das Völkerrecht erlaubt allerdings nicht die Zwangsvollstreckung in das Vermögen fremder Staaten, soweit dieses einen hoheitlichen Verwendungszweck besitzt. Dies gilt selbst dann, wenn der Vollstreckungstitel im Zusammenhang mit einem nicht hoheitlichen Handeln des Staates entstanden ist. Forderungen aus einem allgemeinen, laufenden Bankkonto eines fremden Staates oder seiner Botschaft, das im Gerichtsstaat besteht und zur Deckung der Ausgaben und Kosten der Botschaft bestimmt ist, unterliegen aus diesem Grund nicht der Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsstaat. Entsprechendes gilt für Devisenguthaben, die aus währungspolitischen Gründen im Gerichtsstaat unterhalten werden (vgl. auch BVerfGE 64, 1, 45).
Der danach völkerrechtlich gebotenen Notwendigkeit der Begrenzung der Pfändung trägt der angegriffene Pfändungsbeschluss bereits in ausreichendem Umfange Rechnung. Er nimmt nämlich solche Forderungen von der Pfändung aus, die sich auf Guthaben beziehen, bei denen es sich um Botschaftskonten handelt. Gepfändet worden sind ausweislich des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nämlich nur Forderungen auf sogenannte Handelskonten. Insoweit war es Sache der Schuldnerin, den von ihr hinsichtlich sämtlicher Konten ohne nähere substantiierende Ausführungen behaupteten hoheitlichen Verwendungszweck näher darzulegen. Zwar kann im Normalfall - also wenn die Verfügungsbefugnis des fremden Staates bzw. seiner exterritorialen Botschaft nicht bspw. infolge von Embargobestimmungen eingeschränkt ist - die Grenze zu einer völkerrechtswidrigen Einmischung überschritten sein, wenn von dem fremden Staat bzw. seiner Botschaft verlangt wird, den hoheitlichen Verwendungszweck substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Es ist jedoch nicht völkerrechtswidrig, von dem Entsendestaat bzw. seiner Botschaft zu verlangen, durch eine gehörige Versicherung glaubhaft zu machen, dass auch die betroffenen Handelskonten zur Aufrechterhaltung der diplomatischen Vertretung dienen (BVerfG a.a.O., 400) oder aus währungspolitischen Gründen unterhalten werden.
Daran fehlt es.
Die Schuldnerin hat zwar die hoheitliche Zwecksetzung von Guthaben auf Konten der Schuldnerin bei der Drittschuldnerin zu 1.) behauptet; sie hat sich insofern jedoch darauf beschränkt, zur Begründung auszuführen, die Drittschuldnerin zu 1.) sei kein privatrechtlich verfasstes Kreditinstitut, das "ein gewöhnliches Konto" für die Schuldnerin führe. Auch in den Ausführungen der Schriftsätze vom 30. Mai 2002, 19. Juli 2002, 22. August 2002 und 2. September 2002 finden sich keine substantiierenden Darlegungen zu einer hoheitlichen Zwecksetzung.
Eine Vollstreckungsimmunität der Schuldnerin besteht danach nicht.
Es bedarf daher keiner Entscheidung durch den Senat, ob schon aus dem Umstand, dass der titulierte Anspruch auf der Grundlage des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepublik geschlossenen Investitionsförderungs- und Schutzvertrages vom 13. Juni 1989 beruht, der wegen der Vollstreckung auf das New Yorker UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1998 verweist, die Berufung auf die Verletzung von Immunitätsrechten ausgeschlossen ist.
2.5
Soweit die Schuldnerin schließlich geltend macht, der Schiedsspruch sei inhaltlich unrichtig, ist dieser Vortrag für das Vollstreckungsverfahren ohne Relevanz.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 3, 97 ZPO.
Vollansicht
Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 8/13 17.03.2014 Unwirksamkeit und Undurchführbarkeit einer Schiedsvereinbarung; Identität der Streitgegenständer in einem Schiedsverfahren und staatlichen Gerichtsverfahren
BESCHLUSS
Tenor:
Die Anträge der Antragstellerin auf Feststellung der Unzulässigkeit des zwischen den Parteien vor der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit zu Az.: DIS-SV-CB-… geführten Schiedsverfahrens werden zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 430.000,00 festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten seit mehreren Jahren um wechselseitige Ersatzansprüche aus einem gescheiterten Unternehmenskaufvertrag.
Die Antragstellerin ist eine Konzerngesellschaft eines nordamerikanischen Automobilzulieferers und führte ab etwa Mitte 2003 Verhandlungen über den Kauf der zum Geschäftsbereich der Antragsgegnerin gehörenden D. GmbH (nachfolgend: D GmbH).
Im Zuge dieser Verhandlungen schlossen die Parteien unter dem 02.-03.05.2004 vor einem Schweizer Notar ein sogenanntes „Sale & Purchase Agreement" (nachfolgend: SPA) ab, in dem die Bedingungen für die Übertragung der Geschäftsanteile an der D GmbH von der Antragsgegnerin auf die Antragstellerin im einzelnen festgelegt waren.
Ziffer 28 des SPA enthält eine Schiedsklausel, nach der alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem SPA durch ein Schiedsgericht nach den Regeln des Deutschen Instituts für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) entschieden werden sollen.
In der Folgezeit kam es zu massiven Unstimmigkeiten zwischen den Parteien, die dazu führten, dass der Vertrag letztlich nicht vollzogen und die D GmbH später an einen anderen Automobilzulieferer veräußert wurde.
Gegen Ende 2004 erhob die Antragsgegnerin eine Schiedsklage vor dem Schiedsgericht (Az.: DIS-SV- B…), mit der sie die Antragstellerin auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens in Anspruch nahm. Die Antragstellerin erhob ihrerseits Widerklage im Schiedsverfahren, mit der sie unter anderem Schadensersatz im Hinblick auf die von ihr aufgewendeten Transaktionskosten sowie die Feststellung künftiger Ersatzpflicht begehrte.
Das Schiedsgericht teilte das Verfahren aufgrund seiner Komplexität in eine Phase zum Haftungsgrund („Liability Phase") und eine Phase zur Anspruchshöhe („Quantum Phase"). Durch Teil-Schiedsspruch vom 15.09.2006 („Partial Award"), wurde die Haftung der Antragstellerin dem Grunde nach bejaht und ihre Widerklage abgewiesen.
Den gegen diesen Teil-Schiedsspruch gerichteten Aufhebungsantrag der Antragstellerin wies der erkennende Senat mit Beschluss vom 10.05.2007 (Az.: 26 Sch 20/06) zurück.
Noch während der Fortdauer des Schiedsverfahrens zur sog. „Quantum Phase" reichte die Antragsgegnerin am 30.04.2009 vor dem District Court in Illinois/USA eine Klage gegen die hiesige Antragstellerin sowie zugleich gegen deren Vorstandsvorsitzenden ein, mit der sie geltend machte, dass die Antragstellerin und der Vorsitzende ihres Vorstandes entweder im Rahmen der vorvertraglichen Verhandlungen falsche Angaben zur finanziellen Situation der Antragstellerin gemacht und damit die Antragsgegnerin erst veranlasst hätten, den Vertrag mit der Antragstellerin zu schließen oder aber im Nachhinein die Antragstellerin so umstrukturiert hätten, dass ein im Schiedsverfahren zuerkannter Schadensersatzanspruch mangels Masse nicht mehr durchsetzbar wäre. Auch in diesem Verfahren erhob die Antragstellerin in der Folgezeit Widerklage auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen, weil - so ihr Vorwurf - die Antragsgegnerin nach Abschluss des SPA massiv auf die Finanzstruktur der D GmbH eingewirkt und dadurch die internen finanziellen Verbindlichkeiten der D GmbH in manipulativer Weise erhöht habe.
Dieses in Illinois/USA zwischen den Parteien geführte Verfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen; nach einer letzten mündlichen Verhandlung vor dem dortigen Gericht am 02.05.2013 wurde allein dem Beklagten (Vorstandsvorsitzenden) durch Beschluss des District Courts vom 21.05.2013 (bestätigt durch Beschluss des Circiut Court of Appeals vom 10.01.2014, vgl. Anlage CC 74, Bl. 548 ff. d.A.) das Recht eingeräumt, sogenannte „Discovery-Maßnahmen" (Beschaffung entscheidungserheblichen Beweismaterials nach amerikanischem Prozessrecht) vorzunehmen; im übrigen ist das dortige Verfahren bis zum Abschluss der in Deutschland geführten Schiedsverfahren ausgesetzt (vgl. Anlage CC 74, Bl. 567 ff. d.A.).
Die Antragstellerin hatte das von der Antragsgegnerin in den USA eingeleitete Klageverfahren zum Anlass genommen, die Schiedsvereinbarung mit Schriftsatz vom 21.05.2009 aus wichtigem Grund zu kündigen und setzte hiervon auch das Schiedsgericht in dem fortdauernden Schiedsverfahren in Kenntnis. Die Antragstellerin vertrat und vertritt seither die Auffassung, dass durch die Klageerhebung in den USA und die rügelose Einlassung ihrerseits auf dieses Verfahren die Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien zumindest konkludent aufgehoben worden sei und eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts zur Entscheidung im Schiedsverfahren nicht mehr bestehe. Jedenfalls aber habe die von ihr erklärte Kündigung die Schiedsvereinbarung beendet.
Durch Endschiedsspruch vom 19.03.2010 („Final Quantum Award") verurteilte das Schiedsgericht die Antragstellerin in dem Verfahren DIS-SV-B-…zur Zahlung von Schadensersatz einschließlich Kosten i.H.v. insgesamt € 210.658.362,00. Gegen diesen Schiedsspruch wandte sich die Antragstellerin mit einem vor dem hiesigen Senat erhobenen Aufhebungsantrag gemäß § 1059 ZPO. Durch Beschluss vom 17.02.2011, auf dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird (Az.: 26 Sch 13/10 = SchiedsVZ 2013, 49 ff.), wurde dem Aufhebungsantrag wegen Verstoßes gegen eine zulässige Parteivereinbarung gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. d) ZPO stattgegeben und der Schiedsspruch vom 19.03.2010 aufgehoben.
Die von der Antragsgegnerin gegen diesen Beschluss des Senats erhobene Rechtsbeschwerde wurde verworfen (BGH, Beschluss vom 02.10.2012, Az.: III ZB 8/11).
Mit Klageschrift vom 20.12.2012 erhob die hiesige Antragsgegnerin vor der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) erneut eine Schiedsklage gegenüber der Antragstellerin, mit der sie Schadensersatz in Höhe von rund 215 Mio. € begehrt.
Noch bevor sich das Schiedsgericht in diesem neuen Schiedsverfahren (geführt zu Az.: DIS-SV-CB …) konstituiert hatte, leitete die hiesige Antragstellerin mit Antragsschrift vom 11.07.2013 ein Verfahren gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO ein, mit dem Ziel, die Unzulässigkeit des neuen (zweiten) schiedsrichterlichen Verfahrens festzustellen.
Die Antragstellerin wiederholt ihre bereits zuvor in dem Aufhebungsverfahren vertretene Auffassung, wonach die Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien bereits infolge des einredefrei geführten Klageverfahrens in den USA ihre Wirksamkeit verloren habe; jedenfalls aber habe sie die Schiedsvereinbarung wirksam aus wichtigem Grund gekündigt. Soweit der hiesige Senat in der Entscheidung vom 17.02.2011 noch vom Bestand der Schiedsvereinbarung ausgegangen sei, sei diese Bewertung mit Blick auf die neue Schiedsklage jedenfalls nicht mehr haltbar. Denn der Streitgegenstand der neuen Schiedsklage sei nunmehr ohne Zweifel mit dem Streitgegenstand des Klageverfahrens in den USA identisch. Während der Senat seinerzeit - obgleich aus Sicht der Antragstellerin in schon damals rechtsirriger Weise - angenommen habe, dass sich der Gegenstand des ersten Schiedsverfahrens von dem Streitgegenstand des Klageverfahrens in den USA unterscheide, stütze die Antragsgegnerin ihre neue Schiedsklage sowohl auf behauptete Vertragsverletzungen vor der Unterzeichnung des SPA bzw. auf § 826 BGB als auch auf vermeintliche eigentliche Vertragsverletzungen.
Für diesen Fall identischer Streitgegenstände habe der Senat im Beschluss vom 17.02.2011 bereits ausgeführt, dass es der Antragsgegnerin „versagt sein (dürfte), den in Illinois geltend gemachten Anspruch noch einmal vor einem Schiedsgericht zu erheben" (vgl. Senatsbeschluss vom 17.02.2011, dort Seite 35). Die Schiedsvereinbarung sei daher spätestens mit Klageerhebung in dem zweiten Schiedsverfahren undurchführbar geworden, zumal es der Antragsgegnerin schon aus Treuwidrigkeitsgesichtspunkten verwehrt sei, die Antragstellerin auf der Grundlage eines einheitlichen Lebenssachverhaltes und wegen des einheitlichen Vorwurfs einer angeblichen Täuschung sowohl vor einem staatlichen Gericht in den USA und zugleich vor einem Schiedsgericht in Anspruch zu nehmen. Dies berge nicht nur die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, sondern könne auch dazu führen, dass Erkenntnisse aus dem US-Discovery-Verfahren in das Schiedsverfahren einfließen und auf diese Weise Fakten nach einer bestimmten Rechtsordnung ermittelt und nach einer anderen Rechtsordnung bewertet würden. Ungeachtet dieser Erwägungen erachtet es die Antragstellerin bereits grundsätzlich für verfehlt, die Frage nach dem Fortbestand einer Schiedsvereinbarung bei gleichzeitiger Klageerhebung vor einem staatlichen Gericht allein anhand der Identität der Streitgegenstände zu beurteilen; diese Sichtweise lasse die dynamischen Entwicklungsmöglichkeiten eines Streitverfahrens außer acht, indem beispielsweise durch Erhebung einer Widerklage der Streitgegenstand zu einem beliebigen Zeitpunkt erweitert werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Antragstellerin wird auf deren Schriftsätze vom 11.07.2013 (Bl. 1 ff. d.A.), vom 06.11.2013 (Bl. 266 ff. d.A.), vom 21.01.2014 (Bl. 526 ff. d.A.) sowie vom 11.02.2014 (Bl. 581 ff. d.A.) jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt,
das schiedsrichterliche Verfahren zwischen den Parteien, geführt unter dem Aktenzeichen der Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit DIS-SV-CB …, für unzulässig zu erklären,
hilfsweise,
das schiedsrichterliche Verfahren zwischen den Parteien, geführt unter dem Aktenzeichen der Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit DIS-SV-CB …, für unzulässig zu erklären, soweit die Antragsgegnerin Ansprüche geltend macht, welche mit dem in Illinois geltend gemachten ersten Anspruch (sog. „Count I") übereinstimmen, d.h. welche sich auf Verhaltens­weisen der Antragstellerin vor Unterzeichnung des zwischen den Parteien am 2. und 3. Mai 2004 abgeschlossenen Unternehmenskaufvertrages über den Verkauf und den Erwerb der D GmbH (Share and Purchase Agreement) beziehen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens zurückzuweisen.
Sie hält daran fest, dass das Verfahren in den USA nur deshalb eingeleitet worden sei, weil sie betrügerische Vermögensverschiebungen durch die Antragstellerin innerhalb deren Konzerns zum Zwecke einer Vollstreckungsvereitelung aus dem Schiedsspruch habe befürchten müssen. Der im Rahmen des Illinois-Verfahrens geltend gemachte Schadensersatzanspruch beschränke sich denn auch lediglich auf einen möglichen Vollstreckungsausfallschaden, d.h. den Schaden, der dadurch entstehe, dass aufgrund betrügerischen Verhaltens bzw. aufgrund unzulässiger Vermögensverschiebungen seitens der Antragstellerin die Vollstreckung eines zu Gunsten der Antragsgegnerin ergangenen Schiedsspruchs scheitere. Damit verfolge das Illinois-Verfahren einen unterschiedlichen Zweck und beinhalte einen anderen Streitgegenstand als den im Rahmen des ersten und nunmehr auch im zweiten Schiedsverfahren geltend gemachten Nichterfüllungsschaden.
Es werde in den USA kein auf das negative Interesse gerichteter Schadensersatz verfolgt, weshalb auch die Gefahr einer „doppelten" Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht bestehe.
Mit Blick auf die bereits im Senatsbeschluss vom 17.02.2011 enthaltenen rechtlichen Erwägungen zum Fortbestand der Schiedsvereinbarung, die durch die Erhebung der neuen Schiedsklage nicht berührt würden, seien die von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände gegen die Zulässigkeit des neuen Schiedsverfahrens sämtlich unbeachtlich.
Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Antragsgegnerin auf den Inhalt der Schriftsätze vom 13.09.2013 (Bl. 119 ff. d.A.) sowie vom 21.01.2014 (Bl. 348 ff. d.A.) jeweils nebst Anlagen verwiesen.
II.
A.
Die Anträge nach § 1032 Abs. 2 ZPO sind zulässig.
Nach dieser Vorschrift kann bei Gericht bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden, wobei maßgebend der Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht ist (vgl. BGH Beschluss vom 30.06.2011, Az.: III ZB 59/10, zitiert nach BeckRS).
Im Streitfall hat die Antragstellerin ihre Anträge mit bei Gericht am 12.07.2013 eingegangenem Schriftsatz und damit zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem das Schiedsgericht noch nicht (vollständig) gebildet war; dies geschah erst mit der Anfang August 2013 erfolgten Auswahl des Vorsitzenden des Schiedsgerichts (vgl. Anlage AG 16, Bl. 390a ff. d.A.). Hierdurch sind die Anträge auch nicht nachträglich unzulässig geworden, da das Gesetz bei einem zulässig vor Bildung des Schiedsgerichts gestellten Antrag von einem anschließenden Nebeneinander des staatlichen und schiedsrichterlichen Verfahrens ausgeht (arg. § 1032 Abs. 3 ZPO; vgl. auch BGH, a.a.O.).
Die Zuständigkeit des angerufenen Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ergibt sich aus §§ 1025 Abs. 1, 1032 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, nachdem die Parteien im Rahmen der Schiedsklausel Frankfurt am Main als Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens bestimmt haben.
B.
Die Anträge haben in der Sache selbst jedoch keinen Erfolg.
Sowohl der Haupt- wie auch der Hilfsantrag der Antragstellerin sind unbegründet, da die Voraussetzungen der Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens im Streitfall nicht vorliegen.
Der Prüfungsumfang eines Antrages nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist auf die Untersuchung beschränkt, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, diese durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens der Schiedsvereinbarung unterfällt (ganz h.M., vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 19.07.2012, Az.: III ZB 66/11, zitiert nach BeckRS mit zahlreichen Nachweisen).
Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich vorliegend die Unzulässigkeit des (neuen) schiedsrichterlichen Verfahrens zwischen den Parteien nicht feststellen, da der von der Antragsgegnerin erhobenen Schiedsklage eine wirksam fortbestehende und ungekündigte Schiedsvereinbarung zugrunde liegt und die Schiedsklageerhebung als solche auch nicht gegen die Gebote von Treu und Glauben verstößt.
Dazu im einzelnen:
(1) Zunächst steht zwischen den Parteien die formelle Wirksamkeit der im Mai 2004 schriftlich abgeschlossenen Schiedsvereinbarung nicht im Streit (§§ 1029, 1031 Abs. 1 ZPO).
Ebensowenig bestehen Zweifel daran, dass der Gegenstand der (neuen) Schiedsklage der Schiedsvereinbarung unterfällt. Indem die Parteien alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem SPA der Entscheidung durch ein Schiedsgericht nach den Regeln des Deutschen Instituts für Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt haben, wird auch die auf Schadensersatz wegen (vor-)vertraglicher Pflichtverletzungen bzw. sittenwidriger Schädigung gestützte Schiedsklage vom Dezember 2012 von der Reichweite der Schiedsklausel erfasst.
(2) Die Antragstellerin kann im hiesigen Verfahren nicht (erneut) geltend machen, dass die Schiedsvereinbarung bereits im Jahr 2009 durch die Klageerhebung in Illinois konkludent einvernehmlich aufgehoben bzw. durch die Kündigung vom 21.05.2009 aus wichtigem Grund beendet worden sei; der Senat hält auch in seiner aktuellen Besetzung daran fest, dass die konkreten Umstände des Einzelfalles es nicht rechtfertigen, die seinerzeitige Klageeinreichung in den USA als Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages bezüglich der dem Schiedsverfahren zugrunde liegenden Schiedsklausel zu sehen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Beschluss vom 17.02.2011 Bezug.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bedarf es im hiesigen Verfahren auch mit Rücksicht auf die weitere tatsächliche Entwicklung keiner erneuten inzidenten Überprüfung der in dem Aufhebungsbeschluss enthaltenen rechtlichen Erwägungen, auch nicht soweit es die Frage nach einer möglichen Identität der Streitgegenstände der beiden Verfahren betrifft. Denn Ausgangspunkt der in dem Senatsbeschluss vom 17.02.2011 enthaltenen Überlegungen war allein die Frage, ob in der Klageerhebung zum staatlichen Gericht unter Zugrundelegung der damaligen konkreten Umstände des Einzelfalles ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages bezüglich der Schiedsklausel zu sehen ist; die zu dieser Frage vom Senat angestellten Überlegungen beschränken sich jedoch keineswegs - wie die Antragstellerin zu meinen scheint - auf die Untersuchung einer etwaigen Identität der Streitgegenstände. Vielmehr ist ausführlich dargelegt, dass das Verhalten der Antragsgegnerin zum damaligen Zeitpunkt auch unter Berücksichtigung der übrigen Umstände nicht als Angebot auf Aufhebung der Schiedsvereinbarung verstanden werden konnte; zum einen hatte die Antragsgegnerin bereits einen Teil-Schiedsspruch erwirkt, der die Haftung der Antragstellerin dem Grunde nach feststellte und in dem Verfahren zur Höhe („Quantum Phase") war bereits ein Sachverständigengutachten eingeholt worden, welches einen nicht unerheblichen Schaden der Antragsgegnerin bestätigte. Bei dieser Sachlage erscheint die Annahme, die Antragsgegnerin habe allein durch Erhebung der Klage in Illinois, ohne Hinzutreten irgendwelcher Umstände, die auf einen entsprechenden Erklärungswillen schließen ließen, von dem auf Basis der Schiedsklausel geführten Schiedsverfahren Abstand nehmen wollen, geradezu fernliegend. Nur der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass sich die Frage nach einem Aufhebungsvertrag im hiesigen, auf § 1032 Abs. 2 ZPO gestützten Verfahren nicht stellt, da in der Erhebung der neuen Schiedsklage selbstredend kein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages bezüglich der Schiedsklausel gesehen werden kann.
Maßgebend kann danach im Streitfall allein die Frage sein, ob die Erhebung der Schiedsklage vom Dezember 2012 aus sonstigen Gründen zum Wegfall der Schiedsklausel führt. Dies ist im Ergebnis zu verneinen.
(3) Die Durchführung eines Schiedsgerichtsverfahrens ist nach wie vor möglich. Von der Undurchführbarkeit einer Schiedsvereinbarung ist im allgemeinen dann auszugehen, wenn die Einleitung eines Schiedsverfahrens von vornherein nicht möglich bzw. praktisch undurchführbar ist (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage 2005, Kap. 7, Rdnr. 9; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Auflage 2008, Rdnr. 590). Nach der Rechtsprechung ist dies etwa in Fällen angenommen worden, in denen eine Partei die Kosten des Schiedsverfahrens nicht aufbringen konnte (vgl. BGH, NJW 2000, 3720 ff.) oder die in einer Schiedsklausel vorgesehene einseitige Benennung eines Berufsrichters als Schiedsrichter wegen § 40 DRiG nicht erfolgen konnte (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 06.05.2002, Az.: 23 Sch 1/02).
Demgegenüber obliegt die Entscheidung, ob die (beabsichtigte) Schiedsklage zulässig und begründet ist, nicht dem staatlichen Gericht, sondern dem Schiedsgericht (OLG Köln, Beschluss vom 01.10.2011, Az.: 19 SchH 7/11; OLG Hamburg, Beschluss vom 07.09.2009, Az.: 6 SchH 4/08; MüKo-Münch, ZPO, 4. Auflage 2013, Rdnr. 25 zu § 1032 ZPO). Insoweit ist die Frage der Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens i.S.v. § 1032 Abs. 2 ZPO nicht gleichzusetzen mit der Frage nach der Zulässigkeit der Schiedsklage als solcher.
Vielmehr zählen zu den ausschließlich vom Schiedsgericht zu überprüfenden Aspekten unter anderem die Frage, ob ein Rechtsschutzbedürfnis des Schiedsklägers oder etwa eine rechtskräftige Vorentscheidung vorliegt (OLG Köln, a.a.O.; OLG Hamburg, a.a.O.; MüKo-Münch, a.a.O.; Schlosser in: Stein-Jonas, ZPO, 22. Auflage 2002, Rdnr. 21 zu § 1032 ZPO).
Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall die Voraussetzungen einer Undurchführbarkeit der Schiedsvereinbarung nicht vor. Weder rechtliche noch wirtschaftliche Gründe stehen der Durchführung des Schiedsverfahrens entgegen. Soweit die Antragstellerin maßgeblich darauf abstellt, dass zeitgleich ein Rechtsstreit mit identischem Streitgegenstand vor einem ausländischen staatlichen Gericht rechtshängig sei, berührt dies die Durchführbarkeit der Schiedsvereinbarung als solche nicht; die Prüfung, ob dies ggf. der Zulässigkeit der Schiedsklage entgegensteht oder ob etwa im Falle einer rechtskräftigen ausländischen Entscheidung über einen tatsächlich anzunehmenden identischen Streitgegenstand das Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung des Schiedsverfahrens entfallen könnte, unterfällt indes der Autonomie des Schiedsgerichts (MüKo-Münch, a.a.O. m.w.N.).
(4) Ebensowenig kann sich die Antragstellerin gegenüber der Schiedsklageerhebung vom Dezember 2012 auf den Einwand der Treuwidrigkeit berufen (§ 242 BGB). Die Durchführung eines (erneuten) Schiedsverfahrens stellt sich für die Antragstellerin mit Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalles weder als unzumutbar dar noch steht die Schiedsklageerhebung in einem unauflösbarem Widerspruch zu dem Klageverfahren in den USA.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Antragstellerin schon aus Rechtsgründen nicht darauf vertrauen konnte, sich wegen des Streitgegenstandes im Aufhebungsverfahren nicht mehr einem erneuten Schiedsverfahren stellen zu müssen. Nach der in § 1059 Abs. 5 ZPO normierten Zweifelsmaxime, führt die Aufhebung des Schiedsspruchs zu einem Wiederaufleben der Schiedsvereinbarung, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Parteien im Zweifel die Fortsetzung des Rechtsstreits im Schiedsverfahren gewollt haben (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 30. Auflage 2014, Rdnr. 88 zu § 1059 ZPO). Vor dem Hintergrund des schon im Aufhebungsverfahren geführten Streits der Parteien über den Fortbestand der Schiedsklausel konnte die Antragstellerin trotz des für sie günstigen Ausgangs dieses Verfahrens nicht annehmen, die Antragsgegnerin werde nunmehr auf die Durchsetzung ihrer Ansprüche in einem Schiedsverfahren verzichten. Dies gilt umso mehr, als das Bestreben der Antragsgegnerin in dem ausländischen Gerichtsverfahren stets dahin geht, eine Aussetzung des dortigen Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Schiedsverfahrens zu erreichen.
Aber auch soweit anzunehmen wäre, dass der Gegenstand der zweiten Schiedsklage über den Anspruchsumfang des ersten Schiedsverfahrens hinausgeht und infolgedessen nunmehr von einer Identität der Streitgegenstände im Schiedsverfahren und dem ausländischen staatlichen Gerichtsverfahren in den USA auszugehen wäre, erachtet der Senat im Rahmen der gemäß § 242 BGB gebotenen umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles den Einwand der Unzumutbarkeit bzw. Treuwidrigkeit des durch die Antragsgegnerin eingeleiteten Schiedsverfahrens für nicht gerechtfertigt. Denn anders als noch zum Zeitpunkt des Aufhebungsverfahrens ist das staatliche Gerichtsverfahren in den USA -bezogen auf die hiesige Antragstellerin - nunmehr „bis zum Abschluss aller Schiedsverfahren" ausgesetzt (vgl. deutsche Übersetzung der vorgelegten Anlage CC 74, dort Seite 4, Bl. 568 d.A.). Die Antragsgegnerin hat ferner in dem Verfahren vor dem District Court in Illinois ausdrücklich deutlich gemacht, dass sie im Falle einer ihr günstigen rechtskräftigen Entscheidung im Schiedsverfahren und einer anschließenden Zahlung des zuerkannten Betrages durch die Antragstellerin das Verfahren in Illinois einstellen würde („it would voluntarily dismiss ist case", vgl. a.a.O., Bl. 568 d.A.); nur für den Fall, dass die Antragstellerin etwa zuerkannten Zahlungsverpflichtungen nicht vollständig nachkommen würde, sei beabsichtigt, den Vorstandsvorsitzenden der Antragstellerin persönlich auf Zahlung der Differenz in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Sachlage vermag der Senat nicht festzustellen, dass sich die Durchführung eines Schiedsverfahrens für die Antragstellerin als unzumutbar erweist; weder ist angesichts des tatsächlichen Verfahrensstandes in den USA die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme ersichtlich noch kann die Antragstellerin der Antragsgegnerin unter Treuwidrigkeitsgesichtspunkten vorhalten, dass gegebenenfalls Ergebnisse der allein auf den Vorstandsvorsitzenden Shahid Khan bezogenen Discovery-Phase in das (zweite) Schiedsverfahren einfließen könnten. Denn die teilweise Wiederaufnahme der Discovery war Ergebnis der entsprechenden Bemühungen der Antragstellerin in dem Verfahren vor dem staatlichen Gericht in den USA, weshalb sie ihrerseits unter dem Blickwinkel von Treu und Glauben nicht mit Erfolg geltend machen kann, nunmehr sei eine „ordnungsgemäße Streitbeilegung in einem Forum" nicht mehr möglich.
Unter dem hier allein maßgeblichen Blickwinkel des Gesichtspunktes von Treu und Glauben stellt sich die Schiedsklageerhebung vom Dezember 2012 daher weder als unzulässige Rechtsausübung dar noch kann der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang ein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden, nachdem das staatsgerichtliche Verfahren in Illinois auf ihr eigenes Betreiben und zudem zeitlich vor Erhebung der (zweiten) Schiedsklage ausgesetzt wurde.
Aus den genannten Gründen kann auch der Hilfsantrag der Antragstellerin keinen Erfolg haben. Ungeachtet der nach wie vor zweifelhaften hinreichenden Bestimmtheit des Antrages gelten insoweit die gleichen Grundsätze wie bezüglich des Hauptantrages. Mit Rücksicht auf die Aussetzung des Verfahrens in den USA bis zum Abschluss „aller Schiedsverfahren" ist der Antragsgegnerin der Weg zu einem Schiedsverfahren auf der Grundlage von § 242 BGB auch dann nicht abgeschnitten, wenn Ansprüche betroffen sind, die mit den in Illinois geltend gemachten Ansprüchen übereinstimmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO und entspricht etwa 1/5 des Wertes des schiedsrichterlichen Verfahrens (vgl. Senatsbeschlüsse vom 07.03.2012, Az.: 26 SchH 16/11 sowie vom 10.05.2012, Az.: 26 SchH 11/10). Ausgehend von der Höhe des im Schiedsverfahren geltend gemachten Schadensersatzanspruches ergibt sich der hier angenommene Gegenstandswert von bis zu €430.000,00.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 8/12 11.07.2013 Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters
Beschluss
Tenor:
Für das zwischen den Parteien durchzuführende Schiedsverfahren wird Richter am Landgericht Dr. B. zum Schiedsrichter bestellt.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegner zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 3.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Zwischen den Parteien besteht Streit über Vergütungsansprüche aus einem zwischenzeitlich beendeten Kooperationsvertrag.
Die Antragstellerin schloss mit der seinerzeit noch unter der Bezeichnung „Anwaltskanzlei M“ firmierenden Antragsgegnerin am 25.04.2008 einen formularmäßigen Kooperationsvertrag über eine künftige freiberufliche rechtsanwaltliche Zusammenarbeit.
Der Vertrag enthält in § 16 eine Schiedsgerichtsklausel, die u.a. folgenden Inhalt hat:
„Alle Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag einschließlich dessen Gültigkeit ergeben, sollen unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch RA und Notar Dr. D. als Schiedsgericht im Sinne des zehnten Buches der deutschen Zivilprozessordnung endgültig entschieden werden (im folgenden „Schiedsrichter“ oder „Schiedsgericht“). Ist Schiedsrichter Dr. D. verhindert, das Schiedsrichteramt auszuüben, so wird einvernehmlich Dr. C., oder alternativ Frau G. als (Ersatz-)Schiedsrichter vereinbart.
Für das Schiedsverfahren gelten die nachfolgenden Bestimmungen und ergänzend die §§ 1025 bis 1047 ZPO. (…)“
Wegen der weiteren Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf die zur Akte gereichte Abschrift der Vereinbarung vom 25.04.2008 (Anlage AS 1, Bl. 13 ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 19.12.2012 (Anlage AS 2, Bl. 21 ff. d.A.) reichte die Antragstellerin bei Rechtsanwalt und Notar Dr. D. eine Schiedsklage ein, mit der sie für die im Jahr 2009 geleistete Arbeitstätigkeit weitergehende Vergütung beansprucht.
Nahezu zeitgleich, mit Schriftsatz vom 20.12.2012, hat die Antragstellerin bei dem hiesigen Gericht in der Hauptsache den Antrag gestellt, für das von ihr eingeleitete Schiedsverfahren einen anderen Schiedsrichter zu bestellen. Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, dass die bereits im Kooperationsvertrag enthaltene Benennung eines Schiedsrichters unwirksam sei, weil sie auf einer einseitigen Bestimmung des seinerzeitigen Vertragspartners beruhe, während ihr selbst jegliche Einflussmöglichkeiten auf die Zusammensetzung des künftigen Schiedsgerichts verwehrt worden seien.
Die Antragstellerin stützt ihren Antrag in erster Linie auf die Vorschrift des § 1034 Abs. 2 ZPO; eine Verfristung nach § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO sei nicht anzunehmen, weil diese Regelung nur dann zum Tragen komme, wenn das Schiedsgericht nach Einleitung eines Schiedsverfahrens konstituiert worden sei. Stehe hingegen die Person des Schiedsrichters – wie hier – schon lange vor Einleitung eines Schiedsverfahrens fest, könne die Frist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO erst zu laufen beginnen, wenn tatsächlich ein Schiedsverfahren eingeleitet worden sei. Hilfsweise sei jedenfalls Wiedereinsetzung in die abgelaufene Frist zur Schiedsrichterersetzung zu bewilligen.
Im weiteren Verlauf des hier anhängigen Verfahrens hat Rechtsanwalt und Notar Dr. D. mitgeteilt, dass er das ihm angetragene Schiedsrichteramt wegen persönlicher Bekanntschaft zu dem Antragsgegner zu 3) nicht übernehmen könne (vgl. Anlage B 1, Bl. 65 d.A.). Auch nachfolgend konnten die Parteien keine Einigung über die Person des Schiedsrichters erzielen.
Mit Schriftsatz vom 14.06.2013 (Bl. 115 ff. d.A.) hat die Antragstellerin vor der im Kooperationsvertrag ersatzweise benannten Rechtsanwältin G. eine erneute Schiedsklage eingereicht und zugleich die angerufene Schiedsrichterin wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
für das Schiedsverfahren gegen Rechtsanwälte M und Partner, Herrn M. als Gesellschafter derselben sowie Herrn M. als Einzelperson wird anstatt des von dem/den Antragsgegner(n) ernannten Schiedsrichters Herrn Rechtsanwalt und Notar Dr. D. ein anderer Schiedsrichter bestellt,
hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht die 2-Wochen Frist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO als abgelaufen betrachtet,
der Antragsgegnerin Wiedereinsetzung in die abgelaufene Frist zur Schiedsrichterersetzung gem. § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO zu bewilligen,
hilfsweise, für den Fall, dass diesem Antrag nicht stattgegeben wird,
für das zwischen den Parteien durchzuführende Schiedsverfahren einen Einzelschiedsrichter gemäß § 1035 Abs. 1, Abs. 5 ZPO zu bestellen,
sowie weiter hilfsweise, für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der zuvor gestellten Anträge,
festzustellen, dass das schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist.
Die Antragsgegner beantragen,
die Anträge der Schiedsklägerin zurückzuweisen.
Sie rügen die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und halten die Anträge im Übrigen auch inhaltlich für unzulässig bzw. unbegründet. Mit dem Begehren nach § 1034 ZPO sei die Antragstellerin präkludiert und auch für eine Schiedsrichterbestellung nach § 1035 ZPO sei kein Raum, da der Antragstellerin bei Vertragsschluss die Möglichkeit eröffnet gewesen sei, einen anderen Schiedsrichter vorzuschlagen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Anträge sind insgesamt zulässig.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 3 ZPO i.V.m. §§ 1025 Abs. 3, 1034, 1035 ZPO für die Entscheidung über die gestellten Anträge zuständig, da der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens noch nicht bestimmt ist und jedenfalls die Antragsgegner im Bezirk des hiesigen Oberlandesgerichts ansässig sind.
Die Zuständigkeitsrüge der Antragsgegner greift nicht durch.
Soweit die Antragsgegner meinen, allein das Schiedsgericht selbst sei zur Entscheidung über die hier gestellten Anträge berufen, verkennen sie den Umstand, dass die Parteien gerade um die Bildung des Schiedsgerichts streiten und die dem staatlichen Gericht im Zusammenhang mit Störungen bei der Schiedsrichterbestellung gemäß §§ 1034, 1035 ZPO obliegende Kontroll- bzw. Regulierungsfunktion nicht abbedungen werden kann (vgl. hierzu z.B. MüKo-Münch, 3. Auflage 2008, Rdnr. 5 zu § 1062 ZPO; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 7. Auflage 2005, Kap. 9, Rdnr. 12 f.; Kap. 10, Rdnr. 28). Die Entscheidung über die hier maßgebliche Frage, ob die in dem Kooperationsvertrag enthaltene namentliche Schiedsrichterbenennung wirksam ist, ist danach dem staatlichen Gericht vorbehalten (vgl. Schwab/Walter, a.a.O.).
Auch in der Sache selbst liegen die Voraussetzungen für eine Schiedsrichterbestellung durch das staatliche Gericht vor.
Dabei bestehen gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung als solche im Sinne von § 1029 ZPO keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es im Rahmen des Bestellungsverfahrens hierzu einer abschließenden Entscheidung bedarf; denn mit der Entscheidung über die Bestellung eines Schiedsrichters gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird nicht zugleich rechtskräftig über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung entschieden (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 425 f., m.w.N.).
Die danach allenfalls eingeschränkte Überprüfung der Schiedsvereinbarung ergibt keine offenkundigen Mängel. Weder liegt eine offensichtliche Undurchführbarkeit des Schiedsverfahrens vor (vgl. hierzu Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 10, Rdnr. 24; MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr. 48 zu § 1035 ZPO) noch bestehen Zweifel daran, dass der Gegenstand der Schiedsklage der Schiedsklausel unterfällt.
Die von den Parteien im Rahmen des Kooperationsvertrages abgeschlossene Schiedsklausel sieht für alle Streitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag einschließlich dessen Gültigkeit sowie der Gültigkeit des Schiedsvertrages ergeben, die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges vor. Dies genügt dem notwendigen Inhalt einer Schiedsvereinbarung i.S.v. § 1029 ZPO; eine weitere Konkretisierung ist nicht erforderlich (Zöller-Geimer, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 28 zu § 1029 ZPO).
Die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung lässt sich auch nicht darauf stützen, dass sie die in künftigen Schiedsverfahren tätigen Einzelschiedsrichter bereits namentlich benennt. Zwar ist auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass die namentliche Festlegung der Person des Schiedsrichters in einem – wie hier - formularmäßigen Schiedsvertrag den Vertragspartner des AGB-Verwenders unangemessen benachteiligt, da er hierdurch praktisch jeden Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts verliert (BGH, Beschluss vom 01.03.2007, Az.: III ZR 164/06 = NJW-RR 2007, 1466 ff.; vgl. auch Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 9, Rdnr. 10; Mankowski, Anm. zu OLG Celle, EWiR 2000, 411 f.). Jedoch hat eine solche unzulässige Einschränkung des Ernennungsrechtes einer Partei nicht die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung zur Folge; vielmehr bleibt die Schiedsabrede als solche wirksam, während im Falle einer Beanstandung das staatliche Gericht durch die Bestellung unabhängiger und unparteiischer Schiedsrichter für eine ausgewogene Zusammensetzung des Schiedsgerichts zu sorgen hat (BGH, a.a.O.).
Die danach auch für den Streitfall anzunehmende unangemessene Benachteiligung der Schiedsklägerin durch einseitige namentliche Benennung des Schiedsrichters auf Antragsgegnerseite wird durch die schlichte Behauptung einer Aushandlungsmöglichkeit nicht beseitigt. Dass die Antragstellerin bei Vertragsabschluss die Möglichkeit gehabt haben soll, einen anderen Schiedsrichter vorzuschlagen bzw. ein Verfahren zur Benennung eines Schiedsrichters zu vereinbaren, führt nicht zum Wegfall der Benachteiligung; denn es ist unstreitig, dass diese Klausel tatsächlich nicht zwischen den Vertragsparteien im einzelnen ausgehandelt worden ist (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB).
Als Folge der unwirksamen Klausel über die Schiedsrichterbenennung fehlt eine entsprechende Vereinbarung der Parteien über die Bestellung der Schiedsrichter, so dass die gerichtliche Schiedsrichterbestellung nach § 1035 Abs. 3 ZPO und nicht nach § 1034 Abs. 2 ZPO zu erfolgen hat (Mankowski, a.a.O., Schwab/-Walter, a.a.O.).
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin kann ihr Begehren auf Benennung eines Schiedsrichters nicht auf § 1034 Abs. 2 ZPO gestützt werden. Wie bereits in dem gerichtlichen Hinweisschreiben vom 25.03.2013 ausgeführt, ist der Antragstellerin die Zusammensetzung des Schiedsgerichts bereits seit Abschluss des Kooperationsvertrages im Jahr 2008 bekannt, weshalb die Zwei-Wochen-Frist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO durch den im Jahr 2012 gestellten Antrag nicht gewahrt wurde. An der Rechtsansicht, wonach die Versäumung dieser Frist präkludierend wirkt (vgl. Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 10 Rdnr. 13; Müko-Münch, a.a.O., Rdnr. 12 zu § 1034 ZPO), hält der Senat fest, ohne dass sich im Streitfall hieraus Nachteile für die Antragstellerin ergeben; denn ob die Schiedsrichterbestellung nach § 1034 Abs. 2 ZPO oder nach § 1035 Abs. 3 ZPO erfolgt, ist für den Antragserfolg in der Hauptsache ohne Bedeutung.
Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich der zitierten BGH-Entscheidung vom 01.03.2007 (Az.: III ZR 164/06) keine die Rechtsansicht der Antragstellerin stützenden Anhaltspunkte herleiten lassen. Denn nach der konkreten Fassung der dem dortigen Streitfall zugrunde liegenden Schiedsklausel war es der Partei, die Einwendungen gegen die - namentlich benannte - Person des Schiedsrichters hatte, eröffnet, diese binnen 14 Tagen von der Kenntnis der Einleitung des Schiedsrichterverfahrens der anderen Partei und dem Schiedsrichter mitzuteilen. Anderenfalls sollten nach Eröffnung des Schiedsverfahrens Einwendungen gegen die Person des Schiedsrichters ausgeschlossen sein (vgl. BGH, a.a.O. = NJW-RR 2007, 1466). Die dortige Schiedsvereinbarung sah somit selbst die Möglichkeit von Einwendungen noch nach Einleitung des Schiedsverfahrens vor, weshalb sich hieraus keine Rückschlüsse für die Frage ziehen lassen, ob allgemein in den Fällen, in denen die Identität der Schiedsrichter schon bei Abschluss der Schiedsvereinbarung feststehen, die Frist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO generell erst mit Einleitung des Schiedsverfahrens zu laufen beginnt. Hierzu verhält sich die zitierte Entscheidung gerade nicht.
Nach dem Akteninhalt steht außer Zweifel, dass sich die Parteien über die gemeinsame Bestellung eines gemäß der Schiedsvereinbarung vorgesehenen Einzelschiedsrichters i.S.v. § 1035 Abs. 3 S. 1 ZPO nicht einigen konnten. Mit dem zuletzt von der Antragstellerin benannten Schiedsrichter Rechtsanwalt Dr. H. hat sich die Antragsgegnerin nicht einverstanden erklärt und ihrerseits weitere Vorschläge in Erwartung der Ablehnung durch die Antragstellerin unterlassen. Auch die kürzlich erfolgte Einreichung der Schiedsklage bei der im Kooperationsvertrag als Ersatzschiedsrichterin benannten Rechtsanwältin G.begründet nicht die Annahme einer einvernehmlichen Schiedsrichterbestellung, da die Schiedsrichterin zugleich mit Erhebung der Schiedsklage abgelehnt wurde.
Unter diesen Voraussetzungen greift das gesetzliche Bestellungsverfahren des § 1035 Abs. 3 S. 1 ZPO; danach wird ein Einzelschiedsrichter, wenn die Parteien sich über seine Bestellung nicht einigen können, auf Antrag einer Partei durch das Gericht bestellt.
Der Senat bestellt Richter am Landgericht Dr. B. zum Schiedsrichter, der ausdrücklich seine Bereitschaft zur Übernahme des Amtes bekundet hat.
Das Begehren der Antragstellerin hat somit in der Hauptsache Erfolg, ohne dass es einer weiteren Entscheidung über die im Übrigen gestellten Hilfsanträge bedarf; denn für den Antragserfolg in der Hauptsache ist es rechtlich ohne Bedeutung, aufgrund welcher Rechtsnorm sich die begehrte Schiedsrichterbestellung als begründet erweist.
Entsprechend haben die Antragsgegner als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).
Der Streitwert für das Verfahren auf Bestellung eines Schiedsrichters entspricht einem Bruchteil des Hauptsachewerts des schiedsrichterlichen Verfahrens, so dass sich hier unter Berücksichtigung der dem Schiedsverfahren zugrundeliegenden Forderung der Antragstellerin in Höhe von rund € 9.000,00 gemäß § 3 ZPO ein Gegenstandswert in Höhe von bis zu € 3.000,00 ergibt (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 16 zu § 3 ZPO, Stichwort: „Schiedsrichterliches Verfahren“; vgl. auch OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 08.10.2003, Az.: 1 SchH 1/03, zitiert nach juris).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 6/13 13.06.2013 Antrag auf einstweilige Verfügung
B E S C H L U S S
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens, auch soweit sie die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Frankfurt am Main betreffen, zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 130.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf einen Schiedsspruch des Ständigen Schiedsgerichts für Vereine und Kapitalgesell-schaften der Lizenzligen.
Am 31.12.2012 kam es im Rahmen des Vereinspokalspiels zwischen den Vereinen H und der D zu massiven Ausschreitungen von Fans von D. Hunderte von Fans verschafften sich dabei gewaltsam Zutritt zum Stadion; im Stadion selbst kam es zum Zünden von Pyrotechnik, Becherwürfen, dem Zeigen von Bannern mit beleidigendem Inhalt und dem Eindringen von Gästefans in den Innenraum während und nach dem Spiel. Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen erfolgten 21 Festnahmen; 41 Vorgänge wurden an die Staatsanwaltschaft zur Einleitung von Ermittlungsverfahren abgegeben. Zahlreiche Personen, darunter Polizisten und Ordner wurden verletzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des im Wesentlichen unstreitigen Sachverhaltes wird auf die Feststellungen des in Kopie vorgelegten Urteils des DFB-Bundesgerichts vom 17.03.2013 (Anlage AS 1) verwiesen.
Aufgrund dieses Sachverhaltes schloss das Sportgericht des DFB nach mündlicher Verhandlung die Antragstellerin mit Urteil vom 17.01.2013 wegen fortgesetzten unsportlichen Verhaltens seiner Anhänger gemäß §§ 1 Nr. 4, 9 a) Nrn. 1. und 2. der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB in Verbindung mit § 44 Nr. 2 g) und h) der Satzung des DFB für die Spielzeit von allen Vereinspokalspielen aus. Ein Verschulden der Antragstellerin an den Ausschreitungen wurde ausdrücklich nicht festgestellt. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung der Antragstellerin wies das DFB-Bundesgericht mit Urteil vom 28.03.2013 zurück. Daraufhin rief die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22.03.2013 auf der Grundlage eines Schiedsgerichtsvertrages, wegen dessen Einzelheiten auf die als Anlage AS 4 zur Akte gereichte Kopie verwiesen wird, das Ständige Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen an und begehrte die Aufhebung der Entscheidungen des Sportgerichts und des Bundesgerichts. Diese Klage wies das Schiedsgericht mit Schiedsspruch vom 14.05.2013 ab; eine Begründung der Entscheidung liegt noch nicht vor.
Die Antragstellerin hält die Entscheidung für ordre public-widrig und beabsichtigt, einen Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO zu stellen. Zur Absicherung ihres Aufhebungsinteresses begehrt sie den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Antragsgegner aufgegeben werden soll, die Entscheidungen des DFB-Sportgerichts vom 10.12.2012, des DFB-Bundesgerichts vom 17.03.2013 und des Ständigen Schiedsgerichts vom 14.05.2013 nicht zu berücksichtigen und die Antragstellerin zur Auslosung des Vereinspokals für die Saison zuzulassen und ihr Teilnahme an diesem Wettbewerb zu gewähren. Zur Begründung ihres Antrages wird auf den Schriftsatz vom 07.06.2013 (Bl. 1 ff d. A.) Bezug genommen.
Die Antragstellerin hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zunächst beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main gestellt, diesen Antrag auf entsprechenden Hinweis jedoch zurückgenommen und beim Landgericht Frankfurt am Main anhängig gemacht. Da das Landgericht sich seinerseits jedoch für unzuständig hielt, hat die Antragstellerin auf Hinweis die Verweisung der Sache an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main beantragt. Dem hat das Landgericht mit Beschluss vom 10.06.2013 entsprochen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung verwiesen (Bl. 30 ff d. A.).
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935 ff ZPO ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Nachdem das Landgericht das Verfahren gemäß § 281 Abs. 1 ZPO an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verwiesen hat, hat der Senat von seiner Zuständigkeit gemäß § 943 Abs. 1 ZPO auszugehen, da der Beschluss des Landgerichts gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO Bindungswirkung entfaltet. Diese Wirkung entfällt nur dann, wenn die Verweisung objektiv willkürlich ist; hierfür genügt es aber nicht, dass der Verweisungsbeschluss inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Willkür liegt nur vor, wenn dem Beschluss jede rechtliche Grundlage fehlt, was auch dann der Fall ist, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. nur BGH, NJW 2003, 3201). Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts jedenfalls nicht willkürlich. Zwar ist der Senat in Übereinstimmung mit der überwiegenden Literatur der Auffassung, das Gericht der Hauptsache im Sinne des § 943 ZPO in den Fällen, in denen das Streitverfahren vor einem Schiedsgericht durchzuführen ist oder durchgeführt wird, das Amts- oder Landgericht ist, welches nach den allgemeinen Regelungen ohne die Schiedsvereinbarung zuständig wäre (vgl. nur Musielak-Huber, ZPO, 10. Aufl., § 943 Rz. 2; Müko-Münch, ZPO, 3. Aufl., § 1033 Rz. 19; Stein/Jonas – Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1033 Rz. 3; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 71. Aufl., § 919 Rz. 5; Bandel, Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren, S. 282 ff). Indes gibt es insoweit weder eine eindeutige gesetzliche Regelung noch eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung, so dass die ausführlich begründete Entscheidung des Landgerichts nicht völlig unverständlich und im Ergebnis unhaltbar ist.
In der Sache konnte dem Begehren der Antragstellerin indes nicht entsprochen werden, da ein Verfügungsanspruch nicht in dem von der Antragstellerin begehrten Umfang gemäß §§ 935, 940 ZPO im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens durchsetzbar ist.
Einer Partei ist es grundsätzlich unbenommen, in einem Verfahren, für das in der Hauptsache ein Schiedsgericht zuständig ist, um einstweiligen Rechtsschutz vor einem staatlichen Gericht nachzusuchen (§ 1033 ZPO); das gilt auch dann, wenn in einer Schiedsvereinbarung ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen ist, eine einstweilige Anordnung des Schiedsgerichts erlangen zu können, denn in einer solchen Regelung wird keine Vereinbarung zu sehen sein, mit der der Weg zu den staatlichen Gerichten auch für das Eilverfahren ausgeschlossen wäre (vgl. Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit – Kompendium für die Praxis, Rz. 899 m.w.N.; Bandel, a.a.O., S. 337). Allerdings besteht nach dem Wortlaut des § 1033 ZPO diese Möglichkeit nur vor oder nach Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens. Zwar kann nach Erlass eines Schiedsspruches und der damit eingetretenen Beendigung des Schiedsverfahrens (§ 1056 Abs. 1 ZPO) gleichwohl noch die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach den allgemeinen Grundsätzen in Betracht kommen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2004 – 23 SchH 1/04 – zitiert nach juris; Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit – Kompendium für die Praxis, Rz. 1117; Stein/Jonas-Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1059 Rz. 14), allerdings nach Auffassung des Senates nur noch in einem durch die besondere Verfahrensart bedingten eingeschränkten Umfang. Insoweit gilt es zu berücksichtigen, dass eine einstweilige Verfügung der vorläufigen Sicherung eines Individualanspruchs bzw. der einstweiligen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses dient. Zwar sind wegen der unterschiedlichen Rechtsschutzziele das einstweilige Verfügungsverfahren und das Hauptsacheverfahren nebeneinander zulässig. Jedoch ist eine einstweilige Verfügung in jedem Fall gemäß §§ 936, 927 ZPO aufzuheben, wenn der gesicherte Verfügungsanspruch in dem Hauptsacheverfahren rechtskräftig verneint wurde (vgl. BGHZ 122, 172). Daraus folgt zwingend, dass eine einstweilige Verfügung nicht erlassen werden kann, wenn bezüglich des zu sichernden Anspruch bzw. des zu regelnden streitigen Rechtsverhältnisses bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, die das Bestehen des Anspruchs bzw. eines Rechtsverhältnisses verneint.
Im vorliegenden Fall lag im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein endgültiger Schiedsspruch im Sinne der §§ 1054 ff ZPO vor, mit dem das Begehren der Antragstellerin auf Aufhebung der Entscheidungen des Sport- und des Bundesgerichts des DFB und Zulassung zum Vereinspokal für die Spielzeit zurückgewiesen wurde. Dass es sich bei dem Ständigen Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen um ein echtes Schiedsgericht im Sinne des Zehnten Buches der ZPO handelt, steht nicht in Zweifel, da es aufgrund der vertraglichen Regelungen verbindlich unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit entscheidet, als unabhängige und unparteiliche Stelle organisiert ist, nach geltendem Recht und aufgrund einer rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht werdenden Verfahrensordnung tätig ist (vgl. zu den Anforderungen bei einem Verbandsschiedsgericht: OLG München, SpuRt 2012, 22 ff für das Schiedsgericht der Deutschen Eishockeyliga). Dieser Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils (§ 1055 ZPO). Einem solchen Schiedsspruch fehlt lediglich die Vollstreckbarkeit, jedoch tritt auch die Gestaltungswirkung des (aufhebbaren) Schiedsspruches ohne vorherige Vollstreckbarerklärung ein (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 1055 Rz. 1 ff).
Schon vor diesem Hintergrund erachtet es der Senat für nicht zulässig, in einem nach Abschluss des Schiedsverfahrens eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren den zugrunde liegenden materiellen Anspruch bzw. das streitige Rechtsverhältnis einer nochmaligen uneingeschränkten Prüfung durch das staatliche Gericht zu unterziehen, denn in einem durchzuführenden Aufhebungsverfahren nach §§ 1062 Abs. 1 Nr. 4, 1059 ZPO, also dem Hauptsacheverfahren im Sinne des § 943 ZPO, könnte die Entscheidung des Schiedsgerichts nur in dem nach § 1059 Abs. 2 ZPO vorgesehenen Rahmen überprüft werden. Eine sachliche Nachprüfung des Schiedsspruches auf die Richtigkeit der Streitentscheidung findet nicht statt; es gilt vielmehr das Verbot der révision au fond (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 1059 Rz. 74).
Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass eine einstweilige Verfügung grundsätzlich die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vorwegnehmen darf und jedenfalls dem Antragsteller in der Sache nicht mehr zugesprochen werden kann, als er in der Hauptsache erlangen könnte (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 938 Rz. 3). Wenn aber das Hauptsacheverfahren in diesem Sinne das Verfahren nach §§ 1062 Abs. 1 Nr. 4, 1059 ZPO ist, würde selbst bei einem Obsiegen der Antragstellerin lediglich eine Aufhebung der Entscheidung des Schiedsgerichts erfolgen. Die Entscheidung des staatlichen Gerichts hat dabei allein kassatorische Wirkung, so dass in Bezug auf den streitgegenständlichen Anspruch bzw. das streitgegenständliche Rechtsverhältnis der Zustand eintritt, der vor Anrufung des Schiedsgerichts bestanden hat; im Hinblick auf das weitere Verfahren würde § 1059 Abs. 5 ZPO gelten. Mithin würden selbst bei Aufhebung des Schiedsspruches die für die Antragstellerin verbindlichen Entscheidungen des Sport- und des Bundesgerichts des DFB Bestand haben; deren Aufhebung fällt weder in die Entscheidungsbefugnis des staatlichen Gerichts noch würde deren Wirkung auf das Rechtsverhältnis der Parteien automatisch mit einer positiven Bescheidung eines Aufhebungsantrages entfallen. Nach diesen Entscheidungen bliebe die Antragstellerin aber vom Pokalwettbewerb für die Saison ausgeschlossen, so dass die Antragstellerin bei Erlass der von ihr begehrten einstweiligen Verfügung besser gestellt würde als bei einem Obsiegen im Aufhebungsverfahren.
Nach alldem war schon deshalb der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Kostenfolge des §§ 91, 281 Abs. 3 ZPO zurückzuweisen; einer Bewertung der Erfolgsaussichten des angekündigten Aufhebungsverfahrens bedurfte es daher nicht.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht statthaft (§§ 574 Abs. 1 S. 2, 542 Abs. 2 ZPO.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 6/12 07.01.2013
B E S C H L U S S
In dem Schiedsverfahren der Parteien wird gemäß § 1035 Abs. 3 S. 3 2. Alt. ZPO die Richterin Dr. B., zur Vorsitzenden des Schiedsgerichts bestimmt.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).
Gegenstandswert: 50.000,- € (§ 3 ZPO).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 4/13 31.07.2013 Einstweilige Verfügung; Voraussetzungen für Vollziehbarerklärung
BESCHLUSS
Tenor:
Die von dem Schiedsgericht, bestehend aus dem Obmann VRiLG A und den Schiedsrichtern Rechtsanwalt B und Rechtsanwalt C, am 17.05.2013 erlassene einstweilige Verfügung mit dem Wortlaut:
„Zu Gunsten der Antragstellerin ist zur Gesamthaft in die Erbbaurechte der Antragsgegnerin, eingetragen in den Grundbüchern des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Grundbücher D, Blätter a, b, c,d, e, f, g, h i, j, k, l, m und n eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruches auf Einräumung einer Sicherungshypothek gemäß § 648 für ihre Werklohnforderung aus dem gekündigten Bauvertrag vom 20. April 2007 in Höhe von 2.642.973,39 € sowie eines veranschlagten Kostenbetrages für die Eintragung der Vormerkung und der Sicherungshypothek in Höhe von 1.521,77 € und der Kosten des Verfahrens in Höhe von 6.515,01 € einzutragen.“
wird zur Vollziehung zugelassen.
Der Antragsgegnerin wird nachgelassen, die Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.650.000,- € abzuwenden.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gegenstandwert: 880.991,13 €
Gründe:
I.

Die Antragstellerin begehrt die Vollziehung einer vom Schiedsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung.
Die Parteien streiten um Vergütungs-bzw. Schadensersatzansprüche aus einem von der Antragsgegnerin im April 2008 gekündigten Vertrag zur Errichtung des Rohbaus des Gebäudes „E“ (ehemals F CENTER ) über dem …bahnhof des Flughafens. Die Parteien sind insbesondere unterschiedlicher Auffassung darüber, ob die Kündigung des Rohbauvertrages aus wichtigem Grund erfolgte oder ob es sich um eine freie Kündigung handelte.
Mit Vertrag vom 15.06.2010 vereinbarten die Parteien, die Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem beendeten Vertrag vor einem Schiedsgericht unter Anwendung der Streitlösungsordnung für das Bauwesen (nachfolgend: SL Bau) auszutragen. Die „Schiedsgerichts- und Prozessvereinbarung“ sah unter anderem vor, dass zunächst im Wege eines Feststellungsrechtsstreites die Frage geklärt werden sollte, ob der Werkvertrag aus wichtigem Grund gekündigt oder durch eine freie Kündigung beendet wurde (Ziffer 2 a). Die Erhebung von Leistungsklagen durch Stellung gesonderter Anträge sollte zulässig sein nach der Entscheidung des Schiedsgerichts über den Feststellungsantrag (Ziffer 2 b). Des Weiteren sollten für das Verfahren hilfsweise die Bestimmungen der ZPO zur Abwendung kommen, sofern die Vereinbarung selbst bzw. die SL-Bau keine abweichenden Regelungen beinhalten (Ziffer 2 f). Wegen des weiteren Inhalts des Schiedsabrede wird auf die als Anlage Ast 1 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 22.05.2013 überreichte Kopie Bezug genommen.
Die auf dieser Grundlage erhobene Feststellungsklage der Antragsgegnerin vom 03.11.2010 wies das Schiedsgericht mit Schiedsspruch vom 18.12.2012 zurück; es war der Auffassung, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung des Werkvertrages nicht vorhanden gewesen sei und es sich deshalb um eine freie Kündigung gehandelt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schiedsspruch vom 18.12.2012 (Anlage ASt 3 zum Schriftsatz vom 22.05.2013) verwiesen.
Die Antragstellerin erstellte sodann unter dem 17.04.2013 ihre Schlussrechnung, mit der sie einen Werklohnanspruch in Höhe von 28.879.883,96 € brutto geltend macht. Diese Rechnung ging der Antragsgegnerin am 22.04.2013 zu. Mit Schriftsatz vom 14.05.2013 an das Schiedsgericht begehrte sie den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Eintragung einer Vormerkung zwecks Sicherung eines Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek. Bei der zu sichernden Forderung handelt es sich um einen nach dem Vortrag der Antragstellerin bestehenden (Mindest-)Anspruch in Höhe von 2.642.973,39 € bezüglich der im Leistungsverzeichnis gesondert ausgewiesenen Allgemeinen Geschäftskosten. Zur Glaubhaftmachung hat sich die Antragstellerin unter anderem auf eine eidesstattliche Versicherung des Herrn H bezogen. Insoweit wird auf den als Anlage ASt 5 vorgelegten Schriftsatz vom 14.05.2013 und der diesem Schriftsatz als Anlage ASt 2 beigefügte eidesstattliche Versicherung Bezug genommen. Das Schiedsgericht hat mit Beschluss vom 17.05.2013 die einstweilige Verfügung in dem begehrten Umfang erlassen; wegen der Einzelheiten wird auf als Anlage ASt 6 zum Schriftsatz vom 22.05.2013 vorgelegten Kopie der Entscheidung verwiesen.
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die von der Antragstellerin beantragte Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch das staatliche Gericht.
Sie ist zunächst der Auffassung, dass das Schiedsgericht mit dem Erlass der einstweiligen Verfügung seine Befugnisse überschritten habe, da eine solche Entscheidung nicht von der Schiedsvereinbarung der Parteien erfasst werde. Da das Feststellungsverfahren durch den Schiedsspruch vom 18.12.2012 beendet worden sei und eine Leistungsklage noch nicht anhängig sei, gebe es keinen Streitgegenstand im Sinne des § 39 SL-Bau, auf den sich eine vorläufige Maßnahme habe beziehen können. Des Weiteren habe das Schiedsgericht das rechtliche Gehör der Antragsgegnerin verletzt, indem es ohne dass tatsächlich eine besondere Dringlichkeit gegeben gewesen sei, die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne vorherige Anhörung der Antragsgegnerin erlassen habe. Die Entscheidung beruhe zudem auf einem Verstoß gegen den orde public, da das Schiedsgericht zum einen eine eidesstattliche Versicherung zugrunde gelegt habe, obwohl es zur Abnahme einer solchen überhaupt nicht befugt sei; zum anderen habe das Schiedsgericht aus dem vorangegangenen Feststellungsverfahren auch gewusst, dass diese eidesstattliche Versicherung im Hinblick auf die erklärte Mängelfreiheit der erbrachten Leistungen falsch sei. Die Antragstellerin habe in diesem Verfahren selbst eingeräumt, dass das erbrachte Werk in Teilen mangelhaft gewesen sei. Schließlich habe das Schiedsgericht verkannt, dass der geltend gemachte Anspruch auf die Allgemeinen Geschäftskosten nicht über § 648 BGB sicherbar sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 22.05.2013 (Bl. 8 ff d. A.) und 19.06.2013 (Bl. 71 ff d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 07.06.2013 (Bl. 35 ff d. A.) und 01.07.2013 (Bl. 109 ff d. A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.

II.

9. Der Antrag auf Vollziehbarerklärung ist zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin trotz des von ihr gestellten Insolvenzantrages noch prozessführungsbefugt, da das Amtsgericht Landshut mit Beschluss vom 19.06.2013 eine vorläufige Eigenverwaltung angeordnet hat (§ 22 Abs. 2 InsO – vgl. dazu Haarmeyer Wutzke Förster, InsO 2. Aufl., § 22 Rz. 25).

10.  Der angerufene Senat ist zur Entscheidung über die Vollziehbarerklärung nach §§ 1062 Abs. 1 Nr. 3, 1041 Abs. 2 ZPO zuständig. Der Antrag ist in der Sache auch begründet sein; die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Einwände stehen der Vollziehbarerklärung nach § 1041 Abs. 2 ZPO nicht entgegen.
11.  In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, dass die Anordnung der Vollziehbarkeit nach § 1041 Abs. 2 ZPO zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts steht, das Gericht aber regelmäßig ermessensfehlerhaft handeln würde, wenn es die Vollziehbarkeit nicht anordnet, obwohl die Voraussetzungen für die Vollziehbarerklärung erfüllt sind. Das staatliche Gericht hat dabei regelmäßig aber nur zu prüfen, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien besteht, das Schutzinteresse der die Eilmaßnahme begehrenden Partei, d. h. ein Arrest- bzw. Verfügungsgrund plausibel ist und die Vollziehbarerklärung nicht zu einem Ergebnis führt, das mit dem ordre public unvereinbar wäre (vgl. zu diesem Prüfungsumfang des staatlichen Gerichts: Musielak-Voit, ZPO, 9. Aufl., § 1041 Rz. 7; Münch.-Kom. – Münch, ZPO, 4. Aufl., § 1041 Rz. 40; Stein/Jonas – Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1041 Rz. 14). Dies zugrunde legend konnte der vom Schiedsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung die Vollziehbarerklärung nicht versagt werden.
12.  1. Zuständigkeit des Schiedsgerichts – Reichweite der Schiedsvereinbarung
13.  Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, das Schiedsgericht sei für den Erlass der einstweiligen Verfügung überhaupt nicht zuständig gewesen, da in der Schiedsvereinbarung eine Zuständigkeit nur für das Feststellungsverfahren und die Leistungsklagen geregelt worden sei, ersteres aber bereits mit dem Schiedsspruch vom 18.12.2012 beendet und eine Leistungsklage noch gar nicht anhängig sei, es mithin an einem Streitgegenstand fehle, auf den sich die einstweilige Verfügung beziehen könne, vermag der Senat dem schon aus Rechtsgründen nicht zu folgen. Die Parteien haben in ihrer Schiedsvereinbarung, an deren formaler Wirksamkeit gemäß §§ 1029 ff ZPO keine Bedenken bestehen, ausdrücklich die Anwendung der SL-Bau verabredet. Nach § 39 dieser Streitlösungsordnung für das Bauwesen, insoweit wortgleich mit § 1041 ZPO, kann das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei vorläufige und sichernde Maßnahmen anordnen, die es in Bezug auf den Streitgegenstand für erforderlich hält. Der – unterstrichene – Wortlaut dieser Regelung ist identisch mit dem Wortlaut in § 935 ZPO („Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand…“); einstweiliger Rechtsschutz vor den staatlichen Gerichten nach den Regeln der Zivilprozessordnung ist aber nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung auch schon dann zulässig, wenn noch kein Hauptsacheverfahren anhängig ist (§§ 926 Abs. 1, 936 ZPO). Wenn die Parteien aber für die Durchführung eines schiedsrichterlichen Verfahrens eine Verfahrensordnung vereinbaren, die die Möglichkeit einstweiligen Rechtschutzes entsprechend dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung auch ohne Anhängigkeit des Hauptsache vorsieht, kann die Vereinbarung der Parteien nur so verstanden werden, dass einstweiliger Rechtsschutz beim Schiedsgericht unter den gleichen Voraussetzungen zu erlangen sein sollte wie vor den staatlichen Gerichten. Dies gilt umso mehr, als es der Antragstellerin gemäß § 1033 ZPO trotz Schiedsvereinbarung möglich gewesen wäre, einstweiligen Rechtsschutz ohne Anhängigkeit der Hauptsache im Schiedsverfahren vor den staatlichen Gerichten zu erlangen. Auch vor diesem Hintergrund lässt sich ein Wille der Parteien, die Möglichkeit, eine vorläufige Regelung durch das Schiedsgericht nur bei zuvor oder gleichzeitig erfolgter Anhängigkeit der Hauptsache zu beschränken, nicht erkennen. Eine andere Bewertung rechtfertigt sich auch nicht vor dem Hintergrund, dass die Parteien im Feststellungsverfahren sich im Nachhinein geeinigt haben, auch die von der Antragstellerin im Wege der Widerklage geltend gemachten Herausgabeansprüche in dieses Verfahren einzubeziehen. Eine solche Einigung war schon deshalb geboten, weil nach der Vereinbarung der Parteien das Feststellungsverfahren der Klärung des Kündigungsgrundes vorbehalten sein sollte, während Leistungsansprüche erst Gegenstand eines nachfolgenden Verfahrens sein sollten. Aus dieser Vorgehensweise lässt sich jedoch nicht ableiten, dass abweichend von den insoweit eindeutigen Regelungen eine einstweilige Verfügung erst dann zulässig sein sollte, wenn in der Hauptsache bereits eine Schiedsklage erhoben war.
14.  2. Rechtliches Gehör
15.  Die Vollziehbarerklärung der vom Schiedsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung führt auch nicht zu einem Ergebnis, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Zum ordre public gehören alle Vorschriften des zwingenden Rechts, die der Gesetzgeber in einer die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens berührenden Fragen aufgrund bestimmter staatspolitischer oder wirtschaftlicher Anschauungen und nicht nur aus bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen heraus geschaffen hat; ferner auch diejenigen Vorschriften, deren Nichtbeachtung mit elementaren Gerechtigkeitsvorstellungen in Widerspruch stehen würde (materieller ordre public). Ordre public-widrig kann eine Entscheidung aber auch sein, wenn sie auf einem Verfahren beruht, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem Maße abweicht, dass es nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten und in rechtsstaatlicher Weise ergangenen Verfahren angesehen werden kann (verfahrensrechtlicher ordre public, vgl. MüKo-Münch, ZPO, 3 Aufl., § 1059 Rz. 45; OLG Köln SchiedsVZ 2005, 163; OLG München, SchiedsVZ 2006, 111 f). Dabei begründet aber nicht jeder Verstoß gegen materielles Recht oder gegen Verfahrensvorschriften zugleich eine Verletzung der öffentlichen Ordnung. Vielmehr ist jeweils auf den Inhalt und die Bedeutung des in Betracht kommenden Gesetzes abzustellen (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap 24 Rz. 37 ff m.w.N.). Dabei gehören die Grundrechte zum Kern des ordre public, so dass ein Schiedsspruch, der eine Bestimmung des Grundrechtskataloges innerhalb ihres Geltungsbereiches nicht oder falsch anwendet, im Zweifel ordre public-widrig ist (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1059 Rz. 64). Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist regelmäßig ordre public - widrig und führt, sofern der Schiedsspruch hierauf beruht, regelmäßig zu dessen Aufhebung. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) stellt einen Grundpfeiler des heutigen Schiedsgerichtsverfahrens dar (§1042 Abs. 1 ZPO). Es ist anerkannt, dass Schiedsgerichte rechtliches Gehör in wesentlich gleichem Umfang wie staatliche Gerichte zu gewähren haben.
16.  Eine Gehörsverletzung ist vorliegend indes nicht festzustellen, insbesondere kann sie nicht darauf gestützt werden, dass das Schiedsgericht die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung und ohne die Antragsgegnerin zuvor angehört zu haben, erlassen hat. Das Schiedsgericht kann, wie die Wertung des § 1063 Abs. 3 ZPO zeigt, im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes trotz § 1047 auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung der Gegenpartei entscheiden, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Die Regelung in § 1042 Abs. 1 ZPO steht einer solchen Verfahrensweise ebenfalls nicht entgegen, denn das rechtliche Gehör wird durch diese Vorschrift nicht in größerem Umfang als vor dem staatlichen Gericht gewährt. Wenn aber dem staatlichen Gericht die Möglichkeit eröffnet ist, in dringenden Fällen Eilmaßnahmen ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung des Gegner zu erlassen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 921 Rz.1; § 922 Rz. 1; § 937 Rz. 2), sieht der Senat keine Veranlassung, eine solche Verfahrensweise einem Schiedsgericht zu versagen; es besteht kein zwingender Grund, im Schiedsverfahren insoweit höhere Anforderungen zu stellen. Es reicht vielmehr aus, wenn das Schiedsgericht der betroffenen Partei in Anlehnung an § 924 ZPO die Möglichkeit eröffnet, sich zur Sache erklären zu können (vgl. Musielak-Voit, ZPO, 4. Aufl., § 1041 Rz. 2 m.w.N.; siehe auch Stein/Jonas - Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1041 Rz. 13); dass diese Möglichkeit im vorliegenden Fall ausgeschlossen war, ist nicht vorgetragen. Die Antragsgegnerin hat diesen Weg offensichtlich nicht beschritten.
17.  Ob das Schiedsgericht im vorliegenden Verfahren zu Recht vor Erlass der einstweiligen Verfügung kein rechtliches Gehör gewährt hat, steht grundsätzlich nicht zur Überprüfung durch den Senat. Allenfalls wenn die Verfahrensweise völlig unverständlich und letztlich willkürlich gewesen wäre, könnte die Vollziehbarerklärung mit wesentlichen Grundgedanken der deutschen Rechts- und Verfahrensordnungen in Widerspruch stehen. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Das Schiedsgericht hat in seiner Entscheidung nachvollziehbar dargelegt, warum es von einer solchen Dringlichkeit ausgegangen ist, dass es eine vorherige Anhörung der Antragsgegnerin mit dem Zweck der beantragten Maßnahme für nicht vereinbar hielt. Damit hat es sein diesbezügliches Ermessen erkannt und ausgeübt; dass insoweit auch eine andere Bewertung möglich gewesen wäre, reicht nicht aus, um einen (gravierenden) Verfahrensfehler annehmen zu können.
18.  3. Zugrundelegung einer eidesstattlichen Versicherung
19.  Die Versagung der Vollziehbarerklärung kann auch nicht darauf gestützt werden, dass das Schiedsgericht seiner Entscheidung eine eidesstattliche Versicherung zugrunde gelegt hat. Nach §§ 936, 920 sind Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund im staatlichen Verfahren glaubhaft zu machen; obgleich ein Ebenbild des § 920 Abs. 2 ZPO im Rahmen des §§ 1029 ff ZPO fehlt, setzt der Gesetzgeber doch (zumindest beiläufig; vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 45 li. Sp. [3]) eine Plausibilität im Sinne einer realen Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) voraus. In Betracht kommt jedwedes Erkenntnismittel, das Notwendigkeit und Berechtigung der begehrten Eilmaßnahme ausreichend wahrscheinlich macht. Dabei kann das Gericht auf bisher ermittelte Erkenntnisse zurückgreifen. Zwar ist es dem Schiedsgericht in diesem Zusammenhang verwehrt, eine eidesstattliche Versicherung selbst abzunehmen, so dass es auch nicht berechtigt sein dürfte, von den Parteien die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung zur Glaubhaftmachung zu fordern. Daraus folgt aber nicht, dass das Schiedsgericht eine ihm überreichte Urkunde mit einer eidesstattlichen Versicherung nicht entgegennehmen und verwerten darf. Es hat ihre Beweiskraft frei zu würdigen (vgl. auch Schwab/Walther, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 15 Rz. 24, 25). So liegt der Fall auch hier. Das Schiedsgericht hat nicht selbst eine eidesstattliche Versicherung abgenommen, sondern die im Rahmen des § 294 ZPO in zulässiger Weise mit einem anwaltlichen Schriftsatz vorgelegte Erklärung (vgl. dazu Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl., § 294 Rz. 4) unter Berücksichtigung der bereits im Feststellungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse bei seiner Entscheidungsfindung verwertet. Darin sieht der Senat keinen Verfahrensfehler, der einer Vollziehbarerklärung entgegenstehen könnte. Das Ergebnis dieser Würdigung steht wegen des auch hier geltenden Grundsatzes der révision au fond nicht zur Überprüfung des Senates. Dies gilt auch insoweit, als die Antragsgegnerin geltend macht, das Schiedsgericht hätte wegen der bereits im Feststellungsverfahren geltend gemachten Mängel, die von der Antragstellerin teilweise anerkannt worden seien, wissentlich eine falsche eidesstattliche Versicherung berücksichtigt. Aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen ist zudem bereits fraglich, ob die von dem Zeugen H abgegebene eidesstattliche Versicherung tatsächlich unzutreffend war; versteht man die Erklärung in dem von der Antragstellerin intendierten Sinne, dürfte sie nicht falsch sein. Im Übrigen war die Mangelhaftigkeit der erbrachten Werkleistung im Feststellungsverfahren durchaus streitig; jedenfalls ist das Schiedsgericht in seiner Entscheidung vom 18.12.2012 davon ausgegangen, dass keine wesentlichen Mängel vorlagen, deren Beseitigung zu verweigern eine Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt hätte. Bei dieser Sachlage stellt sich die Würdigung des Schiedsgerichts nicht als willkürlich dar, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Versagung der Vollzieherklärung durch das staatliche Gericht nicht in Betracht kommt.
20.  4. Nichtbestehen des zu sichernden Anspruchs
21.  Schließlich kommt auch dem Einwand der Antragsgegnerin, der geltend gemachte Zahlungsanspruch falle nicht in den Anwendungsbereich des § 648 BGB, im Rahmen des Verfahrens nach § 1041 Abs. 2 ZPO keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob für einen Anspruch auf die Allgemeinen Geschäftskosten eine Sicherung nach § 648 BGB verlangt werden kann – sicherbar sind grundsätzlich alle aus dem Vertrag herrührenden Forderungen des Unternehmers gegen den Besteller; dazu zählen nicht nur Vergütungsansprüche (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 72. Aufl., § 648 Rz. 4) – handelt es insoweit um eine einfach-rechtliche Bewertung, die allein dem Schiedsgericht obliegt und die wegen des Verbotes der révsion au fond einer Überprüfung durch das staatliche Gericht nicht zugänglich ist.
22.  Nach alldem war die vom Schiedsgericht erlassene einstweilige Verfügung zur Vollziehung zuzulassen. Allerdings erachtete es der Senat im Rahmen der ihm nach § 1041 Abs. 2 S. 2 ZPO zustehenden Befugnisse für geboten, der Antragsgegnerin im Hinblick auf das von ihr geltend gemachte Sicherungsinteresse nach § 1041 Abs. 4 ZPO wegen der dargelegten finanziellen Situation der Antragstellerin die Möglichkeit einzuräumen, die Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Eine solche Möglichkeit kommt insbesondere bei Ansprüchen in Betracht, bei denen das Vermögensinteresse und nicht das Interesse an der betreffenden Individualleistung im Vordergrund steht, wie das bei der Eintragung einer Vormerkung auf Einräumung eines Bauhandwerkersicherungshypothek der Fall ist (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 939 Rz. 2). Mit dieser Abwendungsmöglichkeit wird auch das Sicherungsinteresse der Antragstellerin ausreichend berücksichtigt, denn die nach § 108 Abs. 1 ZPO zu erbringende Sicherheit bietet ihr eine gleichwertige Absicherung der geltend gemachten Ansprüche.
23. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Festsetzung des Gegenstandswertes auf § 3 ZPO.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 4/12 18.02.2013
B E S C H L U S S
Tenor:
Der Antrag, den vorläufigen Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters über die Zuständigkeit aufzuheben und die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts festzustellen, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gegenstandswert: 400.000,- €
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Entscheidung des Schiedsgerichts, mit dem das Gericht seine Zuständigkeit bejaht hat.
Die Antragstellerin war seit Januar 2002 Mitglied des Vorstandes der M AG, einem börsennotierten Unternehmen der Kosmetikbranche, und in dieser Position seit März 2003 einzelvertretungsbefugt. Sie war zu dem Geschäftsführerin zweier Tochtergesellschaften der M AG und alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der C GmbH; ihr Ehemann war Gesellschafter und Geschäftsführer der F GmbH. Auch diese Firmen sind im Kosmetikbereich tätig.
Anfang des Jahres 2010 entschloss sich die Antragstellerin, die Mehrheitsanteile an M AG, deren Vorstand sie seit dem Jahre 2001 angehörte, im Wege des Management Buy-out zu erwerben. Für die Finanzierung des Kaufes hatte sie die D Holding AG (nachfolgend: D), gewinnen können, die jedoch erst nicht gegenüber der M AG in Erscheinung trat. Sämtliche Verhandlungen im Vorfeld wurden allein von der Antragstellerin geführt. Mit Vertrag erwarb sie schließlich 88,92 % der Aktien an der M AG zu einem Kaufpreis von 2,5 Mio €. Der von beiden Parteien unterzeichnete Vertrag enthält in Ziffer 9.3 eine Schiedsklausel, nach der für Streitigkeiten aus diesem Vertrag ein Schiedsgericht nach den Regeln des Internationalen Chambers of Commerce (ICC), Paris, zuständig sein sollte. Als Schiedsort wurde Frankfurt am Main vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird auf den in beglaubigter Übersetzung vorgelegten Unternehmenskaufvertrag (Bl. 95 ff, 104 d. A.) Bezug genommen. Die Hälfte der Aktien wurde an die Antragstellerin und die andere Hälfte vereinbarungsgemäß an die D übertragen. Die Antragstellerin und die D hatten sich zudem darauf geeinigt, einen gemeinsamen Businessplan für die M AG zu erarbeiten. In der Vereinbarung war zudem festgelegt worden, dass die Antragstellerin zwei von vier Aufsichtsräten benennen kann und sie als Vorstandsvorsitzende für die Umsetzung des gemeinsamen Businessplans zuständig sei. In einer weiteren Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und der D erklärte die Antragstellerin ausdrücklich, dass sie die von ihrem Ehemann geführte F GmbH kontrolliere und für ihre geschäftlichen Aktivitäten nutze. Sie verpflichtete sich, die Vertragsbeziehungen der F GmbH auf die M AG zu übertragen. In einer von der Antragstellerin veranlassten Ad-hoc Mitteilung der M AG heißt es unter anderem, dass die Antragstellerin die Aktienanteile des Hauptaktionärs der M AG erworben und als Partner für diese strategische Entscheidung die D ausgewählt habe, um ihre unternehmerischen Visionen für die M AG umzusetzen. Schließlich wird in dem gemeinsamen Pflichtangebot der Antragstellerin und der D nach § 35 Abs. 2 WpÜG an die verbliebenen Aktionäre der M AG darauf hingewiesen, dass die Bieter ihre Beteiligung an der M AG als strategisches Investment betrachten und beabsichtigen, die Zielgesellschaft langfristig organisch weiterzuentwickeln.
Mit Schriftsatz erhob der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin und der D Klage auf Zahlung des Restkaufpreises vor dem Court of Arbitration des International Chamber of Commerce in Paris. Die Antragstellerin rügte mit Schriftsatz die Zuständigkeit des angerufenen Schiedsgerichts und begehrte den Erlass eines entsprechenden Zwischenentscheides. Sie war der Auffassung, dass die Schiedsklausel in dem Vertrag nicht dem Formerfordernis des     § 1035 Abs. 5 ZPO entspreche und deshalb unwirksam sei, da sie den Vertrag als Verbraucherin unterzeichnet habe. Das Schiedsgericht hat mit „ vorläufigem Schiedsspruch über die Zuständigkeit“, den Bevollmächtigten der Antragstellerin zugestellt, die Klausel für wirksam erachtet und seine Zuständigkeit bejaht. Wegen der Einzelheiten wird auf den in deutscher Übersetzung vorgelegten Schiedsspruch (Bl. 62 ff, 86 ff d. A.) verwiesen.
Mit ihrem bei Gericht eingegangen Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrt die Antragsstellerin die Aufhebung des Schiedsspruches und die Feststellung, dass das Schiedsgericht unzuständig sei. Sie ist nach wie vor der Auffassung, den Aktienkaufvertrag als Verbraucherin unterzeichnet zu haben. Das Schiedsgericht habe bei seiner Entscheidung im Wesentlichen auf Aktivitäten abgestellt, die die Antragstellerin nach der Unterzeichnung des Vertrages entfaltet habe. Maßgeblich könne aber nur auf ihre vorangegangenen Tätigkeiten abgestellt werden; vor Vertragsschluss sei sie aber unstreitig nicht unternehmerisch tätig geworden. Im Übrigen verweist die Antragstellerin auf das Vorbringen in ihren in englischer Sprache abgefassten Schriftsätzen an das Schiedsgericht, die sie trotz entsprechender Aufforderung nicht in deutscher Übersetzung vorgelegt hat.
Der Antragsteller beantragt,
      den vorläufigen Schiedsspruch des Einzelschiedsrichters über die Zuständigkeit aufzuheben und die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts festzustellen
Der Antragsgegner beantragt,
      den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, der Antrag zu 1) sei bereits unzulässig, da im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 ZPO nicht die Aufhebung eines Schiedsspruches begehrt werden könne; hierfür sei das Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO vorgesehen. Darüber hinaus sei das Vorbringen der Antragstellerin aber auch nicht schlüssig, da es wegen § 184 GVG nicht zulässig sei, zur Begründung des Aufhebungsbegehrens auf Schriftsätze in englischer Sprache zu verweisen. Ungeachtet dessen sei die Entscheidung des Schiedsgerichts aber auch in der Sache nicht zu beanstanden; die Antragstellerin sei bei Abschluss des Aktienkaufvertrages nicht als Verbraucherin tätig geworden, es habe sich insbesondere nicht um eine private Vermögensverwaltung gehandelt. Die Antragstellerin habe eigenständig eine komplexe Unternehmenstransaktion vorbereitet und umgesetzt und dabei noch einen externen Investor gesucht und gefunden. Dies habe eine umfangreiche geschäftsmäßige Organisation erforderlich gemacht. Der Vertragsschluss sei Teil eines planvollen, strategischen Vorgehens zur Erweiterung ihrer gewerblichen Tätigkeiten im Kosmetikbereich gewesen, also gerade nicht der privaten Vermögensanlage zuzuordnen.
Hinsichtlich des Sachvortrages der Parteien im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin (Bl. 1 ff d. A.) und (Bl. 47 d. A.) sowie auf den Schriftsatz des Antragsgegners (Bl. 27 ff d. A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Aufhebung des Zwischenentscheides des Schiedsgerichts und Feststellung der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden; die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1040 Abs. 3, 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners begehrt die Antragstellerin vorliegend mit dem Antrag zu 1) auch nicht isoliert die Aufhebung eines Schiedsspruches nach § 1059 ZPO. Das Schiedsgericht hat dem formellen Begehren der Antragstellerin entsprochen und über die Frage seiner Zuständigkeit im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 S. 1 ZPO vorab befunden. Nach § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO hat die unterliegende Partei die Möglichkeit, diese Entscheidung des Schiedsgerichts durch das staatliche Gericht überprüfen zu lassen; wenn in diesem Zusammenhang neben der Feststellung der Unzuständigkeit die Aufhebung der schiedsrichterlichen Entscheidung begehrt wird, handelt es sich bei verständiger Würdigung nicht um einen isolierten Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO; die Antragstellerin begehrt vielmehr unter Abänderung der schiedsgerichtlichen Entscheidung einen Ausspruch des staatlichen Gerichts zur Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Es entspricht im Übrigen der gängigen Praxis des Senates, in den Fällen, in denen die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts angenommen wird, die dahingehende Feststellung zur Klarstellung unter Aufhebung der schiedsgerichtlichen Entscheidung zu treffen.
Der Antrag ist in der Sache jedoch nicht begründet. Das Schiedsgericht ist in seinem Beschluss zu Recht von einer wirksamen Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien ausgegangen. In Ziffer 9.3 des Aktienkaufvertrages haben die Parteien ihren unmissverständlichen Willen zum Ausdruck gebracht, sämtliche Streitigkeiten aus dem Vertrag unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem Schiedsrichter entscheiden zu lassen. Das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht ist hinreichend klar und bestimmt bezeichnet; damit erfüllt diese Vereinbarung alle Voraussetzungen des § 1029 Abs. 1 ZPO.
Die Schiedsvereinbarung ist gemäß § 1031 Abs. 1 ZPO auch formgerecht zustande gekommen; die besondere Form des § 1031 Abs. 5 S. 1 ZPO musste im vorliegenden Fall nicht gewahrt werden. Nach dieser Vorschrift müssen Schiedsvereinbarungen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde enthalten sein, die keine anderen Abreden als solche, die sich auf das schiedsrichterliche Verfahren beziehen, beinhalten dürfen. Da die Antragstellerin keine Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB ist, war es den Parteien nicht verwehrt, die Schiedsklausel in einer Urkunde mit der Einigung über den Aktienkauf niederzulegen.
Verbraucher im Sinne des § 1031 Abs. 5 i.V.m. § 13 BGB ist eine natürliche Person, die bei dem Geschäft, das Gegenstand der Streitigkeit ist, zu einem Zweck handelt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Unternehmer- (§ 14 BGB) und nicht (mehr) Verbraucherhandeln hingegen liegt schon dann vor, wenn das streitgegenständliche Geschäft im Zusammenhang mit der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit abgeschlossen wird. Nach dem Wortlaut der Verbraucherdefinition des § 13 BGB ist für die Abgrenzung, welchem Bereich ein geschäftliches Handeln zuzuordnen ist, die – objektiv zu bestimmende – Zweckrichtung des Verhaltens entscheidend. Das Gesetz stellt aber gerade nicht auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein geschäftlicher Erfahrung, etwa aufgrund einer bereits ausgeübten gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit ab. Es kommt vielmehr allein darauf an, ob das Verhalten der Sache nach dem privaten – dann Verbraucherhandeln – oder dem gewerblich-beruflichen Bereich – dann Unternehmertum – zuzuordnen ist. Es besteht auch kein Anlass, demjenigen Verbraucherschutz zu gewähren, der sich für eine bestimmte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit entschieden hat und insoweit vorbereitende oder unmittelbar eröffnende Geschäfte tätigt. Der so Handelnde begibt sich damit in den unternehmerischen Geschäftsverkehr und gibt dem Rechtsverkehr zu erkennen, dass es sich nunmehr dem Recht für Unternehmer unterwerfen und dieses ihrerseits auch in Anspruch nehmen will (vgl. grundlegend BGH, Beschluss vom 24.02.2005 – III ZB 36/04 –, Tz. 6 ff m.w.N. – zitiert nach juris).
Diese für Existenzgründergeschäfte entwickelten Grundsätze hat das Schiedsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nach § 1040 Abs. 3 ZPO kommt eine davon abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage nicht in Betracht. Insbesondere kann es aus den oben dargestellten rechtlichen Gesichtspunkten dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin bereits vor Abschluss des Aktienkaufvertrages als Unternehmerin tätig geworden ist. Denn jedenfalls ist dieses Geschäft allein der beabsichtigten künftigen unternehmerischen Tätigkeit der Antragstellerin zuzuordnen und keinesfalls als bloße private Vermögensverwaltung zu qualifizieren, so dass schon aus diesen Gründen die Verbraucherstellung der Antragstellerin zu verneinen ist. Vor diesem Hintergrund konnte es auch dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin zur weiteren Begründung ihres Begehrens auf die im Schiedsverfahren eingereichten Schriftsätze in englischer Sprache Bezug nehmen durfte. Selbst wenn man das Vorbringen der Antragstellerin im Schiedsverfahren zugrunde legt, ist die Entscheidung des Schiedsgerichts in der Sache nicht zu beanstanden.
Mit dem Abschluss des Kaufvertrages wollte die Antragstellerin zusammen mit einem von ihr ausgesuchten Investor die Kontrolle über eine börsennotierte Aktiengesellschaft übernehmen und ihre unternehmerischen Vorstellungen in der Kosmetikbranche, in der sie bereits mit einem eigenen Unternehmen tätig war, umsetzen. In diesem Zusammenhang hatte sich sie sich in dem Kaufvertrag unter anderem verpflichtet, eine weitere Finanzierung von 2 Mio. € für die laufenden Geschäfte der M AG bereitzustellen. Auch dieser Umstand belegt die unternehmerische Ausrichtung ihres Handelns. Darüber hinaus hat die Antragstellerin nur wenige Tage nach dem Vertragsschluss gemeinsam mit dem Investor bereits die Entwicklung eines Businessplans für die M AG vereinbart, für deren Umsetzung die Antragstellerin als Vorstandsvorsitzende verantwortlich sein sollte. Dass die Antragstellerin mit dem Erwerb der Aktienmehrheit eigene unternehmerische Ziele im Zusammenhang verfolgt hat, dokumentiert sich auch in ihrem Übernahmeangebot nach § 35 Abs. 2 WpÜG an die verbliebenen Aktionäre, in dem sie ihre Beteiligung als strategisches Investment bezeichnet hat mit dem Ziel, die Gesellschaft langfristig organisch weiterzuentwickeln.
Schon vor diesem Hintergrund kann der Aktienkauf nicht als bloße Vermögensverwaltung qualifiziert werden. Zudem hat das Schiedsgericht in seiner Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vorbereitung und Umsetzung eines Management-Buy out, der sich auf ein börsennotiertes Unternehmen bezieht, mit einem Umfang verbunden war, der einen planmäßigen Geschäftsbetrieb und eine geschäftsmäßige Organisation erforderte. Die Antragstellerin musste einen Investor suchen, der den Kauf (mit-)finanzierte, die entsprechenden Verhandlungen führen und die erforderlichen Verträge mit dem Investor schließen inklusive der Entwicklung eines Businessplans. Ferner waren der Vertrag mit dem Antragsgegner sowie nachfolgend das Pflichtangebot an die verbliebenen Aktionäre vorzubereiten. Insoweit bedurfte es unter anderem der Kommunikation mit allen Beteiligten, der Planung der Termine, der Recherche der notwendigen Informationen, der Erstellung professioneller Präsentationsunterlagen und der Kalkulation möglicher Erträge, Kosten und Risiken. Die Antragstellerin hat diese mit erheblichem Aufwand verbundene geschäftliche Transaktion im Wesentlichen selbst vorbereitet und umgesetzt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eindeutig ein unternehmerisches Handeln festzustellen ist.
Nach alldem war der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Zwischenentscheides des Schiedsgerichts und Feststellung der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts mit der aus § 91 Abs. 1 ZPO sich ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen; die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/5 des Hauptsachestreitwertes – vgl. insoweit KG, NJW 1967, 55; Beschlüsse des Senates vom 07.09.2009 – 26 Sch 13/09 – und vom 05.03.2012 – 26 SchH 17/11).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 3/13 21.06.2013 Feststellung auf Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens Anwendbarkeit von § 93 ZPO in Verfahren nach § 1062 ZPO
B E S C H L U S S
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien auf der Grundlage der in § 7 des Dienstleistungsvertrages vom 29.07.2010 niedergelegten Schiedsgerichtsvereinbarung unzulässig ist.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gegenstandswert: 23.000,- €
Gründe
I.
Die Parteien schlossen am 29.07.2010 einen Dienstleistungsvertrag, mit dem sich die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zur Erbringung verschiedener Internetdienstleistungen zugunsten der mit der Antragsgegnerin ebenfalls vertraglich verbundenen BG verpflichtete. Der Vertrag enthält in  § 7 eine Regelung, nach der bei auftretenden Differenzen aus dem Vertrag ein „Schlichtungs- bzw. Schiedsgerichtsverfahren“ durchgeführt werden sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Vertrages (Bl. 9 d. A.) verwiesen. Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche für erbrachte Leistungen. In einem Telefongespräch am 31.01.2013 forderte ein Vertreter der Antragstellerin den Geschäftsführer der Antragsgegnerin auf, auf ein Schlichtungs- bzw. Schiedsverfahren zu verzichten. Eine solche Erklärung gab die Antragsgegnerin in der Folgezeit jedoch nicht ab. Mit Schreiben vom 14.03.2013 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin unter Fristsetzung zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 136.850,- € auf und kündigte für den Fall nicht fristgerechter Zahlung die Einleitung eines Schiedsverfahrens an. Alternativ bot die Antragstellerin an, eine Vereinbarung über die Aufhebung von § 7 des Dienstleistungsvertrages zu schließen. Es erfolgte indes weder eine Zahlung noch unterzeichnete die Antragsgegnerin die vorgeschlagene Aufhebungsvereinbarung.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 25.04.2013, eingegangen bei Gericht am 26.04.2013, hat die Antragstellerin sodann beantragt festzustellen, dass die Durchführung eines schiedsrichterlichen Verfahrens unzulässig ist.
Die Antragsgegnerin hat das Feststellungsbegehren in dem Erwiderungsschriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 14.05.2013 unter Verwahrung gegen die Kostentragungspflicht anerkannt. Sie ist der Auffassung, keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben zu haben, da in dem Schreiben vom 14.03.2013 ausdrücklich die Einleitung eines Schiedsverfahrens angekündigt worden sei, und zwar auch für den Fall, dass die vorgeschlagene Aufhebungsvereinbarung bezüglich des § 7 des Dienstleistungsvertrages nicht zustande komme.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 25.04.2013 (Bl. 1 ff d. A.) und 03.06.2013 (Bl. 30 f d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 14.05.2013 (Bl. 25 ff d. A.) und 10.06.2013 (Bl. 34 f d. A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens war nach § 1032 Abs. 2 ZPO statthaft; die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Dem Antrag war nach dem Anerkenntnis der Antragsgegnerin ohne weitere Sachprüfung durch den Senat zu entsprechen, da auch in den in § 1062 Abs. 1 ZPO benannten Verfahren ein Anerkenntnis gemäß § 307 ZPO zulässig ist (vgl. OLG Frankfurt, IHR 2002, 38; Beschluss vom 29.09.2011 – 26 SchH 7/11; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap 27 Rz. 29; Münch-Kom. ZPO - Münch, 3. Aufl., § 1064 Rz. 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; danach waren der Antragsgegnerin als Unterlegener die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Da die Antragsgegnerin eine Veranlassung für die Einleitung eines Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO gegeben hat, konnte im Rahmen der Kostenentscheidung § 93 ZPO nicht berücksichtigt werden.
Zunächst begegnet es keinen grundsätzlichen Bedenken, § 93 ZPO auch im Rahmen der Verfahren anzuwenden, für die nach § 1062 ZPO die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes eröffnet ist (vgl. Münch-Komm ZPO – Münch, § 1064 Rz. 3; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., § 27 Rz. 29; OLG Frankfurt, Beschluss vom 31.05.2001 – 8 Sch 1/01). Die Erstattungsvorschriften der §§ 91 ff ZPO gelten für alle in der ZPO geregelten Verfahren, in denen ein „Streit“ zwischen den Parteien vorliegt, wobei der Begriff „Rechtsstreit“ weit auszulegen ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rz. 9) und auch die in § 1062 ZPO aufgeführten Verfahren erfasst.
Nach § 93 ZPO hat der Kläger die Kosten eines Rechtsstreites zu tragen, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Veranlassung zur Klageerhebung besteht dann, wenn der Beklagte durch sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf ein Verschulden und die materielle Rechtslage bei dem Kläger den Eindruck erweckt hat, er, der Kläger, werde nicht ohne Klage zu seinem Recht kommen. Ist nach einem sofortigen Anerkenntnis des Beklagten streitig, ob er Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat, so trifft ihn die Beweislast für die fehlende Klageveranlassung (vgl. BGH, MDR 2007, 1162; OLG Frankfurt, NJW-RR 1996, 62; OLG Hamm, MDR 2004, 1078 ; MünchKomm. – Belz, ZPO, 3. Aufl., § 93 Rz. 8; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 93 Rz. 2; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 93 Rz. 16). Denn nach den allgemeinen Beweislastregeln muss diejenige Partei, die sich auf einen Ausnahmetatbestand zu ihren Gunsten beruft, dessen Tatbestandsvoraussetzungen darlegen und gegebenenfalls beweisen (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 1432, 1434; OLG Frankfurt, a.a.O.; Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl., vor § 284 Rz. 17a).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat die Antragsgegnern schon nicht hinreichend dargelegt, keine Veranlassung für die Einleitung eines Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO gegeben zu haben. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin ist die Antragsgegnerin bereits im Rahmen eines Telefonates am 31.03.2013 aufgefordert worden, auf die Durchführung eines Schiedsverfahrens zu verzichten; eine entsprechende Erklärung hat die Antragsgegnerin unstreitig nicht abgegeben. Auch das Angebot im Schreiben vom 14.03.2013 auf einvernehmliche Aufhebung der entsprechenden Klausel hat sie nicht angenommen. Damit war für die Antragstellerin eine Situation entstanden, in der sie nicht sicher sein konnte, dass die Antragsgegnerin sich in einem möglichen Verfahren vor dem staatlichen Gericht nicht auf die Schiedsvereinbarung berufen würde. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin in dem Schreiben vom 14.03.2013 bei nicht fristgerechter Zahlung bzw. dem Nichtzustandekommen einer Aufhebungsvereinbarung noch die Einleitung eines Schiedsverfahrens ankündigte, rechtfertigt keine andere Bewertung, denn durch die Weigerung, sich zur Frage der Wirksamkeit der Schiedsklausel abschließend zu äußern, war für die Antragstellerin eine rechtlich unsichere Lage gegeben. Für eine solche Situation sieht das Gesetz in § 1032 Abs. 1 und 2 ZPO zwei gleichrangig nebeneinander stehende Möglichkeiten der Klärung vor. Entweder erhebt der Anspruchsteller Klage zum staatlichen Gericht, welches dann über die eventuelle Schiedseinrede des Gegners zu befinden hat oder aber er lässt über diese Frage vorab das staatliche Gericht gemäß §§ 1062 Abs. 1 Nr. 2, 1032 Abs. 2 ZPO befinden. Da es dem Betroffenen in einer solchen Situation grundsätzlich offen steht, welchen Weg er beschreiten will, gab das Verhalten der Antragsgegnerin letztlich auch hinreichenden Anlass für ein Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/5 des Hauptsachestreitwertes – vgl. insoweit KG, NJW 1967, 55).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 2/14 10.06.2014 Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens; Zuständigkeit eines Schiedsgerichts
BESCHLUSS
Tenor:
Es wird festgestellt, dass das mit Antrag des Antragsgegners vom 27. Dezember 2013 eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 26.000,00 festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner war auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages aus dem Jahr 1996 (Anlage ASt 5, Bl. 67 ff. d.A.) ehemals Partner der K. AG, deren Rechtsnachfolgerin die hiesige Antragstellerin ist.
Nach dem Ausscheiden des Antragsgegners entstand zwischen den Parteien Streit über die Nachzahlung von Entgelten nach durchgeführter Übertragung von Aktien bzw. Genussrechten sowie die Erteilung erforderlicher Auskünfte zwecks Ermittlung weitergehenden Nachzahlungsansprüche.
Mit Schriftsatz vom 27.12.2013 erhob der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin unter gleichzeitiger Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters einen „Antrag auf Einleitung des schiedsrichterlichen Vorverfahrens nach dem bestehenden Schiedsgerichtsvertrag“ und forderte die Antragstellerin ihrerseits auf, einen Schiedsrichter zu bestellen. Zugleich wurden gegenüber dem sich zu konstituierenden Schiedsgericht Anträge auf (Teil-)Zahlung sowie eine Stufenklage erhoben.
Zur Frage der Zuständigkeit des Schiedsgerichts bezog sich der Antragsgegner auf einen zwischen den Parteien bestehenden Vertrag über die Durchführung eines „schiedsgerichtlichen Vorverfahrens“.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den als Anlage ASt 1 zur Akte gereichten Schriftsatz vom 27.12.2013 Bezug genommen (Bl. 37 ff. d.A.).
In der Folgezeit konstituierte sich ein Dreierschiedsgericht unter Vorsitz von Frau Dr. A. sowie den Rechtsanwälten J. und J. H. als beisitzenden Schiedsrichtern. Der von dem Schiedsgericht erarbeitete und den Parteien übermittelte Schiedsrichtervertrag (Anlage ASt. 8, Bl. 117 ff. d.A.) wurde letztlich nicht unterzeichnet, nachdem der Antragsgegner selbst gegenüber dem Schiedsgericht die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts erhoben hatte (Anlage ASt 13, Bl. 156 ff. d.A.).
In der Zwischenzeit reichte die Antragstellerin bei dem erkennenden Gericht mit Schriftsatz vom 31.01.2014 einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens ein und machte im weiteren Verlauf des Verfahrens geltend, dass ein Vertrag über ein „schiedsgerichtliches Vorverfahren“ zwischen den Parteien niemals abgeschlossen worden sei. Der lediglich als Blanko-Muster vorgelegte „Vertrag über ein schiedsgerichtliches Vorverfahren (Bl. 87 d.A.) sei zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt zur Geltung gelangt.
Aus der maßgeblichen Sicht des Empfängerhorizontes könne der Antrag vom 27.12.2013 nur als Antrag auf Einleitung eines schiedsrichterlichen Verfahrens im Sinne des 10. Buches der ZPO verstanden werden; da es aber schon an einer wirksamen Schiedsvereinbarung fehle, sei das von dem Antragsgegner eingeleitete Schiedsverfahren unzulässig.
Die Antragstellerin beantragt,
festzustellen, dass das mit Antrag des Antragsgegners vom 27. Dezember 2013 eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist.
Der Antragsgegner beantragt,
            den Antrag als unzulässig,
hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Er rügt die örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und hält das auf der Grundlage von § 1032 Abs. 2 ZPO eingeleitete Verfahren im Übrigen für unzulässig, da von seiner Seite aus zu keinem Zeitpunkt eine Schiedsklage erhoben worden sei. Bei dem „Vertrag über die Durchführung eines schiedsgerichtlichen Vorverfahrens“, auf den in der Antragsschrift vom 27.12.2013 Bezug genommen worden sei, handele es sich nicht um eine Schiedsvereinbarung im Sinne des § 1029 ZPO, sondern um eine Schlichtungsvereinbarung. Es liege daher schon keine Schiedsgerichtsvereinbarung vor, gegen die ein Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO statthaft wäre.
Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages des Antragsgegners auf dessen Schriftsätze vom 12.03.2014 (Bl. 83 ff. d.A.), vom 29.04.2014 (Bl. 162 ff. d.A.) sowie vom 27.05.2014 (Bl. 186 ff. d.A.) jeweils nebst Anlagen verwiesen.
II.
A.
Der Antrag der Antragstellerin auf Feststellung, das mit Antrag vom 27.12.2013 eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren für unzulässig zu erklären, ist gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO statthaft.
Nach dieser Vorschrift kann bei Gericht bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden, wobei maßgebend der Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht ist (vgl. BGH Beschluss vom 30.06.2011, Az.: III ZB 59/10, zitiert nach BeckRS).
Im Streitfall hat die Antragstellerin ihren Antrag mit bei Gericht am 31.01.2014 eingegangenem Schriftsatz und damit zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem sich das Schiedsgericht noch nicht (vollständig) konstituiert hatte; dies geschah erst mit der im Februar 2014 erfolgten Benennung der Vorsitzenden des Schiedsgerichts (vgl. die Verfahrensverfügung Nr. 1 des Schiedsgerichts vom 06.05.2014, Anlage
ASt 14, dort Ziffer A.1., Bl. 197 d.A.).
Die zeitlich nachfolgende Konstituierung des Schiedsgerichts hat keinen Einfluss auf die Zulässigkeit des Antrages gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO, da das Gesetz bei einem zulässig vor Bildung des Schiedsgerichts gestellten Antrag von einem anschließenden Nebeneinander des staatlichen und schiedsrichterlichen Verfahrens ausgeht (arg. § 1032 Abs. 3 ZPO; vgl. auch BGH, a.a.O.; Zöller-Geimer, ZPO, 30. Auflage 2014, Rdnr. 25 zu § 1032 ZPO).
Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Die Einwendungen des Antragsgegners, wonach von seiner Seite aus zu keinem Zeitpunkt ein Schiedsverfahren eingeleitet worden und daher auch ein Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO nicht statthaft sei, greifen nicht durch.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners setzt die Zulässigkeit eines Antrages nach § 1032 Abs. 2 ZPO nicht voraus, dass ein (echtes) Schiedsverfahren bereits begonnen oder eingeleitet worden sein muss. Vielmehr eröffnet diese Norm im Interesse an einer schnellen Entscheidung über die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung jeder Partei das Recht, bis zur Bildung des Schiedsgerichts einen Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens zu stellen, ohne dass dieses Recht an die vorherige förmliche Einleitung eines Schiedsverfahrens geknüpft wäre (vgl. zum Ganzen MüKo-Münch, ZPO, 4. Auflage 2013, Rdnr. 22 zu § 1032 ZPO; Zöller-Geimer, a.a.O., Rdnr. 23 zu § 1032 ZPO).
Als allgemeine Voraussetzung einer jeden prozessualen Rechtsverfolgung bedarf es lediglich eines rechtlich schützenswertes Interesses, die mit dem Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO verbundene Rechtsfrage klären zu lassen. An diesem Rechtsschutzinteresse kann es etwa fehlen, wenn und soweit die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens zwischen den Parteien gänzlich unbestritten ist (vgl. MüKo, a.a.O.). Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor.
Zwar vertritt auch der Antragsgegner im Kern die Ansicht, dass ein schiedsrichterliches Verfahren zwischen den Parteien unzulässig ist; gleichwohl ergibt sich aus der zur Akte gereichten Verfahrensverfügung des Schiedsgerichts vom 06.05.2014, dass das Schiedsverfahren derzeit noch nicht beendet ist (etwa durch Rücknahme der Schiedsklage durch den Antragsgegner), sondern die Parteien vielmehr über die Beendigung des Schiedsverfahrens bzw. den weiteren Verfahrensgang unterschiedliche Auffassungen vertreten. Bei dieser Sachlage kann der Antragstellerin ein fortbestehendes, rechtlich schützenswertes Interesse an einer Entscheidung gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO durch das staatliche Gericht jedenfalls nicht abgesprochen werden.
Das angerufene Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist das zur Entscheidung berufene, sachlich und örtlich zuständige Gericht. Dies folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, nachdem durch das Schiedsgericht als Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens Frankfurt am Main bestimmt wurde (§ 1043 Abs. 1 ZPO).
B.
Der Antrag ist auch in der Sache begründet, da das mit Antragsschrift vom 27.12.2013 seitens des Antragsgegners eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist.
Mit dem Empfang dieses Schriftsatzes durch die Antragstellerin wurde ein schiedsrichterliches Verfahren zwischen den Parteien in Gang gesetzt (§ 1044 ZPO), welches in der Folgezeit auch zur Konstituierung des Schiedsgerichts führte.
Soweit der Antragsgegner diesen Schriftsatz nicht als Vorlegungsantrag i.S.v. § 1044 ZPO verstanden wissen will, kann ihm darin bei verständiger Würdigung nicht gefolgt werden.
Zwar ist der Schriftsatz ausdrücklich überschrieben mit „Antrag auf Einleitung des schiedsrichterlichen Vorverfahrens nach dem bestehenden Schiedsgerichtsvertrag“. Jedoch ist bei der Frage, wie empfangsbedürftige Willenserklärungen auszulegen sind, nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern der wirkliche Wille unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu erforschen (§§ 133, 157 BGB, vgl. auch BGH NJW 2001, 1344 ff.). Insbesondere dann, wenn Begriffe verwendet werden, die in den beteiligten Verkehrskreisen in einem bestimmten Sinne verstanden werden, sind diese auch in dem entsprechenden Sinne zu deuten (BGH, a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen und mit Rücksicht auf den weiteren Inhalt der Antragsschrift vom 27.12.2013 ist es gerechtfertigt, die darin enthaltenen Erklärungen als Antrag auf Einleitung eines schiedsrichterlichen Verfahrens i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO auszulegen. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Rechtsordnung ein von diesen Normen zu trennendes „schiedsrichterliches Vorverfahren“ fremd ist, weshalb eine objektive Erklärungsbedeutung in diesem Sinne fernliegt und der isolierten Begrifflichkeit „Vorverfahren“ keine Aussagekraft zukommt; dies stellt im Übrigen auch der Antragsgegner selbst nicht in Frage. Im Zusammenspiel mit dem später vorgelegten Blanko-Vertrag über ein „schiedsgerichtliches Vorverfahren“ ist vielmehr davon auszugehen, dass die Wortsilbe „Vor-“ in der Antragsschrift vom 27.12.2013 allein deshalb Verwendung gefunden hat, weil nach dessen Muster, Streitigkeiten, die sich aus einem mit der Antragstellerin geschlossenen Anstellungsvertrag ergeben, vor Anrufung der Arbeitsgerichte durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen; hieraus lässt sich aber für die rechtliche Qualifikation des eingeleiteten Verfahrens nichts ableiten.
Konkrete Anhaltspunkte für die Auslegung liefern demgegenüber die übrigen Erklärungsinhalte der betreffenden Antragsschrift. So sind die Parteien ausdrücklich als „Schiedskläger“ und Schiedsbeklagte“ bezeichnet, gegenüber dem „sich konstituierenden Schiedsgericht“ sind bestimmte Anträge formuliert und es ist unter gleichzeitiger Benennung eines eigenen Schiedsrichters die Aufforderung an die Gegenseite erfolgt, ihrerseits einen Schiedsrichter zu bestellen. Zugleich enthält der Schriftsatz einen Verweis auf den zwischen den Parteien behaupteten Schiedsgerichtsvertrag.
Nach dem Sinngehalt dieser Erklärungen ist evident, dass das im Schriftsatz vom 27.12.2013 zum Ausdruck kommende Begehren als Antrag auf Einleitung eines schiedsrichterlichen Verfahrens im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO zu deuten ist.
Fernliegend ist demgegenüber die Auffassung des Antragsgegners, wonach mit der Übermittlung des Schriftsatzes vom 27.12.2013 lediglich ein Schlichtungsverfahren habe eingeleitet werden sollen. Für eine solche Auslegung bietet der Inhalt der Antragsschrift keinerlei Grundlage; das diesbezügliche Vorbringen des Antragsgegners blendet den tatsächlich im Schriftsatz zum Ausdruck kommenden Erklärungsinhalt (Bezeichnung der Schiedsparteien, Bestellung eines Dreier-Schiedsgerichts, bestimmt formulierter Klageantrag), der sich allein mit dem in §§ 1025 ff. ZPO förmlich geregelten Schiedsverfahren in Einklang bringen lässt, gänzlich aus.
Das danach auf Betreiben des Antragsgegners eingeleitete Schiedsverfahren ist unzulässig, da es bereits an einer wirksamen Schiedsvereinbarung i.S.v. § 1029 ZPO fehlt.
Aus dem Vorbringen beider Parteien ergibt sich, dass eine Schiedsvereinbarung, die den Formerfordernissen des § 1031 ZPO genügen könnte, nicht abgeschlossen wurde. Weder liegt ein von den Parteien unterzeichnetes Dokument vor, welches eine Schiedsvereinbarung enthält, noch ist eine Schiedsvereinbarung durch Inbezugnahme in einen Vertrag wirksam zustandegekommen (§ 1031 Abs. 3 ZPO).
Ungeachtet der Frage, ob der vom Antragsgegner als Blanko-Formular vorgelegte Mustervertrag über ein „schiedsgerichtliches Vorverfahren“ überhaupt eine wirksame Schiedsabrede i.S.v. § 1029 ZPO enthält (was der Antragsgegner an anderer Stelle selbst in Abrede stellt), wird in dem Anstellungsvertrag aus dem Jahr 1996 an keiner Stelle auf dieses Musterformular Bezug genommen; eine wirksame Schiedsbindung ist damit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gegeben.
Entsprechend ist antragsgemäß die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO und entspricht etwa 1/5 des Wertes des schiedsrichterlichen Verfahrens (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 07.03.2012, Az.: 26 SchH 16/11 sowie vom 10.05.2012, Az.: 26 SchH 11/10). Ausgehend von der Höhe des in der Antragsschrift vom 27.12.2013 angegebenen Streitwertes von rund € 127.000,00 ergibt sich der hier angenommene Gegenstandswert von bis zu € 26.000,00.
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OLG Frankfurt am Main 26 SchH 2/13 08.05.2013
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OLG Frankfurt am Main 26 SchH 2/12 13.09.2012
B E S C H L U S S
Tenor:
Es wird festgestellt, dass zur Durchsetzung von Forderungen aus der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung („Zusätzliche Vereinbarungen zum Kaufvertrag“) die Durchführung eines schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) mit Schiedsort in Frankfurt/Main zulässig ist.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 185.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Zwischen den Parteien besteht Streit über die Auslegung einer Schiedsklausel.
Beide Parteien sind in der Solarbranche tätig; die in Deutschland ansässige Antragstellerin errichtet Solaranlagen, die Antragsgegnerin hat ihren Sitz in China und stellt Solarmodule her.
Anlässlich einer Fachmesse trat die Antragstellerin erstmals mit der deutschen Vertriebstochter der Antragsgegnerin, der Firma Y GmbH, in Kontakt. Die in der Folgezeit aufgenommenen Verhandlungen mündeten in den Abschluss schriftlicher Vereinbarungen über eine künftige Zusammenarbeit.
Zunächst unterzeichneten die Parteien ein als „Rahmenvereinbarung zum Kaufvertrag“ bezeichnetes Vertragswerk (Anlage K 1), welches in deutscher und chinesischer Sprache, teilweise auch in englischer Sprache abgefasst ist. Dieses Schriftstück ist jeweils von den hiesigen Parteien, nicht aber von der ebenfalls im Kopf des Vertrages als Vertreterin der Antragsgegnerin aufgeführten Firma Y GmbH unterzeichnet.
Unter demselben Datum schlossen die Parteien ein weiteres Vertragswerk, welches überschrieben ist mit „Zusätzliche Vereinbarungen zum Kaufvertrag“ und welches zugleich auch von der deutschen Vertriebstochter, der Firma Y GmbH unterzeichnet wurde (Anlage K 2). Auch dieses Schriftstück ist zweisprachig, in deutsch und chinesisch abgefasst.
Die Verträge enthalten in Ziffer 17 bzw. Ziffer 16 jeweils eine Schiedsklausel, deren deutsche Fassung wie folgt lautet:
„Im Falle von Streitigkeiten, die sich nicht im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung oder über seine Gültigkeit ergeben, vereinbarten die Vertragsparteien, dass nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) von drei sachkundigen Schiedsrichtern unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden wird. Vertrags- und Prozesssprache ist Deutsch.
Das Schiedsgericht hat seinen Sitz in Frankfurt (Main) und kann auch über die Gültigkeit dieser Schiedsgerichtsvereinbarung bindend entscheiden.“
Daneben enthält der als Anlage K 2 vorgelegte Vertrag unter dem Unterschriftsfeld einen handschriftlichen Zusatz, wonach ausschließlich die Formulierungen in deutscher Sprache verbindlich sein sollen.
Die Antragstellerin hat zu den in chinesischer Sprache abgefassten Textpassagen jeweils eine beglaubigte deutsche Übersetzung zur Akte gereicht. Danach lautet Ziffer 17 des als Anlage K1 vorgelegten Vertragswerkes ins Deutsche übersetzt wie folgt:
„Falls es zu Streitigkeiten zwischen beiden Parteien kommen sollte und vorliegende Vereinbarungen nicht erfüllt werden können, führt das deutsche Schiedsgericht in Frankfurt/Main den entsprechenden Rechtsvorschriften zufolge eine Schiedsvereinbarung durch.
Hinsichtlich des als Anlage K 2 vorgelegten Vertragswerkes lautet die deutsche Übersetzung der chinesischen Fassung zu Ziffer 16 Ziffer dieses Vertrages wie folgt:
„Falls es zu Streitigkeiten zwischen beiden Parteien bezüglich dieser Paragraphen kommen sollte, werden diese für eine von der deutschen Schiedsgerichtsvereinigung durchgeführten drittparteilichen Schiedsentscheidung weitergeleitet. Für den Vertrag und den Ablauf gilt die Sprache Deutsch. Die deutsche Schiedsgerichtsvereinigung befindet sich in Frankfurt. Sie kann zu diesen Vereinbarungen Schiedsentscheidungen fällen.“
Die Antragstellerin beabsichtigt, wegen Mängeln im Zusammenhang mit den von der Antragsgegnerin gelieferten Solarmodulen, vor der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) in Frankfurt/Main ein Schiedsverfahren gegenüber der Antragsgegnerin einzuleiten.
Nachdem die Antragsgegnerin im Vorfeld unter Berufung auf den Wortlaut der deutschsprachigen Schiedsklausel Einwände gegen die Zulässigkeit eines beabsichtigten Schiedsverfahrens erhoben hat, begehrt die Antragstellerin mit dem vorliegend eingeleiteten Verfahren die Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens.
Sie stützt sich hierbei auf die zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Auslegungsgrundsätze, wonach der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften sei. Mit Rücksicht auf den Verlauf der Vertragsverhandlungen und den beiderseitigen Verständnishorizont der Parteien sei eindeutig, dass sich das Wort „nicht“ lediglich als redaktioneller Fehler in die deutsche Fassung der Schiedsklauseln eingeschlichen habe. Da jede andere Betrachtungsweise den Sinn und Zweck der Schiedsklausel konterkarieren würde, sei es der Antragsgegnerin nicht zuletzt aus Treu und Glauben verwehrt, sich unter Hinweis auf den tatsächlichen Wortlaut einem Schiedsverfahren zu widersetzen.
Die Antragstellerin beantragt,
              festzustellen, dass ein Schiedsverfahren vor der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. in Frankfurt (DIS) gegen die Firma S Co     Ltd. , ges. vertr. d. Herrn S und Herrn E, China, in Bezug auf die Rechte und Pflichten aus den Verträgen und den darauf beruhenden fünf Kaufverträgen zulässig ist.
Die Antragsgegnerin beantragt,
              den Antrag zurückzuweisen.
Sie rügt zunächst die fehlende Zuständigkeit des angerufenen Oberlandesgerichts, da die zugrundeliegende Streitigkeit von der Schiedsklausel gerade nicht erfasst werde und eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main somit nicht begründet sei.
Im Übrigen könnten etwaige materiell-rechtliche Ansprüche der Antragstellerin allenfalls auf das als Anlage K2 vorgelegte Vertragswerk gestützt werden, da nur dieses Schriftstück als dreiseitige Vereinbarung von allen Beteiligten unterzeichnet worden sei. Die danach allein maßgebende deutsche Fassung der Schiedsklausel sei aber einer Auslegung im Sinne der Antragstellerin nicht zugänglich, weshalb der Antrag zurückzuweisen sei.
II.
A. Der nach § 1032 Abs. 2 ZPO vor Bildung des Schiedsgerichts gestellte Antrag ist zulässig.
Die Zuständigkeit des angerufenen Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ergibt sich aus §§ 1025 Abs. 1, 1032 Abs. 2, 1043 Abs. 1 S. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
Die Parteien haben als Ort eines etwaigen schiedsrichterlichen Verfahrens Frankfurt am Main bestimmt; entsprechend ist das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zuständig für die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat die Frage nach der inhaltlichen Reichweite der Schiedsklausel (Streitigkeiten mit oder ohne Zusammenhang zu den abgeschlossenen Vereinbarungen) keinen Einfluss auf die gerichtliche Zuständigkeit nach § 1062 ZPO. Denn der Begriff des schiedsrichterlichen Verfahrensortes ist losgelöst von den Bezügen zu den Parteien und zu dem Streitgegenstand (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 1 zu § 1043 ZPO). Folglich muss eine Vereinbarung über den Schiedsort auch nicht zwingend zusammen mit der eigentlichen Schiedsvereinbarung abgeschlossen werden (MüKo-Münch, ZPO, 3. Auflage 2008, Rdnr. 7 zu § 1043 ZPO). Vielmehr dient die Festlegung des Schiedsortes als Anknüpfungsmerkmal staatsgerichtlicher Zuständigkeiten und bewirkt deshalb im Streitfall die territoriale Anbindung des Schiedsverfahrens an das 10. Buch der ZPO (vgl. hierzu MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr. 12, 13 zu § 1043 ZPO; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage 2005, Kap. 15, Rdnr. 39).
B. Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
Es besteht eine wirksame Schiedsvereinbarung und der Gegenstand des Schiedsverfahrens unterfällt dieser Schiedsvereinbarung.
1) Zunächst kann aus Sicht des Senats dahinstehen, ob auch die sog. „Rahmenvereinbarung zum Kaufvertrag“ eine wirksame Schiedsvereinbarung enthält. Der diesbezügliche Vortrag der Antragsgegnerin, wonach das als Anlage K 1 eingereichte Dokument wegen der fehlenden Unterschrift der Lieferantin nur einen unvollständigen Entwurf darstelle, bedarf keiner weiteren Vertiefung. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig und nicht zuletzt auch von dem Geschäftsführer der Antragstellerin in dessen eidesstattlicher Versicherung bestätigt, dass beide Vertragswerke hinsichtlich der gegenseitigen Rechte und Pflichten im wesentlichen identisch sind. Hinzu kommt, dass die beanstandeten fünf Bestellungen (vorgelegt als Anlage K 3) jeweils auf der Grundlage der als Anlage K 2 vorgelegten „Zusätzlichen Vereinbarungen“ zum Kaufvertrag erfolgten, weshalb für die Frage der Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens allein auf das dreiseitig unterzeichnete Vertragswerk abgestellt werden kann.
2) Die gebotene und zulässige Auslegung der in Ziffer 16 der „Zusätzlichen Vereinbarungen zum Kaufvertrag“ enthaltenen Vertragsklausel ergibt, dass es dem Willen der Vertragsparteien entsprach, eine bindende, die staatlichen Gerichte verdrängende, Schiedsvereinbarung zu treffen.
Schiedsverträge unterliegen als „Unterfall des Prozessvertrages“ (vgl. hierzu BGHZ 99, 143, 147) den materiellen Vertragsregeln für Prozessverträge (MüKo-Münch, ZPO, 3. Auflage 2008, Rdnr. 15 zu § 1029 ZPO; Zöller-Geimer, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 15 zu § 1025 ZPO m.w.N.), zu denen auch die Vorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen zählen (§§ 133, 157 BGB). Danach sind Schiedsklauseln nach den für alle Willenserklärungen geltenden allgemeinen Grundsätzen auszulegen, so dass bei der Ermittlung des Willens der Parteien, ausgehend vom Wortlaut, alle Umstände des Einzelfalles heranzuziehen sind, insbesondere die Interessen der Parteien und die von ihnen verfolgten Zwecke, soweit sie gegenseitig bekannt waren (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 23.09.2010, Az.: 19 SchH 15/10, zitiert nach beck-online).
Eine Vertragsauslegung kann nach diesen Grundsätzen auch zu einem vom Wortlaut abweichenden Ergebnis gelangen, wenn sich ein dies rechtfertigender übereinstimmender Wille der Vertragspartner feststellen lässt (BGH, NJW 2001, 144, 145).
Im Streitfall ist von einem derartigen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entgegen dem eigentlichen Wortlaut der Klausel auszugehen.
Zwar hat eine Vertragsauslegung in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarung und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen. Danach spricht die deutsche Fassung der in Ziffer 16 enthaltenen Klausel für einen Willen der Parteien, Streitigkeiten, die sich nicht im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung ergeben, einem Schiedsgericht zu unterwerfen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin handelt es sich hierbei jedoch nur um eine scheinbar eindeutige Vertragsklausel, die eine Auslegung nach §§ 133, 157 BGB nicht ausschließt.
Zunächst fehlt jegliche plausible Erklärung dafür, warum die Parteien eine Schiedsvereinbarung für außerhalb der Vertragsvereinbarung entstehende Streitigkeiten hätten vereinbaren sollen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass zwischen den Parteien über die Vereinbarung hinaus überhaupt Beziehungen geschäftlicher oder wirtschaftlicher Art bestanden oder bestehen, hinsichtlich derer die Vereinbarung einer derartigen Schiedsklausel sinnhaft hätte sein können. Vielmehr stellt die Einbindung der Schiedsklausel in die „Vereinbarungen zum Kaufvertrag“ ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die – nicht zuletzt recht ausführlich formulierte - Schiedsklausel auch gerade einen Bezug zu den konkreten Vertragsvereinbarungen beinhalten sollte.
Maßgebend ist weiter der Umstand, dass die in chinesischer Sprache abgefasste Klausel einen gegensätzlichen Inhalt aufweist. Danach haben die Vertragsparteien die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts gerade im Hinblick auf Streitigkeiten bezüglich der „Vereinbarungen zum Kaufvertrag“ vereinbart. Diese offensichtliche Diskrepanz der beiden sprachlichen Fassungen begründet die Widersprüchlichkeit der Klausel und gebietet eine Auslegung im wohlverstandenen Interesse der Parteien und wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht mit Blick auf den handschriftlichen Zusatz geboten, wonach ausschließlich die Formulierungen in deutscher Sprache verbindlich sein sollten. Dieser nachträgliche Zusatz steht der Auslegungsfähigkeit der Klausel schon deshalb nicht entgegen, weil nicht dargetan ist, dass die Vertragsparteien die Gegensätzlichkeit der beiden sprachlichen Fassungen seinerzeit erkannt hatten und mit diesem Zusatz gerade eine Klarstellung beabsichtigt war. So will die Antragsgegnerin lediglich auf eine ihr günstig erscheinende Vertragsbedingung kommentarlos eingegangen sein; danach ist jedoch auszuschließen, dass die Widersprüchlichkeit der beiden sprachlichen Fassungen anlässlich des Vertragsabschlusses von beiden Parteien erkannt bzw. thematisiert wurde und der handschriftliche Zusatz gerade dazu diente, diese Kontradiktion auszuräumen.
Hinzu kommt, dass die Parteien ein individuelles Vertragswerk abgefasst haben, für welches zweifelsfrei deutsches Recht zu Anwendung kommen sollte.
Entsprechend bestimmt Ziffer 15), dass die Basis für den Kaufvertrag ausschließlich das Bürgerliche Gesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland und UN-Kaufrecht ausdrücklich ausgeschlossen sein sollte. Ferner sollten gemäß Ziffer 1) die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin nachrangig zur Geltung kommen. Diese wiederum sehen den Geschäftssitz der Antragstellerin als ausschließlichen Gerichtsstand vor. Bei dieser Sachlage konnte die Antragsgegnerin entgegen ihrer Darstellung unter keinem Gesichtspunkt darauf vertrauen, bei Streitigkeiten aus dem Vertrag ausschließlich vor einem chinesischen Gericht in Anspruch genommen zu werden. Auch kann vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen gelten, dass die Parteien – wie die Antragsgegnerin meint – mit der betreffenden Klausel lediglich in etwas umständlicher Weise die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte hätten vereinbaren wollen.
Vielmehr ist mit Blick auf diese Gesamtumstände die Auslegungsbedürftigkeit der Klausel als Voraussetzung einer Auslegung zu bejahen.
In der Sache selbst ergibt die danach vorzunehmende Auslegung, dass sich das Wort „nicht“ lediglich als redaktioneller Fehler in die Schiedsklausel eingeschlichen hat.
Hierfür spricht nicht nur die chinesische Fassung der Schiedsklausel, wonach gerade Streitigkeiten aus der Vereinbarung von einer deutschen Schiedsgerichtsvereinigung entschieden werden sollten, sondern auch der Umstand, dass die Parteien die Schiedsklausel mit einer gewissen Sorgfalt abgefasst haben. Sie haben sich hierbei nicht lediglich auf die Mindestanforderungen - nämlich die Übertragung aller oder einzelner Streitigkeiten in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis auf ein Schiedsgericht - beschränkt, sondern vielmehr darüberhinausgehende Einzelheiten präzisiert. So ist neben der Festlegung der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit auch die Anzahl der Schiedsrichter und der Schiedsort bestimmt. Ferner haben sich die Parteien auf die deutsche Sprache als Vertrags- und Prozesssprache geeinigt. Sie haben damit ihr Interesse zum Ausdruck gebracht, möglichst frühzeitig und umfassend die Modalitäten einer etwaigen künftigen Streitentstehung verbindlich regeln zu wollen.
Berücksichtigt man zudem den unbestritten gebliebenen zeitlichen Ablauf der zwischen den Parteien geführten Gespräche, wonach die Verhandlungen – nach dem Erstkontakt anlässlich der Messe Ende Mai 2009 - mit Blick auf bestimmte gesetzliche Stichtage unter einem erheblichen Zeitdruck geführt wurden, liegt es auch unter diesem Aspekt nahe, dass sich etwaige sprachliche Fehler oder Ungenauigkeiten leicht in die Abfassung der Verträge einschleichen konnten.
Schließlich vermögen auch die eigenen Darlegungen der Antragsgegnerin nicht die Überzeugung zu begründen, sie habe bei Unterzeichnung des Vertrages den erklärten Willen gehabt, sich einem Schiedsgericht gerade nicht unterwerfen zu wollen. Insoweit will die Antragsgegnerin schlicht auf die Deutschkenntnisse des für die Lieferfirma auftretenden Herrn Y vertraut haben, der ihr die Klausel als unbedenklich bestätigt habe; dafür dass diese Bestätigung jedoch gerade im Hinblick auf das Wort „nicht“ erfolgte, während die chinesische Fassung der Klausel ausdrücklich nicht gebilligt worden wäre, lassen sich jedoch keinerlei substantielle Anhaltspunkte finden.
3) Die danach zwischen den Parteien positiv abgeschlossene Schiedsvereinbarung unterliegt formell wie inhaltlich keinen weiteren Bedenken.
Die getroffene Vereinbarung, wonach Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Vereinbarung unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem Schiedsgericht endgültig entschieden werden sollen, genügt den Anforderungen des § 1029 ZPO (Zöller-Geimer, a.a.O., Rdnr. 18, 28 zu § 1029 ZPO). Sie ist zudem gemäß § 1031 Abs. 1 ZPO formwirksam getroffen worden und erfasst den Gegenstand des beabsichtigten Schiedsverfahrens sowohl in sachlicher wie auch persönlicher Hinsicht.
Nach alledem war dem Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens mit der Maßgabe der aus dem Tenor ersichtlichen Fassung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO und entspricht etwa 1/5 des Wertes des schiedsrichterlichen Verfahrens (vgl. zuletzt Senatsbeschlüsse vom 07.03.2012, Az.: 26 SchH 16/11 sowie vom 10.05.2012, Az.: 26 SchH 11/10).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 18/11 27.02.2012 Zuständigkeit des Schiedsgerichts bei Schiedsklausel in Partnerschaftsvertrag
BESCHLUSS
Tenor:
Es wird festgestellt, dass zur Klärung der Frage, ob der Antragsteller gegen die Antragsgegner einen Anspruch auf unveränderte Fortzahlung der in § 18 des Partnerschaftsvertrages vom ….1987 vereinbarten Versorgungsbezüge hat, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts gegeben ist.
Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 25.000,00festgesetzt.
Gründe:
I.

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens.
Durch Partnerschaftsvertrag vom ….1987 schlossen sich der Antragsteller sowie die damals beteiligten Rechtsanwälte X1 und Y zu einer BGB-Gesellschaft unter der Bezeichnung „Z, X & Partner“ zusammen. Dieser Partnerschaftsvertrag enthält in § 20 eine Schiedsklausel folgenden Inhalts:
„Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag oder über seine Gültigkeit, die zwischen den Partnern und/oder zwischen einem oder mehreren Partnern einerseits und der Partnerschaft andererseits entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs von einem Schiedsgericht endgültig entschieden. Die Schiedsvereinbarung ist in einer gesonderten Urkunde als Anlage zu diesem Vertrag niedergelegt.“
Wegen des Inhalts der gesonderten Schiedsvereinbarung sowie wegen der weiteren Regelungen des Partnerschaftsvertrages wird auf den Akteninhalt (Bl. 8 ff. d.A.) Bezug genommen.
Durch Zusatzvereinbarung vom …..1992 (Bl. 6, 7 d.A.) trat der Antragsgegner zu 2) und durch Zusatzvereinbarung vom ….2002 (Bl. 23, 24 d.A.) trat der Antragsgegner zu 3) der Partnerschaft bei.
Der Antragsteller schied zum 30.06.2005 aus der Sozietät aus. In der Folgezeit wurden ihm bis einschließlich Mai 2011 seitens der Antragsgegner die in § 18 des Partnerschaftsvertrages geregelten Versorgungsbezüge ausgezahlt. Weitere anteilige Zahlungen erfolgten bis einschließlich August 2011. Seit diesem Zeitpunkt wurden sämtliche Zahlungen eingestellt.
Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Schiedsvereinbarung bat der Antragsteller die Rechtsanwaltskammer O1 um die Benennung eines Schiedsrichters. Durch Schreiben vom 22.02.2011 (Bl. 98 d.A.) benannte die Rechtsanwaltskammer Herrn W1 als Schiedsrichter.
Durch an die Parteien gerichtetes Schreiben vom 03.03.2011 (Bl. 55 f. d.A.) teilte Rechtsanwalt W mit, dass er gerne bereit sei, das Schiedsrichteramt zu übernehmen und übermittelte den Parteien zugleich den Entwurf eines Schiedsrichtervertrages, mit der Bitte um Zustimmung.
In der Folgezeit vertraten die Antragsgegner die Ansicht, dass die Schiedsvereinbarung unwirksam sei und verweigerten die Unterzeichnung des Schiedsrichtervertrages.
Der Antragsteller begehrt nunmehr mit Antragsschrift vom 22.11.2011 die gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens.
Er vertritt die Ansicht, dass die Einwendungen der Antragsgegner hinsichtlich der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung unbegründet seien und deshalb eine Klärung gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO geboten sei.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass zur Entscheidung der Frage, ob der Antragsteller gegen die Antragsgegner einen Anspruch auf unveränderte Fortzahlung seiner in § 18 des Sozietätsvertrages vom ….1987 in der Fassung vom ….1992 zwischen den Parteien vereinbarten Versorgungsbezüge hat, das in § 20 des Sozietätsvertrages vorgesehene Schiedsgericht zuständig ist.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag zurückzuweisen, sowie vorsorglich die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum BGH.
Sie halten den Antrag bereits für unzulässig, da mit der Benennung des Rechtsanwalts W1 als Schiedsrichter bereits eine Konstituierung des Schiedsgerichts erfolgt und deshalb eine gerichtliche Feststellung nach § 1032 Abs. 2 ZPO nicht mehr zulässig sei.
Im Übrigen sei die Schiedsvereinbarung unwirksam, da sie nicht die von der Rechtsprechung aufgestellten Mindestanforderungen erfülle. Ungeachtet dessen sei der Antragsgegner zu 3) ohnehin nicht an die Schiedsvereinbarung gebunden, da diese nicht Gegenstand der Zusatzvereinbarung vom ….2002 gewesen und deshalb ein Beitritt des Antragsgegners zu 3) zur Schiedsvereinbarung nicht erfolgt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. II.
Die Zuständigkeit des Senats für den Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens folgt aus §§ 1032 Abs. 2, 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
A. Der Antrag ist zulässig.
Gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden. Das Gesetz definiert den Begriff „Bildung des Schiedsgerichts“ nicht näher; allgemein wird darunter jedoch eine Konstituierung i.S.v. §§ 1034, 1035 ZPO verstanden (vgl. hierzu MüKo-Münch, ZPO, 3. Auflage 2008, Rdnr. 22 zu § 1032 ZPO; Musielak-Voit, ZPO, 8. Auflage 2011, Rdnr. 10 zu § 1032 ZPO), deren Voraussetzungen sich im Einzelfall danach richten, ob und welche Vereinbarungen die Parteien über die Bestellung der Schiedsrichter getroffen haben.
Vorliegend sieht die als Anlage zum Partnerschaftsvertrag vom ….1987 getroffene gesonderte Schiedsvereinbarung die Benennung eines Einzelschiedsrichters durch die Rechtsanwaltskammer O1 vor, die hier im Rahmen des Schreibens vom 22.02.2011 erfolgt ist. Eine solche Benennung des Schiedsrichters ist als prozessrechtlicher Bestellungsakt zu qualifizieren, da die Parteien nunmehr auf den benannten Schiedsrichter festgelegt werden und nur noch gemeinsam einen anderen Schiedsrichter ernennen können (vgl. hierzu MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr. 11 zu § 1035 ZPO; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage 2005, Kap. 10, Rdnr. 2).
Hiervon zu unterscheiden ist jedoch der Abschluss des Schiedsrichtervertrages, der die Grundlage der Tätigkeit des Schiedsrichters für beide Parteien bildet und eine Beteiligung beider Schiedsvertragsparteien und des Schiedsrichters erfordert (Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 11, Rdnr. 1).
Damit hängt der Beginn des Schiedsrichteramtes von der einvernehmlichen Mitwirkung beider Schiedsvertragsparteien und auch des Schiedsrichters ab; erst die materielle Vereinbarung begründet die „Pflichtigkeit zum Schiedsrichten“ (vgl. hierzu MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr. 14 ff. zu § 1035 ZPO; vgl. auch Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 11, Rdnr. 9, wonach erst durch den Schiedsrichtervertrag das prozessuale Amt des Schiedsrichters begründet und damit eine prozessuale Wirkung erzeugt wird; vgl. auch Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit, Kompendium für die Praxis, Rdnr. 571 f.).
Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass sich das Schiedsgericht bereits i.S.v. § 1032 Abs. 2 ZPO gebildet hat.
Der benannte Schiedsrichter W hat zwar sein vorläufiges Einverständnis mit der angetragenen Schiedsrichtertätigkeit bekundet, die endgültige Bereitschaft zur Übernahme des Amtes ausweislich des als Anlage W 10 (Bl. 55 f. d.A.) eingereichten Schreibens vom 03.03.2011 jedoch von der Unterzeichnung eines Schiedsrichtervertrages abhängig gemacht. Eine bindende Amtsübernahme unter einvernehmlicher Mitwirkung aller Beteiligten ist danach nicht anzunehmen, weshalb sich die Antragsgegner nicht mit Erfolg auf die Unzulässigkeit des Antrages nach § 1032 Abs. 2 ZPO berufen können.
Dies gilt umso mehr, als dem Antragsteller bei der gegebenen Sachlage auch nicht die Möglichkeit eröffnet ist, vor dem Schiedsgericht einen Zwischenentscheid über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nach § 1040 ZPO zu erwirken. Vielmehr stellt sich das Verhalten der Antragsgegner vor diesem Hintergrund als rechtsmißbräuchlich dar, indem sie einerseits den Antragsteller auf das Verfahren vor dem Schiedsgericht verweisen, andererseits aber ein Schiedsverfahren ihrerseits wegen vermeintlich unwirksamer Schiedsvereinbarung für unzulässig halten.
Nicht zuletzt zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken wäre daher der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit des Schiedsverfahrens trotz der Einschränkung in § 1032 Abs. 2 ZPO auch nach Bildung des Schiedsgerichts noch für zulässig zu erachten (vgl. hierzu Musielak-Voit, a.a.O., Rdnr. 11 zu § 1032 ZPO; Zöller-Geimer, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 25 zu § 1032 ZPO).
B. Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegner ist die in § 20 des Partnerschaftsvertrages bzw. die in der Anlage zum Partnerschaftsvertrag enthaltene Schiedsklausel nicht unwirksam.
Die hier getroffene Vereinbarung, wonach alle Streitigkeiten aus dem Partnerschaftsvertrag oder über seine Gültigkeit unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem Schiedsrichter endgültig entschieden werden, genügt den Anforderungen des § 1029 ZPO (Zöller-Geimer, a.a.O., Rdnr. 28, Rdnr. 74 zu § 1029 ZPO; vgl. auch KG, Beschluss vom 28.04.2011, Az.: 23 U 33/11, zitiert nach BeckRS). Sie ist zudem formwirksam getroffen worden, denn die Antragsgegner sind keine Verbraucher (§ 13 BGB, § 1031 Abs. 5 ZPO).
Die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof im Zusammenhang von GmbH- Beschlussmängelstreitigkeiten an die Formulierung von Schiedsklauseln gestellt hat (BGH NJW 2009, 1962 ff.), sind vorliegend nicht einschlägig. Es ist weder ersichtlich noch von den Antragsgegnern ansatzweise konkret dargelegt, inwieweit diese speziell im Hinblick auf die Schiedsfähigkeit von GmbH-Gesellschafterbeschlüssen entwickelte Rechtsprechung, Bedeutung für die Wirksamkeit der hier im Streit stehenden Schiedsklausel haben könnte. Die dort maßgebenden Überlegungen, nämlich die Sicherung der Beteiligungsrechte aller Gesellschafter sowohl am Verfahren wie auch an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter (sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt) sowie das Erfordernis einer Zuständigkeitskonzentration aller, denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht (vgl. BGH a.a.O.), werden durch die hier im Rahmen einer BGB-Gesellschaft vereinbarte Schiedsklausel nicht berührt. Auch gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass diese Rechtsprechung die Anforderungen an Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften beeinflusst hätte (vgl. KG, a.a.O.).
Es ist danach von einer insgesamt wirksamen und durchführbaren Schiedsklausel auszugehen; auch unterfällt der Gegenstand des Streits zwischen den Parteien der Schiedsvereinbarung, weshalb sich der Feststellungsantrag des Antragstellers als begründet erweist.
Schließlich erstreckt sich die in § 20 des Partnerschaftsvertrages enthaltene Schiedsklausel auch auf den Antragsgegner zu 3).
Gem. § 1031 Abs. 3 ZPO kann eine Schiedsklausel auch bezugnehmend begründet werden, indem ein zwischen den Parteien abgeschlossener Hauptvertrag eine Bezugnahme auf eine Schiedsklausel enthält, durch welche die Klausel zu einem Bestandteil des Vertrages wird. Mit dem in Bezug genommenen Dokument sind insbesondere AGB gemeint, es kommen aber auch andere Schriftstücke in Betracht, die den Vorgaben des § 1031 Abs. 1 ZPO entsprechen.
Erforderlich ist eine schriftliche und unmissverständliche Bezugnahme auf das die Schiedsabrede enthaltene Dokument, wobei ein ausdrücklicher Hinweis auf die Schiedsabrede in dem in Bezug nehmenden Dokument ebenso wenig erforderlich ist wie eine Kenntnis des anderen Teils vom Inhalt des in Bezug genommenen Schriftstücks (vgl. MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr. 37 f. zu § 1031 ZPO; BGH NJW-RR 2007, 1719; Musielak-Voit, a.a.O., Rdnr. 6 zu § 1031 ZPO).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist hier von einer wirksamen Einbeziehung der Schiedsklausel auszugehen.
Die mit dem Antragsgegner zu 3) am ….2022 abgeschlossene Zusatzvereinbarung zum Partnerschaftsvertrag enthält eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Bestimmungen des Partnerschaftsvertrages in der von den bisherigen Partnern paraphierten Form und sieht vor, dass diese Bestimmungen Inhalt der Zusatzvereinbarung werden. Dies ist ausreichend, um die in § 20 des Partnerschaftsvertrages enthaltene Schiedsklausel rechtswirksam auch auf den Antragsgegner zu 3) zu erstrecken.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 3, 91 Abs. 1 ZPO.
Einer gesonderten Entscheidung über die beantragte Zulassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es im Hinblick auf § 1065 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 15/11 13.02.2012 Gründe für die Ablehnung des Vorsitzenden eines Schiedsgerichts
BESCHLUSS
Tenor:
Der Antrag der Schiedsklägerinnen, die Ablehnung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts, …, für begründet zu erklären, wird zurückgewiesen.
Die Schiedsklägerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 9.309.753,- € festgesetzt.
Gründe:
I.

Die Schiedsklägerinnen begehren die gerichtliche Entscheidung über ihr Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden des Schiedsgerichts.
In dem seit dem Jahre 2008 anhängigen Schiedsverfahren streiten die Parteien um die Berechnung des Kaufpreises für Geschäftsanteile von sieben im Bereich des Breitbandkabelgeschäftes tätigen Tochtergesellschaften, die die Schiedsklägerinnen mit Vertrag vom 17./18.09.2007 (SPA) an die Schiedsbeklagte veräußerten. Nach weitgehend vergleichsweiser Erledigung der in dem Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche geht es letztlich noch um einen im Wege der Widerklage erhobenen Anspruch auf Rückerstattung einer nach Auffassung der Schiedsbeklagten überhöhten Kaufpreiszahlung.
Nachdem die Verfahrensbevollmächtigten der Schiedsklägerinnen am 08.06.2011 davon Kenntnis erlangten, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts in einem anderen Schiedsverfahren auf Nachfrage einer Partei offengelegt hatte, für andere Mandanten der in diesem Verfahren beteiligten Rechtsanwaltskanzlei Gutachten erstattet zu haben, baten die Bevollmächtigten der Schiedsklägerinnen den Vorsitzenden des Schiedsgerichts unter anderem um Mitteilung, ob er während des hier zugrunde liegenden Schiedsverfahrens bzw. bis zu einem Zeitraum von drei Jahren davor für die Kanzlei A oder deren Mandanten Gutachten erstattet habe oder von Prozessbevollmächtigten dieser Kanzlei zum Schiedsrichter bestellt worden sei. Mit Schreiben vom 20.06.2011 wies der Vorsitzende des Schiedsgerichts darauf hin, dass er in der Vergangenheit verschiedentlich als Gutachter in Fällen tätig geworden sei, in denen die Kanzlei A involviert gewesen sei. Zudem sei er im Jahre 2007 durch eine von A benannte Partei zum Schiedsrichter bestimmt worden. Auf weitere Nachfrage der Bevollmächtigten der Schiedsklägerinnen vom 28.06.2011 ergänzte der Vorsitzende des Schiedsgerichts die Angaben zu seiner Gutachtertätigkeit. Danach erstattete er in den Jahren 2006 bis 2011 neun bzw. zehn Gutachten für Mandanten von A.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 05.07.2011 (Bl. 75 ff d. A.) Bezug genommen. Diese Mandanten sind weder in irgendeiner Form mit der Schiedsbeklagten verbunden noch gab es inhaltlich einen Bezug zu den im vorliegenden Schiedsverfahren gegenständlichen Fragen. Unstreitig ist ferner, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts in dem maßgeblichen Zeitraum eine Reihe weiterer Gutachten erstattet hat, unter anderem in Streitigkeiten, in denen A die Gegenseite vertritt bzw. vertreten hat.
Mit Schriftsatz vom 13.07.2011 lehnten die Schiedsklägerinnen den Vorsitzenden des Schiedsgerichts wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Nach dessen Stellungnahme wies das Schiedsgericht das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 01.08.2011 zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Beschluss verwiesen (Anlage ASt. 1 zum Ss. vom 29.08.2011).
Hiergegen wenden sich die Schiedsklägerinnen mit ihrem am 29.08.2011 eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Sie sind der Auffassung, wegen der zahlreichen Gutachten, die der Vorsitzende für Mandanten von A erstattet habe, rechtfertige sich die Besorgnis der Befangenheit, da hierdurch eine besondere Nähe in Form einer ständigen Geschäftsbeziehung zu den Bevollmächtigten einer Schiedspartei dokumentiert werde, die für einen vernünftigen Betrachter den Eindruck entstehen lasse, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts nicht mehr unvoreingenommen sei. Besonders schwer wiege in diesem Zusammenhang, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts seine Gutachtertätigkeit nach Beginn des Schiedsverfahrens fortgesetzt habe, ohne diese Tätigkeit offenzulegen und dass er ein Gutachten übernommen habe, das ihm von dem Bevollmächtigten der Schiedsbeklagten dieses Verfahrens angetragen worden sei. Wenn nach den „IBA Guidelines on Conflicts of Interests in International Arbitration“ (nachfolgend: IBA Guidelines) schon die mehr als dreimalige Beauftragung als Schiedsrichter durch einen Anwalt bzw. eine Kanzlei als offenbarungspflichtiger Umstand angesehen werde, müsse dies erst Recht für eine Gutachtertätigkeit gelten.
Die Schiedsklägerinnen bzw. deren Bevollmächtigte hätten vor der Mitteilung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts auch keine Kenntnis von dessen Gutachtertätigkeit gehabt.
Allein der Umstand, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts als Universitätsprofessor und international anerkannter Fachmann auf den Gebieten des …- und …rechts häufiger Gutachten für … bzw. die sie vertretenden Anwaltskanzleien erstatte, sei unerheblich, da allein auf die Kenntnis im konkreten Fall abzustellen sei.
Schließlich gründe sich die Besorgnis der Befangenheit auch auf einzelne Formulierungen in dem Beschluss des Schiedsgerichts vom 01.08.2011 (Seite 8 lit. d); damit werde den Schiedsklägerinnen unterstellt, das Ablehnungsverfahren missbräuchlich zu betreiben.

10.  Die Schiedsklägerinnen beantragen,
11.  die Ablehnung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts, …, für begründet zu erklären.
12.  Die Schiedsbeklagte beantragt,
13.  den Antrag zurückzuweisen.
14.  Sie ist der Auffassung, die gutachterliche Tätigkeit des Vorsitzenden des Schiedsgerichts sei weder offenbarungspflichtig gewesen noch rechtfertige sie die Besorgnis der Befangenheit. Eine ständige Geschäftsbeziehung und damit eine besondere Nähe zu A sei durch diese Tätigkeit nicht begründet worden, da, so behauptet die Schiedsbeklagte, in allen Fällen die Gutachtenaufträge von den Mandanten selbst erteilt worden seien.
15.  Das Gutachten, bei dem der Bevollmächtigte der Schiedsbeklagten, Herr B „involviert“ gewesen sei, sei von der Bank … in einem der zahlreichen Verfahren X / Y in Auftrag gegeben worden, die auch den Gutachter ausgesucht habe. Die „Involvierung“ des Rechtsanwaltes B habe darin bestanden, dass dem Gutachter auf Bitten der Bank … Kopien der Verfahrensakte zur Verfügung gestellt worden seien.
16.  Den Schiedsklägerinnen bzw. ihren Bevollmächtigten sei bekannt gewesen, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts als Universitätsprofessor und international anerkannter Fachmann auf den Gebieten des Unternehmens- und Wirtschaftsrechts häufiger Gutachten für Unternehmen bzw. die sie vertretenden Anwaltskanzleien erstatte. Diesen Umstand erst drei Jahre nach Beginn des Schiedsverfahrens zum Anlass für ein Befangenheitsgesuch zu nehmen sei rechtsmissbräuchlich. Insoweit handle es sich auch nicht um einen offenbarungspflichtigen Umstand, so dass auch auf die unterbliebene Offenlegung dieser Tätigkeiten die Befangenheit nicht gestützt werden könne. Aus den IBA Guidelines könne eine Offenbarungspflicht ebenfalls nicht abgeleitet werden, da der in Ziffer 3.3.7 erwähnte Umstand sich ausschließlich auf die Benennung als Schiedsrichter beziehe; ein Erst-Recht-Schluss im Hinblick auf eine Gutachtertätigkeit komme nicht in Betracht, da die Guidelines die zu beachtenden Verhaltensmaßregeln ausdrücklich normiere, so dass die nicht erwähnten Tätigkeiten auch nicht zu offenbaren seien. Ohnehin begründe ein Verstoß gegen Offenbarungspflichten im Sinne des § 1036 Abs. 1 ZPO nicht die Ablehnung des Schiedsrichters, sondern löse lediglich Sekundäransprüche aus.
17.  Der Beschluss des Schiedsgerichts vom 01.08.2011 beinhalte keine unsachlichen Ausführungen; dass Schiedsgericht habe vielmehr den Sachverhalt zutreffend wiedergegeben und die nach seiner Auffassung daraus abzuleitende rechtliche Einordnung dargelegt.
18.  Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Schiedsklägerinnen vom 29.08.2011 (Bl. 1 ff d. A.), 28.10.2011 (Bl. 125 ff d. A.) und 01.12.2011 (Bl. 141 ff d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Schiedsbeklagten vom 18.11.2011 (Bl. 134 ff d. A.) und vom 12.02.2010 (Bl. 59 ff d. A.), jeweils nebst Anlagen, verwiesen.
II.
19.  Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts ist nach § 1037 Abs. 3 ZPO statthaft und form- und fristgerecht bei dem insoweit zuständigen Gericht (§ 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) gestellt worden; in der Sache ist dem Antrag jedoch kein Erfolg beschieden.
20.  Zwar wird man nicht feststellen können, dass die Schiedsklägerinnen mit den von ihnen vorgebrachten Ablehnungsgründen bereits präkludiert sind, weil diese Gründe nicht innerhalb der Zwei-Wochenfrist gemäß § 1037 Abs. 2 ZPO bzw. § 18.2 DIS-Schiedsordnung dem Schiedsgericht mitgeteilt worden seien. Denn die Frist beginnt nur zu laufen, wenn der Partei der Ablehnungsgrund zur Kenntnis gelangt ist, wobei die positive Kenntnis aller die Ablehnung begründenden Umstände erforderlich ist. Diese Kenntnis hatten die Schiedsklägerinnen noch nicht auf der Grundlage des Schreibens des Vorsitzenden des Schiedsgerichts vom 20.06.2011, da er in diesem Schreiben lediglich pauschal auf eine Gutachtertätigkeit in der Vergangenheit hingewiesen hat, ohne den Umfang und die zeitliche Dimension seiner Tätigkeit näher zu erläutern. Gerade diese Gesichtspunkte sind aber für die Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Schiedsrichters die Besorgnis der Befangenheit zu begründen geeignet ist, maßgeblich. Über diese Einzelheiten wurden die Schiedsklägerinnen erst mit dem weiteren Schreiben des Vorsitzenden des Schiedsgerichts vom 05.07.2011 informiert. Darüber hinaus kann für den Zeitpunkt der Kenntniserlangung im Sinne der oben zitierten Vorschriften auch nicht darauf abgestellt werden, dass die Schiedsklägerinnen bzw. ihre Bevollmächtigten wussten bzw. wissen mussten, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts als Universitätsprofessor und international anerkannter Fachmann auf den Gebieten des Unternehmens- und Wirtschaftsrechts häufiger Gutachten für Unternehmen bzw. die sie vertretenden Anwaltskanzleien erstattete. Entscheidend ist, dass sie keine konkrete Kenntnis von Tätigkeiten für Mandanten von A in dem hier maßgeblichen Zeitraum hatten; dass dies der Fall war, haben die Schiedsklägerinnen hinreichend dargetan. Damit erfolgte ihr Befangenheitsgesuch vom 13.07.2011 fristwahrend.
21.  Dem Antrag war gleichwohl kein Erfolg beschieden, da die geltend gemachten Ablehnungsgründe eine Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden des Schiedsgerichts im Ergebnis nicht rechtfertigen.
22.  Ein Schiedsrichter kann nach den inhaltlich identischen Vorschriften des § 1036 Abs. 2 ZPO und des § 18.1 der DIS-Schiedsordnung nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Der Prüfungsmaßstab hinsichtlich der Befangenheit eines Schiedsrichters richtet sich weiterhin nach denjenigen Kriterien, die für die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit gelten.
23.  Zwar weicht § 1036 Abs. 2 ZPO in der seit dem 01.01.1998 geltenden Fassung von der früheren Fassung des § 1032 Abs. 1 ZPO ab, wonach für die Ablehnung eines Schiedsrichters die den staatlichen Richter betreffenden Ablehnungsgründe heranzuziehen waren. Eine sachliche Änderung war damit jedoch nicht beabsichtigt. Der Gesetzgeber wollte sich damit vielmehr bewusst an Art. 12 Abs. 2 des UNCITRAL Model Law anlehnen und damit eine für ausländische Parteien nur schwer nachvollziehbare Verweisung auf nationale Verfahrensvorschriften vermeiden (BT-Drucks. 13/5274, S. 40; vgl. auch OLG Naumburg, SchiedsVZ 2003, 134 ff). Eine Besorgnis der Befangenheit kann daher nur dann angenommen werden, wenn nach den Umständen des konkreten Falles ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Schiedsrichters zu rechtfertigen. Maßgebend hierfür ist nicht, ob der abgelehnte Richter wirklich befangen ist oder sich selbst für befangen hält, sondern allein, ob vom Standpunkt der Partei aus genügend objektive Gründe vorliegen, die aus der Sicht eines vernünftigen Menschen die Befürchtung wecken können, der betreffende Schiedsrichter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. OLG Naumburg, a.a.O., m.w.N.; OLG Bremen, SchiedVZ 2007, 53 ff; OLG Frankfurt, SchiedsVZ 2008, 199; NJW-RR 2008, 801).
24.  Dies zugrunde legend geben die von den Schiedsklägerinnen vorgetragenen Umstände aus der Sicht einer „ruhig und vernünftig denkenden Partei“ keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden des Schiedsgerichts zu zweifeln. Die angeführten Gründe rechtfertigen weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau die geltend gemachte Ablehnung.
25.  1. Gutachtertätigkeit
26.  Die Schiedsklägerinnen stützen ihr Ablehnungsgesuch vornehmlich darauf, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts vor und insbesondere während des Schiedsverfahrens eine Reihe von Gutachten für Mandanten von A erstattet hat. Grundsätzlich sind aber nur enge persönliche oder geschäftliche Beziehungen zwischen dem Richter und einem Verfahrensbeteiligten geeignet, die Unparteilichkeit eines Richters in Frage zu stellen (vgl. BGH, BGHReport 2005, 1350; OLG Naumburg, a.a.O.; OLG Frankfurt, SchiedsVZ 2008, 199). Eine Freundschaft oder eine sonstige nahe Beziehung der Schiedsrichter untereinander oder zu einem Bevollmächtigten einer Partei ist hingegen regelmäßig kein Ablehnungsgrund (vgl. Zöller-Geimer ZPO, 29. Aufl., § 1036 Rz. 11; Schwab/Walter, Kap. 14 Rz. 8). Selbst wenn man aber auch das Verhältnis zwischen Schiedsrichter und dem Bevollmächtigten einer Partei in die Bewertung einbezieht, führt dies hier zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Weder ist eine besondere enge persönliche Beziehung zwischen dem abgelehnten Schiedsrichter und dem/den Bevollmächtigten der Schiedsbeklagten erkennbar noch ist eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem Schiedsrichter und der Anwaltskanzlei A glaubhaft gemacht, die aus der Sicht der Schiedsklägerinnen Zweifel an der Unabhängigkeit des abgelehnten Richters begründen könnte. Zwar mag insbesondere bei engen geschäftlichen Kontakten eine besondere Sensibilität geboten sein, da jedenfalls für die ablehnende Partei der Eindruck entstehen könnte, dass der Schiedsrichter ein erhebliches Interesse an der Aufrechterhaltung der geschäftlichen Beziehungen haben und sich damit zugleich in eine wirtschaftliche Abhängigkeit begeben könnte. Solche Umstände sind hier jedoch nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, dass der abgelehnte Schiedsrichter als Universitätsprofessor und international anerkannter Fachmann auf den Gebieten des Unternehmens- und Wirtschaftsrechts ausweislich seiner Stellungnahme vom 20.06.2011 in erheblichem Umfang als Schiedsrichter tätig ist und zugleich eine Vielzahl von Gutachten für Unternehmen bzw. die sie vertretenden Anwaltskanzleien erstattet, so dass allein aus der Gutachtertätigkeit für Mandanten von A noch keine wirtschaftliche Abhängigkeit zu dieser Kanzlei abzuleiten ist. Für eine vernünftige und besonnene Partei kann in einer solchen Situation nicht Eindruck entstehen, dass der Schiedsrichter allein wegen dieser Tätigkeit für Dritte, die auch sachlich in keinerlei Zusammenhang mit dem Streit der Parteien steht, ihr gegenüber nicht mehr unvoreingenommen ist. Dabei kommt es nicht einmal darauf an, ob die Gutachten unmittelbar von den Mandanten in Auftrag gegeben wurden oder von der Anwaltskanzlei selbst; letzteres ist vorliegend aber auch nicht glaubhaft gemacht worden.
27.  Eine andere Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung der Senatsentscheidung vom 10.01.2008 (SchiedsVZ 2008, 199) geboten, da dieser Entscheidung ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag. Dort standen der Schiedsrichter und der Bevollmächtigte einer Partei in einem engen persönlichen Verhältnis und waren durch ein Mietverhältnis auch wirtschaftlich miteinander verbunden; da der Schiedsrichter diese Umstände zu dem nicht offengelegt hatte, waren nach Auffassung des Senates diese Gründe in einer Gesamtschau ausreichend, um berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters annehmen zu können.
28.  2. Unterbliebene Offenlegung von Umständen, die Zweifel an der Unparteilichkeit wecken konnten / IBA Guidelines
29.  Hinreichende Gründe für die Annahme, der Vorsitzende des Schiedsgerichts könne voreingenommen sein, ergeben sich auch nicht aus einer Verletzung von Offenbarungspflichten. Nach § 1036 Abs. 1 ZPO bzw. der inhaltsgleichen Regelung in § 16.1 DIS-Schiedsordnung ist zwar jeder Schiedsrichter verpflichtet, alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an der Unparteilichkeit wecken können. Ungeachtet der Frage, ob die Verletzung einer Offenbarungspflicht gleichsam einen Ablehnungsgrund darstellen kann oder nur Sekundäransprüche begründet, liegen schon keine Umstände vor, die der abgelehnte Schiedsrichter hätte offenbaren müssen.
30.  Zwar zeigt schon die Formulierung des § 1036 Abs. 1 S. 1 ZPO, dass der Kreis der offenbarungspflichtigen Tatsachen sehr weit gefasst ist und auch Umstände erfassen kann, die die Ablehnung des Schiedsrichters wegen Befangenheit in den Augen des später darüber zu befindenden Gerichts möglichweise nicht rechtfertigen. Allerdings ist ein Schiedsrichter nach dieser Vorschrift auch nicht verpflichtet, auf „alles Mögliche“ hinzuweisen; er soll nur die Umstände offenbaren, von denen er annehmen muss, sie könnten aus Sicht der Parteien bei vernünftiger Betrachtung Zweifel an seiner Unbefangenheit hervorrufen (vgl. OLG Naumburg, a.a.O.; KG, SchiedsVZ 2010, 225). Um eine dahingehende Pflicht annehmen zu können, müssen jedoch auch für den Schiedsrichter ausreichende Anhaltspunkte vorliegen, die eine solche Möglichkeit nahelegen. Allein die Behauptung einer Partei, bei ihr hätten die verschwiegenen Umstände Zweifel an der Unparteilichkeit des Schiedsrichters geweckt oder wecken können, würde zur einer Aushöhlung der Anforderungen an die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit führen. Denn ein Umstand, der für sich schon nicht die Ablehnung eines Schiedsrichters begründet, darf nicht auf dem Umweg über die Ablehnung wegen unterlassener Offenbarung dieses Umstandes doch noch zur Ablehnung des Schiedsrichters führen (OLG Naumburg, a.a.O.; KG, a.a.O.).
31.  Unterlässt deshalb ein Schiedsrichter wie hier den Hinweis auf Umstände, die eindeutig und klar nicht geeignet waren, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen und die damit bei einer Partei bei vernünftiger Betrachtung auch keine Zweifel an seiner Unbefangenheit und Unparteilichkeit wecken konnten, so liegt darin weder ein Pflichtverstoß noch ein gesonderter Ablehnungsgrund.
32.  Der Vorsitzende des Schiedsgerichts musste insbesondere wegen der Art und des Umfangs seiner bisherigen Tätigkeiten als Schiedsrichter in nationalen und internationalen Schiedsverfahren und seiner in den Fachkreisen bekannten Tätigkeit als Gutachter zu unternehmensrechtlichen Fragen nicht davon ausgehen, dass die Fortführung dieser Tätigkeiten für Dritte, die sachlich in keinerlei Zusammenhang mit dem Streit der Parteien standen, ein Umstand war, der bei den Schiedsklägerinnen Zweifel an seiner Unparteilichkeit wecken konnte.
33.  Die hier beanstandete Tätigkeit des abgelehnten Schiedsrichters verstößt auch nicht gegen die IBA-Guidelines, die „Rules of Ethics for International Arbitrators bzw. den „Code of Ethics for Arbitrators in Commercial Disputes“ - ungeachtet der Frage der Verbindlichkeit dieser Verhaltensmaßregeln für das vorliegende Schiedsverfahren -, da in diesen Vorschriften lediglich weitergehende Tätigkeiten als Schiedsrichter bzw. geschäftliche Beziehungen zu einer Schiedspartei bzw. deren Bevollmächtigten als offenbarungspflichtig angesehen werden; solche Tätigkeiten liegen hier jedoch nicht vor bzw. sind nicht glaubhaft gemacht.
34.  3. Inhalt des Beschluss
35.  Schließlich lässt sich die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Schiedsrichters auch nicht aus dem Beschluss des Schiedsgerichts vom 01.08.2011 herleiten. Ein Schiedsrichter ist zwar ebenso wie ein staatlicher Richter zu unvoreingenommener und neutraler Amtsführung verpflichtet. Damit verbunden ist die Pflicht zur Sachlichkeit; evident unsachliche oder herabsetzende Äußerungen können dabei auf eine negative Einstellung gegenüber einer Partei hindeuten und deshalb bei objektiver Betrachtung den Eindruck entstehen lassen, der Richter sei voreingenommen. Auch die Art der Auseinandersetzung eines Richters mit einem Ablehnungsantrag kann im Einzelfall die Besorgnis der Befangenheit begründen (vgl. OLG Bremen, SchiedsVZ 2007, 53, 54; OLG Frankfurt, NJW-RR 1998, 858), wobei es dem Richter allerdings nicht versagt ist, den zur Ablehnung führenden Vorgang mit der gebotenen Zurückhaltung wertend zu beurteilen (OLG Frankfurt, a.a.O.).
36.  Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich eine evident unsachliche Verhaltensweise des abgelehnten Richter im Zusammenhang mit dem Ablehnungsgesuch nicht feststellen. Zwar wird man dem Vorsitzenden die angegriffenen Formulierungen ohne weiteres zurechnen können, da er sie sich mit seiner Unterschrift letztlich zu Eigen gemacht habt. Indes enthält der Beschluss weder unsachliche Äußerungen noch Formulierungen, die auf eine negative Einstellung gegenüber einer Partei hindeuten, so dass bei objektiver Betrachtung nicht der Eindruck entstehen konnte, der Schiedsrichter sei voreingenommen. Allein der Umstand, dass sich das Schiedsgericht auch rechtlich wertend mit dem Ablehnungsgesuch auseinandergesetzt hat, rechtfertigt keine andere Bewertung. Wie bereits oben dargelegt, sind einem abgelehnten Richter auch wertende Äußerungen zu einem Ablehnungsgesuch zuzubilligen, sofern sie mit der gebotenen Zurückhaltung erfolgen. Die Grenze wird erst dann überschritten, wenn die Art und Weise der Stellungnahme jeden sachlichen Bezug vermissen lässt und eine negative Grundeinstellung gegenüber der ablehnenden Partei zum Ausdruck gebracht wird. Diese Grenze ist im vorliegenden Fall aber nicht überschritten worden, denn aufgrund der Zeitpunkte des vorgegangenen und des nunmehr streitgegenständlichen Ablehnungsgesuches, das jeweils in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit Entscheidungen bzw. Hinweisen des Schiedsgerichts erfolgte, die nicht der Rechtsauffassung der Schiedsklägerinnen entsprachen, erscheint es jedenfalls nicht völlig unangemessen, sich auch mit der Frage der Missbräuchlichkeit der Ausübung von Verfahrensrechten zu beschäftigen. Nichts anderes hat das Schiedsgericht hier getan.
37.  Sind nach alldem die von den Schiedsklägerinnen vorgetragenen Umstände schon für sich genommen nicht geeignet, die von ihnen geäußerte Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden des Schiedsgerichts zu begründen, lässt sich eine dahingehende Besorgnis aus der Sicht einer verständigen Partei auch nicht aus einer Gesamtschau aller Umstände herleiten.
38.  Der Antrag der Schiedsklägerinnen war daher mit der Kostenfolge des § 91 zurückzuweisen.
39.  Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO; insoweit hat der Senat 1/5 des Streitwertes des Schiedsverfahrens zugrunde gelegt, in dem es noch um die mit Ziffer 10 des Widerklageantrages begehrte Herabsetzung des Kaufpreises um 46.548.765,- € geht.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 15/09 30.03.2010
B E S C H L U S S
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000,- € festgesetzt.
Gründe:
I.
Am 28.10.2009 schlossen die Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung in einem Schiedsverfahren einen Vergleich, in dem sich der Antragsgegner verpflichtete, an die Antragsteller jeweils 12.500,- € zu zahlen. Dabei trafen die Parteien eine Ratenzahlungsvereinbarung, wonach die erste Rate in Höhe von jeweils 2.500,- € zum 01.12.2009 gezahlt werden sollte und sodann ab Januar 2010 monatliche Zahlungen in Höhe von je 1.000,- € erfolgen sollten. Die Parteien vereinbarten ferner, dass bei Zahlung eines Betrages von insgesamt jeweils 10.000,- € bis zum 31.12.2009 der Restbetrag erlassen sein sollte. Wegen der Einzelheiten der Zahlungsvereinbarung wird auf den in Ablichtung vorlegten Schiedsspruch (Bl. 3 d. A.) Bezug genommen. Die Parteien hatten sich zudem eine Widerrufsfrist bis zum 03.11.2009 vorbehalten.
Eine Ausfertigung des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht mit dem Vergleichswortlaut wurde am 02.11.2009 an die Parteien versandt. Von dem Widerrufsrecht machte keine der Parteien Gebrauch. Bereits mit Schreiben vom 04.11.2009 bat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller um Mitteilung der entsprechenden Bankverbindungen. Weiterhin teilte er mit, er gehe davon aus, dass der Antragsgegner die reduzierte Zahlung bis zum Ende des Jahres erbringen werde.
Am 16.12.2009 wies der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners in einem Telefonat auf die Fälligkeit der ersten Rate hin. Der weitere Verlauf des Gespräches ist streitig. Am darauf folgenden Tag teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners per E-mail mit, dass er eine unterschriebene Ausfertigung des Vergleichs angeforderte habe und nach dessen Erhalt die vollstreckbare Ausfertigung beantragen werde. Der Schiedsspruch mit dem Vergleichswortlaut erging am 18.12.2009 und wurde dem Bevollmächtigten des Antragsgegners am 21.12.2009 zugeleitet.
Die Antragsteller beantragten mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 21.12.2009, dem Bevollmächtigten des Antragsgegners zugestellt am 18.01.2010, zunächst, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners hatte wegen der E-mail vom 17.12.2010 erst am 23.12.2009 in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller angerufen; der Inhalt dieses Gespräches ist ebenfalls streitig. Am 27.12.2009 gingen dann Zahlungen in Höhe von jeweils 10.000,- € auf den Konten der Antragsteller ein.
Nachdem die Antragsteller zunächst ihren Antrag auf Vollstreckbarerklärung für erledigt erklärt hatten, erfolgte nach entsprechendem Hinweis des Gerichts der Widerruf dieser Erledigungserklärung und zugleich die Rücknahme des Antrages auf Vollstreckbarerklärung verbunden mit dem Antrag, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, die Erledigungserklärung sei als Prozesshandlung nicht widerruflich und behauptet darüber hinaus, bereits bei der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Schiedsverfahrens sowie nochmals im Dezember sei deutlich gemacht worden, dass der Antragsgegner von der zweiten Zahlungsmodalität Gebrauch machen werde. Ferner habe der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller bei dem Gespräch am 16.12.2009 zugesagt, dass die Zwangsvollstreckung nicht sogleich betrieben werden solle. Am 23.12.2009 habe man dies nochmals bestätigt und zugesagt, dass vor dem 04.01.2010 die Zwangsvollstreckung nicht eingeleitet werde.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Antragsteller vom 27.01.2010 (...) und 02.03.2010 (...) sowie auf die Schriftsätze des Antragsgegners vom 20.01.2010 (...) und 22.03.2010 (...), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
II.
Nachdem die Antragsteller den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückgenommen haben, war gemäß § 269 Abs. 3, 4 ZPO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Diese waren unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen dem Antragsgegner aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift sind die Kosten eines Verfahrens nach erfolgter Klage-/Antragsrücknahme grundsätzlich dem Kläger/Antragsteller aufzuerlegen. Nur wenn der Anlass zur Klageerhebung vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird, kann über die Kostentragungspflicht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes entschieden werden.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zu bejahen. Der Antragsgegner hat die geschuldete Vergleichssumme am 27.12.2009 und damit nach Einreichung, aber vor Zustellung des Antrages auf Vollstreckbarerklärung gezahlt. Die Antragsteller haben darauf hin zwar zunächst die Erledigung des Verfahrens erklärt, sodann aber diese Erklärung widerrufen und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückgenommen. Dies ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners prozessrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Erledigungserklärung ist nämlich grundsätzlich frei widerruflich, solange sich der Beklagte ihr nicht angeschlossen und das Gericht noch keine Entscheidung über die Erledigung der Hauptsache getroffen hat. Bei einer Erledigungserklärung handelt es sich um eine Prozesshandlung, die – wenn sie einseitig bleibt – eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung darstellt. Sie umfasst für diesen Fall den Antrag, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Eine unmittelbar prozessgestaltende Wirkung geht von der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung nicht aus. Solange über diesen Antrag noch nicht entschieden ist, kann sowohl eine Rückkehr zu den ursprünglichen Anträgen erfolgen als auch der Hauptsacheantrag zurückgenommen werden (vgl. nur BGH, NJW 2002, 442 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).
Billigem Ermessen und dem bisherigen Sach- und Streitstand entspricht es, den Antragsgegner mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung war nach Übersendung des Schiedsspruches mit dem vereinbarten Wortlaut zulässig und wäre ohne die vor Zustellung erfolgte Zahlung auch begründet gewesen, denn zu diesem Zeitpunkt existierte ein in einem Schiedsspruch titulierter Zahlungsanspruch der Antragsteller. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners enthielt der Vergleich in Ziffer (1) nämlich zum einen eine verbindliche Vereinbarung des zu zahlenden Betrages und zum anderen eine Ratenzahlung-/ Fälligkeitsregelung, wonach die erste Rate in Höhe von jeweils 2.500,- € zum 01.12.2009 zahlbar sein sollte. Die Regelung zur Fälligkeit der ersten Rate ist auch nicht durch Ziffer (2) des Vergleiches aufgehoben worden. Ein solcher Inhalt lässt sich weder dem Wortlaut dieser Klausel noch ihrem Sinn und Zweck entnehmen. Ziffer (2) des Vergleiches eröffnete dem Antragsgegner nur die Möglichkeit, durch vorzeitige Zahlung des dort genannten Betrages einen Teilerlass der vereinbarten Schuld zu erlangen. Damit ist dem Antragsgegner aber keine Wahlschuld gemäß § 262 BGB eingeräumt worden. Es handelt sich vielmehr um eine übliche Regelung im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung, die dem Schuldner die Möglichkeit zubilligt, durch vorzeitige Zahlung eine Reduzierung der Gesamtverbindlichkeit zu erreichen und den Gläubiger früher in den Genuss des überwiegenden Teils der Forderung kommen lässt. Damit war der Antraggegner nicht von der Verpflichtung befreit, die erste Rate zum 01.12.2009 zu zahlen, so dass im Zeitpunkt des Antrags auf Vollstreckbarerklärung ein fälliger, titulierter Anspruch bestand.
Der grundsätzlich auch für Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen anzuwendende, aus §§ 788 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO herzuleitende Rechtsgedanke, dass das Kostenrisiko voreilig gestellter Anträge den Antragsteller treffen muss (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR 2004, 326; OLG München, OLGR 2006, 163) führt hier zu keiner anderen Beurteilung der Kostenverteilung. Voreilig ist eine Vollstreckung, wie auch die Vorbereitung einer Vollstreckung, nur dann, wenn eine freiwillige Leistung des Schuldner nicht abgewartet wird; dem Schuldner muss die Möglichkeit gegeben werden, die Zwangsvollstreckung durch freiwillige Leistung innerhalb einer angemessenen Frist, die sich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt, abzuwenden (vgl. BVerfG 84, 6; 99, 338). Erst bei nicht freiwilliger Leistung innerhalb der zuzubilligenden Frist kann die Notwendigkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einschließlich ihr dienender Vorbereitungshandlungen bejaht werden (vgl. OLG Düsseldorf, OLG München a.a.O.)
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann hier eine voreilige Vollstreckungsmaßnahme bzw. Vorbereitungshandlung der Antragsteller nicht festgestellt werden. Ungeachtet der Frage, dass ein der Vollstreckungserklärung zugänglicher Schiedsspruch gemäß § 1053 Abs. 1 ZPO erst am 18.02.2009 erlassen und den Parteien am 21.12.2009 zugeleitet wurde, hatte sich der Antragsgegner in dem Vergleich vom 28.10.2009 vor dem Schiedsgericht wirksam materiell-rechtlich zur Zahlung der dort vereinbarten Summe verpflichtet. Nach fruchtlosem Ablauf der vereinbarten Widerrufsfrist am 03.11.2009 bestand mithin eine wirksame und zu den vereinbarten Terminen fällige Verbindlichkeit. Ausweislich der vorgelegten Korrespondenz der Parteien war dem Antragsgegner auch kurze Zeit nach Ablauf der Widerrufsfrist bekannt, dass die Forderung wirksam entstanden ist. Bereits mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 04.11.2009 hat er nämlich um Mitteilung der Kontoverbindungen der Schiedskläger gebeten Die Antragsteller durften zum fraglichen Zeitpunkt am 21.12.2009 auch davon ausgehen, dass sie nicht ohne Vollstreckungsmaßnahmen zu ihrem Geld kommen würden, denn zu diesem Zeitpunkt war der Schiedsbeklagte bereits drei Wochen mit der vereinbarten ersten Ratenzahlung in Verzug. Vor diesem Hintergrund kommt es für die Billigkeitsentscheidung auch nicht darauf an, ob der Antragsgegner bzw. sein Bevollmächtigter im Rahmen der Gespräche und der Korrespondenz angekündigt haben, dass zum Jahresende ein Betrag von jeweils 10.000,- € gezahlt werden sollte. Ebenfalls kann dahin gestellt bleiben, ob der Bevollmächtigte der Antragsteller gegenüber dem Bevollmächtigten des Antragsgegners bei einem Telefonat am 16.12.2009 erklärt hat, nicht sofort Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten zu wollen. Spätestens nach der Ankündigung per e-mail vom 17.12.2009, mangels entsprechender Reaktionen des Antragsgegners nach dem vorangegangenem Telefonat beim Schiedsgericht nunmehr eine unterschriebene Ausfertigung des Vergleichsprotokolls angefordert zu haben, um eine vollstreckbare Ausfertigung beim Oberlandesgericht zu beantragen, hätte der Antragsgegner umgehend den seit nahezu drei Wochen fälligen Teilbetrag entrichten müssen. Auf die bloße Ankündigung, die gesamte Forderung zum Ende des Monats zum Ausgleich bringen zu wollen, mussten sich die Antragsteller nicht mehr einlassen, zumal diese Reaktion erst am 23.12.2009 erfolgte; zu diesem Zeitpunkt war der Antrag auf Vollstreckbarerklärung bereits anhängig. Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht auf den zwischen den Parteien streitigen Inhalt des Gespräches an diesem Tag an.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 12/09 23.11.2009
B E S C H L U S S:

Die einstweilige Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch vom 16.10.2009, erlassen von dem Einzelschiedsrichter ES wird zugelassen, soweit der Schiedsspruch folgenden Inhalt hat:

1. B. wird hiermit angewiesen, ... einer Summe von € 201.235,00 zu zahlen.2. B. wird hiermit angewiesen, die ... entstandenen Schiedsverfahrenskosten, einschließlich Anwaltskosten und Auslagen, in Höhe von SEK 1.018.199,00 und € 32.837,48 zu zahlen.3. B. soll ... die Summe zurückzahlen, die vorab für den Schiedsrichter von ... entrichtet wurde. Diese Summe beläuft sich auf SEK 250.000,00.

Die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch darf nicht über Maßnahmen zur Sicherung hinausgehen.

Die Antragsgegnerin ist befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von € 233.052, 48 abzuwenden.

G r ü n d e:

Die vorläufige Zwangsvollstreckung ist gemäß § 1063 Abs. 3 ZPO zuzulassen. Dies beruht auf einer Abwägung der Interessen der Antragstellerin an einer vorläufigen Sicherung der durch den Schiedsspruch zuerkannten Ansprüche gegenüber den Interessen der Antragsgegnerin daran, dass derartige Maßnahmen bis zur Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung unterbleiben.

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, welche Erfolgsaussicht der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs hat. Da gemäß Art. V des UN-Übereinkommens Einwendungen gegen die Vollstreckbarerklärung nur begrenzt möglich sind, insbesondere eine inhaltliche Nachprüfung des Schiedsspruchs zu unterbleiben hat, ergibt sich vorliegend kein gegen die Zulassung der Sicherungsvollstreckung sprechender Umstand. Insbesondere hatte die Antragsgegnerin selbst das Schiedsgericht anrufen und war sie in dem Schiedsverfahrens anwaltlich vertreten.

Den Interessen der Antragsgegnerin wird bei der vorläufigen Zulassung der Sicherungsvollstreckung grundsätzlich dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass ihr die Abwendung der Vollstreckung durch eigene Sicherheitsleistung zusteht (vgl. Sessler/Schreiber, SchiedsVZ 2006, 119, 122).

Das Interesse des Gläubigers an der Zulassung der Sicherungsvollstreckung ist bereits dann zu bejahen, wenn der Schuldner im Inland nur solches Vermögen hat, das er während des Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahrens ohne weiteres ins Ausland verlagern könnte, so dass die vollständige Befriedigung des Gläubigers aus dem Schiedsspruch ohne die Sicherung gefährdet wäre. Eine solche Konstellation liegt grundsätzlich vor, wenn der Schuldner im Inland lediglich bewegliches Vermögen wie Bankguthaben oder sonstige Forderungen hat, das er kurzfristig ins Ausland abziehen könnte (vgl. Sessler/Schreiber, a.a.O., Seite 123). Nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Antragstellerin liegen die genannten Voraussetzungen im Streitfall vor. Die Antragsgegnerin verfügt im Inland an Vermögen im Wesentlichen lediglich über ein Konto bei der A-Bank in Frankfurt am Main. Dies wird durch die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin bestätigt, der mit dem ... der Antragsgegnerin seit ca. 15 Jahren beruflich und privat bekannt ist. Weitere Nachforschungen über Immobilienvermögen sind der Antragstellerin nicht anzusinnen. Da die Antragsgegnerin ihren Sitz nicht im Inland hat, müsste die Antragstellerin in sämtlichen Grundbüchern in Deutschland recherchieren. Letztlich ist es für eine Anordnung nach § 1063 Abs. 3 ZPO ausreichend, wenn diejenigen zur Verfügung stehenden Vollstreckungsmöglichkeiten, die dem Gläubiger bekannt oder durch naheliegende, praktisch durchführbare Ermittlungen erkennbar sind, vom Schuldner ohne Weiteres ins Ausland verlagert werden können. Neben dem Konto bei der A-Bank in Frankfurt am Main hat die Antragsgegnerin Konten bei dem ... Zürich. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin ihren Geschäftssitz in der Schweiz unterhält und auch ihr alleiniger Verwaltungsrat, in der Schweiz wohnt, besteht damit die Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin während des vorliegenden Verfahrens ihre Guthaben bei der A-Bank in Frankfurt am Main abzieht und auf ihre Schweizer Konten überträgt. Es kommt dabei nicht einmal darauf an, dass die Antragstellerin gegen Herrn ... und den Geschäftsführer der deutschen Vertriebspartnerin der Antragsgegnerin Strafanzeige wegen Betrugs und anderer Delikte zum Nachteil der Antragstellerin gestellt hat.

Dem Antrag auf Zulassung der Sicherungsvollstreckung ist jedoch nur insoweit stattzugeben, als die durch den Schiedsspruch zuerkannten Ansprüche beziffert sind. Soweit der Schiedsspruch auf Zinsen nach Art. 6 des schwedischen Zinsgesetzes verweist, ist deren Höhe für den Senat zunächst nicht feststellbar.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 12/09 06.09.2010
B E S C H L U S S
Der von dem schwedischen Schiedsrichter ... als Einzelschiedsrichter am 16.10.2009 erlassene Schiedsspruch, der folgenden Inhalt hat:

1. P hiermit angewiesen, C eine Summe von € 201.235,00 zu zahlen plus Zinsen auf diesen Betrag vom ersten Januar 2009 bis zum Tag der Zahlung in Höhe von 8,5 Prozentpunkten p.a.
2. P wird hiermit angewiesen, die C entstandenen Schiedsverfahrenskosten, einschließlich Anwaltskosten und Auslagen, in Höhe von SEK 1.018.199,00 und € 32.837,48 zu zahlen.
3. P soll C die Summe zurückzahlen, die vorab für den Schiedsrichter von C entrichtet wurde. Diese Summe beläuft sich auf SEK 250.000,00.
wird für vollstreckbar erklärt.
Im übrigen wird der weitergehende Antrag auf Vollstreckbarerklärung vom 04.11.2009 zurückgewiesen.
Die Schiedsklägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Der Gegenstandswert wird auf € 356.123,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien führten im Jahr 2009 vor einem Schiedsgericht in Stockholm wegen vertraglicher Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Vermarktung von Softwareprodukten ein schiedsrichterliches Verfahren.
Durch Schiedsspruch vom 16.10.2009 wies das Schiedsgericht die Forderungen der Schiedsklägerin zurück und gab zugleich den Gegenforderungen der Schiedsbeklagten auf Entschädigungsleistung und Kostenerstattung statt, wobei wegen der Einzelheiten auf den Inhalt des Schiedsspruches (...) Bezug genommen wird.
Unter dem 04.11.2009 beantragte die Schiedsbeklagte die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches sowie die vorläufige Zulassung der Sicherungsvollstreckung. Durch Beschluss vom 23.112009 (...) wurde die vorläufige Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch in der Hauptsache zugelassen; lediglich bezüglich der weitergehenden Zinsforderungen des Antrags zu Ziffer 1. a) bis c) vom 04.112009 blieb die einstweilige Zulassung der Zwangsvollstreckung versagt.
Im Anschluss an die seitens der Antragstellerin eingeleiteten vorläufigen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ist den ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Schiedsklägerin die Antragsschrift vom 04.112009 am 19.02.2010 zugestellt worden. Durch Antwortschreiben vom gleichen Tag (...) haben die ehemaligen Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, dass sich die Schiedsklägerin seit dem 04.012010 in Konkurs befinde.
In der Folgezeit wurde dem W ansässigen zuständigen Konkursamt Höfe eine Abschrift der Antragsschrift zugestellt, deren Eingang dort unter dem 3105.2010 bestätigt wurde (...).
II.
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist im tenorierten Umfang zulässig und begründet.
Der angerufene Senat ist für die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung nach §§ 1025 Abs. 4, 1061, 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ZPO zuständig. Die Schiedsklägerin führt nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Schiedsbeklagten ein Konto bei der Xbank in Frankfurt am Main und verfügt somit über Vermögen im Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main.
Die übrigen formellen Voraussetzungen nach § 1064 Abs. 1, Abs, 3 ZPO liegen vor. So fordert § 1064 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruches lediglich die Vorlage des Schiedsspruchs in Ur- oder beglaubigter Abschrift, während es einer in bestimmter Weise beglaubigten Übersetzung des Schiedsspruches oder der Schiedsvereinbarung gemäß Art. IV UN-Übk nicht bedarf (vgl. BGH NJW-RR 2004 1504 f.).
Das Verfahren betreffend die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche wird durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin nicht berührt. Die Vorschriften der §§ 239 ff. ZPO sind im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht anwendbar (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 28. Auflage 2010, Rdnr. 8 vor § 239 ZPO; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage 2005, Kap. 16, Rdnr. 49; OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.09.1999, Az.: 8 Sch 1/99, zitiert nach juris). Denn zur Zwangsvollstreckung gehören nicht solche Akte, die - wie die Vollstreckbarerklärung - nur vorbereitenden Charakter haben und noch keine Vollstreckungswirkung entfalten (OLG Brandenburg. a.a.O.).
Der Anerkennung stehen keine Versagungsgründe entgegen. Bei dem Titel handelt es sich um einen Schiedsspruch im Sinne des Art. I Abs. 1 UN-Übk, der nur aus einem der in Art. V UN-Übk angeführten Gründe abgelehnt werden kann.
Versagungsgründe nach Art. V Abs. 1 UN-Übk sind seitens der Antragsgegnerin nicht geltend gemacht worden. Die Schiedsklägerin hat das Verfahren vor dem schwedischen Schiedsgericht selbst eingeleitet und sich dort umfassend mit Hilfe anwaltlichen Beistandes eingelassen.
Auch im hiesigen Verfahren wurde der Schiedsklägerin durch Zustellung der Antragsschrift an das zuständige Konkursamt Höfe rechtliches Gehör gewährt; sie hat von der Möglichkeit der Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.
Schließlich lassen sich auch Verstöße gegen den verfahrensrechtlichen ordre public (Art. V Abs. 2 UN-Übk) nicht feststellen.
Der schwedische Schiedsspruch vom 16.10.2009 ist daher im titulierten Umfang anzuerkennen. Dies schließt den zu Ziffer 1) des Schiedsspruchs zuerkannten Zinsanspruch eins dessen Höhe die Antragstellerin im Schriftsatz vom 0102.2010 (...) nunmehr nachvollziehbar dargestellt hat.
Demgegenüber ist die Anerkennung zu versagen, soweit die Antragstellerin auch hinsichtlich der Ziffern 4) und 5) des Schiedsspruchs die Vollstreckbar-erklärung von Zinsansprüchen seit dem 2110.2009 begehrt. Es ist zwar in der Rechtsprechung durchaus anerkannt, dass im Rahmen der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schuldtitels dieser um den Zinsanspruch ergänzt werden kann, wenn etwa in dem Schuldtitel Zinsen dem Grunde nach zuerkannt wurden, jedoch kein Ausspruch zur Zinshöhe erfolgt ist (vgl. BGH NJW 1990, 3084; OLG Zweibrücken OLGR 2005, 223; OLG Düsseldorf RIW 1997, 330 f.). Eine derartige Fallgestaltung liegt nach Ansicht des Senats hier jedoch nicht vor. Denn das schwedische Schiedsgericht hat vorliegend eine Verzinsung ausdrücklich nur hinsichtlich des Schiedsspruches zu Ziffer 1) bei gleichzeitiger Benennung des Beginns der Verzinsung (01.01.2009) ausgeurteilt, während die zu Ziffer 4) und 5) zuerkannten Kostenerstattungsansprüche ohne Ausspruch zur Verzinsung geblieben sind. Dass es sich hierbei um eine versehentliche Auslassung gehandelt haben könnte, die deshalb im Wege der Ergänzung im Vollstreckbarerklärungsverfahren abzuändern wäre, vermag der Senat angesichts des eindeutigen Wortlauts des Schiedsspruches nicht festzustellen.
Eine über den zuerkannten Umfang hinausgehende Anerkennung kommt deshalb nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 1064 Abs. 2 ZPO.
Die Wertfestsetzung entspricht dem Vollstreckungsinteresse der Antragstellerin; dies ist die Summe der im Schiedsspruch festgesetzten Kosten (§ 3 ZPO).


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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 11/10 10.05.2012 Antrag auf gerichtliche Feststellung der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts Entscheidung über die Nebenintervention eines Staates als Partei eines Bilateral Investment Treaty (BIT)
Tenor

Die Nebenintervention des Königreichs der Niederlande wird zugelassen.
Die Anträge der Antragstellerin auf Aufhebung des in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien ergangenen Zwischenentscheids vom 26.10.2010 sowie auf Feststellung der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts werden zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens, einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf bis zu 13.000.000,00 festgesetzt.

Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die gerichtliche Entscheidung über die Zuständig­keit des Schiedsgerichts nach §1040 Abs. 3 ZPO, nachdem das Schiedsgericht in einem Zwischenentscheid vom 26.10.2010 seine Zuständigkeit bejaht hat.
In dem zugrundeliegenden Schiedsverfahren streiten die Antragstellerin und die Antragsgegnerin um mögliche Vertragsverletzungen und etwa hieraus resultie­rende Schadensersatzansprüche aus einem bilateralen Abkommen aus dem Jahr 1991, welches die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin – die damalige Tsche­choslowakei (nachfolgend: CSFR) – mit dem Königreich der Niederlande abge­schlossen hatte und in dem es um den Schutz von Investitionen zwischen den Niederlanden und der CSFR ging. Dieses sog. „Bilateral Investment Treaty“
(nachfolgend: BIT), wegen dessen Inhalt im einzelnen auf die Anlage AST 1 verwiesen wird, trat am 01.10.1992 in Kraft.
Mit Auflösung der CFSR trat die hiesige Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin am 01.01.1993 in die Rechte und Pflichten aus dem Abkommen ein.
Mit Wirkung zum 01.05.2004 trat die Antragstellerin der EU bei.
Bei der hiesigen Antragsgegnerin handelt es sich um eine niederländische Versi­cherungsgruppe, bestehend aus zwölf im Versicherungs- und Rückversicherungs­sektor tätigen Unternehmen.
Mit einer im Jahr 2004 beschlossenen umfassenden Gesundheitsreform eröff­nete die Antragstellerin den slowakischen Markt erstmals für private in- und ausländische Krankenversicherungen. Die Antragsgegnerin wurde daraufhin als Anbieter von Krankenversicherungen in der Slowakei zugelassen und begann in diesen Markt umfassend zu investieren. Sie erreichte bis Anfang Januar 2007 einen Marktanteil von rund 8,5 %.
Nach einem Regierungswechsel im Jahr 2006 wurden im Zuge einer Umkeh­rung der Liberalisierung des Krankenversicherungsmarktes die Rechte der pri­vaten Krankenversicherer beschnitten und in verschiedenen Fällen Kontrahie-rungszwänge eingeführt. Hierdurch, so der Vorwurf der Antragsgegnerin, sei sie praktisch enteignet worden und ihr ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe entstanden.
Die Antragsgegnerin leitete deshalb im Oktober 2008 ein Schiedsverfahren gegen die Antragstellerin ein, mit dem Ziel, umfassenden Schadensersatz zu erlangen. Sie sieht ihre Ansicht, wonach durch die seit 2006 getroffenen legislativen Re­gulierungsmaßnahmen ihre Rechte aus dem Investitionsschutzabkommen (BIT) verletzt worden seien, auch dadurch bestätigt, dass das slowakische Verfassungs­gericht im Januar 2011 diese Gesetzgebung als verfassungswidrig eingestuft ha­be.
Hinsichtlich der Zuständigkeit des Schiedsgerichts hat sich die Antragsgegnerin auf Art. 8 Abs. 2 des BIT berufen.
Art. 8 BIT lautet auszugsweise wie folgt:
1) Alle Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei bezüglich einer Investition der letzteren sind, falls mög­lich, gütlich beizulegen.
2) Jede Vertragspartei stimmt hiermit zu, dass eine in Absatz (1) dieses Artikels genannte Streitigkeit einem Schiedsgericht vorgetragen wird, falls die Streitigkeit innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ab dem Datum, an dem eine Partei der Streitigkeit die gütliche Beilegung gewünscht hat, nicht gütlich bei­gelegt ist. (. . . )
5) Das Schiedsgericht wird sein eigenes Verfahren unter Anwendung der Schiedsordnung der Kommission für Internationales Handelsrecht der Vereinten Natio­nen (UNCITRAL) festlegen. (...)
In der Folgezeit konstituierte sich entsprechend den weiteren Bestimmungen des Art. 8 BIT ein Dreierschiedsgericht unter dem Vorsitz des Professors A, wobei in Abstimmung mit den Parteien als Verfahrenssprache des Schiedsverfahrens Englisch und als Ort des Schiedsverfahrens Frankfurt am Main festgelegt wurde.
Parallel zum Schiedsverfahren hat die Antragsgegnerin ein Vertragsverletzungs­verfahren bei der Europäischen Kommission eingeleitet; dieses Verfahren ist der­zeit noch anhängig.
Die hiesige Antragstellerin und Schiedsbeklagte des Schiedsverfahrens hat be­reits in der Klageerwiderung vor dem Schiedsgericht die Rüge der Unzuständig­keit des Schiedsgerichts erhoben und sich maßgeblich darauf berufen, dass das in Art. 8 Abs. 2 des BIT enthaltene Angebot zum Abschluss einer Schiedsvereinba-rung wegen Verstoßes gegen EU-Recht unwirksam sei, weil das BIT-Abkommen mit dem Beitritt der Antragstellerin zur EU unanwendbar geworden sei.
Das Schiedsgericht hat sich in der Folgezeit umfassend mit der Frage der Zustän­digkeit befasst und beschlossen, über die EU-rechtliche Zuständigkeitsrüge der Schiedsbeklagten vorab zu entscheiden. In diesem Zusammenhang fand im April 2010 eine Anhörung in O1 statt; im Mai 2010 wandte sich das Schiedsgericht an die Europäische Kommission und lud nach Rücksprache mit den Parteien die niederländische Regierung ein, zur Frage der Gültigkeit und Anwendbarkeit des BIT Stellung zu nehmen. Nach Eingang entsprechender Stellungnahmen sowohl der Parteien als auch der Kommission und der niederländischen Regierung erließ das Schiedsgericht am 26.10.2010 einen Zwischenentscheid über die Zuständig­keit, der den Parteien noch am gleichen Tag elektronisch übermittelt wurde.
In diesem Zwischenentscheid kam das Schiedsgericht zu dem Schluss, dass die Einwände der Schiedsbeklagten sämtlich unbegründet und die Zuständigkeit des Schiedsgerichts gegeben ist. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt des Zwischenentscheids Bezug genommen.
Die hiesige Antragstellerin begehrt nunmehr mit dem bei Gericht am 26.11.2010 eingegangenen Antrag die gerichtliche Entscheidung nach §1040 Abs. 3 ZPO.
Sie bekräftigt im wesentlichen ihre bereits im Schiedsverfahren vorgebrachten Einwände hinsichtlich der Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung und regt ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV vor dem Europäischen Gerichtshof an.
Nach Ansicht der Antragstellerin folgt die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts bereits daraus, dass das BIT mit dem Beitritt der Antragstellerin zur EU un­anwendbar geworden sei. Dies folge aus dem Vorrang des Unionsrechts, wobei speziell das in Art. 8 Abs. 2 BIT enthaltene Angebot, Streitigkeiten vor einem Schiedsgericht zu klären, wegen des Vorrangs der in Art. 344 AEUV vorgesehe­nen ausschließlichen gerichtlichen Zuständigkeit des EuGH nicht länger gültig sei.
Die Antragstellerin stützt sich hierbei unter anderem auf die Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 07.07.2010 an das Schiedsgericht (vgl. Anlagen AST 4 sowie Anlage AST 28), mit der die Kommission ebenfalls Vorbehal­te gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zum Ausdruck gebracht habe. Diese, zunächst noch vorsichtig formulierten Bedenken, habe die Kommission jüngst in einer Stellungnahme zu einem parallel gelagerten Verfahren betreffend ein Investitionsschutzabkommen zwischen der Slowakei und Österreich unmiss­verständlich bekräftigt (Stellungnahme des Generaldirektors des Juristischen Dienstes der Kommission vom 13.10.2011, Anlage AST 40, Bl. 484 ff. d.A.). Danach sei nicht zuletzt mit Blick auf die Ausführungen des EuGH in dessen Gutachten Nr. 1/09 vom 08.03.2011 (Gutachten zu dem Entwurf des Überein­kommens über das Gericht für europäische Patente und Gemeinschaftspatente, vgl. GRUR Int. 2011, 309 ff.) eindeutig festzustellen, dass das Schiedsgericht kein Gericht eines EU-Mitgliedsstaates, sondern ein paralleler, sich völlig außerhalb des institutionellen und richterlichen Rahmens der EU befindlicher Streitbeile­gungsmechanismus sei, der den Gerichten der Mitgliedstaaten die Kompetenz zur Auslegung und Anwendung des EU-Rechts entziehe.
Die Unvereinbarkeit von entsprechenden Investor-Staat-Schiedsklauseln mit Art. 344 AEUV belege zudem das im Auftrag der Prozeßbevollmächtigten der An­tragstellerin eingeholte Rechtsgutachten zweier O2er Professoren vom 27.10.2011 (Anlage AST 38, Bl. 458 ff. d.A.), wonach die Durchführung eines Schiedsver­fahrens jedenfalls dann als Verletzung von Art. 344 AEUV anzusehen sei, wenn der Gegenstand des Streits auch EU-Recht betreffe.
Die Antragstellerin vertritt ferner die Ansicht, dass sich die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts auch aus völkerrechtlicher Perspektive ergebe. So sei Art. 8 Abs. 2 BIT wegen Art. 30 Abs. 3 der Wiener Konvention über das Recht der Verträge (nachfolgend: WVK) unanwendbar. Auch nach diesem Abkommen, welches die Rechte und Pflichten von Staaten bestimmt, die Vertragsparteien aufeinander folgender Verträge über denselben Gegenstand sind, könne das BIT nur inso­weit Anwendung finden, als es mit den vertraglichen Grundlagen des späteren EU-Assoziationsabkommens vereinbar sei.
Schließlich verstoße die Schiedsklausel in Art. 8 Abs. 2 BIT gegen das Diskrimi­nierungsverbot nach Art. 18 AEUV. Denn es gewähre nur den Investoren der vertragsschließenden Parteien die Möglichkeit, ein Schiedsverfahren durchzufüh­ren, während Investoren nicht beteiligter Staaten diese Möglichkeit verschlossen sei. Da das Diskriminierungsverbot eine grundsätzlich weite Auslegung gebiete und jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit untersage, sei dieses Verbot entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht auf eine Schlechterstellung von ausländischen Investoren gegenüber inländischen Inves­toren beschränkt.
32 Außerdem verletze Art. 8 Abs. 2 BIT das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens in die Gerichte der EU-Mitgliedstaaten, da der vorgesehene Streitbeilegungsme­chanismus für Investoren der am BIT beteiligten Staaten deutliches Misstrauen gegenüber den Gerichten der EU-Mitgliedstaaten zum Ausdruck bringe. Gegen­seitiges Vertrauen in die Rechtspflege innerhalb der EU sei jedoch ein Grund­prinzip, welches vom EuGH als unabdingbar für das reibungslose Funktionieren des EU-Binnenmarktes erachtet werde.
Überdies sei die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auch aus prozessökonomi­schen Gründen zu verneinen, da das Schiedsgericht keine Möglichkeit habe, das Verfahren dem EuGH nach Art. 267 AEUV vorzulegen.
Es sei ihr, der Antragstellerin, aber nicht zuzumuten, sich auf das weitere Schieds-verfahren einzulassen, obgleich die Gefahr bestehe, dass ein unter Ver­stoß gegen EU-Recht ergangener Schiedsspruch später der Aufhebung unterliege.
Mit Schriftsatz vom 30.03.2011 ist das Königreich der Niederlande dem hiesigen Verfahren auf Seiten der Antragsgegnerin als Nebenintervenientin beigetreten. Die Antragstellerin hält diesen Beitritt prozessual für unzulässig.
Die Antragstellerin beantragt,
I. den Zwischenentscheid („Award on jurisdication, arbitrability and suspension“) des Schiedsgerichts, bestehend aus den Schiedsrichtern Professor A, Pro­fessor C und Mr. B, ergangen im Schiedsverfahren zwischen D und der Slowaki­schen Republik, Fall Nr. . . . vom 26. Oktober 2010 aufzuheben, II. festzustellen, dass das Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Professor A, Pro­fessor C und Mr. B zur Entscheidung über die im Schiedsverfahren zwischen D und der Slowakischen Republik, Fall Nr. ...geltend gemachten Ansprüche unzuständig ist, sowie die Nebenintervention des Königreichs der Niederlande zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, dass im vorliegenden Verfahren nicht die Wirksamkeit des gesamten BIT-Abkommens in Frage stehe, sondern allein die Wirksamkeit der Schiedsklausel in Art. 8 BIT. Die darin enthaltene Schiedsklausel verstoße jedoch weder gegen EU-Recht noch sei sie nach völkerrechtlichen Grundsätzen unan­wendbar.
Insbesondere sei Art. 344 AEUV vorliegend überhaupt nicht einschlägig, da diese Vorschrift nur für Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedsstaaten gelte. Im übrigen bestehe keine Veranlassung für ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH, zumal die formulierten Vorlagefragen keine offene Frage nach der Auslegung einer Norm des Unionsrechts beinhalteten.
Im weiteren wendet sich die Antragsgegnerin gegen die von der Antragstellerin vertretene Ansicht von der Unwirksamkeit der Schiedsklausel nach Völkerrecht und sieht in der Schiedsklausel weder einen Verstoß gegen das Diskriminierungs­verbot noch werde hierdurch das gegenseitige Vertrauen in die Rechtspflege der Mitgliedsstaaten (Vertrauensprinzip) beeinträchtigt.
Die Nebenintervenientin beantragt ebenfalls,
die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.
Sie trägt zunächst umfassend zur Zulässigkeit der Nebenintervention vor und hält den Antrag nach §1040 Abs. 3 ZPO im übrigen bereits für unzulässig; denn mit dem Antrag verfolge die Antragstellerin das Ziel, die Gültigkeit bzw. An­wendbarkeit des BIT in seiner Gesamtheit überprüfen zu lassen, dies sei aber im Rahmen des §1040 Abs. 3 ZPO nicht möglich.
Außerdem sei der Antrag auch als rechtsmissbräuchlich zu erachten, weil die Antragstellerin inzident den Konsultationsmechanismus des BIT sowie dessen Kündigungsregeln zu umgehen versuche. Und schließlich sei der Antrag unzu­lässig, weil er sich auf eine künftige Sachentscheidung des Schiedsgerichts bezie­he, über die das angerufene staatliche Gericht jedoch nicht zu befinden habe. Mangels Zuständigkeit des angerufenen Oberlandesgerichts Frankfurt am Main bestehe auch keine Vorlagebefugnis an den EuGH.
In der Sache selbst sei der Antrag auch unbegründet, wobei hierzu wegen des Vortrages im einzelnen maßgeblich auf die Schriftsätze der Nebenintervenientin vom 30.03.2011 (Bl. 82 ff. d.A.) und vom 02.09.2011 (Bl. 271 ff. d.A) Bezug genommen wird.
Ergänzend wird wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf die von ihnen zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
 
II.
A.
Der angerufene Senat ist zur Entscheidung über den Zwischenentscheid nach §1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. §1040 Abs. 3 ZPO zuständig und berufen, nach­dem der Ort des Schiedsverfahrens in Frankfurt am Main liegt.
Die Anträge der Antragstellerin sind auch zulässig, insbesondere innerhalb der Monatsfrist des §1040 Abs. 3 ZPO eingereicht.
Die umfassenden Einwendungen der Nebenintervenientin gegen die Zulässigkeit der Anträge greifen nicht durch.
1) Allerdings bestehen gegen die Zulässigkeit der Nebenintervention selbst keine Bedenken.
§66 ZPO sieht die Möglichkeit eines Beitritts zu einem anhängigen Rechtsstreit zwischen anderen Personen vor, wenn der Dritte ein rechtliches Interesse am Ob­siegen der unterstützten Partei hat. Die Vorschrift ist grundsätzlich in sämtli­chen Verfahren anwendbar, in denen die ergehende Entscheidung die Rechtslage des Nebenintervenienten unmittelbar oder mittelbar rechtlich beeinflussen kann (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 2 zu §66 ZPO; MüKo-Schultes, ZPO, 3. Auflage 2008, Rdnr. 2 zu §66 ZPO).
Entsprechend ist eine Anwendbarkeit der Vorschriften über die Nebeninterven­tion auch im Verfahren nach §1040 ZPO anzunehmen, das zwar nicht zu einer end-gültigen Sachentscheidung, wohl aber zu einer wichtigen Weichenstellung mit Ein-fluss auf die rechtlichen Interessen des Dritten im weiteren Verfahren führen kann (vgl. Dressler, Beck’scher Online-Kommentar, ZPO, Rdnr. 3 zu §66 ZPO).
Der Begriff des rechtlichen Interesses ist grundsätzlich weit auszulegen, wobei aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses jedoch zugleich folgt, dass ein rein wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit der Neben­intervention nicht ausreicht (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rdnr. 8 ff. zu §66 ZPO). Der Begriff des rechtlichen Interesses erfordert vielmehr, dass der Neben-intervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt (BGH, NJW-RR 2011, 907 f.). Der bloße Wunsch des Ne-benintervenienten, der Rechtsstreit möge zu Gunsten einer Partei entschieden werden und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenomme­nen Standpunkt festhalten und zu einer ihnen günstigen Entscheidung gelangen sollten, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Ob-
siegen einer Partei zu erklären vermögen. Ein solches Interesse daran, dass eine rechtliche oder tatsächliche Frage auf eine bestimmte Weise beantwortet wird, genügt ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BGH, a.a.O.).
Gemessen an diesen Maßstäben dürfte zwar ein unmittelbares rechtliches In­teresse der Nebenintervenientin am Obsiegen der Antragsgegnerin zu vernei­nen sein. Denn die beantragte Entscheidung nach §1040 Abs. 3 ZPO wirkt nur zwischen den am Schiedsverfahren beteiligten Parteien; ihr kommt keine Bin­dungswirkung für zukünftige Streitverfahren zwischen den am BIT beteiligten Vertragsstaaten zu. Eine im hiesigen Verfahren ergangene Entscheidung hat danach keine unmittelbaren Auswirkungen auf etwaige künftige Streitigkeiten zwischen einem slowakischen Investor und dem Königreich der Niederlande.
Gleichwohl ist – insoweit abweichend von der Fallgestaltung, die der oben zi­tierten BGH-Entscheidung zugrunde lag – der niederländische Staat Vertrags­partner des hier in Rede stehenden BIT und als solcher direkt aus Art. 8 Abs. 2 BIT verpflichtet. Die Entscheidung darüber, ob die in Art. 8 Abs. 2 BIT enthaltene Schiedsklausel eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts begründet, be­rührt damit jedenfalls mittelbar die Rechte der Nebenintervenientin, weil auch die Verpflichtung der Niederlande in Frage steht, eine von einem slowakischen Investor herangetragene Streitigkeit vor einem Schiedsgericht austragen zu las­sen. Es geht damit um den Bestand einer vertraglichen Regelung, die auch die Nebenintervenientin betrifft; somit steht die Nebenintervenientin zu dem Gegen­stand des hiesigen Verfahrens in einem Rechtsverhältnis, auf das die Entschei­dung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt jedenfalls mittelbar rechtlich einwirkt. Hieraus rechtfertigt sich die Zulassung des Beitritts, über den anerkanntermaßen nicht zwingend in einem gesonderten Zwischenurteil entschieden werden muss; zulässig ist vielmehr - wie hier - auch eine Entscheidung über den Beitritt im Endurteil (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rdnr. 5 zu §71 ZPO; MüKo-Schultes, a.a.O., Rdnr. 9 zu §71 ZPO; BGH NJW 2002, 1872 f.).
2) Die Zulässigkeitseinwände der Nebenintervenientin sind allerdings unbegrün­det.
Die Zuständigkeit des angerufenen Oberlandesgerichts, über die Rechtmäßigkeit des Zwischenentscheids des Schiedsgerichts zu befinden, folgt aus §1040 Abs. 3, §1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
Diese Zuständigkeit entfällt entgegen der Ansicht der Nebenintervenientin nicht etwa deswegen, weil die betreffende Schiedsklausel, über deren Wirksamkeit die Parteien streiten, in einem bilateralen völkerrechtlichen Vertrag enthalten ist. Hierdurch wird die gesetzliche Zuständigkeit nach §§1040, 1062 ZPO weder auf­gehoben noch eingeschränkt. Indem als Ort des Schiedsverfahrens Frankfurt am Main bestimmt wurde, gelten die Vorschriften des 10. Buches der ZPO als
zwingendes Recht soweit nicht im Einzelfall ausdrücklich oder aus dem Sinn­zusammenhang der betreffenden Norm abweichende Parteivereinbarungen - die hier nicht ersichtlich sind - zugelassen sind (vgl. Zöller-Geimer, a.a.O., Rdnr. 3 zu §1025 ZPO).
Eine andere Beurteilung ist auch nicht unter den von der Nebenintervenientin bemühten völkerrechtlichen Gesichtspunkten geboten. Soweit die Nebeninter-venientin maßgeblich darauf abstellt, die Antragstellerin begehre mit ihrem An­trag eine unzulässige inzidente Normenkontrolle eines fremden völkerrechtlichen Ab-kommens, für die das angerufene Oberlandesgericht keine Zuständigkeits­kompetenz habe, so vermag der Senat dieser Auffassung jedenfalls insoweit nicht zu folgen, als es um die Zulässigkeit des hier gestellten Antrages nach §1040 Abs. 3 ZPO geht. Diese Vorschrift eröffnet den Schiedsparteien die Möglichkeit, den Zwischenentscheid des Schiedsgerichts staatsgerichtlich überprüfen zu lassen, ohne dass an dieser Stelle eine inhaltliche Abgrenzung im Sinne der von der Nebenintervenientin formulierten „zulässigen Entscheidung des OLG auf recht­licher Grundlage des BIT bzw. einer unzulässigen Entscheidung über die recht­liche Wirksamkeit des BIT“ (vgl. Ss. der Nebenintervenientin vom 02.09.2011, dort S. 22, Bl. 292 d.A.) zu erfolgen hätte. Der von der Antragstellerin dahinge­hend formulierte Antrag, den Zwischenentscheid des Schiedsgerichts aufzuheben und die von ihr begehrte Feststellung, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die im Schiedsverfahren gestellten Anträge nicht zulässig sei, wird von dem durch §§1040 Abs. 3, 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eröffneten Zuständigkeitsrahmen erfaßt und kann nicht mit Blick auf den nach Ansicht der Nebenintervenientin für Teile der Sachentscheidung anzulegenden Prüfungsmaßstab als insgesamt unzulässig erachtet werden.
Zudem ergibt sich aus der in dem Zwischenentscheid des Schiedsgerichts nieder­gelegten Verfahrensgeschichte (vgl. dort Rdnr. 16) sowie aus dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Antragstellerin (vgl. Ss. vom 31.10.2011, dort Seite 5 und Seite 7, Bl. 441, 443 d.A.), dass sich die Parteien des Schiedsverfahrens auf den Schiedsort Frankfurt am Main geeinigt haben. Hiermit haben sich die Parteien jedenfalls hinsichtlich des durch §§1062 Abs. 1 Nr. 2, 1040 Abs. 3 ZPO eröffneten Prüfungsrahmens der Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen, ohne dass die Nebenintervenientin auf diese Vereinbarung zulässi­gerweise hätte Einfluss nehmen können.
Auch die weiteren Argumente der Nebenintervenientin vermögen die Unzuläs­sigkeit des hiesigen Verfahrens nicht zu begründen. Weder bedarf das gerichtli­che Verfahren nach §§1040, 1062 ZPO der Zustimmung der Nebenintervenientin noch kann die Nebenintervenientin der Antragstellerin den Einwand des Rechts­missbrauchs entgegenhalten. Soweit die Nebenintervenientin unter Hinweis auf Art. 9, 10, und 13 des BIT die Ansicht vertritt, die Antragstellerin umgehe mit ihrem Antrag die Bestimmungen über die Streitbeilegung zwischen den Ver­tragsparteien des BIT, läßt dies die prozessuale Situation außer Acht.
Es ist die Antragstellerin, die auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 2 BIT von einem niederländischen Investor in einem Schiedsverfahren auf Schadensersatz in An­spruch genommen wird. Soweit das Schiedsgericht trotz der in diesem Verfahren erhobenen Zuständigkeitsrüge seine Zuständigkeit bejaht hat, ist der Antrag­stellerin nur die Möglichkeit eröffnet, gegen diese Entscheidung die staatlichen Gerichte anzurufen. Der Vorwurf eines prozessual missbräuchlichen Verhaltens ist damit durch nichts gerechtfertigt. Auch der Umstand, dass die Antragsgeg­nerin ihre Investitionen in der Vergangenheit im Vertrauen auf die Gültigkeit des BIT tätigte, rechtfertigt den Missbrauchseinwand bezüglich der Zulässigkeit der in diesem Verfahren gestellten Anträge nicht. Denn die materiell-rechtliche Frage etwaiger Vertragsverletzungen durch die Antragstellerin berührt die pro-zessuale Zulässigkeit der in diesem Verfahren gestellten Anträge nicht.
Ebensowenig ist der Verwirkungseinwand oder der Einwand des widersprüchli­chen Verhaltens begründet.
Aus dem Umstand, dass die Antragstellerin im Zeitraum seit ihrem Beitritt zur EU die vermeintliche Unwirksamkeit von Art. 8 Abs. 2 BIT nicht geltend gemacht hat, kann die Nebenintervenientin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Es kommt hier nicht auf das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien des BIT, sondern auf das Verhältnis zwischen Antragstellerin und Antragsgegnerin an. In dem hier maßgebenden Verhältnis ist der Einwand der Verwirkung jedoch fern­liegend, nachdem die Antragstellerin unmittelbar nach Erhebung der Schieds-klage durch die Antragsgegnerin die Rüge der Zuständigkeit des Schiedsgerichts erhoben hat.
Ein etwaiges widersprüchliches Verhalten der Antragstellerin kann schließlich nicht daraus hergeleitet werden, dass diese sich in einem gänzlich anderen Schieds­verfahren nicht auf die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts berufen hat. Unge­achtet dessen, dass eine etwaige Treuwidrigkeit abermals keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der hier gestellten Anträge hätte, ist in keiner Weise ersichtlich, dass die Antragsgegnerin gerade mit Blick auf dieses andere Schiedsverfahren darauf vertraut hat, die Antragstellerin werde auch im hier zugrundeliegenden Schiedsverfahren die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht angreifen und ei­gens vor diesem Hintergrund das in der Schiedsklausel enthaltene Angebot zur Durchführung eines Schiedsverfahrens angenommen hat.
Den Einwänden der Nebenintervenientin gegen die Zulässigkeit der Anträge bleibt somit insgesamt der Erfolg versagt.
B.
Die danach zulässigen Anträge der Antragstellerin sind indes sachlich unbegrün­det.
1) Wirksamkeit der Schiedsklausel nach nationalem Recht
Im Hinblick auf die Parteien des Schiedsverfahrens ist eine wirksame Schiedsver-einbarung nach nationalem Recht anzunehmen. So richtet sich die Wirksamkeit der Schiedsklausel bzw. die Frage der Zuständigkeit des Schiedsgerichts grund­sätzlich nach dem nationalen Verfahrensrecht am Sitz des Schiedsgerichts als lex loci arbitri (vgl. Zöller-Geimer, a.a.O., Rdnr. 2, 3 zu §1025 ZPO).
Nach der Legaldefinition in §1029 ZPO ist die Schiedsvereinbarung eine Verein­barung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertragli­cher Art ent-standen sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen.
Vorliegend haben die Vertragsparteien des BIT in Art. 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 festgelegt, alle Streitigkeiten aus dem Investitionsschutzabkommen zwischen einer Vertragspartei und einem Investor nach Wahl des jeweiligen Investors vor einem Schiedsgericht auszutragen. Damit ist zunächst im Sinne einer sog. „Blanko-Formel“ (vgl. hierzu MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr. 85 zu §1029 ZPO) festgelegt, dass die Schiedsbindung alle Investitionsstreitigkeiten – somit auch die hier zu-grundeliegende Frage nach etwaigen Vertragsverletzungen aus dem BIT – erfassen soll.
Die Vertragsparteien des BIT haben diese Schiedsvereinbarung auch wirksam zu Gunsten der jeweiligen Investoren der beteiligten Vertragsstaaten getroffen.
Es ist anerkannt, dass eine derartige Einbeziehung von Dritten in eine Schieds-vereinbarung möglich und zulässig ist, sofern die Einbeziehung nicht zu dessen Lasten, sondern ausschließlich zu dessen Gunsten etwa in der Weise erfolgt, dass die Gerichtspflichtigkeit des Dritten vor dem Schiedsgericht von seiner Mitwir­kung und Zustimmung abhängig gemacht, es also ihm überlassen wird, ob der betreffende Streitfall durch ein Schiedsgericht oder ein ordentliches Gericht ent­schieden werden soll (vgl. hierzu Zöller-Geimer, a.a.O.; Rdnr. 18 zu §1031 ZPO; BayObLGZ 1999, 255 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.05.2006, Az.: 17 U 162/05, zitiert nach juris).
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Nach dem Wortlaut der Schiedsklausel stimmt der jeweils beteiligte Vertragsstaat zu, eine Investitionsstreitigkeit vor einem Schiedsgericht auszutragen, woraus sich inzident ergibt, dass es dem je­weiligen Investor des Vertragsstaates offensteht, ob er die Streitigkeit vor ei­nem Schiedsgericht austragen möchte oder nicht. Denn eine Zustimmung des jeweiligen Vertragsstaates zur Durchführung eines Schiedsverfahrens setzt eine entsprechende vorangegangene Willensbildung und Entscheidung des Dritten voraus, der zunächst darüber befinden soll, ob er das Schiedsgericht anrufen möchte oder nicht.
Genau diese Entscheidung hat die Schiedsklägerin und hiesige Antragsgegnerin getroffen, indem sie im Oktober 2008 eine Schiedsklage gegenüber der Antrag­stellerin erhoben hat. Damit hat sie unmissverständlich von dem ihr in der Schiedsklausel eingeräumten Recht Gebrauch gemacht, den Streitfall vor einem Schiedsgericht auszutragen.
Die Schiedsvereinbarung ist gemäß §1031 Abs. 1 ZPO auch formgerecht zustan­de gekommen, indem sie in einem von den Vertragsparteien unterzeichneten Dokument enthalten ist.
Die Schiedsvereinbarung ist damit nach den Vorgaben des nationalen Gesetz­gebers wirksam und erfaßt den Gegenstand des Schiedsverfahrens sowohl in sachlicher wie auch persönlicher Hinsicht.
2) Vereinbarkeit der Schiedsklausel mit Art. 344 AEUV
Die Antragstellerin begründet ihre Auffassung von der vermeintlichen Unwirk­samkeit der Schiedsklausel bzw. hieran anknüpfend von der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts maßgeblich mit dem Verweis auf Art. 344 AEUV, der eine aus­schließliche Zuständigkeit des EuGH für die Auslegung von EU-Recht vorsehe. Indem sich nämlich die hiesige Antragsgegnerin im Schiedsverfahren unter ande­rem darauf berufe, dass der slowakische Staat durch die geänderte Gesetzgebung seit dem Jahr 2006 unzulässige Beschränkungen des Kapitalmarktes vorgenom­men und dadurch gegen Art. 63 AEUV verstoßen habe, stehe im Schiedsver­fahren auch die Überprüfung von EU-Recht im Raum, für dessen Auslegung und Anwendung ausschließlich der EuGH zuständig sei. Der Zwischenentscheid des Schiedsgerichts verletze daher diese ausschließliche Zuständigkeit des EuGH.
Dieser Argumentation vermag der Senat aus Rechtsgründen nicht zu folgen.
a) Nach dem Wortlaut des Art. 344 AEUV verpflichten sich die Mitgliedstaaten, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge nicht anders als hierin vorgesehen zu regeln.
Dies wird von der herrschenden Ansicht in der Kommentierung und der Lite­ratur dahin verstanden, dass Art. 344 AEUV nur Streitigkeiten zwischen den Mitglied-staaten erfaßt (vgl. z.B. Streinz, EUV/AEUV, 2. Auflage 2012, Rdnr. 1 zu Art. 344 AEUV m.w.N.; Wegener in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Auf­lage 2011, Rdnr. 1 zu Art. 344 AEUV; Booß in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Auflage 2010, Rdnr. 1 zu Art. 344 AEUV; Friedrich, „Vorabentscheidungser-suchen bilateraler Investitionsschutzpanels an den EuGH bei Intra-EU BITs?“, ZEuS 2010, 295, 303 m.w.N.; Müller, „Die Errichtung des Europäischen Patent­gerichts – Herausforderung für die Autonomie des EU-Rechtssystems?“, EuZW 2010, 851 ff., 853), weshalb die hier zugrundeliegende Konstellation (Investor­Staat-Ebene) von Art. 344 AEUV bereits grundsätzlich nicht erfaßt wird.
Demgegenüber findet sich – soweit ersichtlich und abgesehen von dem zur Akte
gereichten Rechtsgutachten der Professoren Dr. Dr. h.c. E und Dr. F – keine Quelle, die konkret die Ansicht vertritt, dass Art. 344 AEUV unmittelbar auch auf eine Streitigkeit zwischen einer Privatperson und einem Mitgliedstaat der EU anzuwenden sei.
Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 07.07.2010 an das Schiedsgerichts (siehe dort Rdnr. 24 ff.); dort stellt die Kommission einleitend fest, dass „EU-Mitgliedstaaten (. . . ) da­her daran gehindert [werden], ihre Streitigkeiten „anders“ als in Art. 344 TFEU (ehemals Artikel 292 EGV) zu regeln“. Zwar hegt die Kommission, wie zu Rdnr. 29 ff. dieser Stellungnahme weiter ausgeführt, Bedenken gegen einen Investor-Staat-Schiedsmechanismus, wobei diese Vorbehalte maßgeblich daraus resultie­ren, dass es aus Sicht der Kommission unerwünscht ist, dass das Schiedsgericht einen Schiedsspruch verkünden könnte, der mit EU-Recht nicht vereinbar ist; eine explizite Aussage dahingehend, dass Art. 344 AEUV auch für Verfahren zwischen einem Investor und einem Mitgliedstaat der EU gilt, läßt sich diesen Ausführungen indes nicht entnehmen.
In die gleiche Richtung gehen auch die Äußerungen in der zuletzt eingereichten Stellungnahme der Kommission vom 13.10.2011 (vgl. Anlage AST 40, Bl. 483 ff. d.A.).
Danach gründet sich das Misstrauen der Kommission gegen die Zuständigkeit von Schiedsgerichten im Zusammenhang mit Investor-Staat-Streitigkeiten vor allem auf den Umstand, dass Schiedsrichter nicht verpflichtet seien, EU-Recht zu respektieren und auch keine Möglichkeit hätten, den EuGH im Wege eines Vor-abentscheidungsverfahrens anzurufen (vgl. hierzu Bl. 450 f. d.A.). Die mögliche Gefahr von Schiedssprüchen, die EU-Recht widersprechen, vermag jedoch nicht per se eine unmittelbare Anwendung von Art. 344 AEUV auf Staat-Investor­Streitigkeiten zu begründen. Zum einen unterliegen Schiedssprüche ihrerseits der Kontrolle durch die staatlichen Gerichte (§§1059, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bzw. §1061 ZPO i.V.m. UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Voll­streckung ausländischer Schiedssprüche - UNÜ), die dann auch die Möglichkeit einer Vorlage an den EuGH haben (vgl. auch Schwab/Walter, Schiedsgerichts-barkeit, 7. Auflage 2005, Kap. 16, Rdnr. 51, Fn. 90); zum anderen läßt sich ein grundsätzlich anderes Verständnis von Art. 344 AEUV oder eine Auslegung dieser Norm im Sinne der Antragstellerin diesen Ausführungen der Kommission nicht entnehmen.
Auch soweit sich die Antragstellerin zur Stützung ihrer Argumentation auf das vorgelegte Rechtsgutachten vom 27.10.2011 (Bl. 458 ff. d.A.) stützt, gebietet dieses aus Sicht des Senats keine von der ganz herrschenden Meinung abwei­chende Beurteilung.
Den dortigen Ausführungen läßt sich in Anlehnung an die Haltung der Kom­mission entnehmen, dass eine unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 344 AEUV auch auf Streitigkeiten zwischen einem Staat und einem Investor deswegen be­fürwortet wird, weil das Schiedsgericht von sich aus keine Möglichkeit habe, die Klärung von möglichen EU-Fragen durch Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV zu erreichen. Auch hier bleibt aber unberücksichtigt, dass der Schiedss­pruch selbst wiederum der Kontrolle durch die staatlichen Gerichte unterliegt und das staatliche nationale Gericht wiederum die Möglichkeit hat, ein Vor-abentscheidungsverfahren einzuleiten (Schwab/Walter, a.a.O.).
Der Umstand, dass dem Schiedsgericht selbst diese Möglichkeit verschlossen ist, zwingt daher nicht zu der Annahme, Art. 344 AEUV müsse auch auf Streitig­keiten zwischen einem Staat und einem Investor Anwendung finden.
Ebensowenig überzeugt das in dem Rechtsgutachten angeführte weitere Argu­ment, wonach die Gefahr bestehe, dass im Schiedsverfahren Europarecht mögli­cherweise überhaupt keine Berücksichtigung finden könnte. Die schlichte Gefahr etwa fehlerhafter, unzureichender oder lückenhafter Entscheidungen ist allen EU-Rechtssystemen immanent, führt aber nicht zu der von der Antragstelle­rin ge-wünschten Schlussfolgerung, wonach Art. 344 AEUV von vornherein der Zustän-digkeit des Schiedsgerichts entgegensteht.
Der für die Überzeugungsbildung des Senats letztlich entscheidende Gesichts­punkt ist der Umstand, dass sich der Europäische Gerichtshof selbst bislang in keiner Entscheidung im Sinne der Auffassung der Antragstellerin geäußert hat.
Anhaltspunkte dafür, dass Art. 344 AEUV unmittelbar auch für Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedstaat und einem Investor eines anderen Mitgliedstaates gelte oder nach der die generelle Zuständigkeit von Investitionsschiedsgerichten in Frage stünde, lassen sich der Rechtsprechung des EuGH – soweit ersichtlich und soweit von den Parteien vorgetragen – nicht entnehmen.
Vielmehr belegt das bereits erwähnte Gutachten des EuGH Nr. 1/09 vom 08.03.2011 (GRUR Int 2011, 309 ff.) Gegenteiliges.
In diesem Gutachten hat der EuGH gemäß Art. 218 Abs. 11 AEUV auf Bitte des EU-Rats zu einem Entwurf über die Schaffung eines gemeinsamen europäi­schen Patentgerichts Stellung genommen. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass die in diesem Entwurf vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit des ge­planten internationalen Patentgerichts für Klagen Einzelner im Zusammenhang mit dem Gemeinschaftspatent und zur Auslegung und Anwendung des Unions­rechts in diesem Bereich, den Gerichten der Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts sowie dem Gerichtshof seine Zuständigkeit, auf die von diesen (nationalen) Gerichten zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen zu antworten, nehmen und damit die Zuständigkeiten ver­fälschen würde (vgl. Gutachten, a.a.O., S. 314).
Ungeachtet dessen, dass der diesem Entwurf zugrundeliegende Vorabent-scheidungsmechanismus (ausschließliche Zuständigkeit des geplanten Patentgerichts im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens hinsichtlich der Auslegung und Anwendung des Unionsrechts und damit verbunden ein Ausschluss der nationalen Gerichte) mit der hier in Rede stehenden staatsgerichtlichen Überprü-fungsmöglichkeit eines auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 2 BIT ergangenen Schiedsspruchs nicht ver­gleichbar ist, hat der EuGH in seinem Gutachten aus-drücklich festgehalten, dass die Schaffung eines solchen Patentgerichts nicht gegen Art. 344 AEUV ver­stoßen könne, da sich dieser Artikel darauf beschränke, „den Mitgliedstaaten“ zu verbieten, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge anders als in den Verträgen vorgesehen zu regeln. Da die Zuständigkeiten, die in dem Entwurf vorgesehen sind, sich jedoch auf Streitigkeiten von Einzelnen im Zusammenhang mit Patenten beschränke, sei Art. 344 AEUV insoweit nicht einschlägig (vgl. a.a.O., S. 312, Rdnr. 63).
Soweit allerdings die Kommission nach Darlegung der Antragstellerin aus diesem Gutachten den eindeutigen Schluss gezogen haben will, dass ein Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus mit den Bestimmungen der EU-Verträge unver­einbar sei, bleibt hierbei abermals unberücksichtigt, dass Schiedssprüche, die auf der Grundlage der Schiedsklausel in Art. 8 Abs. 2 BIT ergehen, vor den staatlichen nationalen Gerichten überprüfbar sind und diese staatlichen Gerich­te auch die Möglichkeit eines Vorabentscheidungsersuchens haben. Insoweit wird den nationalen Gerichten – im Unterschied zu den Zuständigkeitsbestimmungen des betreffenden Entwurfs - gerade nicht die Aufgabe entzogen, als „ordentliche Unionsgerichte“ das Unionsrecht durchzuführen und ggf. den Gerichtshof um eine Vorabentscheidung zu ersuchen (vgl. nochmals GRUR Int. 2001, S. 313, Rdnr. 79 ff.). Aus Sicht des Senats trifft es deshalb auch nicht zu, dass Schieds­verfahren völlig außerhalb des institutionellen und richterlichen Rahmens der EU stehen.
Auch der von den Parteien wiederholt zitierten sog. „MOX-Plant“-Entscheidung des EuGH (Urteil vom 30.05.2006, Az.: C-459/03 = EuZW 2006, 454 ff.) vermag der Senat keine Hinweise dafür zu entnehmen, dass der EuGH eine Anwendbar­keit des Art. 344 AEUV auch auf Streitigkeiten zwischen einem Einzelnen und einem Mitgliedstaat in Erwägung zieht. Vielmehr hat der EuGH auch in die­ser Entscheidung betont, dass die zugrundeliegende Streitigkeit u.a. deswegen in den – ausschließlichen – Zuständigkeitsbereich des Gerichtshofs nach dem dama­ligen Art. 292 EGV fällt, weil sich in ihr zwei Mitgliedstaaten wegen angeblicher Nichtbeachtung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen gegenüberstehen (vgl. dort Rdnr. 127, 136, 152 sowie 169; vgl. auch die Anmerkung zu diesem Urteil, EuZW 2006, 470).
Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass die Gemeinschaft selbst durch die Unter-zeichnung des Energiechartavertrages (Energy Charter Treaty, ECT vom 17.12.1994) ihre Zustimmung zu ICSID und sonstigen Formen der Investitions-schiedsgerichtsbarkeit zum Ausdruck gebracht hat, weshalb es nahe liegt, Schieds­gerichte auch im Fall von innergemeinschaftlichen Sachverhalten nicht per se
als mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar zu betrachten, zumal die fehlende (un­mittelbare) Kontrolle des EuGH über Schiedsverfahren auch kein investitions-schutzrechtliches Spezifikum darstellt, sondern in ähnlichem Maße auch im Be­reich der Handelsschiedsgerichtsbarkeit vorhanden ist, ohne dass hieran Anstoß genommen würde (vgl. hierzu Wehland: „Schiedsverfahren auf der Grundlage bilateraler Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten und die Ein-wendung entgegenstehenden Gemeinschaftsrechts, SchiedsVZ 2008, 222 ff., m.w.N.).
Nach alledem steht zu Überzeugung des Senats fest, dass nach der insoweit maßgebenden Rechtsprechung des EuGH Art. 344 AEUV auf die hier zugrunde­liegende Investitionsstreitigkeit zwischen einem Mitgliedstaat und einem Inves­tor eines anderen Mitgliedstaates nicht anwendbar ist und diese Norm deshalb der Wirksamkeit der in Art. 8 Abs. 2 BIT enthaltenen Schiedsklausel nicht entgegen- steht.
b) Auch unabhängig von der Vorschrift des Art. 344 AEUV ist ein Auslegungs­monopol des EuGH für EU-rechtliche Fragen nicht anzunehmen.
Wie das Schiedsgericht in seinem Zwischenentscheid zu Rdnr. 278 ff. zutref­fend ausgeführt hat, obliegt zwar dem EuGH die endgültige und maßgebliche Auslegung des Unionsrechts; dies enthebt die nationalen Gerichte und auch die Schiedsgerichte jedoch nicht von der eigenständigen Prüfung und Anwendung des Unionsrechts.
Vielmehr wird unmittelbar geltendes Unionsrecht durch die mitgliedstaatlichen Ge-richte in eigener Verantwortung angewendet und ausgelegt. Diese haben den Auf-trag, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern und die subjekti­ven Rechte zu schützen, die es dem Einzelnen verleiht (vgl. Ehricke in: Streinz, EUV/AEUV, a.a.O., Rdnr. 6 zu Art. 267 AEUV; Wegener in: Calliess/Ruffert, a.a.O., Rdnr. 1 zu Art. 267 AEUV).
Auch im Falle eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV besteht die Rolle des Gerichtshofes allein darin, das Unionsrecht auszulegen oder über seine Gültigkeit zu entscheiden, nicht aber darin, dieses Recht auf den Sachver­halt anzuwenden, der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt; dies ist vielmehr Sache des nationalen Gerichts (Ehricke, a.a.O., Rdnr. 15).
So hat der EuGH in einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung zu einem, eben­falls vor ihrem EU-Beitritt abgeschlossenen Investitionsschutzabkommen zwi­schen der Slowakei und der Schweiz (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 15.09.2011, Az.: C264/09 = EuZW 2011, 793 ff., vgl. hierzu auch die Schlussanträge des Ge­neralanwaltes vom 15.03.2011, zitiert nach juris) bekräftigt, dass es nicht seine Sache sei, das Investitionsschutzabkommen als solches auszulegen.
Entsprechendes läßt sich auch aus der sogenannten „Eco Swiss“-Entscheidung
des EuGH ableiten (vgl. EuGH, Urteil vom 01.06.1999, GRUR Int. 1999, 737 ff., zitiert nach Beck-Online). In diesem Verfahren ging es um die Frage, ob das nationale Gericht im Rahmen einer Klage auf Aufhebung eines Schiedsspru­ches dieser Klage stattgeben muss, wenn er auf die Verletzung einer EU-Norm gestützt wird. Der EuGH hat darin ausdrücklich festgestellt, dass die Erforder­nisse der Effizienz des Schiedsverfahrens es rechtfertigen, Schiedssprüche nur in beschränktem Umfang zu überprüfen und die Aufhebung eines Schiedsspruchs oder die Versagung seiner Anerkennung nur in außergewöhnlichen Fällen vorzu­sehen. Soweit es jedoch um die Verletzung von Gemeinschaftsrecht geht, kann die Aufhebung des Schiedsspruchs durch das staatliche Gericht jedenfalls dann geboten sein, wenn die verletzte Norm des Gemeinschaftsrechts dem ordre pu­blic zuzuordnen ist (EuGH, a.a.O.). Der EuGH erkennt damit die nur einge­schränkten Kontrollmöglichkeiten ausdrücklich an, weist aber zugleich darauf hin, dass etwaige Verstöße gegen das Gemeinschaftsrechts unter orde-public-Gesichtspunkten auch im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung nach §1059 ZPO Bedeutung erlangen können.
Hieraus läßt sich zwanglos ableiten, dass auch aus EU-rechtlicher Perspekti­ve Schiedsgerichte zur Auslegung von Investitionsschutzabkommen befugt sein können, während dem Europäischen Gerichtshof etwaige entscheidungserhebli­che Fragen über die Auslegung von Unionsrecht aber nur über die in Art. 259 bzw. 267 AEUV vorgesehenen Wege zugetragen werden können.
Schließlich misst der Senat der von der Antragstellerin im Rahmen der münd­lichen Verhandlung vor dem Senat erwähnten Entscheidung des EuGH vom 14.06.2011 (Az.: C-196/09, Miles u.a. ./. Europäische Schulen = EuZW 2011, 670 ff.) keine für das vorliegende Verfahren maßgebende Bedeutung bei. In dieser Entscheidung hat der Gerichtshof seine Zuständigkeit für die Beantwor­tung eines von der Be-schwerdekammer der Europäischen Schulen vorgelegten Vorabentscheidungs-verfahrens verneint, weil die Beschwerdekammer nicht zu „einem Mitgliedstaat“, sondern zu den Europäischen Schulen, einem System be­sonderer Art, gehöre. Inwieweit sich aus dieser speziellen Auseinandersetzung mit Struktur und Orga-nisation der von den EU-Mitgliedstaaten gemeinsam eingesetzten Beschwerde-kammer Rückschlüsse auf die hier streitgegenständli­che Frage nach der Wirksamkeit der Investitionsschiedsklausel ziehen lassen, erschließt sich nicht.
Zusammenfassend erachtet der Senat die Schlussfolgerung als gerechtfertigt, dass Art. 344 AEUV der Wirksamkeit der Schiedsklausel nicht entgegensteht, weil die Vorschrift schon grundsätzlich nicht auf Staat-Investor-Streitigkeiten anzuwenden ist und weil auch die nach nationalem Recht (§1059 ZPO) nur eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit von Schiedssprüchen keine erweitern­de Auslegung von Art. 344 AEUV veranlasst.
3. Wirksamkeit der Schiedsklausel nach Art. 30 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge
Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Antragstellerin im hiesigen Verfahren nicht mehr auf eine mögliche Beendigung des BIT gemäß Art. 59 der Wiener Konvention (WVK) beruft. Während dieser Punkt im Schiedsverfahren noch Gegenstand eingehender Auseinandersetzung durch das Schiedsgericht war (vgl. Zwischenentscheid des Schiedsgerichts, dort Rdnr. 231 ff.), hat die Antragstel­lerin im hiesigen Verfahren ausdrücklich klargestellt, dass sie eine mögliche Be­endigung des BIT nach Art. 59 WVK hier nicht mehr geltend macht.
Soweit sich die Antragstellerin allerdings nach wie vor auf den Standpunkt stellt, dass Art. 8 Abs. 2 BIT wegen Art. 30 WVK unanwendbar sei, kann ihrer Ar­gumentation mit Rücksicht auf die obigen Ausführungen ebenfalls nicht gefolgt werden.
Die Antragstellerin rückfolgert in diesem Zusammenhang unter abermaligem Ver-weis auf Art. 344 AEUV, dass die Regelungen des BIT insoweit nicht ange­wendet werden könnten, als sie mit EU-Recht unvereinbar seien.
Eine etwaige Unvereinbarkeit von Art. 8 Abs. 2 BIT mit EU-Recht ist aber nach den obigen Darlegungen auszuschließen; auch benennt die Antragstellerin über Art. 344 AEUV hinaus keine weitere Norm oder Bestimmung des EU-Rechts, die der Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen einem Mitgliedstaat und einem Investor entgegenstehen könnte.
4. Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 18 AEUV
Auch die behaupteten Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot rechtfertigen eine Entscheidung im Sinne der Antragstellerin nicht.
In Übereinstimmung mit dem Schiedsgericht erachtet der Senat es zwar für mög­lich, dass eine Schiedsklausel, die nur bestimmten Investoren den Zugang zum Schiedsgericht eröffnet, Diskriminierungsverbote des EU-Rechts verletzen kann; hieraus läßt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass der hiesigen Schiedskläge-rin der Zugang zum Schiedsgericht verwehrt ist; denn ein etwaiger Verstoß kann letztlich nur zu einer Erweiterung von Rechten auch anderer Investoren, nicht aber zu einer Einschränkung der Rechte der Schiedsklägerin führen.
Der durch das BIT eröffnete Zugang zur Schiedsgerichtsbarkeit stellt für die Inves-toren der beteiligten Vertragsstaaten eine erweiterte Form des Rechts­schutzes in prozessualer Hinsicht dar und benachteiligt dadurch diejenigen, de­nen dieser Zu-gang verwehrt bleibt. Hieraus mag zu folgern sein, dass den be­nachteiligten Investoren ein Recht einzuräumen ist, diesen Zugang ebenfalls einzufordern (vgl. hierzu Friedrich, ZEuS 2010, S. 295 ff., 304, vgl. aber auch Wehland, a.a.O., S. 229 ff., wonach eine Meistbegünstigungsverpflichtung der Mitgliedstaaten vom EuGH im Ergebnis verneint werde); keinesfalls aber läßt sich auf dieser Grundlage die Unwirksamkeit der Schiedsklausel in Art. 8 Abs.
2 BIT zu Lasten der Schiedsklägerin herleiten. Dies ist schon im Hinblick auf den Vertrauensschutz abzulehnen: Investoren, die sich bei ihrer Investitionsent­scheidung auf die Schutzwirkung eines BIT verlassen haben, sollen sich auch unmittelbar darauf berufen können (vgl. Friedrich, a.a.O.).
Da somit eine etwaige Diskriminierung zwischen den Parteien des Schieds-verfahrens gar nicht zum Tragen kommt bzw. für den Schiedsspruch auch nicht kausal sein kann, erweist sich der Einwand der Antragstellerin als unbeachtlich.
5. Verstoß gegen das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens in die Gerichte der EU-Mitgliedstaaten
Auch unter diesem Blickwinkel ist die streitgegenständliche Schiedsklausel nicht zu beanstanden.
Schiedsgerichtsverfahren sind ein EU-weit anerkanntes Mittel zur Streitbeile­gung und werden als der staatlichen Gerichtsbarkeit im Prinzip gleichwerti­ge Rechts-schutzmöglichkeit angesehen (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, Rdnr. 1 zu §1025 ZPO; MüKo-Münch, a.a.O., Rdnr. 5 vor §1025 ZPO; vgl. auch EuGH, „Eco Swiss, EuZW 1999, 565 ff.).
Es kann daher kaum nachvollzogen werden, inwieweit mit der in Art. 8 Abs. 2 BIT eingeräumten Befugnis, Rechtsschutz ggf. auf Wunsch des jeweiligen Inves­tors vor einem Schiedsgericht zu erlangen, inzident eine Missachtung der Gerich­te der EU-Mitgliedstaaten verbunden sein sollte. Zu Recht weist die Nebeninter-venientin darauf hin, dass konsequenterweise auch dem nationalen Gesetzgeber durch dessen Schaffung gesetzlicher Grundlagen zur Durchführung von Schieds­verfahren Misstrauen in die eigene staatliche Gerichtsbarkeit unterstellt werden müsste.
Auch gibt es trotz der in jüngster Zeit verstärkt geführten Diskussion zu der Fra­ge, wie Investitionsschutzabkommen künftig effektiv durchgesetzt werden kön­nen (vgl. hierzu Schröder, RIW 2010, 684 ff.; Herrmann, EuZW 2010, 207 ff.), keinerlei An-haltspunkte dafür, dass die Schiedsgerichtsbarkeit aus EU-Sicht ge­nerell in Frage gestellt wird. Wie bereits ausgeführt werden derartige Verfahren auch in der Europäischen Energiecharta ermöglicht, der die Union ebenfalls bei­getreten ist.
Ungeachtet dessen gilt jedenfalls wiederum der Grundsatz, dass die Antragstel­lerin nicht unter Verweis auf eine von ihr im BIT selbst angebotene Möglichkeit - nämlich das Angebot, sich auf Wunsch des Investors auf ein Schiedsverfahren einzulassen - hieraus nunmehr eine Folge zu Lasten der Schiedsklägerin ableiten kann.
Die Schiedsklägerin durfte und darf sich auf das im BIT vereinbarte Angebot zur Durchführung eines Schiedsverfahrens verlassen.
Die Schiedsklausel ist nicht wegen vermeintlichen Misstrauens in die staatlichen Gerichte der Antragstellerin unwirksam.
6. Unwirksamkeit der Schiedsklausel aus prozessökonomischen Erwägungen
Schließlich ist es dem Senat von Rechts wegen verwehrt, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts aufgrund der Schiedsklausel allein deshalb zu verneinen, weil dem Schiedsgericht die Möglichkeit einer Vorlage an den EuGH verwehrt ist.
Im Verfahren nach §1040 Abs. 3 ZPO beschränkt sich der Prüfungsumfang des staatlichen Gerichts auf mögliche Einwendungen nach den Bestimmungen der §§1029 ff. ZPO. Ist danach - wie hier - eine wirksame Schiedsklausel anzuneh­men, die den Gegenstand des Schiedsverfahrens in sachlicher und persönlicher Hinsicht umfaßt, und bestehen auch im übrigen keine begründeten Einwände, so ist die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu bejahen.
Eine Ausnahme hiervon sieht das Gesetz nicht vor; sie kann auch nicht aus allge­meinen Erwägungen hergeleitet werden, die auf eine Umgehung der nationalen Vorschriften hinauslaufen würde. Soweit das Schiedsgericht seine Zuständigkeit zu Recht angenommen hat, können die im Anschluss an das weitere Verfahren vor dem Schiedsgericht vorgesehenen staatlichen Kontrollmöglichkeiten (§1059 ZPO) nicht unter Verweis auf vermeintliche Gründe der Prozessökonomie um­gangen werden.
Hinzu kommt, dass das deutsche Verfahrensrecht über §1050 ZPO dem Schieds­gericht die Möglichkeit staatsgerichtlicher Unterstützung eröffnet. So besteht für das Schiedsgericht von Rechts wegen die Möglichkeit, in Fällen, in denen sich in einem Schiedsverfahren Fragen des Gemeinschaftsrechts stellen, ein staatli­ches Gericht um Vorlage an den Gerichtshof zu ersuchen (vgl. Schwab/Walter., a.a.O., Kap. 16, Rdnr. 51, Fn. 91 unter Verweis auf EuGH, NJW 1982, 1207 f.). Für eine darüberhinausgehende abweichende Verfahrensweise besteht danach keine Not-wendigkeit.
C.
Abschließend sieht der Senat keine Veranlassung, die Rechtssache dem Europäi­schen Gerichtshof zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahren vorzu­legen.
Gemäß Art. 267 AEUV kann ein Gericht eines Mitgliedstaates dem Gerichtshof Verfahren zum Zwecke der Vorabentscheidung vorlegen, sofern Fragen nach der Auslegung einer Norm des Unionsrechts für die Entscheidung des Verfahrens maßgeblich sind. Dabei kann ein Gericht, dessen Entscheidung – wie hier nach §1065 ZPO – noch angefochten werden kann, insbesondere dann, wenn es sich durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs für ausreichend unterrichtet hält,
selbst über die richtige Auslegung des Unionsrechts und seine Anwendung auf den von ihm festgestellten Sachverhalt entscheiden.
Hingegen ist ein Gericht, dessen Entscheidung nicht mehr mit nationalen Rechts­mitteln angefochten werden kann, grundsätzlich verpflichtet, dem Gerichtshof eine solche Frage nach der Auslegung des Unionsrechts vorzulegen, es sei denn, es existiert bereits eine einschlägige Rechtsprechung (und der möglicherweise neue Kontext weckt keine echten Zweifel an der Möglichkeit, diese Rechtspre­chung anzuwenden) oder die richtige Auslegung der fraglichen Rechtsnorm ist offenkundig (sog. „acte-claire-Doktrin“, vgl. Wegener in Calliess/Ruffert, a.a.O., Rdnr. 28 ff. zu Art. 267 AEUV).
Nach diesen Maßstäben scheidet eine Vorlage an den EuGH auf der Grundlage der von der Antragstellerin formulierten Vorlagefragen von vornherein aus.
Da die Rolle des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren darin besteht, das Uni­onsrecht auszulegen oder über seine Gültigkeit zu entscheiden, nicht aber darin, dieses Recht auf den Sachverhalt anzuwenden, der dem Ausgangsverfahren zu­grunde liegt (dies ist vielmehr Sache des nationalen Gerichts), ist eine Beantwor­tung der hier seitens der Antragstellerin formulierten Fragen durch den EuGH nicht möglich. Denn die Fragestellungen zu Ziffer I. und II. zielen ganz konkret auf die Wirksamkeit der in Art. 8 Abs. 2 des streitgegenständlichen Investiti­onsschutzabkommens geregelten Schiedsklausel ab. Derartige konkrete Fragen zu der Wirksamkeit einer ganz spezifischen Vertragsklausel können nicht im We­ge eines Vorabentscheidungsverfahrens geklärt werden (vgl. Ehricke, in Streinz, a.a.O., Rdnr. 14 zu §267 AEUV; Wegener in: Calliess/Ruffert, a.a.O., Rdnr. 3 zu Art. 267 AEUV).
Erst recht gilt dies für die zu Ziffer III. formulierte Vorlagefrage, die zudem keinerlei Bezug zu der hier streitigen Frage nach der Zuständigkeit des Schieds­gerichts aufweist.
Aber auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das vorlegende Gericht an die von den Parteien formulierten Vorlagefragen nicht gebunden ist, hält der Senat aus den oben dargelegten Gründen eine Vorlage an den Europäischen Ge­richtshof für nicht geboten. Begründete Zweifel an der Auslegung des Art. 344 AEUV ergeben sich mit Blick auf die obigen Erwägungen nicht.
Diese können auch nicht daraus hergeleitet werden, dass sich der EuGH bislang noch nicht explizit zum Anwendungsbereich des Art. 344 AEUV auf Staat­Investor-Streitigkeiten geäußert hat. Allein das Fehlen einer entsprechenden Entscheidung vermag mit Blick auf den Wortlaut der Norm sowie unter Berück­sichtigung des vom EuGH anerkannten Anwendungsbereichs auf Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten keine Unsicherheiten bezüglich der Auslegung die­ser Norm zu wecken, die eine Vorlage an den Gerichtshof erforderlich macht.
Nach alldem sind die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §91 Abs. 1, §101 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §3 ZPO und berücksichtigt, dass für das Verfahren nach §1040 Abs. 3 ZPO i.d.R. ein Bruchteil des Wertes des Schiedsverfahrens anzusetzen ist (etwa 1/5, vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 07.03.2012, Az.: 26 SchH 16/11; vgl. auch Zöller-Herget, a.a.O., Rdnr. 16 zu §3 ZPO, Stichwort „Schiedsrichterliches Verfahren“).
Mit Blick auf den von den Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung über-einstimmend angegebenen Gegenstandswert des Schiedsverfahrens in Höhe von rund 64.000.000,00 ergibt sich der hier angenommene Wert.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 1/13 20.02.2013 Antrag auf Schiedsrichterbestellung
BESCHLUSS:
Tenor:
Für das zwischen den Parteien durchzuführende Schiedsverfahren wird Prof. Dr. R. zum Vorsitzenden Schiedsrichter bestellt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 30.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Zwischen den Parteien besteht Streit über die Rechte und Pflichten aus einem im Jahr 2006 erfolgten Verkauf einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberaterpraxis.
In diesem Zusammenhang hat der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner mit Schriftsatz vom 01.08.2012 Klage im schiedsrichterlichen Verfahren erhoben.
Diese Klage gründet sich auf eine im seinerzeitigen Kaufvertrag enthaltene Schiedsklausel, die wie folgt lautet:
„Beim Auftreten von Streitigkeiten kann jeder Vertragspartner ein Schiedsgericht anrufen. Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden.
Für die Besetzung des Schiedsgerichts und das Verfahren vor dem Schiedsgericht gelten die Bestimmungen des beiliegenden Schiedsvertrages, die in einer gesonderten Urkunde niedergelegt sind.“
Unstreitig wurde ein gesonderter Schiedsvertrag zwischen den Parteien nicht abgeschlossen.
Mit Erhebung der Schiedsklage hat der Antragsteller Herrn S. als beisitzenden Schiedsrichter benannt, während der Antragsgegner Prof. Dr. H. zum weiteren beisitzenden Schiedsrichter ernannt hat.
Nachdem sich die beiden Schiedsrichter in der Folgezeit nicht auf einen Vorsitzenden Schiedsrichter einigen konnten, hat der Antragsteller mit Antragsschrift vom 28.01.2013 das Oberlandesgericht Frankfurt am Main um Benennung eines Vorsitzenden Schiedsrichters ersucht.
Der Antragsgegner hat sich diesem Ersuchen angeschlossen.
II.
Der Antrag ist zulässig.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 ZPO i.V.m. §§ 1025 Abs. 3, 1035 Abs. 3 ZPO für die Entscheidung über den gestellten Antrag zuständig, da der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens noch nicht bestimmt ist und sowohl Antragsteller wie auch Antragsgegner im Bezirk des hiesigen Oberlandesgerichts ansässig sind.
Auch in der Sache selbst liegen die Voraussetzungen für eine Schiedsrichter-bestellung durch das staatliche Gericht gemäß § 1034 Abs. 1 S. 2, § 1035 Abs. 3 ZPO vor.
Zunächst bestehen gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nach § 1029 ZPO keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es im Rahmen des Bestellungsverfahrens hierzu einer abschließenden Entscheidung bedarf; denn mit der Entscheidung über die Bestellung eines Schiedsrichters gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird nicht zugleich rechtskräftig über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung entschieden (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 425 f., m.w.N.).
Nachdem die Schiedsklausel keine Regelung über die Anzahl der Schiedsrichter enthält, ist gemäß § 1034 Abs. 1 S. 2 ZPO ein Dreierschiedsgericht zu besetzen.
Insoweit haben beide Parteien ihrer Mitwirkungspflicht gemäß § 1035 Abs. 3 S. 2 1. Hs. ZPO Genüge getan und jeweils einen Schiedsrichter bestellt. Diese beiden Schiedsrichter haben sich jedoch nicht binnen Monatsfrist über den dritten Schiedsrichter einigen können. Unter diesen Voraussetzungen greift das gesetzliche Bestellungsverfahren des § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO; danach hat das staatliche Gericht auf Antrag einer Partei die erforderlichen Maßnahmen vorzunehmen; dies ist hier die Bestellung eines Vorsitzenden Schiedsrichters für das beabsichtigte Schiedsverfahren.
Der Senat bestellt Prof. Dr. R. zum Vorsitzenden Schiedsrichter, der als ständiges Mitglied des Schiedsgerichts der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main über fundierte Erfahrungen im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit verfügt und der ausdrücklich seine Bereitschaft zur Übernahme des Amtes bekundet hat.
Der Antragsgegner hat als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).
Der Streitwert für das Verfahren auf Bestellung eines Schiedsrichters entspricht einem Bruchteil der Hauptsache des schiedsrichterlichen Verfahrens (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 29. Auflage 2012, Rdnr. 16 zu § 3 ZPO, Stichwort: „Schiedsrichterliches Verfahren“); entsprechend den vorläufigen Streitwertangaben in der Schiedsklage erachtet der Senat gemäß § 3 ZPO einen Gegenstandswert von bis zu € 30.000,00 als angemessen.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 07/11 29.09.2011
B E S C H L U S S
Es wird festgestellt, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien auf der Grundlage der in § 15 des Generalunternehmervertrages vom 19.05.2010 – Nr. SE-06_05/10 – vereinbarten Schiedsklausel unzulässig ist
Die Antragsstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gegenstandswert: 21.448,18 €
Gründe:
Die Parteien schlossen am 19.05.2010 einen Generalunternehmervertrag zur schlüsselfertigen Errichtung einer Photovoltaik-Anlage an einem Standort in M. Der Vertrag enthält in § 15 eine Schiedsklausel, wegen deren Einzelheiten auf die zur Akte gereichte Kopie des Vertrages (Bl. 4 ff, 24 d. A.) verwiesen wird. Mit Schreiben vom 12.04.2010 wies die Antragstellerin darauf hin, dass nach ihrer Auffassung die Schiedsklausel unwirksam sei und forderte die Antragsgegnerin auf, bis zum 15.04.2010 mitzuteilen, ob die Antragsgegnerin diese Ansicht teile, anderenfalls werde man ein entsprechendes gerichtliches Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO einleiten. Dieses Schreiben war an die aktuelle Adresse der Antragsgegnerin gerichtet und wurde nach dem Vorbringen der Antragstellerin sowohl mit einfachem Brief als auch per Einschreiben mit Rückschein versandt. Ausweislich des in Kopie vorgelegten Briefumschlages mit Retoure-Vermerk wurde das Einschreiben am 13.04.2011 zur Post gegeben. Da es nicht zugestellt werden konnte, wurde das Schreiben auf der Post zur Abholung hinterlegt, dort allerdings von der Antragsgegnerin nicht abgeholt. Die Antragsgegnerin bestreitet den Zugang einer entsprechenden Benachrichtigung und des einfachen Briefes.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 21.04.2011, eingegangen bei Gericht am 26.04.2011, hat die Antragstellerin sodann beantragt
festzustellen, dass die Durchführung eines schiedsrichterlichen Verfahrens unzulässig ist .
Die Antragsgegnerin hat das Feststellungsbegehren in dem Erwiderungsschriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 26.05.2011 unter Verwahrung gegen die Kostentragungspflicht anerkannt.
Sie ist der Auffassung, keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben zu haben, da ihr das Aufforderungsschreiben vom 12.04.2011 nie zugegangen sei und zudem die darin gesetzte Äußerungsfrist viel zu kurz bemessen gewesen sei.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Antrastellerin vom 21.06.2011 (Bl. 59 ff d. A.) und 17.08.2011 (Bl. 82 f d. A.) sowie auf die Schriftsätze des Antragsgegnerin vom 26.05.2011 (Bl. 38 ff d. A.), 14.07.2011 (Bl. 70 ff d. A.) und 30.08.2011 (Bl. 87 f d. A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens war nach § 1032 Abs. 2 ZPO statthaft; die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Dem Antrag war nach dem Anerkenntnis der Antragsgegnerin auch ohne weitere Sachprüfung durch den Senat zu entsprechen, da auch in den in § 1062 Abs. 1 ZPO benannten Verfahren ein Anerkenntnis gemäß § 307 ZPO zulässig ist (vgl. OLG Frankfurt, IHR 2002, 38; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap 27 Rz. 29; Münch-Kom. ZPO - Münch, 3. Aufl., § 1064 Rz. 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 ZPO; danach waren der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da die Antragsgegnerin keine Veranlassung für die Einleitung eines Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO gegeben und das geltend gemachte Begehren sofort anerkannt.
Zunächst begegnet es keinen grundsätzlichen Bedenken, § 93 ZPO auch im Rahmen der Verfahren anzuwenden, für die nach § 1062 ZPO die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes eröffnet ist (vgl. Münch-Komm ZPO – Münch, § 1064 Rz. 3; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., § 27 Rz. 29; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 31.05.2001 – 8 Sch 1/01). Die Erstattungsvorschriften der §§ 91 ff ZPO gelten für alle in der ZPO geregelten Verfahren, in denen ein „Streit“ zwischen den Parteien vorliegt, wobei der Begriff „Rechtsstreit“ weit auszulegen ist (vgl. Zöller-Herget, a.a.O., § 91 Rz. 9) und auch die in § 1062 ZPO aufgeführten Verfahren erfasst.
Nach § 93 ZPO hat der Kläger die Kosten eines Rechtsstreites zu tragen, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Veranlassung zur Klageerhebung besteht dann, wenn der Beklagte durch sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf ein Verschulden und die materielle Rechtslage bei dem Kläger den Eindruck erweckt hat, er, der Kläger, werde nicht ohne Klage zu seinem Recht kommen. Ist nach einem sofortigen Anerkenntnis des Beklagten streitig, ob er Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat, so trifft ihn die Beweislast für die fehlende Klageveranlassung (vgl. BGH, MDR 2007, 1162; OLG Frankfurt, NJW-RR 1996, 62; OLG Hamm, MDR 2004, 1078 ; MünchKomm. – Belz, ZPO, 3. Aufl., § 93 Rz. 8; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 93 Rz. 2; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 93 Rz. 16). Denn nach den allgemeinen Beweislastregeln muss diejenige Partei, die sich auf einen Ausnahmetatbestand zu ihren Gunsten beruft, dessen Tatbestandsvoraussetzungen darlegen und gegebenenfalls beweisen (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 1432, 1434; OLG Frankfurt, a.a.O.; Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl., vor § 284 Rz. 17a).
Bei der Ausgestaltung der danach grundsätzlich die Antragsgegnerin treffenden Darlegungs- und Beweislast ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich bei dem von ihr darzulegenden und zu beweisenden Umstand (kein Zugang des Schreibens vom 12.04.2011) um eine negative Tatsache handelt. Dies führt indes nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast, sondern lediglich zu einer sekundären Darlegungslast der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin kann sich zunächst auf die schlichte Behauptung der negativen Tatsache – das Schreiben sei ihr nicht zugegangen – beschränken. Nach dem auch im Prozessrecht gültigen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist die Antragstellerin verpflichtet, dem einfachen Bestreiten mit eigenem qualifizierten Vortrag entgegenzutreten. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass die Antragstellerin die für einen substantiierten Vortrag notwendigen Informationen im Allgemeinen besitzt oder sich diese jedenfalls leichter beschaffen kann als die darlegungspflichtige Partei. Im Anschluss daran muss jedoch die darlegungspflichtige Partei ihren Vortrag konkretisieren und detailliert – gegebenenfalls unter Beweisantritt – auf das Bestreiten der Gegenpartei eingehen (vgl. BGHZ 100, 190, 195; OLG Frankfurt, a.a.O.; Musielak/Stadler aaO § 138 Rdn. 10). An den Nachweis der negativen Tatsache dürfen allerdings auch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Denn ein Missbrauch ist nicht nur auf Seiten der Partei denkbar, die zu Unrecht den Zugang eines Schreibens bestreitet; er ist auch auf Seiten der anderen Partei nicht auszuschließen, die wahrheitswidrig die Absendung eines rechtserheblichen Schreibens behauptet.
Auf den Zugang des hier maßgeblichen Schreibens vom 12.04.2011 bezogen bedeutet dies, dass die Antragstellerin zunächst gehalten war, die genauen Umstände der Absendung vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen.
Hinsichtlich des Einschreibens ist letztlich unstreitig geworden, dass dieses Schreiben nicht zugegangen ist, denn aus dem in Kopie vorgelegten Briefumschlag mit Retourevermerk der Post ergibt sich, dass das Schreiben nicht zugestellt werden konnte und letztlich auch nicht abgeholt wurde. Die Antragsgegnerin muss sich insoweit auch nicht nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als sei ihr dieses Schreiben zugegangen. Zwar kann sich der Adressat einer rechtserheblichen Erklärung im Einzelfall nicht auf den fehlenden Zugang berufen, wenn der tatsächliche Zugang an einer von ihm zu vertretenden Obliegenheitsverletzung scheitert und zusätzliche Umstände hinzutreten, wie etwa eine bewusste Verhinderung oder Verzögerung des Zugangs, die das Verhalten des Empfängers als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Einschränkung gilt auch, wenn der Empfänger eine abholbereite Einschreibesendung trotz ordnungsgemäße Benachrichtigung nicht abholt (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 130 Rz. 18 m.w.N.).
Solche besonderen Umstände, die das Verhalten der Antragsgegnerin als treuwidrig erscheinen lassen, sind hier jedoch nicht ersichtlich, insbesondere hat die Antragstellerin nicht dargelegt, dass in dem hier maßgeblichen Zeitraum (vor dem 12.04.2011) bereits Streit zwischen den Parteien entstanden war, so dass die Antragsgegnerin mit dem Eingang einer rechtserheblichen Erklärung rechnen musste. Zudem steht nicht einmal fest, dass die Antragsgegnerin ordnungsgemäß über die versuchte Zustellung eines Einschreibens benachrichtigt wurde. Allein der in Kopie vorgelegte Briefumschlag mit Retourevermerk der Post begründet noch nicht die tatsächliche Vermutung, dass die Antragsgegnerin ordnungsgemäß über die Niederlegung eines Einschreibens informiert wurde.
Bezüglich der behaupteten Versendung des Briefes fehlt es an jeglichem einlassungsfähigen Sachvortrag zum Absenden des Briefes, so dass die Antragsstellerin insoweit ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen ist. Auf die entsprechende Substantierungspflicht hatte der Berichterstatter unter Hinweis auf die einschlägige Rechtssprechung unter dem 25.07.2011 ausdrücklich hingewiesen.
Da auch im Übrigen für den hier maßgeblichen Zeitraum keine von der Antragsgegnerin zu verantwortenden Umstände ersichtlich sind, die für die Antragstellerin Anlass für die Einleitung eines Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO hätten sein können und die Antragsgegnerin ein sofortiges Anerkenntnis erklärt hat, waren der Antragstellerin gemäß § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/5 des Hauptsachestreitwertes – vgl. insoweit KG, NJW 1967, 55).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 07/09 26.03.2010
B E S C H L U S S
Der am 28.07.2008 ergangene Schiedsspruch des ICC International Court of Arbitration in Rom ..., mit dem die Schiedsbeklagte unter anderem verurteilt wurde, an die Schiedsklägerin 10.619.016,79 € und 145.601,32 US-Dollar zu zahlen, ist hinsichtlich eines Teilbetrages von 200.000,- € vollstreckbar.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Die Schiedsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Gegenstandswert: 200.000,- €
Gründe:
I.
Auf Antrag der Schiedsklägerin erließ der ICC International Court of Arbitration in Rom am 28.07.2008 einen Schiedsspruch, mit dem die Schiedsbeklagte unter anderem zur Zahlung der im Tenor bezeichneten Beträge verurteilt wurde. Als Ort für die Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens war Rom bestimmt worden. Die Schiedsklägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Schiedsbeklagte im Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt über Vermögenswerte verfügt.
Die Schiedsklägerin beantragt die Vollstreckbarerklärung hinsichtlich eines Teilbetrages des Schiedsspruchs in Höhe von 200.000,- € zuzüglich gesetzlicher Zinsen gemäß Art. 1224 des italienischen bürgerlichen Gesetzbuches.
Die Schiedsbeklagte ist dem Antrag nicht entgegengetreten.
II.
Der Antrag, den Schiedsspruch vom 28.07.2008 hinsichtlich eines Teilbetrages von 200.000,- € für vollstreckbar zu erklären, ist zulässig (§§ 1025 Abs. 4, 1061 Abs. 1 S. 1, 1064 Abs. 1 S. 1 ZPO; Art. VII Abs. 1 UN-Übereinkommen vom 10.06.1958, BGBl. 1961 II S. 121 – im folgenden UNÜ abgekürzt). Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1025 Abs. 4, 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ZPO; die Schiedsbeklagte verfügt nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Schiedsklägerin über Vermögenswerte im Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Die Antragstellerin hat zudem eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruches eingereicht (Art. IV Abs. 1 lit. a UNÜ). Der Vorlage einer Abschrift der Schiedsvereinbarung bedurfte es gemäß Art. VII Abs. 1 UNÜ nicht, da die nationale Regelung für die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen dies nicht vorsieht (§ 1064 Abs. 1, 3 ZPO; Grundsatz der Meistbegünstigung, vgl. auch BGH, NJW-RR 2004, 1504).
Der Schiedsklägerin ist es auch nicht verwehrt, die Vollstreckbarerklärung nur hinsichtlich eines Teilbetrages zu begehren. Eben so wie bei der Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile kann auch ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung selbständiger abgrenzbarer Teile eines Schiedsspruches gestellt werden; das gilt insbesondere auch für Zahlungsansprüche, so dass etwa ein Schiedsspruch, der auf die Zahlung einer bestimmten Summe gerichtet ist, auch nur bezüglich eines Teilbetrages für vollstreckbar erklärt werden kann (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1060 Rz. 30).
Da Versagungsgründe gemäß Art. V Abs. 1 und 2 UNÜ weder geltend gemacht wurden noch sonst ersichtlich sind, war hinsichtlich der geltend gemachten Hauptforderung antragsgemäß zu entscheiden. Soweit die Schiedsklägerin darüber hinaus im Vollstreckbarerklärungsverfahren aber eine Verzinsung der Hauptforderung begehrt, konnte ihrem Antrag nicht entsprochen werden. Es ist zwar in der Rechtsprechung durchaus anerkannt, dass im Rahmen der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schuldtitels dieser um den Zinsausspruch ergänzt werden kann, wenn etwa in dem Schuldtitel Zinsen dem Grunde nach zuerkannt wurden, jedoch kein Ausspruch zur Zinshöhe erfolgt ist (vgl. BGH, NJW 1990, 3084; OLG Zweibrücken, OLGR 2005, 223; OLG Düsseldorf, RIW 1997, 330; OLG Hamburg, RIW 1994, 424: OLG Hamm, RIW 1994, 243). Das OLG Frankfurt (RIW 1998, 474) hat eine solche Ergänzung sogar in einem Fall für zulässig erachtet, in dem ein französisches Urteil überhaupt keinen Ausspruch darüber enthielt, dass die ausgeurteilten Beträge mit den gesetzlichen Zinsen zu verzinsen seien. Der Senat ist dabei aufgrund der Regelung in Art. 1153-1 Abs. 1 CC davon ausgegangen, dass die gesetzlichen Zinsen, die in Frankreich jährlich durch Dekret bestimmt werden, automatisch bei einer französischen Zahlungsverurteilung geschuldet und von der Entscheidung umfasst werden, so dass insoweit auch eine Ergänzung im Vollstreckbarerklärungsverfahren möglich sei.
Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt hier indes nicht vor. Weder hat das Schiedsgericht dem Grunde nach eine Verzinsungspflicht ausgesprochen noch lässt sich eine Ergänzung des Schiedsspruches aus Art. 1224 des italienischen Bürgerlichen Gesetzbuches herleiten. Das Schiedsgericht hat in seiner Entscheidung nämlich einen Zinsanspruch der Schiedsklägerin geprüft und ausdrücklich verneint (Abschnitt V B) 2. c., Ziffern 111 bis 113 des Schiedsspruches). Ist in dem ausländischen Titel eine Verzinsung des Hauptforderung aber ausdrücklich abgelehnt worden, kann diese Entscheidung nicht im Wege der Ergänzung im Vollstreckbarerklärungsverfahren abgeändert werden, da insoweit gerade keine Entscheidungslücke vorliegt, die einer Ergänzung zugänglich wäre.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 06/10 06.09.2010
B E S C H L U S S
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe:
Der Antragsteller hat sich mit seinem Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO gegen die Inanspruchnahme in einem von der Antragsgegnerin eingeleiteten Schiedsverfahren gewandt, in dem die Antragsgegnerin Schadensersatzansprüche aus einem Beteiligungskaufvertrag geltend macht. Der Antragsteller war bei dem Abschluss des Kaufvertrages als Bevollmächtigter der als Verkäufer unter Ziffern 3. bis 18. aufgeführten Gesellschaften und natürlichen Personen aufgetreten. Nachdem die Antragsgegnerin die Schiedsklage gegen den Antragsteller zurückgenommen hat, haben die Parteien das vorliegende Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.
Damit war gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Diese waren unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens war nach § 1032 Abs. 2 ZPO statthaft; die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Dem Antrag wäre bei streitigem Fortgang des Verfahrens voraussichtlich auch Erfolg beschieden gewesen, da auf der Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstandes nicht festzustellen ist, dass für das Rechtsverhältnis der Parteien die in dem Beteilungskaufvertrag vereinbarte Schiedsklausel anzuwenden gewesen wäre. Eine Schiedsvereinbarung wirkt grundsätzlich nur zwischen den Parteien, die eine solche Abrede getroffen haben. Für und gegen Dritte kann sie nur ausnahmsweise rechtliche Wirkung entfalten; zum einen, soweit man dritte Personen durch eine mit dem Vertragspartner geschlossene Vereinbarung verpflichten oder sie vertraglich berechtigen kann – das folgt aus der vertraglichen Natur der Schiedsgerichtsbarkeit und aus der grundsätzlichen Unwirksamkeit von Verträgen zu Lasten Dritter (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 7 Rz. 22 ff m.w.N.), und zum anderen bei Gesamtrechts- bzw. Sonderrechtsnachfolge, im letztgenannten Fall jedoch nur, wenn die Nachfolge das von der Schiedsvereinbarung betroffene Rechtsverhältnis ergreift. Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor, da der Antragsteller lediglich als Bevollmächtigter auf Verkäuferseite aufgetreten ist; zudem ist die Antragsgegnerin dem Begehren des Antragstellers in der Sache nicht entgegengetreten und hat hilfsweise ausdrücklich angeregt, dem Antrag stattzugeben.
Der Antragsteller war auch nicht in entsprechender Anwendung des § 93 ZPO mit den Verfahrenskosten zu belasten. Zwar ist im Rahmen der nach § 91 a ZPO zu treffenden Kostenentscheidung auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO zu berücksichtigen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91 a Rz. 24 m.w.N.), wobei es keinen grundsätzlichen Bedenken begegnet, § 93 ZPO auch im Rahmen der Verfahren anzuwenden, für die nach § 1062 ZPO die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes eröffnet ist (vgl. Münch-Komm ZPO – Münch, § 1064 Rz. 3; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., § 27 Rz. 29; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 31.05.2001 – 8 Sch 1/01). Die Erstattungsvorschriften der §§ 91 ff ZPO gelten für alle in der ZPO geregelten Verfahren, in denen ein „Streit“ zwischen den Parteien vorliegt, wobei der Begriff „Rechtsstreit“ weit auszulegen ist (vgl. Zöller-Herget, a.a.O., § 91 Rz. 9) und auch die in § 1062 ZPO aufgeführten Verfahren erfasst.
Nach § 93 ZPO hat der Kläger die Kosten eines Rechtsstreites zu tragen, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Veranlassung zur Klageerhebung besteht dann, wenn der Beklagte durch sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf ein Verschulden und die materielle Rechtslage bei dem Kläger den Eindruck erweckt hat, er, der Kläger, werde nicht ohne Klage zu seinem Recht kommen. Die Beweislast für die Voraussetzungen des § 93 ZPO liegt beim Beklagten, da mit einer Verurteilung entsprechend dem Anerkenntnis die Voraussetzungen des § 91 ZPO erfüllt sind und § 93 ZPO demgegenüber ein den Beklagten begünstigenden Ausnahmetatbestand darstellt (vgl. Zöller, a.a.O., § 93 Rz. 6 Stichwort „Beweislast“). Hier hat die Antragsgegnerin aber schon deshalb Veranlassung für ein Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO gegeben, weil sie die Schiedsklage auch auf den Antragsteller erstreckt und im Einzelnen dargelegt hat, aus welchen Gründen nach ihrer Auffassung die gegen ihn erhobenen Ansprüche der Schiedsklausel unterfallen.
Können somit die Voraussetzungen des § 93 ZPO vorliegend nicht bejaht werden, waren der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, zumal sie auch keine Umstände dargetan hat, die unter dem Gesichtspunkt des billigen Ermessens eine andere Kostenentscheidung gebieten würden.
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 05/10 16.09.2010
B E S C H L U S S
Für die Antragsgegner zu 1) und 2) wird B … als Schiedsrichter bestellt.
Der Antrag des Antragsgegners zu 2), auch für den Antragssteller einen Schiedsrichter durch das staatliche Gericht, zu bestimmen, wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegnerin zu 1) 85 % und der Antragsgegner zu 2) 15 % zu tragen.
Gegenstandswert: 1.322.241,70 €
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Ernennung eines Schiedsrichters für die Antragsgegner.
Der Antragsteller wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bad Homburg v. d. Höhe vom 25.09.2009 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der P GmbH & Co KG (nachfolgend Gemeinschuldnerin) bestellt. Die Antragsgegner sind deren Kommanditisten. Sie hatten mit notariellem Vertrag vom 27.06.2001 zunächst die Geschäftsanteile der späteren Komplementär-GmbH der Gemeinschuldnerin, der W GmbH (später umfirmiert in P-GmbH) erworben (Abschnitt I des notariellen Vertrages). In Abschnitt II des notariellen Vertrages wurde die Gründung der Gemeinschuldnerin vereinbart. Der entsprechende Gesellschaftsvertrag wurde dem notariellen Vertrag als Anlage 3 beigefügt. Schließlich enthält der notarielle Vertrag in Abschnitt III noch eine sogenannte Gesellschaftervereinbarung, in der einzelne Rechte und Pflichten der Gesellschafter im Hinblick auf den Gesellschaftszweck geregelt wurden. Sowohl in dem notariellen Vertrag (dort unter V § 2) als auch im Gesellschaftsvertrag der Gemeinschuldnerin (§ 27) wird für alle Streitigkeiten aus den Verträgen auf eine gesondert unterzeichnete Schiedsvereinbarung verwiesen, die als Anlage 8 dem notariellen Vertrag vom 27.06.2001 beigefügt wurde. Danach soll über alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit den am 27.06.2001 geschlossenen Vereinbarungen einschließlich aller nachträglichen Änderungen und Ergänzungen und über die Gültigkeit des Schiedsvertrages selbst unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges ein Schiedsgericht entscheiden (§ 1). In den §§ 3 und 5 ist das Verfahren zur Benennung der Schiedsrichter geregelt, unter anderem auch für den Fall, dass auf Kläger- oder Beklagtenseite mehrere Personen beteiligt sind. Wegen der Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung des Schiedsvertrages (Bl. 55, 56 d. A.) Bezug genommen.
Der Antragsteller verlangt von den Antragsgegnern unter Bezugnahme auf Abschnitt III § 4 des notariellen Vertrages vom 27.06.2001 Schadensersatz, weil sie ihrer dort vereinbarten Verpflichtung zur finanziellen Ausstattung der Gemeinschuldnerin nicht ausreichend nachgekommen seien. Mit Schreiben vom 26.03.2010 teilte ihnen der Antragsteller mit, dass er seinerseits einen Schiedsrichter bestellt habe und forderte die Antragsgegner auf, innerhalb der im Schiedsvertrag geregelten Frist ihrerseits einen gemeinsamen Schiedsrichter zu bestellen. Diese Aufforderung ist der Antragsgegnerin zu 1) am 29.03.2010 und dem Antragsgegner zu 2) am 27.03.2010 zugegangen. Während sich die Antragsgegnerin zu 1) in der Folgezeit nicht äußerte, lehnte der Antragsgegner zu 2) mit Schreiben vom 15.04.2010 die Bestellung eines gemeinsamen Schiedsrichters ab, da die geltend gemachten Ansprüche unabhängig voneinander seien. Für eine nach seiner Auffassung allein gegen ihn zu richtende Schiedsklage benannte der Antragsteller den im Tenor bezeichneten Schiedsrichter.
Der Antragsteller begehrt vor diesem Hintergrund nunmehr, für die Antragsgegner einen gemeinsamen Schiedsrichter durch das staatliche Gericht zu bestellen. Er ist der Auffassung, dass die geltend, gemachten Ansprüche nicht nur in einem engen Zusammenhang stünden, sondern auf demselben Rechtsgrund beruhten. Im Übrigen hätten sich sämtliche Beteiligten im Wissen um die getroffenen Regelungen zur finanziellen Ausstattung der Gemeinschuldnerin auf ein solches Verfahren der Schiedsrichterbestellung geeinigt.
Der Antragsteller beantragt,
für die Antragsgegner einen Schiedsrichter zu bestellen.
Der Antragsgegner zu 2) beantragt,

1. den Antrag auf Schiedsrichterbestellung zurückzuweisen;
2. hilfsweise sowohl für den Antragsteller als auch für die Antragsgegner einen Schiedsrichter durch das staatliche Gericht zu bestimmen.
Der Antragsgegner zu 2) ist der Auffassung, dass mit der beabsichtigten Schiedsklage Ansprüche geltend gemacht werden sollen, die in keinem inneren Zusammenhang stünden. Wegen der primären Haftung der Antragsgegnerin zu 1) bestünden auf Seiten der Antragsgegner erhebliche Interessengegensätze, aufgrund derer die Bestellung eines gemeinsamen Schiedsrichters ausgeschlossen sei. Insoweit sei eine Einigung mit der Antragsgegnerin zu 1) auf einen gemeinsamen Schiedsrichter unmöglich. Die Durchführung eines Mehrparteienschiedsverfahrens verstoße in dieser Konstellation in erheblicher Weise gegen den Grundsatz der Waffengleichheit, so dass zumindest auch der Schiedsrichter für den Antragsteller vom staatlichen Gericht zu bestellen sei. Im Übrigen würden die gegen den Antragsgegner zu 2) geltend gemachten Ansprüche ohnehin nicht der Zuständigkeit des Schiedsgerichts gemäß § 1 des Schiedsvertrages unterteilen, da es insoweit allein um die in Abschnitt III des notariellen Vertrages vom 27.06.2001 zwischen den Antragsgegnern als Gesellschafter der Gemeinschuldnerin geregelten Rechte und Pflichten gehe. § 5 des Schiedsvertrages, in denen das Mehrparteienschiedsverfahren geregelt sei, beziehe sich aber nur auf die Vereinbarungen des notariellen Vertrages, an denen mehr als zwei Personen beteiligt seien.
Die Antragsgegnerin zu 1) hat sich in diesem Verfahren nicht geäußert.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze des Antragstellers vom 27.04.2010 (Bl. 1 ff. d. A.), 04.06.2010 (Bl. 108 ff. d. A.) und 30.07.2010 (Bl. 163 ff. d. A.) sowie auf die Schriftsätze des Antragsgegners zu 2) vom 25.05.2010 (Bl. 99 ff. d. A.), 01.07.2010 (Bl. 125 ff. d. A.) und 17.08.2010 (Bl. 168 ff. d. A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters ist zulässig; die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1035 Abs. 4, 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Der Antrag ist auch begründet. Nach § 1035 Abs. 4 ZPO kommt eine Ersatzschiedsrichterbestellung durch das staatliche Gericht unter anderem in Betracht, wenn die Parteien ein Verfahren für die Bestellung eines Schiedsrichters vereinbart haben, aber eine Einigung nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarung nicht erreicht wird, Diese Voraussetzungen für eine Bestellung eines Schiedsrichters durch das staatliche Gericht sind im vorliegenden Fall gegeben.
Dass die Parteien eine wirksame Schiedsvereinbarung im Sinne des § 1029 ZPO getroffen haben, ist zwischen ihnen nicht streitig. Aus den Regelungen unter Ziffer V § 2 des notariellen Vertrages vom 27.06.2001 und § 1 des an diesem Tag geschlossenen Schiedsvertrages ergibt sich eindeutig, dass sämtliche Streitigkeiten betreffend die in dem notariellen Vertrag getroffenen Vereinbarungen unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen. Umstände, die Zweifel an der grundsätzlichen Wirksamkeit dieser Abrede begründen könnten, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
In §§ 3 und 5 des zu Grunde liegenden Schiedsvertrages haben die Parteien auch eine Regelung zur Bestellung der Schiedsrichter getroffen. Danach hat unter anderem die beklagte Partei binnen einer Frist von drei Wochen nach entsprechender Aufforderung durch die Gegenseite einen Schiedsrichter zu benennen, wobei mehrere Beklagte nur einen Schiedsrichter bestellen können. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die das Verfahren betreibende Partei den Schiedsrichter der Gegenpartei durch das staatliche Gericht ernennen lassen.
Nach Zugang des Aufforderungsschreibens des Antragstellers am 27. bzw. 29.03.2010 haben die Antragsgegner nicht innerhalb der dreiwöchigen Notfrist einen gemeinsamen Schiedsrichter bestellt. Die Mitteilung des Bevollmächtigten des Antragsgegners zu 2) vom 15.04.2010 stellte keine wirksame Bestellung eines Schiedsrichters dar, da sich schon aus dem Schreiben ergibt, dass eine Einigung der Antragsgegner gerade nicht stattgefunden hat. Der Antragsgegner zu 2) hat auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Schiedsrichterbestellung nicht für die Antragsgegner gemeinsam erfolgen sollte, sondern nur für ihn, da er die Durchführung eines Mehrparteienschiedsverfahrens auf Seiten der Antragsgegner für unzulässig erachte. Der Antragsgegner zu 2) hat zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der Mitteilung über die Bestellung eines Schiedsrichters um eine prozessuale Erklärung handelt, die für die erklärende Partei grundsätzlich Bindungswirkung hat (§ 1035 Abs. 2 ZPO), d.h. sie kann die Bestellung nicht mehr ohne Weiteres rückgängig machen. Auch die Gegenseite ist an diese Bestellung gebunden; sie kann allenfalls ein Ablehnungsverfahren durchführen. Diese Bindungswirkung tritt jedoch, wie bereits dargelegt, nur ein, wenn die entsprechende Erklärung auch wirksam ist, was in dem Verfahren nach § 1035 Abs. 4 ZPO überprüft werden kann. Da die Bestellung eines Schiedsrichters allein für den Antragsgegner zu 2) erfolgte und ausschließlich für ein isoliert gegen ihn gerichtetes Schiedsverfahren gelten sollte, war dieser Bestellungsakt für das von dem Antragsteller eingeleitete Schiedsverfahren ohne Bindungswirkung, da eine entsprechende Bestellung gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 des Schiedsvertrages von beiden Antragsgegnern gemeinsam hätte erfolgen müssen.
Soweit der Antragsgegner zu 2) die Auffassung vertritt, die vom Antragsteller geltend gemachten Ansprüche unterfielen schon nicht der Zuständigkeit des Schiedsgerichts gemäß § 1 des Schiedsvertrages, weil diese Ansprüche ihre Grundlage in Abschnitt III des notariellen Vertrages vom 27.06.2001 hätten, dort jedoch nur die Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander geregelt seien und § 5 des Schiedsvertrages, der das Mehrparteienschiedsverfahren regele, sich nur auf die Vereinbarungen des notariellen Vertrages beziehe, an denen mehr als zwei Personen beteiligt seien, vermag der Senat dem nicht beizupflichten.
Sämtliche Vertragsbeteiligten haben sich unter V § 2 des notariellen Vertrages vom 27.06.2001 für alle eventuellen Streitigkeiten aus diesem Vertrag einer Schiedsvereinbarung unterworfen, deren Einzelheiten in einer eigenständigen Vertragsurkunde festgelegt wurden. Diese umfassende Zuständigkeitsvereinbarung ist in § 1 des Schiedsvertrages noch einmal wiederholt worden; sie erstreckt sich nach dem eindeutigen Wortlaut auf „alle Rechtsstreitigkeiten aus und im Zusammenhang mit den ...am 27.06.2001 geschlossenen Vereinbarungen". Für die Frage der Zuständigkeit des Schiedsgerichts und das bei der Benennung der Schiedsrichter zu beachtende Verfahren kommt es mithin nicht darauf an, welchen Anspruch aus den unterschiedlichen vertraglichen Regelungen welche Partei gegen wen geltend macht. Entscheidend ist allein, ob eine Partei einen Anspruch gegen eine oder mehrere der Vertragsbeteiligten erhoben hat, der seine Grundlage in dem notariellen Vertrag vom 27.06.2001 hat, was hier zweifellos der Fall ist. Ob der klagenden Partei dieser Anspruch zusteht, d. h. ob nach den Regelungen in Abschnitt III des notariellen Vertrages der Gemeinschuldnerin etwa unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages zu Gunsten Dritter ein eigenes Forderungsrecht zusteht oder ob in diesem Abschnitt ausschließlich das Rechtsverhältnis der Kommanditisten untereinander geregelt wird, ist für die Frage der Reichweite der Schiedsvereinbarung und des dort geregelten Bestellungsverfahrens unbeachtlich. Zudem ist das zu bildende Schiedsgericht gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 des Schiedsvertrages und § 1040 Abs. 1 S. 1 ZPO zunächst selbst berufen, über die Reichweite der Schiedsklausel und seine Zuständigkeit zu befinden. Erst im Verfahren nach § 1040 Abs. 3 ZPO kann das staatliche Gericht diese Frage beurteilen (vgl. insoweit auch KG, NJW 2008, 2719, 2729 - Tz. 51)
Schließlich stehen der Bestellung eines gemeinsamen Schiedsrichters für die Antragsgegner auch die Besonderheiten des sogenannten Mehrparteienschiedsverfahrens nicht entgegen. Zwar kann das grundlegende Recht einer Schiedspartei auf Ernennung eines eigenen Schiedsrichters beeinträchtigt sein, wenn die Parteien ein Dreierschiedsgericht vereinbart haben. Die vertraglich regelmäßig vorgesehene Parteiernennung führt hier unter Umständen zu einem prozessualen Übergewicht der Einzelpartei, die, weil sie „ihren" Schiedsrichter frei ernennen kann, einen ungleich größeren Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts hat, als die sich aus mehreren Personen zusammensetzende Gegenpartei, die gezwungen ist, sich auf einen gemeinschaftlichen Schiedsrichter zu einigen bzw. einen zwangsbestellten Schiedsrichter zu akzeptieren, sofern eine Einigung nicht herbeigeführt werden kann (vgl. BGHZ 132, 278 ff; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 10 Rz. 14). Indes verstößt die Bildung eines Dreier-Schiedsgerichtes nicht zwangsläufig gegen den oben dargestellten Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien bei der Bildung des Schiedsgerichts. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn die Parteien mit der Durchführung eines solchen Schiedsverfahrens einverstanden sind, wobei ein dahingehender Parteiwille, sofern er nicht ausdrücklich geäußert wurde, durch Auslegung der Schiedsvereinbarung zu ermitteln ist (vgl. Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 10 Rz. 14f m.w.N.).
In der hier zugrunde liegenden Schiedsvereinbarung ist die Zulässigkeit eines Mehrparteien-Schiedsverfahren ausdrücklich geregelt worden, denn § 5 Abs. 1 des Schiedsvertrages sieht vor, dass jede Partei, auch wenn sie aus mehreren Personen besteht, nur einen (gemeinsamen) Schiedsrichter bestellen kann. Diese Vereinbarung erfolgte in dem Bewusstsein der vielfältigen und unterschiedlichen Regelungen, die die Parteien im Zusammenhang mit der Gründung der Gemeinschuldnerin in dem notariellen Vertrag vom 27..06.2001 getroffen hatten. Es war daher von vornherein für alle Beteiligten klar, dass es im Fall einer Streitigkeit auch zu einem Mehrparteienverfahren mit den daraus sich ergebenden verfahrensmäßigen Besonderheiten kommen kann. Damit haben die Parteien ihr grundlegendes Recht auf Ernennung eines eigenen Schiedsrichters selbst eingeschränkt, so dass sie nunmehr eines besonderen Schutzes nicht bedürfen. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht erheblich, dass die Antragsgegner nach der Behauptung des Antragsgegners zu 2) wegen der Verletzung individueller Vertragspflichten in Anspruch genommen werden und auf Seiten der Antragsgegner möglicherweise für den Fall einer Verurteilung divergierende Interessen bestehen.
Sofern zum Teil vertreten wird, die prozessuale Waffengleichheit in Mehrparteiverfahren erfordere eine Auslegung der Schiedsvereinbarung dahingehend, dass entweder auch der von der anderen Partei zu bestellende oder alle Schiedsrichter von der vereinbarten Stelle oder dem für die Ersatzbestellung zuständigen staatlichen Gericht zu ernennen sind (vgl. Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 10 Rz. 15 m.w.N.; einige institutionelle Schiedsordnungen enthalten bereits entsprechende ausdrückliche Regelungen), steht dies jedenfalls im vorliegenden Fall einer Ernennung eines Schiedsrichters allein für die Antragsgegner nicht entgegen. Zum einen kann den Regelungen in §§ 2 und 5 des Schiedsvertrages angesichts ihres eindeutigen Wortlautes schon nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der oben dargestellte Inhalt nicht entnommen werden; zum anderen hat der Senat dem Gleichbehandlungsgebot bei der Konstituierung des Schiedsgerichts schon insoweit ausreichend Rechnung getragen, als es die ursprünglich vom Antragsgegner zu 2) vorgeschlagene Person zum Schiedsrichter bestellt hat. Darin liegt auch keine Verletzung von schutzwürdigen Interessen der Antragsgegnerin zu 1), die weder auf die außergerichtliche Aufforderung des Antragstellers reagiert noch sich im vorliegenden Verfahren geäußert hat.
Eine hiervon abweichende Bewertung ist auch nicht im Hinblick auf den Beschluss des Senates vom 24.112005 - 26 Sch 13/05 - geboten. Der Senat hat in dieser Entscheidung lediglich darauf hingewiesen, dass in einem Mehrparteiverfahren auch in Betracht kommen könne, gemäß § 1034 Abs. 2 ZPO die Schiedsrichter insgesamt durch das staatliche Gericht abweichend von der erfolgten Ernennung oder der vereinbarten Ernennungsregelung zu bestellen, um ein einer Partei bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts zugebilligtes Übergewicht, welches die andere Partei benachteiligt, auszugleichen. Ein solches Schutzbedürfnis ist hier jedoch aus den oben dargelegten Gründen nicht festzustellen. Gerade weil die Parteien sich bewusst für ein Mehrparteien-Schiedsverfahren entschieden und dessen Voraussetzungen in der Schiedsvereinbarung differenziert geregelt haben, besteht keine Veranlassung, nunmehr auch den Schiedsrichter für den Antragsteller neu zu bestellen.
Deshalb konnte letztlich auch dem hilfsweise gestellten Antrag nach § 1034 Abs. 2 ZPO kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO; dabei war die unterschiedliche wertmäßige Beteiligung der Antragsgegner am Gesamtstreitwert zu berücksichtigen. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/3 des Hauptsachestreitwertes - vgl. insoweit OLG Frankfurt, OLGR 2004, 121).


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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 04/11 04.05.2011
B E S C H L U S S
In der Schiedsgerichtssache
… ./. …
wird der Gegenstandswert für das Verfahren nach erfolgter Antragsrücknahme auf bis zu € 350.000,00 festgesetzt; dies entspricht etwa 1/3 des Wertes des Schiedsverfahrens (vgl. auch Beschluss des Senats zu Az.: 26 SchH 02/11).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 04/10 09.09.2010
B E S C H L U S S

Der von dem Ständigen Schiedsgericht bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main… am 29. März 2010 erlassene Zwischenentscheid wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die Schiedsklage vom 20. Juli 2009 nicht zuständig ist.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gegenstandswert: 10.920,- €



Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Zwischenentscheid des von der Antragsgegnerin angerufenen Schiedsgerichts, mit dem das Gericht seine Zuständigkeit bejaht hat.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen, die auf der Gesellschafterversammlung der Antragstellerin am 18. Mai 2009 gefasst wurden. Die Gesellschafterversammlung hatte die Einziehung der Gesellschaftsbeteiligung der Antragsgegnerin beschlossen. Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin mit ihrer an das Ständige Schiedsgericht bei der Rechtsanwaltkammer Frankfurt am Main gerichteten Schiedsklage vom 20. Juli 2009. Sie stützt sich dabei auf die in Abschnitt XX Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Antragstellerin vereinbarte Schiedsvereinbarung, die folgenden Wortlaut hat:

"Alle Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag einschließlich dessen Gültigkeit ergeben, sollen unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch das Ständige Schiedsgericht bei der Rechtsanwaltkammer Frankfurt am Main, …, endgültig entschieden werden."

Die Antragstellerin hat unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06. April 2009 – II ZR 255/08 "Schiedsfähigkeit II" – die mangelnde Zuständigkeit des Schiedsgerichtes gerügt, weil die streitgegenständliche Schiedsklausel nicht den in dieser Entscheidung aufgestellten Wirksamkeitsanforderungen genüge. Das Schiedsgericht hat mit Beschluss vom 19. März 2010, der Antragstellerin zugestellt am 31. März 2010, seine Zuständigkeit bejaht. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf zur Akte gereichte Ablichtung des Beschlusses (Bl. 5 ff d. A.) Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 20. April 2010. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass die im Gesellschaftsvertrag getroffenen Schiedsvereinbarung nicht den Anforderungen Rechnung trage, die nach der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes bei der Prüfung der Wirksamkeit solcher Klauseln zu beachten seien. So sei in der Schiedsvereinbarung selbst schon nicht festgelegt worden, welches Gericht über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen entscheiden solle; diese Regelung werde in unzulässiger Weise auf eine fremde Schiedsordnung verlagert. Zudem sei durch § 2 dieser Schiedsordnung den Parteien die Möglichkeit eröffnet, ihren Schiedsrichter selbst benennen zu können. Damit sei aber nicht sichergestellt, dass sämtliche Gesellschafter an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken könnten. Selbst wenn es die gesellschaftliche Treuepflicht den Gesellschaftern gebiete, von diesem Recht keinen Gebrauch zu machen, werde dadurch der Mangel der Klausel nicht geheilt. Darüber hinaus beinhalte die Schiedsvereinbarung keine Bestimmung dahingehend, dass der Antrag bei der Gesellschaft einzureichen und sämtlichen Mitgliedern auf Aufforderung zuzustellen sei, damit diese fristgerecht über ihren Beitritt entscheiden könnten. Eine solche Regelung in der Schiedsklausel sei zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung, so dass allein der Umstand, dass die Gesellschafter und das Schiedsgericht das konkrete Verfahren in einer diesen Anforderungen Rechnung tragenden Weise ausgestaltet hätten, nicht ausreichend sei.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß

unter Aufhebung des Beschlusses des Schiedsgerichtes vom 29. März 2010 festzustellen, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die Schiedsklage vom 20. Juli 2009 nicht zuständig ist

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie der Auffassung, dass die streitgegenständliche Schiedsordnung sehr wohl den Wirksamkeitsanforderungen, die der Bundesgerichtshof formuliert habe, gerecht werde. So seien durch die Verweisung auf die Schiedsordnung der Rechtsanwaltskammer im Zusammenhang mit der Handhabung des Verfahrens durch das Schiedsgericht und die Parteien gewährleistet, dass die Mindeststandards an Mitwirkungsrechten für die Gesellschafter eingehalten worden seien. Die erforderliche Verfahrenskonzentration sei durch die Regelungen der Schiedsordnung in Verbindung mit den Schiedsrichterlisten und der Geschäftsordnung des Schiedsgerichtes gewährleistet. Dass nach der Schiedsordnung die Parteien auch die Möglichkeit hätten, ihren Schiedsrichter selbst zu benennen, sei aus den vom Schiedsgericht in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Gründen unerheblich. Die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes stehe nach der Schiedsordnung und der maßgeblichen Geschäftsordnung des Schiedsgerichtes fest, so dass mit der Einigung im Gesellschaftsvertrag auch eine entsprechende Mitwirkung aller Gesellschafter an der Bestellung der Schiedsrichter gewährleistet sei. Schließlich könne sich die Antragstellerin auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht auf die Unzulässigkeit der schiedsrichterlichen Verfahrens berufen, da sie sich damit bewusst gegen den in der Satzung zum Ausdruck gebracht übereinstimmenden Gesellschafterwillen stelle. Die Antragstellerin sei zumindest verpflichtet, eine Ergänzung der entsprechenden Satzungsbestimmung herbeizuführen, um den vereinbarten Satzungszweck erreichen zu können.

Hinsichtlich des Sachvortrages der Parteien im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 07.05.2010 (Bl. 49 ff d.A.) und 08.07.2010 (Bl. 70 ff d.A.) sowie auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 01.06.2010 (Bl. 58 ff d.A.) Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Aufhebung des Zwischenentscheides des Schiedsgerichts und Feststellung der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden; die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1040 Abs. 3, 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.

Der Antrag ist in der Sache auch begründet, da das Schiedsgericht zu Unrecht seine Zuständigkeit für das Anfechtungsverfahren angenommen hat.

Das Schiedsgericht ist für die von der Antragsgegnerin erhobene Schiedsklage nicht zuständig, weil die Bestimmung in Ziffer XX Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages keine Beschlussmängelstreitigkeiten wirksam einschließende Schiedsvereinbarung enthält.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06. April 2009 ("Schiedsfähigkeit II" - BGHZ 180, 221 ff) sind Beschlussmängelstreitigkeiten auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Wirkungen der §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG grundsätzlich schiedsfähig, sofern und soweit das schiedsgerichtliche Verfahren in einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Weise ausgestaltet sind, das heißt unter Einhaltung eines aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Mindeststandards an Mitwirkungsrechten und damit an Rechtsschutzgewährung für alle ihr unterworfenen Gesellschafter. Die mit einer Schiedsklausel getroffene Anordnung des schiedsrichterlichen Verfahrens muss sich dabei am Maßstab des § 138 BGB messen lassen und folgende Mindestanforderungen erfüllen:

Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Satzung verankert sein; alternativ reicht ein außerhalb der Satzung unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft getroffenen Absprache aus. Jeder Gesellschafter muss – neben den Gesellschaftsorganen – über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten. Sämtliche Gesellschafter müssen an der Auswahl und Stellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt. Schließlich muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden (vergleiche BGH a.a.O., Tz. 20).

Diesen Vorgaben entspricht die hier streitgegenständliche Klausel nicht vollends. So enthält die Schiedsvereinbarung schon keine – zur Sicherung der Beteiligungsmöglichkeit für sämtliche Gesellschafter unerlässliche – Bestimmung dahingehend, dass der verfahrenseinleitende Antrag ohne Festlegung des Antragstellers auf einen Schiedsrichter bei der Gesellschaft einzureichen und von dort aus sämtlichen Mitgesellschaftern mit der Aufforderung zuzustellen sei, in einer bestimmten Frist über einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers oder der Gesellschaft zu entscheiden. Eine entsprechende Regelung findet sich auch nicht in der Schiedsordnung der Rechtsanwaltkammer Frankfurt am Main, die durch die Bestimmung des Ständigen Schiedsgerichtes dieser Institution auch für die Parteien verbindlich geworden ist. Dieser Mangel wird auch nicht dadurch geheilt, dass im konkreten Fall die Beteiligung der Gesellschaft und aller Gesellschafter durch die konkrete Verfahrensweise gewährleistet war. Maßgeblich ist allein, dass eine gesellschaftsvertragliche Klausel im GmbH-Recht objektiv auszulegen ist. Die Sittenwidrigkeit einer Schiedsklausel ist – wie die anderer Rechtsgeschäfte – nach den Verhältnissen im Zeitpunkt ihrer Einführung in den Gesellschaftsvertrag zu beurteilen und nicht nach den Verhältnissen im Zeitpunkt, indem sie ihre Rechtswirkungen entfaltet. Ob eine Schiedsklausel wirksam ist oder nicht und damit die Schiedseinrede eröffnet ist oder nicht, darf nicht nachträglich von Fall zu Fall entschieden werden. Entscheidend ist, ob die Klausel selbst eine entsprechende Vorgehensweise vorsieht (BGH, a.a.O., Tz. 28; OLG Bremen, SchiedsVZ 2009, 338 ff), was hier gerade nicht der Fall ist.

Lückenhaft ist die Schiedsklausel auch insoweit, als sie eine Einflussnahme aller von der Rechtskraft eines Schiedsspruches nach §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG potentiell Betroffenen auf die Besetzung des Schiedsgerichts nicht sichert. Diese Sicherung ist aber als Kompensation für den Verlust des unabhängigen staatlichen Richters als Entscheidungsträger unverzichtbar. Die Schiedsklausel verfehlt diese Sicherung, weil sie die Bestimmung der Partei-Schiedsrichter nicht von einer Vorabunterrichtung sämtlicher Gesellschafter abhängig macht. Zwar wird die Auswahl der Schiedsrichter durch die Vereinbarung der Zuständigkeit des Ständigen Schiedsgerichtes bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main und die damit verbundene Geltung der maßgeblichen Schiedsordnung dieses Schiedsgerichtes zunächst einer neutralen Stelle übertragen (§ 2 der Schiedsordnung). Darin erschöpft sich diese Regelung indes nicht, da nach dieser Vorschrift die Parteien auch berechtigt sind, selbst einen Schiedsrichter zu benennen. Für diese Konstellation fehlt aber eine Verpflichtung zur Vorabunterrichtung sämtlicher Gesellschafter. Dieser Mangel kann aus den oben dargelegten Gründen auch nicht dadurch geheilt werden, dass es den Gesellschafter möglicherweise aufgrund ihrer Treuepflichten verwehrt ist, von dieser Möglichkeit der Schiedsrichterbestellung Gebrauch zu machen. Insoweit kommt es allein darauf an, ob die Klausel für sich genommen die geforderte Verfahrensweise sicherstellt.

Damit bleibt schon aus den vorstehend dargelegten Gründen die hier maßgebliche Schiedsklausel so weit hinter dem Standard eines Verfahrens vor den staatlichen Gerichten zurück, dass sie am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB scheitert. Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob die Klausel in ausreichendem Maße gewährleistet, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden.

Schließlich ist es der Antragsstellerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht bzw. allgemein nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Schiedsklausel zu berufen.

Zwar wird in der Literatur die Ansicht vertreten, die Gesellschafter seien, sofern der Gesellschaftsvertrag eine unwirksame, weil lückenhafte Schiedsklausel enthalte, aus dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht gehalten, die Schiedsklausel anzupassen (vergleiche die Nachweise bei BGH, a.a.O). Ungeachtet der Frage, ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann eine etwaige Verpflichtung der Antragstellerin, an einer Anpassung der unwirksamen Schiedsklausel mitzuwirken, aber nicht dazu führen, im Rahmen eines bereits rechtshängigen Prozesses einer lückenhaften Vereinbarung zum Erfolg zu verhelfen (vergleiche BGH, a.a.O.)

Darüber hinaus kann ein Verstoß gegen Treu und Glauben im Zusammenhang mit der Erhebung einer Schiedseinrede nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vorliegen, wenn eine Partei, die vor dem staatlichen Gericht mit Erfolg die Einrede des Schiedsverfahrens erhoben hat bzw. im schiedsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat, nicht das Schiedsgericht, sondern das ordentliche Gericht sei zuständig, sich in dem späteren Verfahren darauf beruft, es sei doch die andere Verfahrensart zu wählen gewesen (vergleiche etwa BGHZ 50, 191; BGH, NJW-RR 2009, 1582). Ein solch widersprüchliches Verhalten der Antragstellerin ist hier jedoch nicht festzustellen; es hat zwischen den Parteien noch kein anderweitiges Verfahren stattgefunden, in dem sich die Antragstellerin im Gegensatz zum Vorbringen in dieser Sache auf die Wirksamkeit der Schiedsklausel berufen hat.

Bei dieser Sachlage war der angefochtene Zwischenentscheid des Schiedsgerichts aufzuheben und dem Feststellungsbegehren der Antragstellerin zu entsprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/5 des Hauptsachestreitwertes – vgl. insoweit KG, NJW 1967, 55; Beschluss des Senates vom 07.09.2009 – 26 Sch 13/09).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 03/11 27.09.2011
B E S C H L U S S
Für die Antragsgegnerin wird gemäß § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO der Richter am Oberlandesgericht B,…, als Schiedsrichter bestellt.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gegenstandswert: 2.901.447,80 €
Gründe:
Die Antragstellerin macht gegenüber der Antragsgegnerin eine Forderung in Höhe von 11.698.637,70 US$ aus einem Vertrag über die Lieferung und Finanzierung von Produktionsmitteln für die Herstellung von Traktoren geltend. In diesem Vertrag bzw. in einer Zusatzabrede haben die Parteien vereinbart, dass Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis von einem Schiedsgericht mit Sitz in Frankfurt am Main entschieden werden sollen. Weitergehende Regelungen im Hinblick auf die Besetzung und Bestellung des Schiedsgerichts wurden von den Parteien nicht getroffen.
Die Antragstellerin benannte ihrerseits den Richter am Oberlandesgericht R, …, als Schiedsrichter. Einer entsprechenden Aufforderung der Antragstellerin vom 03.11.2010, zugestellt am 08.11.2010, zur Bestellung eines Schiedsrichters kam die Antragsgegnerin bislang nicht nach. Vor diesem Hintergrund beantragte die Antragsgegnerin eine Ersatzbestellung durch das staatliche Gericht gemäß § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO. Die Antragsgegnerin ist dem nicht entgegengetreten.
Dem Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters war stattzugeben, da die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Bestellung durch das staatliche Gericht gemäß §§ 1034 Abs. 1 S. 2, 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO gegeben sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/3 des Hauptsachestreitwertes, vgl. OLG Frankfurt, OLGR 2004, 121).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 02/11 28.03.2011
B E S C H L U S S
Der Antrag der Schiedsbeklagten vom 03.02.2011, die von ihr erklärte Ablehnung des Schiedsrichters S in Abänderung des Beschlusses des Schiedsgerichts vom 13.01.2011 für begründet zu erklären, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert beträgt bis zu € 1.500.000,00.
Gründe
I.
Die Schiedsbeklagte begehrt die gerichtliche Entscheidung über ihr Ablehnungsgesuch gegen den von der Antragsgegnerin in dem Schiedsverfahren DIS-SV-... benannten beisitzenden Schiedsrichter S.
Die Parteien streiten in mehreren Schiedsverfahren um die Frage von Kündigungsrechten bzw. Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Abschluss verschiedener sog. „International Management Agreements“.
Die Antragstellerin ist Pächterin von drei Hotelimmobilien in K., B. und D., die von der Antragsgegnerin als ... betrieben werden.
Grundlage für den Betrieb der Hotels durch die Antragsgegnerin sind drei zwischen den Parteien abgeschlossene International Management Agreements (nachfolgend: IMA’s). Diese sind im Wesentlichen inhaltsgleich und regeln die Voraussetzungen, unter denen die Antragsgegnerin im Namen und für Rechnung der Antragstellerin die jeweiligen Hotels eigenverantwortlich bewirtschaftet.
Nachdem die Antragstellerin die Hotels in K. und B. betreffenden IMA’s mehrfach gekündigt hatte, leitete die hiesige Antragsgegnerin ein im Verfahren der Deutschen Schiedsgerichtsbarkeit („DIS“) unter Az.: DIS-SV-... geführtes Schiedsverfahren ein, mit dem Ziel festzustellen, dass die IMA für das Hotel in K. nach wie vor besteht. Außerdem hat die Antragsgegnerin Honorar- und Kostenerstattungsansprüche im Zusammenhang mit dem Management des Hotels in K. in Höhe von rund € 513.000,00 sowie die Rückforderung von Pacht-Unterstützungszahlungen in Höhe von rund € 4,1 Mio. geltend gemacht.
In diesem - sowie in dem parallel geführten Schiedsverfahren betreffend das Hotel in B. - hat die Schiedsklägerin und hiesige Antragsgegnerin jeweils S. als Schiedsrichter benannt, während die Schiedsbeklagte und hiesige Antragstellerin in beiden Verfahren unterschiedliche Schiedsrichter benannt und jeweils auf der Benennung unterschiedlicher Vorsitzender des Schiedsgerichts bestanden hat.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Schiedsrichter S. ehemals als Partner der Kanzlei ... tätig war, die ihrerseits eine langjährige Mandatsbeziehung zu der X. (nachfolgend: „X.“) unterhielt. Die X. wiederum ist die Eigentümerin des Hotels in B., welches sie im Jahr 2000 an die Antragstellerin verpachtet hat und welches aufgrund der dieses Hotel betreffenden IMA von der Antragsgegnerin betrieben wird.
Diesen Umstand nahm die hiesige Antragstellerin u.a. zum Anlass, den Schiedsrichter S. wohl in dem hier streitgegenständlichen, zu Az.: DIS-SV-... betreffend das Hotel in K. geführten Schiedsverfahren als auch in dem weiteren Schiedsverfahren betreffend das Hotel in B., wegen Befangenheit abzulehnen.
Durch Entscheidung des Schiedsgerichts vom 13.01.2011, auf deren Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 62 ff. d.A.) wies das Schiedsgericht das Ablehnungsgesuch zurück.
Mit am 03.02.2011 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin beantragt,
das Amt des Schiedsrichters, Herrn S., in dem Schiedsverfahren zwischen ... und ...; Az.: DIS-SV-... in Abänderung des Beschlusses des Schiedsgerichts vom 13.01.2011 für beendet zu erklären.
Zur Begründung führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus:
Die Besorgnis der Befangenheit des Schiedsrichters S. ergebe sich zum einen aus der Tatsache, dass dessen frühere Kanzlei ... eine Mandatsbeziehung zur X. unterhalten habe. So sei die X. von der Sozietät ... unter anderem auch im Zusammenhang mit dem Abschluss von Nachtragsverträgen zum Pachtvertrag bezüglich des von der Antragsgegnerin betriebenen Hotels in B. beraten worden. Bereits dieses besondere Näheverhältnis zur X. begründe die Besorgnis der Befangenheit, zumal das Frankfurter Büro von ... auch seine Büroräume von der X. angemietet habe. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin in den zwischen der Antragstellerin und der X. abgeschlossenen Pachtvertrag betreffend das Hotel in B. als Ersatzpächterin eingebunden sei und sich zur Stellung einer Pachtsicherheit verpflichtet habe. Vor diesem Hintergrund sei die X. bereits während der zurzeit anhängigen Schiedsverfahren in Verhandlungen mit der Antragsgegnerin eingetreten, in deren Verlauf es zur Unterzeichnung eines „Letters of Intent“ gekommen sei.
Unerheblich sei, ob der Schiedsrichter S. als ehemaliger Partner der Kanzlei ... persönlich in die Beratungsleistungen zu Gunsten der X. eingebunden gewesen sei; auch außerhalb eines direkten Mandantenkontakts habe es S. oblegen, vor Annahme des Schiedsrichteramtes über seine frühere Sozietät eine Interessenskollisionsprüfung vorzunehmen und die bestehenden Verbindungen den Parteien - auch im Rahmen des hier streitgegenständlichen „K. Verfahrens“ - offenzulegen.
Ein weiterer Ablehnungsgrund gegen S. resultiere aus dem Umstand, dass dieser im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Antragstellerin aus der „alten“ ... und der Neugründung der jetzigen Antragstellerin einen Wettbewerber beraten und im Rahmen dieser Verhandlungen weitereichende Kenntnisse und Informationen über die Antragstellerin erhalten habe, unter anderem auch darüber, dass das hier streitgegenständliche Hotel in K. Bestandteil der geplanten Transaktion sein könne.
Und schließlich lasse auch das Verhalten des S. im Schiedsverfahren erhebliche Zweifel an dessen Unparteilichkeit und Unabhängigkeit aufkommen.
Die wiederholt in der E-Mail Korrespondenz (vorgelegt als Anlage AST 6) gewählte Ausdrucksweise lasse den Eindruck entstehen, dass der Schiedsrichter S. Ressentiments gegen die Antragstellerin hege. Dies werde noch dadurch verstärkt, dass S. in dem B. Schiedsverfahren - unstreitig - in direkten telefonischen Kontakt mit dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin getreten sei.
Vor diesem Hintergrund könne die Entscheidung des Schiedsgerichts vom 13.01.2011 jedenfalls in der Gesamtschau der vorgebrachten Umstände keinen Bestand haben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hält das Ablehnungsgesuch unter keinem tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkt für gerechtfertigt und beanstandet darüber hinaus, dass sämtliche Ablehnungsgründe nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 1037 Abs. 2 ZPO vorgebracht worden seien.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 03.02.2011 und vom 10.03.2011 sowie auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 17.02.2011 jeweils nebst Anlagen verwiesen.
II.
Der als Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung eines Schiedsrichters auszulegende Antrag der Antragstellerin ist nach § 1037 Abs. 3 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht bei dem insoweit zuständigen Gericht (§ 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) gestellt worden.
In der Sache hat der Antrag jedoch keinen Erfolg, da die geltend gemachten Ablehnungsgründe eine Besorgnis der Befangenheit des Schiedsrichters im Ergebnis nicht rechtfertigen.
Ein Schiedsrichter kann nach den inhaltlich identischen Vorschriften des § 1036 Abs. 2 ZPO und des § 18.1 der DIS-Schiedsgerichtsordnung nur abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen. Der Prüfungsmaßstab hinsichtlich der Befangenheit eines Schiedsrichters richtet sich weiterhin nach denjenigen Kriterien, die für die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit gelten (vgl. OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 26.06.2008, Az.: 26 SchH 2/08; OLG München Beschluss vom 17.08.2010, Az.: 34 SchH 8/10, jeweils zitiert nach juris; Zöller-Geimer, ZPO, 28. Auflage 2010, Rdnr. 10 zu § 1036 ZPO; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Auflage 2005, Kap. 14, Rdnr. 5).
Eine Besorgnis der Befangenheit kann daher nur dann angenommen werden, wenn nach den Umständen des konkreten Falles ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Schiedsrichters zu rechtfertigen. Maßgebend hierfür ist nicht, ob der abgelehnte Schiedsrichter wirklich befangen ist oder sich selbst für befangen hält, sondern allein, ob vom Standpunkt der Partei aus genügend objektive Gründe vorliegen, die aus der Sicht eines vernünftigen Menschen die Befürchtung wecken können, der betreffende Schiedsrichter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. OLG Naumburg, SchiedsVZ 2003, 134 ff.; OLG Frankfurt/Main, a.a.O.).
Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien hat die Antragstellerin keine objektiven Gründe vorgetragen, die nach Meinung einer „ruhig und vernünftig denkenden Partei“ Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Schiedsrichters S. zu zweifeln. Die angeführten Gründe rechtfertigen weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau die geltend gemachte Ablehnung.
Die ehemalige Partnerschaft des S. in der Kanzlei ..., die wiederum eine anwaltliche Beziehung zur X. unterhielt, begründet keinen Ablehnungsgrund.
Zwar ist aufgrund des Vorbringens der Antragstellerin in deren Schriftsatz vom 10.03.2011 davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit diesem Ablehnungsgrund nicht bereits nach § 1037 Abs. 2 ZPO präkludiert ist. Denn über die allein an die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin gerichtete E-Mail vom 15.06.2010 (Anlage AST 6) hinaus, ergeben sich keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin selbst von der seinerzeitigen Partnerschaft des S. in der Kanzlei ... bereits vor Ende 2010 Kenntnis erlangt hatte. Jedoch rechtfertigt die ehemalige Tätigkeit des Schiedsrichters in dieser Sozietät nicht die Besorgnis der Befangenheit.
Grundsätzlich kann zwar eine wirtschaftliche oder auch persönliche Verflechtung der Interessen von Schiedsrichter und Partei die schiedsrichterliche Unparteilichkeit und Unabhängigkeit beeinträchtigen, etwa wenn der Schiedsrichter wiederholt Rechtsberater der Partei war und befürchten muss, nach einer für die Partei ungünstigen Entscheidung nicht mehr mandatiert zu werden oder wenn das wirtschaftliche Wohlergehen der Kanzlei, in der der bestellte Schiedsrichter als Anwalt tätig ist, von der Mandantenbeziehung zu einer Partei abhängt (vgl. hierzu Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit 2006, Rdnr. 528 ff.). Gleiches gilt etwa bei einer früheren anwaltlichen Tätigkeit des Schiedsrichters für eine Partei, wenn dieser die Partei gewöhnlich vertritt oder in gleichliegender Sache einmal vertreten hat (Schwab/Walter, a.a.O., Kap. 14 Rdnr. 8 m.w.N.).
Derartige Fallgestaltungen liegen hier jedoch nicht vor. Weder ist der Schiedsrichter S als Rechtsvertreter einer der Parteien des hiesigen Schiedsverfahrens aufgetreten noch besteht überhaupt ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen seiner ehemaligen Tätigkeit für die Kanzlei L und dem Gegenstand des Schiedsverfahrens.
Die frühere Beratungstätigkeit der Kanzlei bezog sich auf die X., die nicht Partei des hiesigen Schiedsverfahrens ist. Zudem ist nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin die Mandantenbeziehung zur X. seit dem Jahr 2007 beendet und Schiedsrichter S. seit dem 30.06.2008 aus der Kanzlei ausgeschieden. Ist somit die anwaltliche Tätigkeit für die gar nicht am Verfahren beteiligte X. beendet und mit nachwirkenden Bindungen zu einer der Parteien des hiesigen Schiedsverfahrens ohnehin nicht zu rechnen, fehlt es an einem Ablehnungsgrund (vgl. OLG Hamburg, SchiedsVZ 2006, 55 f., für den Fall der anwaltlichen Vorberatung einer der Schiedsparteien). Dies gilt unabhängig davon, dass Gegenstand der anwaltlichen Beratung die Immobilie in B. und nicht das hier maßgebende K. Hotel war.
Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin in dem zwischen der Antragstellerin und der X. geschlossenen Pachtvertrag für die Immobilie in B. als Ersatzpächterin vorgesehen ist und sich zur Stellung einer Pachtsicherheit verpflichtet hat. Inwieweit sich hieraus konkrete Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit des Schiedsrichters S. ergeben sollen, ist nicht ersichtlich, zumal dieser Pachtvertrag im Schiedsverfahren ohne Relevanz ist. Gleiches gilt für die mietvertraglichen Bindungen zwischen der Sozietät ... und der X., die keinerlei Bezug zum hiesigen Schiedsverfahren aufweisen.
Bei dieser Sachlage liegt auch kein Verstoß gegen § 1036 Abs. 1 ZPO vor, da es bereits an objektiven Umständen fehlt, die bei vernünftiger Betrachtung Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichter S. hätten wecken und zu einer Offenbarung Veranlassung hätten geben können. Unterlässt ein Schiedsrichter den Hinweis auf Umstände, die - wie hier - eindeutig und klar ungeeignet waren, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen, so liegt darin weder ein Pflichtenverstoß noch ein gesonderter Ablehnungsgrund (vgl. KG Berlin, SchiedsVZ 2010, 225 ff.).
Soweit die Antragstellerin ihr Ablehnungsgesuch im Weiteren auf die frühere Tätigkeit des S. im Zusammenhang mit ihrer Ausgliederung aus der „alten ...“ stützt, ist sie mit diesem Vorbringen bereits nach § 1037 Abs. 2 ZPO präkludiert. Denn nach ihrer eigenen Darstellung führte die Kontaktanbahnung durch S. zu weitreichenden Verhandlungen, die letztlich zur Gründung der Schiedsbeklagten geführt haben sollen. Zwar hat die Antragstellerin die zeitliche Komponente dieser Vorgänge und speziell die Frage offengelassen, ob die damalige Tätigkeit des S. in dessen Zeit als Partner bei der Kanzlei ... fiel; es liegt aber auf der Hand, dass ihr diese Umstände seit langem bekannt gewesen sein müssen, weshalb es ihr nunmehr verwehrt ist, sich im hiesigen Verfahren auf diese Vorgänge zu berufen.
Überdies lässt sich der Entscheidung des Schiedsgerichts vom 13.01.2011 nicht entnehmen, dass die Antragstellerin diesen möglichen eigenständigen Ablehnungsgrund überhaupt zum Gegenstand des Verfahrens nach § 1037 Abs. 2 ZPO gemacht hat.
Ungeachtet dessen hat schon die Antragsgegnerin zutreffend auf die Unschlüssigkeit dieses Vorbringens hingewiesen, da unerfindlich bleibt, woraus sich in diesem Zusammenhang Befangenheitsgründe gegenüber S. ergeben sollen.
Schließlich kann sich die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Schiedsrichter S. habe durch sein Verhalten Anlass gegeben, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln.
Mag auch die Schiedsbeklagte von dem Inhalt der als Anlage AST 6 vorgelegten E-Mail Korrespondenz nicht vor dem 17.12.2010 Kenntnis erlangt und ihr Ablehnungsgesuch insoweit rechtzeitig i.S.v. § 1037 Abs. 2 ZPO erhoben haben, so ist dieser Schriftverkehr gleichwohl nicht geeignet, den Eindruck der Unparteilichkeit des abgelehnten Schiedsrichters hervorzurufen.
Ein solcher Eindruck kann unter Umständen durch unsachliche, abfällige, höhnische, ironische oder anderweitig abwertende Äußerungen des Schiedsrichters gegenüber einer Partei hervorgerufen werden. Die E-Mails des Schiedsrichters S. vom 15.06.2010 bzw. vom 17.09.2010 enthalten indes keinerlei Äußerungen, die auch bei strenger Betrachtung den Eindruck der Voreingenommenheit gegenüber der Antragstellerin erwecken könnten. Sie behandeln inhaltlich lediglich organisatorische Fragen zum Verfahrensablauf und die dringliche Bitte des Schiedsrichters, den Schriftverkehr möglichst per E-Mail zu führen.
Etwaige Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des abgelehnten Schiedsrichters lassen sich hieraus nicht ableiten.
Was abschließend den direkten telefonischen Kontakt zwischen dem Schiedsrichter .S und dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin in dem parallel geführten Schiedsverfahren betreffend das Hotel in B. angeht, so ist die Antragstellerin mit diesem Vorbringen ebenfalls nach § 1037 Abs. 2 ZPO präkludiert. Ausweislich der als Anlage AST 7 bzw. AG 13 geführten Korrespondenz, hatte die Antragstellerin von diesem vermeintlich inadäquaten Verhalten bereits seit Anfang Oktober 2010 Kenntnis, weshalb das am 17.12.2010 erhobene Ablehnungsgesuch hierauf nicht mehr gestützt werden kann. Es bedarf daher keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Frage, ob das gerügte Verhalten überhaupt auf das hiesige „K. Verfahren“ durchschlägt.
Der auf die Beendigung des Amts des Schiedsrichters gerichtete Antrag ist ebenfalls erfolglos. Gründe, warum der Schiedsrichter über die Ablehnungsgründe hinaus rechtlich oder tatsächlich außerstande sein sollte, seinem Schiedsrichteramt nachzukommen (§ 1038 Abs. 1 S. 2 ZPO), sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Kostenfolge ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 3 ZPO; insoweit hat es der Senat für angemessen erachtet etwa 1/3 des Wertes des Schiedsverfahrens anzusetzen (vgl. auch Zöller-Geimer, ZPO, 28. Auflage 2010, Rdnr. 16 zu § 3 ZPO, Stichwort „Schiedsrichterliches Verfahren“).
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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
OLG Frankfurt am Main 26 SchH 01/11 04.04.2011
B E S C H L U S S
Der Antrag der Schiedsbeklagten vom 20.01.2011 auf Aufhebung des Zwischenentscheids des Schiedsgerichts vom 15.12.2010 sowie auf Feststellung, dass das Schiedsgericht zur Entscheidung über die Schiedsklage vom 03.03.2010 nicht zuständig ist, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 95.000,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Zwischenentscheid des von dem Antragsgegner angerufenen Schiedsgerichts, mit dem das Gericht seine Zuständigkeit bejaht hat.
Der Antragsgegner war aufgrund eines Dienstvertrages vom Dezember 2007/ Januar 2008 für die Antragstellerin als Vorstand tätig. Der Vorstandsdienstvertrag enthält in § 11 Abs. 3 folgende Schiedsabrede:
„Über alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag und über die Wirksamkeit dieses Vertrages sowie etwaiger Nachträge entscheidet ein Schiedsgericht“.
Nachdem die Schiedsbeklagte den Vorstandsdienstvertrag Anfang 2009 außerordentlich sowie hilfsweise ordentlich gekündigt und die Bestellung des Antragstellers zum Vorstand mit sofortiger Wirkung widerrufen hatte, erhob der Schiedskläger mit Schriftsatz vom 03.03.2009 (Anlage A 2) zunächst Klage vor dem Landgericht Würzburg, mit dem Ziel, festzustellen, dass der Anstellungsvertrag über den 21.01.2009 hinaus bis längstens zum 30.06.2010 fortbesteht. Die hiesige Antragstellerin berief sich in ihrer Klageerwiderung vom 29.04.2009 (Anlage A 3, dort Seite 26) unter Hinweis auf die im Vorstandsdienstvertrag enthaltene Schiedsklausel in erster Linie auf die Unzulässigkeit der vor dem Landgericht Würzburg erhobenen Klage, hilfsweise auf deren Unbegründetheit. Zugleich erhob sie ihrerseits Widerklage auf Zahlung von Nutzungsentschädigung sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten. Mit Schriftsatz vom 25.08.2009 (Anlage A 4) erweiterte die Antragstellerin die Widerklage unter anderem um verschiedene Herausgabeansprüche.
In der Folgezeit erhielt der hiesige Antragsgegner einen telefonischen Hinweis des Vorsitzenden der zuständigen Handelskammer des Landgerichts Würzburg, wonach mit Blick auf die von der dortigen Beklagten erhobene Schiedseinrede von der Unzulässigkeit der Klage auszugehen sei. Hierauf nahm der Antragsgegner die vor dem Landgericht Würzburg erhobene Klage durch Schriftsatz vom 03.09.2009 (Anlage A 5) zurück und berief sich seinerseits gegenüber der Widerklage auf deren Unzulässigkeit im Hinblick auf die getroffene Schiedsabrede. Zeitgleich regte der Antragsgegner in einem an die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gerichteten Begleitschreiben vom 03.09.2009 (vgl. die der Anlage A 10 beigefügte Anlage B 6), die Aufnahme von Vergleichsverhandlungen an, „bevor die Auseinandersetzung zwischen unseren Parteien nun im Schiedswege weiter fortgesetzt wird“.
Mit Schriftsatz vom 07.09.2009 (Anlage A 6) erweiterte die Antragstellerin ihre vor dem Landgericht Würzburg erhobene Widerklage erneut und führte im weiteren erstmals aus, dass die getroffene Schiedsvereinbarung wegen Formmangels nach § 1031 Abs. 5 S. 1 ZPO unwirksam sei, weshalb die Schiedseinrede für das Widerklageverfahren nicht greife. Gleichwohl nahm die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26.10.2009 (Anlage A 7) ihre Widerklage zurück und begründete dies später damit, dass der Aufsichtsrat der Beklagten nunmehr Schadensersatzansprüche gegen den Antragsgegner prüfe, nachdem die Hauptversammlung diesem für seine Tätigkeit als Vorstand die Entlastung verweigert habe.
Mit Schriftsatz vom 03.03.2010 (Anlage A 8) hat der hiesige Antragsgegner einen Antrag auf Durchführung eines Schiedsverfahrens gestellt und Schiedsklage erhoben, mit der er die Feststellung des Fortbestandes des Vorstandsdienstvertrages bis längstens zum 30.06.2010 sowie die Zahlung ausstehender Gehälter bzw. Tantiemen begehrt. Zugleich hat er Rechtsanwältin S als Schiedsrichterin benannt.
Nachdem die hiesige Antragstellerin und dortige Schiedsbeklagte Herrn Rechtsanwalt H als Schiedsrichter benannt und die beiden parteibenannten Schiedsrichter sich auf Herrn Rechtsanwalt M als Obmann geeinigt hatten, reagierte die Antragstellerin auf die erste verfahrenseinleitende Verfügung des Schiedsgerichts mit Schriftsatz vom 16.08.2010 (Anlage A 9), in der sie die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts erhob. Mit weiteren Schriftsätzen vom 13.09.2010, vom 11.10.2010 sowie vom 29.11.2010 und vom 10.12.2010 (Anlagen A 10 bis A 13) vertiefte die Antragstellerin ihre diesbezüglichen Ausführungen.
Der Antragsgegner hat sich demgegenüber auf den Einwand der Treuwidrigkeit berufen und im übrigen die Ansicht vertreten, dass die Schiedsklausel wirksam sei, weil er als Vorstand einer Aktiengesellschaft bei Abschluss des Vorstandsdienstvertrages nicht als Verbraucher gehandelt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens im Schiedsverfahren wird auf die Anlagen A 14 bis A 17 Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 15.12.2010 - den Parteien jeweils per E-Mail am 20.12.2010 zugestellt - hat das Schiedsgericht seine Zuständigkeit bejaht. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung des Beschlusses (Anlage A 1) verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrem bei Gericht am 20.01.2011 eingereichten Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass die Schiedsabrede in dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Vorstandsdienstvertrag nicht der in § 1031 Abs. 5 S. 1 ZPO normierten Form entspreche und aus diesem Grund unwirksam sei. Auch sei sie nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert, sich im Schiedsverfahren auf die Unwirksamkeit der Schiedsklausel zu berufen. So sei die Erhebung der Schiedseinrede in dem Verfahren vor dem Landgericht Würzburg aus anwaltlicher Sorgfalt geboten gewesen, während es andererseits dem dortigen Kläger oblegen habe, vor der Klagerücknahme die Wirksamkeit der Schiedsklausel einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Im Übrigen habe sie - die Antragstellerin - bereits in dem Verfahren vor dem Landgericht Würzburg und damit lange Zeit vor Erhebung der Schiedsklage auf die Unwirksamkeit der Schiedsklausel hingewiesen. Es sei daher für den Antragsgegner offenkundig gewesen, welche Rechtsauffassung die Antragstellerin vertreten werde, weshalb ein schützenswerter Vertrauenstatbestand gerade nicht begründet worden und die Einrede der Treuwidrigkeit nicht gegeben sei.
Die Antragstellerin beantragt,
1) den Zwischenentscheid vom 15.12.2010 des Schiedsgerichts, bestehend aus M, S und H, das sich am 16.07.2010 in dem Schiedsverfahren … ./. … AG konstituiert hat (Gz. 2310/10), aufzuheben,
2) festzustellen, dass das unter Ziffer 1) bezeichnete Schiedsgericht zur Entscheidung über die Schiedsklage vom 03.03.2010 nicht zuständig ist.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, dass die streitgegenständliche Schiedsklausel sehr wohl formgültig sei, weil er den Dienstvertrag nicht als Verbraucher i.S.v. § 13 BGB, sondern als Unternehmer abgeschlossen habe. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus der von der Gegenseite zitierten Entscheidung des OLG Hamm (MDR 2007, 1438); dieses Urteil behandele die Frage der Verbrauchereigenschaft des Vorstands einer Aktiengesellschaft nur im Rahmen eines „obiter dictum“ und überdies sei die vorliegende Fallkonstellation nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verbrauchereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers übertragbar.
Jedenfalls aber sei der Antragstellerin die Einwendung gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben verwehrt, weil sie bereits in dem Verfahren vor dem Landgericht Würzburg die Schiedseinrede erhoben habe und sich mit ihrem jetzigen Verhalten dazu in unauflösbaren Widerspruch setze.
Hinsichtlich des Sachvortrags der Parteien im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 20.01.2011(Bl. 15 ff. d.A.) und vom 17.03.2011 (Bl. 54 ff. d.A.) sowie auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 18.02.2011 (Bl. 36 ff. d.A.) Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Aufhebung des Zwischenentscheids vom 15.12.2010 und auf Feststellung der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden; die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1040 Abs. 3, 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
Der Antrag ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Hierbei sieht sich der Senat zu einer grundsätzlichen Klärung der Formwirksamkeit der in § 11 Abs. 3 des Vorstandsdienstvertrages enthaltenen Schiedsklausel nicht veranlasst, zumal das Schiedsgericht diese Frage im Sinne der von der Antragstellerin vertretenen Ansicht beantwortet hat und der Zwischenentscheid insoweit von der Antragstellerin auch nicht angegriffen wird.
Denn der Antragstellerin ist es jedenfalls nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt, die Unzulässigkeit des gegen sie eingeleiteten schieds-richterlichen Verfahrens geltend zu machen.
Der Senat folgt insoweit den Erwägungen des Schiedsgerichts und hält die hiergegen gerichteten Einwände der Antragstellerin für unbegründet.
Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung einer Partei, die in einem Verfahren vor dem staatlichen Gericht mit Erfolg die Einrede des Schiedsverfahrens erhoben hat, im späteren schiedsrichterlichen Verfahren die Rüge der Zuständigkeit des Schiedsgerichts wegen Verstoßes nach § 242 BGB zu versagen (vgl. BGHZ 50, 191ff.; BGH NJW-RR 2009, 1582). Ein solches gegensätzliches Verhalten einer Partei läuft auf den Versuch hinaus, dem Gegner in jeder der beiden Verfahrensarten den Rechtsschutz abzuschneiden und ihn praktisch rechtlos zu stellen. Dem Gegner ist es nicht zumutbar, sich durch ein solches widersprüchliches Verhalten abwechselnd von einem Rechtsweg in den anderen verweisen zu lassen. Vielmehr muss sich die Partei, die im Verfahren vor dem staatlichen Gericht den Standpunkt eingenommen hat, dieses sei nicht zuständig, der Streit gehöre vor ein Schiedsgericht, an dieser Auffassung auch später im Verfahren vor dem Schiedsgericht festhalten lassen (BGH NJW-RR 2009, 1582 f.; vgl. auch MüKo-Münch, ZPO; 3. Auflage 2008, Rdnr. 21 zu § 1032 ZPO; Zöller-Geimer, ZPO, 28. Auflage 2010, Rdnr. 20 zu § 1032 ZPO m.w.N.).
Mit Recht hält das Schiedsgericht diese Erwägungen im vorliegenden Fall für einschlägig. Die Antragstellerin hat sich in dem Verfahren vor dem Landgericht Würzburg primär auf die mangelnde Zulässigkeit der Klage wegen der im Dienstvertrag enthaltenen Schiedsklausel berufen und lediglich hilfsweise Ausführungen zu deren Unbegründetheit gemacht, obwohl sie - wie im hiesigen
Verfahren eingeräumt - schon seinerzeit Zweifel an der Begründetheit der Schiedseinrede hegte.
Wenn sodann der Antragsgegner mit Blick auf diese Schiedseinrede und aufgrund eines telefonischen Hinweises des Vorsitzenden der zuständigen Kammer für Handelsachen, die vor dem staatlichen Gericht erhobene Klage zurücknimmt und später die schon im außergerichtlichen Schriftsatz vom 03.09.2009 angekündigte Schiedsklage erhebt, so setzt sich die Antragstellerin mit dem im Schiedsverfahren erhobenen Einwand der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts in unauflösbaren Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten, weshalb ihr die Rüge nach § 1040 Abs. 2 ZPO verwehrt ist.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist eine andere Beurteilung auch nicht unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles geboten.
Zwar kann es Ausnahmefälle geben, wenn etwa beachtliche Gründe die gegensätzliche Einlassung in beiden Verfahrensarten verständlich und gerechtfertigt erscheinen lassen (vgl. BGHZ 50, 191 ff.); derartige Umstände vermag der Senat hier indes nicht zu erkennen.
Insbesondere kann dem hiesigen Antragsgegner nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dieser habe es schuldhaft versäumt, die Formwirksamkeit der Schiedsklausel in eigener Verantwortung zu überprüfen, weshalb die durch die Klagerücknahme vor dem Landgericht Würzburg verursachten Kosten hätten vermieden werden können.
Die Antragstellerin verkennt, dass es für die Beurteilung der Treuwidrigkeit ihres Verhaltens nicht auf die tatsächliche materiell-rechtliche Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Schiedsklausel, sondern vielmehr auf den in der Erhebung der Schiedseinrede zum Ausdruck gebrachten Standpunkt ankommt, der Streit sei nicht von einem staatlichen, sondern von einem Schiedsgericht zu entscheiden.
Hat aber die Antragstellerin damit zu erkennen gegeben, über die Klage nur vor einem Schiedsgericht verhandeln zu wollen, so ist sie nunmehr gehindert, sich gegenüber der Schiedsklage auf die Unwirksamkeit der Schiedsklausel zu berufen. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin nach eigener Darstellung schon seinerzeit Zweifel an der Wirksamkeit der Schiedsklausel hegte, die Schiedseinrede aber gleichwohl primär erhob.
Zudem ist für die Beurteilung des Verhaltens der Antragstellerin im späteren Schiedsverfahren die Ursächlichkeit ihres früheren Verhaltens für die Entschließung des Antragsgegners (hier: Klagerücknahme vor dem staatlichen Gericht) ohne Bedeutung. Im einen wie im anderen Fall verstößt die Antragstellerin gegen Treu und Glauben, weil die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts mit ihrem früheren Verhalten in Widerspruch steht (vgl. hierzu ausdrücklich BGH NJW-RR 1987, 1194 f.).
Soweit die Antragstellerin meint, die zitierte Entscheidung des BGH sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil in jener Fallgestaltung die Schiedseinrede außergerichtlich erhoben worden sei, vermag der Senat diese Auffassung in Übereinstimmung mit dem Schiedsgericht nicht zu teilen. So stellt der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung ausdrücklich klar, dass es für den Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht entscheidend darauf ankommen kann, ob die Einrede in einer vorprozessualen Korrespondenz gegenüber einer Klageandrohung oder aber im Rahmen eines bereits eingeleiteten Verfahrens erhoben wird (BGH, a.a.O.).
Schließlich rechtfertigt sich die beantragte Aufhebung des Zwischenentscheids des Schiedsgerichts auch nicht mit Rücksicht darauf, dass die sich Antragstellerin noch während des laufenden Verfahrens vor dem Landgericht Würzburg - allerdings erst nach erfolgter Klagerücknahme durch den Antragsgegner - auf die Formunwirksamkeit der Schiedsklausel berufen hat. Die erstmalige Offenlegung dieser Zweifel an der Formwirksamkeit der Schiedsklausel lassen den Einwand der Treuwidrigkeit bezogen auf das Verhalten im Rahmen des später eingeleiteten Schiedsverfahrens nicht entfallen.
Denn die Ausführungen zur Formunwirksamkeit der Schiedsklausel erfolgten erst, nachdem der Antragsgegner seine Klage vor dem staatlichen Gericht bereits zurückgenommen hatte und lassen deshalb die gegenüber der Klage erhobene Schiedseinrede und die mit ihr zum Ausdruck gebrachte Rechtswegzuständigkeit unberührt. Bei anderer Betrachtungsweise würde der Antragstellerin ihr eigenes prozessual widersprüchliches Verhalten vor dem Landgericht Würzburg zum Vorteil gereichen. Denn durch die Geltendmachung der Schiedseinrede einerseits bei gleichzeitiger Widerklageerhebung vor dem als unzuständig gerügten staatlichen Gericht hat sich die Antragstellerin in einen unauflösbaren Selbstwiderspruch gesetzt, der darauf beruhte, dass sie ihre eigenen Zweifel an der Formwirksamkeit der Schiedsklausel nicht offenbarte. Hieraus kann die Antragstellerin jedoch keine für sie günstigen Rechtsfolgen herleiten. Vielmehr muss sie sich an dem ursprünglich eingenommenen Standpunkt von der Zuständigkeit des Schiedsgerichts festhalten lassen.
Hinzu kommt, dass die Antragstellerin ihre Widerklage vor dem Landgericht Würzburg durch Schriftsatz vom 26.10.2009 schließlich zurückgenommen hat, obgleich die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts ihrer Ansicht nach gegeben war und ohne die Motive für dieses prozessuale Verhalten offenzulegen. Der Antragsgegner wiederum konnte und durfte diese Vorgehensweise dahin verstehen, dass auch die Antragstellerin die Streitigkeit nunmehr insgesamt von einem Schiedsgericht verhandelt haben möchte. Dies gilt insbesondere mit Rücksicht darauf, dass der Antragsgegner bereits in dem außerprozessualen Begleitschreiben vom 03.09.2009, mit dem die Aufnahme von Vergleichsverhandlungen angeregt wurde, die Fortführung der Angelegenheit in einem Schiedsverfahren angekündigt hatte. Auch wenn die Antragstellerin in der Folgezeit ihre Widerklage zunächst erhöht und die Formunwirksamkeit der Schiedsklausel gerügt hatte, so war jedenfalls nach der aus Sicht des Antragstellers unmotivierten Widerklagerücknahme nicht ohne weiteres damit zu rechnen, dass sich die Antragstellerin einem künftigen Schiedsverfahren widersetzen werde.
Bei dieser Sachlage ist dem Begehren der Antragstellerin auch mit Blick auf die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO und entspricht etwa 1/5 des Hauptsachewertes (vgl. insoweit Zöller-Herget, ZPO, 28. Auflage 2010, Rdnr. 16 zu § 3 ZPO, Stichwort “Schiedsrichterliches Verfahren“; vgl. auch OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.09.2009, Az.: 26 Sch 13/09; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 09.09.2010, Az.: 26 SchH 4/10).
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